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Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

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Teltow-Fläming<br />

Der Landkreis Teltow-Fläming (südl. von Berlin) gilt im Allgemeinen nicht als Hochburg neonazistischer Aktivitäten,<br />

<strong>die</strong> Beratungsstelle Opferperspektive registrierte 2007 acht Fälle neonazistischer Gewalt, <strong>die</strong> Antifa<br />

Teltow-Fläming sogar elf (von einer deutlich größeregen Dunkelziffer ist auszugehen), und dennoch sind<br />

extrem rechte Bestrebungen im Landkreis ein zunehmendes Problem. Während aktionsorientierte Neonazis<br />

aus dem Kameradschaftsspektrum bestrebt sind, ihr geringes Aktionspotential und mangelnde intellektuelle<br />

Fähigkeiten durch eine überregionale Vernetzung zu kompensieren, sorgen Reichsbürger für Aufregung durch<br />

Aktivitäten gegen Stolpersteine. Parteistrukturen von NPD und DVU sind kaum nennenswert vorhanden, dennoch<br />

gelang es ihnen in der Kommunalwahl in Regionalversammlungen und den Kreistag einzuziehen.<br />

Aktionsorientierte Neonazis<br />

Als aktivster lokaler Zusammenschluss agieren im Landkreis <strong>die</strong> sog.<br />

Freien Kräfte Teltow-Fläming kurz FKTF (wahlweise auch FNTF). Diesen<br />

sind Michael-Dennis Skupin, Marty Gansekow, Dennis Härtel, Christoph<br />

Schack, Michael Brumme, Daniel Teich, Olaf Ernst, Tobias Markgraf, Mario<br />

Schäfer, Kay Frank Neubauer & Markus Frank Neubauer zuzurechen,<br />

zum engeren Umfeld gehören zudem Christian Steffen, Tobias Gröper,<br />

Lisa Geppert, Daria Ulbricht, Pierre-Maurice Feldner, Tobias Weigte und<br />

Manuel Sprenger. Auftreten und Aktionsformen orientieren sich an dem<br />

bundesweit vorhandenen Phänomen der „Autonome Nationalisten.“ Dementsprechend<br />

sind <strong>die</strong> Schwerpunkte vor allem in Anti-Antifa-Aktivitäten,<br />

der Verherrlichung des Nationalsozialismus und einem „Demotourismus“<br />

auszumachen.<br />

Aufgrund der Tatsache, dass es vor der Gründung Ende 2005 keine<br />

organisierte Neonaziszene im Landkreis gab und es ihnen somit an<br />

Erfahrung und Organisationsgrad mangelte, wurde frühzeitig der Kontakt<br />

zu anderen Gruppierungen gesucht. Waren <strong>die</strong>s anfänglich Neonazis aus<br />

Berlin-Rudow und Lichtenberg, wurde seit Anfang 2008 <strong>die</strong> Zusammenarbeit<br />

auch mit Brandenburger Neonazigruppen intensiviert, allen voran<br />

<strong>die</strong> NPD-Königs Wusterhausen und Freien Kräfte Königs-Wusterhausen.<br />

Seit jeher sind vermutlich deswegen auch <strong>die</strong> inhaltlichen Äußerungen<br />

der FKTF eher spärlich und lesen sich wie eine Sammlung von Worthülsen<br />

aus neonazistischem Vokabular. In <strong>die</strong>sem Zusammenhang muss auch<br />

ein Fußballturnier der FKTF Mitte Juli 2008 gesehen werden, bei dem<br />

neben Teilnehmern aus dem Landkreis Neonazis aus Potsdam, Königs<br />

Wusterhausen und Genthin erschienen waren.<br />

Bereits früh zeigte sich bei der FKTF eine szenetypische Abarbeitung am<br />

politischen Gegner. Die ersten Aufkleber <strong>die</strong>ses Personenkreises waren<br />

zunächst als Anti-Antifa Teltow-Fläming unterschrieben. Öffentlichkeitswirksame<br />

Aktionen beschränkten sich damals sogar fast ausschließlich<br />

<strong>auf</strong> Gegenaktivitäten bei Veranstaltungen von antifaschistischen Gruppen.<br />

Gerade <strong>die</strong> am meisten Aufsehen erregendsten Aktionen spiegelten<br />

dabei auch <strong>die</strong> Vernetzung mit anderen Neonazis wieder:<br />

Bei einem versuchten Angriff einer mit Steinen, Pfefferspray und Schlagstöcken<br />

bewaffneten 30-köpfigen Gruppe Neonazis <strong>auf</strong> eine Veranstaltung<br />

der Antifa Teltow-Fläming am 16. Juni 2006 in Rangsdorf waren<br />

auch eine handvoll Berliner Neonazis beteiligt: Lars Wünsche, Alexander<br />

Basil, Thomas „Steiner“ Schirmer, Timo Lennig und Dennis Eister. Ein<br />

Teil wurde von der Polizei in Gewahrsam genommen. Zuvor hatte <strong>die</strong>selbe<br />

Gruppe einen Veranstaltungsgast bedroht und rassistisch beleidigt, sowie<br />

NPD-Aufkleber verklebt.<br />

64 Te l t o w - F l ä m i n g<br />

fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />

Alexander Basil (5.v.r.), Timo Lennig (mit Sonnenbrille daneben), Dennis Eister (2.v.r.) beim Neonaziüberfall in Rangsdorf<br />

Bei einem ähnlichen Angriffsversuch nur wenige Monate später am 2.<br />

November 2006 in Zossen befanden sich unter den Angreifern (u.a.<br />

Christoph Schack) auch wieder Neonazis aus anderen Regionen, z.B.<br />

Mike Turau aus Königs Wusterhausen und <strong>die</strong> Berliner Neonazis Sina<br />

Franziska Winkler, Paul Hinniger, Matthias Redmer (genannt Nuschel),<br />

David Gudra, Steven Dähn, Christian Wolf und Andreas Thomä. Bei der<br />

Gruppe wurden Reizgas und Schlagwaffen gefunden.<br />

Nicht immer sind <strong>die</strong> Anti-Antifa Aktivitäten der FKTF so vergleichsweise<br />

spektakulär, in der Regel beschränken sie sich <strong>auf</strong> das Aufsuchen zivilgesellschaftlicher<br />

und antifaschistischer Veranstaltungen bzw. dem Ausspähen<br />

selbiger. Zudem wird inzwischen zu jeder Aktion, egal ob Demonstration<br />

oder Störversuch von Michael Brumme versucht den politischen Gegner<br />

abzufotografieren. Wahlweise übernimmt <strong>die</strong>se Aufgabe auch Michael<br />

Skupin. In manchen Fällen werden <strong>die</strong>se Bilder, wenn vorhanden mit weiteren<br />

persönlichen Informationen, zur Einschüchterung ins Internet gestellt.<br />

So geschehen z.B. nach einer Aktion der Kirchenjugend Jüterbog, <strong>die</strong> am<br />

24. März 2008 Neonazi-Aufkleber in der Stadt entfernten. Am nächsten Tag<br />

waren Fotos und Namen der Jugendlichen <strong>auf</strong> der Webseite der FKTF.<br />

Mittlerweile wird von seiten der „Freien Kräfte“ allerdings auch verstärkt<br />

versucht, eigene Inhalte nach außen zu transportieren. Hauptsächlich<br />

wird dabei der Nationalsozialismus bzw. deren historische Vertreter<br />

verherrlicht und deren Verbrechen verharmlost. Zwar scheiterte noch<br />

2007 der Versuch, zu Ehren von Hitlerstellvertreter Rudolf Heß in Mahlow<br />

einen unangemeldeten Fackelmarsch durchzuführen durch ein Groß<strong>auf</strong>gebot<br />

der Polizei. Den erschienenden 50 Neonazis, u.a. Michael Skupin,<br />

Christoph Schack, Thomas Görsch aber auch den Berlinern Thomas Vierk<br />

und Patrick Weiß wurden Platzverweise erteilt und drei Rechte wegen<br />

Volksverhetzung festgenommen. Im folgenden Jahr klappte jedoch <strong>die</strong><br />

klandestine Mobilisierung und so zogen knapp 40 Neonazis unangemeldet<br />

und mit Fackeln am Todestag des Hitler-Stellvertreters durch Jüterbog.<br />

Zudem wird neuerdings versucht durch gezielte Provokationen <strong>die</strong> Öffentlichkeitswirkung<br />

zu verstärken: Konkret zeigte sich das in letzter Zeit in<br />

Zossen. Eine Gedenkveranstaltung für <strong>die</strong> Opfer des Holocaust wurde am<br />

17. Dezember 2008 durch Neonazis (Michael Skupin, Marty Gansekow,<br />

Daniel Teich, Lisa Geppert, Christoph Schack, Markus Neubauer, Kay<br />

Neubauer) gestört, als <strong>die</strong>se begonnen ein HJ-Lied in der Schweigeminute<br />

zu grölen. Ein ähnlicher Versuch am internationalen Gedenktag für<br />

<strong>die</strong> Opfer des Nationalsozialismus, dem 27. Januar <strong>2009</strong>, stellte <strong>die</strong> von<br />

Christoph Schack angemeldete Kundgebung „Gegen den Holocaust im<br />

Gaza“ in Zossen dar. Knapp 30 Neonazis erschienen, den Lautsprecherwagen<br />

stellten Neonazis aus Königs Wusterhausen.

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