FINE Das Weinmagazin - 03-2015
Fine Das Weinmagazin ist in der Welt der großen Weine zu Hause. Hauptthema: SCHWEIZ
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Die Existenz des Weinbergs Clos des Lambrays ist bis in das Jahr 1365 dokumentiert, als er zum weitreichenden Besitz des<br />
Klosters von Cîteaux gehörte. Nach der französischen Revolution wurde der gut acht Hektar umfassende Weinberg<br />
auf insgesamt vierundsiebzig Winzer verteilt, deren jeweiliger Anteil sich rechnerisch also auf etwas mehr als tausend<br />
Quadrat meter belief. Diese Phase dauerte bis zum Jahr 1836, als die in Nuits-Saint-Georges ansässige Weinhändler familie<br />
Joly sämtliche Teilstücke des Clos des Lambrays aufkaufte und damit zur Alleineigentümerin wurde. Dreißig Jahre später erwarb Albert<br />
Rodier aus Dijon das Gut. 1938 gelangte es in den Besitz der Pariser Bankiersfamilie Cosson, die namentlich in den Jahrgängen 1945,<br />
1947 und 1949 bemerkens werte Weine erzeugte. Doch in der Folgezeit investierte sie kaum noch in Weinberge und Gutsgebäude, die<br />
sich am Ende in beklagenswertem Zustand präsentierten.<br />
Zunächst entwickelten sich die Wein-Geschäfte<br />
der Saiers in den 1980er Jahren prächtig, und das<br />
Weingut in Morey-Saint-Denis blühte förmlich<br />
auf. <strong>Das</strong> sollte sich jedoch im Jahr 1992 ändern, als<br />
die Saiers sich an der Firma Félix Potin beteiligten,<br />
die im Großraum Paris vier hundert Supermärkte<br />
besaß. Als die Geschäfte dort stockten, mussten sie<br />
die Domaine des Lambrays 1994 als Sicherheit verpfänden.<br />
Ihr Weingut in Algerien hatten sie schon<br />
vorher verkauft und die Weinberge in Mercurey<br />
an das Weinhandelshaus Misserey abgegeben. Als<br />
liebte sich sogleich in das historische Weingut. In<br />
der Kanzlei von Maître Souchon in Long jumeau<br />
bei Paris unterzeichneten Günter Freund und seine<br />
Frau Ruth am 30. Dezember 1996 den Kaufvertrag.<br />
Zum Preis von dreiundvierzig Millionen Francs,<br />
was heute in etwa sieben Millionen Euro entspricht,<br />
wurden sie die neuen Eigentümer der Domaine<br />
des Lambrays.<br />
Gutsverwalter Brouin erhielt alle Vollmachten,<br />
das Weingut gründlich auf Vordermann zu bringen,<br />
und durfte für die Restauration der Weinberge und<br />
Mit der Domaine des Lambrays hat der<br />
Luxus konzern LVMH vor anderthalb Jahren<br />
ein wahres Schmuckstück erworben. Seit<br />
1980 verwaltet der Önologe Thierry Brouin<br />
das Weingut in Morey-Saint-Denis. Ihm ist<br />
es zu verdanken, dass der Clos des Lambrays<br />
als Grand Cru eingestuft wurde.<br />
Kurz vor der Lese des Jahrgangs 1979 kauften<br />
die Brüder Fabienne und Louis Saier<br />
das Gut gemeinsam mit Roland Pelletier<br />
de Chambure, einem reichen Rennstall besitzer und<br />
Pferdezüchter in der Normandie. Nach dessen Tod<br />
im Jahr 1988 übernahmen die Saiers seinen Anteil<br />
und be saßen damit die Domaine des Lambrays<br />
allein. Die Saiers waren Algerier elsässischen<br />
Ursprungs, die in Nordafrika ein großes Weingut<br />
besaßen sowie dreißig Hektar Weinberge im südburgundischen<br />
Mercurey.<br />
Schon ein Jahr nach dem Kauf hatten die Saiers<br />
den zweiunddreißig jährigen Önologen Thierry<br />
Brouin als Gutsverwalter eingestellt, der zuvor<br />
beim Institut National des Appellations d’Origine<br />
(INAO) für die Lagenprüfung an der Côte d’Or<br />
und im Jura zuständig gewesen war. Dies sollte sich<br />
als glänzende Wahl erweisen. Denn Brouin wusste<br />
natürlich ganz genau, welche Wege zu beschreiten<br />
waren, um den bislang als Premier Cru eingestuften<br />
Clos des Lambrays in die höchste Kategorie zu<br />
befördern. Den ent sprechenden Antrag brachte er<br />
umgehend zu Papier und wies unter anderem darauf<br />
hin, dass der frühere Besitzer Albert Rodier seinen<br />
Wein in den 1920er Jahren unwider sprochen als<br />
Grand Cru Classé etikettiert hatte.<br />
In Morey-Saint-Denis existierten bis dahin vier<br />
Grands Crus, von denen der siebeneinhalb Hektar<br />
große Clos de Tart im Jahr 1938 als erster in den<br />
Adelsstand erhoben worden war. Im Jahr 1969 folgten<br />
drei weitere Lagen, der Clos de la Roche mit<br />
siebzehn Hektar, der Clos Saint-Denis mit sechseinhalb<br />
sowie der Bonnes-Mares mit insgesamt<br />
fünfzehn Hektar, von denen allerdings nur zehn<br />
Prozent zur Gemarkung von Morey-Saint-Denis<br />
zählen; der größere Teil gehört zu der Nachbargemeinde<br />
Chambolle-Musigny. Es ist die einzige<br />
Grand-Cru-Lage der Côte de Nuits, die sich auf<br />
zwei Ortschaften verteilt. An der Côte de Beaune<br />
hingegen sind solche Verhältnisse keine Ausnahme.<br />
Dem Antrag der Brüder Saier wurde seinerzeit<br />
übrigens prompt stattgegeben. Die Unterzeichnung<br />
des Dekrets zur neuen Klassifikation war die letzte<br />
Amtshandlung des Premier ministers Raymond<br />
Barre unter Valéry Giscard d’Estaing.<br />
Félix Potin 1995 liquidiert wurde, waren die Saiers<br />
auch ihr burgundisches Schmuckstück los, das<br />
unter Zwangsverwaltung gestellt wurde. »Es war<br />
ganz furchtbar,« erinnert sich Thierry Brouin, »die<br />
Liquidation erfolgte exakt zwei Wochen vor der<br />
Traubenlese. Gottlob ließ mich der kluge Insolvenzverwalter<br />
aber in Ruhe arbeiten!«<br />
Schon im nächsten Jahr nahte die Rettung<br />
in der Person des Koblenzer Werbeunternehmers<br />
Günter Freund. Auf dem Weg zu seinem Ferienhaus<br />
in Saint-Tropez machte der Wein lieb haber<br />
regelmäßig Station in Burgund, wo er 1975 zum<br />
Chevalier du Tastevin geschlagen worden war. Von<br />
einem befreundeten Architekten erfuhr er, dass die<br />
Domaine des Lambrays zum Verkauf stand, und ver-<br />
des Gutsgebäudes mit dem wunderschönen Park<br />
fünf weitere Millionen Euro ausgeben.<br />
Dazu zählte auch die Installation eines modernen<br />
Kelterhauses, in dem Brouin bis heute die roten<br />
Trauben mit den Stielen nach einer Mazeration von<br />
fünf Tagen etwa eine Woche in Edelstahltanks vergären<br />
lässt. Um die Extraktion der Farbe zu intensivieren,<br />
wird der Maischehut mehrmals am Tag<br />
untergestoßen und der Tresterkuchen mit jungem<br />
Wein überschwallt. Nach einer weiteren Maischestandzeit<br />
von zehn Tagen in geschlossenen Tanks<br />
erfolgt der Abzug des Jungweins in zweihundertachtundzwanzig<br />
Liter fassende Pièces, die jedes<br />
Jahr zur Hälfte erneuert werden. <strong>Das</strong> Eichenholz<br />
der kleinen Fässer stammt aus dem Massif<br />
Central, gefertigt werden sie ausschließlich in der<br />
Tonnellerie François Frères in Saint-Romain. Die<br />
im Tank verbliebene Maische wird in einer pneumatischen<br />
Presse schonend gekeltert und dem frei<br />
abgelaufenen Jungwein meist wieder hinzugefügt.<br />
Nach der malolaktischen Gärung wird der Wein<br />
abgestochen und verbleibt dann mehrere Monate<br />
auf der Feinhefe, bevor er anderthalb Jahre nach der<br />
Ernte ohne Filtration und Schönung auf Flaschen<br />
abgefüllt wird.<br />
Es zählt zu den Besonderheiten der Domaine<br />
des Lambrays, dass die von einer Mauer um gebene<br />
Grand-Cru-Lage Clos des Lambrays statt liche fünfundachtzig<br />
Prozent der insgesamt zehn Hektar<br />
umfassenden Rotweinfläche umfasst. Wie die<br />
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<strong>FINE</strong> 3 | <strong>2015</strong> <strong>FINE</strong> Bourgogne