Hohenzollertsehe Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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.lahrgang 1965 HOHENZOM-ERISCHB HEIMAT 5<br />
etwas zu sagen und auch mein Vater, der so sehr darauf<br />
wartete, erfuhr nichts, weil ich nicht ganz sicher war. Die<br />
Mauer stand in der Verlängerung der nordöstlichen Ecke des<br />
Bergfrieds und ist heute als Stützmauer bezeichnet. Sie war<br />
über einen Meter stark. Außer dem bereits erwähnten Spieß<br />
hatte man schon oft Pfeilspitzen und Scherben in großer<br />
Menge gefunden, besonders auch Bruchstücke von Dachplatten.<br />
Mehr nach Westen zu hatte der Zinkenhannes beim<br />
Viehhüten mit seiner Geißel einmal in ein Loch gestochert,<br />
wobei ihm der Burggeist den Stock aus der Hand riß. Er<br />
hatte nur noch gehört, daß es irgendwo geklappert hat. Dort<br />
mußte also der einzige (bis jetzt festgestellte) Keller sein.<br />
Die Hanfbuche, die auch auf einer Mauer stand, war längst<br />
verbrannt. Es standen aber noch drei weitere sogenannte<br />
Krüppelbuchen da, und zwar alle auf Mauern. Die Mauern<br />
wären ja leicht auszumachen gewesen, da sie sich trotz allem<br />
Geröll und dem Einbruch am ehemaligen Keller abzeichneten.<br />
Ich war aus der Schule entlassen. Die Tannenbergfeier<br />
fand unter Mitwirkung der Vereine am 10. Juni 1910 abends<br />
statt und verlief ähnlich wie die Schillerfeier. Das Wetter<br />
war schön, aber oben auf dem Gipfel war wenig Platz für<br />
alle. So mußte ich seitwärts durch den Wald als räudig<br />
Schäflein traben.<br />
Während meiner Lehrjahre fand ich kaum noch Zeit, mich<br />
weiterhin um die Ruinen zu kümmern. Der Musikverein<br />
probte und spielte auch in den umliegenden Dörfern zum<br />
Tanz auf, wobei das Rollwägele der Eisenbahn eine gute<br />
Hilfe war. Denn der Bahnvorstand, der auch mitspielte,<br />
hing dieses dem Zug an bis nach Hausen, und wenn man<br />
dann nachts um drei Uhr ein rasselndes Geräusch, wie heute<br />
von einem Düsenjäger vernahm, dann wußte man, daß die<br />
Musikkapelle von Hausen kam. Oft wurde dabei noch geblasen<br />
und gesungen. Die Bahnübergänge wurden in voller<br />
Fahrt genommen.<br />
Bald kam der Krieg 1914/18. Nach vier Jahren kam ich<br />
wieder zurück. Die Ruinen „standen" noch. Ich kam auch<br />
wieder einmal nach Eineck, und als ich gerade am Bergfried<br />
vorbeiging, sah ich zwischen Gestein und Moos ein Stück<br />
Sandstein herausgucken. Ich stach mit dem Stock danach<br />
und sagte: „Es sind noch keine Funde gemacht worden!"<br />
Auf Hohenjungingen fanden wir in diesen Jahren einmal<br />
ein komplettes Türschloß mit einer Spiralfeder, eine ganz<br />
große Spitze für Armbrust und 13 kleine. Das Schloß mußte<br />
durch den Amtsdiener geholt werden und ist seitdem verschwunden,<br />
die große Spitze landete in Hechingen als Briefbeschwerer,<br />
und kleinere hatten wir genug. Die von mir<br />
selbst gemachten Funde wurden stets mit einem Schreiben<br />
auf dem Rathaus abgeliefert.<br />
Oft war ich in den restlichen zwanziger Jahren noch<br />
oben auf Jungingen. Man hatte eine" Kahlhieb zwischen der<br />
Ruine und dem Himberg gemacht. Es war ein ganz anderer<br />
Ueberblick. Zwei große Steinhaufen waren mir schon lange<br />
aufgefallen. Sie bestanden aus blauem Jura, der nicht hier<br />
gewachsen sein konnte. Ohne zu graben, deklarierte ich den<br />
einen als Eingangsturm, den weiter nach Süden am gleichen,<br />
angenommene]' Auffahrtsweg liegenden etwa 10 Meter langen<br />
Haufen als Brandmauer zwischen (angenommenen)<br />
Gebäuden. Dazwischen lag eine offenbar künstlich aufgefüllte<br />
Ebene, die voller Dachziegel und Mörtelresten war.<br />
Etwa in der Mitte fiel mir ein 2 qm großer Platz auf, unter<br />
Folgende Plaudereien erheben keinerlei Anspruch auf literarische<br />
Höhe und Vollständigkeit. Sie wollen nur in aller<br />
Schlichtheit einige Einzelheit :n aus der Stadt Sigmaringen<br />
und dem Gymnasialleben während des ersten Weltkrieges<br />
erzählen und die Typen einiger Lehrer in knappen Strichen<br />
zeichnen. Vom „Ersten Tertial" ist bereits in der „Hohenzollerische<br />
<strong>Heimat</strong>" 1964 Nr. 1 berichtet.<br />
In den ersten Weihnachtsferien 1916 daheim gab es eine<br />
Ueberraschung. Gleich am Stephanstag erschien des Nachbars<br />
Seffer und überreichte mir im Auftrag des Herrn Lehrers<br />
Reinh. Müller 50 Pfennig. Auf meine erstaunte Frage,<br />
was das soll, kam die Antwort: „Dees isch dr Loh(n) fir<br />
sealle Brenneßla im Sommer." Die hatte ich ganz vergessen<br />
gehabt. In der Not des Krieges (1914—18) hatten wir Schüler<br />
zur Ergänzung des vaterländischen Gespinstvorrates sage<br />
und schreibe Brennesseln sammeln müssen! Das heißt,<br />
wir hätten sammeln sollen. Aber unsern Bubenhirnen<br />
wollte nicht einleuchten, was diese jämmerlich brennenden<br />
Unkräuter, die massenhaft an den Wegrainen und Zäunen<br />
wuchsen, nützen sollten. Man konnte sie höchstens nach<br />
Aus der Schulzeit eines Fidelianers<br />
Erinnerungen an Sigmaringen<br />
dem ich eine Feuerstelle vermutete, gleich dahinter wieder<br />
eine Fläche mit einem qm, auf der nordöstlichen Ecke der<br />
Ebene vermutete ich einen Turm, weil mir genau wie an den<br />
beiden anderen Stellen die Farbe des sowieso spärlichen<br />
Grases auffiel. Weiter nach hinten, hinter der vermuteten<br />
Brandmauer, also Onstmettingen zu, fand ich ebenfalls noch<br />
viele blaue Steine, teilweise noch im Verband. Es mußten<br />
dort also noch mehr Gebäude gestanden haben.<br />
Vom „Turm" aus nach Jungingen zu, entdeckte ich, genau<br />
mit dem Fußweg verlaufend, eine Mauer, wieder aus blauen<br />
Steinen, die bis in die Nähe des Wassergrabens führend,<br />
noch Platz genug für einen Fahrweg ließ, der ja auch seit<br />
Menschengedenken vorhanden ist. Der Auswurf des Wassergrabens<br />
ist nach Norden gerichtet und nach meiner Auffassung<br />
nicht erst durch die Belagerer angelegt worden. (1311)<br />
Wie ich glaubte, hatte ich jetzt die Grundlagen und traf<br />
auch gelegentlich auf der Bahn den Herrn Landeskonservator<br />
aus Sigmaringen, dem ich das alles erzählte. Er forderte<br />
mich auf, auf dem Bürgermeisteramt vorstellig zu werden,<br />
damit die Ausgrabung veranlaßt werde. Das Gelände<br />
wurde auch vermessen. Ob die beantragten Gelder einkamen,<br />
weiß ich nicht. Zu Grabungen kam es nicht mehr. Auch<br />
nicht zu einem Freilichttheater. Die Weimarer Republik<br />
verwandelte sich in das Dritte Reich.<br />
Innerhalb 20 Jahren war ich nur wenigemal auf Jungingen<br />
und auch kaum auf Eineck. Aber 1937 nahm ich einen<br />
Spaten und eine Schaufel mit hinauf nach Jungingen. An der<br />
tiefsten Stelle ziemlich genau in der Mitte der Ruine grub<br />
ich etwa 1,60 Meter tief hinab. Laub, Wurzeln und Steine,<br />
kurz Schutt und Mörtel. Dann kam ein Boden aus Lehm<br />
und Kalkplatten Also konnte es nach meiner Auffassung<br />
nicht mehr weit zu einer Mauer sein. Aber in Deutschland<br />
hatte man anderes zu tun, als Mauern zu suchen.<br />
Der zweite Weltkrieg kam und ging. Die Alliierten kamen,<br />
am Pfingstmontag 1945 war die Kapitulation: Ein ungewöhnliches<br />
Gewitter über dem Schauplatz unserer Ruinen bildete<br />
mit einem Sonnenuntergang und Regenbogen einen bezeichnenden<br />
Abschluß. Aber vorläufig war die Graberei sinnlos.<br />
Im Jahre 1947 packte mich wieder einmal die Wut, und ich<br />
machte an dem inzwischen wieder eingefallenen Loch weiter,<br />
Killer zu. Schon kam mir das Geröll sozusagen von selbst<br />
entgegen, und ich wußte, jetzt gleich muß eine Mauer kommen;<br />
da ließ ich alles liegen und ging nach Hause. Am nächsten<br />
Samstag war ich mit zwei Junginger Bürgern wieder<br />
oben (Walter Bumiller und Bauhardt), und der strömende<br />
Regen konnte uns nicht abhalten, da weiter zu machen. Vorsichtig<br />
gingen sie da mit einer kleinen Picke daran und<br />
kratzten sich langsam nach vorn... wir standen vor der<br />
westlichen Mauer des Bergfrieds, schön mit einem Glattstrich<br />
verbrämt, der allerdings den strömenden Regen nicht<br />
vertrug und in wenigen Tagen absplitterte.<br />
Wir freuten uns wie die Kinder und kratzten dann gleich<br />
den ganzen Bergfried, von der Mauer ausgehend, eckig<br />
herum und heraus, stellten auch fest, daß es da zwei verschiedene<br />
Richtungen gab (nämlich an der östlichen Mauer),<br />
denn wir hatten den Kirchturm von Beuren von der südöstlichen<br />
Ecke her an einvisiert.<br />
Natürlich stürzten wir gleich zum Bürgermeisteramt und<br />
zu Lehrer Lorch und verkündeten ihnen unsere Botschaft!<br />
(Fortsetzung folgt.)<br />
unseren Begriffen in noch zartem Zustand zu Schweinefutter<br />
oder die Wurzeln zu einem Absud für Haarwuchs-Förderung<br />
benützen. Als daher Lehrer Evarist Sch., der die „nationale<br />
Hilfsaktion der Nesselbeschaffung und Sonnenblumen" leitete<br />
(letztere säte man in Ermangelung eines anderen Platzes<br />
in ganz ungeeigneten Lehmboden zur sog. Ziegelhütte),<br />
die jungen Mann- und Mädchenschaften des Dorfes in der<br />
letzten Unterrichtsstunde zum Brennesselsammeln aussandte,<br />
hat auf Verabredung die ganze Schmitteraingasse gestreikt,<br />
nämlich der Seffer, der Gottlieb, Adlerwirts Lina, s' Schultessen<br />
Töchter und natürlich auch ich. Wir zogen einfach<br />
heim und nicht in die Brennesseln. Leider hatten sich die<br />
andern Schüler unserem Kompiott nicht angeschlossen, sondern<br />
brachten, mit dicken Fausthandschuhen oder Lappen<br />
bewaffnet, ihre Buschein Brennesseln zur Schule. Was blieb<br />
den Streikenden anders übrig, als ebenfalls, weil in der Minderheit,<br />
in der Freizeit das Versäumte nachzuholen, wollten<br />
wir nicht mit dem Meerrohr des Herrn Lehrers Bekanntschaft<br />
machen oder zwei Stunden Arrest absitzen. Daß das<br />
Stöcklein schrecklich beißer. konnte, hatten wir schon erfahren,<br />
als schriftliche Nachrichten während des Unterrichts