Netzwerk Südbaden - August 2015
Augustausgabe 2015
Augustausgabe 2015
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Blickpunkt Mittelstand<br />
Im Wirtschaftsleben werden zur Pflege des Rufs des Unternehmens,<br />
der Geschäftsbeziehungen, des Arbeitsklimas oder zur<br />
Belohnung bzw. zum Anreiz für erbrachte Leistungen zahlreiche<br />
Sachzuwendungen hingegeben, bei denen in der Vergangenheit<br />
die steuerliche Erfassung des geldwerten Vorteils beim Empfänger<br />
der Zuwendungen Probleme aufwarf. Zu denken ist hierbei z.B.<br />
an Incentive Reisen, Einladungen zu sportlichen oder kulturellen<br />
Veranstaltungen oder Sachgeschenke aller Art.<br />
Diese Zuwendungen führen beim Empfänger in der Regel zu<br />
steuerpflichtigen Einnahmen, die dieser in seiner Steuererklärung<br />
anzugeben hat. In der Praxis sind und waren sich Zuwendungsempfänger<br />
aber oft nicht im Klaren über die steuerrechtliche Bedeutung<br />
der Vorgänge.<br />
Gleichzeitig will der Zuwendende aber nicht auf die Steuerpflichten<br />
hinweisen, da dies die beabsichtigte Imagepflege ins Gegenteil<br />
verkehren und beim Zuwendungsempfänger zu einiger Verwunderung<br />
über diese Art von Geschenken führen könnte.<br />
Aus diesem Grund hatte die Finanzverwaltung schon durch einschlägige<br />
BMF-Schreiben dem Zuwendenden die Möglichkeit<br />
Neues BMF-Schreiben zur Pauschalierung der<br />
Einkommensteuer bei Sachzuwendungen<br />
gegeben, die ertragssteuerlichen Folgen für die Empfänger zu<br />
übernehmen. Dies betraf insbesondere die Bereiche der Incentive-<br />
Reisen oder die VIP-Logen bei der Fußballweltmeisterschaft 2006.<br />
Diese finanzverwaltungsrechtliche Lösung wurde ab dem Jahr<br />
2007 auf eine gesetzliche Grundlage gestellt. Durch das Jahressteuergesetz<br />
2007 wurde mit § 37 b EStG eine Regelung in das<br />
Einkommensteuergesetz (EStG) eingefügt, die es dem zuwendenden<br />
Steuerpflichtigen ermöglicht, die Einkommensteuer auf Sachzuwendungen<br />
an Arbeitnehmer oder Geschäftsfreunde mit einem<br />
Steuersatz von 30 % pauschal zu übernehmen und abzuführen.<br />
Damit wird die steuerliche Erfassung des geldwerten Vorteils beim<br />
Zuwendungsempfänger abgegolten.<br />
Mittlerweile hat der Bundesfinanzhof in insgesamt vier Urteilen<br />
den Anwendungsbereich des § 37b EStG eingegrenzt und u.a.<br />
entschieden, dass die Pauschalierung die Steuerpflicht der Sachzuwendung<br />
voraussetzt. Mit dem neuen Schreiben vom 19. Mai<br />
<strong>2015</strong> erkennt die Finanzverwaltung die genannte BFH-Rechtsprechung<br />
dem Grunde nach an; gleichzeitig ändert bzw. erweitert<br />
sie jedoch ihre Verwaltungsanweisungen, woraus sich z.T. neue<br />
Zweifelsfragen ergeben.<br />
Im BMF-Schreiben werden insbesondere folgende Punkte angesprochen:<br />
• Von § 37b EStG werden nur solche Zuwendungen erfasst, die<br />
betrieblich veranlasst sind und die beim Empfänger dem Grunde<br />
nach zu steuerbaren und steuerpflichtigen Einkünften führen. Die<br />
Vorschrift begründet keine eigenständige Einkunftsart und erweitert<br />
nicht den einkommensteuerrechtlichen Lohnbegriff, sondern<br />
stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der<br />
Einkommensteuer zur Wahl. Damit sind z.B. Zuwendungen an<br />
Grenzgänger, die in Deutschland nicht steuerpflichtig sind, nicht<br />
zu pauschalieren.<br />
• Das Wahlrecht zur Pauschalierung kann auch durch Änderung<br />
einer noch nicht bestandskräftigen Lohnsteuer-Anmeldung ausgeübt<br />
werden. Eine erstmalige Wahlrechtsausübung im Rahmen<br />
einer Außenprüfung ist somit zulässig.<br />
• Gesellschaftsrechtliche Zuwendungen (z. B. verdeckte Gewinnausschüttungen)<br />
sind von der Pauschalierung ausgenommen.<br />
• Zuwendungen, die nicht zur ohnehin geschuldeten Leistung<br />
(Leistungsaustausch) hinzukommen, fallen nicht in den Anwendungsbereich<br />
der Pauschalierung. Beispiel: Zuwendungen zur<br />
Anbahnung eines Vertragsverhältnisses. Ebenso von der Pauschalierung<br />
ausgeschlossen sind Gewinne aus Verlosungen, Preisausschreiben<br />
und sonstigen Gewinnspielen.<br />
• Für Mahlzeiten aus besonderem Anlass und gewisse Aufmerksamkeiten<br />
wird festgelegt, dass diese erst ab einem Wert von 60<br />
Euro einzubeziehen sind. Bisher galt dies schon ab 40 Euro.<br />
• Die Verwaltung hält hingegen nach wie vor (und entgegen der<br />
höchstrichterlichen Auffassung) daran fest, dass nur Sachzuwendungen<br />
von mehr als 10 Euro in die Pauschalierung einzubeziehen<br />
sind. Sog. Streuwerbeartikel, deren Anschaffungs-/Herstellungskosten<br />
10 Euro nicht übersteigen, müssen damit nicht in den Anwendungsbereich<br />
des § 37b EStG einbezogen werden.<br />
Fazit: Mit dem neuen BMF-Schreiben werden einige für die Praxis<br />
wichtige Punkte geklärt; gleichzeitig ergeben sich aber auch neue<br />
Zweifelsfragen. Es kann davon ausgegangen werden, dass auch in<br />
Zukunft über die Pauschalierung der Einkommensteuer zu berichten<br />
sein wird.<br />
Frank Wolf<br />
Rechtsanwalt und Steuerberater<br />
bei PwC Freiburg<br />
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