Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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52 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang lSfifl<br />
wechselnd 1324 und nach 1454 Mundelstein und dazwischen<br />
gelegentlich den Ausdruck „Kiverlins Burg" benützt! Die Kiverli,<br />
ein Zweig der Herren von Liechtenstein, saßen 1292<br />
und später in Gammertingen, auch noch 1347 wird Dietrich<br />
von Liechtenstein zu Gammertingen seßhaft erwähnt. Aber<br />
wo saßen sie? Vermutlich in der Stadtburg anstelle des späteren<br />
Schlosses und jetzigen Rathauses!<br />
Aus dem Mariaberger Zinsbuch von 1454 geht klar hervor,<br />
daß obige Kiverlins Burg von 1338 mit der sog. Burghalde<br />
gleichgesetzt ist, wo Vi Stunde südlich von Mariaberg auf<br />
einem Felsen eine Burgstelle liegt, die vermutlich auch der<br />
Stifterin des Klosters, einer Gräfin von Gammertingen um<br />
1166 gehörte, d) Zum Ueberfluß heißt nach J. Wiest auch die<br />
Flur zwischen der Necke und dem Neckental südöstlich von<br />
Gammertingen heute „Schloßberg", doch ohne Spuren eines<br />
ehemaligen Wehrbaues, e) Dagegen lag ein sog. „Altes<br />
Schloß sicher auf dem 711 m hohen Berg südwestlich von<br />
Gammertingen, noch auf seiner Markung an der Fehla.<br />
Es wurde 1933 von Heimatfreunden ausgegraben. Ob hier<br />
auch Kiverli wohnten? Oder war dies die Burg Schirmb<br />
e r g, die wir oben unter Nr. 1 und 3 als Sitz des Heinr. Spät<br />
erwähnten? M. Walter suchte den Schirmberg zwar in Nähe<br />
von Mayingen über der Burladinger Mühle, ohne einen Beweis<br />
anführen zu können. Ein Berg, „der Schirm gewährt",<br />
war für Gammertingen zweifellos das „Alte Schloß" an der<br />
Fehla!<br />
f) Vor einigen Jahren machte der Unterzeichnete mit Oberlehrer<br />
Wiest, dem verdienten Schriftleiter der Hohenzollerischen<br />
Heimat, einen Spaziergang zu den Grabhügeln über<br />
dem Weihtäle westlich der Stadt, unweit der ersten Straßenschleife<br />
gegen Neufra. Unmittelbar nördlich über dem<br />
Weihtäle fiel ein künstlich zugerichteter Felsen (715,7 m)<br />
mit einem modernen Pavillontürmchen auf.<br />
Hier stand sicher einmal eine Ritterburg! Natürlich von bescheidenem<br />
Umfang, wie der Mundelstein.<br />
Bei dieser großen Anzahl von Burgstellen rings um die<br />
Stadt war es freilich völlig ausgeschlossen, ohne weitere<br />
Hinweise die Burg Huesteneck zu finden.<br />
Eine Notiz Sebastian Lochers von 1880 wies den Weg zur<br />
Lösung! In den Güter- bzw. Zinsbeschreibungen des Klosters<br />
Mariaberg (Stuttgart B 477) von den Jahren 1454, 1472, 1474,<br />
1495—97 finden sich unter Gammertingen und Bronnen<br />
mehrere Erwähnungen der Flur Huostneck-<br />
Huschnegg:<br />
1. Gammertingen: 1454 heißt es: Tudel Anna gibt<br />
Vit Schilling Heller aus einer Wies unter Hustnek. 1472 und<br />
1474 gibt Peter Duduler aus derselben Wiese 8 ß hl; 1495<br />
aber „Auberlin Benrat gibt 8 ß hl. aus der Wies<br />
unter Huschnegh an der Lauchert nach der<br />
Länge gelegen, sind bei 6 Juchart.<br />
2. Bronnen: a) 1454 hat Heinz Syler des alten Strangers<br />
Hof, dazu gehören u. a. ein Jauchert unter<br />
Huostnek, und 1 J. in der Ow.<br />
Im Jahre 1472 heißt dieser Hof des Heinz Syler „des alten<br />
Staygers Hof", 1474 hat Konrad Syler des alten Staigers Hof,<br />
wie 1454: 1 J. unter Huostneck. 1497 hat Endres Magenbuch<br />
(später Theiß Lorch) des alten Staigers Hof, darin im Esch<br />
Uf Schwende: 1 J. unter Hustnegkh, anwandet<br />
auf Peter Viseis Acker und Benrat Auberlins Wies (s. oben!).<br />
b) 1454 hat das Maigerlin des Kayben Gut und darin: 1 J.<br />
Acker im Louch, 1 J. unter Huostnek am Wasser.<br />
1472 hat Hans Mayer des Kayben Gut: 1 J. im Louch, 1 J.<br />
Acker unter Hostnegg am Wasser, ebenso 1474.<br />
1497 hat Kunrad Schnitzer des Knaben (d. i. Kayben!) Gut,<br />
darin im Esch Uf Schwende: 1 J. Acker unter der Burg<br />
in der Ow am Wasser hinab, anwandet, uf Hans<br />
Hodlers Acker (d) und Peter Viseis Wiesen (c) 1 J. im Louch<br />
(Loch). Ferner hat in diesem Jahr Simon Gucker des Treyzers<br />
Gut: 1 Jauchert im Eschlin unter Hustneck<br />
im Esch Uf Schwende, zwischen Peter Viseis und<br />
Konrad Schnitzlers Acker.<br />
c) 1472 hat Klaus von Brunnovo einen Acker under<br />
Hustnegg, daraus gibt er die vierte Garbe ans Kloster.<br />
Im Jahre 1474 hat Bärbel die Härrin IV2 J. Acker unter<br />
Huschnek, anwandet auf den Syler (oben 2a), und gibt<br />
daraus die 4. Garbe. Im Jahre 1497 heißt es: Peter Visel hat<br />
Schälkiis Gut, gibt die 4. Garbe aus l'/ä J. unter Hustneck<br />
h, anwandet auf Endres Magenbuch (oben 2a) und<br />
der Länge nach an Simon Guckers Acker (oben 2b).<br />
d) Im J. 1472 heißt es: Burkart Benrat hat Heinzen Hodlers<br />
Gut, darin 1 Jauchert Acker unter der Burg<br />
am Wasser, stoßt auf Hans Mayers Acker (oben 2b). Im Jahre<br />
1497 hat Hans Hodler diese J. Acker unter der Burg<br />
am Wasser (Esch Uf Schwende) an Konrad Schnitzers Acker<br />
(oben 2b) und an Endes Magenbuch noch eine weitere Jauchert<br />
daselbst unter der Burg.<br />
Die Aecker und Wiesen unter Hustneck in der Ow lagen<br />
somit an der Lauchert. Hustneck und die Burg sind 1497<br />
gleichbedeutend gebraucht. Der Esch „Uf Schwende" muß<br />
westlich der Lauchert zwischen Gammertingen und Bronnen<br />
gelegen haben, da darin auch Grundstücke an der Gauselfinger<br />
Dicke erwähnt sind!<br />
In dieser Gegend in Nähe der Lauchert gibt es unmittelbar<br />
südlich am Weiler Bronnen über der Höhle „Eulenloch"<br />
den Namen Hochwacht bzw. Kleiner Stein (1497), aber keine<br />
Spuren einer Burg. Auch ist hier unten an der Lauchert<br />
kein Platz für mehrere Aecker und eine große Wiese. Da<br />
bleibt nur der Felsen weiter südlich am Weihtäle<br />
(früher Weittäle) übrig, der alle Bedingungen<br />
für Huschneck erfüllt! Zum Ueberfluß bestätigt<br />
Oberlehrer Wiest-Gammertingen eine meiner verblaßten<br />
Erinnerungen, daß die Wiesen unterm Weihtäle<br />
heute noch die B e z e i c h n u ng „in der Au" tragen. Am<br />
Weihtäle stand somit zweifellos die Burg<br />
Hustneck. Wann sie abging, wissen wir nicht. Vielleicht<br />
stand sie noch im Jahre 1497.<br />
Nebenbei wird durch obige „Kiverlins Burg" auf der Burghalde<br />
bei Mariaberg ein Irrtum der Oberamtsbeschreibung<br />
Reutlingen berichtet, die hier eine frühgeschichtliche Fliehburg<br />
annahm. Dazu ist zudem der Burgplatz viel zu klein!<br />
Zum Namen Husteneck-Hostnegg können nur Vermutungen<br />
vorgebracht werden. Es dürfte gewagt sein, Hostnegg<br />
mit dem lat. hostis = Feind zusammenzustellen. Mittelhochdeutschen<br />
„huste Heuhaufen, Getreideschochen" scheidet<br />
wohl aus. Vielleicht darf man Hurst voraussetzen, wobei<br />
das schwäbische Wuuscht — Wurst und Duuscht = Durst<br />
beizuziehen wäre. Ein Albert Hurst der Schiltauer<br />
begegnet uns 1305 im Fürstb. UB. 5, 240, 3. Doch wissen wir<br />
nicht, ob er um Gammertingen lebte, geschweige denn eine<br />
Burg hatte. Hurst ist sonst gleich Gebüsch, in übertragenem<br />
Sinne (nach Lexer) auch Kampfgewühl. Da das<br />
mhd. Zeitwort hürsten, hursten so viel wie abwehren,<br />
abschirmen bedeutet und das Eck ein beliebter<br />
Burgen-Ausdruck ist, hätten wir eine typisch ritterliche Burg<br />
„Schirm eck" vor uns.<br />
Joh. Adam Kraus.<br />
Ueber 500 Jahre Gammertinger Schollenkäppele<br />
Ob viele Gammertinger Einwohner eigentlich wissen, daß<br />
das anspruchslose Schollenkäppele unweit des Weges nach<br />
Feldhausen mit dem Bild des weinenden Apostelfürsten Petrus<br />
aus dem vorigen Jahrhundert, wohin die „Kunstdenkmäler"<br />
auch den Bau datieren möchten, schon über 500 Jahre<br />
zu den Vorübergehenden spricht? Zwar mag in diesem halben<br />
Jahrtausend schon manchmal eine Erneuerung nötig gewesen<br />
sein. Tatsache ist jedenfalls, daß schon im Mariaberger Zinsbuch<br />
(Stuttgart) vom Montag nach Lätare des Jahres 1454<br />
das „Cäppeli am Feldhauser Weg" genannt wird,<br />
ohne daß man weiß, wann es eigentlich erstmals erbaut<br />
wurde. Auch der Namen Schollenkäppele, der im 18. Jahrhundert<br />
gelegentlich als Stollenkäppele erscheint, erklärt sich<br />
aus obigem Zinsbuch zwangslos durch die Grundstücke eines<br />
Bauern namens Scholl, die dort und im Gamenloch usw.<br />
erwähnt werden. Auch der Heiligenbühl wird damals<br />
schon aufgeführt, auf dem im Jahre 1932 einige Heimatfreunde<br />
die Fundamente einer Kapelle ausgruben.<br />
Von einer Erneuerung und sozusagen rechtlichen Neustiftung<br />
scheint auch nicht mehr viel bekannt zu sein. Aber<br />
da liegen in Freiburg zwei förmliche Urkunden vor. Danach<br />
hat die Stadt Gammertingen am 13. August 1713 ao den<br />
Bischof von Konstanz urkundlich das Versprechen gerichtet,<br />
zur Ehre Gottes und Mariens, auch des Apostels Petrus und<br />
der Büßerin Magdalena die Kapelle am Feldhauser Weg<br />
nicht nur mit einem Tragaltar auszustatten, sondern selbe<br />
auch mit Dach und Gemäuer aus dem städtischen Einkommen<br />
(ohne Präjudiz des Pfarrkirchenpatrons St. Leodegar)<br />
jetzt und zu ewigen Zeiten erhalten zu wollen. Der<br />
Herr der Stadt, Ludwig Friedrich Freiherr S p e t h von<br />
Zwiefalten (Herr zu Gammertingen, Feld- und Harthausen,<br />
und Kammerer der kurfürstlichen Durchlaucht zu Pfalz)<br />
hatte die Zustimmung dazu gegeben. Und der Gammertinger<br />
Bürger Dietrich Knupfer, Barbier und Wundarzt, hatte diese<br />
uralte ziemlich ruinös gewesene Feldkapeile zwischen Gammertingen<br />
und Feldhausen auf eigene Kosten renoviert und