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Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken

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fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />

KS-Tor nach dem Verbot<br />

Das Verbot der Lichtenberger Kameradschaft Tor im Jahr 2005 hat in <strong>die</strong> lokale Neonaziszene ein nur schwer<br />

zu füllendes Loch geschlagen. Die Versuche, sich zu reorganisieren und eine ähnliche Bedeutung wie <strong>die</strong> damalige<br />

Struktur zu erlangen, waren bis heute erfolglos. Die hauptsächliche politische Arbeit wurde damals an eine<br />

noch relativ unerfahrene Gruppe jugendlicher Neonazis übergeben. Das bedeutet jedoch nicht, dass sich <strong>die</strong><br />

AktivistInnen der Kameradschaft Tor und ihrer Mädelgruppe vollends aus der Politik zurückgezogen haben. Im<br />

folgenden kommt ein kleiner Überblick über <strong>die</strong> damaligen KS-Tor AktivistInnen und deren Entwicklung.<br />

Die Kameradschaft Tor (KS-Tor) war bis zu ihrem Verbot mit den Namen<br />

Björn Wild und Daniel Meinel verbunden. Gerade an <strong>die</strong>sen beiden<br />

Personen lässt sich gut zeigen, wie unterschiedlich <strong>auf</strong> <strong>die</strong> Repression<br />

reagiert wurde.<br />

Für den ehemaligen Anführer der Kameradschaft Tor Björn Wild war 2008<br />

kein gutes Jahr. Nachdem er infolge eines Angriffs in Pankow 2007 einige<br />

Zeit in Untersuchungshaft verbrachte und zu einer Bewährungsstrafe<br />

verurteilt wurde, hatte er 2008 mit anderen Repressalien zu kämpfen.<br />

Von der bundesweiten Durchsuchung der Wohnungen von Funktionären<br />

der Heimattreuen Deutschen Jugend (HDJ) im Oktober 2008 war<br />

auch Björn Wild betroffen. Informierte Quellen stufen Wild als wichtigen<br />

Aktivisten des Berliner Verbands ein. Als dann in der gleichen Woche das<br />

Auto seiner Ex-Freundin Mandy Lichtenknecker abbrannte, vermutete <strong>die</strong><br />

Polizei zuerst ihn als Täter. Erst ein Bekennerschreiben machte klar, dass<br />

der Neonazi Wild Ziel und nicht Urheber der Tat war. Nichts desto trotz<br />

ist Wild bis heute ein wichtiger Bestandteil der Berliner Neonaziszene.<br />

Er koordiniert <strong>die</strong> Neonazi-Jugendarbeit in Lichtenberg, er fertigt Fotos<br />

für Anti-Antifa-Karteien an und er wird als Autorität weiterhin anerkannt.<br />

Während des Aufmarsches am 6. Dezember 2008 koordinierte er sich mit<br />

dem Anmelder, Sebastian Schmidtke und anderen.<br />

Daniel Meinel hingegen wird nur noch selten bei politischen Aktivitäten<br />

gesehen. Nach einer kurzen Phase, in der er öffentlich für <strong>die</strong> Nachfolgestruktur<br />

Freie Kräfte Berlin <strong>auf</strong>trat, beschränt sich seine Präsenz <strong>auf</strong><br />

wenige Aufmärsche ausserhalb Berlins. Am 14. Februar <strong>2009</strong> nahm er<br />

z.B. als Fahnenträger am Aufmarsch in Dresden teil.<br />

Bengt Bolle, der Sohn des ehemaligen Hellersdorfer PDS-Fraktionschefs,<br />

ist einer der älteren KS-Torler. Er ist mit der Neonazi-Aktivistin Katharina<br />

Bolle (geb. Albrecht) verheiratet. Trotz des Verbots ist er weiterhin organisatorisch<br />

in der Berliner Szene aktiv. Auf etlichen Berliner Aufmärschen<br />

übernahm er Ordnerfunktionen. Bis vor einiger Zeit wohnte er mit Steffen<br />

Koppe in einer WG in der Weitlingstraße.<br />

Der jüngste der Truppe, Oliver Oeltze, hatte sich nach seiner Aufnahme in<br />

<strong>die</strong> Kameradschaft scheinbar erst durch besondere Aktivität zu beweisen.<br />

Er war deshalb nicht nur an den meisten KS-Tor-Aktivitäten beteiligt. In<br />

der Zeit nach dem Verbot fiel er vor allem durch Übergriffe <strong>auf</strong>. So wurde<br />

Oeltze nach mehreren brutalen Übergriffen in Potsdam zu einer mehrjährigen<br />

Haftstrafe verurteilt, <strong>die</strong> er bis 2011 abzusitzen hat.<br />

Auch <strong>die</strong> Anti-Antifa-Fotografin Nicole Stenzel - eine der fünf Frauen der<br />

KS-Tor Mädelgruppe - machte nach dem Verbot erstmal weiter wie bisher.<br />

Zusammen mit Christian Bentz und dem Pankower Paul Schneider trat<br />

sie am Rande von Aufmärschen als Fotografin in Erscheinung. Mehrere<br />

Strafverfahren gegen sie haben bei ihr inzwischen zu einem weitgehenden<br />

öffentlichen politischen Rückzug geführt.<br />

Madleen Hopp trennte sich im Zusammenhang mit dem Kameradschaftsverbot<br />

im Streit von den ehemaligen KameradInnen. Ihre Beziehung zum<br />

JN-Funktionär Sebastian Richter (Hohen Neuendorf) führte dazu, dass<br />

auch sie sich in der Lausitzer Neonaziszene organisierte.<br />

Die KS-Torler Marcus Gutsche, Thomas Göbel, Steffen Koppe, Kristina<br />

Gökcek und Simone Lehmann halten offensichtlich nur noch privat Kontakt<br />

mit den Lichtenberger AktivistInnen.<br />

Henrikje Herder – früher ebenfalls in der Mädelgruppe aktiv – wählte<br />

einen anderen Weg. Sie stieg im Jahr 2006 aus der Berliner Neonaziszene<br />

aus.<br />

Organisatorische Auswirkungen<br />

Die Organisationsverbote 2005 haben zu einer umfangreichen Umstrukturierung<br />

der Berliner Neonaziszene geführt. Kurz nach dem Verbot löste<br />

sich <strong>die</strong> größte Brandenburger Kameradschaft, der Märkische Heimatschutz<br />

(MHS) und ihre Berliner Untergliederung <strong>auf</strong>. Weitere Kameradschaften<br />

transformierten ihre Organisationsstruktur nach dem Vorbild der<br />

verbotenen Zuhammenhänge.<br />

Die Lichtenberger Neonazis organisierten sich im Nachgang des Verbots<br />

als „autonome“ Struktur unter wechselnden Namen. Merkmale von<br />

klassischen Vereinen – <strong>die</strong> KS-Tor war nach dem Vereinsrecht verboten<br />

worden – wie Gruppenkassen, Mitgliedschaften oder sogar Teller mit der<br />

Aufschrift „Kameradschaft Tor – Familie“ wurden durch lose Zusammenhänge,<br />

mehr Aktionismus und einen Abbau jeglicher fester Struktur<br />

ersetzt. Den Vorteilen – eine gesteigerte Aktivität – steht eine erhöhte<br />

Fluktuation der AktivistInnen gegenüber. Die meist jungen Neonazis, <strong>die</strong><br />

vorwiegend durch Action und Gewalt geködert werden, werden nicht mehr<br />

dem neonazistischen Theorieprogramm unterzogen, so dass der Rückzug<br />

leicht fällt, wenn <strong>die</strong> staatliche Repression oder der Stress mit AntifaschistInnen<br />

zunimmt.<br />

Björn Wild Bengt Bolle l. Daniel Meinel und r. Thomas Göbel<br />

Kristina Gökcek Katharina Bolle (geb. Albrecht)<br />

Nicole Strugalla<br />

Kameradschaft Tor in Wunsiedel v.l.n.r.:<br />

1.Reihe: Aussteigerin Henrikje Herder, Simone Lehmann, Nicole Stenzel,<br />

2.Reihe: Markus Gutsche, Madlen Hopp, Thomas Göbel,<br />

3. Reihe: Dennis Caspar, Steffen Koppe, Daniel Meinel,<br />

4. Reihe: Roderik Lohe, Oliver Oeltze, Björn Wild<br />

K S - To r 17

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