Die Vereinbarkeit des IT-Verfahren ATLAS (Einfuhr ... - EFA-Schriften

D. Elektronische Zollabwicklung bei der Einfuhr
Richtig ist, dass die Zollanmeldung eine Steuererklärung i.S.v. § 149 Abs. 1
AO ist506 . Damit ist allerdings noch nicht gesagt, dass die Zollanmeldung
den Anforderungen des § 87a Abs. 3 und Abs. 4 AO genügen muss.
Vielmehr ist nicht mehr umstritten und kann deshalb vorausgesetzt werden,
dass dem primären und dem sekundären Gemeinschaftsrecht gegenüber dem
nationalen Recht der Mitgliedstaaten Vorrang zukommt507 . Bei diesem Vorrang
handelt es sich nach Auffassung des EuGH um einen Anwendungsvorrang508
,derdieUnanwendbarkeit des nationalen Rechts bewirkt509 .
Dies hat zur Folge, dass die dem Gemeinschaftsrecht zuwiderlaufende nationale
Rechtsnorm nicht im Sinne eines Geltungsvorrangs ungültig bzw.
nichtig ist510 , sondern dass sie lediglich, soweit eine Kollision mit der Gemeinschaftsnorm
besteht, nicht angewendet werden kann511 . Eine zur
Unanwendbarkeit des nationalen Rechts führende Kollision liegt in jedem
Fall vor, wenn eine direkte Kollision von nationalem Recht und Gemeinschaftsrecht
gegeben ist. Dies ist der Fall, wenn Gemeinschaftsrecht und
nationales Recht denselben Sachverhalt unterschiedlich regeln512 .
Art. 4b ZK-DVO sieht für schriftlich zu erledigende Förmlichkeiten und
damit für die Zollanmeldung, die schriftlich zu unterzeichnen ist513 ,vor,dass
eine handschriftliche Unterzeichnung durch die Verwendung eines Codes
ersetzt werden kann514 . § 87a Abs. 3 und 4 AO bestimmen, dass für elektronische
Steuerklärungen die Verwendung einer qualifizierten elektronischen
SignaturimSinnevon§2Signaturgesetz(SigG)erforderlichist.Wiebereits
oben erläutert, sind elektronische Signaturen Daten in elektronischer
506 Vgl. dazu Cöster, in:Pahlke/Koenig (Hrsg.), Abgabenordnung, § 149 Rn. 7.
507 St. Rspr. seit EuGH, Rs. 6/64 (Costa./.ENEL), in: Slg. 1964, S. 1251 (1269 f.). Vgl.
dazu ferner Ipsen, Europäisches Gemeinschaftsrecht, S. 277 ff.; Kadelbach, Allgemeines
Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 54 ff. m.w.N.; Oppermann,
Europarecht, § 7 Rn. 1; Streinz, Europarecht, Rn 201 ff.
508 EuGH, Rs. 6/64 (Costa./.ENEL), in: Slg. 1964, S. 1251 (1269).
509 Vgl. EuGH Rs. C-184/91 (Nimz./.Hansestadt Hamburg), in: Slg. 1991-I, S. 297 (320,
Rn.18f.);verb.Rs.C-10bisC-22/97(MinisterodelleFinanze./.IN.CO.GE´90u.a.),
in: Slg. 1998-I, S. 6307 (Rn. 20).
510 So aber Grabitz, Gemeinschaftsrecht bricht nationales Recht, S. 98 ff.; Stettner, in:
AöR 111 (1986), S. 537 ff.; ähnlich Niedobitek, in: VerwArch 92 (2001), S. 63 ff.
511 Vgl. dazu Herdegen, Europarecht,§11Rn.3;Oppermann, Europarecht, § 7 Rn. 12;
Gellermann, in:Rengeling/Middeke/Gellermann (Hrsg.), Rechtsschutz in der Europäischen
Union, § 34 Rn. 10.
512 Kadelbach, Allgemeines Verwaltungsrecht unter europäischem Einfluss, S. 25.
513 Vgl. dazu oben 3. Teil, D., I., 1., b).
514 Vgl. zu Art. 4b ZK-DVO oben 3. Teil, B., I., 2.
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