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Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

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NPD in Berlin<br />

In Berlin ist neben den Aktionszusammenschlüssen kameradschaftlicher Strukturen vor allem <strong>die</strong> Nationaldemokratische<br />

Partei Deutschlands (NPD) aktiv. Sie konnte in den letzten Jahren ihre zentrale Position<br />

als politischer Akteur der extrem rechten Szene ausbauen. Dabei half in Berlin verstärkt <strong>die</strong> Strategie, sich<br />

nach dem gescheiterten Verbotsverfahren im März 2003 wieder als neonazistisch zu begreifen und keinen<br />

Hehl aus ihrer rassistischen und autoritären Programmatik zu machen. Auch der Einzug in vier kommunale<br />

Parlamente 2006 stärkte <strong>die</strong> Rolle der NPD in Berlin.<br />

Im Gegensatz zu anderen extrem rechten Parteien wie der Deutschen<br />

Volksunion (DVU) und den Republikanern (REP), <strong>die</strong> zunehmend an Bedeutung<br />

und Mitgliedern verlieren, konnte <strong>die</strong> NPD in den letzten Jahren<br />

<strong>die</strong> Zahl ihrer Mitglieder in Berlin und bundesweit steigern. Auch in Berlin<br />

ist sie mit etwa 300 Mitgliedern <strong>die</strong> größte rechte Partei. Jedoch sind <strong>die</strong><br />

wenigsten davon wirklich aktiv, geschweige denn fachkompetent.<br />

Infolgedessen konnten <strong>die</strong> im Jahr 2007 angekündigten Beratungsbüros<br />

für Arbeitslosengeld II-Empfänger nicht richtig umgesetzt werden. Das<br />

mobile Beratungsbüro wurde nach wenigen Versuchen von der Polizei<br />

beschlagnahmt und erst Anfang <strong>2009</strong> wieder der NPD übergeben. Seitdem<br />

wurde es erst selten eingesetzt. Auch das selbst gesteckte Ziel von<br />

30 Veranstaltungen in öffentlichen Räumen im Jahr 2007 wurde nicht<br />

erreicht.<br />

Bislang konnte auch das seit dem Jahr 20<strong>04</strong> angekündigte Schulungszentrum<br />

in der Bundeszentrale in der Seelenbinderstraße in Köpenick<br />

nicht <strong>die</strong> erwartete Bedeutung erlangen. Anders sieht es hingegen mit der<br />

Bundeszentrale selbst aus. Hier wird sich mehrmals wöchentlich getroffen.<br />

Neben der Berlin-Brandenburger NPD wird sich auch zum bundesweiten<br />

Austausch getroffen. Nachdem es der NPD in Berlin schwer gemacht<br />

wird öffentliche Räumlichkeiten anzumieten, ist <strong>die</strong> NPD-Zentrale häufig<br />

<strong>die</strong> letzte zur Verfügung stehende Lösung. Insofern hat sie für Berlin eine<br />

wichtige strukturelle Funktion.<br />

Organisationsstruktur der Berliner NPD<br />

Der Zustand und <strong>die</strong> neonazistische Strukturierung der Berliner NPD<br />

sind eng mit der Person des Berliner Landesvorsitzenden Jörg Hähnel<br />

verbunden. Er verfügt innerhalb der Partei über gewisse Autorität und ist<br />

teilweise in der Lage, andere Bündnispartner der extremen Rechten einzubinden.<br />

Hähnel ist neben seinen Berliner Funktionen auch Mitglied im<br />

NPD-Bundesvorstand. Außer für <strong>die</strong> NPD ist Hähnel für <strong>die</strong> Heimattreue<br />

Deutsche Jugend (HDJ) (inzwischen verboten) und <strong>die</strong> Vereinten Nationalisten<br />

Nordost (VNNO) aktiv. Er ist außerdem in der Schweriner Landtagsfraktion<br />

angestellt und Verordneter der NPD in der BVV Lichtenberg.<br />

Hähnel löste am 7. Juni 2008 bei einem Landesparteitag Eckart Bräuniger<br />

ab, der von November 2005 bis Juni 2008 Landesvorsitzender der<br />

NPD in Berlin war. Eckart Bräuniger ist seit 2008 Mitglied im NPD-Bundesvorstand.<br />

Bräuniger, der es schaffte, als Integrationsfigur zwischen<br />

den verschiendenen Fraktionen in der NPD <strong>auf</strong>zutreten, hat Hähnel ein<br />

schweres Erbe hinterlassen, das er scheinbar nicht fähig ist auszufüllen.<br />

Seine Kontakte zu den Kameradschaften und in <strong>die</strong> Rechtsrockszene sind<br />

bei weitem nicht so gut wie <strong>die</strong> Bräunigers.<br />

Beim gleichen Landesparteitag 2008 wurden der mittlerweile ausgetretene<br />

Hans-Joachim Henry und Stefan Bathke als Stellvertreter gewählt. Die<br />

BeisitzerInnen sind Michaela Zanker, Thomas Vierk, Sebastian Thom und<br />

Ingo Modah.<br />

In der Berliner NPD-Parteizentrale arbeiten trotz finanziell bedingter Kündigungen<br />

nach wie vor diverse hauptamtliche Parteifunktionäre. Neben<br />

den bekannten Namen aus dem NPD-Bundesvorstand und dem Berliner<br />

Landesvorstand sind hier auch Sandra Ludwig aus dem Berliner NPD KV<br />

3 für <strong>die</strong> Interessentenbetreuung und Bettina Bieder für Sekretariat /<br />

Mitglieder- und Personalverwaltung angestellt. Bettina Bieder organisierte<br />

1999 zusammen mit Gordon Reinholz <strong>die</strong> Demonstration „gegen Drogen<br />

und linke Gewalt“ der NPD in Barnim Uckermark. Nachdem der Berliner<br />

Andrew Hanisch nach Chemnitz verzogen ist, übernahm Lars Beyer aus<br />

Brandenburg <strong>die</strong> Materialstelle in der Bundeszentrale. Er ist im Kreis-<br />

4 N P D - B e r l i n<br />

fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />

verband Oderland (Brandenburg) aktiver Parteifunktionär. Im Berliner<br />

Landesverband gibt es einen Landesorganisationsleiter (2007: Thomas<br />

Vierk) und Landesschatzmeister (2007: Igor A. Moder von der I.A.M.<br />

Unternehmensberatung). Der Thüringer NPD - Landesgeschäftsführer<br />

Patrick Wieschke arbeitet mittlerweile ebenalls für <strong>die</strong> Mitgliederbetreuung<br />

in der NPD-Zentrale. Er schaffte es als „Döner-Bomber von Eisenach“<br />

in <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n und musste wegen eines Sprengstoffanschlages <strong>auf</strong> eine<br />

Dönerbude mehr als drei Jahre in Haft.<br />

Der Berliner Landesverband ist in <strong>die</strong> folgenden acht Kreisverbände<br />

strukturiert: Kreisverband 1 – Spandau, Kreisverband 2 – Nord, Kreisverband<br />

3 - Tempelhof-Schöneberg, Kreisverband 4 - Marzahn-Hellersdorf,<br />

Kreisverband 5 - Lichtenberg-Hohenschönhausen, Kreisverband 6 -<br />

Treptow-Köpenick, Kreisverband 8 - Pankow, Prenzlauer-Berg, Weißensee<br />

und Kreisverband 9 – Neukölln. Die Kreisverbände zeichnen sich durch<br />

unterschiedlichste Arbeitsintensitäten aus. Nur wenige sind öffentlich<br />

präsent. Dies erklärt auch, wieso nur drei der acht Kreisverbände im<br />

Internet mit eigenen Seiten vertreten sind und dort zum Teil über eigene<br />

Aktivitäten berichten. Der aktivste Kreisverband ist derzeit der Kreisverband<br />

8 in Pankow. In den Jahren 2007 und 2008 entfalteten vor allem<br />

<strong>die</strong> Kreisverbände 3 und 4 eine hohe Aktivität.<br />

Im Herbst 2006 wurde der Ring Nationaler Frauen (RNF) gegründet. Die<br />

NPD-Frauenorganisation soll sowohl NPD-Sympathisantinnen als auch<br />

weibliche Parteimitglieder besser in <strong>die</strong> Partei integrieren. Im September<br />

2008 wurde der RNF offiziell Parteiunterorganisation. Damit ist <strong>die</strong><br />

Vorsitzende des RNF per Amt gleichzeitig im Bundesvorstand der NPD<br />

vertreten. Der Landesverband des RNF wurde im Herbst 2008 gegründet.<br />

Zudem existieren drei Regionalgruppen in Berlin.<br />

Der Landesverband der NPD hat starken personellen Rückhalt durch<br />

KameradschaftsaktivistInnen. In Berlin arbeitet <strong>die</strong> NPD weiterhin eng<br />

mit den aktionsorientierten Neonazis zusammen. Diese AktivistInnen<br />

helfen bei bezirklichen Aktionen oder im Wahlkampf aus. Zum Teil werden<br />

Jugendliche und Heranwachsende aus dem Kameradschaftsspektrum<br />

über Schutz<strong>auf</strong>gaben bei Veranstaltungen eingebunden.<br />

Dass in der NPD seit längerem Spannungen bestehen, zeigte sich zuletzt<br />

immer wieder in Auseinandersetzungen zwischen Landesverband und<br />

Mitgliedern einzelner Bezirksverbände. So gab es am 18. Oktober 2008<br />

in Marzahn eine Demonstration unter dem Motto „Unsere Kinder – Gegen<br />

Kindesmisshandlung, Verwahrlosung unserer Kinder, Kinderschänder!“,<br />

<strong>die</strong>, obwohl sie ursprünglich als NPD-Veranstaltung geplant war, schließlich<br />

von Gesine Hennrich und Hans-Joachim Henry privat angemeldet<br />

werden musste. Der Landesverband Berlin erklärte, dass an <strong>die</strong>sem<br />

Tag andere Dinge Vorrang genießen würden und es keine Unterstützung<br />

für <strong>die</strong> Demo geben würde. Jüngst eskalierte der Konflikt, als am 06.<br />

Februar <strong>2009</strong> im extrem rechten Internet-Portal Altermedia ein Schreiben<br />

Hennrichs veröffentlicht wurde, in dem sie erklärte, mit sofortiger Wirkung<br />

alle Ämter niederzulegen und aus der Partei auszutreten. Innerhalb des<br />

Schreibens erhob Hennrich schwere Vorwürfe gegen den Berliner NPD-<br />

Landesvorsitzenden Jörg Hähnel sowie NPD-Bundesvorstandsmitglied<br />

Manfred Börm, <strong>die</strong> sie mit pornographischen Bildern erpresst haben<br />

sollen. Bereits zuvor wurde <strong>die</strong> Internetseite des Kreisverbandes 3, dem<br />

Henry angehörte, <strong>auf</strong> Weisung des Landesvorsitzenden Hähnel abgeschaltet.<br />

Am 20. Februar <strong>2009</strong> trat zudem der stellvertretende Landesvorsitzende<br />

Henry nach einer eigens vom Landesvorsitzenden Hähnel einberufenen<br />

Sondersitzung des Vorstandes aus dem NPD-Gremium aus. Henry wurde

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