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Prototypensemantik

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©2006 Yvonne Heimann<br />

<strong>Prototypensemantik</strong><br />

- Eine Einführung -<br />

06.06.2006<br />

1


Gliederung des Referats<br />

• 1) Einleitung; <strong>Prototypensemantik</strong> als kognitive<br />

Wissenschaft<br />

• 1.1) Die Anfänge: Basic Color Terms<br />

• 2) <strong>Prototypensemantik</strong>: Die Standardversion<br />

• 2.1) Prototypikalität<br />

• 2.2) Familienähnlichkeit, Prägnanz und cue validity<br />

• 2.3) Heckenausdrücke<br />

• 2.4) Basic level terms<br />

• 3) <strong>Prototypensemantik</strong>: Die erweiterte Version<br />

• 4) Kritik an der <strong>Prototypensemantik</strong><br />

• 5) Zusammenfassung<br />

• 6) Literaturverzeichnis<br />

2


1) Einleitung; <strong>Prototypensemantik</strong><br />

als kognitive Wissenschaft<br />

• <strong>Prototypensemantik</strong> (PS): Spielt nicht nur Rolle<br />

im Bereich der lex. Semantik<br />

• „Ursprung des kognitiven Paradigmenwechsels in<br />

der Linguistik.“ (Blank, S.44, 2001)<br />

• Wesentliches Gebiet der PS: Erforschung von<br />

Kategorisierungsprozessen, also der mentalen<br />

Verarbeitung von Information<br />

3


1.1) Die Anfänge: Basic Color Terms<br />

(Grundfarbenbezeichnung)<br />

�Was war der Grund für die spezielle<br />

Untersuchung von Farbbezeichnungen??<br />

�Untersuchung v. Linguisten zeigte:<br />

�Anzahl der Bezeichnungen für Farben innerhalb<br />

des für Menschen wahrnehmbaren Spektrums<br />

unterscheidet sich teilweise deutlich!<br />

�Beispiele<br />

4


Beispiele<br />

� Italienisch: azzurro, blu (blau)<br />

� Französisch: marron, brun (braun)<br />

� Kymrisch (Sprache in Wales): Ein Wort für<br />

Braun, unterscheidet aber nicht zwischen<br />

Blau und Grün (Blank, S.46, 2001)<br />

5


Schlussfolgerung<br />

- Beobachtung kann aus strukturalistischer Sicht als ein<br />

Beweis dafür gedeutet werden, dass diese<br />

Bezeichnungen im Saussureschen Sinne arbiträr sind<br />

- Taylor (vgl. Taylor, S. 7, 1995):<br />

Farbbezeichnungen innerhalb eines Systems<br />

gleichwertig<br />

- Sprecher einer beliebigen Sprache nimmt bspw. mehrere<br />

Rot-Töne wahr, empfindet aber nicht den einen „röter“ als<br />

den anderen<br />

- Dagegen argumentierten B. Berlin und P. Kay mit ihrer<br />

Untersuchung<br />

6


Untersuchung von Berlin/Kay<br />

Ihre Ergebnisse (vergleiche Blank, S. 45,<br />

2001)<br />

� Es gibt zentrale und randständige Vertreter einer Farbe.<br />

� Da Sprecher fast aller Sprachen dieselben Farbtöne als zentrale<br />

erkennen (auch wenn die Grenzen der sprachlichen Zuordnung<br />

anders gesteckt sind) sind diese zentralen Vertreter als universell zu<br />

betrachten.<br />

� Basic color terms sind weder Hyponyme eines Farbwortes (wie<br />

beispielsweise türkis), noch morphologisch kompliziert<br />

(beispielsweise hellgrün), noch fachsprachlich (beispielsweise cyan)<br />

oder beschränkt auf bestimmte Kollokationen (beispielsweise blond,<br />

das nur in Verbindung mit Haaren oder Bier stehen kann).<br />

� Grundfarbwörter weisen untereinander eine Hierarchie auf. So<br />

unterscheiden Sprachen mit nur 2 Grundfarbwörtern zwischen<br />

schwarz und weiß (bzw. hell und dunkel). Bei Sprachen mit drei<br />

Farben tritt stets rot als nächste hinzu, danach kommen gelb oder<br />

grün, etc.<br />

7


Konsequenzen…<br />

- Beobachtung von Berlin und Kay wurde in<br />

den 70er Jahren von den Strukturalisten<br />

angegriffen<br />

⇒Eleanor Rosch bestätigte die<br />

Beobachtung v. Berlin/Kay und erweiterte<br />

sie gleichzeitig<br />

- Frage: Wie? Untersuchung von E. Rosch<br />

8


Untersuchung von E. Rosch<br />

� Führte verschiedene Experimente mit einer Gruppe<br />

englischsprachiger Menschen und einer Gruppe der<br />

Dani (Volk in Papua-Neuguinea) durch<br />

� Dani verfügen nur über 2 Farbbezeichnungen:<br />

� mola für weiß und alle „warmen“ Farben (z.B. rot, orange,<br />

lila)<br />

� mili für schwarz und alle „kalten“ Farben (z.B. blau, grün)<br />

(vgl.: Blank, S. 46, 2001)<br />

� Test, in welchem Maß typische Vertreter einer<br />

Farbe (sog. focal colors) v. den verschiedenen<br />

Gruppen als solche kategorisiert wurden<br />

9


Ergebnis der Untersuchung<br />

• Erstaunlich hohe Kongruenz der beiden Gruppen, trotz<br />

der sehr unterschiedlichen Sprachen<br />

• Die für die Dani nicht genauer kategorisierten Farben<br />

wurden mit „neuen“ Namen belegt, die von ihnen gelernt<br />

werden sollten<br />

• Resultat: Zentrale Vertreter einer Farbe wurden<br />

schneller gelernt, als Randfarben(vgl. Taylor, S. 11 f.,<br />

1995)<br />

• Beweis, dass die Farbterminologie sich als weit weniger<br />

willkürlich erweist als die Strukturalisten behaupten.<br />

Farbe […] ist ein prima Beispiel für den Einfluss der<br />

zugrundeliegenden perzeptuellen-kognitiven […]<br />

Kategorien.’ (Heider 1971,S. 447), (Taylor, S. 15, 1995)<br />

10


2) <strong>Prototypensemantik</strong>:<br />

Standardversion<br />

Grundthese:<br />

Die Bedeutung eines Wortes ergibt sich<br />

aus seiner Zugehörigkeit zu einer<br />

Kategorie inhaltlich ähnlicher Wörter.<br />

11


2.1) Prototypikalität<br />

• Exemplarisch für Nachweis von Prototypen (unter<br />

verschiedenen Vertretern einer Kategorie) :<br />

Labovs Tassenexperiment (vgl. Taylor, S. 40<br />

1995)<br />

• Zweiter Typ von Prototypikalität: Vogelexperiment<br />

von Rosch (1975)<br />

• Bis heute Diskussion, wie sich diese Ergebnisse<br />

in semantische Erklärungsansätze integrieren<br />

lassen<br />

Y2<br />

• <strong>Prototypensemantik</strong> hat v.a. Diskussion darüber<br />

angeregt, wie sich semantische Kompetenz bei<br />

der Sprachverarbeitung zeigt<br />

12


Folie 12<br />

Y2 Manche SprachwissenschaftlerInnen sprechen lieber von Prototypenforschung als von <strong>Prototypensemantik</strong>!<br />

Yvonne; 04.06.2006


Labovs Tassenexperiment<br />

� Legte Probanden verschiedene Zeichnungen<br />

mit Gefäßen vor<br />

� Probanden sollten Gefäße benennen<br />

(Abb. nach Schwarz, S.90 (2/1996).<br />

Nummerierung wurde ergänzt.)<br />

13


Ergebnis<br />

• Die meisten Probanden bestimmten<br />

Gefäß 3 als Tasse<br />

• Merkmalssemantische Bedeutung von<br />

Tasse: [Gefäß, mit Henkel, so hoch wie<br />

breit, zum Trinken zu benutzen]<br />

• Funktion: „Gefäß, das zum Trinken<br />

benutzt werden kann“ schrieben<br />

Probanden auch anderen Gefäßen zu<br />

• Für „Tasse“ scheint es also typische und<br />

weniger typische Vertreter dieser<br />

Kategorie zu geben<br />

14


Vogelexperiment von E.<br />

Rosch<br />

- Frage: Werden bestimmte Vögel als vogelhafter<br />

eingestuft, als andere?<br />

- Befragung von Probanden z.B. nach typischen<br />

Vögeln<br />

- Große Übereinstimmung bei Rotkehlchen<br />

- Weiter Untersuchungen, um erste Ergebnisse zu<br />

stützen:<br />

- Zeit wurde gemessen, die die Probanden brauchten, um<br />

die Zugehörigkeit einer Kategorie zu bestimmen:<br />

- Sätze wie: „Ein Pinguin ist ein Vogel.“ vs. „Ein Spatz ist ein<br />

Vogel.“<br />

- Ergebnis: Die Probanden brauchten bei dem ersten Satz<br />

länger als beim zweiten.<br />

15


Ergebnis I<br />

• Die Ergebnisse ergaben insgesamt eine<br />

Abstufung der „Vogelhaftigkeit“<br />

• So ist ein Pfau weniger vogelhaft, als eine<br />

Eule<br />

16


Ergebnis II<br />

(Abb. nach Aitchison, S.68, 1997)<br />

17


Y3<br />

2.2) Familienähnlichkeit, Prägnanz<br />

und cue validity<br />

I<br />

• Unschärfe von Kategorien wird auch als fuzziness<br />

bezeichnet<br />

• Konzept der Familienähnlichkeit (geprägt von Ludwig<br />

Wittgenstein)<br />

• Familienähnlichkeiten geben Auskunft darüber, wie groß<br />

die Nähe zum Prototypen ist<br />

• Außerdem tragen Intensität, Frequenz, Vertrautheit, gute<br />

Gestalt und Informationsgehalt zur Prägnanz eines<br />

Merkmals bei<br />

• Prototyp ist nicht abhängig v. einer bestimmten<br />

Einzelsprache, sondern von der Prägung durch die<br />

Außenwelt, also durch spezielles enzyklopädisches<br />

Wissen<br />

18


Folie 18<br />

Y3<br />

Yvonne; 04.06.2006


Konzept der Familienähnlichkeit<br />

v. L. Wittgenstein<br />

� Innerhalb einer Kategorie haben die<br />

Vertreter nur wenige oder kleine Merkmale<br />

gemeinsam.<br />

� Resultat: Unschärfe(fuzziness)<br />

� Wittgenstein (Wittgenstein, S. 66, 1997)<br />

stellte anhand Kategorie „Spiel“ sein<br />

Konzept auf:<br />

19


Fortsetzung I<br />

• Betrachtung der Kategorie „Spiele“: Brettspiele,<br />

Kartenspiele, Ballspiele, Kampfspiele<br />

– Frage: Was haben alle gemeinsam?<br />

– Wir können das, was gemeinsam sein könnte nicht<br />

sehen, aber wir können Ähnlichkeiten und<br />

Verwandtschaften sehen, und zwar eine ganze<br />

Menge!<br />

– Ergebnis: Sehen ein kompliziertes Netz von<br />

Ähnlichkeiten, die einander übergreifen und kreuzen.<br />

20


Fortsetzung II<br />

– Wort, das alles charakterisiert:<br />

Familienähnlichkeit<br />

– „[…]denn so übergreifen und kreuzen sich<br />

die verschiedenen Ähnlichkeiten, die<br />

zwischen den Gliedern einer Familie<br />

bestehen: Wuchs, Gesichtszüge, Augenfarbe,<br />

Gang, Temperament, etc.“ (Wittgenstein, S.<br />

66, 1997)<br />

21


Familienähnlichkeit, Prägnanz und<br />

cue validity<br />

II<br />

• Prototypen können regional verschieden sein:<br />

– Mitteleuropa: Spatz<br />

– Südamerika: Tukan<br />

• cue validity: Zeigt an, wie oft ein bestimmtes<br />

Merkmal einer Kategorie zugeordnet wird, also<br />

dem Grad der Familienähnlichkeit<br />

– Merkmal mit hoher cue validity: ausschlaggebend für<br />

die Kategorisierung des Referenten.<br />

– Bsp.: „flugfähig“ für Kategorie „Vogel“ => tun uns<br />

schwer flugunfähige Vögel, wie Pinguin und Strauß<br />

als Vogel zuerkennen. (Blank, S. 47, 2001)<br />

22


2.3) Heckenausdrücke (engl.<br />

Hedges)<br />

• Wir wissen: Grenzen der Kategorien sind nicht<br />

immer klar erkennbar und scharf umrissen<br />

• Taylor (vgl.: Taylor, S. 68-74, 1995) : Einführung<br />

der Begriffe expert categories und folk<br />

categories<br />

• folk categories: Benutzen wir im tägl. Leben und<br />

haben meist ein wenig unscharfe Grenzen<br />

• expert categories (Expertenkategorien): Oft dazu<br />

da, Kategorien scharf abzugrenzen<br />

23


Beispiel für expert categories<br />

• Beispielkategorie: „Ungerade Zahlen“<br />

– Für Mathematiker (Experten) sind alle ungerade<br />

Zahlen gleich; die Kategorie ist nicht prototypisch<br />

strukturiert<br />

– Für einen Nicht-Mathematiker (ergo Nicht-Experten)<br />

erscheint die Zahl 3 eher ein Prototyp für die Kategorie<br />

„ungerade Zahlen“ zu sein, als die Zahl 747<br />

• Kategorie hier klar prototypisch strukturiert!<br />

– Frage: Warum ist dies so?<br />

– Antwort: Im täglichen Leben müssen wir eher mit<br />

kleinen Zahlen umgehen, als mit großen. Daher<br />

entstehen solche klaren Vertreter der Kategorie<br />

„ungerade Zahlen<br />

24


Hedges II<br />

• Relativieren fehlendes Expertenwissen durch<br />

Ausdrücke wie: streng genommen, im weitesten<br />

Sinne, eigentlich, schon irgendwie<br />

• Zusammenfassung von Taylor (vgl.: Taylor, S.<br />

80, 1995) :<br />

„Hedges zwingen uns zwischen zentralen und<br />

peripheren Mitgliedern einer Kategorie zu<br />

unterscheiden […], wie auch zwischen<br />

unterschiedlichen Verwandtschaftsgraden von<br />

Nicht-Mitgliedern in einer Kategorie[…]. Sie<br />

zeigen uns, dass Kategoriebindungen flexibel<br />

sind […].”<br />

25


2.4) Basic level terms<br />

• Zuvor: mit der horizontalen, kohyponymischen Ebene der<br />

<strong>Prototypensemantik</strong> befasst<br />

• Es folgt: vertikale, hyponymische Ebene<br />

– Aufteilung in übergeordnete und untergeordnete Kategorien<br />

• Rosch schlägt drei Ebenen vor:<br />

– übergeordnete Ebene (superordinate level, bspw. Tier)<br />

– Basisebene (basic level, bspw. Vogel)<br />

– untergeordnete Ebene (subordinate level, bspw. Adler)<br />

• basic level terms: Weitere wichtige Charakteristiken:<br />

– psychologisch grundlegend => weisen höchste Informationsdichte bei der<br />

kognitiven Verarbeitung auf<br />

• Bsp.: […][die] Schnelligkeit der Erkennung und Kategorisierung ('Schau mal,<br />

ein(e) …!’), der Visualisierbarkeit oder auch der Frühzeitigkeit im Spracherwerb<br />

äußert.“ (Kortmann, S. 176, 1999)<br />

• Schlussfolgerung => Basic level terms „sind die ersten und die<br />

natürlichsten Formen der Kategorisierung“ (Lakoff, S. 49, 1987)<br />

26


Superordinate level<br />

� Unterschiedliche Erscheinungen, die<br />

sprachenabhängig sind<br />

� Bsp.: Deutsch:<br />

übergeordneten Kategorien Obst und Gemüse<br />

vom grammatischen Geschlecht her neutral<br />

- Auf basic level und subordinate level werden<br />

genusbezogenen Spezifikationen vorgenommen<br />

- Bsp.: Der Apfel, die Karotte<br />

27


Basic level<br />

• Wörter weisen nur linguistische Merkmale<br />

auf (wie bei den Farbbezeichnungen!)<br />

• Sind i. d. R. recht kurz und<br />

monomorphemisch, wie z.B. Tisch<br />

28


Subordinate level<br />

• Wörter sind oft Komposita, wie z.B.:<br />

Küchentisch<br />

29


3) <strong>Prototypensemantik</strong>:<br />

Die erweiterte Version<br />

• Erweiterte Version ist u. a. aus der Überlegung<br />

von Wittgenstein zum Thema<br />

„Familienähnlichkeit“ hervorgegangen<br />

• Wir wissen, dass alle Typen einer Kategorie<br />

über keine gemeinsamen Eigenschaften,<br />

sondern über sich überlappende Eigenschaften,<br />

die sie miteinander verbindet, verfügen!<br />

• Es ergibt sich z. B. folgende Kette:<br />

AB BC CD DE (vgl. Kleiber, S.120)<br />

30


Erweiterte Version<br />

• 1. Glied ≠ letzte Glied => gar keine<br />

Gemeinsamkeiten, aber gehören<br />

derselben Kategorie an!<br />

• Blank (S. 50, 2001): „Auf dieser Basis wird<br />

die Konzeption des Prototypen als des<br />

besten Vertreters einer extensionalen<br />

Kategorie aufgegeben […].“<br />

31


Konsequenzen<br />

• Als Konsequenzen dieser Überlegung bleiben 2<br />

Thesen übrig:<br />

– Es gibt nur noch prototypische Effekte: Der Prototyp<br />

als Vertreter der kategoriellen Begriffe und als<br />

strukturelle Basis der Kategorie existiert nicht mehr.<br />

– Die Relation, die die verschiedenen Vertreter<br />

derselben Kategorie verbindet, ist bei den Kategorien<br />

jedweder Art die der Familienähnlichkeit.<br />

• Entwicklung eines neuen Konzepts, das den<br />

Thesen gerecht wird.<br />

32


Entwicklung eines neuen Konzepts<br />

• Übertragene Bedeutung eines Wortes in die Konzeption der<br />

Kategorien mit einbeziehen!<br />

– Bsp.: „Vogel“ übertragenen Bedeutung:<br />

• Seltsamer Mensch<br />

• Flugzeug<br />

• Ausführungen entsprechen den sog. idealized cognitive models<br />

(ICM) v. Lakoff<br />

– Versch. prototypische Effekte werden miteinander verbunden, damit das<br />

Gesamtkonzept Vogel abgedeckt wird<br />

• Am Bsp. „Vogel“ lässt sich gut erkennen, dass man sich jeweils auf<br />

die Einzelsprache beschränken muss:<br />

– Englisch: bird => Umgangssprachliche Bezeichnung für eine junge Frau<br />

– Italienisch: uccello => über die ursprüngliche Bedeutung hinaus ein<br />

vulgärer Ausdruck für das männliche Glied<br />

• Mit Hilfe dieses neuen Modells: Problem der Polysemie lässt sich<br />

lösen !<br />

33


Entwicklung II<br />

• Durch Wegfall des Prototypen + seine Reduzierung auf<br />

prototypische Effekte erscheint Flugzeug nicht als extrem<br />

peripherer Vertreter von Vogel, sondern nimmt eigene<br />

Stellung ein!<br />

• Neue Theorie: Theorie der semantischen Struktur<br />

polysemer Lexeme<br />

– Zeigt nicht, wie Kategorie oder ein Begriff strukturiert sein kann,<br />

sondern wie ein Wort auf verschiedene Kategorien verweisen<br />

kann,<br />

– Man muss die Existenz einer gemeinsamen Kategorie, die diese<br />

verschiedenen Kategorien umfasst, nicht postulieren. (Kleiber, S.<br />

130, 1993)<br />

– Trägt auch den Heckenausdrücken Rechnung (bspw.: können<br />

Formulierungen wie „im weitesten Sinne“ auch auf die Existenz<br />

übertragener Bedeutungen hinweisen!)<br />

• Bsp.: Flugzeug oder Fledermaus sind zwar keine Vögel im<br />

biologischen, aber eben im übertragenen Sinn und müssen somit in<br />

das Konzept miteinbezogen werden!<br />

34


4) Kritik an der <strong>Prototypensemantik</strong><br />

o Standardversion bezieht sich ausdrücklich NICHT auf<br />

einzelsprachliche Phänomene, sondern untersucht<br />

mentale Konzepte sprachübergreifend<br />

o Unterschiedliche Kategorisierungen in bestimmten<br />

Sprachen werden übergangen, obwohl sich kulturelle<br />

Hintergründe der Sprachen kaum unterscheiden<br />

o Bsp.: Blank (vgl. Blank, S. 52f.) 2001):<br />

o Das Spanische und das Portugiesische unterscheiden mittels zweier<br />

Lexeme ave (sp./pt.) und pájaro (sp.)/pássaro (pt.) zwischen einem<br />

großen und einem kleinen Vogel<br />

⇒Andere romanische Sprachen machen diese Unterscheidung nicht!<br />

⇒ Nichtbeachtung der Einzelsprache nicht vertretbar!<br />

35


Kritikpunkt: basic level terms<br />

o Beispiel für den Kritikpunkt: basic level<br />

terms:<br />

o Betrachtung der Kategorie Obst:<br />

o Heidelbeere, Mirabelle<br />

=> Keine Einstufung als prototypischen Vertreter der<br />

Kategorie, trotz dass sie viele Merkmale mit einer<br />

hohen cue validity auf sich vereinigen. Trotzdem<br />

Randvertreter!<br />

=> Einstufung beruht auf dem Grad der Vertrautheit<br />

mit diesen Früchten: Bei Apfel und Birne<br />

wesentlich höher (vgl: Kleiber, S. 98f., 1993)<br />

36


Zusammenfassung der Kritik:<br />

Standardversion<br />

• Man kann sich nicht immer auf cue validity<br />

und Prägnanz verlassen, sondern auch<br />

das eine od. andere außer Acht lassen<br />

=> Führt nicht zu Einfachheit und Klarheit auf<br />

diesem Gebiet<br />

37


Kritik: Erweiterte Version<br />

• Gut: Ausbesserung des Kritikpunktes „Nichtberücksichtigung der<br />

Einzelsprachen“ !<br />

• Laut Blank: Missinterpretation von Wittgensteins Familienähnlichkeit<br />

vor; Zitat:<br />

– „Es ist in der Tat naiv zu glauben, dass allen Spielen etwas gemeinsam<br />

sein muss, weil sie alle Spiel genannt werden. Lakoff schließt daraus<br />

aber nun gerade, alle Spiele müssten derselben kognitiven Kategorie<br />

angehören, weil sie ja alle Spiel heißen! Dass dies zu kurz gedacht ist,<br />

zeigt bereits unser Beispiel VOGEL: Der Pinguin ist freilich ein<br />

untypischer Vogel, aber er ist einer; FLEDERMAUS, FLUGZEUG und<br />

KOMISCHER MENSCH sind eigenständige Konzepte […]. Sie sind<br />

ganz einfach keine Vögel […].“ (Blank, S. 53, 2001)<br />

– Außerdem: Mit Wittgensteins Konzept könne nur die Relation der<br />

Mitglieder einer Kategorie untereinander beschrieben werden;<br />

keineswegs aber kategorienübergreifende Verhältnisse. Zudem würde<br />

die erweiterte Version, die eindeutig vorhandenen Vorteile der<br />

Standardversion verwischen. (vergleiche Blank, S. 54, 2001)<br />

38


5.) Zusammenfassung I:<br />

Standardversion<br />

� Vorhandensein eines Hauptvertreters (eines<br />

Prototypen) für eine Kategorie<br />

� Prototyp gilt somit als der beste Vertreter<br />

� Vom Prototyp wird die Kategorie aus strukturiert<br />

und die Zugehörigkeit eines Referenten zu einer<br />

Kategorie entschieden<br />

� Basic level terms:<br />

� Auf gewisser Basisebene (zw. übergeordneter und<br />

untergeordneter Ebene) gibt es die höchste<br />

Informationsdichte bei ausreichender Allgemeinheit<br />

� Führt zu weiterem prototypischen Effekt: Gehäufte<br />

Verwendung dieser Lexeme im Alltag<br />

39


Zusammenfassung II:<br />

Erweiterte Version<br />

� Abkehr vom klassischen Begriff des Prototypen<br />

� Reduzierung auf prototypische Effekte<br />

� Wittgensteins Familienähnlichkeit gilt als<br />

Strukturierungkonzept<br />

� Aus Familienähnlichkeits-Konzept erarbeitete Lakoff seine<br />

sog. ICMs<br />

� ICMs umfassen sämtliche Bedeutungen eines Wortes<br />

(auch übertragene Bedeutungen)<br />

=> sind somit auch komplizierter aufgebaut!<br />

� Automatische Ausweitung auf einzelsprachliche<br />

Phänomene, weil metaphorische Bedeutungen nur selten<br />

und dann in geringem Maß nur sprachübergreifend!<br />

� Schlusswort: „Daher kann man sagen, dass die erweiterte<br />

Version mit den Grundprinzipien der Standardversion<br />

bricht.“ (Kleiber, S. 140 1993)<br />

40


6.) Literaturverzeichnis<br />

http://appserv3.ph-heidelberg.de/kwo/module/semantik/ir11934a.php<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/<strong>Prototypensemantik</strong><br />

http://www.fask.uni-mainz.de/inst/iaspk/Linguistik/Wortsemantik/Prototypen.html<br />

41

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