Die Vereinbarkeit des IT-Verfahren ATLAS (Einfuhr ... - EFA-Schriften

Die Vereinbarkeit des IT-Verfahren ATLAS (Einfuhr ... - EFA-Schriften Die Vereinbarkeit des IT-Verfahren ATLAS (Einfuhr ... - EFA-Schriften

efa.schriften.de
von efa.schriften.de Mehr von diesem Publisher
06.12.2012 Aufrufe

7. Teil: Vereinbarkeit des IT-Verfahren ATLAS (Einfuhr) mit dem Steuergeheimnis 2. Unanwendbarkeit aufgrund abschließender Ausübung einer konkurrierenden Kompetenz Möglicherweise könnte § 30 AO, sofern er Mitteilungen von Inhaltsdaten vom ZIVIT an die an das IT-Verfahren ATLAS angeschlossenen Zollbehörden regelt, aufgrund eines Kompetenzkonflikts zwischen der Europäischen Gemeinschaft und Deutschland unanwendbar sein1521 . Fraglich ist aber zunächst, ob § 30 AO überhaupt Mitteilungen vom ZIVIT an die an das IT- Verfahren ATLAS angeschlossenen Zollbehörden erfasst. Wie bereits oben herausgestellt, regelt § 30 Abs. 2 AO jede Mitteilung von Inhaltsdaten an Behörden innerhalb und außerhalb der Finanzverwaltung1522 . Weil außerdem die Aufzählung in § 6 Abs. 2 AO der Aufzählung der Zollbehörden in § 1 FVG entspricht, sind alle Zollbehörden Finanzbehören im Sinne von § 6 Abs. 2 AO. Damit sind sowohl das ZIVIT, als auch die an das IT-Verfahren ATLAS angeschlossenen Zollbehörden Finanzbehörden im Sinne der AO und gehören daher zur Finanzverwaltung, so dass Mitteilungen von Inhaltsdaten vom ZIVIT an die an das IT-Verfahren ATLAS angeschlossenen Zollstellen Mitteilungen innerhalb der Finanzverwaltung sind. Folglich regelt § 30 Abs. 2 AO jede Mitteilung vom ZIVIT an die an das IT- Verfahren ATLAS angeschlossenen Zollstellen. Das von § 30 Abs. 2 AO erfasste Offenbarungsverbot könnte neben Art. 15 ZK nicht zur Anwendung gelangen, weil für die Mitteilung von Inhaltsdaten innerhalb der Finanzverwaltung, soweit es sich bei ihr um die Zollverwaltung handelt, eine konkurrierende Kompetenz der Gemeinschaft gegeben ist und die Gemeinschaft mit dem Zollgeheimnis des Art. 15 ZK insoweit eine abschließende Regelung getroffen hat. a) Konkurrierende Kompetenz Fraglich ist, ob eine konkurrierende Kompetenz der Gemeinschaft für die Weitergabe von Inhaltsdaten innerhalb der Zollverwaltung gegeben ist. Dies setzt voraus, dass zum einen überhaupt eine Kompetenz der Gemeinschaft gegeben ist (dazu sogleich aa)), bei der es sich zum anderen um eine konkurrierende Kompetenz (dazu unten bb)) handelt. 1521 Eine Mitteilung an die externen Stellen (Statistisches Bundesamt, BAFA, BLE) ist nicht mehr zu untersuchen, weil die Mitteilung von Inhaltsdaten an diese aufgrund einer Neutralisation von Daten keine Weitergabe i.S.d. § 30 AO darstellen (vgl. dazubeiArt.15ZKoben6.Teil,E.,II.,1.,a),b)undc).Fernerbedarfeskeinernäheren Untersuchung des Verwertungsverbotes. 1522 Vgl. dazu oben 6. Teil, H., II., 2., e), ee), (2), (c). 274

E. Anwendbarkeit der Geheimhaltungspflichten neben Art. 15 ZK aa) Kompetenz der Gemeinschaft Dass eine Kompetenz der Gemeinschaft gegeben sein muss, ergibt sich aus dem in Art. 5 EG verankerten �Prinzip der begrenzten Ermächtigung�1523 . Dieses Prinzip besagt, dass jeder Rechtsakt der Gemeinschaft auf eine Ermächtigungsgrundlage im EG-Vertrag gestützt werden muss1524 . Für die Regelung der Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen in Art. 15 ZK könnte Art. 95 Abs. 1 S. 2 EG als Kompetenznorm des EG- Vertrages in Frage kommen. Diese Vorschrift gibt der Gemeinschaft die Ermächtigung �[�] für Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarktes zum Gegenstand haben�. Kompetenzbegründend für Art. 95 Abs. 1 S. 2 EG wirkt damit ein Binnenmarktbezug, der anhand objektiver Kriterien zu ermitteln ist1525 .Fraglichist, ob und inwieweit die Regelung der Weitergabe in Art. 15 ZK einen solchen Binnenmarktbezug aufweist. Der Binnenmarkt der Europäischen Gemeinschaft umfasst gem. Art. 14 Abs. 2 EG einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren, Personen und Dienstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen dieses Vertrages gewährleistet ist. Ziel des Binnenmarktes ist damit die Etablierung der wirtschaftlichen Grundfreiheiten. Zu diesen Grundfreiheiten gehört auch die Warenverkehrsfreiheit (Art. 23 EG). Würde es Art. 15 ZK nicht geben, wäre es durchaus möglich, dass in jedem Mitgliedstaat für den Wirtschaftsbeteiligten hinsichtlich der Weitergabe mit den von ihm an die Zollverwaltung abzugebenden Daten unterschiedliche datenschutzrechtliche Regelungen normiert wären. Solche unterschiedlichen datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Weitergabe seiner Daten würden dazu führen, dass der Wirtschaftsbeteiligte sich 1523 Zwar finden sich in der Literatur abweichende Bezeichnungen, wie z.B. �Prinzip der begrenzten Einzelermächtigung�, �enumerative Einzelermächtigung� usw., allerdings werden damit keine andere Rechtsfolgen verknüpft (vgl. dazu Kraußer, Das Prinzip der begrenzten Ermächtigung im Gemeinschaftsrecht, S. 17). 1524 Vgl. Koenig/Haratsch/Pechstein, Europarecht, Rn. 168; Kraußer, Das Prinzip der begrenzten Ermächtigung im Gemeinschaftsrecht, S. 1 ff.; Nettesheim, in:von Bogdandy (Hrsg.), Europäisches Verfassungsrecht, S. 415 (428 ff.). 1525 EuGH, Rs. C-300/89 (Titanoxid), in: Slg. 1991, S. I-2867 (2898); Rs. C 233/94 (Deutschland./.Rat und Parlament), in: Slg. 1997, S. I-2405 (2449); Viethen,Datenschutz als Aufgabe der EG, S. 74. 275

E. Anwendbarkeit der Geheimhaltungspflichten neben Art. 15 ZK<br />

aa) Kompetenz der Gemeinschaft<br />

Dass eine Kompetenz der Gemeinschaft gegeben sein muss, ergibt sich aus<br />

dem in Art. 5 EG verankerten �Prinzip der begrenzten Ermächtigung�1523 .<br />

<strong>Die</strong>ses Prinzip besagt, dass jeder Rechtsakt der Gemeinschaft auf eine Ermächtigungsgrundlage<br />

im EG-Vertrag gestützt werden muss1524 .<br />

Für die Regelung der Weitergabe von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen<br />

in Art. 15 ZK könnte Art. 95 Abs. 1 S. 2 EG als Kompetenznorm <strong>des</strong> EG-<br />

Vertrages in Frage kommen. <strong>Die</strong>se Vorschrift gibt der Gemeinschaft die<br />

Ermächtigung �[�] für Maßnahmen zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften<br />

der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das<br />

Funktionieren <strong>des</strong> Binnenmarktes zum Gegenstand haben�.<br />

Kompetenzbegründend für Art. 95 Abs. 1 S. 2 EG wirkt damit ein Binnenmarktbezug,<br />

der anhand objektiver Kriterien zu ermitteln ist1525 .Fraglichist,<br />

ob und inwieweit die Regelung der Weitergabe in Art. 15 ZK einen solchen<br />

Binnenmarktbezug aufweist.<br />

Der Binnenmarkt der Europäischen Gemeinschaft umfasst gem. Art. 14 Abs.<br />

2 EG einen Raum ohne Binnengrenzen, in dem der freie Verkehr von Waren,<br />

Personen und <strong>Die</strong>nstleistungen und Kapital gemäß den Bestimmungen dieses<br />

Vertrages gewährleistet ist. Ziel <strong>des</strong> Binnenmarktes ist damit die Etablierung<br />

der wirtschaftlichen Grundfreiheiten. Zu diesen Grundfreiheiten gehört<br />

auch die Warenverkehrsfreiheit (Art. 23 EG).<br />

Würde es Art. 15 ZK nicht geben, wäre es durchaus möglich, dass in jedem<br />

Mitgliedstaat für den Wirtschaftsbeteiligten hinsichtlich der Weitergabe mit<br />

den von ihm an die Zollverwaltung abzugebenden Daten unterschiedliche<br />

datenschutzrechtliche Regelungen normiert wären.<br />

Solche unterschiedlichen datenschutzrechtlichen Anforderungen an die Weitergabe<br />

seiner Daten würden dazu führen, dass der Wirtschaftsbeteiligte sich<br />

1523 Zwar finden sich in der Literatur abweichende Bezeichnungen, wie z.B. �Prinzip<br />

der begrenzten Einzelermächtigung�, �enumerative Einzelermächtigung� usw., allerdings<br />

werden damit keine andere Rechtsfolgen verknüpft (vgl. dazu Kraußer,<br />

Das Prinzip der begrenzten Ermächtigung im Gemeinschaftsrecht, S. 17).<br />

1524 Vgl. Koenig/Haratsch/Pechstein, Europarecht, Rn. 168; Kraußer, Das Prinzip der<br />

begrenzten Ermächtigung im Gemeinschaftsrecht, S. 1 ff.; Nettesheim, in:von Bogdandy<br />

(Hrsg.), Europäisches Verfassungsrecht, S. 415 (428 ff.).<br />

1525 EuGH, Rs. C-300/89 (Titanoxid), in: Slg. 1991, S. I-2867 (2898); Rs. C 233/94<br />

(Deutschland./.Rat und Parlament), in: Slg. 1997, S. I-2405 (2449); Viethen,Datenschutz<br />

als Aufgabe der EG, S. 74.<br />

275

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!