Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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Jahrgang <strong>1960</strong> HOHENZOLLERISCHEHEIMAT H<br />
sauen (63) wirklich zum kleinen Waidwerk? Die „L a n dstraße"<br />
vom Krieseloch oder Stubersbrunnen am Benzenberg<br />
entlang (197) nach Vilsingen muß einen wunderlichen<br />
Verlauf genommen haben! Kriseloch und Hart<br />
(d. h. Langenhart) sind 1576 und noch in der Kirchenvisitation<br />
1608 als Dörfchen erwähnt, wozu die Zimmerische<br />
Chronik 4, 210 zu vergleichen ist, die sie als Rodungssiedlungen<br />
bezeichnet. Zusammenfassend darf man sagen: der<br />
bis ins einzelne sorgfältig durchgearbeitete Aufsatz stellt<br />
eine wesentliche Bereicherung unserer Kenntnisse dar und<br />
wird den Heimatfreunden wie der großen Wissenschaft weiterhin<br />
wegweisend bleiben. Krs.<br />
Ortsehronik Hayingen, oder Geschichte der Stadt und<br />
Pfarrei Hayingen von Stadtpfarrer Joh. Schwendele in<br />
Riedlingen (99 Seiten mit vielen Bildern, brosch. 3.— DM,<br />
beim Bürgermeisteramt) schildert die Schicksale des Städtchens<br />
vom Urdorf an bis in die neueste Zeit. Die Annahme<br />
eines dreifachen Dorfes einschließlich der später sog. Volksburg<br />
Althayingen wird Bedenken erregen. Das Schwabenland<br />
läßt der Verfasser durch Mönche des Hl. Martin<br />
zum Christentum bekehrt werden. Als Stadtwappen wird das<br />
der Herren von Gundelfingen dargetan. Die Gründungszeit<br />
der Stadtkirche St. Veit ist nicht festzustellen. Einige Orgelbauer<br />
aus Hayingen haben auch in Hohenzollern gearbeitet:<br />
Urban Ritter z. B. in Klosterwald (S. 29), Aegid Schnitzer<br />
in Inzigkofen, Johann Martins Schüler Anton Hechinger in<br />
Kingingen. Daß der Stammsitz der Grafen von Helfenstein<br />
bei Koblenz gelegen habe, ist unbewiesen. Fürstenberg war<br />
seit 1627 Ortsherr, nicht seit 1546 (S. 38). Einige Druckfehler<br />
werden Lateinkenner leicht berichtigen. Das Jesuskind auf<br />
S. 53 dürfte neu ergänzt sein. Im Schwedenkrieg wird auch<br />
Trochtelfingen berührt.<br />
Burg und Herrschaft Mägdeberg von Eberhard Dobler<br />
(Verein für Geschichte des Hegaus 1959, 144 Seiten, geb.<br />
9.— DM). Freunden des Hegaus sei dieses Büchlein, die<br />
Frucht eines 15jährigen Studiums, angelegentlichst empfohlen.<br />
Interessant ist der Tanzplatz auf der Flur „Leberen" oder<br />
„Lebra", entstanden aus lewari = Grabhügel, in Mühlhausen<br />
sowohl als auch in Welschingen (44). Der Mägdeberg hat<br />
seinen Namen von einer Marienkapelle (magadi = Jungfrau<br />
Maria). Der Verfasser möchte zwar noch auf ältere mythologische<br />
drei Jungfrauen Einbet-Worbet-Wilbert zurückgreifen,<br />
mit denen er völlig unglaubwürdig auch die Namen<br />
Bodman und Bodensee und Baitenhausen zusammenstellen<br />
möchte. Der Mythologie räumt er überhaupt etwas zu viel<br />
Vertrauen ein. Espan sei ein Versammlungsplatz? Der Neberg<br />
(S. 86) ein Neuberg? Trotz dieser wenigen Bedenken wird das<br />
Büchlein in seiner vornehmen Aufmachung und grünem<br />
Einband viel Freude machen.<br />
Geschichte des Bodenseeraums von Otto Feger, bisher 2<br />
Bände (Verl. Thorbecke Konstanz), 270, 308 S., behandelt das<br />
weite Gebiet teils bis in unsere Gegend mit ungemeiner<br />
Sachkenntnis für weitere Kreise bis zum Jahr 1350, und<br />
zwar Kirchen-, Kultur-, politische und Verfassungsgeschichte<br />
in gleicher Weise. Eine große Zahl Bilder und Tafeln beleben<br />
den Text, der ungeheures Material verarbeitet und übersichtlich<br />
darstellt. Auf die Fortsetzung darf man gespannt sein.<br />
Kurznachrichten<br />
„Die Schrecke" läuten. In der Hohenzollerischen Heimat,<br />
Nr. 2 <strong>1960</strong> — deutet „Kr." diesen Brauch so: „Offenbar sollen<br />
die Leute am Weihnachtsmorgen aus dem Schlafe aufgeschreckt<br />
werden, damit sie den Frühgottesdienst im Engelamt<br />
nicht verschlafen". —<br />
Diese Deutung scheint mir dem tieferen Sinn des „Schrekkeläutens"<br />
nicht gerecht zu werden. Die „Schrecke" wurde<br />
nämlich hierzulande nicht nur in der Frühe des Weihnachtsmorgens,<br />
sondern auch am Hl. Abend, nachmittags um 15.30<br />
Uhr geläutet, also zu einer Zeit, da es niemand vom Schlafe<br />
aufzuwecken galt. Während des Läutens trat dann ein<br />
reiches Brauchtum in Uebung. So bekam beispielsweise in<br />
Rangendingen alles Vieh im Hause zu fressen, Salz wurde<br />
auf das Fütter gestreut, die Hausfrau fegte mit einem neuen<br />
Besen von der Bühne bis in den Hausflur „unbraffelt" und<br />
unter alten Segenssprüchen das „Ungeziefer" zum Hause<br />
hinaus. Im Garten erhielt jeder Obstbaum einen Strohwisch<br />
umgebunden, und die jungen Burschen schössen und knallten<br />
an allen Ecken und Enden. — Nach altem Volksglauben<br />
hatten um Weihnachten herum dämonische Wesen und<br />
Geister freien Lauf. Diese suchte man mit allerlei Lärm,<br />
mit Knallen und Pfeifen zu „verschrecken, abzuschrecken",<br />
zu vertreiben. Das „Schreckeläuten", das mit allen'Glocken<br />
und ganz besonderer Intensität vollzogen wurde, hat sich<br />
wohl zu seiner Zeit diesem althergebrachten, zähen Brauchtum<br />
hinzugesellt, allerdings von Anfang an mit eigener<br />
Zweck- und 'Zielsetzung. Allmählich hat es dann den ursprünglichen<br />
Bräuchen eine höhere Sinngebung zuteil werden<br />
lassen und ist über sie hinausgewachsen. — Dieser Vorund<br />
Werdegang läßt sich auch noch bei anderem alten<br />
Brauchtum deutlich feststellen. J. Wa.<br />
Pfingstdreck hieß bis ins vorige Jahrhundert in Rangendingen<br />
und Wurmlingen bei Rottenburg der Pfingstbutz.<br />
Von ersterem Ort berichtet Anton Birlinger in seinem Büchlein<br />
„Aus Schwaben" II. 105: Ein Reiterzug von 24 bis 30<br />
ledigen Burschen zu Roß sprengte zweimal das Dorf aus und<br />
ein und dem Walde zu. Dort ward gestochen. Der letzte<br />
beim Stechen (d. h. Wettreiten!) mußte Pfingstdreck sein. Er<br />
wurde in Rinden gehüllt und ritt im Zug hereins ins Dorf.<br />
Dort mußte der Pfingstdreck bei jedem der drei Brunnen ins<br />
Wasser stehen und den Gäulen mit dem Schäpfle Wasser<br />
geben. Daneben schüttete er auch Wasser auf die herumstehende<br />
Menschenmenge." — Heute scheint davon in Rangendingen<br />
nichts mehr bekannt zu sein. Ein gleicher oder<br />
ähnlicher Brauch bestand in Frommenhausen, Hirrlingen und<br />
Obernau: Ein Reiter: Pfingstdreck genannt, wurde mit Rinden<br />
einer Tanne umgeben und ritt mit den andern ins Dorf,<br />
wo er in den Brunnen geworfen wurde. In Wurmlingen hieß<br />
der ganze Vorgang (nicht nur der eine Reiter!) Pfingstdreck.<br />
Aber in Waldstetten und Donzdorf bei Geislingen nannte<br />
man den Reiter: Pfingstdreckeler. In Göttelfingen<br />
dagegen wurde der Hirt, der zuletzt mit seiner Herde ausfuhr,<br />
Pfingstdreck genannt. (Noch mehr Beispiele bei H.<br />
Fischer, Schwäb. Wörterbuch I, 1043). Angesichts dieser<br />
Bräuche und Wortformen geht es wohl nicht an, bei dei'<br />
Worterklärung an Dreck und Kot oder an Recke<br />
Held zu denken. Da vielmehr immer der letzte Reiter<br />
Pfingstdreck wurde, könnte das schwäbische Wort drekk<br />
e 1 e n — „zögernd handeln, langsam oder träg sein" beigezogen<br />
werden, denn es handelte sich ja urn volkstümliche<br />
Spiele zur Pfingstzeit! Wir kämen damit nahe an unser hochdeutsches<br />
Wort träge, das heute im Schwäbischen fehlt,<br />
aber im Althochdeutschen t r a g i hieß in Bedeutung von<br />
langsamer Bewegung des Körpers und Geistes. Dagegen<br />
scheint ein Zusammenhang mit dem mhd. trecken = ziehen,<br />
lateinisch trahere nicht vorzuliegen. Krs.<br />
(Der Ausdruck „Pfingstdreck" ist in Rangendingen noch<br />
in Gebrauch.)<br />
Chorgesang in Trochtelfingen bis 1821. Der Dekan des<br />
Kapitels Veringen beantragte in Konstanz im Jahre 1821, die<br />
Erlaubnis zu erteilen, wegen des geringen Personals der<br />
Geistlichen in Trochtelfingen den bisherigen Chorgesang<br />
(Chorgebet) einstellen zu dürfen. Antwort: Kann unterbleiben.<br />
(Erzb. Archiv Freiburg Ha 291, 659).<br />
An das<br />
Postamt