06.12.2012 Aufrufe

Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

ist, konnten <strong>die</strong> REPs ihr Ergebnis im Vergleich zu den vorherigen Wahlen<br />

verdoppeln. Ohne <strong>die</strong>se zusätzlichen Stimmen wären <strong>die</strong> REPs nicht<br />

eingezogen; auch sie profitierten also von der rassistischen Stimmungsmache<br />

im Moscheebaukonflikt.<br />

Peter Warnst, der selbst an den Protesten beteiligt war, hat seine heutigen<br />

Aktivitäten inzwischen weitestgehend <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Thematisierung einer vermeintlichen<br />

„Islamisierung Europas“ verschoben. Der PRO Deutschland<br />

Ableger Berlin PRO Deutschland, der im Herbst 2008 gegründet wurde,<br />

strebt eigenen Angaben zufolge <strong>die</strong> Gründung eines Landesverbandes an,<br />

um bei den Abgeordnetenhauswahlen 2011 „flächendeckend“ vertreten<br />

zu sein. Warnst nimmt <strong>die</strong> Funktion des Pressebe<strong>auf</strong>tragten ein.<br />

Natürlich war auch er bei der Kundgebung gegen <strong>die</strong> Moscheeeröffnung<br />

im Oktober 2008 zugegen. Der Berliner PRO-Ableger, der sich primär den<br />

Kampf gegen <strong>die</strong> „Islamisierung Berlins“ <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Fahne geschrieben hat,<br />

sammelt derzeit für eine Unterschriftenliste gegen den Moscheebau der<br />

muslimischen Inssan-Gemeinde im Stadtteil Kreuzberg. Inssan hat laut<br />

Verfassungsschutzbericht 2007 Verbindungen zur Islamischen Gemeinschaft<br />

in Deutschland e.V. unterhalten, <strong>die</strong> wiederum als Ableger der<br />

ägyptischen Muslimbruderschaft gilt. Diese kann seit den 1920er Jahren<br />

als eine der radikalsten fundamentalistischen Gruppierungen bezeichnet<br />

werden.<br />

Hier zeigt sich, wie fundamental wichtig eine konkrete Auseinandersetzung<br />

einer emanzipativen Linken mit den oftmals rassistisch gefärbten<br />

Moscheebauprotesten einerseits, jedoch auch mit islamistischem<br />

Fundamentalismus und den entsprechenden menschenfeindlichen<br />

Ideologemen andererseits ist. Gerade in Bezug <strong>auf</strong> den schwelenden Nahostkonflikt<br />

hat sich zuletzt auch <strong>auf</strong> Berliner Straßen gezeigt, dass linke<br />

Gruppen bis hin zu MigrantInnenverbänden antisemitische Parolen sowie<br />

Fahnen der Hamas und der Hisbollah in ihren Reihen duldeten. Eine Kategorisierung<br />

in Moscheebefürworter und Moscheegegner, wie sie meist<br />

von den Me<strong>die</strong>n vorgenommen wird, kann den Kern einer emanzipativen<br />

Auseinandersetzung nicht treffen, weil dabei <strong>die</strong> Religionskritik vollkommen<br />

<strong>auf</strong> der Strecke bleibt. Diese Kritik lässt sich jedoch nicht im Bündnis<br />

mit den erwähnten Heinersdorfer und Berliner Akteuren formulieren, <strong>die</strong><br />

alle Muslime als monolithischen Akteur begreifen. Wenn IPAHB und Co<br />

sich dem Kampf gegen Antisemitismus und Frauenfeindlichkeit widmen,<br />

<strong>die</strong> sie allerdings ausschließlich <strong>auf</strong> den Islam projizieren und dabei etwa<br />

den spezifisch deutschen Antisemitismus völlig aus dem Auge verlieren,<br />

dann stellen sie dem eine wahlweise deutsche (PRO Deutschland) oder<br />

europäische Identität (PAX Europa) entgegen, <strong>die</strong> nach jenem Verständnis<br />

ohne „<strong>die</strong> ausländischen Gäste“ eine Friedenskultur in Reinform wäre.<br />

Damit erfolgt nicht nur eine komplette Ausblendung des deutschen Vernichtungsantisemitismus,<br />

sondern es findet oftmals eine Gleichsetzung<br />

des Nationalsozialismus mit dem Islam statt, dessen Opfer heute nun <strong>die</strong><br />

Deutschen bzw. <strong>die</strong> Europäer seien. Gleichzeitig wird mit <strong>die</strong>ser Form des<br />

Geschichtsrevisionismus ein neuer deutscher Opfermythos eingeführt.<br />

Favorisiert wird zudem eine modernisierte Variante der völkischen<br />

Ideologie. Diese Form des sog. Ethnopluralismus 11 , <strong>die</strong> insbesondere von<br />

der „Neuen Rechten“ postuliert wird, findet sich da wieder, wenn es beispielsweise<br />

bei Berlin PRO Deutschland heißt: „Zur Entscheidung steht,<br />

ob <strong>die</strong> Zukunft der Menschheit den multinationalen Konzernen gehört,<br />

<strong>die</strong> regionale Kulturen einebnen und den einzelnen zu einem kleinen<br />

Rad in ihrem gewaltigen ökonomistischen Getriebe herabdegra<strong>die</strong>ren,<br />

oder den Völkern, <strong>die</strong> über Nationalstaaten handlungsfähig werden und<br />

<strong>die</strong> demokratische Teilhabe des Individuums an seinem Schicksal erst<br />

ermöglichen.“<br />

In noch offensichtlicherem Rassismus übt sich der rechts-konservative,<br />

christliche Blog Politically Incorrect. Unter Rubriken wie „Migrantengewalt“<br />

oder „Deutschenfeindlichkeit“ wird eine Übermacht migrantischer<br />

Krimineller <strong>auf</strong> deutschen Straßen suggeriert, gleichzeitig wird dabei antifaschistische<br />

Arbeit als reines Ablenkungsmanöver der „Multi-Kulti-Gutmenschen“<br />

dargestellt. Rechte Übergriffe werden in Frage gestellt oder<br />

als von Linken verübte Taten halluziniert. Jeder linguistisch interessierte<br />

Mensch könnte mit der Analyse des sich selbst als größten deutschen<br />

politischen Blog bezeichnenden Projektes Bücher füllen.<br />

Eines ist all den unterschiedlichen Projekten jedoch gemein: sie sehen<br />

sich als Opfer der heutigen, als links verstandenen Politik, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Rechte<br />

<strong>auf</strong> Meinungsfreiheit beschneide und durch das Bündnis mit dem Islam<br />

den „Untergang des Abendlandes“ 12 einleite.<br />

54 H e i n e r s d o r f<br />

Treffen von ProBerlin mit ProDeutschland-Vorsitzendem Marcus Beisicht (stehend)<br />

Interessant könnte in Zukunft <strong>die</strong> Möglichkeit einer Allianz des moderaten<br />

Flügels der NPD mit eben jenen populistischen AbendlandtheoretikerInnen<br />

sein. Der NPDler Andreas Molau, der inzwischen der Deutschen<br />

Volksunion (DVU) beigetreten ist, sendete bereits Signale an <strong>die</strong> PRO-Bewegung,<br />

was natürlich von Hardlinern wie Eckart Bräuniger kritisiert wurde.<br />

13 Gerade im Bereich der Imagination einer Bedrohung Europas durch<br />

den Islam und des darin formulierten „Ausländer raus“ der populistischen<br />

Rechten lässt sich <strong>die</strong>se Kooperation jedoch denken. Es bleibt abzuwarten,<br />

inwiefern es <strong>die</strong> rechts-konservativen Kräfte der NPD schaffen, ihre<br />

Position zu festigen und Bündnisse einzugehen. Die einzige Hürde, <strong>die</strong><br />

jene Akteure der NPD nicht überwinden werden, ist ihr Antisemitismus 14<br />

– und somit bleibt zu hoffen, dass <strong>die</strong> von den RechtspopulistInnen<br />

erklärte Solidarität mit Israel, <strong>die</strong> wiederum eine Instrumentalisierung<br />

darstellt, eine derartige Zusammenarbeit verhindern wird.<br />

Für Pankow lässt sich schließlich feststellen, dass ehemalige Protagonisten<br />

des Protestes ihr Engagement <strong>auf</strong> berlinweiter Ebene fortführen,<br />

so René Stadtkewitz und Joachim Swietlik bei PAX Europa und Peter<br />

Warnst bei Berlin PRO Deutschland. Eine antifaschistische Linke, <strong>die</strong><br />

sich ernsthaft gegen Antisemitismus ausspricht, muss daher zukünftig<br />

kontinuierlicher beobachten, was sich in der Anti-Moscheebewegung<br />

tut, während <strong>auf</strong> der anderen Seite eine Kritik an fundamentalistischen<br />

Strömungen nicht ausbleiben darf. Unsere Unterstützung sollte all denjenigen<br />

gelten, <strong>die</strong> sich, ob muslimischen Hintergrunds oder nicht, für eine<br />

Selbstbestimmung des Individuums einsetzen. Gerade mit Blick <strong>auf</strong> <strong>die</strong><br />

Abgeordnetenhauswahlen wäre eine Allianz aus emanzipativen Kräften<br />

eine wünschenswerte Basis.<br />

1. So lautete das Motto der Kundgebung am 16. Oktober 2008 „Für Demokratie und Menschen-<br />

rechte. Gegen Links- und Rechtsextremismus, gegen Antisemitismus und gegen Islamismus.“<br />

2. Vgl. Swietlik Rede zur Moscheeeröffnung<br />

3. pankow.antifa.net/TExte/eag-hdorf.pdf<br />

4. Vgl. Swietlik Rede zur Moscheeeröffnung<br />

5. www.welt.de/politik/article212193/Moscheen_Streit_Verfassungsschutzchefin_raet_zu_Sach-<br />

lichkeit.html<br />

6. ipahb.de/blog/?p=254<br />

7. Lasinski war nach dem Bekanntwerden seiner Teilnahme an der NPD-Demonstration zunächst<br />

aus der CDU ausgetreten, um einem Ausschluss zuvorzukommen. Im Februar <strong>2009</strong> wurde er<br />

dennoch erneut zum Kassenprüfer des Pankower Kreisverbandes der CDU gewählt.<br />

8. www.pi-news.net/2008/10/pax-europa-landesverband-berlin-brandenburg/<br />

9. pressemitteilung.ws/node/100258<br />

10. nip-berlin.de/daten/index2.php?option=com_content&do_pdf=1&id=100<br />

11. „Ethnopluralismus“ lässt sich als Verschiebung extrem rechter Ideologie von „Rasse“ <strong>auf</strong><br />

„Ethnie“ bzw. „Kultur“ beschreiben. Die Menschheit sei demnach in verschiedene Kulturen<br />

<strong>auf</strong>geteilt, welche als monolithisch und unabänderlich begriffen werden. Wie beim biologistischen<br />

Rassismus wird auch hier eine strikte Trennung <strong>die</strong>ser „Kulturen“ eingefordert, da Ethnopluralis-<br />

tInnen sich <strong>die</strong> eigene kulturelle Identität als höherwertige vorstellen, <strong>die</strong> es gegen andere Identi-<br />

täten (denen in ihrem vermeintlich unzivilisierten jeweiligen Kontext Berechtigung zugesprochen<br />

wird) ob des „Erhalts von Reinheit“ abzuschirmen gilt. Dieses Konzept ist somit für <strong>die</strong> gängige<br />

Parole „Ausländer raus“ durchaus kompatibel.<br />

12. SOS Abendland lautete das Buch des „Islamkritikers“ und Gründers von PAX Europa, Udo<br />

Ulfkotte, welcher inzwischen mit der Begründung ausgetreten ist, dass <strong>die</strong> Bewegung sich zu<br />

einer Plattform für „rechtsextreme Radaubrüder“ entwickelt habe.<br />

13. Bräuniger wirft Molau eine mangelnde Positionierung vor, sowie den Versuch, „allen Alles zu<br />

versprechen“. Der auch von Molau vertretene Ethnopluralismus, der ebenfalls einen europäi-<br />

schen Nationalismus befürwortet, stellt für <strong>die</strong> Hardcoredeutschen natürlich eine Bedrohung da.<br />

14. Auf <strong>die</strong> sich israelsolidarisch gebende PRO-Bewegung angesprochen, äußerte Molau bereits,<br />

dass er der Politik Israels keinesfalls etwas Positives abgewinnen könne.<br />

Vgl. patriotischesforumsueddeutschland.wordpress.com/<strong>2009</strong>/01/20/exklusiv-im-gesprach-mit-<br />

andreas-molau-npd/

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!