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Hohenzollertsehe Heimat - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

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.lahrgang 1965 HOHENZOM-ERISCHB HEIMAT 37<br />

her oder der Kirchholzengeist, der in Gestalt eines schwarzen<br />

Ochsen sich sehen ließ, war den Alten ihr Steckenpferd,<br />

das sie dutzendmal zum besten gaben. Wenn die alte Maier-<br />

Margret die Geschichte vom Scharfrichter von Trochtelflngen<br />

erzählte, der nachts in einer verschlossenen Kutsche, nachdem<br />

ihm die Augen verbunden waren, an einen ihm unbekannten<br />

Ort geführt worden sei und als man ihm die Binde<br />

abnahm, er in einem Gewölbe zwölf alten ehrw. Herren das<br />

Haupt abschlagen mußte, da gruselte es mir doch ganz kalt<br />

über den Rücken. Am liebsten wäre ich jetzt im warmen<br />

Bett gelegen. So ging der Klatsch der Alten den ganzen Winter<br />

hindurch fort. Wie oft erzählten sie, Tränen in den<br />

Augen, von den Hunger jähren, wo man nichts zu essen<br />

hatte, wo man sich von Wurzeln und Kräutern ernähren<br />

mußte. Zum guten Glück war der Wildbestand noch reichlich.<br />

Die Männer gingen über die Grenzen ins württembergische<br />

Gebiet und holten sich dort ungehindert ihr Wildbret. Aber<br />

auch Hohenzoller-Hechinger Jagdgründe wurden von den<br />

Wildschützen heimgesucht. Die Sache kam zur Anzeige. Eines<br />

Tages, als sich die Wildschützen auf Schlattwasen über die<br />

Ausweidung eines Hirsches hermachten, kam der fürstliche<br />

Oberjägermeister mit Mannschaften angerückt und wollte<br />

sie nach Hechingen abführen. Die Wildschützen nahmen aber<br />

auch ihre Gewehre in Anschlag, und es hätte Menschenleben<br />

wegen eines Hirsches gekostet. Doch der Oberjäger wollte es<br />

nicht und zog Hechingen und die Wildschützen schwer beladen<br />

Ringingen zu. Mit vielen so alten Geschichten gingen<br />

die Abende sehr schnell ihrem Ende zu. Die Dichtfrau zündete<br />

jeder Lichtgängerin ihre Handlaterne an, und nun gings<br />

wieder der <strong>Heimat</strong> zu und schnell ins warme Bett.<br />

Wie die Alten singen, so die Jungen zwitschern. Auch sie,<br />

die Jungen, wollten und kamen zur Geltung. Schon als kleine<br />

Kinder wollte man Kameradschaft pflegen. Inzwischen<br />

kamen die Schuljahre, wo man sich erst so recht kennen<br />

lernte. Mit welchem Stolz gings da nicht •— die Buben mit<br />

dem Zwilchsack, die Mädchen mit der Strohtasche — der<br />

Schule zu. Man hatte schon das Gefühl, etwas zu sein. Aber<br />

den meisten war schon der Mut entfallen, als sie der Lehrer<br />

nach dem Namen fragte. Aber die acht Schuljahre gingen<br />

wie im Flug vorbei, und die Schulentlassung kam für die<br />

Faulen wie für die Fleißigen. Jetzt begann des Lebens Ernst,<br />

das werktätige Leben begann. Als aber nach sechs arbeits-<br />

Am 18. Januar 1514 gab der Visitator des Klosters der<br />

Zisterzienserinnen in Wald, Abt Jodokus Neckar von Salem,<br />

gebürtig von Ueberlingen, seinen unterstellten Schwestern<br />

eine neue Ordnung, die betr. bisheriger Mißbräuche sehr vielsagend<br />

ist:<br />

„Wir Bruder Jodokus, Abt des Klosters Salem, Zisterzer<br />

Ordens in der Diözese Konstanz, machen allen Gegenwärtigen,<br />

die dieses lesen oder hören kund, daß wir heute bestrebt<br />

waren, das Kloster in Wald zu visitieren, zu einer<br />

heilsamen Lebensregel zurückzuführen und zu reformieren,<br />

soweit es uns untersteht. Somit befehlen wir allen Ordens-<br />

Insassen des Klosters folgende Bestimmungen zu studieren<br />

und unverbrüchlich zu beobachten.<br />

1) Da dem Gottesdienst nach unserer Ordensregel nichts<br />

vorgezogen werden darf, ermahnen wir alle eindringlich in<br />

Christo, zum Tages- und Nachtoffizium sofort nach Glockenschlag<br />

sich in den Chor zu begeben und dort die Gebete<br />

langsam und mit entsprechenden Pausen zu Gottes Lob mit<br />

Andacht zu verrichten.<br />

2) Die Tagzeiten der allersel. Jungfrau Maria sind einmütig<br />

und exakt in rechter Andacht von allen ohne Ausrede<br />

zu halten, außer es hätte jemand einen Entschuldigungsgrund<br />

bzw. Erlaubnis.<br />

3) Mit Rücksicht auf die weiblichen Schwächen gestatten<br />

wir, die Vigilien der seligsten Jungfrau Maria vom Feste<br />

Kreuz-Erhöhung (14. Sept.) bis Ostern im Refektorium zu<br />

verrichten mit der ausdrücklichen Bestimmung, daß alle auf<br />

den Glockenschlag aus Liebe zur Gottesmutter eiligst sich<br />

dorthin verfügen und abwechselnd wie im Chor psallieren.<br />

Die Nachlässigen und Trägen sind von der Aebtissin oder<br />

den Vorsteherinnen scharf zu bestrafen.<br />

4) Der Vers „Dulce nomen domini nostri Jesu Christi et<br />

nomen gloriosae virginis Mariae Sit benedictum in saeculum"<br />

am Schluß des Offiziums ist vollständig nach dem Brauch des<br />

Ordens von der Aebtissin, Priorin und den andern Vorsteherinnen<br />

zu sprechen<br />

5) Das Stillschweigen als Hüter der Religion, als<br />

Schlüssel der Tugend und Nährmittel für das ganze Ordensleben<br />

ist innerhalb des ordentlichen Stundengebets und an<br />

den vom Orden bestimmten Orten strikte zu beobachten. Die<br />

Reform im Kloster Wald 1514<br />

reichen Tagen der Sonntag kam, da war alle Müdigkeit verschwunden.<br />

Am Sonntagnachmittag nach der Vesper zogen<br />

die Mädchen, oft 6 bis 8 in einer Reihe, dem Nähberg zu,<br />

wo schon bereits einige junge Burschen auf ihrer Mundharmonika<br />

schmelzende, lustige und einladende Walzer und<br />

Polka spielten. Nicht lange und die Paare hatten sich zum<br />

Tanz gefunden, denn die Tänzer, soweit sie noch nicht da<br />

waren, kamen schnell herbei. Hei, wie war das für das junge<br />

Volk ein lustiges Treiben. Als aber die Zeit zum Viehfüttern<br />

kam, zogen jung und alt singend und frohgemut dem Dorfe<br />

zu. Wehe dem, das sich verspätet hatte; eine empfindliche<br />

Strafe von Seiten der Eltern wäre sicher gewesen. Und so<br />

trieb es das Jungvolk den Sommer über. Wenn aber der<br />

Winter kam, so mußten sich die einzelnen Gespielschaften<br />

um Lichtstuben umsehen. Wenn sie endlich eine solche gefunden<br />

hatten, dann kamen sie mit Spinnrad und Kunkel,<br />

sogar noch mit dem Stickstock, bis die Stube voll war. Nur<br />

kurze Zeit, wenn nicht sofort, so kamen die Heimführer.<br />

Bald war fröhliches Leben, denn jetzt wurde gesungen und<br />

musiziert bis 9 Uhr. Auch bei ihnen ging es jeden Abend<br />

so fort bis Weihnachten. Mehrere Tage vor Weihnachten<br />

trugen die Mädchen Mehl, Butter und Milch zusammen,<br />

damit man Weißbrot für den Schlaput backen lassen konnte.<br />

Die Burschen mußten ihrerseits zum Schlaput am Stefanstag<br />

Bier, Branntwein, Wurst und Käse stellen. So ehrbar und<br />

züchtig es sonst in den Lichtstuben zuging, an diesem Abend<br />

war oft ein wüstes Saufgelage, nicht sehr erbaulich für die<br />

Hausfrau. Am andern Abend wurde das übrig gebliebene<br />

Brot zu dem von den Mädchen gestifteten Kaffee gegessen.<br />

War da oder dort in den Lichtstuben etwas passiert,, so<br />

konnte man sicher sein, daß an der Fastnacht das Großmaul,<br />

der Hanswurst, die Sache in derben Versen zum Gaudium<br />

vor der ganzen Gemeinde zum besten gab. Als dann der<br />

Winter so allmählich dem Frühling das Feld räumen mußte<br />

und das Osterfest in Sicht kam, rüstete man sich nochmals<br />

zum Schlaput. Nun waren aber die Mädchen verpflichtet,<br />

der Hausfrau zu zünden, d. h. sia legten Geld zusammen,<br />

um der Hausfrau etwas Nützliches zu kaufen und bedankten<br />

sich für das Winterquartier. Beim ersten Frühlingstag ging es<br />

wieder frohgemut und heiter hinaus in Feld und Flur, um<br />

mit den anderen Hausgenossen die Aecker und Wiesen in<br />

stand zu setzen, K. Dietrich - Ringingen.<br />

Widerspenstigen aber und Brecher des Silentiums müssen<br />

jedesmal bei Wasser und Brot bestraft werden.<br />

6) Wir bestimmen daher: Jeden Tag ist Kapitelversammlung<br />

zu halten, bei der nach Verlesung und Erklärung<br />

eines Kapitels der Regel durch die Vorsitzende die<br />

Verkündigungen, Zurechtweisungen und Strafen gemäß der<br />

Uebertretungen vorgenommen werden. Wenn dabei jemand<br />

(was ferne sei) sich leichtfertig gibt oder frech der Aebtissin<br />

oder den andern das Maul anhängt oder unzufrieden murmelt,<br />

ist er noch strenger zu bestrafen, da wir nichr die Aebtissin<br />

oder anderen Vorsteherinnen bei ihren Beschwerden<br />

tauben Ohres übergehen wollen.<br />

7) Da die Töchter Sions sich nur in ihrem Bräutigam Christus<br />

rühmen sollen, setzen wir fest: An Kleidern und<br />

Gewändern sollen sich keine auffälligen Kuriositäten,<br />

keine weltliche Eitelkeit finden, die bei den Zuschauern anstoßen<br />

könnten, keine gestutzten weißen Schuhe nach Mode<br />

der Edelfrauen. Pflichtvergessenen sollen diese unschicklichen<br />

Dinge weggenommen und sie ordentlich bestraft werden.<br />

8) Da, wie die Erfahrung zeigt, durch das Betreten des<br />

Klosters seitens von Männern und durch das Hinauslaufen<br />

der Nonnen schwerste seelische Schäden entstehen, oft<br />

schmachvolle Skandale und andere Verstöße gegen die klösterliche<br />

Sittkamkeit täglich vorkommen, verbieten wir anmit<br />

für Männer jeden Zugang, gleichweichen Standes sie<br />

auch seien, in die Räume des Klosters, es handle sich denn<br />

vielleicht um eine ehrwürdige oder hochwürdige Person, der<br />

von der Aebtissin der Zutritt nicht gut verweigert werden<br />

kann.<br />

9) Die Dienerschaft und die Arbeiter können<br />

hineingelassen werden, dodi haben sie nach getaner Arbeit<br />

sofort wieder zu gehen.<br />

10) Das Hinauslaufen der Schwestern soll so eingeschränkt<br />

werden, daß niemand das erste Tor der Klausur ohne dringenden<br />

und vernünftigen Grund durchschreiten darf außer<br />

der Aebtissin mit den andern Vorsteherinnen zu wichtigen<br />

Geschäften.<br />

11) Um künftigen Gefabren zuvorzukommen und zur besseren<br />

Wahrung des guten Rufes des Hauses als bisher, verbieten<br />

wir der Frau Aebtissin unter der Strafe unseres

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