BVT-Merkblatt zu Abwasser- und Abgasbehandlung

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Kapitel 3 Erneuerung von bestehenden Anlagen oder Standorten stößt man auf eine Reihe von technischen und Managementproblemen, von denen die geläufigsten nachfolgend skizziert sind. Diese Probleme sind keine Ausflüchte zur Umgehung von einzuführenden Umweltschutztechniken, sondern stellen einige Faktoren im Zusammenhang mir der Erneuerungen von Anlagen dar: � eine komplexere und zeitraubendere Projektierungsphase; � Testläufe und Pilotstudien zur Bewertung der Auswirkung einer Änderung auf den gesamten Prozess; � die Auswirkungen auf alle bestehenden Einrichtungen im Auslegungsstadium in Betracht ziehen; � Übersichten über alle bestehenden Anlagen in der Phase des Detailengineerings zur genauen Festlegung aller Schnittstellen. Die räumlichen Gegebenheiten können Einschränkungen bedingen (z. B. Anlagen(teile), die auf erhöhtem Niveau angeordnet sind, Leitungsführung, Erfordernis, einige bestehende Anlagen zu versetzen, Bau von vorübergehenden technischen Einrichtungen); � Spezielle Vorsorgemaßnahmen, damit die Arbeiten sicher und ohne Schäden durchgeführt werden können, sogar wenn der Betrieb der Anlage weiter läuft; � die Gelegenheit einer geplanten Anlagenabstellung (Überholung) zur Ausführung jeglicher Baumaßnahmen nutzen, die bei Normalbetrieb nicht bewerkstelligt werden können. Da diese Situation nur alle paar Jahre auftritt, bestimmt er den Nachrüstungszeitpunkt; � ein längeres oder früheres Herunterfahren der Anlage als geplant (mit geschäftlichen und finanziellen Auswirkungen); � die Außerbetriebnahme und der Abbruch von alten, überflüssigen Anlagen(teilen); � Ausbildung des Personals hinsichtlich des Betriebs neuer Anlagen(teile); � zu überarbeitende Anlagendokumentation (z. B. Betriebsanweisungen, Änderung der Genehmigung, Handbücher für die Wartung, Überwachung und Sicherheit). Zusätzlich zum primär angestrebten Ziel des verbesserten Umweltschutzes kann die Nachrüstung von Chemieanlagen auch andere bedeutende Vorteile bringen. Einige Techniken (z. B. Vorbehandlungstechniken mit der Möglichkeit stofflicher Rückgewinnung, prozessintegrierte Maßnahmen) können eine bedeutende wirtschaftliche Rentabilität bieten, z. B. durch höhere Effizienz und Ausbeuten oder durch Einsparung von Wasser und Energie bedingte Kostenreduktionen (oder verminderte Abwasserabgabe in den Fällen, in denen ein Abwasserabgabensystem vollzogen wird), die die Investitionen und Betriebskosten der Nachrüstung aufwiegen. Nachrüstungen können auch einen Wettbewerbsvorteil bringen, da den Kunden und den Interessensvertretern (z. B. Aktionäre, örtliche Gemeinden, Genehmigungsbehörden und Umweltgruppen) die Einführung innovativer Technologie vor Augen geführt wird. Überlegungen, ob eine Technologie die geeignete Technik für die Nachrüstung in einem konkreten Fall darstellt, haben primär damit zu tun, dass die Möglichkeiten in der bestehenden Anlage zu den verfahrenstechnischen, physikalischen und strukturellen Anforderungen der Technik zur Emissionsminderung passen. Bei jedweder Auswahl von Techniken ist die Unterscheidung ihres Einsatzes in neuen oder in bestehenden Anlagen ein entscheidender Punkt. Soweit verfügbar, sind in diesem Kapitel Informationen zum Potenzial der Nachrüstbarkeit einer Technik dargelegt. 3.2.3 Gegenüberstellung von Kapital- und Betriebskosten Die unterschiedlichen Minderungstechniken (Minderung mittels Anlagen oder prozessbezogene Techniken) können in Beug auf die Verteilung zwischen Kapital- und Betriebskosten sehr unterschiedlich sein. Einige teure Anlagen können niedrige Betriebskosten aufweisen, während sehr kostengünstige Anlagen mit einem sehr starken Anstieg der Betriebskosten, wie Lohnkosten, Energie- oder Chemikalienverbrauch verbunden sein können. Im Allgemeinen ist es einfacher, die Kosten für die Anlagen als solche anzugeben als alle Folgekosten, die mit einer Technik verbunden sein können. Zudem werden Anlagenteile aufgrund der Inflation etc. mit der Zeit teurer. Die Lohnkosten stellen hinsichtlich der Betriebskosten einen wichtigen Faktor dar und können sich in Abhängigkeit von den unterschiedlichen Lohnkosten in den Mitgliedsstaaten auf die Entscheidung für oder gegen eine Technik unterschiedlich auswirken. Wenn in diesem Dokument Lohnkosten angegeben sind, werden deshalb, sofern verfügbar, auch (oder anstelle) die Arbeitsstunden angegeben. 52 Abwasser- und Abgasbehandlung

Kapitel 3 3.2.4 Gestehungskosten für erste Anlagen zur Emissionsminderung im Vergleich zu zusätzlichen Kosten bei bestehenden Anlagen Ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Betrachtung der Kosten einer bestimmten Technik ist die sich ändernde Kosteneffizienz in Abhängigkeit vom Verminderungsniveau, von dem die Berechnung der Kosteneffizienz ausgeht. Normalerweise werden bei der Installierung oder Einführung einer Technik die Kosten und die Wirksamkeit – Angabe als Wirkungsgrad der Emissionsminderung oder in Tonnen reduzierter Emissionen – im Vergleich zum Betrieb ohne Emissionsverminderung angegeben. In einem solchen Fall lässt sich die Kosteneffizienz leicht durch Division der Kosten durch die erreichte Emissionsminderung errechnen. Es gibt viele Fälle, bei denen innerhalb bestimmter Industriestandorte bereits ein bestimmtes Verminderungsniveau vorliegt. In diesen Fällen sind die Kosten für das Erreichen eines vorgegebenen Verminderungsziel, im Vergleich zur ursprünglichen Kosteneffizienz mit Bezug auf ein Niveau ohne Minderungstechnik, bedeutend höher. Dies muss bei der Bestimmung der Kosteneffizienz einer Technologie oder Technik berücksichtigt werden. Vor diesem Hintergrund kann die Kosteneffizienz für zusätzliche Minderungskosten wie folgt berechnet werden: Keff = (B – A)/C B: Emissionsminderung der betrachteten Technik [kg] A: Emissionsminderung der bereits installierten Technik [kg] C: Kosten der betrachteten Technik 3.3 Abwasserbehandlungstechniken 3.3.1 Prozessintegrierte Maßnahmen Einige wichtige – normalerweise leicht nachrüstbare – produktionsintegrierte Maßnahmen im Abwasserbereich sind nachfolgend beschrieben. Einige anschauliche Beispiele sind in Abschnitt 3.3.1.3. erwähnt. Allerdings muss ihre Umsetzung, z. B. von Wassersparmaßnahmen, sorgfältig bewertet werden. Obwohl diese Maßnahmen der Umwelt normalerweise zuträglich sind, können sie unter bestimmten Umständen zu negativen Auswirkungen auf andere Umweltkompartimente führen, was den Nutzen der Wassereinsparung oder der Schadstoffverminderung einschränken kann. 3.3.1.1 Gegenstromextraktion als Beispiel für wassersparende Verfahren Herkömmliche Verfahren zur Produktwäsche stellen Mehrfachextraktionen dar, bei denen das Produkt diskontinuierlich mit Wasser zur Entfernung von Salzen oder anderen löslichen, in niedrigen Konzentrationen vorliegenden Komponenten behandelt wird. Die eingesetzte Wassermenge beträgt im Allgemeinen ein Vielfaches der zu waschenden Produktmenge. Bei jedem einzelnen Extraktionsschritt treten wegen seiner Löslichkeit, der Emulsionsbildung und der Bildung von festen Phasen an der Phasengrenze etc. unvermeidbare Verluste auf. Durch die Optimierung des Extraktionsprozesses und/oder durch die Einführung von fortschrittlichen Extraktionsverfahren, wie der Gegenstromextraktion, kann eine beträchtliche Reduktion der Abwassermenge (und des Abfalls) erreicht werden. Die gleichzeitige Erhöhung der Schadstoffkonzentration könnte eine leichtere und/oder effizientere Behandlung ermöglichen, oder, unter bestimmten Umständen, ein stoffliches Recycling. Das Ausmaß und die Art der Optimierung hängen von der Produktionskapazität und von der regelmäßigen Durchführung der Chargenproduktion ab. Die Gegenstromextraktion ist speziell bei Großanlagen wirtschaftlich. Dann kann sie auf einen bestimmten Produktionsprozess zugeschnitten werden. Bei Anlagen mit geringen Produktmengen, Produktionen im Pilotmaßstab und bei selten durchgeführten Kampagnenproduktionen sind andere Verfahren besser geeignet. Abwasser- und Abgasbehandlung 53

Kapitel 3<br />

3.2.4 Gestehungskosten für erste Anlagen <strong>zu</strong>r Emissionsminderung im Vergleich<br />

<strong>zu</strong> <strong>zu</strong>sätzlichen Kosten bei bestehenden Anlagen<br />

Ein wichtiger Gesichtspunkt bei der Betrachtung der Kosten einer bestimmten Technik ist die sich ändernde<br />

Kosteneffizienz in Abhängigkeit vom Verminderungsniveau, von dem die Berechnung der Kosteneffizienz ausgeht.<br />

Normalerweise werden bei der Installierung oder Einführung einer Technik die Kosten <strong>und</strong> die Wirksamkeit<br />

– Angabe als Wirkungsgrad der Emissionsminderung oder in Tonnen reduzierter Emissionen – im Vergleich<br />

<strong>zu</strong>m Betrieb ohne Emissionsverminderung angegeben. In einem solchen Fall lässt sich die Kosteneffizienz<br />

leicht durch Division der Kosten durch die erreichte Emissionsminderung errechnen.<br />

Es gibt viele Fälle, bei denen innerhalb bestimmter Industriestandorte bereits ein bestimmtes Verminderungsniveau<br />

vorliegt. In diesen Fällen sind die Kosten für das Erreichen eines vorgegebenen Verminderungsziel, im<br />

Vergleich <strong>zu</strong>r ursprünglichen Kosteneffizienz mit Be<strong>zu</strong>g auf ein Niveau ohne Minderungstechnik, bedeutend<br />

höher. Dies muss bei der Bestimmung der Kosteneffizienz einer Technologie oder Technik berücksichtigt werden.<br />

Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> kann die Kosteneffizienz für <strong>zu</strong>sätzliche Minderungskosten wie folgt berechnet werden:<br />

Keff = (B – A)/C<br />

B: Emissionsminderung der betrachteten Technik [kg]<br />

A: Emissionsminderung der bereits installierten Technik [kg]<br />

C: Kosten der betrachteten Technik<br />

3.3 <strong>Abwasser</strong>behandlungstechniken<br />

3.3.1 Prozessintegrierte Maßnahmen<br />

Einige wichtige – normalerweise leicht nachrüstbare – produktionsintegrierte Maßnahmen im <strong>Abwasser</strong>bereich<br />

sind nachfolgend beschrieben. Einige anschauliche Beispiele sind in Abschnitt 3.3.1.3. erwähnt. Allerdings<br />

muss ihre Umset<strong>zu</strong>ng, z. B. von Wassersparmaßnahmen, sorgfältig bewertet werden. Obwohl diese Maßnahmen<br />

der Umwelt normalerweise <strong>zu</strong>träglich sind, können sie unter bestimmten Umständen <strong>zu</strong> negativen Auswirkungen<br />

auf andere Umweltkompartimente führen, was den Nutzen der Wassereinsparung oder der Schadstoffverminderung<br />

einschränken kann.<br />

3.3.1.1 Gegenstromextraktion als Beispiel für wassersparende Verfahren<br />

Herkömmliche Verfahren <strong>zu</strong>r Produktwäsche stellen Mehrfachextraktionen dar, bei denen das Produkt diskontinuierlich<br />

mit Wasser <strong>zu</strong>r Entfernung von Salzen oder anderen löslichen, in niedrigen Konzentrationen vorliegenden<br />

Komponenten behandelt wird. Die eingesetzte Wassermenge beträgt im Allgemeinen ein Vielfaches der<br />

<strong>zu</strong> waschenden Produktmenge. Bei jedem einzelnen Extraktionsschritt treten wegen seiner Löslichkeit, der Emulsionsbildung<br />

<strong>und</strong> der Bildung von festen Phasen an der Phasengrenze etc. unvermeidbare Verluste auf.<br />

Durch die Optimierung des Extraktionsprozesses <strong>und</strong>/oder durch die Einführung von fortschrittlichen Extraktionsverfahren,<br />

wie der Gegenstromextraktion, kann eine beträchtliche Reduktion der <strong>Abwasser</strong>menge (<strong>und</strong> des<br />

Abfalls) erreicht werden. Die gleichzeitige Erhöhung der Schadstoffkonzentration könnte eine leichtere<br />

<strong>und</strong>/oder effizientere Behandlung ermöglichen, oder, unter bestimmten Umständen, ein stoffliches Recycling.<br />

Das Ausmaß <strong>und</strong> die Art der Optimierung hängen von der Produktionskapazität <strong>und</strong> von der regelmäßigen<br />

Durchführung der Chargenproduktion ab. Die Gegenstromextraktion ist speziell bei Großanlagen wirtschaftlich.<br />

Dann kann sie auf einen bestimmten Produktionsprozess <strong>zu</strong>geschnitten werden. Bei Anlagen mit geringen<br />

Produktmengen, Produktionen im Pilotmaßstab <strong>und</strong> bei selten durchgeführten Kampagnenproduktionen sind<br />

andere Verfahren besser geeignet.<br />

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