Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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30 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang lSfifl Ti^b Das Dorf Laiz vor 150 Jahren Wer heute durch das Dorf und die Gemeinde Laiz geht, der gewinnt den Eindruck, in einem wirtschaftlich und kulturell aufgeschlossenen Wohnbezirk zu sein. Zur Zeit des Schichtwechsels strömt die Arbeiterschaft von und zu ihren Arbeitsstätten. Auch eine bäuerliche Bevölkerung geht noch landwirtschaftlichen Arbeiten nach. Teils zu Fuß, zu Rad oder motorisiert, sieht man die Menschen ihren Arbeitsstätten zueilen. Das Pferdefuhrwerk, das früher die Straßen und Feldwege beherrschte, ist zur Seltenheit geworden; statt dessen erfüllen Traktoren und Zug- und Lastwagen mit ihrem Geknatter die Stille des Dorfes. Frühere schmale, nicht kanalisierte Dorfwege mußten breiteren, asphaltierten Straßen weichen. Das abendliche Dorfidyll mit seinen Dämmerstunden auf den Hausbänkchen und den plaudernden Menschen, die sich gegenseitig ihre Tageserlebnisse austauschten, ist verschwunden; statt dessen leuchten frühzeitig helle Neonlampen in alle Gassen und stören selbst die Schäferstündchen der Liebenden. Die Neuzeit hat den höheren Ansprüchen und dem heutigen Lebensstandard der Menschen in der Geschäftswelt durch großzügige Ausgestaltung der Geschäftsräume und der Arbeitsstätten Rechnung getragen. Das frühere Dorf Laiz hat seinen Charakter als reines Bauerndorf verloren und das Aussehen eines geschäftigen Industrieortes erhalten. Es ist daher nicht uninteressant zu lesen, auf welchen Grundlagen das Dorf Laiz vor ca. 150 Jahren fußte und wie damals seine Lebensbedingungen waren. Ein Auszug aus der Haupttabelle über die Bevölkerung, die Geburten und Todesfälle, die Schulkinder, die Gebäude, die landwirtschaftlichen Haustiere und Güter, sowie den Waldbestand des Fürstentums Hohenzollern-Sigmaringen für die Jahre 1806 und 1812 gibt uns einigen Aufschluß über das Dorf Laiz. Den Zahlen aus der vorgenannten 'Haupttabelle sind noch einige Angaben aus den Jahren 1930, 1939 und 1959 bzw. 1960 beigefügt und sollen dem Vergleiche dienen. Tabellarische Uebersichten: Bevölkerungsstand: 1806 1812 1930 1939 1959 bzw. 1960 Gesamt-Seelenzahl: 278 362 745 780 1585 Zahl der Geburten: 13 18 4 22 30 Zahl der Todesfälle: 10 8 5 11 10 Zahl der Schulkinder : 40 41 102 134 154 Bemerk.: Geburt, prozentual z. Einwohnersch. : 4,7 % 5% 0,53 % 2,8 % 1.3 »/o 1806 gab es in der Gemeinde Laiz 19 Handwerksmeister und 3 Gesellen. Unter der Einwohnerzahl vom 1. 1. 1960 befinden sich 112 Soldaten. Von den Schulkindern des Jahres 1812 wurden 7 Knaben geimpft. Damals war das Impfen noch freiwillig. Mädchen wurden nicht geimpft, da es noch kein Impfgesetz gab. Uebersicht über die Gebäude Wohngeb. Kirchen Pfarrhäuser Sonstige Insges. 1806 51 1 1 8 61 1806 57 1 1 10 69 1.1.1960 320 1 Viehbestand 26 348 Pferde 1806 1812 1959 bzw. 1960 Hengste « Stuten 4; Wallachen 24 Fohlen 14 Gesamtzahl 83 Rindvieh: Wucherrind. (Farren) 2 Ochsen 35 Kühe 95 junge Zugtiere sog. Kalbinnen 29 Jungvieh von 3 Mt. b 1. Jahr — Kälber 47 Gesamtzahl 208 Schafe (Pachtschafe: Hammel Mutterschafe Lämmer Gesamtzahl Ziegen: Schweine: Eber Mutterschweine Mastschweine Ferkel Mastschweine Gesamtzahl 3 75 75 153 keine 1 3 20 24 5 57 25 17 104 3 70 129 48 286 veredelte 10 gemeine 14 24 keine 2 2 21 48 35 nur noch 8 Pferde 4 202 32 122 64 nur noch 11 11 1 24 72 = schlachtreife 48 231 = von 8 Wochen bis 1/2 Jahr alt 376 Der Felderbestand Zahl der Jauchert 1806 1812 Insgesamt Ackerland 429 J. 429 J. davon im Winteresch: 122 122 angebaut mit Vesen 100 angebaut mit Roggen 22 davon im Sommeresch: 136 136 angebaut mit Gerste 50 angebaut mit Haber 70 angebaut mit Erbsen 16 Oede — das Brachfeld: Gesamtzahl 115 115 hiervc.i angebaut: mit Klee mit Kartoffeln mit. Rüben mit Hanf mit Flachs öde liegend 20 2 1 1/2 2 89i/2 251/2 891/2 Stockfelder, heute Stockteile 56 56 darunter angepflanzt 18 49 bloß ausgereutet 31 — öde liegend 7 7 Wi e s e n : Gesamt: Mannsmahden 128 128 davon einmähdige Wiesen 65 65 davon zweimähcMge Wiesen 63 63 Der Waldbestand Der Wald 1806 1812 Zahl der J. mit L a u b h 0 1 z 957 957 schlagbarer Wald 97 geöffnet aber nicht schlagbar 114 in den Bau gelegt 180 öde liegend 566 Zahl der Klafter an Brennholz, die jährlich abgegeben werden = 388 Klafter. Nadelholz: insges. 79 J. geöffnet aber nicht schlagbar — in den Bau gelegt 21 schlabarer Wald 58 öde liegend — an Brennholz wird abgegeben: — 1960 167,3 ha 1960 gesamt 404 ha Gesamtwald 1036 J. 1036 r 404 ha Die vorstehenden Tabellen zeigen das Wachsen der Gemeinde Laiz. Aus der ehemaligen fast rein bäuerlichen Dorfgemeinschaft ist ein industrieller, aufstrebender Wohnort geworden, dessen Strukturwandel der Industrialisierung sowie der Umgliederung der Bevölkerung der Nachkriegszeit zuzuschreiben ist. Nur so war es möglich, daß die Einwohnerzahl heute auf das fast sechsfache der Zahl von 1806 angestiegen ist. Die Zahlen aus der Landwirtschaft vor 150 Jahren verglichen mit dem jetzigen Stand derselben beweisen, daß die heutige Generation der Landwirte mit Fleiß, bestem Wissen und Können, das ihr zugemessene Feld, das umfangmäßig das gleich geblieben ist, zu bebauen und die Erträge zu steigern weiß. Die Erträge der Aecker und Wiesen haben sich dank der neuzeitlichen Erkenntnisse und Bebauungsweisen gemehrt und verbessert. Wenn u. a. sich die Zahl der Pferde vom Jahre 1812 auf nur noch 8 Pferde im Jahre 1960 verringert hat, so liegt der Grund in der Motorisierung der Betriebe. Dafür hat sich die Rinderzucht erweitert und vermehrt. Die intensivere Bewirtschaftung der Felder und Wiesen, der Rückgang der Pferdezucht und manche andere Umstände begünstigen dies. Man denke nur an die heutige Milchwirtschaft und deren Erträge, ein Ansporn für die Rinderzucht! Der Brachesch ist verschwunden und eine gewinnbringendere Felderbewirtschaftung hat die Dreifelderwirtschaft abgelöst. Die Anwendung des Kunstdüngers, die Bekämpfung der Pflanzenkrankheiten und die Vertilgung des Unkrautes ermöglichen höhere Gewinnerträge. Dasselbe gilt von der Schweinezucht. Der Anbau der Kartoffeln stak zu Anfang des 19. Jahrhunderts noch in den Kinderschuhen. Milch und deren Erzeugnisse dienten vor 150 Jahren neben der Brotfrucht als Hauptnahrungsmittel für die bäuerliche Familie, und die Schweinezucht war meistens nur auf den eigenen Bedarf eingestellt. Jetzt ist der Kartoffelanbau riesig angewachsen, und manche weiteren Erzeugnisse aus dem Getreideanbau stehen auch für diesen Zweig der Landwirtschaft zur Verfügung.

Jahrgang i960 HOU£NZDLL£Ri5CH£ HEIMAT 31 Noch wäre etwas zu bemerken zu dem Feldmaß „Jauchert". Jauchert ist ein Feld, das ein Joch Ochsen an einem Tag pflügen kann - jugerum - (nach Kraus). Im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen unterschied man nach „Kraus" nicht weniger als 4 verschiedene Jauchertmaße. I Jauchert = 320 qRuten = 46 080 qSchuh = 42,48372 ar, war das gebräuchlichste Maß. Die andern Jauchert-Maße waren teils größer, teils kleiner. Wenn man den Waldbestand der Ge- In der Fernausgabe der „Neuen Züricher Zeitung" vom 29. Oktober 1959, Blatt 21, berichtet der schweizerische Restaurator Linus Birchler in einer Abhandlung über die Freilegung und Restaurierung von künstlerisch wertvollen Fresken in der Schloßkapelle von Hilfikon bei Villmergen, deren Entstehung einem wenig bekannten Freskomaler aus Sigmaringen, Franz Anton Rebsamen, zugeschrieben wird. Die Kapelle wurde im Jahre 1742 als Heiliggrabkapelle, also in Form einer Rotunde, neu erstellt und dann Mitte des 18. Jahrhunderts von dem genannten Künstler mit kühn gemalten, bewegten Fresken ausgestattet, wie eine der Abhandlung beigefügte Abbildung erkennen läßt. Der diesbezügliche Teil des Restaurationsberichtes sei nun im Wortlaut wiedergegeben. „Bei einer unglücklichen Restaurierung im Jahre 1901 wurden sämtliche Decken- und Wandbilder der H i 1 f i k o - n er Grabkapelle dick überpflastert, im ganzen rund 82 Quadratmeter trefflicher Fresken. Sie sind das Werk eines in der Mitte des 18. Jahrhunderts im Aargau tätigen Malers, Franz Anton Rebsamen aus Sigmaringen, der auch in der Klosterkirche von Fahr nachweisbar ist (siehe Anm.). Ich stieß zum erstenmal auf ihn, als ich vor Jahrzehnten die am Aeußeren sehr bescheidene Kirche von Goslikon (Gemeinde Fischbach), nördlich von Bremgarten, zu restaurieren hatte, einen Bau von 1670, der um 1750 eine ganz raffinierte Ausstattung mit Stuck und Malerei erhielt. In Hilfikon hat dieser süddeutsche Maler die gesamte Decke über der Heiliggrabkapelle illusionistisch ausgemalt, eine Allerheiligendarstellung mit der Dreifaltigkeit als Zentrum, alles höchst effektvoll „di sotto in su" gesehen. Das Bild ist so angelegt, daß ein großes Kruzifix, das im Chorbogen hängt, der vielfigurigen Komposition den festen Halt gibt. Auf die überweißelten Flächen malte 1901 ein Dekorationsmaler goldene Kartuschen mit Bibelsprüchen. Der gleiche Barbar hat auch sämtliche originalen Wandbilder in Chor und Schiff überstrichen. Jetzt wird alles sorgfältig freigelegt." Soviel aus Birchlers Bericht in der „Neuen Züricher Zeitung." Am Ende seiner Abhandlung reiht er den hohenzollerischen Künstler in die Reihe der damaligen Bodenseemaler der Rokokozeit ein. Franz Anton Rebsamen ein Sigmaringer Freskomaler des 18. Jahrhunderts meinde Laiz von einst mit 1036 Jauchert mit dem heutigen Maß von 404 ha vergleicht, so berechnet sich der Jauchert nur auf 39 ar, denn 1036 mal 39 = 40 405 ar = 404 ha. 1 Mannsmahd ist ein Wiesenstück, das 1 Mann an einem Tag mähen kann; sie entspricht dem Jauchertmaß. 1 Klafter Holz = ; 3,5 rm; darnach wären 388 Klafter = 1358 Raummeter Brennholz. Widemann. In den Personenverzeichnissen des Hechinger und Sigmaringer Bandes der Kunstdenkmale Hohenzollerns ist der Name Rebsamen nicht zu finden. Vielleicht weiß dieser oder jener Leser der „Hohenz. Heimat" ergänzende Angaben zur Persönlichkeit und den Werken des Sigmaringer Freskomalers zu machen. Anmerkung: Fahr ist ein ehemaliges, 110 gegründetes Benediktinerinnenkloster, dessen Kirche 1743 bis 1746 neu erbaut und mit üppiger Rokokoausstattung versehen wurde. F. X. Pfeffer, Weilheim. Krankheiten, Seuchen, Mißjahre, Naturereignisse in früherer Zeit in der Gemeinde Neuira In der Geschichte einer Gemeinde kommen neben glücklichen Tagen auch manche traurige Zeiten vor, und diese bleiben meist viel länger in Erinnerung als die guten Tage. So mögen auch hier einige Tatsachen von traurigen Vorkommnissen Erwähnung finden. Im Jahre 1814 war unter den Bewohnern Neufras ein bösartiges Nervenfieber ausgebrochen, dem gar viele Personen zum Opfer fielen. Weist doch das Totenbuch dieses Jahres nicht weniger als 84 Sterbefälle auf, gewiß eine erschreckende Zahl. Zu gleicher Zeit herrschte unter dem Vieh eine grassierende Seuche, welche manchen Stall lichtete. —• Aus dem Jahre 1834 berichtet der Chronist, daß hier und in der Umgegend eine Krankheit, rote Ruhr genannt, herrschte, wobei viele Menschen starben. Das Vieh bekam die Lungenseuche und fiel massenhaft. —- Aus dem Jahre 1859 wird ein Todesfall infolge Cholera berichtet. — Am 5. November 1862 wallfahrtete die ganze Gemeinde nach Maria Deutstetten, um die Hilfe Mariens anzurufen wegen des hier herrschenden Nervenfiebers, dem sehr viele Leute zum Opfer fielen; starben doch in den Jahren 1862 und 1863 in hiesiger Gemeinde 136 Personen. - Im Jahre 1871 herrschten hier die schwarzen Pocken, an denen 5 Personen starben, darunter die beiden Totengräber und der Polizeidiener. — 14 aufeinanderfolgende Hageljahre veranlaßten den Bau der Hochbergkapelle. Auch sonst ist des öfteren die Rede von bedeutenden Hagelschäden, Pietä: Friedhofkapelle Gruol Foto Jos. Schneider. so besonders vom Jahre 1890, wobei der Schaden auf 60 000 Mark geschätzt wurde. —• Interessant dürfte auch noch der Bericht über einen gewaltigen Wildschaden sein. Die Chronik berichtet darüber wie folgt: „1730 bis 1798 waren die traurigen Jahre, in denen die Fürsten von Hechingen rechts vom Fehlaflusse, also im Tiergarten, Hinterfeld, auf de Höhe, Stollbeck usw. so starken Wildstand hegten, daß alle Erzeugnisse auf Wiesen, Feld und Wald gefressen, zerstört und zertreten wurden. Es kam öfters vor, daß einhundert Hirsche in einem Gewann gezählt wurden. 1732 hatten die Wildschweine den Tiergartenösch so durchwühlt und verwüstet, daß die Eigentümer jede fernere Bearbeitung und Aussaat für nutzlos erachteten. In diesem Notjahr schätzte Neufra seinen erlittenen Schaden auf 68 380 Gulden. Auf verschiedene vorgebrachte Klagen wurde 1736 der K. K. Notar Andreas Viehäuser zur Ermittlung und Einschätzung des Wildschadens nach Neufra gesendet. Nach genauer Besichtigung schätzte er den bisher erlittenen Schaden auf 102 122 Gulden. Der beim Kreisgericht in Wetzlar und beim Hofkammergericht in Wien geführte Prozeß kam nicht zum Abschluß, da der Fürst inzwischen selbst die Hand zum Frieden bot und mit seinen Untertanen den berühmten Stadt- und Landesvergleich, das Staatsgrundgesetz für Hechingen abschloß. Doch hatte man in späterer Zeit, wie die Volksüberlieferung berichtet, noch vielfach über Wildschaden zu klagen.

Jahrgang i960 HOU£NZDLL£Ri5CH£ HEIMAT 31<br />

Noch wäre etwas zu bemerken zu dem Feldmaß „Jauchert".<br />

Jauchert ist ein Feld, das ein Joch Ochsen an einem Tag<br />

pflügen kann - jugerum - (nach Kraus). Im Fürstentum<br />

Hohenzollern-Sigmaringen unterschied man nach „Kraus"<br />

nicht weniger als 4 verschiedene Jauchertmaße. I Jauchert<br />

= 320 qRuten = 46 080 qSchuh = 42,48372 ar, war das gebräuchlichste<br />

Maß. Die andern Jauchert-Maße waren teils<br />

größer, teils kleiner. Wenn man den Waldbestand der Ge-<br />

In der Fernausgabe der „Neuen Züricher Zeitung" vom<br />

29. Oktober 1959, Blatt 21, berichtet der schweizerische<br />

Restaurator Linus Birchler in einer Abhandlung über die<br />

Freilegung und Restaurierung von künstlerisch wertvollen<br />

Fresken in der Schloßkapelle von Hilfikon bei Villmergen,<br />

deren Entstehung einem wenig bekannten Freskomaler aus<br />

Sigmaringen, Franz Anton Rebsamen, zugeschrieben wird.<br />

Die Kapelle wurde im Jahre 1742 als Heiliggrabkapelle, also<br />

in Form einer Rotunde, neu erstellt und dann Mitte des 18.<br />

Jahrhunderts von dem genannten Künstler mit kühn gemalten,<br />

bewegten Fresken ausgestattet, wie eine der Abhandlung<br />

beigefügte Abbildung erkennen läßt.<br />

Der diesbezügliche Teil des Restaurationsberichtes sei nun<br />

im Wortlaut wiedergegeben.<br />

„Bei einer unglücklichen Restaurierung im Jahre 1901<br />

wurden sämtliche Decken- und Wandbilder der H i 1 f i k o -<br />

n er Grabkapelle dick überpflastert, im ganzen rund 82<br />

Quadratmeter trefflicher Fresken. Sie sind das Werk eines in<br />

der Mitte des 18. Jahrhunderts im Aargau tätigen Malers,<br />

Franz Anton Rebsamen aus Sigmaringen, der auch<br />

in der Klosterkirche von Fahr nachweisbar ist (siehe Anm.).<br />

Ich stieß zum erstenmal auf ihn, als ich vor Jahrzehnten die<br />

am Aeußeren sehr bescheidene Kirche von Goslikon<br />

(Gemeinde Fischbach), nördlich von Bremgarten, zu restaurieren<br />

hatte, einen Bau von 1670, der um 1750 eine ganz<br />

raffinierte Ausstattung mit Stuck und Malerei erhielt.<br />

In Hilfikon hat dieser süddeutsche Maler die gesamte<br />

Decke über der Heiliggrabkapelle illusionistisch ausgemalt,<br />

eine Allerheiligendarstellung mit der Dreifaltigkeit als Zentrum,<br />

alles höchst effektvoll „di sotto in su" gesehen. Das<br />

Bild ist so angelegt, daß ein großes Kruzifix, das im Chorbogen<br />

hängt, der vielfigurigen Komposition den festen Halt<br />

gibt. Auf die überweißelten Flächen malte 1901 ein Dekorationsmaler<br />

goldene Kartuschen mit Bibelsprüchen. Der<br />

gleiche Barbar hat auch sämtliche originalen Wandbilder in<br />

Chor und Schiff überstrichen. Jetzt wird alles sorgfältig<br />

freigelegt."<br />

Soviel aus Birchlers Bericht in der „Neuen Züricher Zeitung."<br />

Am Ende seiner Abhandlung reiht er den hohenzollerischen<br />

Künstler in die Reihe der damaligen Bodenseemaler<br />

der Rokokozeit ein.<br />

Franz Anton Rebsamen<br />

ein Sigmaringer Freskomaler des 18. Jahrhunderts<br />

meinde Laiz von einst mit 1036 Jauchert mit dem heutigen<br />

Maß von 404 ha vergleicht, so berechnet sich der Jauchert<br />

nur auf 39 ar, denn 1036 mal 39 = 40 405 ar = 404 ha.<br />

1 Mannsmahd ist ein Wiesenstück, das 1 Mann an einem Tag<br />

mähen kann; sie entspricht dem Jauchertmaß. 1 Klafter Holz<br />

= ; 3,5 rm; darnach wären 388 Klafter = 1358 Raummeter<br />

Brennholz. Widemann.<br />

In den Personenverzeichnissen des Hechinger und Sigmaringer<br />

Bandes der Kunstdenkmale Hohenzollerns ist der<br />

Name Rebsamen nicht zu finden. Vielleicht weiß dieser oder<br />

jener Leser der „Hohenz. Heimat" ergänzende Angaben zur<br />

Persönlichkeit und den Werken des Sigmaringer Freskomalers<br />

zu machen.<br />

Anmerkung: Fahr ist ein ehemaliges, 110 gegründetes<br />

Benediktinerinnenkloster, dessen Kirche 1743 bis 1746 neu<br />

erbaut und mit üppiger Rokokoausstattung versehen wurde.<br />

F. X. Pfeffer, Weilheim.<br />

Krankheiten, Seuchen, Mißjahre, Naturereignisse<br />

in früherer Zeit in der Gemeinde Neuira<br />

In der Geschichte einer Gemeinde kommen neben<br />

glücklichen Tagen auch manche traurige Zeiten vor, und<br />

diese bleiben meist viel länger in Erinnerung als die guten<br />

Tage. So mögen auch hier einige Tatsachen von traurigen<br />

Vorkommnissen Erwähnung finden. Im Jahre 1814 war unter<br />

den Bewohnern Neufras ein bösartiges Nervenfieber<br />

ausgebrochen, dem gar viele Personen zum Opfer fielen.<br />

Weist doch das Totenbuch dieses Jahres nicht weniger als<br />

84 Sterbefälle auf, gewiß eine erschreckende Zahl. Zu gleicher<br />

Zeit herrschte unter dem Vieh eine grassierende Seuche,<br />

welche manchen Stall lichtete. —• Aus dem Jahre 1834 berichtet<br />

der Chronist, daß hier und in der Umgegend eine<br />

Krankheit, rote Ruhr genannt, herrschte, wobei viele Menschen<br />

starben. Das Vieh bekam die Lungenseuche und fiel<br />

massenhaft. —- Aus dem Jahre 1859 wird ein Todesfall infolge<br />

Cholera berichtet. — Am 5. November 1862 wallfahrtete<br />

die ganze Gemeinde nach Maria Deutstetten, um die Hilfe<br />

Mariens anzurufen wegen des hier herrschenden Nervenfiebers,<br />

dem sehr viele Leute zum Opfer fielen; starben doch<br />

in den Jahren 1862 und 1863 in hiesiger Gemeinde 136 Personen.<br />

- Im Jahre 1871 herrschten hier die schwarzen Pocken,<br />

an denen 5 Personen starben, darunter die beiden Totengräber<br />

und der Polizeidiener. — 14 aufeinanderfolgende Hageljahre<br />

veranlaßten den Bau der Hochbergkapelle. Auch<br />

sonst ist des öfteren die Rede von bedeutenden Hagelschäden,<br />

Pietä: Friedhofkapelle Gruol<br />

Foto Jos. Schneider.<br />

so besonders vom Jahre 1890, wobei der Schaden auf 60 000<br />

Mark geschätzt wurde. —• Interessant dürfte auch noch der<br />

Bericht über einen gewaltigen Wildschaden sein. Die Chronik<br />

berichtet darüber wie folgt: „1730 bis 1798 waren die traurigen<br />

Jahre, in denen die Fürsten von Hechingen rechts vom<br />

Fehlaflusse, also im Tiergarten, Hinterfeld, auf de Höhe,<br />

Stollbeck usw. so starken Wildstand hegten, daß alle Erzeugnisse<br />

auf Wiesen, Feld und Wald gefressen, zerstört und<br />

zertreten wurden. Es kam öfters vor, daß einhundert Hirsche<br />

in einem Gewann gezählt wurden. 1732 hatten die Wildschweine<br />

den Tiergartenösch so durchwühlt und verwüstet,<br />

daß die Eigentümer jede fernere Bearbeitung und Aussaat<br />

für nutzlos erachteten. In diesem Notjahr schätzte Neufra<br />

seinen erlittenen Schaden auf 68 380 Gulden. Auf verschiedene<br />

vorgebrachte Klagen wurde 1736 der K. K. Notar Andreas<br />

Viehäuser zur Ermittlung und Einschätzung des Wildschadens<br />

nach Neufra gesendet. Nach genauer Besichtigung<br />

schätzte er den bisher erlittenen Schaden auf 102 122 Gulden.<br />

Der beim Kreisgericht in Wetzlar und beim Hofkammergericht<br />

in Wien geführte Prozeß kam nicht zum Abschluß, da<br />

der Fürst inzwischen selbst die Hand zum Frieden bot und<br />

mit seinen Untertanen den berühmten Stadt- und Landesvergleich,<br />

das Staatsgrundgesetz für Hechingen abschloß.<br />

Doch hatte man in späterer Zeit, wie die Volksüberlieferung<br />

berichtet, noch vielfach über Wildschaden zu klagen.

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