BVT-Merkblatt zu Abwasser- und Abgasbehandlung

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Kapitel 1 1.3.2 End-of-pipe-Techniken End-of-pipe-Techniken sind Verfahren, die die Emissionen aus Produktions- oder Lageranlagen oder von Betriebsflächen - bzw. Teilen davon - behandeln, um deren Schadstoffgehalt zu vermindern (s. Abbildung 1.1 und Abbildung 1.2). 1.3.2.1 Abwasserbehandlung Die bei bestehenden Anlagen vorliegenden wirtschaftlichen Einschränkungen (hohe Investitionskosten) oder begrenzten Nachrüstmöglichkeiten (z. B. Platzmangel) bewirken, dass prozessintegrierte Maßnahmen vorzugsweise bei neu errichteten Anlagen vorgenommen werden. Daher greift man in der chemischen Industrie wie auch in den meisten anderen Industriebranchen auf End-of-pipe-Verfahren zurück, wenn man Abwasser und die darin enthaltenen Schadstoffe mindern will. Diese Verfahren umfassen die Vorbehandlung oder Endbehandlung von Abwassereinzelströmen ebenso wie die zentrale Behandlung des Gesamtabwassers vor Einleitung in einen Vorfluter. Die verschiedenen End-of-pipe-Abwasserbehandlungsverfahren sowie ihre Anwendbarkeit zur Minderung der wichtigsten Schadstoffe in der chemischen Industrie finden sich in Tabelle 1.1. Verfahren Susp. Feststoffe BSB CSB TOC Refraktärer CSB 8 Abwasser- und Abgasbehandlung AOX EOX Nges NH4-N (NH3) PO4-P Schwermetalle Sedimentation X (X) a (X) j Luftflotation X X b (X) j X Filtration X (X) a (X) j MF / UF (X) c (X) a Ölabscheidung X X Fällung X X Kristallisation X X chemische Oxidation X X X Nassoxidation Oxidation mit überkriti- X X X X schem SCWO Wasser - X X X X chemische Reduktion chemische Hydrolyse NF / UO X X X X Adsorption X X X X Ionenaustausch (X) d X Extraktion X X X Destillation/Rektifikation X X X Eindampfung (X) e X Strippung (X) f X X Verbrennung X X (X) g X (X) k X X biologisch anaerob X (X) h (X) h X l biologisch aerob X (X) h X X Nitri-/Denitrifizierung a nur Feststoffe b ungelöster organischer Anteil c fein dispers und geringe Konzentration d ionogene organische Teilchen e nicht-flüchtiger organischer Anteil f flüchtiger organischer Anteil g spezielle Brennerausführung erforderlich h nur biologisch abbaubarer Anteil j ungelöste Schwermetallverbindungen X X k überführt in die Asche oder das Abwasser aus der Verbrennungsanlage l in Verbindung mit Sulfat als Sulfid gefällt Tabelle 1.1: Wichtige Abwasserschadstoffe mit zugehörigen Behandlungstechniken Chemiestandorte mit komplexem Produktionsspektrum haben für Prozesswasser in der Regel ein ausgedehntes Sammel- und Behandlungssystem. Für eine Abwasserbehandlung gibt es unterschiedliche Ansätze, wobei jeder - je nach den Umständen - seine Vor- und Nachteile hat: Phenole Öl

Kapitel 1 � dezentrale Abwasserbehandlungsanlagen (AWBA), in denen das Abwasser am Ort des Anfalls behandelt und danach in den Vorfluter eingeleitet wird (d. h. keine zentrale Abwasserbehandlungsanlage am Standort); � zentrale Abwasserbehandlung, normalerweise unter Einsatz einer zentralen Abwasserbehandlungsanlage (AWBA); � zentrale AWBA mit vorgelagerter Teilstromvorbehandlung am Ort des Anfalls; � Abwassereinleitung in eine kommunale Kläranlage; � Abwassereinleitung in eine kommunale Kläranlage mit Vorbehandlung am Ort des Anfalls, wobei die beiden letzten Spiegelstriche jeweils einen Sonderfall der beiden vorhergehenden Spiegelstriche darstellen. Die Vorteile einer dezentralen Abwasserbehandlung oder einer Behandlung am Ort des Anfalls (oder die Nachteile einer zentralen Abwasserbehandlung) sind: � die Betriebsleiter der einzelnen Produktionsanlagen zeigen ein größeres Verantwortungsbewusstsein gegenüber den Abwasserabgängen, wenn sie für die Qualität ihrer eigenen Abwassereinleitungen direkt verantwortlich gemacht werden; � größere Flexibilität bei Werkserweiterungen oder beim Einstellen auf sich verändernde Bedingungen; � Behandlungsanlagen für den Ort des Anfalls werden maßgeschneidert und zeigen so normalerweise eine bessere Arbeitsweise; � im Gegensatz zur zentralen biologischen Behandlung fällt kein (oder weniger) Überschussschlamm zur Entsorgung an; � die Behandlungsleistung von nicht-biologischen Verfahren ist unabhängig von der biologischen Abbaubarkeit der Abwasserströme; � Vermeidung einer Verdünnung durch Vermischen von unterschiedlichen Abwasserströmen und dadurch normalerweise eine bessere Wirksamkeit bei der Behandlung, etc.; � das Kosten-Nutzen-Verhältnis kann bei einer Teilstrombehandlung deutlich besser sein als bei einer zentralen Behandlung. Die dezentrale Abwasserbehandlung ist die Methode der Wahl bei Abwasserteilströmen mit vollkommen unterschiedlichen Eigenschaften. Die Hauptvorteile beim Einsatz einer zentralen AWBA (oder die Nachteile von dezentralen Behandlungsanlagen), sind: � Zunutzemachen von Synergieeffekten durch einen Mix von biologisch abbaubarem Abwasser, d. h. Effekte, die einen mikrobiologischen Abbau von speziellen Schadstoffen in einer Mischung mit anderen (oder sogar in einer Verdünnung mit anderen Abwasserströmen) möglich machen , während der Teilstrom selbst nur geringe biologische Abbaubarkeit zeigt; � Zunutzemachen von Mischungseffekten, wie Temperatur- oder pH-Ausgleich; � effektiverer Chemikalien- (z. B. Nährstoffe) und Materialeinsatz, und damit Senken der spezifischen Betriebskosten. Abwasser von Chemiestandorten wird auch gemeinsam mit kommunalem Abwasser behandelt, und zwar entweder in herkömmlichen kommunalen Kläranlagen oder in speziell für die gemeinsame Behandlung von kommunalem und industriellem Abwasser eingerichteten Anlagen. Die gemeinsame Behandlung erfolgt normalerweise so, dass das Industrieabwasser wegen seiner hohen organischen Anfangsbelastung und seiner Neigung zu sinkender Abbaurate in verdünnter Form im ersten Schritt eine Hochlaststufe durchläuft und anschließend, nach Zusammenführen mit dem kommunalen Abwasser, in einem zweiten biologischen Schritt einer Behandlung in einer Niederlaststufe unterzogen wird. Die Erfahrung hat gezeigt, dass die gemeinsame Behandlung von kommunalem Abwasser und Abwasser aus der chemischem Industrie im Allgemeinen - zumindest in erster Näherung - weder synergetische noch antagonistische Effekte auf den Vorfluter hat [cww/tm/82] (ein Gegenbeispiel für eine aufeinander abgestimmte Betriebsweise einer AWBA der chemischen Industrie und einer kommunalen Kläranlage wird in Annex 7.1 beschrieben). Die eingeleiteten Schadstofffrachten verhalten sich im Allgemeinen additiv. Abwasser- und Abgasbehandlung 9

Kapitel 1<br />

1.3.2 End-of-pipe-Techniken<br />

End-of-pipe-Techniken sind Verfahren, die die Emissionen aus Produktions- oder Lageranlagen oder von Betriebsflächen<br />

- bzw. Teilen davon - behandeln, um deren Schadstoffgehalt <strong>zu</strong> vermindern (s. Abbildung 1.1 <strong>und</strong><br />

Abbildung 1.2).<br />

1.3.2.1 <strong>Abwasser</strong>behandlung<br />

Die bei bestehenden Anlagen vorliegenden wirtschaftlichen Einschränkungen (hohe Investitionskosten) oder<br />

begrenzten Nachrüstmöglichkeiten (z. B. Platzmangel) bewirken, dass prozessintegrierte Maßnahmen vor<strong>zu</strong>gsweise<br />

bei neu errichteten Anlagen vorgenommen werden. Daher greift man in der chemischen Industrie wie<br />

auch in den meisten anderen Industriebranchen auf End-of-pipe-Verfahren <strong>zu</strong>rück, wenn man <strong>Abwasser</strong> <strong>und</strong> die<br />

darin enthaltenen Schadstoffe mindern will. Diese Verfahren umfassen die Vorbehandlung oder Endbehandlung<br />

von <strong>Abwasser</strong>einzelströmen ebenso wie die zentrale Behandlung des Gesamtabwassers vor Einleitung in<br />

einen Vorfluter. Die verschiedenen End-of-pipe-<strong>Abwasser</strong>behandlungsverfahren sowie ihre Anwendbarkeit <strong>zu</strong>r<br />

Minderung der wichtigsten Schadstoffe in der chemischen Industrie finden sich in Tabelle 1.1.<br />

Verfahren<br />

Susp.<br />

Feststoffe<br />

BSB<br />

CSB<br />

TOC<br />

Refraktärer<br />

CSB<br />

8 <strong>Abwasser</strong>- <strong>und</strong> <strong>Abgasbehandlung</strong><br />

AOX<br />

EOX<br />

Nges<br />

NH4-N<br />

(NH3)<br />

PO4-P<br />

Schwermetalle<br />

Sedimentation X (X) a<br />

(X) j<br />

Luftflotation X X b<br />

(X) j<br />

X<br />

Filtration X (X) a<br />

(X) j<br />

MF / UF (X) c<br />

(X) a<br />

Ölabscheidung X X<br />

Fällung X X<br />

Kristallisation X X<br />

chemische Oxidation X X X<br />

Nassoxidation<br />

Oxidation mit überkriti-<br />

X X X X<br />

schem<br />

SCWO<br />

Wasser -<br />

X X X X<br />

chemische Reduktion<br />

chemische Hydrolyse<br />

NF / UO X X X X<br />

Adsorption X X X X<br />

Ionenaustausch (X) d<br />

X<br />

Extraktion X X X<br />

Destillation/Rektifikation<br />

X X X<br />

Eindampfung (X) e<br />

X<br />

Strippung (X) f<br />

X X<br />

Verbrennung X X (X) g<br />

X (X) k<br />

X X<br />

biologisch anaerob X (X) h<br />

(X) h<br />

X l<br />

biologisch aerob X (X) h<br />

X X<br />

Nitri-/Denitrifizierung<br />

a<br />

nur Feststoffe<br />

b<br />

ungelöster organischer Anteil<br />

c<br />

fein dispers <strong>und</strong> geringe Konzentration<br />

d ionogene organische Teilchen<br />

e<br />

nicht-flüchtiger organischer Anteil<br />

f<br />

flüchtiger organischer Anteil<br />

g<br />

spezielle Brennerausführung erforderlich<br />

h<br />

nur biologisch abbaubarer Anteil<br />

j<br />

ungelöste Schwermetallverbindungen<br />

X X<br />

k<br />

überführt in die Asche oder das <strong>Abwasser</strong> aus der Verbrennungsanlage<br />

l<br />

in Verbindung mit Sulfat als Sulfid gefällt<br />

Tabelle 1.1: Wichtige <strong>Abwasser</strong>schadstoffe mit <strong>zu</strong>gehörigen Behandlungstechniken<br />

Chemiestandorte mit komplexem Produktionsspektrum haben für Prozesswasser in der Regel ein ausgedehntes<br />

Sammel- <strong>und</strong> Behandlungssystem. Für eine <strong>Abwasser</strong>behandlung gibt es unterschiedliche Ansätze, wobei jeder<br />

- je nach den Umständen - seine Vor- <strong>und</strong> Nachteile hat:<br />

Phenole<br />

Öl

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