DVS-Berichte_315
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2015<br />
<strong>DVS</strong>-BERICHTE<br />
<strong>DVS</strong> Congress<br />
Große Schweißtechnische Tagung<br />
<strong>DVS</strong>-Studentenkongress<br />
Fügen von faserverstärkten<br />
Kunststoffen<br />
Anwendungsnahe<br />
Schweißsimulation<br />
Schulung und Prüfung im <strong>DVS</strong><br />
IBESS – Forschungscluster<br />
„Bruchmechanik“
<strong>DVS</strong> Congress 2015<br />
Große Schweißtechnische Tagung<br />
<strong>DVS</strong>-Studentenkongress<br />
Fügen von faserverstärkten<br />
Kunststoffen<br />
Anwendungsnahe Schweißsimulation<br />
Schulung und Prüfung im <strong>DVS</strong><br />
IBESS – Forschungscluster<br />
„Bruchmechanik“<br />
Vorträge der Veranstaltungen im Rahmen von<br />
<strong>DVS</strong> Congress und <strong>DVS</strong> Expo in Nürnberg<br />
vom 15. bis 17. September 2015<br />
Veranstalter:<br />
<strong>DVS</strong> – Deutscher Verband für Schweißen und<br />
verwandte Verfahren e. V., Düsseldorf
Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek<br />
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;<br />
detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.dnb.de abrufbar.<br />
<strong>DVS</strong>-<strong>Berichte</strong> Band <strong>315</strong><br />
ISBN 978-3-945023-46-4<br />
Die Vorträge wurden als Manuskript gedruckt.<br />
Alle Rechte, einschließlich Übersetzungsrecht, vorbehalten. Nachdruck und Vervielfältigung dieses<br />
Bandes oder von Teilen desselben nur mit Genehmigung der <strong>DVS</strong> Media GmbH, Düsseldorf.<br />
<strong>DVS</strong> Media GmbH, Düsseldorf 2015<br />
Herstellung: Griebsch & Rochol Druck GmbH & Co. KG, Hamm
Vorwort<br />
Mit dem <strong>DVS</strong> CONGRESS und der <strong>DVS</strong> EXPO 2015 setzt der <strong>DVS</strong> in diesem Jahr wieder einen Veranstaltungshöhepunkt.<br />
Der <strong>DVS</strong> CONGRESS vereint als branchenübergreifende Dachveranstaltung<br />
verschiedene Fachtagungen. Gleichzeitig werden auf der <strong>DVS</strong> EXPO auch die fügetechnischen Inhalte<br />
der Fachtagungen in Form von Produkten und Dienstleistungen abgebildet. Mit dieser erfolgreichen<br />
Kombination von Wissen und Markt stieß der <strong>DVS</strong> erstmals im Jahr 2011 in Hamburg bei Ausstellern<br />
und Besuchern auf eine äußerst positive Resonanz. In diesem Jahr setzt der <strong>DVS</strong> dieses erfolgreiche<br />
Veranstaltungsformat gemeinsam mit der Messe Essen als Durchführungsgesellschaft der <strong>DVS</strong> EXPO<br />
vom 15. bis zum 17. September 2015 in Nürnberg fort. Das Ziel des <strong>DVS</strong> ist es, die Fachwelt umfassend<br />
und praxisnah über Neuerungen und Entwicklungen im Bereich des Fügens, Trennens und Beschichtens<br />
zu informieren. Das Handwerk, Experten aus dem Bildungsbereich und Fachleute aus der Industrie,<br />
Wissenschaft und Forschung sind herzlich zur Teilnahme eingeladen.<br />
Die Große Schweißtechnische Tagung und der <strong>DVS</strong>-Studentenkongress sind die grundlegenden<br />
Bestandteile dieser Veranstaltung. Darüber hinaus wird eine große Bandbreite aktueller Themen im<br />
Rahmen weiterer Fachtagungen wie Fügen von faserverstärkten Kunststoffen, anwendungsnahe<br />
Schweißsimulation, Schulung und Prüfung im <strong>DVS</strong> sowie IBESS – Forschungscluster „Bruchmechanik“<br />
dargestellt.<br />
Premierencharakter im Rahmen der Großen Schweißtechnischen Tagung besitzen die Vorträge zur<br />
Klebtechnik, zum Hartlöten und zur additiven Fertigung. Ferner werden Präsentationen auch zu den<br />
Themen Energieerzeugung, Fahrzeugbau, Schiffbau und Offshore-Technik, „DIN EN 1090“ und<br />
Stahlbau angeboten. Darüber hinaus wird dem Anwender im Vortragsblock „Lichtbogenschweißen –<br />
Moderne Prozessregelvarianten“ ein umfassender Überblick zur aktuellen Prozessvielfalt auf dem<br />
Gebiet des Lichtbogenschweißens gegeben.<br />
Die Förderung von „Young Professionals“ ist eine herausragende Aufgabe des <strong>DVS</strong>. Mit der Teilnahme<br />
am <strong>DVS</strong>-Studentenkongress bietet der Verband Studenten und jungen Absolventen einen hervorragenden<br />
Einstieg in die Branche. Angehende Ingenieure berichten über ihre aktuellen Arbeitsinhalte<br />
und können sich einem Fachpublikum empfehlen.<br />
In der Veranstaltung „Fügen von faserverstärkten Kunststoffen“ wird über aktuelle Entwicklungen in<br />
diesem Bereich referiert. Der bewusstere Umgang mit Ressourcen fördert zugleich den Einsatz neuer<br />
Leichtbauanwendungen und das Entstehen neuer Märkte wie in der Energietechnik, in der Automobilindustrie<br />
und in der Bauindustrie.<br />
Im Workshop „Anwendungsnahe Schweißsimulation“ geht es um die Entwicklung der virtuellen Werkzeuge<br />
und eine Vorhersage der Prozessparameter für einen optimierten Fertigungsprozess. In diesem<br />
Kontext ist die Schweißstruktursimulation seit einigen Jahren zunehmend bedeutsam geworden, denn<br />
damit lassen sich der Schweißverzug und Heißrisstendenzen aufzeigen.<br />
Die Arbeitsgruppe „Schulung und Prüfung“ sorgt für einheitliches Schulungs- und Prüfungsmaterial an<br />
den <strong>DVS</strong>-Bildungseinrichtungen. Dazu erstellt sie die notwendigen <strong>DVS</strong>-Richtlinien, Zeugnisse und<br />
Bescheinigungen sowie Lehr- und Lernunterlagen. Ein Auszug aus den vielfältigen Themen sowie einen<br />
aktuellen Überblick über die Personalqualifizierungsangebote des <strong>DVS</strong> gibt dieser Vortragsbereich<br />
wieder.<br />
Das Clusterprojekt „IBESS“ hat die Entwicklung eines Verfahrens zur bruchmechanischen Ermittlung der<br />
Schwingfestigkeit von Schweißverbindungen zum Ziel. Das Projekt verfolgt dabei die Entwicklung einer<br />
anwendungs- und erweiterungsfähigen Prozedur („IBESS“-Prozedur), ohne Expertenkenntnissee auf<br />
dem Feld der Bruchmechanik Schweißverbindungen schnell und problemlos zu analysieren.<br />
Allen Teilnehmern und Unternehmen wünschen wir eine spannende und erfolgreiche Veranstaltung in<br />
Nürnberg.<br />
Düsseldorf, im August 2015<br />
<strong>DVS</strong> – Deutscher Verband für Schweißen und verwandte Verfahren e. V.<br />
Hauptgeschäftsführer<br />
Dr.-Ing. Roland Boecking
Neufertigung von Rückzugsbrücken für den Einsatz im Schwermaschinenbau<br />
J. Porbeck, L. Nguyen und J. Kämmerer, Wachtendonk<br />
Die Firma Hans Kämmerer GmbH ist ein inhabergeführtes, mittelständisches Unternehmen des Maschinenbaus,<br />
der Schweißtechnik sowie der Instandhaltung. Seit über 80 Jahren sind wir auf dem Gebiet der Instandhaltung, des<br />
Verbindungs- und Auftragschweißens und der Oberflächenbeschichtung am Markt. Neufertigungen mit Unterstützung<br />
von computerunterstützten Berechnungen sowie die mechanische Bearbeitung und Montage runden das<br />
Programm ab. Bei der formgebenden Herstellung von Halbzeugen im Schwermaschinenbau werden für die Verfahrung<br />
der Hauptpresszylinder sogenannte Rückzugsbrücken eingesetzt Die ursprüngliche Materialauswahl aus<br />
Stahlguss in der Qualität GS-45.3 bei einem Gesamtgewicht von ca. 6 t war den heutigen Anforderungen nicht<br />
mehr gerecht. Die Kundenforderungen nach einer möglichst dauerfesten Auslegung galt es umzusetzen. So wurde<br />
nach aufwendigen konstruktiven Untersuchungen und Finite Elemente Berechnung nun die Werkstoffpaarung<br />
S355J2+N mit dem höher festen Feinkornbaustahl S690+QT eingesetzt. Die schweißtechnische Verarbeitung der<br />
verwendeten Stähle gilt als geläufig, die notwendigen Fertigungsabläufe bei einem Gesamtgewicht von nun mehr<br />
ca. 10 t mussten jedoch durch eine Vielzahl von Hilfskonstruktionen zum Fixieren der Bauteilgruppen beim<br />
Schweißen mittels UP und MAGC angepasst werden. Die Produktion unterlag einer strengen Vorgabe aus der<br />
Überwachung der Temperaturführung und regelmäßiger Überprüfungen der Schweißnähte, Bild 1. Aufgrund der<br />
spezifischen Anforderungen der Grund- und Zusatzwerkstoffe wurden sämtliche Verbindungsarten und Werkstoffkombinationen<br />
zuvor mittels Verfahrensprüfungen abgesichert.<br />
Bild 1 Rückzugbrücke alte Ausführung<br />
neue Ausführung<br />
1. Konstruktion der neuen Rückzugbrücke<br />
Durch die Forderung nach einer möglichst dauerfesten<br />
Auslegung der Konstruktion zeigten sich in der<br />
Materialauswahl bereits die ersten Hürden. Kerbfreie<br />
Übergänge in den dynamisch hoch belasteten Bereichen<br />
ohne große Steifigkeitssprünge können nur<br />
durch eine aufwändige mechanische Bearbeitung<br />
nach dem Schweißen erreicht werden. Aussagekräftige<br />
Angaben zu Vergleichsspannungen waren in der<br />
Literatur schwer zu finden. Die FEM Berechnungen<br />
zeigten deutlich die hoch beanspruchten Bereiche auf,<br />
Bild 2. Alle folgenden Fertigungsschritte (von der<br />
Schweißnahtvorbereitung bis zur Endbearbeitung)<br />
wurden daraufhin untersucht und gesondert festgelegt.<br />
2. Verwendete Werkstoffe und<br />
Anforderungen<br />
Bei der Bestellung der Grundmaterialien S 355 J2 + N<br />
sowie des S 690 Ql wurde bereits die Qualitätsanforderungen<br />
entsprechend APZ 3.1 EN 10204, die Analysenbescheinigungen<br />
WZ 2.2 sowie die Ultraschallprüfung<br />
EN 10160 gefordert. Alle Materialien wurden<br />
bei Wareneingang im Hause gegengeprüft.<br />
Bild 2 FEM-Untersuchung<br />
Als Schweißzusatzwerkstoff wurde aufgrund vorheriger<br />
Verfahrensprüfungen für die UP Naht die Drahtelektrode<br />
Union S2 Ni 2,5 Ø4 mm in Kombination mit<br />
dem fluoridbasischen Pulver Union 420 TT SA FB1 55<br />
AC H5 verwendet, für die Wurzel Naht die Drahtelektrode<br />
Union K5 Ni Ø 1,2 mm eingesetzt.<br />
Die Wärmeführung erfolgte entsprechend SEW 088,<br />
die Mindestvorwärmung, die Zwischenlagentemperatur<br />
sowie die Abkühlung vorgeschrieben. Die<br />
Wärmeführung beim UP Schweißen wurde mittels<br />
<strong>DVS</strong> <strong>315</strong> 1
Widerstandsmatten durchgeführt, die Prozessdaten<br />
permanent erfasst und anschließend dokumentarisch<br />
ausgewertet.<br />
Die UP-Schweißung wurde im drei Schichtbetrieb<br />
durchgeführt, sodass auf ein Zwischen Soaken verzichtet<br />
werden konnte. Die MSG Nähte wurden aufgrund<br />
einer kontinuierlichen Schweißfolge Induktiv<br />
erwärmt.<br />
Die Schweißer erhielten auch einen Rücktrocknungsplan,<br />
auf dem zu vermerken war, wie oft das verwendete<br />
Pulver bereits Rückgetrocknet wurde. Die maximale<br />
Trocknungszeit bei diesem Pulver wurde auf<br />
10 h festgelegt. An zwei gleichgroßen Blechen<br />
1000x1000 mm mit je 200 mm Werkstückdicke wurde<br />
die U Naht angefräst, nach entsprechender Vorwärmung<br />
die Wurzellage mit dem MSG Verfahren von<br />
Hand eingebracht. Hierbei wurde schon darauf geachtet,<br />
dass der mögliche Verzug dadurch minimiert wurde,<br />
dass die Schweißung am Drehtisch erfolgte. Die<br />
nachfolgende UP Naht wurde durch die Widerstandsmatten<br />
erwärmt und nach je 8 eingebrachten<br />
Schweißgutlagen zur Vermeidung von Verzug gedreht.<br />
Anschließend erfolgte eine Spannungsarmlühung<br />
im Ofen.<br />
Während der schweißtechnischen Fertigung sind<br />
nach festgelegtem Prüfplan in regelmäßigen Abständen<br />
Heiß-MT Prüfungen erfolgt. Sobald eine vorgegebene<br />
Nahtdicke erreicht wurde sind nach einer Abkühlzeit<br />
von 48 h auch US Prüfungen durchgeführt<br />
worden.<br />
Aufgrund der geforderten hohen Biegesteifheit des<br />
Bauteiles wurden entsprechend einem besonderen<br />
Prüfplan alle relevanten Flächen und Nähte regelmäßig<br />
zu 100% geprüft. (Vor der ersten mechanischen<br />
Bearbeitung, während und nach den Schweißarbeiten<br />
sowie nach jeder Ofenglühung).<br />
Auf eine genaue Einhaltung der Bewertungsgruppe B<br />
nach DIN EN ISO 5817 wurde besonderer Wert gelegt.<br />
Die Normen DIN EN ISO 17638/23278 in der<br />
Zulässigkeitsgrenze 2 wurden bei der MT-Prüfung<br />
angewendet. Bei der US Prüfung wurden die Normen<br />
DIN EN ISO 17640/11666 in der Prüfklasse A und<br />
einer Zulässigkeitsgrenze 2 angewendet.<br />
Bild 3 Taktiler Fühler auf Führungsschiene<br />
Die abschließende zerstörende Prüfung zeigte in allen<br />
Belangen ein einwandfreies Bauteil, Bild 4. Die bei<br />
der Verfahrensprüfung gewonnenen Parameter wurden<br />
in der Schweißanweisung festgeschrieben.<br />
3. Verfahrensprüfung<br />
Die Umsetzung der konstruktiven Vorgaben aus der<br />
Planung sowie die Erhebung aller notwendigen<br />
Schweiß-Parameter sollte mittels einer Verfahrensprüfung<br />
besichert werden. Der Maschinenpark wurde<br />
vorab mittels Laserausrichtung überprüft. Der Ausleger<br />
der UP – Maschine muss dem Bauteil ca. 3000<br />
mm folgen. Bei der zum Einsatz kommenden UP Maschine<br />
konnte eine messbare Abweichung in der<br />
Nahtfuge (2,5 mm) in Höhe und Seite beim Ausfahren<br />
des Auslegers festgestellt. Durch den Einbau eines<br />
taktilen Fühlers, der den Brennerkopf motorisch permanent<br />
nachgeführt, wurde die Abweichung in Höhe<br />
und Seite auf max. 0,3 mm begrenzt, (Bild 3).<br />
Damit bei Schichtbeginn ein vorgetrocknetes fluoridbasischen<br />
Pulver in ausreichender Menge vorhanden<br />
war, erhielten die Pulvertrockner eine automatische<br />
Zeituhr, so dass sichergestellt werden konnte, dass<br />
die Rücktrocknungszeiten eingehalten waren.<br />
Bild 4 Biegeprobe Verfahrensprüfung<br />
4. Fertigung der neuen Rückzugbrücken<br />
4.1 UP-Schweißen<br />
Die Fertigung von 12 Rückzugbrücken wurde in zwei<br />
Losgrößen eingeteilt und stellte unseren mittelständischen<br />
Betrieb vor eine große Herausforderung.<br />
Insgesamt bestand eine Rückzugbrücke aus 6 Einzelbauteilen,<br />
das geschmiedete Unterteil aus S 690 +QT,<br />
dem Querblech, den geschmiedeten Seitenwangen<br />
rechts und links sowie den Verstärkungslaschen<br />
rechts und links aus S355J2+N.Alle Bauteile wurden<br />
mit definiertem Aufmaß mechanisch vorgearbeitet.<br />
Hierbei wurden die Daten aus dem CAD System direkt<br />
an das CAM System für die Bearbeitungszentren<br />
geleitet. Die Nahtvorbereitung für die UP – Naht wur-<br />
2 <strong>DVS</strong> <strong>315</strong>
de als U – Naht ausgeführt und mittels Engspaltschweiß-verfahren<br />
ausgeführt. Eine Zwischen-US -<br />
Überprüfung aller Bauteile stellte sicher, dass nach<br />
den umfangreichen Fräsarbeiten keine Ungänzen<br />
erkennbar waren.<br />
Die Vormontage zum Abheften der Bauteile erforderte<br />
eine gesonderte Vorrichtung. Hierbei musste besonderer<br />
Wert auf die Möglichkeit der Feinjustage gelegt<br />
werden, um die präzise Ausrichtung des Steges der<br />
U-Naht von Querblech und Unterteil zu gewährleisten.<br />
Der Nahtabstand wurde so eingestellt, dass zu Beginn<br />
3 mm und am Ende 4 mm vorhanden waren. Dadurch<br />
konnte die Nahtschrumpfung über die Strecke von<br />
2600 mm kontrolliert werden.<br />
Bohrung für die formschlüssige Aufnahme des Zapfens<br />
erhielt die Aufnahme für die Presspassung.<br />
4.2 MSG-Schweißen<br />
Die Seitenwangen wurden zur weiteren schweißtechnischen<br />
Bearbeitung eingeschrumpft und fixiert. Die<br />
schweißtechnische Bearbeitung aller nun folgenden<br />
MSG Nähte wurde auch hier wieder durch eine kontinuierliche<br />
Überprüfung begleitet. Einige Nahtzugänge<br />
zeigten hierbei, dass es aufgrund einer möglichen<br />
Sichtbehinderung des Schweißers, beim abschweißen<br />
mit der rechten Hand, erforderlich war die Schweißer<br />
zu trainieren um mit der linken Hand diese Naht auszuführen.<br />
(Bild5).<br />
Die Fixierung der beiden Bauteile zueinander im 90°<br />
Winkel, und die Vorrichtung zum Einspannen Bauteiles<br />
erfolgte durch trapezförmige Seitenwangen, an<br />
denen auch die Ronden für den Drehtisch verschweiß<br />
waren. Die Drehbewegung des Bauteiles im Drehtisch<br />
musste durch eine Ausgleichsmasse ergänzt werden,<br />
die Stückgewichte von Unterteil und Querblech waren<br />
nicht gleich. Hierdurch musste eine Masse von ca. 12<br />
t auf dem Drehtisch bewegt werden.<br />
Zur Überprüfung von Verzug während der Schweißung<br />
erhielten Querblech und Unterteil jeweils kleine<br />
Messpunkte, die mittels Lehre regelmäßig kontrolliert<br />
wurde. Der taktile Fühler erhielt eine eigene Führungsschiene,<br />
parallel zur Schweißfuge, aber mit<br />
deutlichem Abstand zu den Widerstandsmatten, damit<br />
durch die Erwärmung kein Verzug in der Führungsbahn<br />
entstehen konnte. Die Widerstandmatten mussten<br />
nach einem vorgegeben Muster verlegt werden.<br />
Je drei Matten wurden an einen Heizkreis angeschlossen.<br />
Insgesamt wurden durch die Widerstandsanlage<br />
45 kW an Heizleistung eingebracht.<br />
Die Isolierung zur Vermeidung von Abstrahlungs- und<br />
Wärmeverlusten, wurde durch keramische Matten und<br />
Isolierplatten gewährleistet. Die Temperaturfühler<br />
mussten in ca. 30 bis 50 mm Abstand zur Schweißfuge<br />
mit einem Feinpunktheftgerät aufgebracht werden.<br />
Durch die feste Verbindung zwischen Werkstückoberfläche<br />
und Thermoelement konnten präzise Messergebnisse<br />
erzielt werden.<br />
Die digitalen Messwerte wurden kontinuierlich während<br />
des gesamten Schweißprozesses gespeichert.<br />
Aus der Schweißwärme heraus wurden die besonders<br />
hoch beanspruchten Endbereiche vor Ort für zwei<br />
Stunden bei ca. 550°C spannungsarmgeglüht. Anschließend<br />
wurde das Bauteil nun komplett noch einmal<br />
im Ofen spannungsarmgeglüht. Eine abschließende<br />
ZfP-Untersuchung musste bestätigen, dass<br />
keine inneren sowie Oberflächenfehler erkennbar<br />
waren.<br />
Bild 5<br />
MSG-Schweißen Seitenwangen<br />
Nach kurzer Eingewöhnungszeit konnten hier deutliche<br />
Verbesserungen in der Qualität festgestellt werden.<br />
Nach umfangreicher mechanischer Endbearbeitung<br />
mit abschließender Maßprüfung und Korrosionsschutz<br />
konnte somit die reine Fertigungszeit einer<br />
Rückzugsbrücke pro Stück auf ca. 12 Wochen begrenzt<br />
werden.<br />
Nach der Demontage aller Hilfskonstruktionen konnte<br />
die Baugruppe einer weiteren mechanischen Bearbeitung<br />
unterzogen werden. Die Anlageflächen für die<br />
Aufnahme der Seitenwangen wurden angefräst, die<br />
<strong>DVS</strong> <strong>315</strong> 3
Schnellkleben im Fertighausbau durch neuartige konduktiv beheizte Klebebänder<br />
G. Wisner, A. Zillessen, M. Brodel, E. Stammen und K. Dilger, Braunschweig<br />
In einem in 2014 abgeschlossenen Anwendungs-Forschungsprojekt (IVTH – IGF 17.311N) wurde die Möglichkeit<br />
untersucht, eine neuartige Klebtechnik für das möglichst schnelle Kleben von groß dimensionierten Paneelen aus<br />
Holz und Holzwerkstoffen (Spanplatten) für Fertighäuser als strukturelle und beständige Verbindung einzusetzen.<br />
Bislang wird in diesem Bereich fast ausschließlich genagelt oder geklammert. Das Kleben mit im konstruktiven<br />
Holzbau zugelassenen Klebstoffen gilt in der Branche als aufwendig und nicht produktiv im Vergleich zu Druckluft-<br />
Nagelmaschinen. Die ausschließlich genagelten Konstruktionen weisen jedoch eine eingeschränkte Festigkeit (im<br />
Vergleich zu strukturell geklebten Stößen) auf und schränken die Konstrukteure in Bezug auf die freie Anordnung<br />
der Paneel-Bestandteile (Rahmenkanthölzer und Spanplatten) relativ stark ein. Dies widerspricht dem Markttrend<br />
zu zunehmend individuelleren Fertighäusern.<br />
Es wurde ein neuartiges Klebeband aus einem metallischen Träger (als dünne Folie oder Streckmetall) konzipiert<br />
und eingesetzt, der mit einem reaktiven Schmelzklebstoff vorbeschichtet wurde. Diese Klebebänder werden zum<br />
Kleben der Holztafeln zwischen die zu fügenden Holzteile (Kanthölzer und Holzwerkstoffplatten) verlegt und mit<br />
geeigneten Spannmitteln geklemmt. An den eigens dafür vorgesehenen herausstehenden Enden der Metallbänder<br />
werden diese elektrisch kontaktiert und mit hohen elektrischen Strömen durch Widerstandserwärmung sehr schnell<br />
auf bis zu ca. 180 °C in der Fuge erwärmt. Dabei kommen Stromquellen in der Größenordnung von mobilen Lichtbogenschweißanlagen<br />
in Frage, wie sie vielfach in Werkstätten des Metallbaus im Einsatz sind.<br />
Als Träger für die neuartigen Klebebänder wurden neben Stahl- und Aluminiumfolien auch Messingbänder in<br />
Bandstärken von etwa 0,1 mm untersucht. In bestimmten Kombinationen aus metallischen Trägern und Co-<br />
Polyamid-Klebstoffen wurden erfolgreiche Klebungen auf den typischen Holzwerkstoffen erzielt und die normativen<br />
Anforderungen erfüllt. Zwei Institute in Braunschweig arbeiteten in diesem Vorhaben eng zusammen: die füge- und<br />
prozesstechnischen Aspekte wurden am Institut für Füge- und Schweißtechnik (IFS) der TU Braunschweig untersucht,<br />
alle Fragen zur Holztechnik und zu Holz bzw. Holzwerkstoffen am Fraunhofer-Institut für Holzforschung<br />
Wilhelm-Klauditz-Institut (WKI) bearbeitet.<br />
1 Einführung<br />
Der Fertighausbau erlebt in den letzten Jahren ein<br />
überdurchschnittliches Wachstum. Im Jahre 2013<br />
wurden in Deutschland 15 % der Neubauten im Einfamilienhaus-Bereich<br />
in einem Fertighauswerk als<br />
komplett vormontierte Module vorgefertigt und auf der<br />
Baustelle in kürzester Zeit errichtet [1]. Der Fertighausbau<br />
ist praktisch eine reine Holzhaus-Bauweise,<br />
die sogenannte Holztafelbauweise fertigt Module aus<br />
Kantholzrahmen und Beplankungen aus Spanplatten,<br />
OSB oder zementgebundenen Spanplatten. Als Fügetechnik<br />
kommt fast ausschließlich Nageln oder Klammern<br />
zum Einsatz, Klebtechnik ist in diesem Bereich<br />
kaum verbreitet. In der Holztafel dominieren zwei<br />
Stoßarten, zum einen die Verbindung zwischen Kantholzrahmen<br />
zur Beplankung aus Holzwerkstoffplatten,<br />
zum anderen die Klebung der schmalen Kanten zwischen<br />
den Holzplatten untereinander im Stumpfstoß<br />
[2, 3]. Hier kommen je nach Anforderungen Spanplatten<br />
oder OSB in den Stärken von 15 bis 22 mm zum<br />
Einsatz.<br />
In einem abgeschlossenen anwendungsorientierten<br />
Forschungsprojekt [4] der industriellen Gemeinschaftsforschung<br />
(IGF) wurde eine völlig neuartige<br />
Klebtechnik für die schon hochgradig industriell organisierte<br />
Fertigungsweise erdacht und grundlegend<br />
untersucht. Metallische Folien und Streckmetalle sollten<br />
als Klebebandträger mit reaktiven Schmelzklebstoffen<br />
beschichtet werden, um ein elektrisch zu beheizendes<br />
Schnellklebesystem für die langen und<br />
schmalen Fugen der Holztafel nutzen zu können. Die<br />
strukturelle Klebung von Holztafeln eröffnet grundsätzlich<br />
steiferen Tafeln als die heute üblichen Tafeln<br />
mit Nägeln oder Klammern und auch neue Möglichkeiten<br />
hinsichtlich Flexibilisierung in der Produktion<br />
sowie der Vermeidung von tendenziell problematischen<br />
Abfällen (nicht verwertbarer Abschnitt von zementgebundenen<br />
Spanplatten, die nicht verbrannt<br />
werden dürfen).<br />
Eine alternative Klebtechnik muss auch zu den bestehenden<br />
Fügetechniken konkurrenzfähig sein, insbesondere<br />
bei den Belegungszeiten der Fügetische<br />
sollen keine unnötig langen Prozess- und Aushärtezeiten<br />
der Klebstoffe anfallen, in denen nicht an den<br />
Tafeln weiter gearbeitet werden darf. Die hier vorgestellte<br />
Technik ist in der Lage, die aktiv geheizte Klebung<br />
innerhalb von nur einer bis zwei Minuten darzustellen<br />
und eine relativ kurze anschließende Abkühlzeit<br />
der bis zu 180 °C heißen Klebfuge bis zu einer<br />
Handhabungstemperatur von weniger als 80 °C ermöglicht<br />
eine ausreichende Handhabungsfestigkeit,<br />
um einen Weitertransport innerhalb der Produktion zu<br />
ermöglichen. Dies stellt eine vergleichbare Größenordnung<br />
an Produktionszeit dar, die aktuelle Holztafelfertigung<br />
mit druckluftbetriebenen Nägeln oder<br />
Klammern vorgeben.<br />
2 Konduktive Klebebanderwärmung direkt in<br />
der Klebfuge<br />
Die konduktive Widerstandserwärmung mit direktem<br />
Stromfluss durch einen metallischen Leiterwerkstoff<br />
wird hauptsächlich in der Metall verarbeitenden Industrie<br />
zur Erwärmung von Halbzeugen für die Weiterverarbeitung<br />
bei Warmumformen aller Metalle und<br />
4 <strong>DVS</strong> <strong>315</strong>
insbesondere beim Härten von Stahl eingesetzt. Dabei<br />
wird das zu erwärmende Gut in den elektrischen<br />
Stromkreis als elektrischer Widerstand geschaltet [5].<br />
Diese unmittelbare Widerstandserwärmung bietet<br />
viele Vorteile wie eine sehr gute Regelbarkeit der<br />
Erwärmung, einen sehr schnellen Prozess und einen<br />
praktisch emissionsfreien Betrieb in der Fertigung. Die<br />
wichtigsten Erwärmungsparameter sind der spezifische<br />
Widerstand des Metalls oder der Legierung<br />
(temperaturabhängig) sowie die Geometrie des Halbzeugs,<br />
weil letztere neben der wichtigen Randbedingung<br />
des Kleinspannungsbetriebes aus Sicherheitsgründen<br />
auch das Verhältnis von Spannung zu Strom<br />
definiert.<br />
Auf diesem Prinzip sollte auch ein Klebeband beruhen,<br />
dass mit elektrischem Strom definiert beheizt<br />
werden kann. Die beidseitige Klebstoffbeschichtung<br />
(siehe Bild 1) schmilzt bei hohen Temperaturen bis<br />
zu 200 °C auf, kann die Holzwerkstoffe gut benetzen<br />
und nach dem Abschalten des Stromes kühlt die Fuge<br />
ab und der Klebstoff erstarrt und vernetzt durch chemische<br />
Reaktion.<br />
Bild 1. Prinzipieller Aufbau eines mit Klebstoff beidseitig<br />
beschichteten Metallbandes für die konduktive<br />
Klebebandtechnik<br />
Auch in einem Holztafelwerk können variable Spaltmaße<br />
zwischen 0,1 mm und bis über 1,0 mm auftreten,<br />
die ein solches Klebeband auch füllen und überbrücken<br />
soll. Hier sollte der Klebebandaufbau sich<br />
durch einen möglichst dünnen metallischen Träger<br />
und eine möglichst große Klebstoffauflage auszeichnen,<br />
um sich variabel an die geometrischen Spaltmaße<br />
anpassen zu können. In Applikationsversuchen<br />
wurden zuerst metallische Folien mit verschiedenen<br />
Klebstoffen aus dem Holzklebbereich beschichtet und<br />
geklebt. Dabei eigenen sich die im tragenden Holzbau<br />
etablierten Klebstoffe nur bedingt für die Randbedingungen,<br />
welche durch die Notwendigkeit einer Vorbeschichtbarkeit<br />
für ein Klebeband benötigt werden.<br />
3 Klebstoffe für Vorbeschichtung auf<br />
metallischen Trägern<br />
Das Kleben im tragenden Holzbau ist in einschlägigen<br />
Normen geregelt und Klebstoffhersteller benötigen<br />
eine bauaufsichtliche Zulassung für entsprechende<br />
Produkte. Auch ausführende Betriebe und Personen<br />
benötigen einen fachlichen Nachweis, wenn sie die<br />
zugelassenen Klebstoffe im tragenden Holzbau verarbeiten<br />
wollen.<br />
Die Klebstoffauswahl für die Vorbeschichtung der<br />
metallischen Klebebandträger orientierte sich daher<br />
zunächst an Klebstoffen aus dem nicht tragenden<br />
Holzbereich und weiteren, bisher nicht im Holzbereich<br />
eingesetzten Klebstoffen, um die grundlegende Aspekte<br />
zunächst erarbeiten zu können. Dort aussichtsreiche<br />
Klebstoffe bieten dann die Basis, durch gezielte<br />
Weiterentwicklungen aus anderen Harzbereichen<br />
die ausreichende Beständigkeit für die hohen Anforderungen<br />
aus dem tragenden Holzbau zu erfüllen. Im<br />
Projekt konnte eine Zulassung von einzelnen Klebstoffen<br />
aus Zeitgründen ohnehin nicht erarbeitet werden.<br />
Die Grundlagen der neuen Klebtechnik standen<br />
im Vordergrund. Nach Absprache im Projekt begleitenden<br />
Ausschuß wurden die Anforderung im tragenden<br />
Holzbau nach DIN EN 15425 (für 1K-PUR) [6]<br />
zugrunde gelegt und es sollten die Behandlungen<br />
nach DIN EN 301 - A1 (Lagerung der geklebten Proben<br />
für fünf Tage bei 20 °C / 65 % rel. F., als Prüfung<br />
„trocken“) und DIN EN 301 - A4 (Lagerung für 6 h in<br />
kochendem Wasser, dann 2 h im kalten Wasser und<br />
anschließender Prüfung „feucht“) [7] durchgeführt<br />
werden. Als Probenformen wurden hauptsächlich<br />
dicke Zugscherproben nach DIN EN 302-1 [8] geprüft.<br />
Bei der Klebstoffauswahl für die neuartigen Klebebänder<br />
lag der Schwerpunkt prinzipiell auf geeigneten<br />
Materialien im Bereich Schmelzklebstoffe, die zusätzlich<br />
mit Reaktivstoffen versehen sind. Es kamen verschiedene<br />
Polyurethane (PUR) als PUR-Hotmelts,<br />
PUR-Klebdispersionen und auch Co-Polyamide (Co-<br />
PA) in die engere Wahl. In einem Screening wurden<br />
verschiedene Klebstoffe in zwei verschiedenen Fugendicken<br />
(0,1 mm und 1,0 mm) auf Buchenholz als<br />
Prüfholz geklebt, in den Behandlungen nach A1 (trocken)<br />
und A4 (Kochwasserlagerung) gelagert und<br />
geprüft. Die meisten Klebstoffe auf PUR-Basis konnten<br />
nur in der trockenen Behandlung überzeugen, bei<br />
den hohen Anforderung nach EN 301, Behandlung<br />
nach A4 (Kochwasser) entsprach die Klebfestigkeit<br />
nicht den Anforderungen. Ein Co-Polyamid Schmelzklebstoff<br />
aus dem Bereich des Textilklebens entsprach<br />
jedoch den Anforderungen der Normen und<br />
konnte sowohl im trockenen Bereich als auch bei<br />
Kochwasserlagerung bei praktisch allen geprüften<br />
Klebschichtdicken (0,1 mm, 1,0 mm und auch bei 1,4<br />
mm) die Anforderungen erreichen, siehe Bild 2.<br />
Zugscherfestigkeit [N/mm²]<br />
18<br />
16<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
0 0,5 1 1,5<br />
Klebfugendicke [mm]<br />
Co-Polyamid Hotmelt A1<br />
EN 15425 bzw. EN 301 A1<br />
Co-Polyamid Hotmelt A4<br />
EN 15425 bzw. EN 301 A1<br />
Linear (EN 15425 bzw. EN 301 A1)<br />
Linear (EN 15425 bzw. EN 301 A1)<br />
Bild 2. Ergebnisse der Festigkeit von Schmelzklebungen<br />
an Buchenholzproben mit einem Co-Polyamid<br />
Dünnere Klebfugen zwischen etwa 0,1 mm und 0,3<br />
mm erzielen üblicherweise höhere Festigkeiten als<br />
<strong>DVS</strong> <strong>315</strong> 5
dicke Klebfugen von 1,0 mm und mehr. Im Diagramm<br />
werden zwei Normen zu unterschiedlichen Klebstoff-<br />
Harzsysteme im tragenden Holzbau korrespondierend<br />
genutzt. Die Linien stellen linearisierte Zwischenwerte<br />
der eigentlich punktförmigen Anforderungen dar.<br />
Der Co-Polyamid Hotmelt liegt in der Lieferform als<br />
feines Kunststoffpulver vor, das auf verschiedenen<br />
Wegen verarbeitet werden kann. Die universellste<br />
Form ist die Applikation in einer Pulverlack-Kammer,<br />
siehe Bild 3.<br />
kohlenstoffarmen unlegierten Stählen (DC01), Rein-<br />
Aluminium (99,5 %) und Kupferlegierungen, speziell<br />
Messing in den Güten CuZn15 und CuZn37 wurden<br />
eingesetzt und deren Erwärmungsverhalten mit verschiedenen<br />
Stromquellen und Spannungen und Frequenzen<br />
untersucht. Typische Heizleiterwerkstoffe<br />
wie Konstantan (CuNi44) etc. wurden nicht betrachtet,<br />
da die geometrischen Verhältnisse eher einen geringen<br />
spezifischen Widerstand erfordern, der hohe<br />
Ströme bei niedrigen Spannungen ermöglicht (Anforderung<br />
aus dem Arbeitsschutz). Der sehr geringe<br />
Querschnitt bei zum Teil großer Lauflänge bestimmt<br />
zusammen mit der Stromtragfähigkeit typischer<br />
Stromquellen das sinnvolle schnelle Aufheizverhalten<br />
der neuartigen Klebebänder. Bild 4 zeigt die Klebebandvarianten<br />
Folie (Messingfolie in 0,1 mm Stärke)<br />
und Streckmetall aus Stahl DC01 mit entsprechender<br />
Co-Polyamid Hotmeltbeschichtung.<br />
Bild 3 Konventionelle Applikationskammer für die<br />
Verarbeitung von pulverförmigen Lacken, auf dem<br />
Kammerboden sind sechs kurze Blechstreifen mit<br />
weißer Pulverbeschichtung positioniert<br />
Das elektrostatisch unterstützte Pulversprühen [9]<br />
erzeugt eine sehr gleichmäßige Schichtdicke aus<br />
Pulverteilchen, die vorübergehend gut an den Substraten<br />
anhaftet, sich jedoch bei schlagartiger Belastung<br />
einfach vom Substrat löst. Die aufgetragen Pulverschicht<br />
muss daher aufgeheizt werden und zur<br />
Kunststoffschicht verschmelzen. Dies geschieht in<br />
Öfen oder unter Infrarotstrahlern in unmittelbarer Nähe<br />
zum Applikationsort. Mit dem Verfahren können<br />
die metallischen Bänder mit einer beliebigen Klebstoffauflage<br />
versehen werden, sehr dicke Schichten<br />
sollten jedoch wirtschaftlich besser mit anderen Verfahren<br />
aufgetragen werden, die Domaine des Pulverlackverfahrens<br />
sind die hochwertigen und gleichmäßigen<br />
eher dünne Lackschichten (ca. 20 – 50 g/m²),<br />
Klebschichten für die Klebebandanwendung sollten<br />
jedoch Klebstoffauflagen in der Größenordnung von<br />
deutlich mehr als 250 g/m² pro Seite oder ab 400 g/m²<br />
bei gelochten metallischen Trägern erhalten.<br />
Die Beschichtung der Halbzeuge (Folien oder gelochte<br />
Streckmetalle) erfolgt in einer Schmelzapplikation<br />
bei reduzierten Temperaturen ohne Aktivierung möglicher<br />
reaktiver Komponenten, da diese erst beim<br />
Klebvorgang auf Holz, nicht aber beim Beschichtungsvorgang<br />
aktiviert werden dürfen. Das fertig beschichtete<br />
Klebeband kann unter Standardbedingungen<br />
ausreichend lange lagerstabil sein.<br />
Die Klebstoffe wurden auf Metallbänder oder gelochte<br />
Strukturen wie Streckmetalle als Trägermaterial appliziert.<br />
Dünn ausgewalzte Bleche oder Streckmetalle<br />
(Blechdicke als Band ca. 0,1 mm, Streckmetall-<br />
Ausgangsblech ca. 0,3 mm dann geschlitzt und ausgestreckt)<br />
aus austenitischem Edelstahl X5CrNi18-10,<br />
Bild 4. Experimentelle Klebebänder aus Messingfolie<br />
in 0,1 mm Stärke und Streckmetalträger (unten) für<br />
die typischen Bandbreiten in der Holztafel (15 u. ca.<br />
50 mm), Beschichtungen jeweils Co-Ployamid Hotmelt<br />
4 Schnellheizprozess und Erwärmung<br />
In Erwärmungsversuchen wurden hauptsächlich<br />
Gleichstrom und mittelfrequenter Wechselstrom in der<br />
Größenordnung von 10 kHz für die konduktive Erwärmung<br />
genutzt. Der Strombedarf für unterschiedliche<br />
Metalle in den beiden Betriebsphasen „Aufheizen“<br />
und „Temperatur halten“ ist einmal beispielhaft in<br />
Tabelle 1 dargestellt. Hier wurden vergleichende Versuche<br />
zum möglichst frühen Erreichend er Zieltemperatur<br />
von 180 °C (in Umgebungsluft) gefahren und<br />
dann der Strom stark reduziert, um das Temperaturniveau<br />
zu halten. Experimente zwischen Holzsubstraten<br />
oder mit Klebstoffbeschichtung ergeben ab-<br />
6 <strong>DVS</strong> <strong>315</strong>
weichend Randbedingungen mit entsprechend höherem<br />
oder reduziertem Strombedarf. Die Experimente<br />
unterstützen bei der Entscheidung, welche metallischen<br />
Träger für die Versuche zur Optimierung des<br />
Verfahrens ausgewählt werden sollten. Besonders gut<br />
leitfähige Metalle wie Kupfer und Rein-Aluminium<br />
wurden daher ausgeschlossen und es wurde sich auf<br />
die Stahl- und Messingwerkstoffe konzentriert.<br />
Tabelle 1. Elektrische Stromstärken der zwei<br />
Heizphasen an Metallfolien und Streckmetallen (25<br />
mm Breite, 1 m Länge, Dicke wie angegeben) bis 180<br />
°C und Halten dieser Temperatur, Gleichstrom, unbeschichtete<br />
metallische Träger in Umgebungsluft<br />
Aufheizstrom<br />
Haltestrom<br />
bei 180 °C<br />
Metallfolie o. Streckmetall<br />
SE-Kupfer 0.1 mm 150 A 105 A<br />
Rein-Aluminium 0.1 mm 130 A 80 A<br />
CuZn15 0.1 mm 150 A 100 A<br />
CuZn37 0.1 mm 100 A 66 A<br />
Leg. Stahlfolie 18Cr9Ni 50 A 22-26 A<br />
0.1 mm<br />
Streckmetall Aluminium 150 A 130 A<br />
Streckmetall Tiefzieh- 50 A 42 A<br />
Stahl DC01<br />
Die Erwärmungsversuche zur konduktiven Klebebandbeheizung<br />
verlaufen stets typisch nach der Darstellung<br />
in Bild 5. Dort ist qualitativ der Strom- und<br />
resultierende Temperaturverlauf in einer beheizten<br />
Klebfuge dargestellt. Als Temperatursensor fungierten<br />
in fast allen Fällen einfache Thermoelemente in der<br />
Fuge, die bei relativ homogenem Anpressdruck recht<br />
gleichmäßige Temperaturverteilungen nachweisen<br />
konnten.<br />
In der Schnellheiz-Phase wird mit maximal verfügbarem<br />
Strom aus der Spannungsquelle gearbeitet, um<br />
den Zieltemperaturbereich möglichst schnell zu erreichen.<br />
Dann muß der Strom stark begrenzt werden,<br />
weil sonst die Temperatur in der Fuge schnell zu heiß<br />
wird und Brandgefahr droht. Holz, das über 200 °C<br />
erwärmt wird, beginnt Verkohlungserscheinungen<br />
auszubilden, was den Werkstoff degradiert.<br />
metallische Folien heizen schneller auf als dickere<br />
Folien, gelochte Streckmetalle haben eine gegenüber<br />
Folien gleicher Blechdicke geringeren effektiven<br />
Querschnitt und damit einen höheren Widerstand, der<br />
Skineffekt bei hohen Frequenzen [5] reduziert den<br />
genutzten Querschnitt der metallischen Träger und<br />
erzielt daher an den Oberflächen ggf. eine etwas<br />
schneller wirkenden Heizeffekt, Schmelzklebstoffe<br />
benötigen die latente Wärme zum Schmelzen u. v. m.<br />
Die erforderlichen Heiz- und Haltezeiten müssen an<br />
Probeklebungen bauteilabhängig individuell ermittelt<br />
werden. Generell wird die Zuverlässigkeit der Klebungen<br />
durch eine verlängerte Haltezeit erhöht, dies unterstützt<br />
das Eindringen des niedrigviskosen verflüssigten<br />
Klebstoffs in die Poren des Holzes oder andere<br />
Kavitäten in Holzwerkstoffen wie Spanplatten oder<br />
OSB.<br />
5 Herausforderung Schmalkantenklebungen<br />
an Plattenkanten<br />
Mit der Wahl eines Trägerhalbzeugs als Folie oder<br />
Streckmetall wird der grundlegende Strombedarf für<br />
die Heizmethode festgelegt und die restlichen Parameter<br />
durch Optimierungsversuche gefunden. In der<br />
Holztafel dominieren nur zwei Bandbreiten, die breite<br />
Verbindung zwischen Kanthölzern und Platten und die<br />
schmalen Plattenkanten im Stumpfstoß aufeinander.<br />
Letztere Verbindung stellt jedoch neben einer besonderen<br />
Herausforderung auch eine besondere Chance<br />
für die neue Klebetechnik dar.<br />
Die Herausforderungen liegen zunächst in der geringen<br />
Klebfläche und dem notwendigen präzisen Andruck<br />
während des Schnellklebens. Zu geringer Andruck<br />
unterhalb von 0,25 N/mm² führte häufig zu sehr<br />
schlechten Klebungen. Geometrische Ungenauigkeiten<br />
können weitgehend ausgeschlossen werden, da<br />
der Sägenschnitt ausreichend präzise mit industriell<br />
verfügbaren Werkzeugen ausgeführt werden kann.<br />
Die besonderen Chancen der Schmalkantenklebetechnik<br />
liegen in der guten Dosierbarkeit und der<br />
leichten präzisen Ausrichtung in der Tafel und dem<br />
optimalen prozessbedingten Eindringen des heißen<br />
Klebstoffs in die rauen Schnittkanten. Hierdurch verankert<br />
sich die Klebschicht optimal im Plattenwerkstoff<br />
und ermöglicht Verbindungsfestigkeiten in der<br />
Größenordnung des ungeschnittenen Plattenwerkstoffs<br />
[10]. Dies konnte in [4] an Spanplatten P5 und<br />
OSB-Platten (siehe Bild 6) nachgewiesen werden.<br />
Bild 5. Quantitative Darstellung von Strom- und Temperaturverlauf<br />
in den Klebebandfugen mit drei Verarbeitungsphasen,<br />
zwei davon mit aktiver Heizung<br />
Dieses Heizprinzip kann grundsätzlich mit zahllosen<br />
Parametern variiert werden, leistungsfähige Stromquellen<br />
heizen mit höheren Strömen auf, dünnere<br />
Bild 6. Schmalkantenklebungen mit neuartigem konduktiv<br />
beheizbaren Klebeband auf Messingfolienbasis,<br />
Kontaktierlasche (links), 50 mm breite Zugproben<br />
aus OSB-Platten mit mittiger Schmalflächenklebung<br />
<strong>DVS</strong> <strong>315</strong> 7
6 Praxisversuche an Kleintafeln<br />
Die wichtigsten Prozess-Randbedingungen für die<br />
Praxis des konduktiven Schnellklebens sind das Einhalten<br />
der zulässigen Fugentemperatur und ein ausreichender<br />
Anpressdruck von außen auf die Fügeteile.<br />
Mindestens ein Thermoelement muß zwischen<br />
Klebeband und Holz positioniert sein, um eine Temperaturanzeige<br />
oder besser eine Temperaturregelung<br />
daran anzuschließen. Generell sollen Bandtemperaturen<br />
von mehr als 200 °C vermieden wird, da eine<br />
Werkstoffdegradation oder sogar Brandgefahr besteht.<br />
Die im Projekt gefundenen Erfahrungen und optimierten<br />
Halbzeuge sollten zum Ende des Projektes in<br />
einer vergleichenden Kleintafelproduktion mit unterschiedlichen<br />
Bauteil-Fugenvarianten und zwei verschiedenen<br />
Fügetechniken verglichen werden. Neben<br />
der neuen konduktiven Klebebandtechnik sollte das<br />
Nageln mit geharzten Klammern als etablierte Fügetechnik<br />
eingesetzt werden. Die in Harz getränkten<br />
Klammern weisen einen erhöhten Widerstand gegen<br />
das Herausziehen aus dem Holz auf. Als Kleintafeln<br />
wurden ein etwa 1,7 m langer Doppel-T Träger hergestellt,<br />
der einen Ausschnitt aus einem Deckenelement<br />
in der Holztafelbauweise repräsentieren könnte<br />
sowie ein quadratischer Schubkasten mit der Kantenlänge<br />
800 mm, der in den Ecken keine Verbindung<br />
zwischen den Kanthölzern aufweist. Dieser Träger<br />
kann sehr gut die Schubbelasteten Wände in Fertighäusern<br />
repräsentieren.<br />
Bild 7. Prüfungen an geklebten Modelltafeln: zweiseitig<br />
eingeleitete Belastung an quadratischen Schubkästen<br />
vor der Prüfung (links) und optimales Versagen<br />
im Holz bzw. im Plattenwerkstoff (rechts)<br />
Die Ergenisse der vergleichenden Prüfungen an Doppel-T-Trägern<br />
vielen nicht sehr stark unterschiedlich<br />
aus (hier nicht dargestellt), wohingegen der direkte<br />
Vergleich zwischen geklammerten und geklebten<br />
Schubkästen ein eindeutiges Ergebnis zugunsten der<br />
geklebten Variante erbrachte, mehr als doppelt so<br />
große Tragfähigkeit (etwa durchschnittlich 81 kN gegenüber<br />
32 kN) bei etwa halb so großer Gesamtdeformation<br />
(6 statt 14 mm Traversenweg) wurden festgestellt.<br />
In Bild 7 links ist auch das Bruchverhalten<br />
des Schubkastens dargestellt, die Klebfugen haben<br />
gut gehalten, Risse stellten sich in den Holzsubstraten<br />
ein, die damit sehr gut aktiviert werden konnten. Dies<br />
ist ein sehr gut vorhersagbares Werkstoffversagen,<br />
weil hier vielfältige Erfahrungen zu den bauaufsichtlich<br />
zugelassenen Hölzern und Holzwerkstoffen vorliegen.<br />
Damit stellt die neue Klebtechnik keine<br />
Schwachstelle in einem neuen Holzbaukonzept dar.<br />
7 Zusammenfassung und Ausblick<br />
Die hier vorgestellten Untersuchungen zeigen die<br />
Eignung einer neuen Methode für das Schnellkleben<br />
im Fertighausbau, welche die einfachen Geometrien<br />
der Holztafel optimal mit einer konduktiv beheizbaren<br />
Klebebandtechnik nutzen kann und typische Nachteile<br />
von konventioneller Klebtechnik (Dosierung, zu kurze<br />
oder zu lange Verarbeitungszeiten) vermeidet. Die<br />
Schnellklebetechnik kann sogar in der zeitlichen Produktivität<br />
mit den bestehenden Techniken des Nagelns<br />
oder Klammerns mithalten. Geklebte Tafeln<br />
sind generell steifer und fester, als nur genagelte oder<br />
geklammerte Tafeln.<br />
Die Fugen in der Holztafel gruppieren sich in zwei<br />
Fälle, einerseits der Klebung von Beplankung auf die<br />
Kantholzrahmen und andererseits der Schmalflächenklebung<br />
der Beplankung untereinander, auch im<br />
sogenannten fliegenden Stoß. Erstere Stoßart konkurriert<br />
massiv mit der etablierten Technik des Nagels<br />
oder Klammerns, letztere Stoßart verspricht mit der<br />
neuen Klebebandtechnik erstmals Festigkeiten von<br />
ungeschnittenen Platten im völlig variablen fliegenden<br />
Stoß ohne Unterlattung. Dies eröffnet zukünftigen<br />
Auslegungen neue Reserven oder neue konstruktive<br />
Möglichkeiten. Speziell die Schmalflächenklebung an<br />
den Beplankungen untereinander eröffnen neue Möglichkeiten<br />
des flexiblen Ausnutzens von Material, was<br />
früher als Verschnitt in den Abfall geworfen wurde.<br />
Nach Schätzungen aus der Fertighausindustrie ermöglicht<br />
eine konsequente Nutzung hier ein Einsparpotenzial<br />
von ca. 10 % in den Kosten.<br />
Mit Hilfe dieser Technik läßt sich die Wärme gezielt<br />
nur dort einbringen, wo sie benötigt wird, nämlich in<br />
der Klebefuge. Der apparative Aufwand für die Technik<br />
ist vergleichsweise gering und beschränkt sich auf<br />
mobile Anlagen aus dem Bereich der Lichtbogen-<br />
Schweißtechnik oder der industriellen Prozesswärme<br />
mit induktiver Erwärmung, die vielfältig in industriellen-<br />
und handwerklichen Werkstätten im Einsatz sind.<br />
Wichtige Aspekte der Prozesssicherheit stehen auch<br />
eng in Zusammenhang mit der Betriebssicherheit der<br />
neuen Methode. Die für die Aktivierung der Klebstoffe<br />
notwendigen Temperaturen knapp unter 200 °C liegen<br />
nah an dem Temperaturbereich, an dem Verkohlungserscheinungen<br />
im Holz auftreten. Der verantwortungsbewußte,<br />
technisch sichere Einsatz der neuen<br />
konduktiven Heiztechnik setzt damit die Kenntnis der<br />
Stromquellen, der Charakteristik der Klebebänder,<br />
einer ausreichend schnell arbeitenden Temperaturkontrolle<br />
zum Stellen oder Regeln von Aufheiz- und<br />
Haltephase sowie einen Mindestanpressdruck durch<br />
die Holzbestandteile auf den Klebebändern von mindestens<br />
0,25 N/mm² voraus. Durch die Verwendung<br />
von Streckmetallen konnten auch sehr gute Beständigkeiten<br />
der Klebungen nach Kochwasserlagerung<br />
erreicht werden, die nicht auf die z. Teil eingeschränk-<br />
8 <strong>DVS</strong> <strong>315</strong>
te Haftung des Klebstoffes auf den metallischen Bändern<br />
angewiesen sind.<br />
8 Danksagung<br />
Das Vorhaben IGF Nr.17311 N wurde durch die<br />
Forschungsvereinigung Internationaler Verein für<br />
Technische Holzfragen e. V. (iVTH) über die AiF<br />
Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen<br />
„Otto von Guericke“ e.V. begleitet und<br />
durch Mittel des Bundesministerium für Wirtschaft und<br />
Energie (BMWi) aufgrund<br />
eines Beschlusses des<br />
Deutschen Bundestages<br />
gefördert. Den genannten<br />
Organisationen und den<br />
Mitgliedern des Projekt<br />
begleitenden Ausschuss<br />
sei ausdrücklich gedankt.<br />
Rapidly Bonded Wood Panel Joints of Prefab<br />
House Construction Joints, Special Technical Paper<br />
STP 1583, ASTM International, West Conshohocken,<br />
PA, USA, 2015, 32 pages, ASTM International,<br />
West Conshohocken, PA, USA, 2015,<br />
32 pages<br />
9 Schrifttum<br />
[1] N.N.: Fertighäuser in Deutschland auf dem Vormarsch,<br />
18.10.2013, www.sz-immo.de, Sächsische<br />
Zeitung GmbH, D-01067 Dresden, Germany,<br />
online verfügbar, http://www.szimmo.de/artikel.asp?id=3295471<br />
[2] Schulze, H.: Holzbau, Wände – Decken – Bauprodukte<br />
– Dächer – Konstruktionen – Bauphysik<br />
Holz-schutz, 3. Auflage, Teubner-Verlag, Wiesbaden,<br />
2005<br />
[3] Holzrahmenbau – Bewährtes Hausbau-System,<br />
Bund deutscher Zimmermeister 4. Auflage, Bruderverlag<br />
Karlsruhe, 2007<br />
[4] Schlussbericht zum Forschungsvorhaben IGF<br />
17.311 N/1, Schnellhärtende Klebstoffsysteme für<br />
den Einsatz im Holztafelbau (Kurztitel: Holzhaus)<br />
Laufzeit: 01.10.2011 – 31.01.2014, Internationaler<br />
Verein für Technische Holzfragen e. V. (iVTH),<br />
Braunschweig, 2014<br />
[5] Rudolph, M.; Schaefer, H.: „Elektro-thermische<br />
Verfahren - Grundlagen, Technologien, Anwendungen“,<br />
Springer, Berlin, 1989<br />
[6] DIN EN 15425:2008 „Klebstoffe – Einkomponenten-Klebstoffe<br />
auf Polyurethanbasis für tragende<br />
Holzbauteile – Klassifizierung und Leistungsanforderungen“,<br />
Beuth Verlag Berlin, 2008<br />
[7] DIN EN 301:2006 „Klebstoffe für tragende Holzbauteile<br />
– Phenoplaste und Aminoplaste – Klassifizierung<br />
und Leistungsanforderung”, Beuth Verlag,<br />
Berlin, 2006<br />
[8] DIN EN 302-1:2004 ”Klebstoffe für tragende Holzbauteile<br />
– Prüfverfahren- Teil 1: Be-stimmung der<br />
Längszugscherfestigkeit”, Beuth Verlag, Berlin,<br />
2004<br />
[9] Pietschmann, J.: Industrielle Pulverbeschichtung -<br />
Grundlagen, Anwendungen, Verfahren, 3. Aufl.,<br />
Vieweg+Teubner, Wiesbaden, 2010.<br />
[10] Wisner, G.; Zillessen, A.; Brodel, M.; Stammen,<br />
E.; Fischer, F.; Dilger, K.: Adhesive Method for<br />
<strong>DVS</strong> <strong>315</strong> 9
Diffusionsgeschweißte Komponenten – Anwendungsübersicht<br />
S. Jahn, F. Gemse und S. Dahms, Jena<br />
Das Diffusionsschweißen von Bauteilen ist derzeit ein stetig wachsender Markt. Das Wachstum kann unter anderem<br />
auf das Erzeugen von unkonventionellen Werkstoffkombinationen oder das Realisieren großflächiger Verbindungen<br />
ohne Zusatzwerkstoff zurückgeführt werden. Beispiele sind optische Komponenten aus verschiedenen<br />
Gläsern, Komponenten in Schichtbauweise für die Mikrofluidik oder Wärmeableitelemente sowie die „first walls“ für<br />
die nächste Generation der Energieerzeugung (Fusionsreaktoren). Aus diesem Grund bieten mittlerweile über 30<br />
Unternehmen weltweit Diffusionsschweißanlagen an. Im Beitrag werden verschiedene aktuelle Anwendungen vorgestellt.<br />
1 Einleitung<br />
Das Diffusionsschweißen ist ein Festkörperfügeverfahren,<br />
mit dem es möglich ist, sowohl Kleinteile als<br />
auch großflächige Verbindungen im festen Zustand<br />
herzustellen. Sowohl artgleiche als auch artfremde<br />
Werkstoffe können bei einer Temperatur unterhalb<br />
der Schmelz- bzw. Solidustemperatur (etwa 50 bis<br />
90% Tm) verbunden werden. Aufgrund der Möglichkeit<br />
großflächige Verbindungen zu erzeugen, steht das<br />
Diffusionsschweißen in Konkurrenz mit dem Hartlöten,<br />
insbesondere dem Ofenlöten.<br />
2 Diffusionsschweißen<br />
Die Modellvorstellung beim Entwickeln eines „idealen<br />
Schweißverfahrens“ bestand darin, zwei zu fügende<br />
Teile bis auf die Größenordnung des Atomabstandes<br />
(10 -6 bis 10 -7 mm) aneinander anzunähern, so dass<br />
die atomaren und molekularen Kräfte zwischen beiden<br />
Teilen eine Verbindung herstellen. Die dafür nötigen<br />
Oberflächengüten sind jedoch mit keinem vertretbaren<br />
Aufwand erreichbar. Das von Prof. N. F.<br />
Kasakov [1] erfundene Diffusionsschweißen kompensiert<br />
durch die Anwendung von Druck und Wärme die<br />
mangelnde Oberflächengüte und kommt der Vorstellung<br />
des idealen Schweißverfahrens nahe. Die Phasen<br />
der Verbundausbildung sind schematisch in Bild 1<br />
dargestellt. Die Teile werden zusammengesetzt, Bild<br />
1a, und auf Schweißtemperatur erwärmt.<br />
Um den Kontakt der Fügeflächen sicherzustellen, ist<br />
es notwendig, die Bauteile mit einer Kraft zu beaufschlagen,<br />
Bild 1b. Durch Temperatur und Druck getrieben<br />
erfolgt Diffusion über die Kontaktfläche hinweg<br />
sowie eine plastische Verformung der Rauheitsspitzen<br />
auf den Oberflächen. Aufgrund von Kornwachstum<br />
über die Fügefläche hinweg, Bild 1c, ist bei artgleichen<br />
Werkstoffen nach Abschluss der Verbindungsbildung<br />
keine Fügezone mehr erkennbar, Bild<br />
1d. Zusammenfassend ist es für den Prozess erforderlich,<br />
Wärme in das Bauteil einzubringen und eine<br />
Kraft aufzubringen. Zusätzlich sollte der Prozess in<br />
einer schützenden Atmosphäre durchgeführt werden,<br />
um unerwünschte Reaktionen der Werkstoffe zu verhindern.<br />
2.1 Vorteile des Diffusionsschweißens<br />
Nach DIN 1910 Teil 2 werden die Fügepartner beim<br />
Diffusionsschweißen im Vakuum oder unter Schutzatmosphäre<br />
auf Temperaturen unterhalb des<br />
Schmelzpunktes, oder bei Mehrstoffsystemen unterhalb<br />
der Soliduslinie erwärmt und unter Aufbringung<br />
stetiger Kraft verbunden. Durch das Fehlen einer<br />
schmelzflüssigen Phase [3] unterscheidet sich das<br />
Diffusionsschweißen von anderen Schweiß- und<br />
Lötverfahren im klassischen Sinn.<br />
Bild 2. Fügezone einer Mischverbindung zwischen<br />
Stahl und Kupfer<br />
Bild 1. Verbundausbildung beim Diffusionsschweißen<br />
[2].<br />
Einer der Vorteile des Diffusionsschweißens ist wie<br />
beschrieben, dass keine schmelzflüssige Phase auftritt.<br />
Dies ist insbesondere beim Fügen von Mischverbindungen<br />
vorteilhaft. Im Festkörper sind die Diffusionsraten<br />
geringer im Vergleich zur Flüssigphase und<br />
damit leichter zu beherrschen, insbesondere wenn<br />
nur ein geringer Löslichkeitsbereich der unterschiedlichen<br />
Elemente untereinander vorliegt. Häufig schließt<br />
sich der Bereich der Bildung von intermetallischen<br />
Phasen dann, die sich durch ein sprödes Verhalten<br />
auszeichnen. Bild 2 beinhaltet bespielhaft die Füge-<br />
10 <strong>DVS</strong> <strong>315</strong>
zone einer Mischverbindung Stahl-Kupfer. Weitere<br />
technisch relevante Kombinationen sind unter anderem:<br />
Refraktär Werkstoffe an Stahltragelemente<br />
Metall- Keramik-Verbindungen<br />
Aluminium-Kupfer-Verbindungen<br />
Kupfer-Silberverbindungen<br />
2.2 Flächige Verbindungen<br />
Ein weiterer Vorteil des Diffusionsschweißens ist,<br />
dass große Flächen flächig verbunden werden können.<br />
Bisher war die maximale Größe der zu fügenden<br />
Bauteile in Europa aufgrund der fehlenden Anlagentechnik<br />
begrenzt. Eines der größten Diffusionsschweißsysteme<br />
mit Pressplatten der Größe 2,5 m ×<br />
3,5 m war bereits 1987 in Japan vorhanden [4]. Vor<br />
zwei Jahren wurde begonnen, auch bei Dienstleistern<br />
weltweit größere Systeme aufzubauen bzw. In-Betrieb<br />
zu nehmen, um auf die stetig wachsende Nachfrage<br />
zu reagieren [5, 6]. Gründe dafür werden im Kapitel<br />
„Anwendungen“ aufgeführt. In Bild 3 ist ein System im<br />
„1-Meter-Format“ (Pressplattengröße: 1000 x 900²)<br />
enthalten.<br />
Bild 3. Diffusionsschweißanlage mit Pressplattengröße<br />
von 1000 x 900 mm² (mit freundlicher Genehmigung<br />
der PVA Industrial Vacuum Systems GmbH,<br />
Wettenberg)<br />
Im Folgenden werden Anwendungen des Diffusionsschweißens.<br />
Häufig werden die Vorteile des Fügeverfahrens<br />
mit weiteren Effekten kombiniert. Ein Beispiel<br />
dafür ist das Ausnutzen von Größeneffekten in Kanälen,<br />
die der Fluidförderung dienen. Von großer Bedeutung<br />
ist die Kanaloberfläche, da dort Wechselwirkungen<br />
zwischen Kanaloberfläche und dem Fluid auftreten.<br />
Durch eine Verkleinerung der Kanalquerschnittsfläche<br />
wird eine Verbesserung des Wärmeaustauschs<br />
erzielt, da die Transportprozesse von der Oberflächengröße<br />
der Kanäle abhängig sind. Bei quadratischen<br />
Kanälen mit einer Seitenlänge l vergrößert sich<br />
der Umfang des Kanals linear mit einer Verlängerung<br />
von l. Die Querschnittsfläche des Kanals skaliert dagegen<br />
quadratisch mit der Seitenlänge l. Wird das<br />
Verhältnis von Kanalumfang zu Kanalquerschnittsfläche<br />
betrachtet, so verhält sich dieses umgekehrt proportional<br />
zu l. Eine Verringerung der Seitenlänge l<br />
führt somit zu einer Vergrößerung des Umfang-<br />
Querschnitt-Verhältnisses. Wird der Fließweg in die<br />
Betrachtung miteinbezogen, so skaliert auch das Kanaloberflächen-Querschnittsverhältnis<br />
mit 1/l. Daraus<br />
resultiert eine Vergrößerung der Oberfläche, wodurch<br />
letztendlich Austauschprozesse schneller bzw. effektiver<br />
ablaufen. Im Dimensionenvergleich von Technik<br />
und menschlichem Körper laufen die effizientesten<br />
Masse- und Wärmeaustauschprozesse beim Menschen<br />
in Kanälen mit 4 µm Durchmesser in Lunge<br />
und Niere ab. Nach Kandlikar [7] werden Kanäle mit<br />
Durchmessern bzw. bei rechteckigen Querschnitten<br />
die kürzere Seite im Bereich von 3,0 mm bis 0,2 mm<br />
als Mini- und zwischen 0,2 mm und 0,01 mm als<br />
Mikrokanäle bezeichnet.<br />
3.1 Temperierung von Werkzeugen<br />
Das Abformen aus plastischen Kunststoff-<br />
Formmassen ist heute ein wichtiger industrieller Fertigungsprozess<br />
mit einer langen Tradition. Im Vergleich<br />
zu anderen Verfahren zeichnen sich diese Verfahren<br />
durch kurze Zykluszeiten und hohe Stückzahlausbringung<br />
aus. Der Übergang von der viskosen Formmasse<br />
zum festen Bauteil erfolgt beim Spritzgießen nach<br />
dem Einspritzen in die Kavität (Form) zeitabhängig<br />
durch Abkühlen (Thermoplasten) oder durch reaktive<br />
Vernetzung (Duroplaste). Bei Letzterem läuft die Reaktion<br />
temperaturabhängig ab. Ein Erhöhen der<br />
Werkzeugtemperatur führt bei Duroplasten zu einem<br />
Absenken der Zykluszeit. Als letzter Schritt erfolgt bei<br />
ausreichender Festigkeit das Entformen des Bauteiles<br />
bei Temperaturen deutlich unterhalb der Formgebungstemperatur<br />
[8]. Daher ist beim Verarbeiten von<br />
Thermoplasten die Abkühlung auch Zykluszeitbestimmend.<br />
Zusammen mit dem Trend der additiven<br />
Fertigung bzw. umgangssprachlich dem „3D-Drucken“<br />
besteht verstärkt die Forderung, die Temperierung im<br />
Werkzeug auch geometrisch zu optimieren.<br />
3 Anwendungen<br />
Bild 4. Mehrteiliges Spitzgießwerkzeug mit konturnaher<br />
Kühlung und abgespritztes Bauteil (Komponenten<br />
zu Demonstrationszwecken aufgeschnitten)<br />
Wurden bisher mittel Laserstrahlschmelzen Kerne in<br />
Gießwerkzeugen erfolgreich eingesetzt, besteht nun<br />
der Wunsch, ganze Werkzeuge mit dem sogenannten<br />
„conformal cooling“ zu versehen. Die Strahlschmelzprozesse<br />
sind jedoch derzeit in den maximalen<br />
Dimensionen beschränkt. Durch die Kombination<br />
von konventioneller Fertigung mit dem Diffusions-<br />
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