Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Jahrgang i960 HOHENZO :IJERISCHE HEIMAT 61<br />
wegzudenken. Wegen seiner Schlichtheit wurde er volkstümlich,<br />
wegen seiner beschaulichen Kraft zu einer wertvollen<br />
Gebetsschule und nicht zuletzt zu einem Gebet in<br />
Notzeiten. In unserer engeren Heimat fand er seine besondere<br />
Pflege in der Tiefe der klösterlichen Frömmigkeit, welche<br />
die Klöster Kirchberg, Gruol, Binsdorf, Stetten bei Hech.<br />
und Rangendingen auszeichnete, und er fand eine starke<br />
Förderung durch die im 15. Jahrhundert entstandenen Rosenkranzbruderschaften,<br />
die auch im Raum Haigerloch-<br />
Dettingen eine starke religiöse Bewegung darstellten und<br />
vor allem an den Marienfeiertagen mit Prozessionen an die<br />
Oeffentlichkeit traten, wie überhaupt dann auch die Barockzeit<br />
mehr als andere Epochen die ihrem Wesen eigentümliche<br />
Religiosität durch viele Wallfahrten und Prozessionen<br />
sichtbar zu machen verstand. Dabei wurden Muttergottesstatuen<br />
mitgetragen sowie die damaligen heute noch vielfach<br />
erhaltenen Vortragsstäbchen mit Medaillons der fünfzehn<br />
Geheimnisse. Rosenkranzbruderschaften gab und gibt es<br />
teilweise heute noch in Haigerloch, Gruol, Höfendorf, Heiligenzimmern,<br />
Empfingen, Glatt und Dießen, die Bruderschaft<br />
„Lebendiger Rosenkranz" in Weildorf, Fischingen und<br />
Dettensee. In Betra und Höfendorf gingen diese Bruderschaften<br />
ein, wie überhaupt die Aufklärungszeit des 19. Jahrhunderts<br />
die nach dem Dreißigjährigen Krieg stark aufgelebten<br />
Bruderschaften vor harte Bewährungsproben stellte.<br />
Mehrere fielen den von Konstanz ausgehenden Reformen<br />
zum Opfer. Daß manche die Zeit noch überdauerten, spricht<br />
für den religiösen Eifer und Sinn unserer Vorfahren. Eine<br />
Anzahl Bruderschaften verfügte auch über namhafte Pfründen,<br />
wie Lehrer Pfeffer von der Weilheimer Bruderschaft zu<br />
berichten weiß. Sogar in unserer Zeit ist der Rosenkranzgedanke<br />
neu belebt worden. Das zeigt uns eine um 1900 in<br />
der Pfarrkirche in Gruol aufgestellte Rosenkranzgruppe und<br />
die Gründung einer Bruderschaft in Bad Imnau im vergangenen<br />
Jahr, wo über 50 Personen beitraten. Papst Pius<br />
XII. hat auch während seines Pontifikates den Rosenkranz<br />
wieder stark empfohlen.<br />
Interessant ist auch die Entwicklung des Rosenkranzes<br />
als Gebrauchsgegenstand. Kannte man früher schon die<br />
Zählschnüre, so hat später der fromme Sinn vor allem<br />
auch des Handwerks kostbare Rosenkränze z. T. aus wertvollem<br />
Material entstehen lassen. Man kannte Rosenkränze<br />
aus Zedernholz, Granitstein und Perlmutter, ja sogar aus<br />
Gold und Silber, reich verziert mit Hüllen und Kreuzen aus<br />
feinster Filigranarbeit. Der Rosenkranz, der heute noch den<br />
Menschen bis zum Totenbett begleitet und bei vielen<br />
Männer- u. Frauenorden einen Teil des Ordenskleides bildet,<br />
war neben seiner Bedeutung als Gebrauchsgegenstand auch<br />
ein Schaustück, das die festliche Kirchentracht früherer Zeiten<br />
wirksam unterstützte.<br />
Wertvolle Andachtsbilder im Raum Haigerloch<br />
In unserer engeren Heimat findet sich noch eine Anzahl<br />
z. T. bedeutender Rosenkranzaltäre und Bilder, die Anteil<br />
haben an der Schönheit barocker Kunst und aus denen<br />
noch der Hochgesang jener gläubigen Zeit erklingt. Alle<br />
Bilder haben einen Bildaufbau, eine Aussage: Die Gottesmutter<br />
übergibt Dominikus den Rosenkranz. Was diese Bilder<br />
darstellen, ist als Sinnbild zu verstehen. Durch Gnadeneinsprechung<br />
hat die Gottesmutter Dominikus zu dieser<br />
Art des Gebets geführt. Durch diese Form der Marienverehrung<br />
soll der alte Glaube an die Gottheit Christi lebendig<br />
erhalten werden. Engel reichen den Rosenkranz weiter zur<br />
Erde, der er als Gebet empfohlen wird. Mit im Bild ist<br />
Katharina von Siena, die größte Heilige des Dominikanerinnerordens,<br />
der geistigen Großmacht des 14. Jahrhunderts.<br />
Die brennende Fackel auf den Bildern in Haigerloch, Rangendingen<br />
und Kirchberg ist das Symbol für die Irrlehren<br />
der Waldenser und Albigenser, welche damals die Welt<br />
bedrohten, aber durch das Wirken und Beten von Dominikus<br />
erfolgreich überwunden wurden. In Pfarreien ohne ausgesprochene<br />
Rosenkranzaltäre bildet gewöhnlich der Marienaltar<br />
den Mittelpunkt der Verehrung. Der Rosenkranzmonat<br />
möge uns Anlaß sein, einmal wieder über die Weite und<br />
Tiefe dieser Andachtsform nachzudenken, mit der auch soviel<br />
heimatliches religiöses Brauchtum verbunden ist.<br />
Dem Freskomaler Hermann Anton Bantle zum Gedächtnis<br />
Am 27. Juli dieses Jahres waren es 30 Jahre, daß Hermann<br />
Anton Bantle aus diesem Leben schied.<br />
Johannes Mumbauer, der Pfarrer von Piesport an der<br />
Mosel, der anerkannte Kunstkenner, der unbestechliche und<br />
gefürchtete Kunstkritiker seiner Zeit, schrieb damals im<br />
„Heiligen Feuer": „Hermann Anton Bantle der letzte Freskomaler.<br />
— Mag sein, daß mein Titel nicht wörtlich stimmt<br />
— aber eine gewisse Monumentalmalerei und vielleicht die<br />
echteste, ist mit ihm zu Ende gegangen . . . Jetzt sprechen<br />
nur noch seine Werke zu uns, und ich denke, sie werden<br />
einmal laut genug reden." —<br />
Sein Geburtsort war Straßberg in Hohenzollern. Er war<br />
das zweite von sechs Kindern des Schreiners Josef Anton<br />
Bantle und seiner Ehefrau Theresia, geb. Schilling.<br />
Die Kunstneigung des begabten Knaben zeigte sich früh.<br />
Sie war Erbteil vom Großvater Josef Schilling, Maler und<br />
Bildhauer, in enger beruflicher und persönlicher Beziehung<br />
zur Abtei Beuron und deren Gründerin, der Fürstin Katharina<br />
von Hohenzollern.<br />
Der Großvater gab dem Enkel den ersten Zeichenunterricht.<br />
Die Tante Kreszentia Schilling, in Vertrauensstellung<br />
bei der Fürstin Katharina, nahm den i3jährigen Neffen zum<br />
ersten Mal mit nach Beuron. Wie entzündete sich sein junges<br />
Herz, als er die Mauruskapelle erlebte! „Ich bekam einen<br />
alles Maß übersteigenden Eindruck. In leuchtender Pracht<br />
standen die Malereien, nein —• was sage ich — die farbige<br />
Architektur vor meinen staunenden Augen. Konnten denn<br />
Menschen so etwas schaffen? War das kein Gebilde von<br />
Engelshänden? Die weiße Madonna im Giebelfeld mit ihrem<br />
eindringlichen Mutterauge, in dem alles Wissen und alle<br />
Milde ruht, zog mich aus mir selbst in überirdische Welten.<br />
Einen beseligenderen Eindruck hat seitdem nichts mehr in<br />
mir erwirkt."<br />
Die Hand Gottes hatte ihn berührt. Er empfing die Berufung<br />
und den Auftrag, mit all seinen seelischen, geistigen<br />
und körperlichen Kräften im Dienste des Höchsten zu stehen.<br />
Ein dornenvoller Weg lag vor ihm. Unter den größten<br />
Opfern der lieben Mutter — der Vater war früh gestorben —<br />
besuchte Hermann Anton die städtische Zeichenschule in<br />
Ebingen unter Professor Ziegler mit Auszeichnung. Dann<br />
führte ihn die Sehnsucht zu Pater Desiderius Lenz, dem<br />
Begründer der Beuroner Kunstschule. Dort spürte er „den<br />
absoluten Bau der Kompositionen und ihre Raumgliederung,<br />
die zarte Lyrik der Feierlichkeit seiner Farben, die seelische<br />
Innerlichkeit und Grundhaltung seiner Gestalten." Ein Jahr<br />
in St. Gabriel, Prag, folgte. Aber die Arbeit befriedigte den<br />
Oblaten nicht. Die Beuroner Kunstrichtung schien ihm begrenzt.<br />
Sein Standpunkt war freier. Er wollte „im Formalen<br />
die Möglichkeit der individuellen (nicht subjektivistischen)<br />
Entwicklung bestehen lassen."<br />
Ueber dem Malen in Eitempera schwebte ihm die Königin<br />
der monumentalen Wandmalerei, die Freskotechnik vor.<br />
Das Malen auf nassen Kalk wollte er lernen.<br />
Innerlich bedrängt, verließ er Beuron. Er siedelte studienhalber<br />
nach München in das ihm lebenslänglich verbliebene<br />
Atelier in der Theresienstraße 75 über.<br />
Von dort zog es ihn nach der Geburtsstätte des Fresko,<br />
nach Italien, Rom. Viermal fuhr er über die Alpen. Sieben<br />
Jahre des Darbens, aber der inneren Beglückung verbrachte<br />
er dort. Johannes Mumbauer besuchte ihn oft: „In<br />
seinem Studio in der Via Margutta waren die Wände bedeckt<br />
mit Entwürfen aller Art. Dort hatte er auch sein Modell für<br />
seinen berühmten Christuskopf gefunden, einen jungen,<br />
blondhaarigen Friesen, der auch das Entzücken des Rembrandtdeutschen<br />
gewesen wäre."<br />
Er rang um seinen eigenen, monumentalen Stil. Es gelang<br />
ihm. Er kehrte in seine Heimat zurück. Die Restaurierung<br />
und Ergänzung der Wandfresken in der Haigerlocher Schloßkirche<br />
waren schon 1907 fertiggestellt. Altarblätter in der<br />
Pfarrkirche in Mittelbexbach/Saar, der Kreuzweg in Dhron<br />
a d. M., Wandfresken im Wilhelmsstift in Tübingen, Ausmalung<br />
und Kreuzwegbilder in Oeflingen b. Säckingen,<br />
farbige Einstimmung der Kirche in Dunningen b. Rottweil<br />
und Stationen al Fresko, Ausmalung der Kirche in Hinwil<br />
(Schweiz), Wandfresken in Friedrichshafen, Lautlingen, Kaiseringen,<br />
Chorapside in Freiburg „Maria-Hilf", Chorapside<br />
und Wandfresken in „Herz-Jesu" in Stuttgart-Gaisburg,<br />
Dekoration und Bemaiung der Stadtpfarrkirche in Ebingen,<br />
vier Kreuzwegbilder in Köln „Herz-Jesu" folgten. Aber auf