Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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8 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang lSfifl Laden eingehend besichtigt und ihr Inhalt gebührend bewundert,- auch wenn es daran nachher manches auszusetzen gibt. Die Altersgenossen geben der Braut eine „Schenke". Früher war es üblich, eine Kunkel zu schenken, an die allerlei Dinge, wie „Kendia", Kinderkittelchen, Kinderlätzchen usw. angehängt waren. Waren viele Kittelchen daran, so war das Gelächter groß, denn je mehr Kittelchen an der Kunkel hingen, desto mehr Kinder hatte die Braut zu erwarten. Zur Zeit, als die „Kunkel- oder Liachtstuben" noch üblich waren, durften die Mädchen, die mit der Braut im Laufe des Winters die gleiche Kunkelstube besucht hatten, den Strohsack stopfen, wobei er nicht nur mit Stroh, sondern auch mit Dreschflegel, Rechen, Besen und anderen einladenden Dingen gestopft wurde. Auch heute, nach Abschaffung des Strohsackes, wird noch ähnlicher Schabernack bei Errichtung des Brautbettes getrieben. Dem Einzug folgte früher der Polterabend, wobei Burschen und Mädchen ein Faß Bier erhielten. Falls die Braut von auswärts kommt, bringt ihre Aussteuer der mit Kränzen geschmückte „Brautwagen". Gewöhnlich auch am Samstag hält die Braut ihren Einzug. Am Mittwoch, als einem Unglückstag, soll kein Einzug stattfinden. Recht reichen Mädchen werden sogar zwei oder drei Wagen ausgestattet. Wehe der Brautausrüstung, wenn der Himmel seine Schleusen öffnet! Der Brautwagen, von zwei oder vier Pferden mit Schellengeläute gezogen, ist außer dem Fuhrmann vom Schreiner und der Näherin der Braut besetzt. Der Brautwagen, die Geißel des Fuhrmanns, und die Pferde, ,,d' Schwänz und d' Mähna", sind mit Schleifen aus roten und blauen Bändern geschmückt. Rot und blau sind die Farben der Liebe und Treue. Der Brautwagenführer erhält von der Braut als Geschenk ein Hemd, das ihm die Braut in einem Päckchen ans Kummet eines Pferdes hängt. Früher leisteten Kinder mit Seilen Vorspann, wenn der Brautwagen kam, und erhielten Pfennige ausgeworfen. Früher war es Sitte, daß die Braut beim „Einzug" selbst Hand anlegte. Sie nahm alsdann die „Zudecke" (das Oberbett) und trug sie und damit das „Glück" ins Haus. Dabei mußte sie acht geben, daß sie die Türpfosten nicht berührte, denn dann gab es in der Ehe keinen Anstoß oder Streit. Die bürgerliche Eheschließung findet gewöhnlich am Vorabend oder morgens am Tage der Trauung statt. Am Hochzeitmorgen versammeln sich die Brautleute, die Verwandten und Teilnehmer des Hochzeitszuges im Wirtshause, in dem die weltliche Feier stattfindet. Hier werden die Gäste und Brautzugsteilnehmer gegen ein Trinkgeld von der Brautnäherin mit dem Hochzeitsstrauß geschmückt. Den sich bildenden Zug eröffnet die Musik. Es folgen die teilnehmenden Vereine, „Gsell und Gspiel", die Brautleute, männliche und weibliche Hochzeitsgäste. Sich führen, Arm in Arm gehen, ist im allgemeinen nicht Sitte. Nach der Trauung besuchen das Brautpaar und die nächsten Verwandten die Gräber verstorbener Eltern oder Anverwandten. Der Brautzug wird anschließend wie zuvor zur Wirtschaft zurückgeführt. Der Eingang zur Wirtschaft, sowie die Haustür der Wohnung des Brautpaares sind von den Altersgenossen des „Hochzeiters" und vom „Gsell" mit Kränzen und Tannen geschmückt worden, Nach der Rückkehr von der Kirche beginnt sogleich der Brauttanz. Dabei hat der Bräutigam das Zusehen. Es tanzt nämlich der Bruder der Braut oder ein naher Verwandter derselben mit der Braut, die ihrem Tänzer ein „Sacktuch" verehrt. Darauf folgt der Tanz der Brautführer. Erst jetzt beteiligen sich auch andere Paare am Tanz. Während des Tanzes wechseln die sog. Vortänze ab für Altersgenossen und Gespielen der Braut und des Bräutigams, des „Gsell" und der „Gspiel". Ist der Bräutigam Mitglied irgend eines oder gar mehrerer Vereine, so beteiligen sich diese Vereine mit Fahnen an der Trauungsfeier. Sie erhalten ein Faß Bier und einen „Vortanz" für ihre Mitglieder. Deklamierende Kinder, kleine Vorträge und „poesievolle" Wünsche sorgen für Abwechslung. Am Hochzeitsessen beteiligen sich außer dem Brautpaar und dessen Eltern und Geschwister nur die nächsten Verwandten und aus besonderen Gründen geladene Gäste. Kranke Personen und Wöchnerinnen erhalten an diesem Tage das Mittagessen gebracht. Früher war das Essen ziemlich reichlich bemessen, so daß von dem Rindfleisch, Schweinefleisch und Kalbfleisch, von den Würsten, Kuchen und anderen Dingen noch ziemlich viel in das ohne Aufforderung gereichte Papier gewickelt werden konnte. Nach dem Hochzeitsmahle füllt sich der Saal mit einheimischen und fremden Gästen, die zur „Schenke" kommen. Für die Brautleute ist die Hochzeit je nach dem Ansehen, das sie selbst oder ihre Eltern genießen, oder nach der Zeit, in der sie ihre Hochzeit halten, ein „einträglich Geschäft". Sie sitzen in der Nähe der Türe und nehmen die in Geld gereichte „Hochzeitsschenke" in Empfang. Die Braut sagt: „I bedank me, i will's au wieder wett macha." Ist der Hochzeitstag seinem Ende nahe und wollen die Brautleute aufbrechen, so tanzen sie den „Ehrentanz". In früheren Zeiten wurde dieser so gehandhabt, daß in die Mitte des Tanzplatzes drei brennende Kerzen gestellt wurden. Man gab acht, daß keine Kerze ausgelöscht wurde. Wer beim Tanzen von den Brautleuten zuerst ein Licht auslöschte, mußte vor dem anderen Teil sterben. Gewöhnlich werden die Brautleute von den Eltern, den Gespielen und Altersgenossen nach Hause begleitet. Auf dem Heimweg wird oft gesungen. Zu Hause angekommen, wird zur Erfrischung Kaffee herumgereicht. Bald nehmen die „Heimbegleiter" fröhlichen Abschied unter allerlei wohlgemeinten Glückwünschen, von denen einer folgen möge: Jetz isch halt so ganga, Jetz hoscht du halt gheirat, Jetz hot ses so gschickt, Jetz bischt du a Weib, Jetz wensch i d'r Braut Jetz siehscht du koim lediga Ond deam Bräutigam Glück! Mädle meh gleich. Jetz hoscht du halt gheiret, Jetz wensch i d'r Braut Jetz bischt du a Ma, Ond deam Bräutigam Glück, Jetz bsieht di koi ledigs Ond daß 's älle Johr Schöns Mädle meh a! A Kendergschrei geiht. Auf einige besondere Umstände hat der Volksglaube sein Augenmerk gerichtet. Regnets am Einzugstag der Braut, so haust sie nicht gut. Regnets am Hochzeitstage, werden die Brautleute reich. Wer zuerst ins Brautbett kommt, hat künftig die Oberhand im Hause. Eine Beerdigung am Hochzeitstage oder ein offenes Grab deuten auf eine baldige Auflösung der Ehe durch den Tod. 3. Beerdigung Im allgemeinen ist der Menschenschlag auf der Alb zäh und langlebig. Leute mit 80 und mehr Jahren sind nicht selten. Klopft der Tod an, so wird frühzeitig der Pfarrer gerufen, daß er den vom Tod Gezeichneten „ausfertigt", das heißt, die Sterbesakramente spendet. Ist der Eintritt des Todes bald zu erwarten, so wird die „Zugglocke" geläutet. Dem in den letzten Zügen Liegenden stehen Angehörige, Nachbarn und Verwandte bei, indem sie den Rosenkranz beten und die Sterbegebete verrichten. Die Fenster werden geöffnet, „daß die Seele entfliehen kann." Nach dem Tode werden dem Verstorbenen die Augen geschlossen, denn wenn er sie offen behält oder wenn sie sich wieder öffnen, stirbt jemand aus der Verwandtschaft. Nachbarn und Verwandte halten die Totenwache. Frauen, oder in Ausnahmefällen auch Männer, gehen in die umliegenden Orte zum „Leichsagen". Früher war dies ein ganz einträgliches Geschäft. Heute bedient man sich zur Mitteilung des Todesfalls der Zeitungsanzeige oder der Trauerbriefe. Bis zum Beerdigungstag wird jeden Abend der Rosenkranz für den Verstorbenen gebetet, und zwar meistenteils im Trauerhause selbst, manchmal auch in der Kirche. Letzteres ist jedenfalls aus verschiedenen Gründen vorzuziehen. Bei der Beerdigung tragen die Nachbarn den Sarg, Kirchenkreuz, Fahne und Kerzen. Sie begeben sich mit den männlichen Verwandten zur Kirche, wo der Pfarrer abgeholt wird. Im Leichenzug gehen die männlichen Verwandten direkt hinter dem Sarge, während die weiblichen Angehörigen als Letzte den Zug beschließen. Nach erfolgter Beerdigung spricht der Pfarrer auf Wunsch den Dank aus für die Teilnahme am Leichenbegängnis und für Besuche, die dem Verstorbenen während der letzten Krankheit erwiesen wurden. Die Teilnahme am Leichenbegängnis ist in vielen Fällen eine allgemeine. Oft richtet sie sich teils nach der Zeit, in der die Beerdigung stattfindet oder nach dem Ansehen, das der Verstorbene oder seine Angehörigen in der Gemeinde und Umgebung genießen. Sehr oft bewahrheitet sich allerdings auch der allgemeine Spruch: Ischt ma reich, no goht ma mit d'r Leich, Ischt ma arm, daß Gott erbarm! Anschließend an die Beerdigung, die an Werktagen immer in den Vormittagsstunden gehalten wird, findet der Seelengottesdienst für den Toten statt. Ist die „Leich" am Sonntagnachmittag, so hält man den Gottesdienst meistens am folgenden Tage. Bei der Opferung wird ,,z' Opfer ganga", wobei jeder Teilnehmer ein Scherflein auf den aufgestellten Opferteller legt. Es soll schon vorgekommen sein, daß von besonders „sparsamen" Leuten vorher ein „Zweier" gewechselt wurde, um „standesgemäß" opfern zu können. Nach dem Gottesdienst begeben sich die Anverwandten, sowie auswärtige Teilnehmer ins Wirtsnaus. Hierbei wird der Verstorbene manchmal recht tüchtig „beweint".

Jahrgang 1960 HOFlIiKZOLLEXISCIZ HEIMAT 9 Auch beim Tode spielt der Aberglaube keine geringe Rolle. Außer dem schon genannten Falle wird der baldige Tod eines Mitbürgers angemeldet durch den Schrei des Käuzchens: „Komm mit". Springt die Türe von selber auf, oder hört man ein rätselhaftes Geräusch im Hause, so hat der Tod angeklopft. Ist am Freitag ein Grab offen, oder schlägt die Uhr am Sonntag während der Wandlung die volle Stunde, so stirbt bald jemand im Dorfe. Desgleichen wird ein baldiger Todesfall angezeigt, wenn beim Betläuten die Glokken surren, oder wenn im „Totenhäuschen" das Geschirr klirrt. Tritt bei einem Toten keine richtige Totenstarre ein, so stirbt bald wieder jemand. Der Tod meldet sich weiter an durch die sog. Wanduhr, durch Klopfen und das Stillestehen der Uhr. Wenn im Hause jemand stirbt, so muß man den Most umleeren und die Blumenstöcke verstellen, sonst werden sie unbrauchbar oder sterben ab. Warzen kann man vertreiben, wenn man sie mit drei Speckbrocken überstreicht und diese ins Grab wirft. B) Sitten und Bräuche im Laufe des kirchlichen und bürgerlichen Jahres Am Nikolausabend kommt der Santiklos. Vermummte Burschen durchziehen das Dorf, mit Schellen und Ketten rasselnd. Sie kommen in die Häuser und teilen den Kindern und ledigen Mädchen Rutenstreiche aus, werfen wohl auch Aepfel und Nüsse unter die Kinderschar, um dann, wenn sich die Kinder darum balgen, umso besser dreinhauen zu können. Die Kinder rufen schon tagsüber: „Santikloos, Butterfidla, laß mer au en Epfel liega!" Die Kinder erhalten am folgenden Tag von „Döte" und „Dota" da Kloosa: Aepfel, Nüsse, Lebkuchen und Hanselmanna", vielleicht auch noch Spielsachen und Gebrauchsgegenstände. Auf Weihnachten wird da, wo Kinder sind, ein Christbaum beschert. Die eigentliche Bescherung durch „Dota und „Döte" ist erst am Christtag selbst. Sie besteht aus Hefekranz, Sprengerle, Aepfeln und Nüssen, Spielsachen und Kleidungsstücken. In vielen Häusern darf zu Weihnachten das „Hutzel- oder Schnitzbrot" nicht fehlen. Von Bedeutung sind die zwölf „Maunetstäg" (Monatstage). So werden die Tage von Weihnachten bis Dreikönig genannt, denn wie das Wetter in den zwölf Nächten dieser Tage ist, so wird es in den Monaten des kommer-ien Jahres sein. Für manche Leute ist in dieser Hinsicht die Christnacht maßgebend. Sie stellen zwölf Zwiebelschalen mit Salz auf. Wird das Salz feucht oder schmilzt es gar, so wird der betreffende Monat, für den die Schale bestimmt war, ein feuchter, ein regenreicher sein. An Weihnachten wünschen sich die Leute bereits „a glückseligs, leichts, gsonds Johr"; während am Neujahrstage selbst der Wunsch lautet: „I wensch dr a nuis gsonds Johr!" An Sylvester ist das Neujahrsanschießen der ledigen Burschen noch üblich. Früher wurde an diesem Abend in den Wirtshäusern um Hefekränze und Brezeln gewürfelt. An Dreikönigstag ist es üblich, Salz und Kreide weihen zu lassen. Voi. dem Salze gibt man dem Vieli, um es vor Krankheiten und Seuchen zu bewahren Mit der Kreide schreibt man auf den Türbalken der Stube die Anfangsbuchstaben der drei Weisen und die Jahreszahl 19 + K + M + B + 26). Das Haus steht damit unter dem Schutze der drei hl. Männer, die es bewahren sollen vor Feuer und Blitzgefahr. Der Lichtmeßtag ist der Tag der Kerzen- und Wachsweihe, zugleich ein Lostag: „Lichtmeß hell und klar, deutet auf ein gutes Jahr!" Am folgenden Tag, Fest des hl. Blasius, wird die Halsweihe in der Kirche vorgenommen zum Schutze gegen Halskrankheiten. An St. Agathatag (4. Februar) werden Brot und Wein geweiht. Vom Brote erhält auch das Vieh zum Schutze gegen Krankheiten. Ein Stückchen des geweihten Brotes wird bis zum nächsten Jahr aufbewahrt zum Schutze gegen Blitzschlag. Früher wurde an diesem Tage auch noch ein Wachsstock geweiht, der bei Gewittern angezündet wurde. Die Familie versammelte sich beim Schein des Wachslichtes und betete um Bewahrung vor Blitz- und Hagelschlag, vor Sturm- und Wetterschäden. Bald naht die Fastnacht. An „dr Fasnet" geht es teilweise auch im Albdorf lustig her. Frühmorgens, direkt nach dem Betläuten, wird die „Fasnet" geweckt. Dies besorgen die „Zaunstecken Ledigen", d. h. diejenigen, die im Vorjahre aus der Volksschule entlassen wurden, indem sie mit Peitschen knallen, pfeifen, schreien und johlen und durch einen heillosen Lärm die Schläfer wecken. Die Kinder rufen auf den Straßen: ,,D' Fasnat muaß an Wedel hau, an Wedel hot se schau." Da und dort finden sich „pudelnärrische" Leute zusammen. Der „Hanswuschtel" weiß in Reimen allerlei Spaßhaftes, so sich das Jahr über ereignet, zum besten zu geben, zum Spott der Betroffenen und zum Gelächter seiner Zuhörer. Abends ist in den Wirtschaften Tanz und „Theater". Dienstag abend 12 Uhr ist Schluß dieser Belustigungen. Am kommenden Morgen teilt man in der Kirche Asche aus. „Memento homo..." und mit dem Aschermittwoch beginnt die ernste Fastenzeit. Auf den Palmsonntag machen sich Buben und Mädchen ihre Palmen. Sie bestehen aus Palmkätzchen, Buchenzweigen mit dürrem Laub, Tannenzweigen und Kreuzchen aus Holunder. Nach der kirchlichen Weihe erhalten sie im Hause ihren Platz im „Herrgottswinkel" der Stube, im Stall oder auf der Bühne des Hauses. Sie bewahren vor Feuersgefahr und Seuchen. Wer am Palmsonntag beim Aufstehen der Letzte ist, oder mit seinem Palmen zuletzt die Kirche verläßt, ist der „Palmesel" das ganze Jahr hindurch. Die nun kommende Karwoche dient der Vorbereitung auf das Osterfest. Vom Gründonnerstag bis Karsamstag schweigen die Glocken, an deren Stelle ertönen die „Ratschen". Abends werden die „Metten" gehalten. Die Karwoche mit ihrem ernsten, stillen Charakter ist leider auch nicht frei von abergläubischen Meinungen. Regen am Karfreitag hat man nicht gern, weil sonst der Regen das ganze Jahr nicht ausgibt. Wenn ein Mann am Karfreitag ein Gansei ißt, bekommt er das ganze Jahr das Rückenweh nicht; desgleichen ein Knabe keinen Bruch. Leute, die am Karfreitag trinken, haben das ganze Jahr Durst. Eine schwarze Henne, am Karfreitag ausgebrütet, wird im folgenden Jahre weiß. Ein am Karfreitag gelegtes Hühnerei hält sich ein ganzes Jahr frisch. Wie der Wind am Karsamstag, so bleibt er bis Pfingsten. Ostern! — Auferstehung! „Fröhliche Auferstehung!" ruft sich jung und alt zu. Eine schöne Sitte, die mit der Auferstehungsfeier am Karsamstag abend ihren Anfang nimmt und an den Osterfeiertagen von Mund zu Mund geht — „Osterfreude, Osterhoffnung, bei jung und alt vermittelnd. Und die Kinder erst! Wie freuen sie sich auf den „Osterhas". Dota und Döte richten die Ostereier, die von ihren Patenkindern mit glänzenden Augen und frohen Herzen in Empfang genommen werden, namentlich, wenn sie der „Osterhas" „blau und rot, braun und gelb" gefärbt und mit „Heuschlaufen und Gätterleskraut" verziert hat. Und nun gehts auf die Wiese zum fröhlichen Eierwurf. Da und dort wird auch ein lustiges Eierlesen veranstaltet. Am Ostermontag gehen die Leute nach „Emmaus", Es ist der Tag der Ausflüge, um Freunde und Bekannte in den Nachbarorten aufzusuchen, um auch dort „fröhliche Auferstehung" zu wünschen. Bald naht der „Weiße Sonntag", der Tag der Kinder. Mit freudigem Herzen rüstet sich die Kinderschar, ihren Gott und Herrn zu empfangen. Bei manchen allzu weltlich gesinnten Herzen spielen allerdings das neue Kleid und das Kränzlein im Haar, der neue Anzug und die Tatsache, nun bald den „Großen" beigezählt zu werden, keine geringe Rolle. Der April mit seinen Wetterlaunen, mit seinem Winterund Frühlingsahnen hat seinen Einzug bei manchen Buben und Mädchen auf gar schelmische Art gehalten. Zum Krämer und Beck, zum Schmied oder Schneider wird gar mancher dienstbeflissene Bube geschickt, um „I-be-domm" und „aubrennte Aescha", „Ochs-dreh-de-omm" und „grade Häckla" oder „s' Begleisa mit em gläserne Griff" zu holen. Gar groß ist der Aerger auf der einen, das Hallo auf der anderen Seite, wenn die „Spaßvögel" wieder um einen Erfolg reicher sind. In diesem Monat rüsten sich die A-B-C-Schützen zu ihrem ersten Schultage, und mancher kleine Held, dem die Mutter allzuoft mit dem Worte drohte: „Wart no, d'r Lehrer weat d'r schau da Moister zoiga", und damit in recht unpädagogischer Weise ihren eigenen „Erziehungskünsten" Nachdruck verleihen suchte, sieht diesem ereignisvollen Tage mit gespannter Erwartung entgegen. Am ersten Mai stecken die Burschen ihren Mädchen den „Maien", während am letzten Mai die „Spottmaien" umgehen, wobei „Mischkärra", Eggen und Pflüge versteckt werden. Das hl. Fronleichnamsfest wird als „Herrgottstag" überall feierlich begangen. An diesem Tage soll das Wetter schön sein, denn so wie das Wetter am „Herrgottstag", so ist es im Heuet. An Maria Himmelfahrt wird die „Weisang" geweiht. Sie besteht aus Feld- und Gartenfrüchten, die Mitte überragt eine prächtige „Königskerze".

Jahrgang <strong>1960</strong> HOFlIiKZOLLEXISCIZ HEIMAT 9<br />

Auch beim Tode spielt der Aberglaube keine geringe Rolle.<br />

Außer dem schon genannten Falle wird der baldige Tod<br />

eines Mitbürgers angemeldet durch den Schrei des Käuzchens:<br />

„Komm mit". Springt die Türe von selber auf, oder<br />

hört man ein rätselhaftes Geräusch im Hause, so hat der<br />

Tod angeklopft. Ist am Freitag ein Grab offen, oder schlägt<br />

die Uhr am Sonntag während der Wandlung die volle<br />

Stunde, so stirbt bald jemand im Dorfe. Desgleichen wird ein<br />

baldiger Todesfall angezeigt, wenn beim Betläuten die Glokken<br />

surren, oder wenn im „Totenhäuschen" das Geschirr<br />

klirrt.<br />

Tritt bei einem Toten keine richtige Totenstarre ein, so<br />

stirbt bald wieder jemand. Der Tod meldet sich weiter an<br />

durch die sog. Wanduhr, durch Klopfen und das Stillestehen<br />

der Uhr. Wenn im Hause jemand stirbt, so muß man den<br />

Most umleeren und die Blumenstöcke verstellen, sonst werden<br />

sie unbrauchbar oder sterben ab.<br />

Warzen kann man vertreiben, wenn man sie mit drei<br />

Speckbrocken überstreicht und diese ins Grab wirft.<br />

B) Sitten und Bräuche<br />

im Laufe des kirchlichen und bürgerlichen Jahres<br />

Am Nikolausabend kommt der Santiklos. Vermummte<br />

Burschen durchziehen das Dorf, mit Schellen und Ketten<br />

rasselnd. Sie kommen in die Häuser und teilen den Kindern<br />

und ledigen Mädchen Rutenstreiche aus, werfen wohl auch<br />

Aepfel und Nüsse unter die Kinderschar, um dann, wenn<br />

sich die Kinder darum balgen, umso besser dreinhauen zu<br />

können. Die Kinder rufen schon tagsüber:<br />

„Santikloos, Butterfidla, laß mer au en Epfel liega!"<br />

Die Kinder erhalten am folgenden Tag von „Döte" und<br />

„Dota" da Kloosa: Aepfel, Nüsse, Lebkuchen und Hanselmanna",<br />

vielleicht auch noch Spielsachen und Gebrauchsgegenstände.<br />

Auf Weihnachten wird da, wo Kinder sind, ein Christbaum<br />

beschert. Die eigentliche Bescherung durch „Dota und<br />

„Döte" ist erst am Christtag selbst. Sie besteht aus Hefekranz,<br />

Sprengerle, Aepfeln und Nüssen, Spielsachen und Kleidungsstücken.<br />

In vielen Häusern darf zu Weihnachten das<br />

„Hutzel- oder Schnitzbrot" nicht fehlen.<br />

Von Bedeutung sind die zwölf „Maunetstäg" (Monatstage).<br />

So werden die Tage von Weihnachten bis Dreikönig genannt,<br />

denn wie das Wetter in den zwölf Nächten dieser<br />

Tage ist, so wird es in den Monaten des kommer-ien Jahres<br />

sein. Für manche Leute ist in dieser Hinsicht die Christnacht<br />

maßgebend. Sie stellen zwölf Zwiebelschalen mit Salz<br />

auf. Wird das Salz feucht oder schmilzt es gar, so wird der<br />

betreffende Monat, für den die Schale bestimmt war, ein<br />

feuchter, ein regenreicher sein.<br />

An Weihnachten wünschen sich die Leute bereits „a glückseligs,<br />

leichts, gsonds Johr"; während am Neujahrstage selbst<br />

der Wunsch lautet: „I wensch dr a nuis gsonds Johr!"<br />

An Sylvester ist das Neujahrsanschießen der ledigen Burschen<br />

noch üblich. Früher wurde an diesem Abend in den<br />

Wirtshäusern um Hefekränze und Brezeln gewürfelt.<br />

An Dreikönigstag ist es üblich, Salz und Kreide weihen zu<br />

lassen. Voi. dem Salze gibt man dem Vieli, um es vor Krankheiten<br />

und Seuchen zu bewahren Mit der Kreide schreibt<br />

man auf den Türbalken der Stube die Anfangsbuchstaben<br />

der drei Weisen und die Jahreszahl 19 + K + M + B + 26).<br />

Das Haus steht damit unter dem Schutze der drei hl. Männer,<br />

die es bewahren sollen vor Feuer und Blitzgefahr.<br />

Der Lichtmeßtag ist der Tag der Kerzen- und Wachsweihe,<br />

zugleich ein Lostag:<br />

„Lichtmeß hell und klar, deutet auf ein gutes Jahr!"<br />

Am folgenden Tag, Fest des hl. Blasius, wird die Halsweihe<br />

in der Kirche vorgenommen zum Schutze gegen Halskrankheiten.<br />

An St. Agathatag (4. Februar) werden Brot und Wein geweiht.<br />

Vom Brote erhält auch das Vieh zum Schutze gegen<br />

Krankheiten. Ein Stückchen des geweihten Brotes wird bis<br />

zum nächsten Jahr aufbewahrt zum Schutze gegen Blitzschlag.<br />

Früher wurde an diesem Tage auch noch ein Wachsstock<br />

geweiht, der bei Gewittern angezündet wurde. Die<br />

Familie versammelte sich beim Schein des Wachslichtes und<br />

betete um Bewahrung vor Blitz- und Hagelschlag, vor<br />

Sturm- und Wetterschäden.<br />

Bald naht die Fastnacht. An „dr Fasnet" geht es teilweise<br />

auch im Albdorf lustig her.<br />

Frühmorgens, direkt nach dem Betläuten, wird die „Fasnet"<br />

geweckt. Dies besorgen die „Zaunstecken Ledigen", d. h.<br />

diejenigen, die im Vorjahre aus der Volksschule entlassen<br />

wurden, indem sie mit Peitschen knallen, pfeifen, schreien<br />

und johlen und durch einen heillosen Lärm die Schläfer<br />

wecken.<br />

Die Kinder rufen auf den Straßen:<br />

,,D' Fasnat muaß an Wedel hau, an Wedel hot se schau."<br />

Da und dort finden sich „pudelnärrische" Leute zusammen.<br />

Der „Hanswuschtel" weiß in Reimen allerlei Spaßhaftes, so<br />

sich das Jahr über ereignet, zum besten zu geben, zum<br />

Spott der Betroffenen und zum Gelächter seiner Zuhörer.<br />

Abends ist in den Wirtschaften Tanz und „Theater". Dienstag<br />

abend 12 Uhr ist Schluß dieser Belustigungen.<br />

Am kommenden Morgen teilt man in der Kirche Asche<br />

aus. „Memento homo..." und mit dem Aschermittwoch beginnt<br />

die ernste Fastenzeit.<br />

Auf den Palmsonntag machen sich Buben und Mädchen<br />

ihre Palmen. Sie bestehen aus Palmkätzchen, Buchenzweigen<br />

mit dürrem Laub, Tannenzweigen und Kreuzchen aus Holunder.<br />

Nach der kirchlichen Weihe erhalten sie im Hause<br />

ihren Platz im „Herrgottswinkel" der Stube, im Stall oder<br />

auf der Bühne des Hauses. Sie bewahren vor Feuersgefahr<br />

und Seuchen. Wer am Palmsonntag beim Aufstehen der<br />

Letzte ist, oder mit seinem Palmen zuletzt die Kirche verläßt,<br />

ist der „Palmesel" das ganze Jahr hindurch.<br />

Die nun kommende Karwoche dient der Vorbereitung auf<br />

das Osterfest. Vom Gründonnerstag bis Karsamstag schweigen<br />

die Glocken, an deren Stelle ertönen die „Ratschen".<br />

Abends werden die „Metten" gehalten.<br />

Die Karwoche mit ihrem ernsten, stillen Charakter ist<br />

leider auch nicht frei von abergläubischen Meinungen. Regen<br />

am Karfreitag hat man nicht gern, weil sonst der Regen das<br />

ganze Jahr nicht ausgibt. Wenn ein Mann am Karfreitag ein<br />

Gansei ißt, bekommt er das ganze Jahr das Rückenweh nicht;<br />

desgleichen ein Knabe keinen Bruch.<br />

Leute, die am Karfreitag trinken, haben das ganze Jahr<br />

Durst.<br />

Eine schwarze Henne, am Karfreitag ausgebrütet, wird im<br />

folgenden Jahre weiß.<br />

Ein am Karfreitag gelegtes Hühnerei hält sich ein ganzes<br />

Jahr frisch.<br />

Wie der Wind am Karsamstag, so bleibt er bis Pfingsten.<br />

Ostern! — Auferstehung! „Fröhliche Auferstehung!" ruft<br />

sich jung und alt zu. Eine schöne Sitte, die mit der Auferstehungsfeier<br />

am Karsamstag abend ihren Anfang nimmt<br />

und an den Osterfeiertagen von Mund zu Mund geht —<br />

„Osterfreude, Osterhoffnung, bei jung und alt vermittelnd.<br />

Und die Kinder erst! Wie freuen sie sich auf den „Osterhas".<br />

Dota und Döte richten die Ostereier, die von ihren Patenkindern<br />

mit glänzenden Augen und frohen Herzen in Empfang<br />

genommen werden, namentlich, wenn sie der „Osterhas"<br />

„blau und rot, braun und gelb" gefärbt und mit „Heuschlaufen<br />

und Gätterleskraut" verziert hat. Und nun gehts<br />

auf die Wiese zum fröhlichen Eierwurf. Da und dort wird<br />

auch ein lustiges Eierlesen veranstaltet. Am Ostermontag<br />

gehen die Leute nach „Emmaus", Es ist der Tag der Ausflüge,<br />

um Freunde und Bekannte in den Nachbarorten<br />

aufzusuchen, um auch dort „fröhliche Auferstehung" zu<br />

wünschen.<br />

Bald naht der „Weiße Sonntag", der Tag der Kinder. Mit<br />

freudigem Herzen rüstet sich die Kinderschar, ihren Gott und<br />

Herrn zu empfangen. Bei manchen allzu weltlich gesinnten<br />

Herzen spielen allerdings das neue Kleid und das Kränzlein<br />

im Haar, der neue Anzug und die Tatsache, nun bald den<br />

„Großen" beigezählt zu werden, keine geringe Rolle.<br />

Der April mit seinen Wetterlaunen, mit seinem Winterund<br />

Frühlingsahnen hat seinen Einzug bei manchen Buben<br />

und Mädchen auf gar schelmische Art gehalten. Zum Krämer<br />

und Beck, zum Schmied oder Schneider wird gar mancher<br />

dienstbeflissene Bube geschickt, um „I-be-domm" und<br />

„aubrennte Aescha", „Ochs-dreh-de-omm" und „grade<br />

Häckla" oder „s' Begleisa mit em gläserne Griff" zu holen.<br />

Gar groß ist der Aerger auf der einen, das Hallo auf der<br />

anderen Seite, wenn die „Spaßvögel" wieder um einen Erfolg<br />

reicher sind.<br />

In diesem Monat rüsten sich die A-B-C-Schützen zu ihrem<br />

ersten Schultage, und mancher kleine Held, dem die Mutter<br />

allzuoft mit dem Worte drohte: „Wart no, d'r Lehrer weat<br />

d'r schau da Moister zoiga", und damit in recht unpädagogischer<br />

Weise ihren eigenen „Erziehungskünsten" Nachdruck<br />

verleihen suchte, sieht diesem ereignisvollen Tage mit gespannter<br />

Erwartung entgegen.<br />

Am ersten Mai stecken die Burschen ihren Mädchen den<br />

„Maien", während am letzten Mai die „Spottmaien" umgehen,<br />

wobei „Mischkärra", Eggen und Pflüge versteckt<br />

werden.<br />

Das hl. Fronleichnamsfest wird als „Herrgottstag" überall<br />

feierlich begangen. An diesem Tage soll das Wetter schön<br />

sein, denn so wie das Wetter am „Herrgottstag", so ist es<br />

im Heuet.<br />

An Maria Himmelfahrt wird die „Weisang" geweiht. Sie<br />

besteht aus Feld- und Gartenfrüchten, die Mitte überragt<br />

eine prächtige „Königskerze".

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