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Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

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Dennis Eister attackiert am 21. April 2008 einen<br />

Treptow-Köpenick<br />

Punk am S-Bahnhof Warschauer Straße<br />

In Treptow-Köpenick entwickelte sich in den letzten Jahren <strong>die</strong> NPD zum zentralen Akteur in der Neonaziszene.<br />

Die Tendenz im Kameradschaftsspektrum, nach den Verboten von KS-Tor und BASO, sowie der Selbst<strong>auf</strong>lösung<br />

des „Märkischen Heimatschutz“ (MHS) in <strong>die</strong> NPD bzw. ihre Jugendorganisation JN einzutreten,<br />

brachte <strong>die</strong> Aktivitäten der sog. „Freien Kräfte“ mit wenigen Ausnahmen fast komplett zum Erliegen. Stattdessen<br />

wurden <strong>die</strong>se in <strong>die</strong> Partei-Arbeit eingebunden. Beispielhaft stehen hierfür <strong>die</strong> Neonazis Andreas<br />

Thürmann, Sebastian Schmidtke und Markus Loszczinsky. Innerhalb der Szene konnte <strong>die</strong> NPD auch durch<br />

<strong>die</strong> Erringung dreier Mandate in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) ihre Rolle stärken.<br />

NPD<br />

Mit dem Bundesvorsitzenden Udo Voigt, Bundesorganisationsleiter Eckart<br />

Bräuniger und Monarchist Fritz Liebenow hat <strong>die</strong> NPD Fraktionsstatus in<br />

der Bezirksverordnetenversammlung. Als Fraktionsmitarbeiter ist Stefan<br />

Lux angestellt. Lange Zeit überschätzte <strong>die</strong> NPD allerdings <strong>die</strong> Wirkung<br />

und den Einfluss <strong>die</strong>ses kommunalen Gremiums und versuchte mit z.T.<br />

sachfremden oder provokativen Anträgen Tabubrüche zu inszenieren.<br />

Nachdem Skandalschlagzeilen ausblieben und Voigt selber feststellte,<br />

„eine konstruktive Mitarbeit findet nicht statt“, war <strong>die</strong> NPD verstärkt<br />

bestrebt kommunale Kompetenz zu beweisen. Dabei versucht <strong>die</strong> NPD<br />

weiterhin, das Parlament als Bühne für Propaganda zu nutzen.<br />

Um <strong>die</strong> Außenwirkung zu vergrößern, wurde u.a. ein Antrag für „Rote<br />

Stolpersteine“ im Gedenken an „sowjetische Kriegsverbrechen“ nicht nur<br />

in Treptow-Köpenick sondern auch in anderen Kommunalparlamenten<br />

mit NPD-Vertretern gestellt und eine Kundgebung mit dem selben Motto<br />

vor der Bundesparteizentrale in der Seelenbinderstraße veranstaltet.<br />

Bewusst wurde <strong>die</strong>se am 23. April 2008 durchgeführt, dem Jahrestag<br />

der Befreiung Köpenicks vom Nationalsozialismus, an dem traditionell<br />

Gedenkveranstaltungen im Bezirk stattfinden. Als Redner trat hier neben<br />

dem Berliner Landesvorsitzenden Jörg Hähnel auch Sebastian Schmidtke<br />

als Vertreter der JN-Berlin <strong>auf</strong>.<br />

Nachdem <strong>die</strong> NPD im Jahr 2007 begann, den alljährlichen Neonazi-<br />

Aufmarsch „Freier Kräfte“ mit der Forderung eines „Nationalen Jugendzentrums“<br />

im Dezember zu unterstützen (seit 2006 angemeldet von<br />

Schmidtke) wird von ihr auch versucht, <strong>die</strong>sen in der BVV nachzubereiten<br />

und über kleine Anfragen Informationen über den zivilgesellschaftlichen<br />

Gegenprotest in Erfahrung zu bringen.<br />

Durch <strong>die</strong> Bundesparteizentrale verfügt <strong>die</strong> NPD im Bezirk über eine wichtige<br />

Infrastruktur, nicht nur als Treffpunkt für den örtlichen Kreisverband<br />

6 [siehe Kasten KV6] und als Organisationszentrum der Bundespartei.<br />

Als im Sommer 2008 ein Landesparteitag durchgeführt werden sollte<br />

und den Neonazis das angefragte Rathaus Tempelhof verwehrt wurde,<br />

hielten <strong>die</strong>se ihre Versammlung kurzerhand <strong>auf</strong> dem Hof der Zentrale ab.<br />

Im Vorjahr fand der Landesparteitag der NPD ebenfalls im Bezirk statt,<br />

in Michas Bikertreff (Kleingartenkolonie „Grüne Aue“) in Schöneweide.<br />

Damals kündigte Bräuniger großmäulig eine „Veranstaltungsoffensive<br />

2007“ an, wobei jedoch lediglich ein Bruchteil der 30 angedrohten<br />

Veranstaltungen stattfanden. Dabei nutzte <strong>die</strong> NPD in Treptow-Köpenick<br />

<strong>die</strong> Möglichkeit als BVV-Fraktion <strong>auf</strong> Nutzung von bezirkseigenen Räumen<br />

und führte 2007 sowohl in der Freiheit 15 in der Altstadt Köpenick als<br />

auch im Rathaus Treptow Saalveranstaltungen durch, bei der hauptsächlich<br />

ihr eigenes Umfeld erschien. Seitdem ihr im letzten Jahr bei einer<br />

„Fraktionsveranstaltung“ im Rathaus Treptow am 18. August 2008 vom<br />

Bezirk ein strenger Mietvertrag vorgelegt wurde, der ihre Handlungsräume<br />

stark einschränkte, blieben weitere Veranstaltungen bisher aus.<br />

Als Paradebeispiel im Bezirk für <strong>die</strong> Einbindung ehemaliger Kameradschaftsaktivisten<br />

in <strong>die</strong> NPD dürfte Markus Loszczinsky gelten. Der<br />

verurteilte rassistische Schläger - mit Dennis Eister und einem weiteren<br />

Neonazi prügelte er im April 20<strong>04</strong> einen vietnamesischen Imbissbetreiber<br />

fast zu Tode - suchte nach dem BASO-Verbot fortan in der JN seine neue<br />

politische Heimat und stieg dort sogar bis in den Bundesvorstand <strong>auf</strong>, in<br />

dem er bis Mitte 2007 wirkte. Neben der unregelmäßigen Betreuung von<br />

NPD-Ständen fiel er zuletzt am 16. Juli 2008 bei einer Störaktion einer<br />

Antifa-Veranstaltung von knapp 30 Kameradschaftsaktivisten vor dem<br />

Büro der Partei Die Linke in Schöneweide <strong>auf</strong>.<br />

Loszczinskys ehemaliger Mittäter Eister trat auch der NPD bei, nachdem<br />

sich <strong>die</strong> Division Germania Berlin 2005 selbst <strong>auf</strong>löste, um einem Verbot<br />

zu entgehen. Vor Gericht kommentierte Eister <strong>die</strong>sen Schritt: „Eigentlich<br />

gibt es keinen Unterschied zwischen Kameradschaften und NPD“, und<br />

sah somit auch keinen Grund, sich nicht weiterhin an gewalttätigen<br />

Aktionen zu beteiligen. Im Juni 2006 versuchte er in Rangsdorf eine<br />

Antifa-Veranstaltung anzugreifen und wurde festgenommen. Als er aus<br />

dem Gewahrsam wieder entlassen wurde attackierte er mit Timo Lennig,<br />

Julian Schumann und Julian Beyer in Schönefeld einen Jungen <strong>auf</strong>grund<br />

dessen Hautfarbe. Obwohl er dafür 2007 zu einer Haftstrafe verurteilt<br />

wurde, schlug er auch im April 2008 noch vor dem Haftantritt erneut zu:<br />

Er attackierte <strong>auf</strong> dem S-Bahnhof Warschauer Straße einen Punk.<br />

Der Ortsteil Schöneweide gilt weiterhin als Angstzone, auch wenn einschlägige<br />

Gewalttaten hier in der Tendenz abnehmend sind. Dass sich<br />

<strong>die</strong>se Situation allerdings jederzeit ändern kann, liegt darin begründet,<br />

dass Schöneweide weiterhin Wohn- und Rückzugsraum für organisierte<br />

Neonazis ist. Deutlich wird <strong>die</strong>s nicht nur durch entsprechende Aufkleber,<br />

Plakate und Schmierereien. Die ehemaligen Aktivisten des Märkischen<br />

Heimatschutzes Andreas Thürmann und Thomas Markgraf zum Beispiel<br />

waren auch 2008 organisatorisch in Neonaziveranstaltungen eingebunden.<br />

So waren beide Ordner bei einer NPD-Demonstration am 23. August<br />

2008 in Britz unter dem Motto „Keine weiteren Hindutempel nach Neukölln“<br />

und bei einem Aufmarsch am 6. Dezember 2008 in Lichtenberg<br />

T r e p t o w - K ö p e n i c k 49

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