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Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Jahrgang i960 HOHENZO :IJERISCHE HEIMAT 13<br />

Südlich von Neufra liegen auf einer weiträumigen Hochfläche<br />

die uralten Höfe Birkhof, Stollbeck und Lieshof. Die<br />

große Fläche, auf der einst in frühester Zeit ein lichter Birkenwald<br />

stand, diente den Kelten als Weideplatz für ihre<br />

zahlreichen Viehherden. Westlich vom Birkhof erstreckt sich<br />

ein größeres Waldstück, das in seinem nördlichen Gebiet<br />

noch heute den Namen „Birkenwald" trägt. Die Kelten<br />

konnten täglich ihr Vieh zur Tränke ins Fehlatal treiben,<br />

und die Fehlawiesen gaben bei langanhaltender Trockenheit<br />

noch ausreichend Weidefutter. Der Keltenfriedhof mit seinen<br />

etwa 300 gut erhaltenen Hügelgräbern im Gammertinger<br />

Waldteil (an das Birkhofgelände angrenzend) Stollbeck zeugt<br />

von längerer Besiedlung und Benutzung der weitgedehnten<br />

Hochfläche. Sicherlich bauten die Kelten einfache Holzhütten<br />

und Holzställe, um Menschen und Vieh gegen Winterkälte<br />

und Schneestürme zu schützen. Aus solchen Weidehöfen<br />

sind wohl die 3 Höfe entstanden und haben in ihrer abgelegenen<br />

Lage die Jahrhunderte überstanden. Von jeher gehörten<br />

die 3 Höfe zur Herrschaft Gammertingen. Die Brüder<br />

Hans und Konrad von Bubenhofen kauften i. J. 1468 vom<br />

Grafen Ulrich von Württemberg um 14 500 fl. die Herrschaft<br />

Gammertingen, die damals ein Mannlehen des Klosters Reichenau<br />

war. Konrad von Bubenhofen verzichtete i. J. 1471<br />

auf seinen Anteil gegen Erstattung der halben Kaufsumme.<br />

Hans von Bubenhofen erwarb i. J. 1508 vom Kloster Reichenau<br />

die ganze Herrschaft Gammertingen als Eigentum<br />

und gab an das Kloster dafür: „Hettingen, Schloß und Stettlen,<br />

Hermatingen samt den Höfen genannt Bürkhen." Dies<br />

ist die erste urkundliche Erwähnung des Birkhofes. In späteren<br />

Urkunden trägt der Hof den Namen Birkach, d. h. an<br />

einem Gewässer (Fehla) liegender Hof. Hans von Bubenhofen<br />

verkaufte die Herrschaft Gammertingen und das<br />

Reichenauer Lehen (Hettingen, Hermentingen und den Birkhof)<br />

im Jahre 1524 an Dietrich Speth von Zwiefalten um<br />

30 640 Goldgulden. Der gesamte Besitz blieb bis zum Jahre<br />

1827 in den Händen der reichsritterschaftlichen Familie Speth.<br />

In einem Familien-Erbteilungsvertrag im Jahre 1658 bildeten<br />

das Dorf Neufra und der Birkhof einen Erbteil, der<br />

durch das Los an den Junker Hans Dietrich Speth fiel. In<br />

dem Vertrage finden wir eine ausführliche Beschreibung des<br />

Birkhofes. Durch den 30jährigen Krieg war die Familie Speth<br />

stark verschuldet. Auf dem Erbteil Neufra-Birkhof im Werte<br />

von 39 841 fl. lasteten 36 919 fl. Schulden.<br />

In dem Vertrag stehen über den Birkhof folgende Angaben:<br />

Der Bürkhof, so dißem anderen Haubttheil zugeschriben<br />

stehet, Ist ein Lehen von dem Bistumb Konstanz<br />

(Aufsichtsbehörde über das Kloster Reichenau), ist zwar der<br />

Zeit ohne verlihen, außerhalb der Waiden, so auf drey Jahr<br />

Hanß Jakob Grieninger von Herrenberg bestanden, gibt darauß<br />

95 Gulden, darzue gehören aigene güether.<br />

Erstlich Behausungen: Das neugebauene Wohnhauß sambt<br />

der Scheuer und Stallungen, so zimblich wohl erbauen, deren<br />

drey gebäu seindt, solche werden dermahlen angeschlagen<br />

umb 750 Gulden.<br />

Item die Scheuer an der Fehlen ist angeschlagen 130 Gulden.<br />

Aeckher: Darzu gehören in allen drey öschen ohngefahr<br />

500 Jaucherten ackhers, weillen aber von denselben mit<br />

großen uncosten dermahlen nur etwas mit einer Mähne<br />

gebauen würdt und in anno 1657 alda eingeschnitten und<br />

an gedroschenen Früchten empfangen alß Veeßen 60 Malter<br />

2 Viertel, Haber 24 Malter 2 Viertel, Schwachvesen 8 Malter,<br />

Erbsen 3 Malter. Summa 95 Malter 4 Viertel. Künfftig auch<br />

zu mehreren besserung zu verhoffen ist, dahero für allerhandt<br />

früchten gesetzt 90 Malter pro 1 Gulden 40 Kreuzer<br />

thuet 150 Gulden zu 20 Geldern in das Haubtgueth 3 100<br />

Gulden. (Anmerkung: In dem Vertrag wurde 1 Gulden aus<br />

Ernteertrag von eigenen Gütern mit 25 fl. und 1 Gulden<br />

von Lehengütern mit 20 fl Kapitalwert angeschlagen.<br />

Ahn Wißen: Zu diesem hof gehören ohngefähr 37 Manßmadt<br />

wisen, darauß ist anno 1657 Zinß erhalten und empfangen<br />

Familienkundliches über die „Wänker v. Dankenschweil"<br />

bringt Ludw. Finckh, Gaienhofen, in der Zeitschrift HEGAU,<br />

Heft 1, 1959. Als Ortsadel von Danketsweiler bei Ravensburg<br />

wird das Geschlecht bereits 1145 genannt. 1740 heiratet<br />

als letzter Sproß die Tochter Anna Maria in Freiburg i. Br.<br />

den aus Oberbayern stammenden Dr. jur. Johann Martin<br />

Wänker, der Kaiserlicher Amtmann und Prokurator des<br />

Klosters St. Klara war. Der beiden Sohn, Anton Xaver Re-<br />

Der Birkhof<br />

worden 75 Gulden 40 Kreuzer, den Gulden zu 20 angeschlagen<br />

macht 1513 Gulden 20 Kreuzer. Item sind die Waiden<br />

auf drey Jahr .verlyhen, haben anno 1657 ertragen 31 Gulden<br />

40 Kreuzer, den Gulden pro 20, thuen 633 Gulden 20 Kreuzer.<br />

Der Röhr Brunnen, welcher etlich hundtert gülden gekostet,<br />

so bereits mit Deuchel etwas gefaßt und laufet, ist<br />

angeschlagen worden zu 500 Gulden. Der Kapitalwert betrug<br />

demnach rund 6 626 Gulden. (1 Gulden in damaliger<br />

Zeit dürfte mit etwa 8 Goldmark bewertet werden. Vergl.<br />

Hohz. Heimat Jahrgang 1953 Seite 15.)<br />

Hans Dietrich war vermählt mit Anna Eleonora von<br />

Bolsweil. Das gemeinsame Grabdenkmal befindet sich auf<br />

der Epistelseite der Pfarrkirche in Neufra. Die Sandsteinplatte<br />

trägt folgende Inschrift:<br />

Fragst Leser wer doch liegt allhier<br />

den dieser Trauerstein zaige<br />

Steh still und hör ich sage dir<br />

nach wem er sich dann neige.<br />

Demut, Andacht, Freigebigkait<br />

O was vor seiter Gaben<br />

Samt einer wahren Redligkait<br />

Beisammen hier begraben.<br />

Den Armen Trost, auch Feinden, Fraindt<br />

ein jeden zu ermanen<br />

Hier liegt under der Totten Gemeindt<br />

Mit hochberiehmten Namen.<br />

Den Birkhof, Neufra legt er hin<br />

Mit Schilt und Underthanen.<br />

In deren genus war nur sein Sinn<br />

der Seel die Ruh zu bahnen.<br />

Drei Wappenschlisel miet sen sein<br />

Ja. (Johann) Dietrich abgegeben<br />

zu lassen ihn in Himmel ein<br />

und schließen auf das Leben.<br />

Er ist da schier das halbe Land<br />

In Feuer und Schwert verschieden<br />

Nach abgelegtem Lebensband<br />

Entschlafen in dem Frieden.<br />

Den 6. Okt. 1704 seines Alters 73 Jahr.<br />

Bald nach seinem Tode fielen Neufra und der Birkhof<br />

an den Ritter Marquard Rudolph Speth von Gammertingen.<br />

Ludwig Carl Johann Speth von Gammertingen, der ohne<br />

männliche Nachkommen blieb, verkaufte 1827 die Herrschaft<br />

Gammertingen mit Neufra, Birkhof, Harthausen und Feldhausen<br />

um 510 500 Gulden an den Fürsten Aloys von Hohenzollern-Sigmaringen.<br />

Der jährliche Pachterlös vom Birkhof<br />

betrug damals 2 600 Gulden. Die Anbaufläche ist bei den<br />

Verkaufverhandlungen mit 2 Jauchert 2 Viertel Hanfgärten,<br />

31 Jauchert 2 Viertel Wiesen und 304 Jauchert Ackerfeld angegeben.<br />

Das fürstliche Rentamt kaufte im Jahre 1893 die Mühle<br />

am Gallusbrunnen in Hermentingen und baute sie für ein<br />

Pumpwerk um, welches das kostbare Wasser auf den Birkhof<br />

hinaufpumpte. Die Teuchelleitung von Harthausen a. d.<br />

Scher, die nur spärlich Wasser lieferte, hatte damit ausgedient.<br />

Die alte Hüle blieb bis heute erhalten. Durch die Versorgung<br />

mit bestem Quellwasser konnten die Pächter des<br />

Birkhofes eine mustergültige Viehwirtschaft betreiben.<br />

Wie durch wiederholte Versuche festgestellt wurde, kommen<br />

die auf dem Birkhofgelände versickerten Niederschläge<br />

in der größten Quelle Hohenzollerns, dem Gallusbrunnen in<br />

Hermentingen, als kristallklares Wasser zum Vorschein und<br />

wird dann wieder teilweise auf den Birkhof hinaufgepumpt.<br />

W.<br />

gulat Wänker, Jurist und Kaufmann, zeitweise in St. Petersburg<br />

lebend, erhielt 1796 den Reichs-Adelsbrief als „Wänker<br />

v. Dankenschweil". Er wurde der Stammvater einer Reihe<br />

bedeutsamer Familien, aus denen Kaufleute und Aerzte,<br />

hohe Beamte und Militärs und Minister hervorgingen. Der<br />

letzte Krieg hat das Geschlecht im Mannesstamme ausgelöscht;<br />

nur weibliche Linien blieben erhalten, deren eine<br />

in Sigmaringen ihren Wohnsitz hat. M. Sch.

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