Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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Jahrgang i960 HOHENZO :IJERISCHE HEIMAT 59<br />
Nun bin ich alt geworden, man braucht mich nicht mehr.<br />
Seit mehr als einem Jahrzehnt stehe ich untätig, völlig<br />
nutzlos hier in meiner Ecke. Mein ehemals blinkendes und<br />
spiegelblankes Aeußeres ist längst verblaßt, und meine Polstersitze<br />
sind verstaubt und unansehlich, alles „Nobelhäftige"<br />
habe ich abgestreift. Verklungen sind die fröhlichen Studentenlieder<br />
und verstummt die Reden, die einst zu Ehren<br />
einer glücklichen Braut gehalten wurden. Verrauscht sind<br />
die glänzenden Feste, die ich in der freiherrlichen und Studentenzeit<br />
mitgefeiert habe. Manchmal kam noch ein heimliches<br />
Liebespärchen, das Zuflucht bei mir suchte und fand,<br />
aber auch diese sind ausgeblieben — und ich war doch so<br />
verschwiegen! — Das Auto — mein größter Feind — hat<br />
mich an die Wand gedrückt. Alles ist aus!<br />
Vielleicht kommt einmal jemand auf den Gedanken und<br />
macht aus mir einen Leichenwagen. Der Herrgott möge mich<br />
aber vor solchem Schicksal bewahren."<br />
Da schien es mir, als gehe ein Zittern durch seinen schwarzen<br />
Leib, und ergriffen sprach ich ihm Trost und Mut zu.<br />
„Gemach, gemach guter Freund, noch ist es nicht so weit.<br />
Vielleicht kommt die Zeit, *wo man sich deiner wieder<br />
erinnert, wo nur die ganz feinen und vornehmen Leute<br />
mit dir fahren werden — man wird dich wieder herrichten<br />
wie neu, du wirst neue Polster und glänzendes Leder bekommen,<br />
und du wirst stolz aus deiner finsteren Ecke herauskommen<br />
und von feurigen Rossen über die glatten Straßen<br />
gezogen werden. Wenn du auch die rauschenden Feste<br />
nicht mehr mitfeiern kannst, so wirst du doch dann und<br />
wann als Hochzeitskutsche die glücklichen Bräute in ihre<br />
neugewählte Heimat fahren.<br />
Die kleinen Buben werden Wieder in respektvollem Abstand<br />
dich bewundern, wenn dein Herr und Besitzer sich<br />
zu froher Fahrt auf den Bock schwingt. —<br />
Sicherlich kommen dann auch die heimlichen Liebespärchen<br />
wieder zu dir und suchen Zuflucht bei dir, denn sie<br />
wissen ja, du bist verschwiegen . . . ! Dann wirst du<br />
wieder sein, was du dein ganzes Leben lang gewesen bist —<br />
stolz, — unnahbar, — nobelhäftig!"<br />
Jahrhundertelang das religiöse Leben der Heimat geformt<br />
Rosenkranzmonat Oktober noch heute stark betont / Wertvolle alte Andachtsbilder<br />
Haigerloch. Kaum eine Andachstform hat das religiöse<br />
Leben der vergangenen Jahrhunderte so fruchtbar und<br />
segensreich durchwirkt wie der Rosenkranz, dem im religiösen<br />
Brauchtum vor allem der Monat Oktober gewidmet<br />
ist. Mit seiner Geschichte verbindet sich auch für unsere<br />
Heimat eine lebendige glaubensgroße Epoche. Verhalten<br />
strahlt aus ihr die klösterliche Blüte unserer heimatlichen<br />
Konvente und das Bruderschaftswesen. Nicht zuletzt waren<br />
es auch Maler und Künstler der vergangenen Jahrhunderte,<br />
die dem Rosenkranz einen beachtlichen Raum in ihrem<br />
Schaffen gaben. Die noch bei uns erhaltenen Rosenkranzbilder<br />
stammen vor allem aus der Barockzeit, wo der Rosenkranz<br />
eine besondere Stellung unter den Volksandachten<br />
einnahm. Sie strahlen noch den Abglanz dieser glaubensfreudigen<br />
Zeit aus und künden von einem lebendigen religiösen<br />
Leben, das von den ehemaligen Klöstern, einer<br />
Wenn das Jahr zur Neige geht und die letzten Ertrage der Felder<br />
eingeheimst werden, dann ist das Erntedankfest. An diesem Tage<br />
entstehen in unseren Heimatkirchen viele schöne Erntealtäre, auf<br />
denen die Gaben Gott dem Schöpfer geweiht werden. Kunstfertige<br />
und liebevolle Hände entfalten oft wahre Wunderwerke. Hier der<br />
Erntealtar in der Schloßkirche in Haigerloch zu Füßen des Gnadenbildes,<br />
der Mater Dolorosa, von J. G. Weckenmann. Foto Weber<br />
iron Josef Schneider<br />
gläubigen Herrschaft und nicht zuletzt von den damals ins<br />
Leben gerufenen Rosenkranzbruderschaften beeinflußt und<br />
mitgeformt wurde.<br />
Es ist also schon in wenigen Sätzen die Weite und Schönheit<br />
dieser sinnigen Gebetsverbrüderung umrissen. Die Anfänge<br />
reichen schon in das Jahr 800 zurück in die Gebetsverbrüderungen<br />
der Mönche von St. Gallen und Reichenau.<br />
Der glänzende Sieg über die Türken bei Lepanto 1571, die<br />
Siege des Prinzen Eugen und des Markgrafen Ludwig von<br />
Baden, im Volksmund Türkenlouis genannt, bei Peterwardein<br />
1706 förderten den Rosenkranz ganz besonders. In der Barockzeit,<br />
einer Periode starker kirchlicher Erneuerung und<br />
frommer Gottesverehrung, hat der Rosenkranz auch in unserer<br />
Heimat jene Form erhalten, die ihn zum beliebten<br />
Gemeinschaftsgebet machte und seiner Pflege in besonderen<br />
Bruderschaften, in der Entstehung von Andachtsbildern<br />
weiten Raum gegeben hat. Seine Entstehung reicht aber<br />
bis in die Zeit des hl. Dominikus zurück, dessen Orden zu<br />
einer der einflußreichsten geistigen Mächte des Mittelalters<br />
wurde und als besonderer Förderer des Rosenkranzes in die<br />
Kirchengeschichte einging. Papst Pius V., selbst ein Angehöriger<br />
dieses Predigerordens, gab durch die Bulle „Consueverunt"<br />
vom 17. September 1569 dem Rosenkranz seine<br />
heutige Form. Man hat in der ganzen abendländischen Welt<br />
damals den glänzenden Sieg über die Türken bei Lepanto<br />
der Wirkung des Rosenkranzes zugeschrieben.<br />
Der Rosenkranz hat seitdem den ganzen christlichen Erdkreis<br />
erobert und ist aus den Volksandachten nicht mehr<br />
Eine lokale Betonung hat das GRUOLER ROSENKRANZBILD in<br />
der Vituskapelle, das ebenfalls als ein bedeutendes Werk von dem<br />
Münchener Maler und Leiter der Kunstakademie Bergmüller stammt<br />
und ursprünglich dem Kloster Binsdorf gehörte. Der Künstler wollte<br />
mit der Andeutung des Binsdorfer Klosters den Schutz der Gottesmutter<br />
über das Haus andeuten.