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Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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54 «OH " N Z O L L B R I S C ä r HEIMAT Jahrgang <strong>1960</strong><br />

Vom Bahnhof Hechingen kommt man, wenn ma<br />

keine verbotenen Wege wandeln will, am Löwen vorbei,<br />

nach einigen Bögen endlich auf die gradlinige Straße ins<br />

Killertal. Wie ich letzten Herbst hinaufmarschierte, vergoldete<br />

die aufgehende Sonne eben die Zollerburg, von<br />

Schlatt her sah ich sie über das ganze Tal hereinleuchten.<br />

Der blaue Himmel, die herbstlichen Wälder, der dunkle<br />

Schatten, talabwärts die leicht umflorte Stadt Hechingen<br />

boten zusammen ein reizendes Herbststück. Je höher ich<br />

kam, desto klarer war die Luft. Es war einer jener Tage,<br />

wo man unter 700 m im Nebel steckt, darüber aber den<br />

schönsten Sonnenschein genießt.<br />

Die Kante links oben, die so sehr scharf abfällt, nennt<br />

die Karte „Schild", wohl nach dem Sprachgebrauch der Salmendinger<br />

(und Ringinger), denen die ganze Ebene bis zur<br />

Kante gehört. In Jungingen hörte ich dafür „Zigeunerkapf".<br />

Den nächsten Vorsprung rechts davon, auf der Karte Hörnle,<br />

heißen die Junginger Weilerwaldkapf, die große Risse: Weilerwaldrisse.<br />

(Die Ringinger sagen „Hörnlesrutsch".) Weiler war<br />

eine unterhalb Jungingens gelegene, jetzt abgegangene Siedlung.<br />

(Kapelle wurde 1806 abgebrochen). Im Hintergrund des<br />

Tales, rechts des neuen Kirchturmes von Schlatt, taucht der<br />

„Obere Berg" auf, jener so weithin sichtbare und meist unbekannte<br />

Fels- und Waldberg ob Starzein und Hausen, rechts<br />

auch die vorderste Kuppe des Homberg. Wo es über den Bach<br />

bergan geht nach Schlatt, kommt links vorn der Dreifürstenstein<br />

in Sicht. Dort hinauf greift das hübsche Tälchen<br />

des Heiligenbaches, in das sich die zerstreuten Häuser Schlatts,<br />

von Obstbäumen umgeben, malerisch hineinziehen. Auf dem<br />

höchsten der Vorhügel steht das alte K i r c h 1 e i n (mit<br />

Friedhof von Schlatt), von dem ein steiler Weg (Hechinger<br />

Staig) nach dem Heufeld und Ringingen führt. Die neue<br />

Kirche, ein schmucker Backsteinbau in frühgotischem Stil,<br />

steht zwischen der alten und neuen Straße und gleich dabei,<br />

rechts der letzteren, wird der Bahnhof Schlatt seine Stelle<br />

haben. Die Starzel hat sich bei Schlatt ein tiefes Bett gegraben.<br />

Hinter Schlatt steigt man wieder beträchtlich höher. Trotz<br />

des tiefen Bacheinschnitts, trotz der Rissen (Rutschen) am<br />

Hörnle links und am Trauf rechts behält das Tal seinen<br />

milden Charakter bei, dank der mannigfaltigen Gliederung<br />

der Vorberge, deren Baumwuchs heute in den buntesten<br />

Farben leuchtet. Rückwärts über Schlatt hoch thronend Beuren!<br />

Die Bahn bleibt von uns aus rechts auf dem linksseitigen<br />

Berghang. Auf der höher laufenden Straße hat man gleich<br />

rechts vom „Hörnle" den Vorsprung des Köhlbergkapfes<br />

(oben „Lauen" genannt). Zur Rechten kommt der Hangende<br />

Stein zum Vorschein. Vor sich hat man ein ebenes Wiesental,<br />

dahinter liegt Jungingen. Das Dörfchen macht einen<br />

recht städtischen Eindruck, hat eine Kirche von 1819, einige<br />

Fabriken (Trikot, Peitschen, Waagen), viel Landwirtschaft,<br />

einige Landwirte liefern einen berühmten Käse, Reste des<br />

früher größeren Handels, gute Wirtschaften - Bumiller zur<br />

Post - und einige alte Holzhäuser. (Gute Plastiken von 1590<br />

aus der Hechinger Schloßkapelle! (Vgl. Kunstdenkmäler 1939.)<br />

Von der Höhe des Wasserstandes bei der Ueberschwemmung<br />

vom 6. und 7. Juni 1895 .zeugt eine Inschrift bei Phil. Bumiller.<br />

Im Weichbild des in ein Ober-, Mittel- und Unterdorf zerfallenden<br />

Dorfes finden sich Namen wie Thomas-, Jonas-,<br />

Stoffels-, Mesner- und Weilergarten. Die am Weilerwaldkapf<br />

(Hörnle) ihnen zugekehrten Risse heißen die Junginger<br />

Geißackerrisse, die jenseitigen Weilerwaldrisse. Nach dem<br />

Weilerwald führt der Gänsstaig, daneben der Geißacker, die<br />

Schlucht dahinter heißt Vornagel (früher ein Hof). Den<br />

Namen Gamsstaig (Gänstaig) hat die Flurkarte gegen den<br />

Köhlerbergkapf. Doch habe ich schon öfters im Hohenzollerischen<br />

gefunden, daß die Flurnamen der Meßtischblätter<br />

nicht recht stimmen wollen (vgl. den Bach „Killer"!).<br />

Von den zwei Burgställen bei Jungingen haben wir Ruine<br />

Affenschmalz (richtiger Bürgle unter Hemberg oder Hohenjungingen)<br />

früher einmal besucht. Heute machen wir einen<br />

kleinen Abstecher auf das Bürgle östlich und auf den Seeheimerberg.<br />

Es gilt zugleich, die „Junginger Schwedenschanze"<br />

näher ins Auge zu fassen. Ueber sie hat<br />

nämlich Gewerbelehrer Anton Bumiller von Sigmaringen<br />

(geb. in Jungingen) in den Hohenzollerischen Blättern-Hechingen<br />

vom 30. April 1899 Nr. 66 genau berichtet.<br />

Hier folgt Albv.-Blätter 1900 S. 52 ein genauer Abdruck<br />

samt Kärtchen der Schanzen, die Bumiller irrig mit der<br />

Front nach Norden ansah, während Nägele nun auf die<br />

Aehnlichkeit mit den andern Schanzen von 1704 vom Kornbühl<br />

bis Ohnastetten hinweist. Sie laufen vom Himberg bis<br />

an den Ringinger Kapf „Eineck" und von dort zurück zum<br />

östlichen Bürglehügel. Das Rätsel ist inzwischen endgültig<br />

von Kraus in der Zollerheimat 1939 Seite 33 und 41 gelöst<br />

worden: sie stammen aus dem spanischen Erbfolgekrieg. Mit<br />

den Schweden haben sie nichts zu tun. Nägele fährt dann fort:<br />

Dagegen betreten wir vorgeschichtlichen Boden mit dem<br />

Bürgle und mit dem Seeheimerberg (Heufeld), und es ist<br />

allerdings das Zusammenkommen so vieler verschiedener<br />

Erdwerke auffallend. Zum Bürgle führt ein sanft ansteigender<br />

Weg empor. Oben keine Mauerreste, sondern bloßer<br />

Felsboden (Beta-Schieferbänke, mit einem tiefen Querdurchschnitt<br />

durch den Kegel!) Nun hinauf zum Seeheimerberg.<br />

Die Schanze hört allmählich auf. Es geht über eine steile<br />

Halde hinauf bis zur Bergnase. Wir haben den ersten Graben<br />

erreicht. (Diese Anlage auf Va des Abhanges ist kein Graben,<br />

sondern eine Ebene, wie sie sich oft bei mittelalterlichen<br />

Burgen finden. Nägele hält sie für eine Art Abschnittschanze,<br />

Das ehemalige Dominikanerinnenkloster, das Hauskloster der Grafen von Hohenberg, von<br />

denen eine Anzahl hier dem ewigen Auferstehungsmorgen entgegenharren. Das schöne<br />

Rokokoportal. (Foto Josef Schneider.)

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