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Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Nach 1 km folgt an der Straße hin das Dörfchen Starzein.<br />

Die Bahn fährt hoch darüber hin, hart über dem<br />

manchem Wanderer bekannten Gasthaus zum Höfle und der<br />

Kirche. Man blickt hier rechts hinauf in das oberste Starzeltal<br />

(Scharlenbachtal), das sich westlich gegen Onstmettingen<br />

hinaufzieht. Trotzige Bergköpfe schauen rechts in das Tal<br />

herein (auf einem die alte Volksburg Starzein über der<br />

Kirchstaig, auf der bis 1612 das Johanniterklösterlein stand.<br />

Zollerheimat 1940. 9 und 1941, 13—17.) Von der andern Seite<br />

grüßte die breite Schnaithalde. Oestlich von Starzein führt<br />

eine steile Steige am Starzler Nehberg hinauf nach Ringingen.<br />

Starzein und Hausen haben eine gemeinsame Haltestelle<br />

der Bahn. Immer näher treten die Berge zusammen, immer<br />

höher fahren wir am Hange hin, hoch über dem ausnehmend<br />

sauberen Hausen, das auch durch etliche schöne<br />

Holzhäuser ausgezeichnet ist, die denen im Steinlachtal, in<br />

Nehren, Mössingen und Ofterdingen gleichen.<br />

Von Hausen laufen Straßen nach Onstmettingen, nach<br />

Tailfingen über Neuweiler (nach Hermannsdorf-Bitz dürfte<br />

ein Irrtum sein, nur ein steiler Bergpfad am Uesterbrunnen<br />

vorbei), und nach Burladingen. Seine Markung greift auf den<br />

Burladinger Talpaß hinauf und umfaßt noch den Hohenrain,<br />

914 m, der das Vergnügen hatte, Heinrich getauft zu werden,<br />

weil Hohenrain und Heinrich schwäbisch Hoara ziemlich<br />

ähnlich klingt. (M. W. hieß der Berg 1544 „Heinrichs Halde",<br />

was das Rätsel lösen dürfte!) Nördlich gegenüber liegt der<br />

„Obere Berg 904 m, der durchs Killertal so weit ins Land<br />

nach Westen schaut. (Oestlich schließt sich an ihn der Hausener<br />

Kapf an mit schwachen Resten einer mittelalterlichen<br />

Burg; Hohz. Heimat 1954, 4—6.).<br />

An der Berghalde hin immer steigend und etwas ostwärts<br />

gewendet, nähert sich die Bahn wieder der Straße, von der<br />

sie schließlich ein Stück der alten Steige zugedeckt hat. In<br />

tiefem Einschnitt fährt sie aufwärts, rechts das Neubrunnentälchen<br />

lassend, und erreicht die Wasserscheide, 737 m. Bei<br />

dem Bahnbau kamen hier herum geologische und noch mehr<br />

archäologische Merkwürdigkeiten zutage, wie ich sie im<br />

Oktober 1899, als ich der Altertümer wegen nach dem Stand<br />

des Bahnbaues sah, zu meiner Ueberraschung entdeckte<br />

(Schwab. Chronik 1899, S. 512).<br />

Der Bahneinschnitt legte zunächst die Bodenverhältnisse<br />

und die Schichtung klar: unten Kalkstein, dann<br />

Geschiebe, darüber Lehm, hierauf schwarzer torfartiger Boden,<br />

dessen Linie an einer Stelle fast trichterförmig verläuft,<br />

wie von einem Sumpf herrührend. Oben fand sich<br />

1 !•> bis 1 m, später IV2 m mächtiger Ackerboden. In jenem<br />

schwarzen Lager fanden sich die dickwandigen Reste eines<br />

römischen gelben Tonkruges von groben Formen, der etwa<br />

60 cm hoch gewesen sein muß. Von dieser Fundstelle an fand<br />

sich zwischen der schwarzen Schicht und dem heutigen<br />

Ackerboden eine dünne Kulturschicht aus Kies, Boden und<br />

Scherben. Das ist die römische Kulturschicht.<br />

Was darüber liegt, ist aufgeschwemmt worden und gewachsen,<br />

stellenweise bis mehr als 1,5 m. Dadurch kam es, daß<br />

Grabhügel, die hier herum sich befanden und die verraten,<br />

daß diese Stelle schon in vorrömischer Zeit ein Wohnort<br />

gewesen sei, ganz in den Boden kamen. Vielleicht wurden<br />

sie z. T. auch schon von den Römern eingeebnet. Nur<br />

fremdartige Felsbrocken, die da und dort den Bauern beim<br />

Pflügen störten, aber selten beseitigt wurden, verrieten<br />

deren Stelle. Am 14. November 1899 wurde ein solcher Felsen<br />

ohne Mühe beseitigt und darunter fand sich eine hübsche<br />

Bronzeschnalle, darin ein Bronzemesser und unfern eine sehr<br />

schöne Fibel aus der Hallstattzeit (S. 234 berichtigt<br />

aus „Bronzezeit), jetzt im Besitz des Landeskonservatoriums.<br />

Auch zwischen Burladingen und dem an Grabhügelfunden<br />

reichen Gauselfingen wurden auf einer Wiese „bei der Gasse"<br />

nach Zingeler bei der Abdeckung des Rasens ganze Töpfe<br />

und bronzene Gegenstände gefunden und scheints verschleudert.<br />

(Platz des ehemaligen Maigingen!)<br />

Längst ging die Sage, hier außen l'A km westlich von<br />

Burladingen (auf der Schlichte) habe eine Stadt gestanden.<br />

Und in der Tat finden sich rechts drüben am nördlichen und<br />

nordöstlichen Hang auf Hausener und auf Burladinger Markung<br />

ausgedehnte Grundmauern römischer Gebäude,<br />

wie der Landeskonservator Laur von Sigmaringen<br />

und der Schriftleiter (unser Nägele) in gemeinsamer<br />

Forschung aufs neue feststellten. Weiter unten am Neubrunnen<br />

(jetzt für eine Brunnenleitung nach Hausen gefaßt)<br />

fand sich schon früher bei der Anlage des neuen Stückes der<br />

TaHrganp <strong>1960</strong><br />

Burladingen und das Killertal (Schluß»<br />

Straße nach Zingeler ein römisches Grab. Diese Siedlung<br />

(auf der Schlichte) war an einer Straßenkreuzung angelegt,<br />

die heute durch das Kreuz bezeichnet ist. Die Talstraße Burladingen—Hechingen—Friedrichstraße,<br />

die selbstverständlich<br />

als römisch bestanden hat, wenn auch die Zurichtung sehr<br />

wenig sorgfältig war, wurde gekreuzt von der Linie Laiz—<br />

Bitz — Hermannsdorf — (Ringinger Kapelle) Salmendingen —<br />

Pfullingen. Auch diese ist nicht durchaus gleichartig gebaut<br />

und vielfach, z. B. zwischen hier und Bitz kaum auffind- und<br />

nachweisbar. Gerade an der Stelle, wo sie über das Tal laufen<br />

und vom Einschnitt durchbrochen werden mußte, zeigte<br />

sich hüben und drüben am Einschnitt, 1,40 m unter der heutigen<br />

Erdoberfläche, ein kräftiger Steinsatz in der Breite<br />

von 5 m und der Stärke von 50 cm, im oberen Teil wie gemörtelt,<br />

rechts und links mit tiefgreifenden Randsteinen.<br />

Obwohl dieser Steinsatz nach Süden und Norden nicht weiter<br />

zu verfolgen war, ja geradezu aufhörte (?), wird er eher die<br />

Straße, als eines der Grundgemäuer gewesen sein. 5V2 m<br />

östlich dieser Stelle beseitigte der Bahnbau eine im Boden<br />

steckende gewaltige Grundmauer von 1 x k auf 9 m.<br />

Die unterste Schicht des noch 1,70 m hohen und 1,20 m starken<br />

Fundaments mit kräftigem Eckstein befand sich in<br />

gleicher Höhe mit jenem Steinsatz. Aber auch 5 m südlich der<br />

Südmauer kam ein Mauerstück zum Vorschein und 60 m östlich<br />

davon noch mehrere querlaufende, 3,5 und mehr m auseinander.<br />

Uebrigens hatte sich jenes bronzezeitliche Grab nur<br />

50 m ostwärts jenes großen Grundgemäuers gefunden, befand<br />

sich also innerhalb der Ansiedlung. Ob jenes Grundgemäuer<br />

von einem römischen Gebäude stammt, oder von der<br />

späteren Kapelle, die hier oder ganz in der Nähe gestanden,<br />

und ob vielleicht diese Kapelle auf römischem Sockel<br />

erbaut wurde, ließ sich nicht feststellen. (Später ist nachgetragen,<br />

Oberlehrer Speidel habe aus Burladingen mitgeteilt,<br />

es müsse sich um die Schlichtekapelle handeln, die am Chor<br />

erkannt wurde. Zur Kapelle vgl. Heimatklänge des Zoller<br />

1934 Seite 51.) Bei der gänzlichen Beseitigung fand sich im<br />

Innern in der Tiefe wieder ein bronzzeitliches Grab, nach<br />

Laur aus der Hallstattzeit, außerdem eine römische Münze<br />

von Trajan. Weiter nach Osten lag auf mehrere hundert<br />

Meter hin alles voll schwarzer, gelber, brauner, und roter<br />

Scherben von der kräftigsten Amphora bis zum feinsten<br />

Siegelerde-Gefäß. Auch viele römische Münzen aus verschiedenen<br />

Zeiten wurden früher und neuerdings gefunden, kamen<br />

aber nie in eine Hand. Und weiter innen, in der Nähe<br />

des Bahnhofes, stieß man auf eine große Anzahl Reihengräber.<br />

Kein Wunder, daß Burladingen zu den frühest genannten<br />

Plätzen Schwabens gehört. Das Kloster Lorch erhielt hier<br />

772 verschiedene Güter. (Das römische Erd- und spätere<br />

Steinkastell rechts der Bahn und Straße östlich des Neubrunnentälchens<br />

wurde dann von Joh. Dorn-Weiler Haid<br />

entdeckt und 1912 ausgegraben, vgl. Hohz. Heimat 1952, S. 43).<br />

Ueber den Namen Burladingen hat ausführlich Oskar von<br />

Ehrenberg in den Mitteilungen des Vereins für Geschichte<br />

Hohenzoll. 31, 1897, 82 gehandelt. Die älteste Form ist Burdleidingen.<br />

Zu Grunde liegt also de- Personenname Burdleid,<br />

wofern kein Schreibfehler für Burleid vorliegt. Der zweite<br />

Teil kann je nachdem Führer (Leiter), der erste Bürde oder<br />

Schild oder, wenn Bur anzunehmen wäre, Bauwesen oder<br />

Haus bedeuten. Burleid = Haus-Herr ist in der Tat ein mit<br />

gutem Grund annehmbarer Name. Die Markung, in der diese<br />

Ansiedlung lag, mußte nun nach der Angabe von 772 die der<br />

Burichinger gewesen sein, die nach Baumann — er setzte bei:<br />

falls ich richtig verstehe — außer Burladingen noch die Orte<br />

Melchingen, Salmendingen, Genkingen, Gauselfingen sowie<br />

das abgegangene Megingen bei Burladingen und Merioldingen<br />

(Flur Mertingen zwischen Melchingen und Stetten) umfaßte.<br />

Diese Mark scheint zu einem Gau oder Grafschaft<br />

desselben Namens, dem Gau der Burichinger, erhoben worden<br />

zu sein, in dem noch Erpflngen, Meidelstetten, Feldhausen,<br />

Undingen, Bernloch genannt werden, nach Baumann<br />

aber auch noch Gammertingen und wonl auch Oberstetten<br />

und Wilsingen lagen (dazu Trochtelfingen, Willmandingen,<br />

Genkingen, Ringingen, Jungingen, Killer, Hausen, Hettingen,<br />

Kettenacker, Neufra, Mägerkingen usw.)<br />

Als Grafen erscheinen 778 Erkenbert, 841/72 Witpert. Später<br />

gehörte die Herrschaft den Grafen von Gammertingen<br />

und fiel bei deren Aussterben am Ende des 12. Jahrhunderts<br />

an Berthold von Neifen (bzw. den Markgrafen Heinrich von<br />

Ronsperg. Hohz. JHeft 1937, 59—90; 1950, 143—149.) Von da<br />

an wechselten die Besitzer häufig. Vom 14 Tahrhundert an<br />

erscheinen als Teilbesitzer die Zollern. Friedrich von Zollern,

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