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Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

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fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />

Miosga (NPD), Antonie Miosga, Carsten Gerhard Pagel (Rechtsanwalt),<br />

Angelika Panteleit, Karl-Heinz Panteleit, Dr. Claus Joachim Schneider-<br />

Haßloff, Frank Schwerdt (NPD), Thorsten Thaler, Gerd Baltruweit, Lutz<br />

Herwig, Dipl. Ing. Roland Hirsch, Günter Reuter (oder Renter), Karl-Heinz<br />

Schmidt, Kai-Alv Klingner, Marianna Stolpmann, Peter Achtmann (Redakteur),<br />

Rainer Bussenius, Detlev Rose, Andreas Domeyer, Bodo Pfalzgraf,<br />

Boris Rupp, Karl-Heinz Ebel, Christian Bren (oder Breu), Sven Thomas<br />

Frank, Eleonore Hartung, Diana Paulußen, Marion Pfalzgraf, Wolfgang<br />

Seifert, Ingeborg Seifert, Heinz Werner Wolfgang Frenzel, Cornelius<br />

Tobias Motschmann, Christian Franz Josef Görner und Sebastian Nicolas<br />

Kliefoth organisiert.<br />

Eine Einschätzung über <strong>die</strong> Zukunft des Kreisverband 3 fällt schwer. Die<br />

Vermutung liegt nahe, dass der nur informell bestehende FNB-Berlin<br />

und der ehemalige NPD-Kreisverband 3 als Konkurrenzstrukturen zum<br />

Berliner NPD-Landesverband ihre Arbeit fortsetzen. Auf welche Struktur<br />

der Personenkreis um Henry dabei primär setzt und wie erfolgreich sie<br />

sein werden, bleibt abzuwarten. Mit Sicherheit werden Henry und seine<br />

Vertrauten nicht von der Bildfläche verschwinden.<br />

2. Grauzone: Von Burschenschaften und der CDU Steglitz-Zehlendorf<br />

Steglitz-Zehlendorf hat eine ausgeprägte Grauzone zwischen rechtskonservativen<br />

und offen neonazistischen Kräften. Dutzende Studentenverbindungen<br />

haben in dem Bezirk ihren Sitz. Darunter auch <strong>die</strong> Berliner<br />

Burschenschaften Gothia (Königstraße 3, 14163 Berlin-Zehlendorf) und<br />

Märker (Podbielskiallee 15, 14195 Berlin-Dahlem), <strong>die</strong> beide Mitglieder in<br />

dem Dachverband der Burschenschaftlichen Gemeinschaft sind und so<br />

über gute Verbindungen sowohl ins rechtskonservative bis ins neonazistische<br />

Lager verfügen: So richteten <strong>die</strong> Märker 2003 das Sommerfest<br />

für <strong>die</strong> extrem rechte Wochenzeitung Junge Freiheit aus. Die Gothia<br />

organisierte für ihre Mitglieder Veranstaltungen unter anderem mit dem<br />

Holocaustleugner Horst Mahler, Alfred Mechtersheimer, dem Junge<br />

Freiheit-Autoren Hans-Hellmuth Knütter, aber auch dem ehemaligen<br />

regierenden Bürgermeister Berlins Eberhard Diepgen (CDU).<br />

Auch <strong>die</strong> Steglitz-Zehlendorfer CDU ist nach rechts weit offen: So forderte<br />

sie am 8. <strong>Mai</strong> 2005 nicht nur der „Befreiung vom totalitaristischen Naziregime“<br />

sondern auch dem „Schrecken und [...] Leid der Bevölkerung, den<br />

<strong>die</strong> Rote Armee von Ostpreußen bis nach Berlin zu verantworten hat“ zu<br />

gedenken. Von JournalistInnen dar<strong>auf</strong> angesprochen, dass <strong>die</strong> Äußerungen<br />

in der Debatte nicht weit von denen der NPD entfernt sind, erklärte<br />

Thorsten Hippe, Mitglied der CDU-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung<br />

(BVV) Steglitz-Zehlendorf: „Ich kann nicht verhindern, dass ich<br />

in einzelnen Fragen den Positionen der NPD nahe stehe.“ Während der<br />

CDU Landesverband dar<strong>auf</strong>hin einen Parteiausschluss diskutierte, stellte<br />

ihn <strong>die</strong> Steglitz-Zehlendorfer CDU nur ein Jahr später erneut für <strong>die</strong> BVV<br />

<strong>auf</strong> und wählte ihn im Oktober 2008 sogar zum Fraktionsvorsitzenden.<br />

Auch der damalige Bezirksbürgermeister Herbert Weber (CDU) äusserte<br />

sich revisionistisch zum 8. <strong>Mai</strong> 2005. Dies wundert jedoch nicht wenn<br />

man sich etwas näher mit Webers häufig nach rechts offenen Äusserungen<br />

ausseinandersetzt. So hielt Weber zum „Volkstrauertag“ im November<br />

20<strong>04</strong> vor rund 300 ReservistInnen eine Rede, in der er unter Berufung<br />

<strong>auf</strong> den „Ritterkreuzträger“ Erich Mende erklärte: „Die meisten Deserteure<br />

hatten etwas <strong>auf</strong> dem Kerbholz und wussten warum sie abhauten.“<br />

So nur ein kurzer Ausschnitt aus seiner Rede, welche in voller Länge <strong>auf</strong><br />

der Webseite der rechtsnationalen Staats- und Wirtschaftspolitischen<br />

Gesellschaft (SWG) veröffentlicht wurde.<br />

Bereits Anfang der 90er Jahre versuchte <strong>die</strong> Steglitzer CDU <strong>die</strong> Spiegelwand,<br />

ein Denkmal für <strong>die</strong> ermordeten Jüdinnen und Juden aus dem Bezirk<br />

<strong>auf</strong> dem Hermann-Ehlers-Platz mit allen Mitteln zu verhindern. Zunächst<br />

verweigerten sie in der BVV das Geld. Selbst nachdem der Senat <strong>die</strong> Finanzierung<br />

übernahm, versuchten sie mit plattesten Argumenten das Denkmal<br />

doch zu verhindern: Die Spiegelwand würde AutofahrerInnen blenden und<br />

„das könnte zu schweren Unfällen führen“. Außerdem bestehe <strong>die</strong> Gefahr<br />

von „Schmierfinken“: „Jede Beschmutzung würde als antijüdisch und<br />

faschistisch ausgelegt werden, wor<strong>auf</strong> <strong>die</strong> in- und ausländische Presse nur<br />

wartet“, besonders „auch von jüdischer Seite“. Bis heute verhindert <strong>die</strong><br />

Steglitz-Zehlendorfer CDU <strong>die</strong> Umbenennung einer nach dem Antisemiten<br />

Heinrich von Treitschke benannten Straße in Steglitz. Treitschke hat nicht<br />

nur den Antisemitismus im Bürgertum hoffähig gemacht, sondern ist auch<br />

für den Satz „Die Juden sind unser Unglück“ verantwortlich.<br />

3. Neonazi-Propaganda in Tempelhof-Süd und Lichtenrade<br />

Im gesamten Ortsteil Lichtenrade finden sich zahlreiche neonazistische<br />

Sprühereien und Aufkleber. Besonders <strong>auf</strong>fallend sind dabei das Umfeld<br />

des S-Bahnhofs Lichtenrade und der John-Locke-Kiez. Neben NS-Symbolik,<br />

darunter insbesondere Keltenkreuze, wurden auch zahlreiche antisemitische<br />

Parolen geschmiert. Darunter Sprühereien wie „Stop Israel“,<br />

„Smash Israel“ und „Fuck USA“ mit einem Davidstern.<br />

Einige Sprühereien sind mit dem Label Freie Nationalisten Tempelhof<br />

(FNT) gezeichnet. Auch „ANB“ und widerstand.info wurden zum Unterzeichnen<br />

der Sprühereihen verwendet. Im Jahr 2008 erschienen <strong>die</strong><br />

Freien Nationalisten Tempelhof als Unterzeichner einer bundesweiten<br />

„Stellungnahme freier Kräfte zur Erklärung des NPD-Parteipräsidiums zur<br />

Beisetzung von Friedhelm Busse“ vom 5. August 2008. Eine tatsächliche<br />

Organisation unter dem Label Freie Nationalisten Tempelhof ist jedoch<br />

bislang nicht ersichtlich. Ähnliche Propagandavorkommen gibt es auch in<br />

Steglitz vor allem <strong>auf</strong> der Schloßstraße.<br />

4. Auktionshaus für Geschichte<br />

Mitten im schwul-lesbisch geprägten Nollendorfkiez, in der Motzstr. 15,<br />

befindet sich das Auktionshaus für Geschichte. Vor einigen Jahren geriet<br />

es <strong>auf</strong>grund verschiedener Vorfälle in <strong>die</strong> Schlagzeilen. Der Betreiber Jens<br />

Walter, war als Jens Lau seit 1998 Mitglied im rechts-konservativen Bund<br />

Freier Bürger (BFB). Bei mehreren Hausdurchsuchungen bei Walter und<br />

in den Räumlichkeiten des Auktionshauses wurden etliche NS-Devotionalien<br />

und Propaganda beschlagnahmt. Neben den beschlagnahmten<br />

Gegenständen prahlt Jens Walter auch gern mit seiner Küchenfliese mit<br />

einem Porträt Hitlers. In seinem Auktionshaus und im Internet versteigerte<br />

er unter etlichen Gegenständen mit SS-Abzeichen und Runen auch<br />

<strong>die</strong> persönliche Hakenkreuz-Standarte Adolf Hitlers. Dar<strong>auf</strong>hin stand er<br />

mehrfach wegen „Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger<br />

Organisationen“ vor Gericht. Da sich unter den beschlagnahmten Gegenständen<br />

auch zahlreiche moderne Kopien von <strong>Nazis</strong>ymboliken aus den<br />

USA befanden, konnte <strong>die</strong> Staatsanwaltschaft ihm nicht wirklich glauben,<br />

als er beteuerte, rein aus wissenschaftlichen Gründen mit solchen Objekten<br />

gehandelt zu haben. Damals kam er mit einer Geldstrafe davon. Traurige<br />

Berühmheit erhielt das Auktionshaus für Geschichte im Jahr 2000<br />

mit der Versteigerung von KZ-Häftlingskleidung. In den dar<strong>auf</strong>folgenden<br />

Prozessen ließ er sich vom Neonazi-Anwalt Carsten Schrank (siehe Artikel<br />

„Prozesse“) vertreten.<br />

5. Schwedischer Neonazi k<strong>auf</strong>t Villa in Zehlendorf<br />

Im Juli 2008 erregte ein Immobilienk<strong>auf</strong> in Berlin für kurze Zeit Interesse<br />

in der Öffentilichkeit. Wie damals herauskam, hatte im April 2007 der<br />

schwedische Neonazi Patrik Brinkmann im Stadtteil Zehlendorf für gut<br />

3,3 Millionen Euro eine Villa gek<strong>auf</strong>t. Es wurde vermutet, Brinkmann<br />

könnte dort ein neonazistisches Schulungszentrum etablieren. Brinkmann<br />

ist schon seit langem keine unbekannte Gestalt innerhalb der<br />

europäischen extremen Rechten. Im Jahr 20<strong>04</strong> gründete er <strong>die</strong> Kontinent<br />

Europa-Stiftung, <strong>die</strong> sich zum Ziel gesetzt hat, den Aufbau einer „Großeuropäischen<br />

Zivilisation“ voranzutreiben.<br />

Bei der Immobilie in Zehlendorf handelt es sich um eine Villa in der<br />

Goethestraße mit direktem Seezugang, <strong>die</strong> derzeit von 4 Mietparteien<br />

bewohnt wird. Brinkmann selbst nutzt nach eigenen Angaben bisher nur<br />

ein kleines Büro und will daran auch nichts ändern, für ihn handelt es<br />

sich um einen „rein privaten K<strong>auf</strong>“. Trotzdem bestehen Anhaltspunkte<br />

dafür, dass Brinkmann <strong>die</strong> Villa auch für politische Zwecke einsetzen<br />

will. So haben AnwohnerInnen laut einem Spiegel-Bericht gesehen wie<br />

„regelmäßig dunkle Limousinen“ vorfuhren, aus denen „Herren mit<br />

Bodyguards“ ausgestiegen sein sollen. Im gleichen Bericht wird erwähnt,<br />

allerdings ohne Angaben zu den Quellen, dass sich darunter auch Vorstandsmitglieder<br />

der Kontinent-Europa-Stiftung befunden haben sollen.<br />

In einem Beitrag der RBB-Abendschau berichtete der ehemalige FU-<br />

Präsident, der ebenfalls in der Goethestr. wohnt, dass er den NPD-Chef<br />

Udo Voigt aus der Villa kommen gesehen hat. Im Rahmen des Streits<br />

um <strong>die</strong> Spitze der NPD <strong>auf</strong> Bundesebene behauptete Eckart Bräuniger,<br />

<strong>auf</strong> der Neonazi--plattform Altermedia, dass sich Ende 2008 in Patrick<br />

Brinkmanns Villa in Zehlendorf Andreas Molau und zahlreiche weitere<br />

Funktionäre der NPD getroffen hätten. Darunter Holger Apfel, Peter<br />

Marx und Udo Pastörs.<br />

S ü d w e s t 41

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