Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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34 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang lSfifl<br />
berechtigten waren, wäre eine eigene Erhebung wert, kann<br />
aber hier nicht angegeben werden.<br />
Daß die Reichung des Zehnten für den Bauernstand eine<br />
drückende Last war, kann nicht bezweifelt werden. Schon<br />
die Art der Erhebung mußte ständig zu Streit und Zank<br />
Veranlassung geben. So durften die Früchte in der Regel erst<br />
dann vom Feld gefahren werden, wenn der Zehntknecht<br />
selbst die zehnte Garbe oder den zehnten Teil ausgesondert<br />
hatte. Bald war die zehnte Garbe nicht groß genug, dann<br />
wieder war minderwertiges Getreide oder zuviel Unkraut<br />
beigegeben. Vielleicht zog ein Gewitter auf, der Bauer konnte<br />
aber die Garben nicht einfahren, weil noch nicht gezehntet<br />
war. Die röschen Garben, vom Gewitterregen durchnäßt,<br />
mußten wieder von neuem zum Trocknen auseinander genommen<br />
und das Getreide auf dem Boden ausgebreitet werden.<br />
So blieb die Frucht weitere Tage auf dem Felde liegen,<br />
nur weil der Zehntknecht nicht rechtzeitig seines Amtes gewaltet<br />
hatte. Wieviel Aerger und Verdruß, Mehrarbeit und<br />
Ernteverlust die Reichung des Zehnten in Naturalien für den<br />
Bauern, wie für den Zehntberechtigten brachte, kann man<br />
sich heute kaum mehr vorstellen.<br />
Es kann daher auch nicht wundernehmen, wenn in den<br />
Revolutionsjahren 1948/49 die Abschaffung der Grundlasten<br />
mit zu den wichtigsten Forderungen unserer Bauern gehörte.<br />
Im Fürstentum Hechingen wurde durch Regierungsverfügung<br />
vom 6. 6. 1848 bereits die Anordnung getroffen,<br />
daß es den Zehntpflichtigen freigestellt sei, im laufenden<br />
Jahre den Heuzehnten mit 45 Kr. je Mannsmahd<br />
Wiesen in Geld zu entrichten. Nur müßte sich die ganze<br />
Bauernschaft eines Dorfes für die eine oder andere Form<br />
der Zehntleistung, also Geld oder Naturalien, entscheiden.<br />
Noch im gleichen Jahre erschien unter dem 28. September<br />
das Gesetz die „Fixierung der Zehnten im Ftirstenthume<br />
betreffend." Infolge der politischen Ereignisse, die langsam<br />
dem Bürgerkriege zutrieben, gingen die Arbeiten nicht vorwärts.<br />
Die fürstliche Regierung selbst gab bekannt, daß die<br />
Festsetzung der Zehnten in Geld voraussichtlich noch geraume<br />
Zeit in Anspruch nehmen werde. Auch im Fürstentum<br />
Sigmaringen, wo die Revolutionsjähre stürmischer<br />
als in Hechingen verliefen, erschien unter dem 9. 7. 1848 eine<br />
Verordnung über den vorläufigen Zehntbezug. Durch die Gesetze<br />
vom 20. 7. und 24. 8. 48 wurden der Blutzehnte und<br />
der Neubruchzehnte ohne Entschädigung aufgehoben. Im übrigen<br />
konnten aber auch im Fürstentum Sigmaringen die<br />
Arbeiten über die Errechnung der Zehnten nicht zum Abschluß<br />
gebracht werden, da mit dem Gesetz vom 12. März<br />
1850 die beiden Hohenzollern'schen Fürstentümer in das<br />
Preußische Staatsgebiet eingegliedert wurden. Nochmals vergingen<br />
10 Jahre, bis das preußische Gesetz betreffend die<br />
„Ablösung der Reallasten in den Hohenzollern'schen Landen"<br />
mit seinen 24 Paragraphen verkündet wurde. Hiernach blieben<br />
von der Ablösung ausgeschlossen die öffentlichen Lasten<br />
mit Einschluß der Gemeindelasten, Gemeindeabgaben und<br />
Gemeindedienste, so wie der auf eine Entwässerungs- oder<br />
ähnliche Genossenschaft sich beziehenden Lasten, sofern dieselben<br />
nicht aus allgemeinen Rechtsverhältnissen oder dem<br />
Zehntrechte, entstanden waren. Ausgeschlossen blieben auch<br />
alle Abgaben und Leistungen zur Erbauung oder Unterhaltung<br />
der Kirchen-, Mesnerei- und Schulgebäude, die nicht<br />
als Lasten oder Gegenleistungen auf Zehnten oder anderen<br />
ablösbaren Reallasten ruhten oder auf dem aufgehobenen<br />
Allmand- und Kleinzehnten im Fürstentum Hechingen geruht<br />
haben. Ausgeschlossen blieben ferner solche Abgaben<br />
und Leistungen, die vertragsmäßig auf den einseitigen Antrag<br />
des Berechtigten oder Verpflichteten gegen einen im<br />
voraus bestimmten Ablösungssatz abgelöst werden durften.<br />
Zwecks Errechung des jährlichen Geldwertes des Zehnten,<br />
mußte zuerst der Geldwert der Früchte oder Naturalien ermittelt<br />
werden. Dies geschah in der Weise, daß man den<br />
Marktpreis nach demjenigen Martini-Marktpreis ermittelte,<br />
der sich im Durchschnitt der letzten 24 Jahre vor Erlaß<br />
dieses Gesetzes ergab, wenn die zwei teuersten und zwei<br />
wohlfeilsten von diesen Jahren außer Ansatz blieben. Unter<br />
Martini-Marktpreis wurde der Durchschnittspreis derjenigen<br />
15 Tage verstanden, in deren Mitte der Martinimarkt<br />
fiel. Als maßgebliche Marktplätze wurden im übrigen folgende<br />
Orte bestimmt:<br />
1) die Stadt Sulz a. N. für den Oberamtsbezirk Haigerloch,<br />
2) die Stadt Reutlingen für den Oberamtsbezirk Trochtelfingen<br />
und der Oberamtsbezirk Gammertingen in den bei<br />
Erlaß der Verordnung v. 18. 1.1854 bestandenen Grenzen,<br />
3) die Stadt Lindau a. B. für das Obervogtei-Amt Achberg,<br />
4) die Stadt Ueberlingen a. B. für den übrigen Teil des<br />
Oberamtsbezirks Sigmaringen und<br />
5) die Stadt Balingen für den Oberamtsbezirk • Hechingen<br />
mit Ausnahme der Ortschaft Wilflingen, für die der<br />
Marktpreis von Rottweil ausschlaggebend war.<br />
War der Wert des Naturalzehnten berechnet, so wurde<br />
noch ein bestimmter Betrag für die Erzeugungskosten, wie<br />
Ackern, Säen, Ernten, in Abzug gebracht. Der so ermittelte<br />
Geldwert des Zehnten konnte auf zweierlei Weise abgelöst<br />
werden, nämlich entweder 1. durch die Zahlung einer Geldrente,<br />
die 673 Monate zu reichen war oder aber 2. durch<br />
Barzahlung des 18. fachen Betrages des festgesetzten Geldwertes.<br />
Die Ablösung vermittelte eine nach dem Gesetz vom<br />
2. 3. 1850 errichtete Rentenbank, deren Geschäfte für Hohenzollern<br />
die Kgl. Regierung in Sigmaringen wahrnahm. Wer<br />
die Barzahlung wählte, also mit einm Schlage frei wurde, der<br />
konnte bei der Spar- und Leihpasse - heute Hohenzollerische<br />
Landesbank - bei vorgeschriebener Sicherheitsbestellung den<br />
benötigten Kapitalvorschuß zu einem ermäßigten Zinssatze<br />
von 4'/4 %> erhalten. Vielleicht werden sich noch manche der<br />
älteren Generation erinnern können, wie alljährlich bis in<br />
die Jahre des I. Weltkrieges hinein durch Schellenruf der<br />
Amtsgehilfe zur Zahlung der fälligen „Zinsen und Zieler"<br />
aufforderte.<br />
Zu bemerken wäre noch, daß nach den gesetzlichen Bestimmungen<br />
die Ablösung der Reallasten ohne besonderen<br />
Antrag der Beteiligten von Amts wegen erfolgte. Die Auseinandersetzungsbehörde<br />
war die Regierung in Sigmaringen,<br />
bei der ein Spruchkollegium errichtet wurde, dem drei zum<br />
Richteramte qualifizierte Mitglieder und zwei landwirtschaftliche<br />
Sachverständige angehörten. Die Kosten des Verfahrens<br />
wurden vom Staate übernommen, nur die eventuellen<br />
Prozeßkosten hatten die Parteien zu tragen.<br />
Das Gesetz vom 28. Mai 1860 war für unsere Heimat,<br />
deren Bewohner einstens ja fast ausschließlich eine Landwirtschaft<br />
betrieben, von außerordentlicher Bedeutung. Mit<br />
der Ablösung des Zehnten und der übrigen Reallasten war<br />
das letzte Hindernis gefallen, das den Bauern vor der freien<br />
Entfaltung seiner Kräfte zurückgehalten, ja ihm jeden Anreiz<br />
und jede Lust zur Berufsarbeit genommen hatte. Der<br />
Boden und seine Erzeugnisse waren nun freies Eigentum,<br />
und der fortschrittlichen Bewirtschaftung von Acker und<br />
Wiese standen künftig keine Schranken mehr im Wege.<br />
M. Schalte 1.<br />
Verkauf Gammertingens mit Zubehör 1447<br />
Im Jahre 1903 erschien in Zürich ein 181 seitiges Büchlein<br />
von Erhart W. Kanter über Hans von Rechberg,<br />
einen echten Haudegen des 15. Jahrhunderts, der die Schweiz<br />
und auch unsere Gegend unsicher machte, die Burgen Hohentwiel,<br />
Schramberg und Schalksburg sein eigen nannte,<br />
auch die Schlösser und Städte Gammertingen und Hettingen<br />
mit verschiedenen Rechten von seinem Vater Heinrich geerbt<br />
hatte. Die Schweizer Händel interessieren hier nicht.<br />
Dagegen war er durch ewige Händel und Fehden in große<br />
Schulden gekommen, so bei Wolf Schilling mit 900 fl, Diepold<br />
von Bernhausen 1000 fl. Konrad vom Stein 2500 fl, Kleinhans<br />
Schwelher 200 fl, dem Vogt von Veringen 735 fl, der Gemahlin<br />
des Hans von Hornstein 666 fl. Daher veräußerte er<br />
am 2. Dezember 1447 um 18 500 fl an den Grafen Ulrich von<br />
Wirtemberg folgende Besitzungen: Gammertingen Burg<br />
und Stadt, die er als Lehen von Reichenau besaß. Hettingen<br />
Burg und Stadt und die Dörfer Ittenhausen,<br />
Hart- mit Feldhausen, Kettenacker, Hermentingen,<br />
das halbe Neufra mit den Weilern, die dazu<br />
gehören. Ferner die Vogtei über das Kloster zum Berg<br />
(M a r i a b e r g), dessen Leute des Weilers Kloster -Bronnen<br />
zum Gericht nach Gammertingen gehören, die Gotteshausleute<br />
zu E n s m a d (Kirchlein gegen Ittenhausen), die<br />
ebenfalls zum Gericht Gammertingen gehören, da? Burgstall<br />
Hinterlichtenstein, des Reinhartsweilers Gut (nämlich<br />
Stadt und Dorf Veringen und die zugehörige Lösung<br />
von 400 fl, die er von Reinhartsweiler gekauft, vom<br />
Herzog von Oesterreich zu Lehen empfangen, die aber jetzt<br />
Graf Hans von Werdenberg pfandweise besitzt) (Württbg.<br />
Reg. 6194). In den Verkauf sind ferner eingeschlossen die<br />
Leibeigenen des Rechbergers in vielen umliegenden Orten<br />
(Württb. Reg. 6192). Da Kanter diese Ortschaften teils nicht<br />
lesen konnte, ließ ich die betr. Stelle im Staatsarchiv Stuttgart<br />
fotographieren. Es heißt:<br />
„Diese nachgeschriebenen Eigenleute gehören zu der Herrschaft<br />
und sitzen außerhalb obiger Orte: Zu Megrichingen<br />
(M ä g e r k i n g e n) ist der Amtmann mein eigen, sowie sein<br />
Weib und 3 erwachsene Söhne und ein Auberly Stickler.<br />
Der Kürsener zu Guckenloch (Mühle zwischei Hörschwag<br />
und Hausen a. d. Laudiert) mit Weib und 4 Kindern.