Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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12 HOHENZOLLERISCHE HEIMAT Jahrgang lSfifl<br />
obwalten, so wird die oberamtliche Entscheidung vorbehalten.<br />
4. Die Bauren zu Hedingen haben gleich anderen Bürgern<br />
Anteil an der Schafweide und dem Pferchertrage zu beziehen.<br />
Auch bei vorkommenden Holzverkäufen muß<br />
gleicherweise einzutreten und den Aeggerichnutzen, auch<br />
Anteil an zahmen und wildem Obste gleich anderen Bürgern<br />
zu erhalten.<br />
5. In Hinsicht des Triebes bleibt es bei der vertragsmäßigen<br />
Bestimmung vom 7. Februar 1708, vermöge welcher die<br />
Bauern alle 8 Tage auf die Laizer (Weide) zu treiben<br />
haben, jedoch wird nach Erfordernis ein Viehanschlag<br />
vorbehalten.<br />
Gegen die vorstehenden Begünstigungen sind die Lehensleute<br />
zu Hedingen schuldig:<br />
1. Nach Maßgabe des Vergleiches vom 7. Februar 1708 die<br />
erhöhte Steuer fortan zu der Gemeinde Laiz zu bezahlen.<br />
2. Zu den öffentlichen Straßen und Brückenbau dergestalt<br />
beizutragen, daß sie an den zu Geld angerechneten Kosten<br />
nach ihrem Steuerfuß Concessionen bei den Fuhrfronen,<br />
aber so vieles übernehmen, als einem einzigen Bauren zu<br />
leisten betrifft, dergestalt, daß beide Lehensleute in Hinsicht<br />
dieser Prästation (Leistung) für einen einzigen<br />
Bauern gerechnet werden; was die Handfronen zu dem<br />
Straßen- und Brückenbau, wie auch zu dem Haueinmachen,<br />
den Waldarbeitern betrifft, so sollen die Lehensleute<br />
gleich andern Bürgern die Fronleistung übernehmen.<br />
3. Dagegen sind aber die Lehensleute zu Hedingen nicht<br />
schuldig, der Gemeinde Laiz zu den bloßen Ortsfronen,<br />
oder zu den Fronen bei gemeinen Wegen und Stegen, zu<br />
dem Bahnen in der Winterzeit oder zu den Jagdfronen<br />
beizutragen; von welcher Teilnahme sie durch das Herkommen<br />
bisher enthoben geblieben sind.<br />
4. Da die Lehensleute zu Hedingen Militär-Quartiere und<br />
Militär-Vorspanne von der Stadt Sigmaringen angewiesen<br />
erhalten, so sind sie zu der Gemeinde Laiz mit einem<br />
Natural-Concurrenz an Militär-Quartieren und -Vorspannen<br />
nicht verpflichtet, jedoch aber schuldig, den ihnen<br />
betreffenden Anteil an derlei Kosten nach ihrem Steueransatze<br />
der Gemeinde Laiz zu vergüten.<br />
5. Da die Bauern zu Hedingen von der Gemeinde Laiz kein<br />
Bauholz zu empfangen haben, so bleiben sie auch von<br />
allem Anteil an Bau-, Säg- oder Lattholze, falls dergleichen<br />
unter die Burgerschaft ausgeteilt würde, gänzlich<br />
ausgeschlossen.<br />
6. In Hinsicht des Triebes, welchen die Hedinger Lehensleute<br />
alle 8 Tage auf die Laizer Bahn zu nehmen haben,<br />
wurde noch bedungen, daß hierunter die Laizer Felder<br />
und Wiesen, wie auch die Nachtweide nicht begriffen sein<br />
sollen.<br />
Daß nun vorstehende Uebereinkunft nach weislicher Ueberlegung<br />
der Sache und vorläufiger Einvernahme der Ge-<br />
Das Gesicht des Menschen ändert sich von Jahr zu Jahr,<br />
und mit Wehmut betrachten der gealterte Greis und das alte<br />
Mütterlein Photographien aus der Jugendzeit. Auch unsere<br />
Heimat besitzt ein Gesicht, das sich langsam, aber stetig,<br />
mitunter in schnellem Tempo ändert. Was hat sich doch in<br />
den letzten 60 Jahren in unseren Dörfern alles geändert?<br />
Damals schnitt der Bauer sein Getreide noch mit Sicheln<br />
und Habergschirr, band es dann mit Wieden zu Garben.<br />
Heute fahren Selbstbinder und Mähdrescher über die Aecker.<br />
Ich kannte vor 60 Jahren einen Kleinbauern, der seine gedroschene<br />
Frucht noch mit der Wurfschaufel reinigte. Ueber<br />
geteerten Straßen strahlen heute Neonlampen. Ueberall wird<br />
kanalisiert, und zwar so gründlich, daß die Hausschwalben<br />
bald kein Material für ihren Nestbau finden. Bei Straßenbauten<br />
fallen oft ganze Baumreihen. Leider wird nur in<br />
wenigen Gemeinden diese Umgestaltung des Dorfantlitzes<br />
schriftlich festgehalten. Sitzungsprotokolle über Gemeinderatssitzungen<br />
stellen noch keine Ortsgeschichte dar. Wir<br />
haben heute so viel Liebhaberphotographen. Ihnen sollten<br />
die Herren Bürgermeister alljährlich (oder mindestens alle<br />
drei Jahre) den Auftrag geben, das Gesicht der Heimat für<br />
spätere Zeiten in einer Lichtbildserie festzuhalten. Alle Bilder<br />
müßten mit dem Aufnahmedatum versehen sein. Ich<br />
meinde Laiz verbindlich abgeschlossen worden, wird durch<br />
nachstehende Unterschriften bezeuget:<br />
Ausschüsse der Gemeinde Laiz:<br />
Adam Pfaff, Schultheiß,<br />
Josef Kienle,<br />
Johannes Dollenmaier,<br />
Josef Stehle,<br />
Sebastian Wolf.<br />
Beschlossen:<br />
Das Gesicht der Heimat<br />
Lehensleute zu<br />
Hedingen:<br />
Jacob Glas,<br />
Georg Nolle,<br />
Vorstehende Uebereinkunft Hochfürstlich Hochlöblicher<br />
Regierung zur Einsicht und Genehmigung vorzulegen, sodann<br />
aber beiden Teilen einen Auszug gegenwärtiger Verhandlung<br />
zu verabfolgen.<br />
O./A.-Protokoll vom 22. Januar 1811. S. 104—120.<br />
Folgen eines „Bürgerlrunkes"<br />
Die Uebereinkunft zwischen der Gemeinde Laiz und den<br />
Lehensbauern von Hedingen hatte auch in späteren Tagen<br />
nicht den Erfolg, wie die getroffenen Bestimmungen vom 22.<br />
Januar 1811 in Aussicht gestellt hatten.<br />
„Am Sonntag, den 21. März 1813 veranstaltete die Gemeinde<br />
Laiz einen Bürgertrunk, weil Peter Buck einen Stockteil<br />
der Gemeinde gegen 22 fl (Gulden) an Geld und einen<br />
Trunk für die ganze Gemeinde eingehandelt hatte.<br />
Bei Veranlassung dieses Bürgertrunkes haben sich „Unhändel"<br />
dadurch ergeben, daß<br />
1. Mathias Fuhrmann den Bauren Georg Nolle von Hedingen<br />
mit Beschimpfungen angefallen; dieser aber dagegen<br />
den Fuhrmann mit blutrünstigen Schlägen mißhandelt hat.<br />
Beineben hat<br />
2. Mathias Fuhrmann sowohl als Mathias Mors dem Schultheißen<br />
und (Orts-)Gerichte mutwillige Vorwürfe gemacht und<br />
3. Fidel Waibel den Hedinger Bauern, welche durch oberamtliches<br />
Erkenntnis zu der Gemeinde Laiz beschieden worden,<br />
vorgeworfen, daß man sie nicht bei der Gemeinde gebraucht<br />
hätte."<br />
Auf diese Vorkommnisse hin erfolgte am Dienstag den 22.<br />
März 1813 eine Verhandlung beim Oberamt Sigmaringen, die<br />
folgenden<br />
Strafbescheid<br />
zur Folge hatte:<br />
„Es sey wegen ungebührlich und landesverordnungswidrig<br />
verstattetem Bürgertrunke der Schultheiß Pfaff zu Laitz um<br />
1 fl 30 xr, jeder der 9 Gerichtsleute zu Laitz um 45 xr (Kreuzer),<br />
daher das Gericht zusammen um 6 fl 45 xr zu bestrafen.<br />
Der Bauer Georg Nolle zu Hedingen habe 3 fl herrscnaftliche<br />
Strafe und 1 fl Anzeigegebühr zu bezahlen.<br />
Mathias Fuhrmann habe die erhaltene Mißhandlung auf<br />
sich zu leiden und sey von morgen abend bis künftig Freitag<br />
früh, Fidel Waibel aber von morgen abend bis künftigen<br />
Donnerstag früh einzuthürmen."<br />
(Protokoll vom 23. März 1813.)<br />
will nur einige Hinweise geben, was alles photographiert<br />
werden sollte: Dorflinden, wichtige Bauplätze vor Baubeginn,<br />
alte Sitzbänkle, Inschriften, Sühnekreuze, schmiedeiserne<br />
Grabkreuze, Grabhügel in den Wäldern, Grenzmarken,<br />
Bildstöckle, Feldkreuze, Fachgiebel, Ueberschwemmungsmarken,<br />
Inschriften, Meisterzeichen, Kirchen, Kapellen,<br />
Schnitter auf dem Felde, der Schmied beim Hufbeschlag, seltene<br />
Pflanzen mit Angabe des Standortes, Arbeitsgeräte, alte<br />
Gassen, wichtige Gemeindebauten, Zehntscheuer, Hochzeitsbräuche.<br />
Wenn dann der Lichtbildserie noch ein Text zugeteilt<br />
würde, so besäße das Dorf eine Kostbarkeit von unersetzlichem<br />
Wert.<br />
Leider läßt sich die Veränderung des geistigen Gesichts<br />
nicht in gleicher Weise festhalten. Wo singen die Ledigen<br />
noch die alten Volkslieder? Wieviel geistiges Erbe ging in<br />
den letzten Jahrzehnten unrettbar verloren!<br />
Eine alte griechische Sage erzählt von dem Riesen Anthäus,<br />
der so lange unbesiegbar war, so lange seine Füße<br />
den Erdboden berührten. Im übertragenen Sinne gilt dies<br />
auch für uns in der Heimat. Wenn wir mit beiden Füßen in<br />
der Heimat stehen, wird uns kein Sturm entwurzeln. In der<br />
Heimat wohnen zu dürfen, ist ein Geschenk Gottes.<br />
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