Netzwerk Südbaden - August 2015
Augustausgabe 2015
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Märkte<br />
HANDWERK<br />
Respekt ist der Schlüssel<br />
Freiburger Jungpolitiker auf „Tour de Handwerk“<br />
Statt politischer Farbenlehre in die Vielfalt<br />
des Handwerks eingetaucht: Sechs<br />
Vertreter des Rings politischer Jugend Freiburg<br />
sind der Einladung der Handwerkskammer<br />
zu einer „Tour de Handwerk“<br />
gefolgt. „Wir wollen unseren vorwiegend<br />
akademisch gebildeten Nachwuchspolitikern<br />
in Freiburg das Handwerk, seine<br />
Ausbildungsleistung und seine Herausforderungen<br />
näher bringen – und das geht<br />
am besten vor Ort in den Unternehmen“,<br />
machte Martin Düpper, Leiter Kommunikation<br />
bei der Handwerkskammer Freiburg,<br />
die Motivation für diese Tour deutlich.<br />
Das Handwerk braucht Nachwuchs<br />
Los ging es in den Werkstätten der Gewerbe-Akademie:<br />
Hier lernten die Jungpolitiker<br />
zunächst die überbetriebliche Ausbildung<br />
kennen – und waren beeindruckt.<br />
In den Elektro-Werkstätten trafen sie auf<br />
Auszubildende im Theorie- und Praxisunterricht.<br />
Ausbildungsmeister erläuterten<br />
die Wichtigkeit der überbetrieblichen Ausbildung,<br />
die die Ausbildung in den teilweise<br />
sehr spezialisierten Betrieben ergänzt.<br />
Denn nur umfassend und auf aktuellem<br />
Stand ausgebildete Nachwuchskräfte können<br />
die Innovationskraft des Handwerks<br />
auch in Zukunft stärken.<br />
Wie das Thema Nachwuchs- und Fachkräftesicherung<br />
das Handwerk und seine Betriebe<br />
umtreibt, erläuterte Inge Tritz, Referatsleiterin<br />
für Fachkräftesicherung und<br />
Nachwuchsförderung der Handwerkskammer<br />
Freiburg. Eine Frage kam dabei recht<br />
schnell aus den Reihen der Gäste: „Woran<br />
liegt es, dass das Handwerk Probleme hat,<br />
Auszubildende zu finden?“ Tritz sieht dafür<br />
die gesellschaftliche Entwicklung der<br />
letzten Jahrzehnte hin zu einer Akademisierung<br />
der Bildung als ausschlaggebend.<br />
Das Handwerk muss an sich arbeiten<br />
Dass dabei auch die Handwerksbetriebe<br />
selbst gefordert sind, wurde bei der zweiten<br />
Station der Tour diskutiert. Im Betrieb des<br />
Raumausstattermeisters und Freiburger<br />
Kreishandwerksmeisters Michael Rauber,<br />
der in seinem in dritter Generation familiengeführten<br />
Kleinbetrieb zwei Lehrlinge<br />
ausbildet, wurde sichtbar: Es gibt deutlich<br />
weniger Probleme, Auszubildende zu<br />
finden, wenn die Ausbildungsqualität im<br />
Betrieb stimmt. Deutlich wurde auch, dass<br />
bei der Auswahl der Auszubildenden bei<br />
weitem nicht nur die Noten zählen. „In<br />
einem kleinen Betrieb müssen auch die<br />
Motivation des Azubis und die Chemie im<br />
Team stimmen.“<br />
Die familiäre Atmosphäre entfalte zudem<br />
eine hohe integrative Kraft. Das helfe auch<br />
bei der Herausforderung, sich bei dem deutlich<br />
veränderten Ausbildungsmarkt neuen<br />
Zielgruppen auf dem Bewerbermarkt anzunehmen.<br />
Ohne die richtige Unterstützung<br />
aus der Politik würde aber viel guter Wille<br />
ausgebremst. Eine ganz aktuelle Forderung<br />
an die Gäste gab es auch für die Ausbildung<br />
von Flüchtlingen: „Die Bereitschaft, Flüchtlinge<br />
auszubilden ist da – wir brauchen aber<br />
deutlich mehr Rechtssicherheit bei der Bleiberechtsregelung“,<br />
so Düpper.<br />
Das Handwerk braucht Mut und Respekt<br />
Letzer Tourpunkt war ein Besuch bei<br />
Schreinermeister Philipp Egenter bei<br />
„Raumobjekt“. Nach der Meisterprüfung<br />
2008 hatte Egenter gleich den Schritt in<br />
die Selbstständigkeit gewagt. Was ihn bei<br />
der Existenzgründung am meisten beschäftigt<br />
habe, wollten die Besucher wissen.<br />
„Die Verantwortung zu übernehmen hat<br />
mir anfangs mehrfach schlaflose Nächte<br />
bereitet“, gab Egenter offen zu.<br />
Das mittlerweile auf fünf Stammkräfte angewachsene<br />
Team machte ebenfalls klar, wie<br />
wichtig die Chemie ist. „Jeder versucht, das<br />
Beste aus sich herauszuholen und einzubringen“,<br />
so Egenter. Das sei ein wichtiger<br />
Teil des Erfolgsrezepts seines Betriebes, der<br />
erst in diesem Jahr in neue Räumlichkeiten<br />
gezogen ist. Aus den Äußerungen der Mitarbeiter<br />
wird klar: Die Ausbildungsqualität<br />
im Betrieb macht den Unterschied. So<br />
wurde deutlich, dass die Handwerksbetriebe<br />
es auch selbst in der Hand haben, die<br />
Attraktivität der handwerklichen Ausbildung<br />
und des Handwerks zu stärken: Qualität<br />
und Regionalität sind bei den Kunden<br />
wieder gefragt – hier ist nun das Handwerk<br />
am Zug, dieser Nachfrage nachzukommen.<br />
Dann sollte auch der oft beklagte fehlende<br />
gesellschaftliche Respekt für das Handwerk<br />
wieder ins Lot kommen. Der Respekt für<br />
die unternehmerische Leistung Egenters<br />
jedenfalls war deutlich zu spüren.<br />
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