Drei Jahrhunderte Agrarwissenschaft in Russland: Von 1700 ... - IAMO
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<strong>Drei</strong> <strong>Jahrhunderte</strong> <strong>Agrarwissenschaft</strong> <strong>in</strong> <strong>Russland</strong>: <strong>Von</strong> <strong>1700</strong> bis zur Gegenwart<br />
Zu e) Formierung des Agrar-Industrie-Komplexes<br />
Spezialisierung und Konzentration der landwirtschaftlichen Produktion und ihre<br />
Industrialisierung, die Mechanisierung, der wachsende Bedarf an M<strong>in</strong>eraldünger<br />
sowie die Zunahme der Bewässerungsfläche führten zu engen Verflechtungen<br />
der Landwirtschaft mit der vor- und nachgelagerten Industrie. Es bildet sich der<br />
sogenannte Agrar-Industrie-Komplex (AIK) heraus, dessen Strukturen wissenschaftlich<br />
zu begründen s<strong>in</strong>d. Der AIK wird def<strong>in</strong>iert als die Menge der Landwirtschaftsbetriebe<br />
mit den mit ihnen organisch verbundenen anderen Zweigen<br />
der Wirtschaft, mit denen sie als E<strong>in</strong>heit funktionieren.<br />
Nach W. A. TICHONOW hat der AIK folgende Zweigstruktur:<br />
I Zweige der Landwirtschaft;<br />
II Produktionsmittelherstellende Zweige;<br />
III Verarbeitungs<strong>in</strong>dustrie;<br />
IV Zirkulationssphäre (Handel);<br />
V Dienstleistungssphäre für die Landwirtschaft.<br />
Neben WLADIMIR ALEXANDROWITSCH TICHONOW (1927-1994), der die Agrarabteilung<br />
des Instituts für Ökonomik an der Akademie der Wissenschaften der<br />
UdSSR leitete, haben sich um Forschungsarbeiten zum AIK vor allem WLADIMIR<br />
POTAPOWITSCH MOSHIN (geb. 1929), Mitglied der WASCHNIL, und MARLEN<br />
MICHAJLOWITSCH MAKEJENKO (geb. 1925) verdient gemacht.<br />
Zu f) Ökonomisch-mathematische Modellierung<br />
In den 50er und 60er Jahren entstand als pr<strong>in</strong>zipiell neue wissenschaftliche Richtung<br />
die mathematische Modellierung ökonomischer Prozesse. Geme<strong>in</strong>sam mit<br />
dem Computer ergab sich so die Möglichkeit zu (virtuellen) ökonomischen Experimenten,<br />
die erlauben, teure Versuche und Experimente <strong>in</strong> der Praxis zu vermeiden.<br />
Die Väter der ökonomische-mathematischen Modellierung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>Russland</strong><br />
LEONID WITALJEWITSCH KANTOROWITSCH (1912-1986), der 1975 für die Erf<strong>in</strong>dung<br />
der L<strong>in</strong>earen Programmierung und ihre Anwendung <strong>in</strong> der Wirtschaft den<br />
Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften erhielt 93 , WASILIJ SERGEJEWITSCH<br />
NEMTSCHINOW (1894-1974) und VIKTOR WASILJEWITSCH NOWOSHILOW (1892-<br />
93 Wie hoch das Ansehen KANTOROWITSCHs unter den sowjetischen Wissenschaftlern bereits<br />
vor der Verleihung des Nobelpreises war, veranschaulicht das folgende Erlebnis während<br />
me<strong>in</strong>es Zusatzstudiums der Wirtschaftsmathematik <strong>in</strong> Len<strong>in</strong>grad. In dieser Zeit arbeitete<br />
KANTOROWITSCH <strong>in</strong> Nowosibirsk und kam zu e<strong>in</strong>em Vortrag nach Len<strong>in</strong>grad. Es war für die<br />
meisten Interessenten (für mich leider auch) unmöglich, e<strong>in</strong>en Platz im Hörsaal zu erhalten,<br />
<strong>in</strong> dem er sprach, weil sich viele schon e<strong>in</strong>ige Stunden vorher Sitz- und Stehplätze gesichert<br />
hatten.<br />
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