Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken
Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken
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fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />
einen Sitz im Kreistag. Inzwischen haben sie zwei im Kreistag, einen im<br />
Gemeindeparlament des Mühlenbecker Landes, einen im Stadtparlament<br />
von Fürstenberg/ Havel und zwei im Stadtparlament Oranienburgs. Auch<br />
wenn <strong>die</strong> NPD ihr Ziel, den Fraktionsstatus zu erlangen, nicht erreichte, so<br />
ist <strong>die</strong>s ein Alarmsignal für das Superwahljahr <strong>2009</strong>.<br />
In der Öffentlichkeit ist <strong>die</strong> NPD „nur“ als Störer antifaschistischer Veranstaltungen,<br />
als Herausgeber der Oberhaveler Stimme (laut NPD beträgt<br />
<strong>die</strong> Auflage 20.000) oder durch konservative/völkische Mahnwachen,<br />
Festlichkeiten und Anderes zu sehen. Parteiintern versucht sie monatlich<br />
Info- und Schulungsabende durchzuführen. Dabei kommen Bundesakteure<br />
wie Holger Apfel, Udo Pastörs, Stella Hähnel, Andreas Storr oder<br />
Sebastian Richter nach Oberhavel und halten vor meist 30-40 Personen<br />
Referate. Meist sind es Kneipen, in denen sich <strong>die</strong> NPD dann trifft, obwohl<br />
sie Gerüchten zufolge nun auch ihr Zentrum in Biesenthal nutzen.<br />
Der Kreisverband Oberhavel ist untergliedert in drei Ortsverbände. Der<br />
Stadtverband Oranienburg wird geführt vom Mitglied des Kreistags Oberhavel<br />
Axel Dreier. Dieser trat <strong>auf</strong> einem Flyer gegen <strong>die</strong> alljährliche Antirassismusdemo<br />
als V.i.s.d.P. <strong>auf</strong>. Der Ortsverband Hennigsdorf/ Velten<br />
wird vermutlich von Christel Laske geführt. Dieser hat gute Kontakte zu<br />
militanten Anhängern „Autonomer Nationalisten“. Der dritte Ortsverband<br />
ist Gransee/Zehdenick, in dem Kerstin Michaelis <strong>die</strong> Führung inne hat.<br />
Die 29-Jährige ist gleichzeitig Vize-Kreisvorsitzende der NPD Oberhavel.<br />
Seit dem 16. Juni 2007 gibt es in Oranienburg einen JN-Stützpunkt, der<br />
laut Verfassungsschutz bis zu 40 Mitglieder umfasst. In ihm sind vor<br />
allem rechtsoffene Jugendliche und gewaltbereite Neonazis aktiv. Egal ob<br />
Märkischer Heimatschutz, Sturm Oranienburg oder Heimatreue Deutsche<br />
Jugend, sie sind hier vereint.<br />
Auf dem Gründungstreffen waren bis zu 40 Jugendliche anwesend und<br />
lauschten Markus Schmidt, sowie Sebastian Richter, der als „Freier Nationalist“<br />
und als Bundesvorsitzender der JN aktiv ist. Im Anschluss gab es<br />
noch einen Schulungsabend.<br />
Meist tritt <strong>die</strong> JN Oranienburg mit Aufklebern in Erscheinung. Ab und an<br />
schaffen sie es auch etwas Größeres zu organisieren. Am 1. September<br />
2007 veranstalteten sie ein „anti-imperialistisches Fußballturnier“ mit 60<br />
Neonazis aus Oranienburg, Potsdam, Prenzlau, dem Spreewald und anderen<br />
Regionen. Am 12. September 2007 führte <strong>die</strong> JN Oranienburg eine<br />
Spontandemonstration mit 70 Personen aus Nordbrandenburg durch. Am<br />
Ende der Demonstration kam es zu Rangeleien und Ingewahrsamnahmen.<br />
Die letzte große JN-Aktion in der Öffentlichkeit wurde um den 8. <strong>Mai</strong><br />
2008 durchgeführt. An mehreren Plätzen in der Stadt waren Sprühereien<br />
mit den Worten „8.<strong>Mai</strong> – Tag der Schande“ zu entdecken. Außerdem hatten<br />
<strong>die</strong> JN-AktivistInnen Puppen verteilt, <strong>die</strong> mit Blut verschmiert waren<br />
und einen Zettel am Fuß hatten, der Vergewaltigung durch sowjetische<br />
Soldaten thematisierte.<br />
Die kürzlich verbotene Heimattreue Deutsche Jugend (HDJ) war nicht<br />
spürbar in der hiesigen Neonaziszene aktiv. Allerdings sind Hausdurchsuchungen<br />
am 12. September 2007 <strong>die</strong> Gründe gewesen, dass noch am<br />
gleichen Abend 70 Neonazis unter Führung der JN durch <strong>die</strong> Oranienburger<br />
Innenstadt marschierten. Anlass für <strong>die</strong> Hausdurchsuchung war ein<br />
Marsch von neun HDJ-Mitglieder in Uniform einige Monate zuvor gewesen,<br />
darunter war u. a. der Stützpunktleiter der JN, Markus Schmidt. Auch im<br />
Neonaziband Spreegeschwader, von rechts:<br />
Alexander Willibald Bahls, Alexander Gast (u.a. Betreiber des On the Streets)<br />
Oktober 2008 gab es gegen <strong>die</strong> HDJ Razzien, wobei Oberhavel mit neun<br />
Personen ein Hauptaktionsfeld darstellt. In Oranienburg wurden Markus<br />
Schmidt, Rene Schmidt und Philip Badczong durchsucht. Unter den<br />
Restlichen, deren Wohnungen durchsucht wurden, waren Holle Böhm<br />
(Mädelführer der HDJ), Sebastian Richter (Vorstand der JN Sachsen, Bundesvorstand<br />
der JN), <strong>Mai</strong>k Hampel (NPD Oberhavel), Wolfram Nahrath<br />
(Neonazianwalt), sowie Gesine Böhm (Schwester von Holle Böhm) und<br />
Sascha Stein (ehem. Gauleiter Berlin der Wiking Jugend).<br />
In Oranienburg und Oberhavel gibt es neben <strong>die</strong>sen Organisationsstrukturen<br />
auch Läden <strong>die</strong> in <strong>die</strong>se eingebunden sind. Der bekannteste und<br />
wichtigste ist On The Streets in Hennigsdorf. Der Sänger der Neonaziband<br />
Spreegeschwader, Alexander Gast, nutzt seinen Laden mehr<br />
als Netzwerkstruktur statt als Verk<strong>auf</strong>sladen, denn den Großteil seiner<br />
Einnahmen macht er mit einem Internetshop. Seit 2002 gibt es <strong>die</strong>sen<br />
Laden bereits, der mehrmals von der Polizei durchsucht wurde und<br />
Thema antifaschistischer Demonstrationen war. Einmal im Monat trifft<br />
sich <strong>die</strong> Zivilgesellschaft Hennigsdorf zu einer Demonstration gegen den<br />
Laden. Die Reaktion von Gast dazu ist, dass er nun Rabatte an den Tagen<br />
anbietet, damit mehr Neonazis am Laden sind, sobald <strong>die</strong> Demonstration<br />
ankommt.<br />
In Oranienburg gibt es einen ähnlichen Laden. Der Adler ist ein kleiner<br />
Laden <strong>auf</strong> einem Industriegelände, in der Nähe des Bahnhofs. Dort<br />
werden in unregelmäßigen Abständen Abende veranstaltet, an denen sich<br />
<strong>die</strong> rechte Jugend trifft, Bier trinkt und mit Propaganda versorgt wird. Zwei<br />
weitere Läden in Oberhavel bieten Klamotten der Marke Thor Steinar an:<br />
MÄX an der Bernauer Straße in Oranienburg und ein rechter<br />
Tattoo/Pierching Shop in Gransee.<br />
Neben den Läden gibt es auch, wie immer in Kleinstädten, Kneipen <strong>die</strong><br />
von Neonazis frequentiert werden. Einige waren in der Vergangenheit<br />
auch Orte für neonazistische Schulungsabende oder öffentliche Veranstaltungen.<br />
Darunter waren das Mittendrin und das Lehnitzstübchen.<br />
Diese Orte <strong>die</strong>nten auch oft als Startpunkte für Angriffe <strong>auf</strong> MigrantInnen<br />
und Anhänger verschiedener nichtrechter Subkulturen.<br />
Die letzte Veranstaltung war eine NPD-Wahlparty am 28. September 2008<br />
in der Gaststätte zum Schlosspark. Diese wurde durch Thomas Salomon<br />
im Vorfeld bei der Stadt offiziell als Wahlparty der NPD Oberhavel<br />
angemeldet. Nach Rechercheergebnissen hat sich <strong>die</strong> NPD schon öfter in<br />
<strong>die</strong>ser Lokalität getroffen, es allerdings nicht öffentlich gemacht.<br />
Neonaziaktivitäten 08/09<br />
In den Jahren 2008/<strong>2009</strong> gab es kaum öffentliche Veranstaltungen.<br />
Zur Dokumentation hier <strong>die</strong> „wichtigsten“:<br />
12.09.2007 Hausdurchsuchung bei HDJ-Mitgliedern in Oranienburg<br />
06.01.2008 Gründung des „Ring Nationaler Frauen Brandenburg“<br />
29.02.2008 Infoveranstaltung mit Manuela Tönhardt (NPD)<br />
08.05.2008 JN verlegt blutverschmierte Puppen in Oranienburg<br />
30.06.2008 Spontandemonstration von 50 unorganisierten Neonazis<br />
gegen „Ausländerkriminalität“<br />
25.07.2008 Veranstaltung mit Andreas Storr (NPD)<br />
09.10.2008 erneute Hausdurchsuchung bei der HDJ<br />
21.12.2008 Wintersonnenwende der NPD und JN in Oranienburg<br />
28.01.<strong>2009</strong> Lore Lierse veranstaltet eine Mahnwache am Holocaustgedenktag,<br />
angeblich anläßlich des Geburtstages von Kaiser<br />
Wilhelm II.<br />
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