Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken
Fight Back 04 (Mai 2009) - Nazis auf die Pelle rücken
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fight.back Nr.4 - <strong>2009</strong><br />
Neuschwabenland in Berlin<br />
Die Anhänger von „Neuschwabenland“-Theorien vereint knallharte NS-<br />
Nostalgie, bizarre Verschwörungstheorien und der Glaube an Nazi-UFOs.<br />
Während des Zweiten Weltkrieges sei in der Antarktis eine unter dem<br />
Eis liegende deutsche Stadt gegründet worden. 1945 flüchteten <strong>Nazis</strong>,<br />
WissenschaftlerInnen und Militärs in <strong>die</strong>se geheime Basis. Dort perfektionierten<br />
sie sowohl ihre Gene als auch ihre Pläne von Reichsflugscheiben,<br />
auch als „UFOs“ bekannt. Auch <strong>die</strong> so genannten „Chemtrails“ sind mit<br />
Nazi-Ufos in Verbindung zu bringen. „Chemtrails“ sind sich „unnormal“<br />
<strong>auf</strong>lösende Flugzeug-Kondensstreifen (Chemie-contrails). Die Reichsflugscheiben<br />
bekämpfen wiederum <strong>die</strong>se feindlichen Giftgas versprühenden<br />
Flugzeuge.<br />
Zur ihrer 140. Pressekonferenz im Dezember 2008 luden Peter Schmidt<br />
und Andreas Wolfgang Sauer von der neonazistischen Berliner Neuschwabenland<br />
Gruppe (NSL) ins Restaurant Roseneck in Berlin Britz.<br />
Schmidt ist „freier Journalist“, Sauer hat vergeblich Jura stu<strong>die</strong>rt. Seine<br />
Reichsbürger-Ausbildung absolvierte Sauer bei dem Berliner „Reichskanzler“<br />
Wolfgang Ebel. Die über hundert anderen Pressekonferenzen fanden<br />
hingegen meist im Restaurant Spitteleck in Berlin Mitte statt. Etwa 30-50<br />
ZuhörerInnen aus ganz Deutschland lassen sich für <strong>die</strong>se Treffen begeistern.<br />
Obwohl Schmidt und <strong>die</strong> anderen NSL-Freunde <strong>auf</strong> der Internetseite<br />
unglaublichkeiten.com <strong>die</strong> LeserInnen mit „Sieg Heil“ und SS-Runen begrüßen,<br />
nimmt offenbar niemand an <strong>die</strong>sen seit nunmehr über viele Jahre<br />
- alle 14 Tage freitags oder sonnabends - stattfindenden Treffen anstoß.<br />
Zu verwirrend ist offenbar der Eindruck, den <strong>die</strong>se Gruppierung hinterläßt.<br />
Der Reichsbürger und Mitbegründer von unglaublichkeiten.com, Bernhard<br />
Paul Becker, steht häufig in Jena wegen Neonazipropaganda vor Gericht.<br />
Für einen Prozess in Gera sammelt Rechtsanwalt Gernot Schäffner (Berlin<br />
Stralau) <strong>die</strong> Spenden. Er vertrat u.a. auch den Berliner Holocaustleugner<br />
Klaus Krusche, <strong>die</strong> ehemalige Betreiberin des Andromeda-Buchversandes<br />
(jetzt Franken-Bücher) Anke Herrmann und unterstützt neonazistische<br />
Kleinstgrüppchen.<br />
14-tägig grüßt das Murmeltier<br />
Eigentlich sind es ja drei Murmeltiere, nämlich Axel Stoll, Peter Schmidt<br />
und der Ingenieur Claus Petersen. Stoll nennt sich selbst Fachautor<br />
17. Juni 2007 Bernhard Arnhold mit Kamera: Reichsbürger<strong>auf</strong>l<strong>auf</strong> in Berlin anläßlich eines geplanten aber nicht realisierten „Volks<strong>auf</strong>stand<br />
vor dem Brandenburger Tor“ von Klaus Dieter Weisheit im Namen der Deutschen Nationalversammlung. Die Deutsche Nationalversammlung<br />
wurde u.a. von Klaus Weichhaus, Norbert Steinbach, Bernhardt Heldt und Dr. Rudolf Seebald ins Leben gerufen.<br />
Neonazistische<br />
Parallelwelten<br />
Nazi-UFOs, Reichsregierungen und Chemtrails<br />
Reichsbürger, „Holocaustkritiker“, Verschwörungstheoretiker und selbsternannte „Hinter <strong>die</strong> Kulissen Schauer“<br />
sind seit vielen Jahren im politischen Alltagsgeschäft <strong>auf</strong>tauchende Gestalten. Man trifft sie als „komische“<br />
Gäste bei politischen Veranstaltungen, regelmäßig in Gerichten und vor allem im Internet. Ihre politische<br />
Außenwirkung darf man getrost als minimal bezeichnen, mitunter verlassen sie jedoch ihre Parallelwelt und<br />
mischen im politischen Geschehen in Berlin mit. Einen kleinen Ausflug in <strong>die</strong>se Welt können sich lokale Antifas<br />
nicht ersparen, wenn sie dem Anspruch gerecht werden wollen, gegen Neonazis jeder Coleur vorzugehen.<br />
zum Thema Flugscheibentechnik und nonkonventionelle Energien<br />
(freie-physik.ch.vu). In seinem Sinus Tangentus Verlag versorgte er<br />
Neuschwabenland-Gläubige mit ausgesuchten Fanartikeln, Literatur und<br />
„Schutzbewaffnung“ (DDR sozialisierte Antifas erinnern sich vielleicht,<br />
dass Sinus Tangentus eine Figur im Comicheft Mosaik war, welche <strong>die</strong><br />
Digedags als verwirrter Ingenieur und Erfinder zum Mond begleitete).<br />
Claus Petersen aus Schöneberg (fernseh<strong>die</strong>nstpetersen.de) beobachtet<br />
seit März 2005 Flugzeuge, <strong>die</strong> angeblich chemische Wolken versprühen<br />
und dokumentiert <strong>die</strong>se „Verbrechen“ u.a. mit dem NSL-Mitstreiter und<br />
verurteilten Holocaustleugner Karl-Wilhelm Schneider fotografisch im<br />
Internet. Die ProtagonistInnen (es sind meist Männer über 40) des NSL<br />
bewegen sich im „Reichsbürger“- und HolocaustleugnerInnen- Spektrum.<br />
Gern gesehene Gäste waren hier u.a. auch Sven Peters (Argo-Verlag und<br />
Magazin 2000), Christoph Kastius und Ernst Günther Kögel (Deutsche<br />
Nationalversammlung) und Frank Reitemeyer (NPD) als Experte zum<br />
Thema „Die Wurzelrassen der Geheimlehre“. Neben den Beiträgen solcher<br />
Referenten werden <strong>die</strong> neuesten Verschwörungstheorien angeboten<br />
oder man konsumiert Videos von infokrieg.tv. Bei den NSL-Treffen geht es<br />
stets um hochbrisante Themen wie „Reichsdeutsche Hochtechnologien“,<br />
Elektromagnetische Kriegsführung, Hochleistungsmikrowellen, Reichsflugscheiben<br />
und Chemtrails.<br />
Wer will kann sich <strong>die</strong> NSL-Treffen <strong>auf</strong> DVD für schlappe 20,- Euro bei<br />
Schmidt bestellen oder im Neuschwabenlandforum chatten. Von November<br />
2007 bis April 2008 konnte man sich <strong>die</strong> live-Übertragungen oder<br />
mp3-Versionen (radiowahrheit.blogspot.com von Kastius) anhören. Kastius<br />
hatte mit dem NSL kurzzeitig ein Projekt für sich entdeckt, zog sich<br />
jedoch nach einer handfesten Auseinandersetzung mit dem NSL-Chef<br />
Peter Schmidt, wobei es um Geld ging, wieder zurück (April 2008).<br />
Nachdem sich Peter Schmidt Anfang <strong>2009</strong> vermutlich aus gesundheitlichen<br />
Gründen („Kur- und Erholungsurlaub“) vom NSL-Treffen<br />
zurückgezogen hat, wurde selbiges kurzzeitig in „Wissenschaftsforum“<br />
umbenannt. Mittlerweile wird wieder vom NSL-Treffen gesprochen und<br />
das 153-igste fand im Juni <strong>2009</strong> in der Gaststätte „Spitteleck“ statt.<br />
Hauptakteure sind Petersen und Stoll, weitere NSL-Treffen sind am<br />
selben Ort angekündigt.<br />
N e o n a z i s t i s c h e P a r a l l e l w e l t e n 11