Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken
Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken
Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />
Ein weiterer „prominenten“ Reichsbürger ist in Blankenfelde zu finden.<br />
Dirk Reinicke (Jahrgang 1967) ist einschlägig bekannt: Er war Mitinitiator<br />
des gescheiterten Fackelmarsches im Herbst 2007 in Mahlow zu Ehren<br />
des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß. Zudem verteilte er zusammen mit<br />
Rainer Link am 10. <strong>Mai</strong> 20<strong>04</strong> vor einer Schule in Bernau Flugblätter, in<br />
denen der Holocaust geleugnet wurde. Er versucht jedoch hauptsächlich<br />
virtuell seine Propaganda zu verbreiten.<br />
Dirk Reinicke Rainer Link Matthias Ridderskamp<br />
Reichsbürger Gerd Walther (mitte)<br />
Sven Gottlöber Me<strong>die</strong>nkombinat zum Link: Berliner Str. in Zossen<br />
Rassistischer Brandanschlag in Blankenfelde am „Führergeburtstag“<br />
Festgenommener Neonazi am Rande einer Antifa-Demo am 17. <strong>Mai</strong> 2008<br />
Sowohl Reinicke als auch Walther und Link waren am 11. März <strong>2009</strong> in<br />
Potsdam, um bei der Urteilsverkündung von Horst Mahler Solidarität zu<br />
zeigen. Nach der Verhandlung stellten sie sich zusammen mit anderen<br />
„Reichsbürgern“ <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Stufen des Gerichts und hielten Pappschilder<br />
hoch.<br />
Weiter südlich in der Gemeinde Am Mellensee kam es darüber hinaus in<br />
den Jahren 2006/2007 regelmäßig zu internen Informationsveranstaltungen<br />
in einem Eiscafé, initiiert vom selbsternannten „Reichsrichter“<br />
Andreas Harm. Dabei schwadronierte er von einem „großdeutschen<br />
Reich“, leugnete den Holocaust und bestritt <strong>die</strong> juristische Existenz der<br />
BRD. Auch er ist bei der Justiz einschlägig bekannt.<br />
Gewalttaten / Unorganisierte<br />
Viele vor allem me<strong>die</strong>nwirksame rechte Übergriffe im Landkreis werden<br />
von unorganisierten Neonazis verübt. Dabei lässt sich feststellen, dass<br />
eine rassistische Motivation zumeist <strong>die</strong> Hauptursache darstellt.<br />
So sorgte ein Übergriff in Ludwigsfelde am 11. März 2007 für Schlagzeilen,<br />
als ein Mann aus Sierra Leone <strong>auf</strong> dem Bahnhof überfallen und <strong>auf</strong><br />
<strong>die</strong> Gleise gestoßen worden war. Die Täter, u.A. Kevin Hass aus Großbeeren<br />
und Sebastian Filla aus Ludwigsfelde beschimpften den 30-Jährigen<br />
als „Scheiß Nigger“ und übergossen ihn mit Bier. Sie hinderten den<br />
Asylbewerber daran, in seinen Zug einzusteigen und stießen ihn hinter<br />
den ausfahrenden Zug <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Gleise. Zudem wurde der Mann mit einer<br />
Bierflasche beworfen, wurde dabei aber nicht verletzt. Die Polizei ermittelte<br />
gegen <strong>die</strong> insgesamt fünf Täter jedoch nur wegen des Verdachts der<br />
Volksverhetzung.<br />
Auch am 17. Dezember 2006 in Dahme kam es zu einem rassistischen<br />
Übergriff. Gegen 19 Uhr beschimpften <strong>die</strong> z.T. einschlägig vorbestraften<br />
Neonazis Thomas Richter, Oliver Sperr, Heiko Köpche und Markus Biesner<br />
<strong>die</strong> Betreiber eines Imbisses mit ausländerfeindlichen Parolen. Die<br />
Männer verließen den Imbiss nachdem ein Passant sie dazu <strong>auf</strong>forderte.<br />
Beim Verlassen beschädigten <strong>die</strong> Personen eine Sch<strong>auf</strong>ensterscheibe<br />
und eine Werbefahne. Richter machte zudem einen „Hitlergruß“. Auch<br />
in Jüterborg kommt es regelmäßig zu rassistisch motivierten Angriffen<br />
<strong>auf</strong> Imbisse. Allein <strong>2009</strong> wurden mehrfach Scheiben durch Steinwürfe<br />
beschädigt.<br />
Dass auch das unorganisierte Personenspektrum gegen politisch Andersdenkende<br />
vorgeht, war am Rande einer Antifa-Demo in Teltow gegen<br />
rechte Infrastruktur am 17. <strong>Mai</strong> 2008 zu beobachten. Zunächst versuchten<br />
mehrere Stunden zuvor Neonazis der FKTF eine Gegenkundgebung<br />
durchzuführen, <strong>die</strong> von der Polizei unterbunden wurde. Später sammelten<br />
sich dann rund zehn unorganisierte Neonazi-Skins aus Teltow-Fläming um<br />
Sven Gottlöber nahe der Demo und versuchten <strong>die</strong>se anzugreifen. Dabei<br />
scheiterten sie jedoch schon an der Polizei, <strong>die</strong> nach einem Flaschenwurf<br />
alle festnahm.<br />
Einen Höhepunkt neonazistischer Aktionen stellte am 20. April 2008 der<br />
rassistisch-motivierte Brandanschlag <strong>auf</strong> einen Dönerimbiss am Bahnhof<br />
Blankenfelde dar. Der Versuch den Asia-Imbiss daneben zu entzünden<br />
schlug fehl. Bisher ermittelte <strong>die</strong> Polizei keine Tatverdächtigen, einen<br />
Zusammenhang mit einem Anschlag im nahegelegenen Berliner Ortsteil<br />
Rudow ist nicht auszuschließen. In der selben Nacht waren nur kurz zuvor<br />
zwei Molotow-Cocktails <strong>auf</strong> ein Einfamilienhaus eines türkischstämmigen<br />
Mannes geschmissen worden (siehe Neukölln-Artikel).<br />
Fazit<br />
Es bleibt festzustellen, dass sowohl NPD als auch DVU im Landkreis<br />
zwar mitgliederschwach sind und kaum durch nach außen gerichtete<br />
Aktivitäten <strong>auf</strong>fallen, es ihnen aber zur Kommunalwahl dennoch gelang in<br />
mehrere lokale Parlamente und den Kreistag einzuziehen. Diese Ergebnisse<br />
bescheinigen dem Landkreis zumindest ein nicht unbedeutendes<br />
rechts-offenes Wählerpotential.<br />
Auch <strong>die</strong> Freien Kräfte Teltow-Fläming konnten sich in der Berlin-Brandenburger<br />
Neonazi-Szene etablieren, kommen aber ihrem Anspruch<br />
kontinuierlich landkreisweit aktiv zu sein real nicht nach. Vermutlich auch<br />
aus <strong>die</strong>sem Grund wird von ihnen gezielt versucht, sich in aktuelle gesellschaftliche<br />
Diskurse einzuklinken oder zu aktuellen Anlässen zumindest<br />
Präsenz zu zeigen. Dabei stoßen sie aber augenscheinlich bereits an ihre<br />
personellen und logistischen Grenzen.<br />
Te l t o w - F l ä m i n g 67