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06.12.2012 Aufrufe

Landpost 43/2011 Aktuell 31 nur untertags. Beim Schlafen legte er sich ein Messer auf den Rücken. Sobald er sich zur Seite drehte, piekste ihn das Messer. Dadurch wurde der Wilderer sogleich wach und konnte dadurch mehrmals der Gendarmerie, die ihn verfolgte, entweichen“. Als Spazierstock getarntes Wilderergewehr. 1737 stellte der Schwäbische Kreis fest, dass ein Anstieg der Wilderei durch vagabundierende Menschen zu verzeichnen sei. Deshalb sollten Wohnsitzlose sofort festgenommen werden und getarnte Wilderer mit geschwärzten Gesichtern oder mit Larven sollten sofort, ohne Prozess, aufgehängt werden. Wilderern ohne Tarnung sollte der Scharfrichter lediglich mit Denkmal für den Königlichen Förster August Schilcher. dem Beil die rechte Hand abhauen oder sie sollten lebenslänglich in „Eisen und Banden“ geschlossen werden. Fürstbischof Wenzeslaus bestätigte vom Hofrat ausgesprochene Urteile gegen Wilderer nicht nur, sondern verschärfte sie. Das war die Antwort darauf, dass öfter Freunde der inhaftierten Wilderer diese gewaltsam befreien wollten. Da liest man in den Aufzeichnungen: „Eine tumultuarische Rotte ertrotzte in respektlosem Andringen“ die Freilassung des Josef Eberle aus Hörmannshofen. In der Nacht vom 18./19.12.1796 befreite ein mit Flinten, Stutzen und Prügeln bewaffneter Haufen den Wilderer Ignaz Huber aus Stötten aus dem Gefängnis von Kaufbeuren-Oberdorf. Zwölf Männer der Pfarrei Wald drangen in das Haus des Oberjägers ein und trotzten ihm das Kurzgewehr ab, das er dem Schreiner Seelos aus Ronried beim Wildern abgenommen hatte. Am Sträßchen von Görisried nach Bodelsberg, unweit von Kempten, steht an der Einöde Hagelschwand ein Denkmal mit der Inschrift: „An dieser Stelle wurde am 9.10.1872 abends um 9 Uhr der Ehrsame Kempter Bote Anton Maurus meuchelmörderisch erschossen“. Damals gab es im Kempter Wald etliche Wildschützen und die Stelle des Mordes lag tief im Wald. Zuvor hatte sich der Anton Maurus darauf eingelassen, illegal geschossenes Wild in seinem Planwagen nach Kempten mitzunehmen, um es an bestimmte Abnehmer zu verkaufen. Der Bote, so wird erzählt, betrog aber die von ihm abhängigen Wildschützen öfter und drohte ihnen auch mit einer Anzeige. Die Wilderer wollten den Mitwisser aus dem Weg räumen. Einer von ihnen lauerte ihm am Sträßchen auf und erschoss ihn aus dem Hinterhalt. Der wie gewohnt vom Pferd nach Hause gezogene Planwagen erschreckte die Frau des Kempter Boten fürchterlich, als sie unter der Plane den Toten entdeckte. Obwohl der Mörder offiziell unbekannt blieb, war im Volksmund die Täterschaft kein Geheimnis. Jagdzimmer mit Möbeln aus Geweihstangen und Wandteppich mit Jagdmotiven. Gemetzel im Schlosshof Im Jahr 1797 kam es zu einem schrecklichen Gemetzel im Schlosshof zu Oberdorf. Eine Horde Wilderer probte den Aufstand, woraufhin der Fürstbischof Wenzeslaus „kaiserliche Truppen aufmarschieren ließ, um gegen die Wilderei vorzugehen“. Ein Wildschütz aus Stötten wurde festgesetzt, aber in der Nacht von sympathisierenden Bauern befreit. „Daraufhin wurden 80 Männer aus Stötten, Roßhaupten, Wald und Sulzschneid als Verdächtige verhaftet und im Schlosshof eingesperrt“, wie Aufzeichnungen beweisen. Die zu Hilfe gerufenen Soldaten der Kavallerie, die sich vorher „fürchtig“ betrunken hatten, hieben wahllos auf die Gefangenen ein, wobei neben anderen der Wildschütze Johann Huber aus Stötten sowie der Bäcker Konrad Hosp aus Roßhaupten ihr Leben verloren. Die von den Feldern herbei eilenden Bauern vertrieben mit Heugabeln und Sensen schließlich die Soldaten. Da die Wilderer Wohlverhalten gelobten, gab der Fürstbischof „churmildest“ nach. Zwischen Steinbach und Pracht am Bodenlosen See erinnert ein Denkmal ebenso wie am Antonskreuz westlich von Steinbach an das Schicksal des Försters August Schilcher, der am Silvesterabend 1918 in treuer Pflichterfüllung von Wilderer- Hubertus als Patron der Jäger, Forstleute, Schützen und Handwerker. hand erschossen wurde. Der Kgl. Förster hatte im Krieg Soldaten beim Wildern erwischt und dem Gericht übergeben. Nach der Verurteilung schworen sie Rache. Die Täter verscharrten den erschossenen Jäger im Wald; jedoch eine aus dem Erdboden ragende Hand der Leiche trug dazu bei, dass man ihn schnell fand. Um 1980 lebte nach der Haftstrafe „der letzte von ihnen noch in Lechbruck“. Wilderer gibt es noch Als bekanntester Wilderer im Ostallgäu wird der 1736 bei Augsburg geborene Mathias Klostermaier genannt. Obgleich er Anführer von zwei Dutzend Wilderern war, „entwickelte er sich zum Volkshelden und Beschützer der Armen und Verfolgten“, bis man ihn 1771 in Dillingen vierteilte und „ein Teil des Körpers auf dem Oberdorfer Galgenberg verscharrte“. Noch heute soll es „Wilderer“ geben, die heimlich durch die Wälder streifen, um sich Geweihtrophäen zu besorgen oder unberechtigt einen Wildbraten zu schießen. Die Hege und Pflege der Wildtiere und deren Lebensraum steht in unserer Zeit für die Jäger klar geregelt im Vordergrund, wozu sie am Hubertustag zu den Klängen der Jagdhornbläser mit anschließender Messe ihren Schutzpatron um Beistand bitten. Karl-Heinz Wiedner

Landpost 43/2011 <strong>Aktuell</strong> 31<br />

nur untertags. Beim Schlafen<br />

legte er sich ein Messer auf den<br />

Rücken. Sobald er sich zur Seite<br />

drehte, piekste ihn das Messer.<br />

Dadurch wurde der Wilderer sogleich<br />

wach und konnte dadurch<br />

mehrmals der Gendarmerie, die<br />

ihn verfolgte, entweichen“.<br />

Als Spazierstock getarntes Wilderergewehr.<br />

1737 stellte der Schwäbische<br />

Kreis fest, dass ein Anstieg der<br />

Wilderei durch vagabundierende<br />

Menschen zu verzeichnen<br />

sei. Deshalb sollten Wohnsitzlose<br />

sofort festgenommen werden<br />

und getarnte Wilderer mit<br />

geschwärzten Gesichtern oder<br />

mit Larven sollten sofort, ohne<br />

Prozess, aufgehängt werden.<br />

Wilderern ohne Tarnung sollte<br />

der Scharfrichter lediglich mit<br />

Denkmal für den Königlichen<br />

Förster August Schilcher.<br />

dem Beil die rechte Hand abhauen<br />

oder sie sollten lebenslänglich<br />

in „Eisen und Banden“<br />

geschlossen werden. Fürstbischof<br />

Wenzeslaus bestätigte<br />

vom Hofrat ausgesprochene Urteile<br />

gegen Wilderer nicht nur,<br />

sondern verschärfte sie.<br />

Das war die Antwort darauf,<br />

dass öfter Freunde der inhaftierten<br />

Wilderer diese gewaltsam<br />

befreien wollten. Da liest man<br />

in den Aufzeichnungen: „Eine<br />

tumultuarische Rotte ertrotzte<br />

in respektlosem Andringen“ die<br />

Freilassung des Josef Eberle aus<br />

Hörmannshofen. In der Nacht<br />

vom 18./19.12.1796 befreite<br />

ein mit Flinten, Stutzen und<br />

Prügeln bewaffneter Haufen<br />

den Wilderer Ignaz Huber aus<br />

Stötten aus dem Gefängnis von<br />

Kaufbeuren-Oberdorf. Zwölf<br />

Männer der Pfarrei Wald drangen<br />

in das Haus des Oberjägers<br />

ein und trotzten ihm das Kurzgewehr<br />

ab, das er dem Schreiner<br />

Seelos aus Ronried beim<br />

Wildern abgenommen hatte.<br />

Am Sträßchen von Görisried<br />

nach Bodelsberg, unweit von<br />

Kempten, steht an der Einöde<br />

Hagelschwand ein Denkmal mit<br />

der Inschrift: „An dieser Stelle<br />

wurde am 9.10.1872 abends um<br />

9 Uhr der Ehrsame Kempter Bote<br />

Anton Maurus meuchelmörderisch<br />

erschossen“.<br />

Damals gab es im Kempter<br />

Wald etliche Wildschützen<br />

und die Stelle des Mordes lag<br />

tief im Wald. Zuvor hatte sich<br />

der Anton Maurus darauf eingelassen,<br />

illegal geschossenes<br />

Wild in seinem Planwagen<br />

nach Kempten mitzunehmen,<br />

um es an bestimmte Abnehmer<br />

zu verkaufen. Der Bote, so wird<br />

erzählt, betrog aber die von<br />

ihm abhängigen Wildschützen<br />

öfter und drohte ihnen auch<br />

mit einer Anzeige. Die Wilderer<br />

wollten den Mitwisser aus<br />

dem Weg räumen. Einer von ihnen<br />

lauerte ihm am Sträßchen<br />

auf und erschoss ihn aus dem<br />

Hinterhalt. Der wie gewohnt<br />

vom Pferd nach Hause gezogene<br />

Planwagen erschreckte die<br />

Frau des Kempter Boten fürchterlich,<br />

als sie unter der Plane<br />

den Toten entdeckte. Obwohl<br />

der Mörder offiziell unbekannt<br />

blieb, war im Volksmund die<br />

Täterschaft kein Geheimnis.<br />

Jagdzimmer mit Möbeln aus Geweihstangen<br />

und Wandteppich<br />

mit Jagdmotiven.<br />

Gemetzel im Schlosshof<br />

Im Jahr 1797 kam es zu einem<br />

schrecklichen Gemetzel<br />

im Schlosshof zu Oberdorf.<br />

Eine Horde Wilderer probte<br />

den Aufstand, woraufhin der<br />

Fürstbischof Wenzeslaus „kaiserliche<br />

Truppen aufmarschieren<br />

ließ, um gegen die Wilderei<br />

vorzugehen“. Ein Wildschütz<br />

aus Stötten wurde festgesetzt,<br />

aber in der Nacht von sympathisierenden<br />

Bauern befreit.<br />

„Daraufhin wurden 80 Männer<br />

aus Stötten, Roßhaupten, Wald<br />

und Sulzschneid als Verdächtige<br />

verhaftet und im Schlosshof<br />

eingesperrt“, wie Aufzeichnungen<br />

beweisen. Die zu Hilfe gerufenen<br />

Soldaten der Kavallerie,<br />

die sich vorher „fürchtig“ betrunken<br />

hatten, hieben wahllos<br />

auf die Gefangenen ein, wobei<br />

neben anderen der Wildschütze<br />

Johann Huber aus Stötten sowie<br />

der Bäcker Konrad Hosp aus<br />

Roßhaupten ihr Leben verloren.<br />

Die von den Feldern herbei eilenden<br />

Bauern vertrieben mit<br />

Heugabeln und Sensen schließlich<br />

die Soldaten. Da die Wilderer<br />

Wohlverhalten gelobten,<br />

gab der Fürstbischof „churmildest“<br />

nach.<br />

Zwischen Steinbach und Pracht<br />

am Bodenlosen See erinnert ein<br />

Denkmal ebenso wie am Antonskreuz<br />

westlich von Steinbach<br />

an das Schicksal des Försters<br />

August Schilcher, der am<br />

Silvesterabend 1918 in treuer<br />

Pflichterfüllung von Wilderer-<br />

Hubertus als Patron der Jäger,<br />

Forstleute, Schützen und Handwerker.<br />

hand erschossen wurde. Der Kgl.<br />

Förster hatte im Krieg Soldaten<br />

beim Wildern erwischt und dem<br />

Gericht übergeben. Nach der<br />

Verurteilung schworen sie Rache.<br />

Die Täter verscharrten den<br />

erschossenen Jäger im Wald;<br />

jedoch eine aus dem Erdboden<br />

ragende Hand der Leiche trug<br />

dazu bei, dass man ihn schnell<br />

fand. Um 1980 lebte nach der<br />

Haftstrafe „der letzte von ihnen<br />

noch in Lechbruck“.<br />

Wilderer gibt es noch<br />

Als bekanntester Wilderer im<br />

Ostallgäu wird der 1736 bei<br />

Augsburg geborene Mathias<br />

Klostermaier genannt. Obgleich<br />

er Anführer von zwei Dutzend<br />

Wilderern war, „entwickelte er<br />

sich zum Volkshelden und Beschützer<br />

der Armen und Verfolgten“,<br />

bis man ihn 1771 in<br />

Dillingen vierteilte und „ein Teil<br />

des Körpers auf dem Oberdorfer<br />

Galgenberg verscharrte“.<br />

Noch heute soll es „Wilderer“<br />

geben, die heimlich durch die<br />

Wälder streifen, um sich Geweihtrophäen<br />

zu besorgen oder<br />

unberechtigt einen Wildbraten<br />

zu schießen. Die Hege und<br />

Pflege der Wildtiere und deren<br />

Lebensraum steht in unserer<br />

Zeit für die Jäger klar geregelt<br />

im Vordergrund, wozu sie am<br />

Hubertustag zu den Klängen der<br />

Jagdhornbläser mit anschließender<br />

Messe ihren Schutzpatron<br />

um Beistand bitten.<br />

Karl-Heinz Wiedner

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