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Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

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fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />

verbotene Runen zu sehen, das Cover der 10. Ausgabe zeigt z.B. einen<br />

SA-Angehörigen mit einer Hakenkreuzarmbinde. Im gedruckten JVA-Report,<br />

den offiziell ein Freundeskreis Brandenburg publiziert, kommen<br />

auch Martin Wiese, der 2003 das neue Jüdische Kulturzentrum in München<br />

in <strong>die</strong> Luft sprengen wollte, oder der SS-Offizier Erich Priebke, der<br />

wegen seiner Beteiligung am Massenmord an 335 italienischen Zivilisten<br />

im Jahr 1944 lebenslangen Hausarrest verbüßt, zu Wort. Der Freundeskreis<br />

Brandenburg hatte seinen Sitz bis in das Jahr 2006 in Belzig. Der<br />

als rassistischer Mörder bekannt gewordene Enrico Hilprecht steuert das<br />

Internet-Netzwerk Freundeskreis Brandenburg aus der JVA-Brandenburg /<br />

Havel heraus. Hilprecht bezeichnet sich selbst als Gründer des Freundeskreis<br />

Brandenburg, unter dem Spitznamen „Ente“ und dem Kürzel „E.H.“<br />

meldet sich der Neonazi in den Reports immer wieder zu Wort. Im Jahr<br />

2000 hatte Hilprecht in Dessau den Mosambikaner Alberto Adriano zu<br />

Tode getreten.<br />

Reaktionäres Justiz-Klima<br />

Nicht unerwähnt bleiben sollte, dass sich Positionen der extremen<br />

Rechten auch <strong>auf</strong> der Seite der Justiz finden. Der Leiter der Intensivtäterabteilung<br />

in der Berliner Staatsanwaltschaft, Oberstaatsanwalt Roman<br />

Reusch, wurde im Januar 2008 wegen seiner extrem rechten Positionen<br />

in <strong>die</strong> Generalstaatsanwaltschaft versetzt. Er hatte im Dezember 2007<br />

bei einem Vortrag vor der rechten CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung u.a.<br />

dafür plä<strong>die</strong>rt, „ausländische Kriminelle“ in „Sicherungshaft“ zu nehmen.<br />

Groteskerweise sollte mit dem Staatsanwalt Rolf von Niewitecki ein ehemaliger<br />

Vizelandeschef der extrem rechten Partei Republikaner (REP) in<br />

<strong>die</strong> Abteilung 47 wechseln. Von Niewitecki war Ende der 80er Jahre, damals<br />

bereits Staatsanwalt, einflussreiches Mitglied der rassistischen und<br />

ausländerfeindlichen Partei und wurde im Februar 1990 zum stellvertretenden<br />

Landesvorsitzenden gewählt. Schlagzeilen machte von Niewitecki<br />

im Herbst 1989, als der „Parteirebell“ und spätere Neonazifunktionär<br />

Carsten Pagel den damaligen Landesvorsitzenden Bernhard Andres<br />

(Polizist) wegputschte. In dem Zusammenhang ermittelte <strong>die</strong> Staatsanwaltschaft,<br />

nachdem Gerichtsakten und Polizeidossiers im Präsidium der<br />

Republikaner <strong>auf</strong>getaucht waren. Sein Parteifreund Pagel wurde später<br />

bekennender Neonazi und mischte u.a. mit dem jetzigen NPD-Funktionär<br />

Frank Schwerdt beim neonazistischen Hoffmann von Fallersleben<br />

Bildungswerk e.V. mit, welches auch das Neonazi-Blatt Berlin-Brandenburger<br />

Zeitung in Berlin-Adlershof beherbergte.<br />

Regelmäßig schaffen es auch Berliner Polizeibeamte mit ihren rechten<br />

Aktivitäten oder Sprüchen in <strong>die</strong> Schlagzeilen zu kommen. Zuletzt war<br />

ein Zivilbeamter in Thor Steinar Kleidung bei einer antifaschistischen Gedenkdemonstration<br />

am 9. November 2008 in Moabit erschienen. Im März<br />

20<strong>04</strong> wurden <strong>die</strong> engen Kontakte eines Berliner Bereitschaftspolizisten<br />

zu Berliner Neonazis bekannt, er hatte jeweils 30 bis 70 Neonazis im Umgang<br />

mit der Polizei geschult. Ein Beamter des LKA Brandenburg wurde<br />

am 18. November 2006 gar als Teilnehmer einer Neonazidemonstration<br />

in Seelow erkannt. Im Februar 2007 weigerten sich Schüler der Polizeischule<br />

Ruhleben, dem Holocaust-Überlebenden Issak Behar zuzuhören.<br />

24 Jahre lang arbeitete Falko Gramse als ehrenamtlicher Dozent für <strong>die</strong><br />

Landespolizeischule. Im Juli 2007 wurde er seiner Aufgaben entbunden,<br />

da er regelmäßig Texte in Neonazizeitschriften publizierte. Am 2. August<br />

2007 durchsuchten Polizisten <strong>die</strong> Wohnung ihres Kollegen Andreas T.<br />

sowie <strong>die</strong> Wohnung seiner Freundin Michaela Zanker (u.a. RNF, NPD), da<br />

er Neonazi-Musik vetrieben haben soll.<br />

Fazit<br />

Welche Schlußfolgerungen ziehen Antifaschisten nun aus <strong>die</strong>ser Situation?<br />

Zweifelsohne ist ein Neonazischläger hinter Gittern eine geringere Gefahr,<br />

als wenn <strong>die</strong>ser frei <strong>auf</strong> der Strasse agiert. Wer Opfer von Neonazigewalt<br />

wurde, sollte auch sicher <strong>die</strong> möglichen juristischen Mittel nutzen, um <strong>die</strong><br />

Täter zu belangen. Hierbei sollte man jedoch politisch bewußt, taktisch<br />

nüchtern und in Rücksprache mit GenossInnen, linken AnwältInnen und<br />

Opferberatungsstellen agieren. Zu guten Freunden werden Polizei und Justiz<br />

nicht dadurch, dass sie zufällig das Richtige tun. Zwar werden repressionsgeplagte<br />

Neonazis zukünftig vielleicht anders <strong>auf</strong>treten, sie bleiben<br />

aber politisch aktive Neonazis. Neonazis sind schlicht kein „kriminelles<br />

Problem“ sondern ein politisches. Und als solches muss es - bei Bedarf<br />

auch außerhalb juristischer Spielregeln - angegangen werden.<br />

Neonazi-Club JVA-Tegel<br />

Zu den politisch agierenden inhaftierten Neonazis in Tegel<br />

gehören bzw. gehörten:<br />

Sebastian Dahl: Am 14. Juli 2001 kam es zu<br />

einem Brandanschlag <strong>auf</strong> das antirassistische<br />

Festival „Le monde est à nous“ in Königs Wusterhausen<br />

(Brandenburg). Die Neonazis Ingo<br />

Nitschke (Dresden), Christian Anders (Wunsiedel)<br />

und Sebastian Dahl (Berlin) warfen mehrere<br />

Molotowcocktails <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Bühne. Die dort<br />

schlafenden Jugendlichen entgingen nur knapp<br />

einer Katastrophe. Mit an dem Angriff beteiligt<br />

war Jeannine Paris, welche das Fluchtfahrzeug<br />

fuhr. Am 30. Juli 2001 gab es einen weiteren<br />

Brandanschlag der Neonazis Dahl, Paris, Nitschke und Martin Harder<br />

(KW). Diesmal verfehlten deren Molotowcocktails nur knapp den Wohnwagen<br />

einer Sinti und Roma Familie mit fünf Kindern in Wildau, einem<br />

Nachbarort von KW.<br />

Lutz Schillock: Lutz Schillock und Detlef Nolde (zuvor Cholewa) wurden<br />

am 16. April 1997 in Berlin Adlershof verhaftet. Kurz zuvor waren<br />

deren „Kameraden“ Olaf Schmidke und Chris Danneil (Wittenberg /<br />

Kameradschaft Elbe-Ost) <strong>auf</strong> offener Strasse von den Beiden erstochen<br />

worden. Lutz Schillok wurde wegen zweifachen Totschlags zu 14 Jahren<br />

Haft verurteilt.<br />

Oliver Oeltze: Der als Gewalttäter bekannte Neonazi Oliver Oeltze<br />

wurde vom Potsdamer Amtsgericht zu einer Haftstrafe von zwei Jahren<br />

ohne Bewährung verurteilt. Er hatte am 19. Juni 2005 aus einer<br />

Gruppe von 15 Neonazis heraus in einer Potsdamer Straßenbahn zwei<br />

Männer zusammengeschlagen. Oeltze wurde in einem ähnlichen Fall<br />

bereits zu vier Jahren Haft verurteilt. Er hatte in Potsdam zwei Linke<br />

angegriffen und lebensgefährlich verletzt.<br />

Michael Regener („Lunikoff“): Der Sänger der Neonaziband Landser<br />

war im Dezember 2003 vom Berliner Kammergericht wegen Volksverhetzung<br />

und Rädelsführerschaft in einer kriminellen Vereinigung<br />

verurteilt worden. Er gilt als Kopf der gewalttätigen und stark waffeninteressierten<br />

Neonazi-Rockergang Vandalen – ariogermanische Kampfgemeinschaft.<br />

Seine Haft saß er in der JVA-Tegel ab und ist mittlerweile<br />

wieder <strong>auf</strong> freiem Fuß.<br />

Alexander Willibald Bahls: Am 6. Oktober 2006<br />

wurde Alexander-Willibald Bahls festgenommen.<br />

Er war Betreiber des Berliner Neonazi-Ladens<br />

Parzifal. Offizieller Mieter des Ladens war Philipp<br />

Schlaffer (Pseudonym: Harry Andersen) aus<br />

Wismar. Bahls ist Gründungsmitglied der 1994<br />

ins Leben gerufenen Neonaziband Spreegeschwader,<br />

<strong>die</strong> in der Szene als Stellvertreter<br />

der Band Landser gilt. Er spielte auch bei D.S.T..<br />

Bahls wird der Neonazi-Gang Vandalen zugerechnet.<br />

Er hat am 5. Oktober 2006 gemeinsam mit<br />

weiteren Tätern <strong>die</strong> Wohnung von Schlaffer in Wismar gestürmt und<br />

<strong>die</strong>sen mit einer Axt bedroht. Gefordert wurde eine fünfstellige Summe<br />

als Entschädigung für <strong>die</strong> Vermarktung von Neonazi-Artikeln im Parzifal.<br />

Manuel Sandmann: Am 5. November 1999 wurde <strong>die</strong> Leiche von Kurt<br />

S. (38) in Lichtenberg gefunden. Er wurde erschlagen. Vier Neonazis<br />

wurden dar<strong>auf</strong>hin festgenommen. Im April 20<strong>04</strong> werden alle Tatbeteiligten<br />

zu lebenslanger Haft (Michael Voigt, Manuel Sandmann) bzw. zu<br />

acht Jahren (Björn Oberjartel) und 8,5 Jahren (Carsten Ufer) Jugendstrafe<br />

verurteilt. Sandmann war noch Gründer der Kameradschaft<br />

14/88 und einer Neonaziband in Berlin. Er wird regelmäßig von Neonazis<br />

aus dem Umfeld der Lichtenberger Kameradschaft Spreewacht<br />

Berlin (KSW) besucht und gegrüßt.<br />

T i t e l 27

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