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Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

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fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />

Thomas Vierk Marian Hacke Oliver Mätzig Matthias Walczak<br />

Wolfram Haida Marek Pawlowski Gert Schneider Robert Marilow<br />

tions“) gesehen werden. Sie <strong>die</strong>nt seit Jahren in schwankender Intensität<br />

(nicht nur Neuköllner) Neonazis als wochenendlicher Besäufnis-Treff.<br />

Bemüht, aber von geringer Begabung: Die Neuköllner NPD<br />

Der Neuköllner Kreisverband der NPD (KV9) wurde offiziell zwar erst im<br />

Oktober 2005 gegründet, faktisch war er aber schon im vorangegangen<br />

Bundestagswahlkampf aktiv, maßgeblich beeinflusst vom damaligen NPD-<br />

Landesvorsitzenden Eckart Bräuniger. Schwerpunkte der NPD-Aktivitäten<br />

in den letzten Jahren waren das Verteilen von Flugblättern, das Anbringen<br />

von Aufklebern und Plakaten sowie <strong>die</strong> Durchführung von Wahlkampfständen.<br />

Die beiden im Jahr 2006 in <strong>die</strong> Bezirksverordnetenversammlung<br />

(BVV) von Neukölln gewählten NPD-Mitglieder sind Thomas „Fonz“ Vierk<br />

und Jan Sturm, weitere Wahl-Kandidaten waren Lothar Wiese, Mario<br />

Wust, Marian Hacke (mittlerweile <strong>auf</strong> Distanz zur NPD, aber weiterhin neonazistisch<br />

aktiv), Oliver Mätzig und Julian Wergen. Auch Wolfram Haida,<br />

sein Sohn Andreas Haida und Matthias Walczak sind der NPD Neukölln<br />

zuzuordnen. Ein weiterer aktiver Antisemit, Holocaustleugner und extrem<br />

rechter Aktivist aus Neukölln (Britz) ist der „Berliner Regionalbe<strong>auf</strong>tragte“<br />

der Deutschland-Bewegung Gert Schneider.<br />

Vierk und Sturm sind von eher schlichtem Gemüt und entstammen<br />

dem Trinker- und Kneipenschlägermilieu Neuköllns. In der BVV sind<br />

sie ohne Fraktionsstatus, und damit in ihren rechtlichen Möglichkeiten<br />

eingeschränkt. Die wenigen Anträge und Anfragen sind zumeist in der<br />

NPD-Zentrale vorformuliert worden oder weisen ein geringes sprachliches<br />

und inhaltliches Niveau <strong>auf</strong>. Vor allem Vierk steht jedoch der gewaltbereiten<br />

Kameradschaftsszene nahe und versucht in seiner Arbeit, deren<br />

Selbstbewußtsein zu stärken. Er ergriff öffentlich Partei für <strong>die</strong> Täter des<br />

rassistischen Angriffs vom Juni 2006 in Schönefeld und bezeichnete <strong>die</strong><br />

schwere Verletzung des Opfers als „Schramme am Kopf eines negriden<br />

Menschen“. Er war Redner <strong>auf</strong> der Demonstration für ein „Nationales<br />

Jugendzentrum“ am 9. Dezember 2006 und meldete im dar<strong>auf</strong>folgenden<br />

Jahr eine entsprechende Mobilisierungskundgebung an. In der Neuköllner<br />

BVV beklagte Vierk das Verbot des Hakenkreuz-Symbols. Presserechtlich<br />

verantwortlich war er für ein wirres Pamphlet gegen <strong>die</strong> Veranstaltung<br />

„Vielfalt in Rudow – Hoffest für Demokratie“. Im <strong>Mai</strong> 2006 bedrohte er<br />

an einem NPD-Wahlkampfstand protestierende Jugendliche mit einer<br />

Eisenstange.<br />

Vierks Agieren ist dabei typisch für <strong>die</strong> Neuköllner NPD. Die Täter der beiden<br />

Mordversuche bewegten sich im Umfeld der Partei, der Neonazi und<br />

Hooligan Marek Pawlowski, beteiligt am Angriff <strong>auf</strong> den linken Infostand,<br />

war ursprünglich als Kandidat für <strong>die</strong> BVV nominiert gewesen, und mit<br />

Sebastian Thom wurde im August 2008 ein notorischer Gewalttäter in den<br />

Landesvorstand der Berliner NPD gewählt.<br />

Wahn und Wirklichkeit:<br />

Aktionen und Veranstaltungen der NPD Neukölln<br />

Demonstrationen und Veranstaltungen in Neukölln wurden organisatorisch<br />

beinahe ausschließlich vom Berliner Landesverband oder anderen<br />

Jan Sturm<br />

Strukturen getragen. Der Neuköllner Kreisverband war dazu offensichtlich<br />

nicht in der Lage.<br />

Als ernstzunehmende Aktivität von Seiten der NPD zeichnete sich in den<br />

letzten Jahren der Versuch ab, regelmäßige Saalveranstaltungen zum 8.<br />

<strong>Mai</strong> in Neukölln zu organisieren. Am 8. <strong>Mai</strong> 2007 fand <strong>die</strong> erste <strong>die</strong>ser<br />

Veranstaltungen in der Gropiusstadt statt. Knapp 80 Neonazis nahmen<br />

an der Veranstaltung unter dem Motto „8. <strong>Mai</strong> – Gestern eine Niederlage,<br />

heute eine Chance, morgen ein Sieg“ teil und hörten Vorträge des<br />

damaligen NPD-Landesvorsitzenden Eckart Bräuniger und des neonazistischen<br />

„Historikers“ Olaf Rose. Neben den üblichen jüngeren Neonazis<br />

aus Kameradschaften und NPD erschienen auch Thomas Vierk, Jörg<br />

Hähnel, Matthias Wichmann und einzelne Personen aus dem Spektrum<br />

der „Reichsbürger“. Zweihundert Antifas protestierten u.a. mit einer<br />

Spontandemonstration gegen <strong>die</strong> Veranstaltung. Im dar<strong>auf</strong>folgenden Jahr<br />

fand <strong>die</strong> Veranstaltung dann in einer Buckower Behinderteneinrichtung<br />

statt – <strong>die</strong> Verantwortlichen des Bezirks Neukölln glänzten wie so oft mit<br />

ihrem guten Geschmack bei der Genehmigung von Veranstaltungsorten<br />

für Neonazis. Redner war Udo Pastörs, NPD-Fraktionsvorsitzender aus<br />

dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern. 150 Menschen protestierten<br />

gegen <strong>die</strong> Veranstaltung. Im Jahr <strong>2009</strong> fand eine solche Veranstaltung<br />

nicht statt.<br />

Abgesehen von <strong>die</strong>sen beiden Veranstaltungen nahmen <strong>die</strong> Aktionen<br />

der NPD in Neukölln eher skurrile Züge an. Neben den im Jahr 2006<br />

geplanten und polizeilich verbotenen uniformierten Streifen<strong>die</strong>nsten<br />

gegen „Kinderschänder“ glänzte sie vor allem am 23. August 2008 mit<br />

einer Demonstration gegen den Bau von zwei Hindu-Tempeln in Neukölln.<br />

In einer Rede <strong>auf</strong> <strong>die</strong>ser Demonstration schwadronierte Vierk in plumpester,<br />

rassistischer Weise von „finsteren Elementen aus dem fernen<br />

Afrika“, <strong>die</strong> „mit Drogen handeln“, von „kleinen gelben Männchen“, <strong>die</strong> in<br />

Neukölln „Im- und Exportartikel verhökern“ und von „bunt geschmückten<br />

Elefanten“ <strong>auf</strong> der Hermannstraße. Sogar weite Teile der Neonaziszene<br />

waren vom Thema der Veranstaltung peinlich berührt. Begleitet von den<br />

Protesten mehrerer hundert GegendemonstrantInnen, welche Barrikaden<br />

errichteten und den PKW eines Neonazis in Brand setzten, nahmen nur<br />

130 Neonazis an der Demonstration teil. Sebastian Thom, Presseverantwortlicher<br />

und Ordner <strong>auf</strong> der Demonstration, wurde von der Polizei<br />

festgenommen, weil er einen Schlagstock bei sich trug.<br />

Am 5. September 2008 nahm dann schließlich der Ring Nationaler Frauen<br />

(RNF) seinen ganzen Mut zusammen und organisierte eine Saalveranstaltung<br />

in der Boddinstraße in Nord-Neukölln. Konfrontiert mit Attacken<br />

<strong>auf</strong> den Veranstaltungsort im Vorfeld und mit direkten Protesten einiger<br />

hundert Menschen vor Ort, erreichten nur 21 Neonazis den Saal, darunter<br />

vier Frauen. Manuela Tönhardt (NPD-Bezirksverordnete Lichtenberg,<br />

RNF-Mitglied) und ihre Begleitung bekamen einen antifaschistischen<br />

Platzverweis und blieben <strong>auf</strong> der Strecke. (siehe Artikel „Frauen in der<br />

Neonaziszene“). Im Jahr <strong>2009</strong> trat <strong>die</strong> Neuköllner NPD bisher lediglich<br />

durch das Durchführen von einzelnen Infoständen öffentlich in Erschei-<br />

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