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DENKMALPFLEGE INFORMATIONEN - Bayerisches Landesamt für ...

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Verluste<br />

Teilabbruch des Hofgutes Öttershausen<br />

Öttershausen, Stadt Volkach, Lkr. Kitzingen. Das Hofgut (Foto: BLfD,<br />

Hans-Christof Haas)<br />

18<br />

VERLUSTE – Was weg ist, ist weg und verloren<br />

Das in Sichtweite zur Gaibacher Konstitutionssäule gelegene<br />

Schönborn’sche Hofgut Öttershausen steht seit Mitte<br />

der 1980er Jahre leer und verfällt zusehends. Das Bayerische<br />

<strong>Landesamt</strong> <strong>für</strong> Denkmalpflege hat zusammen mit dem<br />

Eigentümer ohne Erfolg mehrmals Anstrengungen unternommen,<br />

einen Investor und neue Nutzungsmöglichkeiten<br />

zu finden, um den notwendigen Bauunterhalt zu gewährleisten.<br />

2007 erhielt die Fachbehörde vom Lehrstuhl <strong>für</strong> Baugeschichte,<br />

Historische Bauforschung und Denkmalpflege an<br />

der TU München und von Dr.-Ing. Alexander Wiesneth, der<br />

2009 über Gewölbekonstruktionen von Balthasar Neumann<br />

promovierte, Hinweise zur Urheberschaft Neumanns an den<br />

Schüttbauten der Anlage. Im August 2008 beantragte dann<br />

der Eigentümer den vollständigen Abriss des Hofes, nachdem<br />

das Wissenschaftsministerium 1995 bereits einzelne<br />

Gebäude zum Abbruch in Aussicht gestellt hatte.<br />

Um den aktuell vorliegenden Antrag differenziert beurteilen<br />

zu können, veranlasste das <strong>Landesamt</strong> eine vertiefte<br />

Erforschung der umfangreichen Bausubstanz. Insbesondere<br />

die Schüttbauten wurden durch Aufmaß, dendrochronologische<br />

Untersuchung und Literaturrecherche analysiert.<br />

Im Rahmen dieser Untersuchung konnte die Urheberschaft<br />

Balthasar Neumanns <strong>für</strong> den Schüttbau (3) bestätigt<br />

werden, ferner seine eingreifenden Umbauten der Scheune<br />

II (6) und des Winkelbaus (8, 9). Das BLfD veröffentlichte<br />

die spektakulären Ergebnisse 2010 in einem grundlegenden<br />

Aufsatz: „Bautechnisches Meisterwerk Balthasar Neumanns<br />

entdeckt: Die Schüttbauten des Schönborn’schen<br />

Hofgutes Öttershausen“ (Denkmalpflege Informationen Nr.<br />

147, November 2010, S. 41–44) und forderte wegen der herausragenden<br />

Bedeutung den Erhalt des Schüttbaus (3), des<br />

Winkelbaus (8, 9) und der Scheune II (6). Letztere stellte<br />

3<br />

8<br />

9<br />

Öttershausen. Das Hofgut im Urkataster 1833. 3 = Schüttbau; 6 = Scheune<br />

II; 8–9 = Winkelbau mit vorgebauter Brennerei<br />

den Kernbau der Anlage aus der Zeit um 1600 dar, wobei<br />

das Neumann-Dachwerk zwischenzeitlich vollständig eingestürzt<br />

war. Ferner sprach sich die Fachbehörde <strong>für</strong> den<br />

Erhalt der Umfassungsmauern und der beiden Toranlagen<br />

aus. Unter Berücksichtigung des weitgehend ruinösen Bauzustandes<br />

und der nachrangigen Bedeutung galt ein Erhalt<br />

der übrigen Gebäude als nicht mehr zumutbar.<br />

Bedauerlicherweise schloss sich die Untere Denkmalschutzbehörde<br />

der denkmalfachlichen Beurteilung nicht in<br />

allen Punkten an, sodass lediglich der Schüttbau (3) und der<br />

Winkelbau (8, 9) von der im August 2011 erteilten Abbrucherlaubnis<br />

ausgenommen wurden. Unter reger Medienbeteiligung<br />

erfolgte dann im Herbst 2011 die Beseitigung des<br />

Hofgutes im genehmigten Umfang. Darüber hinaus wurden<br />

auch der zugehörige Teich und die Garten- und Obstbaumanlagen<br />

im Nordwesten der Anlage planiert, sodass die jahrhundertealte<br />

Kulturlandschaft vollständig verloren ging.<br />

Gegenwärtig stehen die Bauschutthalden der abgebrochenen<br />

Anlage sowie der Schüttbau (3) und der Winkelbau (8,<br />

9) isoliert in der ausgeräumten Flur. Die schweren statischen<br />

Schäden an beiden Gebäuden, insbesondere an den<br />

Neumann’schen Dachwerken sind offensichtlich. Das <strong>Landesamt</strong><br />

hatte die Kosten <strong>für</strong> eine dauerhafte Sicherung und<br />

Reparatur der beiden Bauwerke im Rahmen der Bestandserfassung<br />

ermittelt und begleitet gegenwärtig die mit dem<br />

Eigentümer laufenden Finanzierungsverhandlungen. Sollten<br />

diese allerdings nicht bald zu einem positiven Ergebnis<br />

führen, droht der endgültige Verlust der Architekturen<br />

und Konstruktionen Balthasar Neumanns. Ein langfristiger<br />

Erhalt steht aber erst dann in Aussicht, wenn sich ein Nutzer<br />

<strong>für</strong> die bauhistorisch überregional bedeutende Baugruppe<br />

findet.<br />

Hans-Christof Haas<br />

6

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