Neurobiologie des Lernens Neue Reiserechnung - alter Hut Was ...
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neurobiologie <strong>des</strong> lernens<br />
nen diese Regel nicht, können sie<br />
aber im Satz anwenden: „Heute<br />
morgen habe ich mir die Haare<br />
geschnitten und mich rasiert –<br />
nicht gerasiert“. Bei einem Spiel,<br />
einen Satz in der Vergangenheitsform<br />
zu sagen, wenden wir diese<br />
Regel auch bei erfundenen Verben<br />
richtig an. Z.B. Phantasiewort<br />
„patieren“: „Die Schlümpfe saßen<br />
gestern zusammen und haben<br />
„patiert“ und gegessen“. Kinder<br />
mit 5 (!) Jahren können mit diesen<br />
Regeln arbeiten.<br />
Wurden komplizierte Sachverhalte<br />
wie etwa Kurvendarstellungen<br />
einmal erarbeitet, so wird die Abbildung,<br />
selbst wenn die Differentialrechnung<br />
nicht mehr gekonnt<br />
wird, verstanden. Daraus folgt,<br />
dass Prinzipien behalten werden,<br />
auch wenn Einzelheiten wieder<br />
vergessen sind.<br />
Verstehensprozesse<br />
und Arbeitsgedächtnis<br />
Der in früheren Modellen als<br />
„Kurzzeitgedächtnis“ bezeichnete<br />
Gedächtnisbereich wird heute<br />
aufgrund seiner Bedeutung im<br />
Zusammenhang mit der Lösung<br />
komplexer Aufgaben vielfach „Arbeitsgedächtnis“<br />
genannt. Das Arbeitsgedächtnis<br />
ermöglicht uns,<br />
mehrere Informationen vorübergehend<br />
zu merken und zueinander<br />
in Beziehung zu setzen oder<br />
zu verändern, um geistige Aufgaben<br />
durchführen zu können, also<br />
das „bewusste Denken“.<br />
Jeder Verstehensprozess wird entscheidend<br />
von der Kapazität dieses<br />
Arbeitsgedächtnisses beeinflusst.<br />
Für Denkprozesse braucht<br />
man freie Kapazitäten. Christine<br />
Österreicher, Trägerin <strong>des</strong> Förderpreises<br />
2007 der PA Wien für die<br />
wissenschaftliche Abschlussarbeit<br />
„Rechnen und Arbeitsgedächtnis<br />
– Eine Studie zur Korrelation<br />
der mathematischen Fertigkeiten<br />
mit Gedächtnisleistungen <strong>des</strong> Arbeitsgedächtnisses“<br />
erklärt dies<br />
an einem ganz einfachen Beispiel:<br />
Die Rechnung 7 • 8 + 61 = ? kann<br />
ungleich schneller gelöst werden,<br />
wenn ein Kind die Malreihen automatisiert<br />
und somit in einem anderen<br />
Bereich <strong>des</strong> Gedächtnisses<br />
abgespeichert hat. Automatisiertes<br />
Wissen entlastet das Arbeitsgedächtnis<br />
bei der Bewältigung<br />
schwierigerer und komplexerer<br />
Aufgaben!<br />
Zustandsmanagement<br />
und Emotionen<br />
Emotionen spielen beim Lernen<br />
eine wichtige Rolle! So erleichtert<br />
„Wir lernen am<br />
liebsten dort weiter,<br />
wo wir schon<br />
etwas wissen.“<br />
Angst zwar das rasche Ausführen<br />
einfacher Routinen, sie erschwert<br />
aber das lockere Assoziieren und<br />
führt zu Problemlösungsunfähigkeit.<br />
Flexibles Umgehen mit<br />
Leistungsanforderungen ist im<br />
Christine Österreicher<br />
Zustand der Angst besonders<br />
schwierig. „Kennt zum Beispiel<br />
ein Kind die Struktur einer Leistungsüberprüfung<br />
nicht, hat es<br />
wesentlich schlechtere Voraussetzungen“<br />
spricht sich Christine<br />
Österreicher für Probeschularbeiten<br />
und Probetests aus. Die Art<br />
der Fragestellung, man denke an<br />
Multiple Choice Tests usw., muss<br />
für alle Kinder transparent und<br />
bekannt sein. „Wenn ein erster<br />
Test in einem Gegenstand negativ<br />
ausfällt, ist das ganze Fach vom<br />
Zustandsmanagement <strong>des</strong> Kin<strong>des</strong><br />
her belastet“, appelliert die<br />
Lerntrainerin an uns Lehrer/innen<br />
Erfolgserlebnisse für je<strong>des</strong> Kind<br />
zu kreieren. Die Gehirnforschung<br />
zeigt, dass die Stärke <strong>des</strong> positiven<br />
emotionalen Zustan<strong>des</strong> positiv<br />
mit der Gedächtnisleistung<br />
korreliert. „Wir lernen dort leicht,<br />
wo wir schon etwas können, wir<br />
lernen am liebsten dort weiter, wo<br />
wir schon etwas wissen!“<br />
„Wenn man weiß, wie der Mensch<br />
lernt, kann man es im Unterricht<br />
bewusst einsetzen, es ermöglicht<br />
uns die geplante, zielgerichtete<br />
Steuerung von erfolgreichen Lernprozessen<br />
im Unterricht. Denn“,<br />
sagt Christine Österreicher „es<br />
fängt an, bevor es beginnt!“<br />
lernen & lehren<br />
nö.lehrerstimme 1/2010 19