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Ausgabe 1960 - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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Jahrgang, <strong>1960</strong> HOHF NZD II(P^;SCTIBHEIMAT 11<br />

denbild in Empfang und traten auch sofort an der Mauer<br />

entlang den Rückweg an. Als sie aber am oberen Tor die<br />

Zugbrücke erkletterten, wurde der Wächter aufmerksam und<br />

nahm die Verfolgung auf. Die beiden Jungfrauen rannten<br />

nun mit ihrer Last den sogenannten Grüngraben hinunter,<br />

wateten durch einen Weiher und die Schmeie und konnten<br />

in der Dunkelheit dem Verfolger entkommen. Noch in derselben<br />

Nacht kamen sie schlammbedeckt und fast ganz erschöpft,<br />

aber mit dem wohlbehaltenen Gnadenbild im Kloster<br />

zu Laiz an. Dort wurden sie freudigst empfangen. Die Pietä<br />

wurde feierlich aufgestellt und verehrt. Das Kloster gab sich<br />

den Namen „Maria-Laiz".<br />

Das sogen. „Vesperbild" aus dem Kapellkirchlein in Ebingen<br />

genoß nun in seiner neuen Heimat weiterhin große Verehrung.<br />

Zuerst im Kloster, dann aber in der Pfarrkirche, die<br />

zugleich auch Klosterkirche war, aufgestellt, zog es besonders<br />

an den Freitagen der Fastenzeit viele fromme Pilger an.<br />

Votivtafeln erzählen von wunderbaren Gebetserhörungen<br />

bis auf unsere Tage.<br />

1671 erhielt das Gnadenbild von den Künstlern Hobs und<br />

von Ow einen würdigen Barock-Rahmen und Altar. Dieser<br />

wurde wiederholt erneuert und renoviert. Die letzte Renovierung<br />

erfolgte im Zusammenhang mit der umfassenden<br />

Restaurierung der Laizer Pfarrkirche in den letzten Jahren.<br />

1954 hat Kunstmaler Lorch von Sigmaringen die ursprünglich<br />

leuchtenden Farben grün-gold neu erstehen lassen und<br />

damit dem Gnadenbild wieder eine würdige Fassung gegeben.<br />

Laiz - Hedingen<br />

Das Verhältnis der Lehensleute von Hedingen zur Gemeinde Laiz.<br />

(F. Widemann, Oberlehrer i. R. - Sigmaringen)<br />

Wenn man die Geschichte unserer Heimat erforscht, stößt<br />

man immer wieder auf Dinge und Tatsachen, die im Laufe<br />

der Zeit in Vergessenheit geraten sind, und es ist höchst interessant,<br />

längst verblichene Erinnerungen wieder wachzurufen.<br />

Wer erinnert sich wohl noch der Zeit, da die heutige<br />

Hedinger Straße in Sigmaringen und deren Fortsetzungen in<br />

der Feld- und Roystraße, sowie der Feldweg hinab zum<br />

Strandbad und entlang der Donau nach Laiz, Kirchweg für<br />

die Bauern von Hedingen nach Laiz waren? Nicht nur die<br />

Bewohner der Stadt Sigmaringen, sondern auch die Lehensbauern<br />

von Hedingen gehörten einst zur Pfarrei Laiz. Als<br />

die Stadt längst von Laiz aogetrennt und selbständige Pfarrei<br />

und Gemeinde geworden war, gehörten die Lehensbauern<br />

von Hedingen immer noch nach Laiz, ja, sie waren<br />

wirkliche Bürger der Gemeinde Laiz. Im Laufe der Jahre<br />

und mit der Entwicklung der Stadtgemeinde Sigmaringen<br />

schien es wohl den Bauern von Hedingen wie auch den Bürgern<br />

von Laiz nicht ganz praktisch zu sein, den weiten Weg<br />

nach Laiz, sowohl am Sonntag zur Kirche wie auch zu den<br />

Gemeindeversammlungen auf das Rathaus unternehmen zu<br />

müssen. Aus diesem Empfinden heraus und weil man sich<br />

im Laufe der Zeit auch etwas fremder geworden war, entstanden<br />

zwischen den Bürgern von Laiz und den Bauern<br />

von Hedingen ab und zu Meinungsverschiedenheiten, die<br />

dann auf dem Rathause, spätestens aber im Wirtshause,<br />

wenn die Geister durch „Freund Alkohol" angeregt waren,<br />

zum Austrag kamen.<br />

Streitigkeiten und Ungehörigkeiten unter den Bürgern<br />

einer Gemeinde duldete aber die bestehende Landesordnung<br />

der Grafschaft und des späteren Fürstentums Sigmaringen<br />

nicht. Sie wurden streng geahndet.<br />

Es war im Jahre 1811, als zwischen den Laizern Bürgern<br />

Johann Dollenmaier, Josef Stehle, Sebastian Wolf, Mathias<br />

Fuhrmann und Mathias Mors auf der einen und den Hedinger<br />

Bauern Jakob Glas und Georg Nolle auf der andern<br />

Seite Streitigkeiten entstanden und sie sich in gegenseitigen<br />

Beschimpfungen ergingen.<br />

Alle Beteiligten wurden nach dem Oberamtsprotokoll vom<br />

22. Januar 1811 zu herrschaftlicher Strafarbeit nach Sigmaringen<br />

beschieden. Außerdem nahm das Oberamt Sigmaringen<br />

Veranlassung, die Verfügungen vom 17. Jan. 1652, vom 9. Juni<br />

'705 und vom 7. Febr. 1708, die teils außer Beobachtung gekommen<br />

waren und teils auch in ihren Bestimmungen zu<br />

verschiedenen Streitigkeiten Anlaß gegeben hatten, wieder<br />

in Erinnerung zu rufen und ihnen durch Neufassung und<br />

Neuordnung wieder Geltung zu verschaffen.<br />

Laut O.A.-Protokoll vom 22. Januar 1811 wurde folgendes<br />

bestimmt:<br />

Damit nun künftigen Irrungen ein Ziel gesetzt, und das<br />

Verhältnis, in welchem sich die Lehensleute zu Hedingen<br />

gegen die Gemeinde Laiz befinden, keiner ferneren Unge-<br />

Auch in der Stadt Ebingen ist das Interesse _fürt -ijjre einstige<br />

„Pietä" wieder erwacht. Von Kunstfreunden angeregt,<br />

wurde auf Grund einer Stiftung im Jahre 1951 von dem<br />

Bildhauer Anton Seßler-Straßberg und dem Restaurator<br />

Andreas Knupfer-Jungnau von der wertvollen Skulptur eine<br />

genaue Nachbildung geschaffen und in der wieder hergestellten<br />

Kapellkirche zu Ebingen aufgestellt.<br />

Zu dem Originalbildnis in Laiz aber pilgern die frommen<br />

Wallfahrer auch weiterhin aus der ganzen Umgebung an den<br />

Märzfreitagen und am Feste der „Sieben Schmerzen Mariä".<br />

Und wenn am zweiten Bittag in der Bittwoche die Pfarrgemeinde<br />

Sigmaringen ihren Bittgang nach „Maria-Läiz"<br />

unternimmt, dann ist die Beteiligung der Gläubigen an der<br />

Prozession immer stärker als an den andern Tagen. Dann<br />

gilt, wie es in dem Liede heißt:<br />

„Alle Leiden, allen Schmerz<br />

vertraun die Beter ihrem Mutterherz!<br />

Denn trösten ist ihr süße Pflicht,<br />

ihr Mutterherz vergißt uns nicht!"<br />

Nachschrift: Im Zusammenhang mit den Wallfahrtstagen<br />

im März hat sich in Laiz noch ein alter Brauch erhalten<br />

bzw. herausgebildet. Nur an den Märzfreitagen werden vom<br />

Bäcker des Dorfes die sogenannten „Fasten-Dennetle" gebacken.<br />

Das sind dünne Fladen aus Brotteig mit Fett bestrichen<br />

und mit Salz und Kümmel bestreut. Sie sind sehr<br />

beliebt. Man muß sich beeilen, wenn man sie kaufen will,<br />

denn sie finden reißenden Absatz.<br />

F. Widemann - Sigmaringen<br />

wißheit ausgesetzt bleibe, hat man zu endlicher Austragung<br />

der Sache eine Tagfahrt auf heute anberaumt und zwischen<br />

den unterzeichneten Ausschüssen der Gemeinde Laiz und<br />

den beiden erschienenen Bauern zu Hedingen, folgende verbindliche<br />

Uebereinkunft abgeschlossen:<br />

1. Die Lehensleute zu Hedingen sind als wirkliche Bürger der<br />

Gemeinde Laiz anzusehen, in welcher Eigenschaft ihnen<br />

der • Beitritt zu allen Gemeindeversammlungen gebühret.<br />

Sie haben aber dagegen, wenn ihnen geboten wird, gleich<br />

anderen Bürgern bei der Gemeinde zu erscheinen und<br />

sind ferner schuldig, in Hinsicht der Conscription (d. h.<br />

Kekrutenaushebung) und der Brandassecuranz (d h. Brandversicherung)<br />

bei der Gemeinde Laiz einzutreten, weswegen<br />

sie ihre Söhne bei der Recrutenanhebung zu der<br />

Gemeinde Laiz zu stellen und an den Recrutierungskosten<br />

mitzuleiden haben.<br />

2. Den Lehensleuten zu Hedingen gehört als Bürgern zu<br />

Laiz der Anteil von Bürgergeldern und anderem bürgerlichen<br />

Einkommen, welches ai den Kopf ausgegeben<br />

wird. Sie haben hiervon den nämlichen Anteil wie andere<br />

Bürger zu beziehen und auf gleiche Weise an den Gemeindsgütern,<br />

welche für die Zukunft auf den Kopf ausgeteilt<br />

werden, Anteil zu nehmen.<br />

Sollten derlei Güter oder sonstige bürgerliche Nutzungen<br />

nach der Steuer ausgegeben werden, so haben die Lehensleute<br />

nur nach ihrer einfachen Steuer, nicht nach dem<br />

erhöhten Ansatz teil zu nehmen.<br />

3. Die Lehensleute zu Hedingen haben von der Gemeinde<br />

Laiz das Brennholz wie andere Bürger zu erhalten. In dessen<br />

Gemäßheit gebührt ihnen sowohl der bürgerliche Holzteil,<br />

als der gleiche Anteil an dem verkäuflichen Quantum<br />

Holz, solange solches anderen Bürgern gegeben wird. In<br />

Hinsicht des Zaunholzes ist man neuerlich auf folgende<br />

Bestimmungen übereingekommen:<br />

Das Zaunholz zu denjenigen Gütern, welche in der Laizer<br />

Bahn gelegen sind, muß den Lehensleute ri unentgeltlich<br />

verabfolgt werden, solange solches den Bürgern unentgeltlich<br />

gegeben wird<br />

Das Zaunholz zu denjenigen Lehen?gütern, welche außer<br />

dem Bahne der Gemeinde Laiz elegen sina, muß den<br />

Lehensleuten in einen bürgei liehen Anschlage, daher<br />

wenigstens um die Hälfte wohlfeiler überlassen werden,<br />

als solches den Auswärtigen nach dem geringsten Preise<br />

verkauft wird.<br />

Für diejenigen eigenen Güter, welche die Lehensleute<br />

außer dem Bahn der Gemeinde Laiz besitzen, haben sie<br />

kein Zaunholz zu empfangen. Die Zaunholzabgabe hat<br />

überhaupt aufzuhören, wenn auch den Bürgern kein<br />

Zaunholz mehr gegeben werden kann.<br />

Sollte in Hinsicht der Preisbestimmungen zwischen der<br />

Gemeinde Laiz und den Bauren zu Hedingen ein Anstand

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