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Irrgeister 2008 - Verein für Natur

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-<br />

NABU-Partner im HSK<br />

IRRGEISTER<br />

<strong>Natur</strong>magazin des<br />

<strong>Verein</strong>s <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz im HSK e.V.<br />

24. Jhg. 2007<br />

Themen<br />

Neues VNV-Buch „Flora im östlichen Sauerland“<br />

OAG-Berichte 2005 und 2006<br />

Orchideen im HSK - 4. Folge „Cephalanthera“<br />

Die Kreuzkröte im Sauerland<br />

Der Turmfalke - Vogel des Jahres 2007


2 IRRGEISTER 2007<br />

Impressum Inhalt<br />

Herausgeber:<br />

<strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz im<br />

Hochsauerlandkreis e.V.<br />

Geschäftsstelle (Neu!)<br />

und VNV-Station:<br />

Sauerlandstr. 74a, (Kloster Bredelar)<br />

34431 Marsberg-Bredelar<br />

Tel. 02991/908136<br />

Internet: www.vnv-hsk.de<br />

e-mail: mail@vnv-hsk.de<br />

Vorstand:<br />

Bernhard Koch 1. Vorsitzender 02377/805525<br />

viper8410@web.de<br />

Franz-Josef Stein 1. stellv. Vors. 02991/1281<br />

bfj-stein@t-online.de<br />

Johannes Schröder 2. stellv. Vors. 02991/1599<br />

j-e-schroeder@t-online.de<br />

Harald Legge Schriftführer, Ornith. AG<br />

02962/880669<br />

Haraldlegge@web.de<br />

Richard Götte Schatzmeister 02961/908710<br />

Richard.Goette@t-online.de<br />

Erweiterter Vorstand:<br />

Veronika Falkenstein 02961/8778<br />

V.Falkenstein@t-online.de<br />

Michaela Hemmelskamp 0291/51737<br />

wilkens66@aol.com<br />

Gerd Kistner 02932/37832<br />

gerd-kistner@t-online.de<br />

Sven Kuhl 02992/907700<br />

(Reptilien und Amphibien)<br />

Jörg Langanki 02933/921119 (Botanik-AG)<br />

MrBot22@aol.com<br />

Martin Lindner 02933/5639 (Wanderfalken)<br />

Falkmart1960@aol.com<br />

Erich Neuß 02931/6879 (Nisthilfen)<br />

Norbert Schröder 02992/4764 (Rotes Höhenvieh)<br />

BrigitteNorb.S@t-online.de<br />

Wolfgang Wilkens 0291/51737<br />

wilkens66@aol.com<br />

Vorstandsitzung:<br />

Jeden 2. Freitag im Monat, 19.15-22.30 Uhr, Gasthof<br />

Hengsbach, Bestwig. Die Sitzung ist öffentlich.<br />

Die Rechte der Vervielfältigung und auszugsweisen<br />

Wiedergabe liegen bei den Herausgebern. Für den<br />

Inhalt sind die Verfasser verantwortlich.<br />

Die <strong>Irrgeister</strong> werden allen Mitgliedern des VNV und den im<br />

HSK wohnenden NABU-Mitgliedern kostenlos zugesandt.<br />

Die <strong>Irrgeister</strong> werden auf weißem Recyclingpapier<br />

gedruckt.<br />

Bankverbindungen:<br />

Sparkasse Hochsauerland Brilon Kto.-Nr. 68577<br />

(BLZ 41651770)<br />

Volksbank Thülen eG, Brilon-Thülen<br />

Kto.-Nr. 4002100900 (BLZ 40069371)<br />

Der VNV wird NABU-Partner S. 3<br />

Arbeitseinsätze 1. Quartal <strong>2008</strong> S. 4<br />

Die „Flora im östlichen Sauerland“ S. 6<br />

Die Flora im östlichen Sauerland S. 11<br />

Über den Vogel des Jahres 2007 - der Turmoder<br />

Tüttelfalke (Falco tinnunculus) S. 15<br />

Erhalt der landschaftlichen Vielfalt S. 20<br />

Orchideen im Hochsauerlandkreis - 4. Folge<br />

Gattung „Waldvögelein“ (Cephalanthera) S. 23<br />

Die Kreuzkröte (Bufo calamita) im<br />

Hochsauerlandkreis S. 29<br />

Wo blieben die Wespen? S. 39<br />

Gute <strong>Natur</strong>schutznachrichten aus dem<br />

Sauerland S. 40<br />

Stacheldraht als Fledermausfalle S. 43<br />

Neues von unserer Fläche in Weninghausen S. 44<br />

Entbuschung eines NSG im Lennetal S. 45<br />

Anerkennung unserer <strong>Natur</strong>schutzarbeit S. 46<br />

Wasserbauliche Maßnahmen an der<br />

oberen Ruhr S. 47<br />

Beobachtungen seltener Vogelarten am<br />

Diemelsee S. 48<br />

Seit 25 Jahren - das Landesbüro als Schaltstelle<br />

<strong>für</strong> Verfahrensarbeit S. 49<br />

Insgesamt über 60 Verfahren bearbeitet S. 51<br />

Das neue Landschaftsgesetz NRW S. 52<br />

Obere Landschaftsbeiräte abgeschafft S. 52<br />

Bericht der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft<br />

im VNV (OAG) <strong>für</strong> die Jahre<br />

2005 und 2006 S. 53<br />

Buchbesprechungen S. 74<br />

Jubiläumsnachlese S. 81<br />

Redaktion: Veronika Falkenstein<br />

Harald Legge<br />

Titelfoto: Turmfalkenweibchen<br />

R. Götte<br />

Die Autoren dieser Ausgabe sind: Jens Brune, Veronika Falkenstein, Dr. Hans-Jürgen Geyer, Richard Götte, Dr. Stefan<br />

Kisteneich, Jörg Langanki, Harald Legge, Martin Lindner, Georg Schöllmann, Werner Schubert, Franz-Josef Stein, Klaus Stute,<br />

Dr. Henning Vierhaus


Der VNV wird NABU-Partner<br />

Sicher haben Sie etwas überrascht das Logo des <strong>Natur</strong>schutzbundes Deutschland (NABU)<br />

mit dem Weißstorch und dem Schriftzug „NABU-Partner im Hochsauerlandkreis“ auf<br />

der Titelseite dieser Ausgabe der IRRGEISTER entdeckt. Der VNV ist nun tatsächlich<br />

NABU-Partner im HSK.<br />

Vorgeschichte<br />

Erste Überlegungen einer offiziellen<br />

Zusammenarbeit zwischen VNV<br />

und NABU gab es schon vor über<br />

zehn Jahren. Damals sprach der damalige<br />

NABU-Landesvorsitzende<br />

Heinz Kowalski den VNV wegen<br />

einer engen Zusammenarbeit an.<br />

Gründe gab und gibt es auch heute<br />

da<strong>für</strong> mehrere. Zum einen ist der<br />

HSK der einzige Kreis in NRW, in<br />

dem es bis heute viele NABU-Mitglieder<br />

gibt, aber keinen selbständigen<br />

NABU-Kreisverband. Zum anderen<br />

sind die Aktivitäten des VNV<br />

nahezu deckungsgleich mit dem Engagement<br />

der über 50 anderen Kreisund<br />

Stadtverbände des NABU im<br />

Lande. Aus NABU-Sicht wünschte<br />

man sich daher damals, dass aus dem<br />

VNV der NABU-HSK würde. Dem<br />

VNV war und ist auch heute viel an<br />

seiner Selbstständigkeit gelegen.<br />

Deshalb wurden die Pläne zur engeren<br />

Zusammenarbeit damals wieder<br />

auf Eis gelegt.<br />

Im Juli 2005 sprach der heutige<br />

NABU-Landesvorsitzende Josef<br />

Tumbrinck den VNV erneut auf eine<br />

Zusammenarbeit an. Nun sollte der<br />

VNV nach seinem Vorschlag selbstständig<br />

bleiben, aber zukünftig auch<br />

als „NABU-Partner im Hochsauerland“<br />

erkennbar sein.<br />

Auf der VNV-Jahreshauptversammlung<br />

am 29.04.2006 wurde dann<br />

über dieses Angebot des NABU-<br />

NRW abgestimmt. Die anwesenden<br />

VNV-Mitglieder stimmten bei einer<br />

Enthaltung einstimmig <strong>für</strong> die Partnerschaft<br />

des VNV mit dem NABU.<br />

PARTNER<br />

Besonders in den letzten Wochen<br />

wurden von beiden Seiten die weiteren<br />

konkreten Schritte <strong>für</strong> diese<br />

Partnerschaft unternommen.<br />

Auf der nächsten VNV-Jahreshauptversammlung<br />

im April <strong>2008</strong> soll<br />

dann der Kooperations-Vertrag zwischen<br />

VNV und NABU offiziell unterzeichnet<br />

werden.<br />

Die Stimme des <strong>Natur</strong>schutzes<br />

wird gestärkt<br />

Die Vorteile <strong>für</strong> den <strong>Natur</strong>schutz im<br />

Sauerland allgemein und auch <strong>für</strong><br />

den VNV liegen auf der Hand:<br />

Insgesamt wird die Stimme des <strong>Natur</strong>schutzes<br />

im Sauerland gestärkt.<br />

Der VNV spricht auch die im HSK<br />

wohnenden NABU-Mitglieder an.<br />

Diese bekommen die IRRGEISTER<br />

zugeschickt; und sie werden zu unseren<br />

Jahreshauptversammlungen<br />

eingeladen. Der VNV kommt in den<br />

internen Informationsverteiler des<br />

NABU-NRW. Die Landesgeschäftsstelle<br />

des NABU in Düsseldorf steht<br />

dem VNV mit Rat und Tat zur Seite.<br />

Der VNV nimmt, solange kein eigener<br />

NABU-Kreisverband besteht,<br />

die drei Delegiertenstellen bei der<br />

Landesvertreterversammlung wahr.<br />

Gleichzeitig bleibt der VNV in all<br />

seinen Entscheidungen, in seiner<br />

gesamten Arbeit unabhängig und<br />

selbstständig; er bleibt weiterhin<br />

Mitglied der Landesgemeinschaft<br />

<strong>Natur</strong>schutz und Umwelt (LNU).<br />

Der NABU seinerseits kann den<br />

VNV in Zukunft als einen seiner<br />

Kreisverbände behandeln, ist also im<br />

gesamten NRW flächendeckend vor<br />

Ort vertreten.<br />

Die <strong>Natur</strong> im Sauerland kann also<br />

durch diese Partnerschaft zwischen<br />

VNV und NABU, dem mit mehr als<br />

420000 Mitgliedern größten<br />

<strong>Natur</strong>schutzverband in Deutschland,<br />

nur profitieren.<br />

Wir vom VNV begrüßen herzlich die<br />

NABU-Mitglieder aus dem Sauerland<br />

als neue IRRGEISTER-Leser!<br />

Wir würden uns freuen, Sie in Zukunft<br />

kennen zu lernen. Vielleicht<br />

haben Sie ja Interesse, auch aktiv<br />

mitzuhelfen, die <strong>Natur</strong> im Sauerland<br />

zu erhalten.<br />

Der VNV-Vorstand<br />

IRRGEISTER 2007 3


05.01.<strong>2008</strong>: NSG „Wulsenberg“ bei Marsberg – Abharken eines gemähten und entbuschten<br />

Halbtrockenrasens (Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)<br />

19.01.<strong>2008</strong>: NSG „Glockengrund“ bei Marsberg-Udorf – Zurückschneiden von Hecken<br />

(Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)<br />

02.02.<strong>2008</strong>: NSG „Wulsenberg“ (nahe Steinbruch) bei Marsberg – Entbuschen eines Halbtrockenrasens<br />

(Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)<br />

16.02.<strong>2008</strong>: NSG „Altenfils“ bei Brilon-Rösenbeck – Entbuschen der Heide<br />

(Leiter: Franz-Josef Stein, 02991/1281)<br />

01.03.<strong>2008</strong>: voraussichtl. NSG „Braunshauser Heide“ II bei Hallenberg-Braunshausen – Verbrennen<br />

von Büschen (Leiter: Franz-Josef Stein, 02991/1281)<br />

Siehe auch unter www.vnv-hsk.de !<br />

4 IRRGEISTER 2007<br />

Arbeitseinsätze 1. Quartal <strong>2008</strong><br />

Fotos: H. Legge


IRRGEISTER 2007 5


Die „Flora im östlichen<br />

6 IRRGEISTER 2007<br />

Sauerland“<br />

- ein Meilenstein in der naturkundlichen Erforschung der Region<br />

Schon am Gewicht des Buches von 3,1 kg merkt man, dass es ein gehaltvolles sein muss. Dieser Eindruck<br />

verfestigt sich schnell beim ersten Durchblättern. Die vielen, schönen Farbfotos – nicht nur Pflanzen,<br />

sondern auch Lebensräume – und die ansprechende, übersichtliche Gestaltung machen Lust aufs Lesen.<br />

Und zwar <strong>für</strong> alle an Pflanzen Interessierten, nicht nur <strong>für</strong> eingefleischte Botaniker!<br />

Hintergrund<br />

Hinter solchen Werken wie der „Flora<br />

des östlichen Sauerlandes“ stehen<br />

oft nur wenige Menschen, das ist<br />

auch in diesem Fall so. Kartierer,<br />

also die Menschen, die die Pflanzen<br />

gesucht haben, kommen einige zusammen.<br />

Aber die Erstellung dieses<br />

Buches und, dass muss man ehrlicherweise<br />

sagen, auch ein Großteil<br />

der Kartierarbeit, lagen über Jahre<br />

nur in einer Hand – nämlich beim<br />

Autor Richard Götte.<br />

Seine Wurzeln hat er als echter Sauerländer<br />

in Marsberg-Giershagen,<br />

wo er geboren wurde. Als Keimling,<br />

um im Vokabular der Botanik zu<br />

bleiben, hatte er den ersten, intensiven<br />

Kontakt zur Pflanzenwelt, bei<br />

seinem Onkel in der Gärtnerei Götte.<br />

Und, weil es hier so gut passt, nehmen<br />

wir mal an, dass ihn der Umgang<br />

mit Geranien und Co. bleibend<br />

geprägt hat. Die Sache mit der Gärtnerei<br />

ist übrigens nachher noch von<br />

Bedeutung. Später, als ausgewachsenes<br />

Exemplar, wurde er Polizist.<br />

Er tut auch heute noch seinen Dienst<br />

in der Wache in Brilon. Mitte der<br />

1980er Jahre streckte er seine Wurzeln<br />

in Richtung des VNV aus, wurde<br />

begeisterter Orni, wie man die<br />

Vogelkundler nennt, und nach und<br />

nach auch Botaniker.<br />

Die Anfänge der VNV-Pflanzenkartierung<br />

Als wir vom VNV mit dem Kartieren<br />

von Pflanzen anfingen, damals<br />

vor über 20 Jahren, konnten wir,<br />

überspitzt formuliert, gerade mal<br />

Gänseblümchen und Buche auseinander<br />

halten. Denn wir waren ja alle<br />

keine studierten Botaniker. Fritz<br />

RUNGE, Die Flora Westfalens, das<br />

war <strong>für</strong> uns die Bibel. Und trotzdem<br />

hatte das Lesen im RUNGE, wie man<br />

sagt, zwei Seiten. Zum einen haben<br />

wir erst einmal alles geglaubt und<br />

Werner Schuberts frisch-fröhliche Laudatio<br />

anlässlich der Buchvorstellung „Flora im östlichen<br />

Sauerland“ von Richard Götte am 5.Sept.<br />

2007 in der Sparkasse in Brilon<br />

Der Autor Richard Götte (Mitte) mit seiner Lebensgefährtin<br />

Christiane Kretzschmar und dem stellvertr. Vositzenden<br />

des VNV, Johannes Schröder, während der Buchvorstellung


wir waren erstaunt, was dieser eine<br />

Mensch alles aus Westfalen wusste<br />

oder aus Westfalen zusammengetragen<br />

hatte. Zum anderen haben wir<br />

doch das ein oder andere angezweifelt<br />

und konnten immer mal wieder<br />

sagen: „Das steht bei RUNGE aber<br />

nicht!“ – und das wirkte auf unsere<br />

Motivation wie Adrenalin pur, konnten<br />

wir doch sicher sein, das wir oft<br />

genug die ersten waren, die die Arten<br />

in einem bestimmten Gebiet<br />

erfassten, die eine verschollene Art<br />

<strong>für</strong> den HSK wiederentdeckten oder<br />

noch besser - denen gar der Erstnachweis<br />

einer Art gelang.<br />

Nehmen wir einmal den Berg-<br />

Steppenfenchel (Seseli annuum).<br />

Die Art wurde zuletzt 1869 von<br />

Jüngst auf den Kalkmagerrasen bei<br />

Brilon angegeben. Die gezielte Suche<br />

erbrachte schließlich nach fast<br />

genau 120 Jahren den Wiederfund<br />

durch Uwe Raabe. Er fand die Art<br />

unter anderem am „Gericht“, das ist<br />

der spitze „Kopf“ an der Umgehungsstraße<br />

Brilon vor der Kreuzung<br />

nach Altenbüren.<br />

Oder nehmen wir die Erbsenwicke<br />

(Vicia pisiformis). Die Art wird in<br />

der Florenliste von Nordrhein-Westfalen<br />

nicht geführt. Ein Vorkommen<br />

aus dem Jahr 1920 wurde von anderen<br />

Botanikern angezweifelt. Beim<br />

Studium des alten Herbariums von<br />

Brockhausen fand Richard Götte<br />

dann einen Beleg von Poelmann,<br />

wodurch der alte Nachweis abgesichert<br />

wurde. Dass die Art im letzten<br />

Jahr bei Marsberg-Padberg auf einer<br />

natürlichen Schotterhalde wiederentdeckt<br />

werden konnte, war dann<br />

schon eine kleine Sensation. Sie<br />

merken, Botanik ist auch eine spannende<br />

Sache.<br />

Vielfältige Landschaft<br />

Wie lässt sich der Landschaftsraum,<br />

den die Flora abdeckt, charakterisieren?<br />

Er umfasst die sieben Städte Marsberg<br />

und Brilon im Norden, dann<br />

Bestwig, Olsberg, Winterberg und<br />

im Süden Medebach und Hallenberg.<br />

Dieser Landschaftsraum ist<br />

nicht irgendein Landschaftsraum.<br />

Im Sauerland – nein, man darf wirklich<br />

sagen auch in NRW – werden<br />

Sie kaum Vergleichbares finden. Wir<br />

haben tiefe Lagen um die 250 m, die<br />

schon in den <strong>Natur</strong>raum Weserbergland<br />

gehören, und die höchsten Berge<br />

in NRW mit über 840 m. Die<br />

Jahresmitteltemperatur nimmt zwischen<br />

dem Kahlen Asten und Städten<br />

wie Hallenberg oder Marsberg<br />

um +3 Grad zu. Das sind klimatisch<br />

betrachtet Welten. Das ist der Spagat<br />

zwischen dem dealpinen<br />

Florenelement und dem<br />

submediterranen. Die Höhe der<br />

Jahresniederschläge steigt von<br />

Marsberg / Hallenberg von rund 700<br />

mm auf das Doppelte mit fast 1500<br />

mm in den Hochlagen. Geologisch<br />

finden wir eine Bandbreite an Gesteinen<br />

von Zechsteinkalk in Marsberg,<br />

Massenkalk in Brilon (mit den<br />

höchstgelegenen Kalkmagerrasen in<br />

NRW), den Quarzporphyrfelsen der<br />

Bruchhauser Steine bis hin zu Diabasen<br />

und Schiefern. All dies sind<br />

die Grundlagen <strong>für</strong> eine überaus<br />

reichhaltige Pflanzenwelt.<br />

Die Flora – ein Lebenswerk<br />

So ein Buch zu erstellen, das braucht<br />

seine Zeit. Letztlich hat es über 20<br />

Jahre gedauert, bis das Werk den<br />

Reifegrad erreicht hat, bei dem man<br />

sagen kann: „Das kann man vorzeigen,<br />

das bringt einen neuen Wissensstand<br />

<strong>für</strong> die Region.“ Und das, obwohl<br />

zwischenzeitlich ein bundesweiter<br />

sowie ein nordrhein-westfälischer<br />

Verbreitungsatlas erschienen<br />

sind und <strong>für</strong> die Richard Götte zudem<br />

als Regionalkoordinator tätig<br />

war. Steht denn da nicht schon alles<br />

drin? Nein, bei weitem nicht. Die<br />

„Flora des östlichen Sauerlandes“<br />

bringt wirklich viel Neues. Sie ist<br />

viel genauer, sie nennt Fundorte, die<br />

historischen Angaben sind sämtlich<br />

überprüft, und wenn man den Vergleich<br />

mit RUNGE zieht, sind zwischen<br />

100 und 200 Arten neu <strong>für</strong> das<br />

Gebiet beschrieben. Das Buch ist ein<br />

absoluter Gewinn <strong>für</strong> die Region.<br />

Schmökern im neuen Buch<br />

Auf das neue Buch und seinen Autor!<br />

Ist das Buch auch etwas <strong>für</strong> uns?<br />

Ein solches auf den Markt zu bringen,<br />

ist trotz Förderung durchaus ein<br />

finanzielles Risiko. Viele Menschen<br />

müssen die Flora kaufen, damit es<br />

sich, wie man so schön sagt, rechnet.<br />

Dabei vermutet der Kenner hinter<br />

einer „Flora“ einen Verbreitungsatlas,<br />

meist Rasterkarten, viele Punkte,<br />

viel trockenen Lesestoff.<br />

Wie kann ich Ihnen das Buch<br />

schmackhaft machen? Ich möchte es<br />

mal so versuchen. Jeder Punkt auf<br />

einer Verbreitungskarte steht <strong>für</strong> ein<br />

Pflanzenvorkommen, also etwas<br />

höchst Lebendiges. Und jeder Punkt<br />

ist mit einem Menschen verbunden.<br />

Da ist jemand in die Landschaft gegangen,<br />

hat gesucht, hat im<br />

Kartierbogen die Art vermerkt. Er<br />

IRRGEISTER 2007 7


Der Autor rief und alle kamen ...<br />

... na ja, jedenfalls mehr als 100<br />

Das Foyer der Sparkasse Hochsauerland war gut<br />

gefüllt.<br />

hat den Bogen bei Richard Götte abgegeben.<br />

Dieser hat die analogen<br />

Daten geprüft, sie in moderne, digitale<br />

Datensätze umgewandelt, bis sie<br />

dann zu einem aussagekräftigen,<br />

aber zugegebenermaßen toten<br />

schwarzen Punkt wurden.<br />

Nur <strong>für</strong> Spezialisten?<br />

Also doch das vermutete Buch nur<br />

<strong>für</strong> Spezialisten? Weit gefehlt! Gespickt<br />

mit Hunderten brillanter<br />

Farbfotos, und da verspreche ich<br />

nicht zu viel, ist es <strong>für</strong> jeden etwas,<br />

der sich die Freude an der heimischen<br />

Pflanzenwelt bewahrt hat oder<br />

der sie noch entdecken will.<br />

8 IRRGEISTER 2007<br />

Und wenn wir unsere „Flora“ mit<br />

anderen Floren vergleichen, können<br />

wir feststellen: So genau hat in<br />

Deutschland bisher niemand ein so<br />

großes Gebiet von rund 1000 Quadratkilometern<br />

erfasst. Jedes der sieben<br />

ganz oder teilweise bearbeiteten<br />

Messtischblätter wurde in 64<br />

gleiche Raster aufgeteilt. Das ergibt<br />

<strong>für</strong> das Kartiergebiet 572 Felder.<br />

Will man ein exzellentes Ergebnis<br />

haben, und das wollten wir ja alle,<br />

darf man sich beim Kartieren nicht<br />

von dem Spruch von Franz<br />

Wittkamp leiten lassen, der da heißt:<br />

„Blumen, die wir selten sehen, haben<br />

es uns angetan. Wir bewundern<br />

Orchideen und verachten Löwenzahn.“<br />

(Frantz Wittkamp 1943)<br />

Nein, <strong>für</strong> jeden dieser etwa 2 Quadratkilometer<br />

großen Landschaftsausschnitte<br />

wurden alle Pflanzenarten<br />

erfasst von A wie Ahorn bis Z<br />

wie Zaunwinde. Und nur, wenn man<br />

Löwenzahn und Co. nicht vergisst,<br />

bekommt man bis zu 518 verschiedene<br />

Pflanzenarten <strong>für</strong> ein solches<br />

Stückchen Sauerländer Landschaft<br />

zusammen. Insgesamt beschreibt die<br />

„Flora“ aktuell 1378 Pflanzenarten/<br />

-sippen <strong>für</strong> diesen Landschaftsraum.<br />

Wie kommt ein solch hervorragendes<br />

Ergebnis zu Stande?<br />

Nun, Richard Götte hat mit der Akribie<br />

eines Kriminalisten bei der<br />

Spurensuche, oft in detektivischer<br />

Kleinarbeit und manchmal mit der<br />

Spürnase eines Polizeihundes jedes<br />

noch so kleine, aber wichtige Detail<br />

zusammengetragen. „Falsche Daten“<br />

entlarvte er in intensiven Verhören,<br />

bei „guten“ Daten erfolgte der<br />

anerkennende Freispruch. Viele<br />

Menschen hat er durch seine Arbeit<br />

gefesselt, und wenn es zum Beispiel<br />

ums unbeliebte Korrekturlesen ging,<br />

hat er dem ein oder anderen auch<br />

kurzerhand Handschellen angelegt.<br />

Um Ihnen ein Beispiel <strong>für</strong> die<br />

Detektivarbeit zu geben, nehmen wir<br />

die Art Flussgreiskraut, mit dem<br />

schönen lateinischen Namen Senecio<br />

sarracensis. Bei RUNGE ist die Art<br />

nur <strong>für</strong> das östliche Sauerland genannt,<br />

und zwar an der Diemel –<br />

angegeben von Baruch/Nölle 1903.<br />

Allerdings wurde diese Angabe angezweifelt.<br />

Das Herbarium von<br />

Baruch und Nölle liegt in Halle, in<br />

den neuen Bundesländern. Was liegt<br />

näher, als <strong>für</strong> die Kontrolle dieser<br />

Angabe nach Halle zu fahren und das<br />

Herbarium einzusehen. Und siehe<br />

da, hier findet sich der Originalbeleg<br />

des Lehrers Schmitz, der am<br />

Petrinum in Brilon unterrichtet hat;<br />

den Beleg hatte allerdings noch niemand<br />

bisher kontrolliert.<br />

Aber nicht nur dieses Herbarium,<br />

sondern auch die in Paderborn, Münster<br />

und Bonn mussten sich einer<br />

Obduktion durch Richard Götte unterziehen.<br />

Auch Kommissar Zufall hat ab und<br />

zu mitgeholfen. Vor Jahren meldete<br />

sich bei mir in der Biologischen Station<br />

ein Herr Dohle aus Meschede-<br />

Eversberg, der leider mittlerweile<br />

verstorben ist. Er betreute das Heimatmuseum<br />

und hatte dort ein Herbarium<br />

gefunden. Die „Flora des östlichen<br />

Sauerlandes“ war noch eine<br />

vage Idee. Und so vergingen noch<br />

einige Jahre, bis ich Richard Götte<br />

noch einmal auf das Herbarium hinwies.<br />

Um so etwas aufzuarbeiten,<br />

muss man es einfach ausleihen. Das<br />

wollte Herr Dohle nicht, es sei zu<br />

wertvoll. Im Gespräch stellte sich<br />

jedoch heraus, dass die beiden–<br />

Altersdifferenz ca. 40 Jahre – ohne<br />

dass sie es ahnten, sich von früher<br />

kannten. Herr Dohle war früher Blumenhändler<br />

– Sie ahnen, worauf es<br />

hinausläuft – und er hat auch die<br />

Gärtnerei Götte in Giershagen beliefert,<br />

in der der kleine Richard zwischen<br />

Topfblumen und Salatpflanzen<br />

manchen Tag verbracht hat. An<br />

den kleinen Kerl konnte sich Herr<br />

Dohle noch erinnern. Nun – das Herbarium<br />

wurde ausgeliehen und<br />

brachte noch manch Interessantes<br />

hervor.


IRRGEISTER 2007 9


Viele Käufer braucht das<br />

Buch!<br />

Zum Schluss eine Bitte: Machen<br />

Sie Werbung <strong>für</strong> das Werk, damit<br />

es viele Käufer findet! Die<br />

„Flora des östlichen Sauerlandes“<br />

verdient eine weite Verbreitung.<br />

Und: Der Gewinn, den<br />

der VNV beim Verkauf des Buches<br />

macht, kommt unserer<br />

<strong>Natur</strong>schutzarbeit direkt zu<br />

Gute.<br />

Ich wünsche Ihnen viel Spaß<br />

und viele Überraschungen beim<br />

Lesen und Blättern in der „Flora<br />

des östlichen Sauerlandes“,<br />

geschrieben von einem Überzeugungstäter.<br />

Und ich wünsche<br />

mir, dass unsere „Flora“ <strong>für</strong> die,<br />

die mitgemacht haben, Ansporn<br />

ist weiterzumachen. Und dass<br />

sie <strong>für</strong> andere Menschen Motivation<br />

ist, sich der Botanik zu<br />

widmen. Vieles im Sauerland ist<br />

trotz dieser Flora noch nicht erforscht<br />

und harrt der Entdeckung!<br />

Werner Schubert<br />

10 IRRGEISTER 2007<br />

Der Autor selber machte in einem ausführlichen Power-Point-Vortrag sein Buch schmackhaft<br />

- zu Recht!<br />

Fast unerschöpfliche Informationen mit einer großen Anzahl<br />

neuer Erkenntnisse und wunderschöne Bilder stehen<br />

in der Flora zur Verfügung.<br />

Machen Sie sich diese zu Nutze. Kaufen Sie die „Flora im<br />

östlichen Sauerland“ <strong>für</strong> 44,- Euro. Oder lassen Sie sich<br />

das Buch schenken. Es lohnt sich!<br />

Zu beziehen bei Richard Götte, Am Kalvarienberg 1, 59929<br />

Brilon, Telefon: 02961-908710, E-Mail:<br />

richard.goette@t-online.de , Versandkosten 6,— Euro<br />

Lächeln <strong>für</strong> die Journalisten - im Bild von links Werner Schubert, Autor Richard Götte und Peter Wagner von<br />

der Sparkasse Hochsauerland


Die Flora im östlichen Sauerland<br />

Der <strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz im HSK e.V. hat nach dem „Handbuch <strong>Natur</strong>“ nun<br />

ein weiteres Buch veröffentlicht. Die „Flora im östlichen Sauerland“ ist im September<br />

erschienen.<br />

Auf 600 reich bebilderten Seiten werden die Farn- und Blütenpflanzen des östlichen Hochsauerlandkreises<br />

vorgestellt.<br />

Entstehungsgeschichte und<br />

Aufbau des Buches<br />

Dieser pflanzengeografisch hoch interessante<br />

Raum wird schon seit<br />

etwa 25 Jahren durch <strong>Verein</strong>smitglieder<br />

auf bestimmte naturschutzrelevante<br />

Arten untersucht. Dabei<br />

kamen durch die Botaniker des VNV<br />

viele interessante, aber auch überraschende<br />

Erkenntnisse ans<br />

Licht.<br />

Zwischen 1992 und 1999<br />

hat sich der VNV am Atlas<br />

der Farn- und Blütenpflanzen<br />

in Nordrhein-<br />

Westfalen beteiligt, der<br />

2002 erschienen ist. Da die<br />

Verbreitungskarten dort nur<br />

auf einer Messtischblatt-<br />

Quadranten-Basis1 dargestellt<br />

werden und Fundortangaben<br />

völlig fehlen, war<br />

es an der Zeit, unser umfangreiches<br />

Wissen und die<br />

erheblichen Datenmengen<br />

in Form einer Flora zu veröffentlichen.<br />

Ab 2003 wurde durch den<br />

Autor systematisch an dem<br />

Projekt „Flora im östlichen<br />

Sauerland“ gearbeitet.<br />

Auf dem feinen Raster von<br />

1/16-MTB-Quadranten (64<br />

Raster der Größe von etwa<br />

1,4 km˝) wurden Erfassungslücken<br />

durch gezielte Begehungen<br />

geschlossen. So wurden alle<br />

572 Raster des Gebietes mindestens<br />

zwei Mal, im Frühjahr und im Sommer,<br />

aufgesucht und auf den gesamten<br />

Pflanzenbestand untersucht.<br />

Um auch die Veränderungen in der<br />

Landschaft deutlich zu machen,<br />

wurden die gesamte Literatur des<br />

Raumes ausgewertet und auch diese<br />

Funddaten soweit möglich dem<br />

vorgegebenen Raster zugewiesen.<br />

Wo erforderlich wurden die Angaben<br />

kritisch kommentiert.<br />

Ergänzt und zur Absicherung von<br />

zweifelhaften Angaben wird die<br />

Literaturauswertung durch die gezielte<br />

Auswertung von Herbarien in<br />

Münster, Bonn, Paderborn und Halle<br />

(Saale) und Berlin. Durch die Zuweisung<br />

von unterschiedlichen Symbolen<br />

<strong>für</strong> verschiedene Zeiträume<br />

lassen sich so die historischen Daten<br />

in den Verbreitungskarten wieder<br />

finden.<br />

Für seltenere Pflanzenarten – hiermit<br />

ist das Untersuchungsgebiet gesegnet<br />

– wurden die aktuellen und<br />

historischen Funde nach den Stadtgebieten<br />

geordnet aufgelistet.<br />

Neben den Verbreitungskarten<br />

und den Fundortlisten<br />

werden die<br />

Pflanzenarten einzeln<br />

vorgestellt. Ansprüche<br />

der Arten mit ihren<br />

Standorten in der Landschaft,<br />

Verbreitung,<br />

Häufigkeit, Gefährdung<br />

und die erste Erwähnung<br />

in der Literatur sind die<br />

regelmäßigen Angaben.<br />

Damit die Flora auch den<br />

kritischen Artengruppen<br />

gerecht wird, unter anderem<br />

Brombeeren,<br />

Habichtskräutern oder<br />

Rosen, wurden regelmäßig<br />

und gezielt Belege<br />

dieser Arten gesammelt,<br />

um sie anderen Botanikern<br />

zur Revision vorlegen<br />

zu können. Dadurch<br />

können auch zu diesen<br />

Arten abgesicherte Aussagen<br />

gemacht werden.<br />

Zu weiteren kritischen Artengruppen<br />

wie den Löwenzähnen oder den<br />

Wasserhahnenfüßen sind allerdings<br />

weitere Untersuchungen erforderlich.<br />

1 Eine topographische Karte 1:25.000 – auch Messtischblatt (MTB) genannte Karte, wird dabei in vier Quadrate geteilt.<br />

IRRGEISTER 2007 11


Auch im Buch: Vergleich von Landschaften<br />

früher und heute, hier am Beispiel<br />

Winterberg 1910/2004<br />

Hohlzunge (Coeloglossum<br />

viride damals: Habenaria<br />

viride) im Herbarium<br />

Beckhaus im Museum in<br />

Münster<br />

12 IRRGEISTER 2007<br />

Der Vorstellung der Pflanzenarten ist<br />

ein allgemeiner Teil vorangestellt.<br />

Dort wird das Untersuchungsgebiet<br />

beschrieben. Auf die geografische<br />

Lage, den <strong>Natur</strong>raum, die Geologie,<br />

Höhenlage und Klima sowie die Bevölkerung<br />

und kulturelle Entwicklung<br />

wird eingegangen.<br />

Die Veränderungen in der Landschaft<br />

der letzten hundert Jahre beeindrucken<br />

durch Vergleich von<br />

Landschaftsfotos und durch<br />

Nutzungskarten vom Beginn des 20.<br />

Jahrhunderts und heute.<br />

Die Flora und Vegetation wird durch<br />

die Florenelemente und auf illustrierte<br />

Weise durch die Landschaftselemente<br />

und Vegetationstypen dargestellt.<br />

Anschließend wird auf die<br />

<strong>Natur</strong>schutzarbeit und auf<br />

Gefährdungsursachen der Pflanzenwelt<br />

im Sauerland<br />

eingegangen. Auch<br />

hier werden die Gefährdungen<br />

durch<br />

eingehende Bilder<br />

verdeutlicht.<br />

Statistisch wird die<br />

Gefährdungssituation<br />

der Flora im östlichen<br />

Sauerland in verschiedenen<br />

Grafiken<br />

ausgewertet. Die Ergebnisse<br />

werden<br />

kommentiert.<br />

Einen breiten Raum mit zahlreichen<br />

Abbildungen nimmt die Geschichte<br />

der floristischen Erforschung des<br />

östlichen Sauerlandes ein. An einer<br />

Zeitskala lassen sich die Aktivitäten<br />

der verschiedenen Botaniker ablesen.<br />

Beispielhaft werden Titel der<br />

Veröffentlichungen abgebildet und<br />

Ausschnitte aus den Texten zitiert.<br />

Auch werden historische Herbarbelege<br />

aus den Anfängen der Erforschung<br />

zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

abgebildet.<br />

Am Ende des Buches befinden sich<br />

ein umfangreiches Literaturverzeichnis<br />

und ein Register aller deutschen<br />

und lateinischen Pflanzennamen.<br />

Feldenzian (Gentianella ampestris)


Ergebnisse<br />

Sehr eindrucksvoll lassen sich Veränderungen<br />

der Landschaft auch in<br />

der Veränderung der Verbreitung bestimmter<br />

Pflanzen darstellen. Ein<br />

Beispiel ist die Verbreitungskarte<br />

des Feldenzians (Gentianella<br />

campestris).<br />

Die starke Abnahme der offenen und<br />

meist stickstoffarmen Standorte im<br />

Hochsauerland durch Aufforstungen<br />

im 19. und 20. Jahrhundert und der<br />

Einsatz des Mineraldüngers im letzten<br />

Jahrhundert zeigen sich nicht nur<br />

in den Nutzungskarten und auf den<br />

historischen Fotos. Auch die starke<br />

Abnahme der Art, die auf Standorte<br />

wie Borstgrasrasen, magere Weiden<br />

und Heideflächen angewiesen ist,<br />

macht dies deutlich.<br />

Auch Arealgrenzen bestimmter Arten<br />

lassen sich durch die<br />

Verbreitungskarten darstellen. Ein<br />

Weiße Pestwurz (Petasites albus) in der<br />

Dillmecke bei Medelon<br />

sehr beeindruckendes Beispiel<br />

ist die nordwestliche<br />

mitteleuropäische<br />

Verbreitungsgrenze des Leberblümchens<br />

(Hepatica<br />

nobilis). Durch die feinen<br />

Raster lässt sich sehr schön<br />

die Ausdünnung der Standorte<br />

in Richtung Westen erkennen.<br />

Andere Arten haben in ihrer<br />

Arealausbreitung<br />

Höhengrenzen. Entweder<br />

kommen sie nur in den Höhenlagen<br />

vor, wie die weiße<br />

Pestwurz (Petasites<br />

albus), oder sie besiedeln<br />

nur die klimatisch günstigeren<br />

Tieflagen und sind in<br />

den Höhenlagen sehr selten,<br />

wie der Sumpf-Ziest<br />

(Stachys palustris) oder der<br />

Klatschmohn (Papaver<br />

rhoeas).<br />

Sumpfziest (Stachys<br />

palustris) im Orketal bei<br />

Winterberg<br />

Die komplette Seite 98 (im Buch in Farbe) über<br />

das Leberblümchen (Hepatica nobilis)<br />

IRRGEISTER 2007 13


Steinquendel (Acinos arvensis)<br />

Auf basenreiches Bodensubstrat der<br />

Kalkgebiete sind einige Arten angewiesen.<br />

Als Beispiel sei hier der<br />

Steinquendel (Acinos arvensis) angeführt.<br />

Als Neubürger in starker Ausbreitung<br />

sei hier der Salzschwaden<br />

(Puccinellia distans) genannt. Durch<br />

die winterlichen Salzgaben breitet er<br />

sich an Straßenrändern im Sauerland<br />

aus.<br />

Salzschwaden (Puccinellia distans)<br />

14 IRRGEISTER 2007<br />

Durch gezielte Nachsuche konnte<br />

das in NRW seit 1964 nicht mehr<br />

nachgewiesene und leicht zu übersehende<br />

Läger-Rispengras (Poa<br />

supina) in den Höhenlagen wieder<br />

gefunden werden.<br />

Auch eine Reihe sehr seltener Pflanzen<br />

in NRW kann im östlichen Sauerland<br />

angetroffen werden. Dazu gehört<br />

unter anderem die Distel-<br />

Sommerwurz (Orobanche<br />

reticulata) oder auch das bei<br />

Distel-Sommerwurz (Orobanche<br />

reticulata)<br />

Westfälisches Galmeiveilchen (Viola<br />

guestfalica)<br />

Blankenrode und im Wäschebachtal<br />

endemische (auf der Welt nur<br />

dort vorkommende) Westfälische<br />

Galmeiveilchen (Viola guestfalica).<br />

Richard Götte<br />

„Flora im östlichen Sauerland“<br />

Zu beziehen bei Richard Götte, Am Kalvarienberg 1,<br />

59929 Brilon, Telefon: 02961-908710,<br />

E-Mail: richard.goette@t-online.de ,<br />

Versandkosten 6,— Euro


Über den Vogel des Jahres 2007<br />

- der Turm- oder Rüttelfalke (Falco tinnunnculus)<br />

Kurzsteckbrief Turmfalke<br />

(Falco tinnunculus):<br />

Größe: ca. 35 cm<br />

Flügelspannweite: ca. 76 cm<br />

Gewicht: Terzel: ca. 200 g<br />

Weibchen: ca. 230 g<br />

Höchstalter Wildnis: 17 Jahre<br />

1. Einleitung<br />

Der Turmfalke dürfte eine der wenigen<br />

Vogelarten sein, die noch von<br />

einer Mehrheit der Bevölkerung erkannt<br />

wird. Denn die über der offenen<br />

Landschaft fliegenden und rüttelnden<br />

Falken sind nicht zu übersehen.<br />

Selbst in den Städten sind sie<br />

an Gebäuden anzutreffen. Vom<br />

NABU wurde der Turmfalke zum<br />

Vogel des Jahres 2007 gewählt, um<br />

diesen oft in enger Nachbarschaft<br />

zum Menschen lebenden Greif in<br />

den Focus der Öffentlichkeit zu stellen.<br />

2. Namen<br />

Der Name Turmfalke leitet sich<br />

schlicht vom häufigen Brüten an<br />

Türmen ab, während der „Zweitname“<br />

Rüttelfalk vom Rüttelflug des<br />

Falken stammt, mit welchem er sich<br />

auf der gleichen Stelle in der Luft<br />

hält. Der lateinische Artname<br />

Tinunculus, von lateinischen tinnire<br />

(= klingeln), schon von GESNER 1669<br />

eingeführt, kommt vom Ruf des Falken.<br />

Als deutschen Namen führt<br />

GESNER im 17. Jahrhundert<br />

„Wannenweher“ auf. Andere frühere<br />

Namen waren Mauer-, Dom-,<br />

Kirch-, Mäuse- und Rotfalke, ferner<br />

Rüddelgeier, Graukopf, Sterengall,<br />

Turmweih, Wieg- und Windwehe.<br />

Alte westfälische Namen waren<br />

Toonfalk, Musekibbeler und<br />

Musekips (KOCH 1881).<br />

3. Kennzeichen, Stimme und Verbreitung<br />

Der Turmfalke ist ein kleiner, überwiegend<br />

rotbraun gefärbter Greifvogel.<br />

Von unseren heimischen Greifen<br />

ist nur das Sperbermännchen<br />

kleiner. Das Männchen, der Terzel 1 ,<br />

ist ein sehr schmucker Greif mit<br />

aschgrauem Kopf, Nacken und<br />

Schwanz. Der Rücken des Terzels ist<br />

rotbraun mit kleinen schwarzen<br />

Flecken. Die Unterseite ist gelblich<br />

mit kleinen schwarzen Tropfenflecken.<br />

Das Weibchen ist dagegen<br />

an der Körperoberseite rotbraun mit<br />

dichter Querbänderung und<br />

Fleckung, selten sind Kopf, Bürzel<br />

und Schwanzbasis grau gefärbt. An<br />

der Unterseite ist das Weibchen ähnlich<br />

wie der Terzel gefärbt, nur stärker<br />

gefleckt. Die Jungfalken sehen<br />

bis zur Mauser ähnlich wie die Weibchen<br />

aus. In der Luft wirkt der Turmfalke<br />

meist spitzflügelig und<br />

langschwänzig. Der Falke fliegt mit<br />

Turmfalke Foto: M. Heng / NABU<br />

lockeren Flügelschlägen mit meist<br />

kurzen Gleitstrecken. Beim Segeln<br />

und Rütteln ist deutlich die schwarze<br />

Endbinde am Schwanz zu sehen.<br />

In der Brutzeit ist der Turmfalke ruffreudig<br />

und lässt oft ein rhythmisches,<br />

scharfes „kik-kik-kik-kik ...“<br />

hören. Das Weibchen ruft etwas tiefer<br />

als der Terzel. Die Bettelrufe des<br />

Weibchens und der Jungfalken sind<br />

ein wimmernder, vibrierender, mehrfach<br />

sich wiederholender Triller<br />

„kir’r’rl“. Daneben gibt es noch eine<br />

Reihe weiterer Rufe.<br />

Der Turmfalke besiedelt in 11 Unterarten<br />

große Teile von Europa, Asien<br />

und Afrika. In Europa fehlt er nur<br />

auf Island und einigen anderen nördlichen<br />

Inseln. In Europa kommt, bis<br />

auf der zu Portugal gehörenden Insel<br />

Madeira, nur die Unterart<br />

tinnunculus vor.<br />

4. Lebensraum und Brutplatz<br />

Der typische Lebensraum in Europa<br />

ist die abwechslungsreiche Kulturlandschaft<br />

mit Wiesen und Äkkern.<br />

Grundsätzlich und vor allem<br />

auch außerhalb der Brutzeit ist der<br />

IRRGEISTER 2007 15


Turmfalke in allen offenen Landschaften<br />

anzutreffen. Über die Brutplätze<br />

wusste schon GESNER 1669 zu<br />

berichten: „Dieser Vogel nistet in<br />

den hohen Thürnen und Gebäuden /<br />

auch in den hohlen Bäumen und<br />

Kirchenmauren.“ Der Brutplatz liegt<br />

auch heute noch oft an Gebäuden<br />

aller Art.<br />

Häufig nutzt er ferner Nester anderer<br />

Vögel, denn der Turmfalke baut<br />

wie alle anderen Falkenarten kein<br />

eigenes Nest bzw. keinen Horst.<br />

Meist sind es Krähen- oder Elsternester<br />

an Waldrändern, in Feldgehölzen,<br />

in Baumreihen oder in<br />

Einzelbäumen, in denen er brütet.<br />

Gelegentlich werden auch Taubennester<br />

und Greifvogelhorste genutzt.<br />

Auch Krähennester in<br />

Hochspannungsmasten werden inzwischen<br />

besiedelt.<br />

Die Nähe des Menschen scheut der<br />

Rüttelfalk nicht, wie sein häufiges<br />

Brüten an Gebäuden zeigt. Er brütet<br />

auch in Kolonien anderer Vögel wie<br />

Saatkrähe (Corvus frugilegus) und<br />

Graureiher (Ardea cinerea). An Gebäuden<br />

und Felsen brütet er zusammen<br />

mit Dohlen (Corvus monedula),<br />

Straßentaube (Columba livia forma<br />

domestica) und Hohltaube<br />

(Columba oenas). Auch der Turmfalke<br />

selbst kann kolonieartig nisten.<br />

So waren die Bruchhauser Steine<br />

von 1984 bis 1989 gleichzeitig von<br />

5 Brutpaaren besiedelt. Als sich<br />

1989 der Wanderfalke (Falco<br />

peregrinus) im NSG „Bruchhauser<br />

Steine“ ansiedelte, schritt aber nur<br />

ein Turmfalkenpaar zur Brut, da die<br />

Wanderfalken die Turmfalken in<br />

heftigen Luftkämpfen attackierten.<br />

Nach einer erfolglosen Brut eines<br />

Paares 1990 gaben die Turmfalken<br />

diesen Brutplatz bis heute auf.<br />

Obwohl er vom Uhu (Bubo bubo) als<br />

Beute geschlagen wird, brütet der<br />

Turmfalke am gleichen Fels oder<br />

Steinbruch. In der Brutzeit 2005,<br />

Höhepunkt der größten Feldmausgradation<br />

seit Jahren, waren im Sauerland<br />

fünf Uhubrutplätze in Steinbrüchen<br />

gleichzeitig mit<br />

Turmfalkenpaaren besiedelt.<br />

16 IRRGEISTER 2007<br />

Vielfach werden auch Nistkästen<br />

angenommen.<br />

5. Fortpflanzung und Wanderungen<br />

Turmfalken können schon im ersten<br />

Lebensjahr, also dem auf die Geburt<br />

folgenden Jahr, brüten.<br />

Von Ende Februar bis Anfang Mai,<br />

meist aber im März und April, kann<br />

sich die ruffreudige Balz erstrecken.<br />

Von Ende März bis Anfang Juni,<br />

meist im April und Mai, wird das<br />

normalerweise aus 3-7 Eiern bestehende<br />

Gelege gezeitigt. Nach 28-29<br />

Tagen schlüpfen die Falken von Mai<br />

bis Mitte Juli, meist im Mai und<br />

Juni. Während der Brut und der<br />

Huderphase muss der Terzel allein<br />

die Nahrung herbeischaffen. Das<br />

Weibchen betreut während dieser<br />

Zeit allein die Eier und Jungen.<br />

Nach der Huderphase beteiligt sich<br />

das Weibchen an der Nahrungsversorgung<br />

der Brut.<br />

Nach 28 bis 32 Tagen fliegen die<br />

Jungfalken von Ende Mai bis Mitte<br />

August, meist im Juni und Juli, aus.<br />

Nach dem Ausfliegen werden die<br />

Jungfalken noch 2 bis 4 Wochen von<br />

den Eltern mit Nahrung versorgt.<br />

Danach sind die Falken selbstständig<br />

und verstreichen aus dem elterlichen<br />

Revier. Durchschnittlich 50 km vom<br />

Geburtsort siedeln sich die Turmfalken<br />

später an (KOSTRZEWA, R. & A.<br />

KOSTRZEWA 1993).<br />

Der Turmfalke ist in seinem Verbreitungsgebiet<br />

sowohl Stand-, Strichund<br />

Zugvogel. Dies hängt vorwiegend<br />

von der Erreichbarkeit und<br />

Verfügbarkeit der Nahrung im Winter<br />

ab. Die Falken dürften im HSK<br />

heute Stand- und Strichvögel sein.<br />

Im Zuge der globalen Klimaerwärmung<br />

wird der Turmfalke vermutlich<br />

zunehmend in Deutschland<br />

zum Standvogel werden. Einzelne<br />

beringte deutsche Turmfalken sind<br />

früher bis nach Nordafrika gezogen<br />

(PIECHOCKI 1991).<br />

Schlagen einer Maus: (1) Anflug, (2) Rütteln, (3) Gleitstrecke, (4) Rütteln, (5) Steilstoß,<br />

(6) Schlagen, (7) Steigflug, (8) Transport und (9) Aufgeblockt mit Beute (Zeichnung F.<br />

Weick in KOSTRZEWA & KOSTRZEWA ,1993 - mit frdl. Genehmigung des Aula-Verlages).


6. Nahrung und Jagd<br />

Über die Nahrung gab schon GESNER<br />

1669 die richtigen Hinweise: „Der<br />

Wanneneher lebet von den<br />

Flädermäusen / Mäusen / Heuschrecken<br />

/ Wespen / kleinen Vögeln<br />

/ und kriechenden Thieren.“ Die<br />

Feldmaus (Microtus arvalis) ist in<br />

Mitteleuropa das Hauptbeutetier,<br />

dazu kommen noch weitere Mäusearten.<br />

Die Nager können bis zu 95%<br />

der Beute ausmachen (GENSBÖL &<br />

THIEDE 2005). Daneben werden Vögel,<br />

häufig Jungvögel, Insekten, Regenwürmer<br />

und Eidechsen gejagt. In<br />

südlichen Ländern können Eidechsen<br />

und Insekten die Hauptbeute<br />

ausmachen. Der Turmfalke jagt im<br />

Rüttelflug und vom Ansitz aus. Um<br />

Energie zu sparen, jagt er im Winter<br />

zu 85 % vom Ansitz aus und nur zu<br />

15 % im Rüttelflug (MEBS &<br />

SCHMIDT 2006). Im Verlauf des sonstigen<br />

Jahres werden die beiden<br />

Jagdtechniken ungefähr gleich häufig<br />

angewandt. Einen Eindruck über<br />

den Ablauf einer Mäusejagd gibt die<br />

Zeichnung auf der vorigen Seite. Das<br />

Jagdgebiet der Falken ist bis zu 200<br />

ha groß.<br />

7. Bestand<br />

Der Turmfalke dürfte schon seit<br />

Jahrhunderten in Mitteleuropa der<br />

nach dem Mäusebussard (Buteo<br />

buteo) zweithäufigste Greifvogel<br />

gewesen sein. Nach aktuellen Daten<br />

brüten in Europa mindestens 413<br />

500 Brutpaare (MEBS & SCHMIDT<br />

2006). Für Deutschland wird der<br />

Bestand mit 42 000 – 57 000 Brutpaaren<br />

und <strong>für</strong> NRW mit ca. 3000<br />

Brutpaaren angegeben (ebd.).<br />

Der Bestand der Turmfalken-Brutpaare<br />

kann auf der gleichen Fläche<br />

stark schwanken. In Schleswig-Holstein<br />

wurden Bestandsschwankungen<br />

von 400 % gefunden<br />

(GENSBÖL & THIEDE 2005). Diese<br />

Schwankungen sind sowohl durch<br />

die Witterung als auch die Verfügbarkeit<br />

der Hauptnahrung, der Mäuse,<br />

bedingt. Nach harten Wintern<br />

brüteten teilweise erheblich weniger<br />

Nach Beute spähender Turmfalke Foto: A. Klein / NABU<br />

Paare, da viele Turmfalken in harten<br />

Wintern umkamen. Auch bei einem<br />

Zusammenbruch der Feldmaus-<br />

Population brechen die Brut-Bestände<br />

ein. In den 50er und 60er Jahren<br />

gab es bereits größere Bestandsrückgänge,<br />

die auf Pestizide zurückgeführt<br />

werden (GENSBÖL & THIEDE<br />

2005). Danach konnten sich die Bestände<br />

wieder erholen (ebd.).<br />

Seit den 90er Jahren gibt es in Teilen<br />

Europas neuerliche Bestandsrückgänge<br />

(MEBS & SCHMIDT 2006).<br />

In NRW erscheint der Turmfalke im<br />

Bestand gegenwärtig nicht gefährdet<br />

zu sein (NWO 2002). Die Art könnte<br />

aber schon bald deutlich zurückgehen,<br />

da kürzlich beschlossen wurde,<br />

die in den letzten Jahren von der EU<br />

vorgeschriebenen Flächenstilllegungen<br />

von Ackerflächen zu beenden,<br />

weil inzwischen die Nachfrage<br />

nach landwirtschaftlichen Produkten<br />

und der Preis deutlich gestiegen<br />

ist. Der Preisanstieg ist bedingt<br />

durch eine gestiegene globale Nachfrage<br />

nach Agrarprodukten als Nahrungsmittel<br />

und als Grundstoff <strong>für</strong><br />

Biotreibstoffe. Die Flächenstilllegungen<br />

stellen noch wichtige Jagdgebiete<br />

<strong>für</strong> den Rüttelfalk in<br />

Ackerbaugebieten. Das Sauerland ist<br />

wegen der wenigen Ackerflächen<br />

davon weniger betroffen.<br />

Die Daten zu Beständen und der<br />

Bestandendwicklung im HSK sind<br />

jedoch sehr dürftig.<br />

SUFFRIAN schreibt 1846 über sein<br />

Vorkommen im Regierungsbezirk<br />

Arnsberg: „Ueberall nicht selten,<br />

doch mehr in dem nördlichen Flachund<br />

Heidelande, wo er selbst Dörfer<br />

und Städte besucht, als im dem<br />

eigentlichen Gebirge.“ Auch KOCH<br />

schreibt 1881 Ähnliches über sein<br />

Vorkommen im gebirgigen Teil<br />

Westfalens: „Überall ziemlich häufiger<br />

Brutvogel. Benutzt im Gebirge<br />

zur Anlage seines Horstes gerne<br />

steile Felspartien, z.B. die Externsteine,<br />

die steilen Felswände des<br />

Hönnethales.“<br />

Einen Eindruck von der noch praktisch<br />

flächhaften Verbreitung im<br />

HSK und in NRW gibt die<br />

Verbreitungskarte auf der nächsten<br />

Seite. Sie zeigt Kartierungsergebnisse<br />

von 1989 bis 1998. Die<br />

Daten aus dem HSK stammen von<br />

der OAG des VNV.<br />

8. Schutz<br />

Der Turmfalke dürfte anders als<br />

praktisch alle anderen Greifvogelarten<br />

nie massiv verfolgt worden<br />

sein. Über ihn schreibt schon GESNER<br />

1669: „Er wohnet gern an denen<br />

Orthen / so nicht weit von den<br />

Leuthen sind. Man hat sie auch sehr<br />

lieb / weil sie den Menschen mit dem<br />

IRRGEISTER 2007 17


Verbreitung des Turmfalken in NRW aus: „Die Vögel Westfalens“ (NORDRHEIN-WESTFÄLI-<br />

SCHE ORNITHOLOGENGESELLSCHAFT (Hrsg) 2002).<br />

Raub keinen Schaden thun / sondern<br />

vielmehr nutzen / indem sie die<br />

Mäuß fangen / und essen.“ Diese<br />

offensichtliche Nützlichkeit ermöglichte<br />

es ihm als einzigen Greifvogel,<br />

seit Jahrhunderten in Menschennähe<br />

zu brüten. Der Turmfalke wurde<br />

bereits mit dem Reichs-<br />

Vogelschutzgesetz von 1908, als einzige<br />

Greifvogelart, im ganzen Deutschen<br />

Reich gesetzlich geschützt.<br />

Trotzdem kam und kommt es zu einzelnen<br />

Verfolgungen durch den<br />

Menschen. Früher wurden auch<br />

Turmfalken unabsichtlich beim früher<br />

üblichen Ausschießen von<br />

Rabenvögelnestern getötet. Diese<br />

Verfolgungen stellen aber sicher<br />

heute traurige Einzelfälle dar.<br />

Die häufigste direkte Schutzmaßnahme<br />

ist das Aufhängen von Nistkästen<br />

(s. Abb.). Am besten sind zum<br />

Anbringen dieser Nistkästen höhere<br />

Gebäuden wie Kirchen geeignet.<br />

Vor allem an Ortsrändern kann sich<br />

auch das Aufhängen an Wohnhäusern<br />

lohnen, sofern sie einen hohen<br />

Giebel und freien Anflug bieten. In<br />

18 IRRGEISTER 2007<br />

Sundern konnte unser VNV-Mitglied<br />

Klaus Korn damit Erfolg erzielen.<br />

Der VNV selbst hat bisher keine auf<br />

den Turmfalken direkt zielende<br />

Schutzmassnahmen ergriffen. In den<br />

95 von VNV aufgehängten Schleiereulen-Nistkästen<br />

brüten aber jedes<br />

Jahr einige Falkenpaare. Bei einer<br />

Kontrolle von Nistkästen im Westteil<br />

des Kreises stellte sich 1995 heraus,<br />

dass damals rund ein Drittel der<br />

Kästen vom Turmfalken besiedelt<br />

war.<br />

Besonders wichtig ist <strong>für</strong> den Turmfalken<br />

und die Schleiereule, dass die<br />

Kirchen im HSK nicht zur Taubenabwehr<br />

so vergittert werden, dass ein<br />

Brüten <strong>für</strong> sie unmöglich wird. Auch<br />

der Schutz der, von vielen<br />

ungeliebten, Rabenvögel ist <strong>für</strong> den<br />

Turmfalken bedeutsam. Denn die<br />

Rabenvögel schaffen ihm durch ihre<br />

alten Nester wichtige Nistplätze.<br />

Entscheidend <strong>für</strong> das Überleben des<br />

Turmfalken ist der Strukturreichtum<br />

der offenen Kulturlandschaft, seinem<br />

Jagdgebiet. Die offene<br />

Agrarlandschaft ist jedoch in den<br />

meisten Gebieten in den letzten Jahrzehnten<br />

immer eintöniger geworden.<br />

Teilweise haben Turmfalke und andere<br />

Vögel heute schon Schwierigkeiten,<br />

Bäume und Pfähle als Sitzund/oder<br />

Ansitzplatz zu finden. Nur<br />

selten wird durch Sitzstangen Abhilfe<br />

geschaffen.<br />

Der Turmfalke braucht wie alle anderen<br />

Vögel des Offenlandes eine<br />

naturverträgliche Landwirtschaft<br />

Entwurf eines Turmfalken-Nistkasten (Zeichnung R. Widmaier in PIECHOCKI 1991).


zum langfristigen Überleben. Wichtig<br />

sind hier insbesondere genügend<br />

breite Acker- und Wegränder. Hier<br />

sind die Europäische Gemeinschaft<br />

und die deutschen Politiker in Bund,<br />

Land und Kreis gefordert, durch<br />

entsprechende Gesetze, Direktiven<br />

und Fördermaßnahmen entsprechend<br />

einzugreifen. Wissenschaftliche<br />

Untersuchungen haben eindeutig<br />

nachgewiesen, dass der Bruterfolg<br />

in kleinparzellierten, naturverträglich<br />

bewirtschafteten Gebieten<br />

besser ist als in großflächigen,<br />

eintönigen Agrargebieten (MEBS &<br />

SCHMIDT 2006).<br />

Martin Lindner<br />

1 Der Name Terzel kommt vom lateinischen<br />

tertius (= der dritte), weil bei Falken<br />

der Terzel ein Drittel kleiner als das<br />

Weibchen ist.<br />

Literatur:<br />

Die beiden Monographien mit dem gleichen<br />

Namen „Der Turmfalke“ von<br />

PIECHOCKI, R. (1991) und KOSTRZEWA, R.<br />

& A. KOSTRZEWA (1993) sind immer noch<br />

erhältlich, so dass gutes Informationsmaterial<br />

vorliegt.<br />

GENSBÖL, B & W. THIEDE (2005): Greifvögel.<br />

München.<br />

GESNER C. (1669/ Nachdr. 1981): Vollkommenes<br />

Vogelbuch. Hannover.<br />

GLUTZ VON BLOTZHEIM, U.N., S. BAUER<br />

& E. BEZZEL (1971): Handbuch der Vögel<br />

Mitteleuropas. Bd. 4: Falconiformes.<br />

Frankfurt/M.<br />

KOCH, R. (1881): Die Brutvögel des gebirgigen<br />

Teiles von Westfalen. Jber.<br />

Zool. Sektion 9: 30-40.<br />

KOSTRZEWA, R. & A. KOSTRZEWA (1993):<br />

Der Turmfalke. Wiesbaden.<br />

MEBS, T. & D. SCHMIDT (2006): Die<br />

Greifvögel – Europas, Nordafrikas und<br />

Vorderasiens. Stuttgart.<br />

NABU (2007): Der Turmfalke – Vogel des<br />

Jahres 2007. Bonn/Berlin.<br />

N ORDRHEIN-WESTFÄLISCHE<br />

ORNITHOLOGENGESELLSCHAFT (Hrsg)<br />

(2002): Die Vögel Westfalens.<br />

PIECHOCKI, R. (1991): Der Turmfalke.<br />

NBB Bd. 116. Wittenberg.<br />

SLIWA, P. & L. REJT (2006): Pustulka.<br />

Swiebodzin.<br />

SUFFRIAN, E. (1846): Verzeichnis der innerhalb<br />

des Königl. Preußischen Regierungsbezirks<br />

Ansberg bis jetzt beobachteten<br />

wild lebenden Wirbelthiere. Jb.<br />

Ver. <strong>Natur</strong>k. Herzogtum Nassau. H. 3:<br />

126-169.<br />

IRRGEISTER 2007 19


Erhalt der landschaftlichen Vielfalt<br />

- VNV pflegt Obstwiesen und Kopfweiden<br />

Die Obstwiese am Spreiberg<br />

Ein malerisches, friedliches Plätzchen – so stellt sich die Landschaft auf dem Spreiberg<br />

östlich Arnsberg-Müschede dem Spaziergänger dar. Im <strong>Natur</strong>schutzgebiet „Spreiberg“<br />

herrscht mageres Grünland vor, dass extensiv beweidet wird und hohen ökologischen<br />

Wert besitzt. Ein wesentlicher Aspekt dieses beliebten Naherholungsgebietes sind Obstwiesen,<br />

bestehend aus etwa 20 alten Obstbäumen, auf zwei Teilflächen. Sie gehörten zu<br />

zwei Bauernhöfen, die etwa 1954 abgerissen wurden, als das Gebiet Truppenübungsplatz<br />

wurde. Nach Angaben eines Anwohners aus Müschede wurden einige der Bäume<br />

etwa 1948 gepflanzt. Die Bundeswehr nutzt die Fläche nun nicht mehr. Die Bäume drohten<br />

in den nächsten Jahren zu verschwinden, da sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr<br />

beschnitten wurden und darum nach und nach in sich zusammen brachen.<br />

Um den bestehenden Obstbaumbestand<br />

zu retten, führte der VNV,<br />

namentlich Axel Blume, Hans Jürgen<br />

Geyer und Jörg Langanki, bei<br />

diesen alten Bäumen, hauptsächlich<br />

Apfel, im vergangenen Winter einen<br />

Pflegeschnitt durch. Auf diese Weise<br />

will unser <strong>Verein</strong> hier wie in<br />

anderen Gebieten des HSK die<br />

Reste der noch vor wenigen<br />

Jahrzehnten ausgedehnten<br />

Streuobstwiesen erhalten. Waren<br />

früher unsere Dörfer noch<br />

umgeben von einem regelrechten<br />

Gürtel von Obstwiesen, die<br />

der Versorgung der Bevölkerung<br />

dienten, verschwanden sie<br />

rapide ab den 1960er Jahren<br />

durch Überalterung oder gezielte<br />

Rodung.<br />

Obstbaumaktivitäten im<br />

Marsberger Raum<br />

Im Raum Marsberg schnitt der VNV<br />

ebenfalls einzelne alte Obstbäume –<br />

so geschehen im Winterhalbjahr<br />

2006/07. Weitere Schnittaktionen an<br />

alten Bäumen sind geplant.<br />

Unser Schwerpunkt liegt im Ostteil<br />

des HSK aber in der Pflege unserer<br />

eigenen Obstbäume. In den vergangenen<br />

Jahren pflanzte der VNV über<br />

100 junge Obstbäume, größtenteils<br />

in VNV-Schutzgebieten wie dem<br />

20 IRRGEISTER 2007<br />

Glocken- und Hummelgrund bei<br />

Marsberg-Udorf, bei Bredelar und<br />

am Kregenberg. Insbesondere bei<br />

jungen Obstbäumen ist ein regelmäßiger<br />

Pflegeschnitt empfehlenswert,<br />

um die Bäume von Anfang an „in<br />

die richtige Form“ zu bringen, da-<br />

Obstbaumschnitt bei Marsberg 2006<br />

Foto: VNV-Archiv<br />

mit sie ein hohes Alter erreichen.<br />

Darum schneiden Marsberg Mitglieder<br />

auch in diesem Winter wieder die<br />

Bäume.<br />

Ebenso muss in den ersten Jahren<br />

nach der Pflanzung darauf geachtet<br />

werden, dass die Bäume regelmäßig<br />

gedüngt werden. Eine unterlassene<br />

Nährstoffzufuhr bei Jungbäumen<br />

sieht man selbst noch nach 40 Jahren<br />

– ungedüngte Bäume bekommen<br />

nie den optimalen Kronenaufbau.<br />

Ältere, in der Pflanzung von Obstbäumen<br />

erfahrene Leuten erzählten<br />

uns, dass sie früher dabei eine Baumscheibe<br />

aus verrottetem Stallmist<br />

angelegt haben.<br />

Nicht nur die <strong>Natur</strong> profitiert von<br />

diesen Maßnahmen: Inzwischen tragen<br />

viele unserer Bäume schon<br />

Früchte. Deren Ernte macht<br />

genauso Spaß wie der Verzehr<br />

des Obstes in den Monaten danach,<br />

nach dem Motto: „Aus<br />

dem eigenen Garten schmeckt<br />

es am besten.“<br />

Urige Kopfweiden um Giershagen<br />

Ebenso landschaftsprägend<br />

wie Obstwiesen sind Kopfweiden.<br />

Die Ruten von Kopfweiden,<br />

die mit den Jahren einen<br />

knorrigen, dicken Stamm und<br />

einen kugelförmigen Kopf entwikkeln,<br />

wurden früher genutzt zum<br />

Flechten von Körben und vieler anderer<br />

Gebrauchsgegenstände. Ebenso<br />

wurden in früherer Zeit die<br />

Gefache von Fachwerkhäusern mit<br />

Weidenruten ausgeflochten, bevor<br />

sie mit Lehm verstrichen wurden.<br />

Um Marsberg-Giershagen<br />

schneitelte der VNV Anfang dieses<br />

Jahres insgesamt 75 Kopfweiden,<br />

und zwar Unterm Dorfe, im


Diemeltal zwischen WEPA und<br />

Freizeitanlage sowie südöstlich<br />

Giershagen an der Straße Richtung<br />

Leitmar. Der überwiegende Teil dieser<br />

Weiden (51 Stück) wurde vom<br />

VNV eigenhändig gepflanzt. Das<br />

Beschneiden der weiteren Kopfbäume<br />

im Marsberger Raum ist geplant,<br />

hängt aber von den zeitlichen<br />

Möglichkeiten der VNV-Leute ab.<br />

Drei gute Gründe <strong>für</strong> Obstbäume<br />

und Kopfweiden<br />

Neben dem nahe liegenden Argument<br />

<strong>für</strong> Obstbäume – der Möglichkeit,<br />

kostengünstig schmackhaftes<br />

und gesundes Obst zu ernten – gibt<br />

es drei gute Gründe, die verbliebenen<br />

Obstwiesen und –baumreihen<br />

sowie die Kopfweiden zu erhalten:<br />

1. Ökologischer Wert<br />

Kopfweiden und hochstämmige<br />

Obstbäume sind ein wertvoller Bestandteil<br />

des strukturreichen Offenlandes.<br />

Die Bäume bilden häufig in<br />

deren Stämmen und dicken Ästen<br />

Höhlen aus, die bedrohten Vogelarten<br />

wie dem Gartenrotschwanz,<br />

aber auch anderen seltenen, höhlenbrütenden<br />

Vögeln als Nistplatz dienen.<br />

Fledermäuse haben in solchen<br />

Höhlen ihre Wochenstuben, d.h. sie<br />

ziehen hier ihre Jungen auf. Kopfund<br />

Obstbäume bieten auch vielen<br />

Insekten und anderen Kleinlebewesen<br />

Nahrung und Lebensraum – da<br />

diese Bäume reich an Totholz sind,<br />

auch und gerade totholzbewohnenden<br />

Insektenarten. Die<br />

Vielfalt an Kleinlebewesen zieht<br />

viele Beutegreifer an, z. B. weitere<br />

Vogelarten und Kleinsäuger.<br />

2. Kulturhistorischer Wert<br />

Kopfbäume sind ein lebendes Zeugnis<br />

der kleinbäuerlichen Kultur der<br />

Vergangenheit. Heute werden die<br />

Ruten praktisch nicht mehr gebraucht,<br />

denen die Kopfweiden ihre<br />

Entstehung verdanken. Der VNV<br />

versucht – in den letzten Jahren<br />

mehr und mehr erfolgreich – die geschnittenen<br />

Weidenruten an Nutzer<br />

weiterzugeben, um auch einen zukünftigen<br />

Wert als „Rohstoff-<br />

Mit den vom VNV geschnittenen Weidenruten legte ein Bürger in Giershagen einen Zaunentlang<br />

einer Grundstücksgrenze an. Fotos: H. Legge<br />

lieferant“ aufzuzeigen: Für eine<br />

naturnahe Uferbefestigung an einem<br />

Graben bei Olsberg sowie bei<br />

Brilon-Rixen an einem Fließgewässer<br />

wurden Ruten der 2007<br />

geschnittenen Kopfbäume verwendet;<br />

ebenso fanden einige als lebende<br />

Befestigungen in einem Hausgarten<br />

Verwendung. Ein Einwohner<br />

Giershagens legte mit diesen Ruten<br />

einen Zaun zur Begradigung seines<br />

Grundstücks an.<br />

Obstbäume wurden in den letzten<br />

Jahrhunderten angepflanzt, um die<br />

Ernährung der ländlichen Bevölkerung<br />

sicherzustellen. Von den damaligen<br />

Gürteln von Obstwiesen um<br />

jedes Dorf und Obstbaumreihen entlang<br />

der Feldwege sind heute nur<br />

noch Relikte übrig geblieben, die es<br />

zu erhalten gilt. Viele dieser Obstbäume<br />

gehören alten, regionalen<br />

Sorten an, die teilweise selten geworden<br />

sind und zu verschwinden<br />

drohen angesichts der wenigen,<br />

weltweit verbreiteten Einheitssorten<br />

der Supermarktäpfel. Unsere<br />

Regionalsorten, die teilweise – wie<br />

der „Schöne von Oesdorf“ – nur eine<br />

äußerst kleine Verbreitung haben,<br />

gilt es auch als wertvoller Genpool<br />

zu bewahren. Unser <strong>Natur</strong>schutz ist<br />

also auch Kulturschutz!<br />

3. Erholungswert<br />

Eine blühende Obstwiese, blühende<br />

Obstbäume entlang der Feldwege<br />

sind Farbtupfer in unserer Landschaft<br />

und bereichern Orte, in denen<br />

Einheimische und Touristen zur<br />

Ruhe kommen, aber eben auch den<br />

Wert der <strong>Natur</strong> schätzen lernen.<br />

Alte Obstbäume und die alten, knorrigen,<br />

urig anmutenden Kopfweiden<br />

steigern erheblich den Erholungs-<br />

IRRGEISTER 2007 21


wert einer Landschaft. Wie prägend<br />

z.B. die vom VNV gesetzten Kopfweiden<br />

<strong>für</strong> das Wiesental zwischen<br />

Kluskapelle und Giershagen sind,<br />

davon kann sich jeder Spaziergänger<br />

und Autofahrer selbst ein Bild<br />

machen. Auch die von uns geschnittenen<br />

Kopfweiden südöstlich Giershagen<br />

an der Straße Richtung<br />

Leitmar sind ein solcher Blickfang.<br />

Keine Fördermittel mehr<br />

In der Vergangenheit wurde solch ein<br />

ehrenamtlicher Einsatz noch durch<br />

Fördermittel des Landes unterstützt.<br />

Diese Gelder sind aber durch die<br />

CDU-FDP-Landesregierung gänzlich<br />

gestrichen worden. Der ehrenamtliche<br />

<strong>Natur</strong>schutz bekommt nun<br />

keine Unterstützung mehr <strong>für</strong> Kosten<br />

<strong>für</strong> Motorsägensprit oder<br />

Arbeitsgeräte. Dabei müsste klar<br />

sein: <strong>Natur</strong>schutz ist nicht zum Nulltarif<br />

zu haben. Dies müsste auch den<br />

derzeit Regierenden bewusst sein,<br />

die die Wichtigkeit von ehrenamtlichem<br />

Engagement immer besonders<br />

betonen.<br />

Neben einem wertvollen Lebensraum<br />

bieten Kopfweiden sowie<br />

Obstwiesen in unserer Landschaft<br />

ein phantastisches Bild <strong>für</strong> den Erholungssuchenden<br />

– Grund genug<br />

also, sich weiter um den Fortbestand<br />

unserer Obstwiesen und Kopfbäume<br />

zu kümmern!<br />

Harald Legge<br />

Apfelsaftpresse in Giershagen<br />

Am 19.10.07 fand eine Apfelsaftpressaktion mit einer mobilen Presse <strong>für</strong> die Bevölkerung in Marsberg-Giershagen statt,<br />

organisiert von VNV-Mitglied Franz Giller. Trotz des allgemein schlechten Apfeljahres meldeten sich knapp 40 Leute an, die<br />

aus insgesamt 3,5 Tonnen Äpfeln 2000 Liter Saft erhielten.<br />

Das Besondere: Jeder erhält den Saft derselben Äpfel, die er mitbringt. Der Saft wird durch kurzes Erhitzen <strong>für</strong> mindestens 2<br />

Jahre haltbar gemacht und enthält keine Konservierungsstoffe. Er wird wahlweise in 5-Liter- oder 10-Liter-Behälter abgefüllt.<br />

Diese bestehen aus einem wiederbenutzbaren Außenkarton und einem Plastikbeutel innen und besitzen einen kleinen Zapfhahn.<br />

Weil beim Entleeren keine Luft eindringt, hält sich der Saft eines solchen angebrochenen Behälters zwei bis drei Monate.<br />

Der Preis pro Behälter ist abhängig von der Menge der mitgebrachten Äpfel; er liegt bei ca. 4,50 Euro <strong>für</strong> 5 Liter und bei ca. 7<br />

Euro <strong>für</strong> 10 Liter.<br />

Der VNV möchte mit dieser Aktion die Bevölkerung <strong>für</strong> das Thema Obstwiesen sensibilisieren und den Nutzen von Obstbäumen<br />

<strong>für</strong> die Menschen aufzeigen.<br />

Da die Saftaktion ein voller Erfolg war, soll sie im nächsten Jahr wieder stattfinden. Der Termin wird durch die Presse bekannt<br />

gegeben und wird auch auf der VNV-Homepage sowie im Jahresprogramm von Biostation und VNV zu finden sein.<br />

22 IRRGEISTER 2007<br />

Foto: H. Legge


Orchideen im Hochsauerlandkreis - 4. Folge<br />

Gattung „Waldvögelein“ (Cephalanthera)<br />

Gattung „Cephalanthera“<br />

Allgemeines<br />

Wie soll man <strong>für</strong> die wunderbaren<br />

Arten dieser Gattung in einem Artikel<br />

die richtigen Worte finden?! Der<br />

Erfinder des Wortes „Waldvögelein“<br />

hat sicherlich auch ein hohes Maß<br />

an Bewunderung und zärtlicher Zuneigung<br />

zu diesen Pflanzen besessen.<br />

Das Exemplar, das ihn zur Namengebung<br />

anregte, kann nur das „Rote<br />

Waldvögelein“ gewesen sein, denn<br />

diese Art ist die einzige, in deren<br />

Blütenform man eine Vogelähnlichkeit<br />

erkennen kann.<br />

Vom wissenschaftlichen Namen her<br />

hat man bei diesen Pflanzen nach<br />

Kopf (griech: kephale) und Staubbeutel<br />

(griech: anthera) zu gucken.<br />

Meine erste, schon länger zurückliegende<br />

Begegnung (auf einer Exkursion<br />

des VNV) mit der Gattung der<br />

Waldvögelein war eher bescheiden.<br />

Ein schon dem Verblühen preisgegebenes<br />

Exemplar des „Weißen<br />

Waldvögeleins“ stand 1994 einsam<br />

ohne Seinesgleichen am Wegesrand<br />

bei Marsberg-Udorf. Trotzdem war<br />

ich - nach anfänglicher Enttäuschung<br />

– froh über das Kennenlernen,<br />

und das entsprechende Dia habe<br />

ich bis heute nicht aussortiert. In den<br />

Jahren danach half ich, die dortige<br />

Magerrasenböschung von ausgewachsenen<br />

Fichten zu befreien –<br />

damals ein kleiner Anfang mit Motorsäge,<br />

Kneife und Handarbeit.<br />

2006 kamen große Maschinen zum<br />

Einsatz. Man wird sehen, wie sich<br />

die dortige Kalkhalbtrockenrasen-<br />

Vegetation nun entwickelt.<br />

Zur Gattung „Cephalanthera“ gehören<br />

zahlreiche Arten – sieben in<br />

Kleinasien, fünf in Europa und davon<br />

drei im HSK, sowie eine in<br />

Amerika.<br />

Weißes Waldvögelein<br />

(Cephalanthera damasonium)<br />

Aussehen:<br />

Wirklich Weißes ...??<br />

Meistens ist ein Pflanzenname ja<br />

außerordentlich zutreffend, aber im<br />

Falle des Weißen Waldvögeleins<br />

doch etwas ungenau und verwirrend.<br />

Doch - man lernt ja nie aus! Glaubte<br />

ich bei meinem ersten Anblick eines<br />

Abb. 1: Verbreitung des Weißen Waldvögeleins (Quelle: VNV-Daten, aktuelle Angaben aus GÖTTE (2007)<br />

IRRGEISTER 2007 23


Weißen Waldvögeleins ein schon<br />

vergehendes (in meiner ersten Enttäuschung<br />

ein „vergammeltes“) Exemplar<br />

vor mir zu haben, so bin ich<br />

nun informierter und weiß, dass die<br />

Farbe der Blüte nie schön weiß aussieht,<br />

sondern wie vergilbt oder<br />

eierschalenfarben. Die Blüte ist fast<br />

immer geschlossen und öffnet sich<br />

nur bei großer Wärmeeinstrahlung<br />

insekten- und fotografenfreundlich.<br />

Dann sieht man den leuchtendgelben<br />

Fleck auf der Unterlippe, auf der<br />

auch drei Längsleisten liegen. Im<br />

Gegensatz zu den anderen beiden<br />

Waldvögelein unseres Gebietes stehen<br />

die Blüten mit der Öffnung fast<br />

nach oben.<br />

Beim ca. 15 cm langen Blütenstand<br />

fällt auf, dass der Stängel leicht hin<br />

und her gebogen ist und die Blüten<br />

lockerer und nicht so gedrungen verteilt<br />

sind wie bei C. longifolia. Jede<br />

Blüte hat ein langes Tragblatt. Die<br />

unteren sind deutlich länger als die<br />

Blüten. Am 20 – 60 cm hohen<br />

Stängel sind die 2 – 6 Laubblätter<br />

gleichmäßig verteilt. Die mittleren<br />

sind die längsten und 10 cm lang.<br />

Die Form ist breit-zugespitzt. Das<br />

obere Laubblatt ist etwas kleiner und<br />

tragblattartig. Was die letzteren Angaben<br />

anbelangt findet man in der<br />

Literatur unterschiedliche Angaben.<br />

Es heißt auch, dass das obere Laubblatt<br />

das längste sei. Mit den mir<br />

vorliegenden Fotos ist das Problem<br />

nicht zu lösen. Gucken wir doch mal<br />

im nächsten Frühling nach, was Sache<br />

ist. Unterhalb der Laubblätter<br />

sind 3 – 4 braune Schuppenblätter<br />

zu erkennen. Die Pflanze hat keine<br />

Rosette.<br />

(Wie in den vorigen <strong>Irrgeister</strong>heften<br />

beschränke ich mich bei der Beschreibung<br />

des Aussehens auf das<br />

<strong>für</strong> mich Wesentliche, weiteres siehe<br />

Spezialliteratur.)<br />

Bestäubung, Befruchtung, Vermehrung<br />

Die bauchförmigen Blüten gewähren<br />

manchen Insekten Schutz vor<br />

Kälte und Nässe. Auch als<br />

Übernachtungsmöglichkeit sind sie<br />

ihnen willkommen. Dabei kann es<br />

24 IRRGEISTER 2007<br />

Blüte und Habitus des<br />

Weißen Waldvögeleins<br />

Fotos: V. Falkenstein<br />

zur Schlafstättenbestäubung<br />

kommen. Außerdem<br />

wird vermutet,<br />

dass sich die Insekten an<br />

den Längsleisten auf der<br />

Lippe laben, die Zucker<br />

enthalten (Pseudopollen)<br />

und die Blüten dabei bestäuben.<br />

Eine wahrscheinlich häufigere<br />

Methode ist die<br />

Selbstbestäubung. Sogar<br />

Apomixis (Entstehung<br />

von Embryonen ohne Befruchtung)<br />

ist bei<br />

Cephalanthera<br />

damasonium beobachtet<br />

worden.<br />

Blütezeit: Mai/Juni<br />

Angaben zur Blütenbiologie hauptsächlich<br />

aus REINHARD u.a. (1991).<br />

Die Gattung Cepahalanthera besitzt<br />

keine unterirdischen Knollen. Eine<br />

vegetative Vermehrung erfolgt durch<br />

einen Neutrieb aus einem Rhizom<br />

(Wurzelstock) und durch Knospen<br />

an den Wurzeln, aus denen auch<br />

Sprosse wachsen. Letzteres ist etwas<br />

Besonderes bei der Gattung<br />

Cephalanthera.<br />

Biotop<br />

Lichte Laubwälder und Waldränder<br />

– überwiegend auf Kalk. Trotz der<br />

stattlichen Größe der Pflanze fällt sie<br />

dem Spaziergänger nicht immer<br />

gleich ins Auge, da gerade am<br />

vegetationsreichen Waldrand die<br />

Blütenfülle anderer Pflanzen eine<br />

gute Tarnung ergibt. So wollte ich<br />

jemanden einmal meine „Entdeckung“<br />

zeigen, jedoch zunächst<br />

blieb es beim „Wo ist sie denn geblieben?<br />

Gerade war sie doch noch<br />

da!“<br />

Vorkommen im HSK<br />

Das Hauptverbreitungsgebiet ist der<br />

nordöstliche Teil des Altkreises<br />

Brilon, besonders bei Marsberg und<br />

seltener im Hoppecketal. (Siehe<br />

Abb. 1)<br />

Nicht mehr aktuelle Vorkommen siehe<br />

bei GÖTTE (2007)


Allgemeine Verbreitung<br />

„Nordwärts bis Südengland, Dänemark,<br />

Gotland, Baltikum; ostwärts<br />

bis Ukraine, Krim; südwärts von<br />

Spanien bis Kleinasien, Kaukasus<br />

und Iran“. Aus SEBALD u.a. (1998),<br />

S. 311<br />

Vertikale Verbreitung 5m - ca.<br />

2000m NN. Alle Angaben zur<br />

vertikikalen Verbreitung in diesem<br />

Artikel ebenfalls aus SEBALD u.a.<br />

(1998)<br />

Schutz- und Pflegemaßnahmen<br />

In seinem neuen VNV-Buch „Flora<br />

im östlichen Sauerland“ schreibt<br />

Richard GÖTTE über die Gefährdung<br />

des Weißen Waldvögeleins: „Durch<br />

Veränderung der Standorte gefährdet.<br />

Süderbergland RL *, NRW RL<br />

*.“ (* = ungefährdet)<br />

2. Entfernen der Pappel 1999<br />

Foto: V. Falkenstein<br />

Am 23.1.1999 hat es die aktiven<br />

Mitglieder des VNV einen ganzen<br />

Samstagvormittag beschäftigt, eine<br />

überdimensionale, durch Sturm umgefallene<br />

Pappel zu entfernen, die einen<br />

großen Teil einer orchideenreichen<br />

Waldrand-Böschung – u.a.<br />

mit C. damasonium – bei Marsberg-<br />

Udorf beschattete. (Siehe Foto)<br />

Schwertblättriges Waldvögelein<br />

(Cephalanthera longifolia)<br />

Aussehen<br />

Schon auf den ersten Blick ist diese<br />

Art von der vorigen gut zu unterscheiden.<br />

Die bis 12 cm langen<br />

Erhalt eines wertvollen Orchideenlebensraumes im VNV-Schutzgebiet<br />

Hummelgrund bei Marsberg-Udorf :<br />

1. Fichtenentfernung mit schwerem Gerät am 11.3.2006 oberhalb und links<br />

neben der Böschung, die hinter der umgefallenen Pappel auf dem Bild unten zu<br />

sehen ist.<br />

Foto: G. Kistner<br />

3. Eine schöne freie Fläche am 21.3.2006, die sich hoffentlich zu einem Kalkmagerrasen<br />

mit üppigem Blütenflor entwickelt. Foto: Biol. Station des HSK<br />

lineal-lanzettlichen Blätter, die der<br />

Pflanze zu ihrem Namen verholfen<br />

haben, sind nah beieinander links<br />

und rechts (fast zweizeilig) am<br />

Stängel verteilt. (Die Anordnung bei<br />

C. damasonium ist eher spiralförmig<br />

am Stängel hinauf.) Die Blätter sind<br />

stängelumfassend. 7 – 27 strahlendweiße<br />

Blüten stehen dicht gedrängt<br />

im 7 – 21 cm langen Blütenstand. 3<br />

– 14 Stück sollen es bei C.<br />

damasonium sein. (SEBALD u.a.<br />

1998) Größe der Pflanze: 15 – 60<br />

cm.<br />

Bestäubung, Befruchtung, Vermehrung<br />

Wie bei C. damasonium.<br />

Blütezeit: Mai/Juni<br />

Biotop<br />

Auch C. longifolia ist in ihrem Biotop<br />

oft gut getarnt. Trotz ihrer Üppigkeit<br />

kann man ganze Gruppen<br />

übersehen, da gerade zur Blütezeit<br />

auch die Große Sternmiere (Stellaria<br />

holostea) einen umwerfend markanten<br />

weißen Aspekt am Waldrand<br />

bildet. Im Wald selber, besonders<br />

dort, wo durch die Beschattung die<br />

Wuchshöhe und Mächtigkeit der<br />

IRRGEISTER 2007 25


Exemplare spärlicher ausfällt, verschwindet<br />

sie mitunter zwischen<br />

Beständen des Waldmeisters<br />

(Galium odoratum). Aber vielleicht<br />

gibt es gerade deshalb noch „heimliche“<br />

Vorkommen im HSK, da die<br />

Art so nicht den Begehrlichkeiten<br />

seltsam motivierter Gartenbesitzer<br />

zum Opfer fällt.<br />

Der Boden ist in der Regel basenreich,<br />

aber nicht kalkhaltig.<br />

Je schattiger die Pflanze steht, um<br />

so weniger kräftig wächst sie.<br />

Vorkommen im HSK<br />

Das Hauptverbreitungsgebiet ist im<br />

Nordosten des HSK zu finden. Wo<br />

die Art vorkommt, gibt es gleich<br />

zahlreiche Exemplare, die dicht beieinander<br />

stehen (aufgrund der vegetativen<br />

Vermehrung durch Wurzelsprosse).<br />

Allgemeine Verbreitung<br />

„Nordgrenze durch England, Südskandinavien,<br />

Baltikum. Südgrenze<br />

durch das Mediterrangebiet mit<br />

Nordwestafrika und Kleinasien,<br />

Iran. Ostwärts bis in den Pamir“.<br />

Abb. 2: Verbreitung des Schwertblättrigen Waldvögeleins (Quelle: VNV-Daten, aktuelle Angaben aus GÖTTE (2007)<br />

26 IRRGEISTER 2007<br />

Das Schwertblättrige Waldvögelein<br />

am 11.5.2003 bei Brilon-Hoppecke<br />

am Waldrand zwischen Sternmiere<br />

Foto: V. Falkenstein


(SEBALD u.a. 1998), S. 313.<br />

Die Höhenverbreitung der Pflanze<br />

reicht von 1 – 4000 m NN.<br />

Schutz- und Pflegemaßnahmen<br />

Rote Liste Süderbergland RL2,<br />

NRW RL2 (stark gefährdet).<br />

Da die Pflanzen nicht komplett in<br />

<strong>Natur</strong>schutzgebieten liegen, könnten<br />

z.B. durch Waldarbeiten (Rückearbeiten)<br />

Bestände verloren gehen<br />

oder dezimiert werden.<br />

Rotes Waldvögelein<br />

(Cephalanthera rubra)<br />

Aussehen<br />

Die Form der 2 – 24 Blüten sieht von<br />

weitem aus wie manche<br />

Ragwurzblüte (Siehe <strong>Irrgeister</strong> 2/<br />

2003), da die Sepalen (äußere Blütenblätter)<br />

abstehen. Wie oben schon<br />

erwähnt, sieht die Blüte auch aus wie<br />

ein Vögelein, allerdings wie ein violett-rotes.<br />

Auch weißliche Exemplare<br />

kommen vor. Im Gegensatz zu den<br />

vorigen Arten ist die Blüte hier weit<br />

geöffnet. Die rot gerandete Lippe ist<br />

weiß mit ca. 10 gelbbraunen Längsleisten.<br />

Größe der Pflanze 20 – 70 cm. Im<br />

unteren Bereich des Stängels sind<br />

mehrere Schuppenblätter, darüber<br />

zweizeilig und locker verteilt 3 – 9<br />

lanzettliche Laubblätter, die bis 10<br />

cm lang sein können.<br />

Bestäubung, Befruchtung, Vermehrung<br />

Durch Ähnlichkeiten mit Futterpflanzen<br />

bestimmter Insekten wird<br />

das Rote Waldvögelein gern angeflogen<br />

und bestäubt. Näheres über<br />

die Bestäuber dieser Scheinfutterpflanze<br />

in SEBALD u.a. (1998),<br />

S. 315. Auch durch die an den Längsleisten<br />

vorhandenen Pseudopollen<br />

erfolgt Insektenanflug.<br />

Vegetative Vermehrung wie bei den<br />

vorigen Arten.<br />

Biotop<br />

Lichte Kalk-Wälder (vorwiegend<br />

Buchen-), in warmer Lage, besonders<br />

am Waldrand.<br />

Vorkommen im HSK<br />

Im HSK gibt es zwar kein ganz aktuelles<br />

Vorkommen, aber da noch<br />

1986 im Marsberger Raum ein Fund<br />

gemeldet wurde und die Pflanze im<br />

angrenzenden östlichen<br />

Diemelgebiet noch wächst, ist es<br />

nicht auszuschließen, dass mal wieder<br />

Exemplare im HSK gefunden<br />

werden. Auch im Siegerland gibt es<br />

Fundmeldungen nach 1990 (und im<br />

märkischen Kreis in der Nähe der<br />

HSK-Grenze Meldungen nach 1980.<br />

Allgemeine Verbreitung<br />

„Nordwestgrenze durch Südengland,<br />

Südskandinavien, Baltikum,<br />

ostwärts bis in den Ural; Südgrenze<br />

Spanien, Nordafrika, Sizilien,<br />

Kreta, Kleinasien, Kaukasus,<br />

Nordiran“ (SEBALD u.a. 1998), S.<br />

315).<br />

Die Art erreicht in Westfalen nicht<br />

die durch RUNGE (1990) angegebe-<br />

Rotes Waldvögelein<br />

(Cephalanthera rubra)<br />

im benachbarten Hessen<br />

Foto: V. Falkenstein<br />

ne Nordwestgrenze ihres europäischen<br />

Verbreitungsgebietes. Angaben<br />

<strong>für</strong> England u.a. in BAUMANN/<br />

KÜNKELE (1982) und STACE, C.<br />

(1997)<br />

IRRGEISTER 2007 27


Interessant ist auch, dass die Art<br />

trotz ihrer Wärmeliebe in Marokko<br />

noch auf 2600 m NN wachsen kann.<br />

Tiefstes Vorkommen bei 0 m NN.<br />

Schutz- und Pflegemaßnahmen<br />

„Sehr selten und vom Aussterben<br />

bedroht. Süderbergland RL1, Weserbergland<br />

RL3, NRW RL3“<br />

Aus GÖTTE (2007), S. 475<br />

RL1 = vom Aussterben bedroht,<br />

RL3 = gefährdet<br />

Literatur:<br />

ARBEITSKREIS HEIMISCHER ORCHIDEEN<br />

NRW (2001): Die Orchideen Nordrhein-Westfalens<br />

BAUMANN / KÜNKELE (1982): Die wildwachsenden<br />

Orchideen Europas<br />

GÖTTE, R. (2007): Flora im östlichen<br />

Sauerland – <strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz<br />

e.V.<br />

HAEUPLER, H., A. JAGEL UND W.<br />

SCHUMACHER (2003): Verbreitungsatlas<br />

der Farn- und Blütenpflanzen in Nordrhein-Westfalen<br />

REINHARD u.a. (1991): Die Orchideen<br />

der Schweiz und angrenzender Gebiete<br />

RUNGE, F. (1990): Die Flora Westfalens<br />

SEBALD u.a. (1998): Die Farn- und<br />

Blütenpflanzen Baden-Württembergs,<br />

Band 8<br />

STACE, C. (1997): New Flora of the British<br />

Isles<br />

28 IRRGEISTER 2007


Die Kreuzkröte (Bufo calamita) im Sauerland<br />

- Vorkommen und Schutz einer seltenen Amphibienart<br />

Die Erdkröte (Bufo bufo) ist, sicher weil sie eine häufige Krötenart ist, den meisten Menschen<br />

ein Begriff. Auch von der Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans), die im Hochsauerlandkreis<br />

durchaus verbreitet ist, werden die meisten schon einmal gehört haben.<br />

Weniger bekannt wird sein, dass darüber hinaus noch eine dritte Krötenart im Sauerland<br />

heimisch ist: die Kreuzkröte. Sie ist bei uns selten und muss, weil sie besondere<br />

Lebensraumansprüche hat, als in ihrem Bestand gefährdet eingestuft werden.<br />

Ausgewachsene Kreuzkröte - mit deutlichem Längsstreifen auf dem Rücken<br />

Foto: T. Kordges<br />

Aussehen<br />

Die ausgewachsene Kreuzkröte<br />

(Bufo calamita) hat eine Körperlänge<br />

von 4-8 cm, wobei die Weibchen<br />

meist etwas größer sind. Über den<br />

Rücken, übers „Kreuz“, verläuft ein<br />

schmaler, meist gelblicher oder auch<br />

weißlicher oder rötlicher Längsstreifen,<br />

der <strong>für</strong> die Art charakteristisch<br />

und namensgebend ist. Der<br />

restliche Rücken ist bräunlich, graubraun<br />

oder leicht grünlich gefärbt.<br />

Ferner sind auf dem Rücken kleinere<br />

und größere Warzen. Typisch <strong>für</strong><br />

die Kreuzkröte sind die kurzen, kräftigen<br />

Beine. Kreuzkröten hüpfen,<br />

anders als andere Kröten- und<br />

Froscharten, nur ausnahmsweise,<br />

sondern sie laufen erstaunlich flink.<br />

Lebensraum und Biologie<br />

Die natürlichen Lebensräume im<br />

Sauerland dürften die Flusskies- und<br />

Schlammbänke unserer Fließ-<br />

gewässer mit ihren temporärenÜberschwemmungsgewässerngewesen<br />

sein. Zu bedenken<br />

ist, dass die heutigen<br />

Auen und Flüsse in<br />

keiner Weise mit den<br />

früheren vergleichbar<br />

sind. Das hier abgedruckte<br />

Foto der Ruhr<br />

bei Arnsberg aus dem<br />

Jahr 1956 mag da<strong>für</strong> als<br />

Hinweis dienen. Früher<br />

bereitete jedes Hochwasser<br />

an den damals völlig<br />

unregulierten Gewässern neue<br />

Pionierstandorte <strong>für</strong> die Pionierart<br />

Kreuzkröte.<br />

Nach der Besiedlung des Sauerlandes<br />

schuf der Mensch neue geeignete<br />

Lebensräume. Vielerorts wurde<br />

kleinräumig Gestein abgebaut.<br />

Solche kleinen Abbaustellen dürften<br />

von der Krötenart besiedelt worden<br />

sein. Auch die früher großflächig<br />

verbreiteten Heiden und Magerrasen<br />

waren positiv <strong>für</strong> die Art. Früher<br />

dürfte die Kreuzkröte weit verbreitet<br />

und örtlich häufig gewesen sein.<br />

Truppenübungsplätze waren bis vor<br />

einigen Jahren wichtige Habitate.<br />

Durch Aufgabe oder „extensivere“<br />

Nutzung sind inzwischen die meisten<br />

Vorkommen auf diesen Plätzen<br />

erloschen. So auch auf dem ehemaligen<br />

Truppenübungsplatz Spreiberg<br />

bei Arnsberg, heute NSG Wicheler<br />

Heide. Heute liegen die meisten<br />

Nachweise der Pionierart Kreuzkröte<br />

in NRW auf Halden, Industriebrachen<br />

und in Abgrabungsflächen<br />

von Sand, Kies, Ton und Gestein, da<br />

natürliche Flussauen verschwunden<br />

Die Ruhr bei Arnsberg 1956, damals noch<br />

naturnah Foto: T. Pietz<br />

sind (FELDMANN 1981, GEIGER et al.<br />

1994, SCHLÜPMANN & GEIGER 1998).<br />

Auch im Kreis Soest und im<br />

Hagener Raum gibt es die meisten<br />

Nachweise aus Steinbrüchen (LOSKE<br />

& RINSCHE 1985, SCHLÜPMANN 1995).<br />

Durch die in Steinbrüchen geänderten<br />

Arbeitsabläufe und immer ra-<br />

IRRGEISTER 2007 29


scheren Abbau haben Kreuzkröten<br />

nun auch dort Schwierigkeiten, sich<br />

zu reproduzieren.<br />

In der Verbreitungskarte des Arbeitskreises<br />

Amphibien und Reptilien<br />

Nordrhein-Westfalen (SCHLÜPMANN<br />

& GEIGER 1998; SCHLÜPMANN et al.<br />

2006, aktuelle Verbreitung im<br />

Internet unter www.herpetofaunanrw.de)<br />

finden sich die bisher bekannten<br />

ehemaligen und aktuellen<br />

Vorkommen in NRW. Auch die Daten<br />

des VNV sind in diese<br />

Verbreitungskarte mit eingeflossen.<br />

Die meisten Vorkommen der Kreuzkröte<br />

in NRW befinden sich im<br />

Rheintal von Bonn bis Duisburg und<br />

im Ruhrgebiet, wo es eine nahezu<br />

flächendeckende Verbreitung gibt,<br />

während das Sauer- und Siegerland<br />

wie das gesamte Süderbergland<br />

kaum noch besiedelt sind. Nur in<br />

Steinbrüchen im Warsteiner, Wuppertaler<br />

und Mettmanner Raum gibt<br />

es noch nennenswerte Populationen<br />

(LOSKE & RINSCHE 1985, KORDGES<br />

2001). Die höchsten Vorkommen in<br />

NRW liegen in der Eifel bei 605 m<br />

NN (SCHLÜPMANN et al. 2006). Im<br />

Sauerland kommt die Art aktuell bei<br />

Warstein auf ca. 450 m NN vor.<br />

Die Kreuzkröte wird in der „Rote<br />

Liste der gefährdeten Kriechtiere<br />

(Reptilia) und Lurche (Amphibia) in<br />

Nordrhein-Westfalen“ in der Kategorie<br />

3 – „gefährdet“ 1 geführt<br />

(SCHLÜPMANN & GEIGER 1999). Für<br />

das Süderbergland (Sauer-, Siegerund<br />

?ergisches Land) wird die<br />

Kreuzkröte sogar als „stark gefährdet“<br />

– Kategorie 2 2 eingestuft.<br />

Leicht grabbares Substrat, z.B. Sand,<br />

wird bevorzugt, es werden aber auch<br />

Steinbrüche besiedelt. Kreuzkröten<br />

bevorzugen als Verstecke selbstgegrabene<br />

Löcher gegenüber solchen<br />

unter Steinen, Brettern usw.<br />

(SINSCH 1998). Verstecke werden<br />

häufig mit Erdkröte, Geburthelferkröte<br />

und Molchen geteilt<br />

(SCHLÜPMANN 1995). Im Sommer<br />

sind die selbst gegrabenen Tagesquartiere<br />

nur zwischen 5 und 45 cm,<br />

30 IRRGEISTER 2007<br />

Abb. 1: Kreuzkröten-Verbreitungskarte NRW (www.herpetofauna-nrw.de)<br />

Winterquartiere hingegen bis zu<br />

1,9m tief (SINSCH 1998). Die<br />

Landlebensräume befinden sich<br />

meist nur 100-300 m vom Laichgewässer<br />

entfernt. Der Jahreslebensraum<br />

kleiner Populationen<br />

umfasst nur wenige ha (SCHLÜPMANN<br />

1995).<br />

Wie die anderen europäischen<br />

Amphibienarten sind die Kreuzkröten<br />

abends und nachts aktiv.<br />

Dann kann man den Ruf der Männchen,<br />

ein metallisches Rätschen<br />

„ärr... ärr... ärr“ hören. Teilweise rufen<br />

die Kröten bereits am Nachmittag<br />

in ihren Tagesverstecken, falls es<br />

Regen gibt, bedeckt oder bewölkt ist.<br />

Jeweils nach Einbruch der Dämmerung<br />

begeben sich die Männchen<br />

zum Gewässer und es kann zu weitschallenden<br />

Konzerten kommen,<br />

wobei die Rufer sehr empfindlich<br />

auf Störungen reagieren. Die Weibchen<br />

hingegen kommen nur zum<br />

Laichen ans Gewässer. Die Rufaktivität<br />

und Balz dauert in NRW<br />

von April bis August. Nur diesjährige<br />

Kreuzkröten sind anfangs überwiegend<br />

tagaktiv, wobei diese auch<br />

große Hitze und Trockenheit vertragen.<br />

Als Laichgewässer werden fast ausschließlich<br />

flache, vegetationsarme<br />

und sonnenexponierte Gewässer mit<br />

nur wenigen Zentimeter Wassertiefe<br />

gewählt. Falls tiefere Gewässer<br />

besiedelt werden, haben diese ausgedehnte<br />

Flachwasserzonen. Es handelt<br />

sich meist um von Regenwasser<br />

gespeiste periodische Pfützen,<br />

Tümpel und Wagenspuren. Im<br />

Hagener Raum waren 68 % der besiedelten<br />

Gewässer von Regenwasser<br />

gespeist (SCHLÜPMANN 1995).


Künstliche, vom Menschen geschaffene<br />

Gewässer werden häufig bereits<br />

im ersten Jahr besiedelt.<br />

Hier wird deutlich, warum die<br />

Kreuzkröte zu den Pionierarten<br />

zählt. Sie besiedelt neu entstandene,<br />

noch vegetationsfreie bzw. –arme<br />

Gewässer schnell, muss aber ebenso<br />

schnell wieder in neue Plätze ausweichen,<br />

wenn die Vegetation nach<br />

wenigen Jahren zu dicht wird, also<br />

die natürliche Sukzession voranschreitet.<br />

Das Problem besteht <strong>für</strong><br />

solche Pioniere in der heutigen Zeit<br />

darin, dass dynamische Prozesse wie<br />

das Entstehen vegetationsarmer<br />

Stillgewässer kaum noch stattfinden.<br />

Das Weibchen legt pro Laichschnur<br />

1000 bis 9000 Eier ab.<br />

Laichschnüre können sowohl<br />

einreihig als auch zweireihig<br />

abgelegt werden. Keine andere<br />

Amphibienart Europas entwickelt<br />

sich so schnell wie<br />

die Kreuzkröte vom befruchteten<br />

Ei zur Jungkröte (GROßE<br />

1994). Vom Ei zum<br />

Schlupf der Kaulquappe dauert<br />

es 3 bis 12 Tage und von<br />

der Kaulquappe zur Jungkröte 2 bis<br />

19 Wochen. Die Kaulquappen der<br />

Kreuzkröte sind anfangs nicht von<br />

denen der Erdkröte zu unterscheiden.<br />

Bei beiden Arten sind die Kaulquappen<br />

zuerst tief schwarz. Erst<br />

ältere Kaulquappen der Kreuzkröte<br />

haben einen artanzeigenden grauen<br />

Kehlfleck.<br />

Auch schwarze Kaulquappen in typischen<br />

Laichgewässern der Kreuzkröte,<br />

wie Pfützen, sind jedoch noch<br />

kein sicherer Nachweis. Als am<br />

20.06.07 bei der Kontrolle von<br />

Steinbrüchen im Stadtgebiet Brilon<br />

in vier Brüchen schwarze Kaulquappen<br />

gefunden wurden, waren sich<br />

die drei VNV-Mitglieder und zwei<br />

niedersächsischen Experten zunächst<br />

sicher, Kreuzkröten gefunden<br />

zu haben, da sich die Kaulquappen<br />

in typischen Kreuzkröten-Gewässern<br />

befanden. Nachkontrollen ergaben<br />

aber in drei Fällen „nur“<br />

Erdkröten-Kaulqappen, während das<br />

vierte Gewässer ausgetrocknet war.<br />

Bei der Metamorphose (Umwandlung)<br />

wird aus der im Wasser<br />

kiemenatmenden Kaulquappe die<br />

lungenatmende Kröte. Je niedriger<br />

die Wassertemperatur liegt, desto<br />

länger dauert die Entwicklung. Die<br />

optimale Wassertemperatur zur<br />

schnellen Entwicklung von Kaulquappen<br />

liegt bei 30 ° C (GROSSE<br />

1994). Unter 12 ° C Wassertemperatur<br />

stagniert die Entwicklung der<br />

Kaulquappen völlig. Deshalb konnten<br />

noch am 13.10. an einem Gewässer<br />

im Hagener Raum Kaulquappen<br />

ohne Beinansatz gefunden werden<br />

(SCHLÜPMANN 1995). Solche Kaulquappen<br />

können die Metamorphose<br />

Laichschnüre der Kreuzkröte<br />

Foto: M. Schlüpmann<br />

nicht mehr vor dem Winter schaffen<br />

und werden sterben.<br />

Die Entwicklungsgeschwindigkeit<br />

wird daneben von der Nahrungsverfügbarkeit<br />

und der Konkurrenz<br />

anderer Amphibienarten im Laichgewässer<br />

beeinflusst. Häufig trocknen<br />

auch die Laichgewässer aus und<br />

der Laich oder die Kaulquappen gehen<br />

verloren. Als echter Pionier hat<br />

sich die Kreuzkröte aber an solche<br />

Widrigkeiten angepasst: Mehrfach<br />

im Jahr wird von verschiedenen<br />

Weibchen ins gleiche Gewässer abgelaicht,<br />

jeweils nach Regenfällen.<br />

Die Kreuzkröte ist im Laichgewässer<br />

häufig mit der<br />

Geburtshelferkröte und Molchen<br />

vergesellschaftet. Eine Vergesellschaftung<br />

mit Grasfrosch (Rana<br />

temporaria) und Erdkröte ist seltener,<br />

da diese beiden Arten meist früher<br />

laichen. Im Hagener Raum war<br />

die Kreuzkröte meistens mit 0 - 3<br />

Arten im Laichgewässer gemeinsam<br />

vertreten (SCHLÜPMANN 1995).<br />

Laich und Kaulquappen können<br />

durch Prädation durch andere Amphibien,<br />

Fische, Vögel, Libellenlarven<br />

und Wasserinsekten Verluste<br />

erleiden (FELDMANN 1981, SINSCH<br />

1998). Auch Laichkannibalismus<br />

durch ältere Kreuzkröten-Kaulquappen<br />

kommt vor. In Dortmund wurde<br />

im Juni 2003 ein Kaulquappenbestand<br />

um mehr als 95 % von Rabenkrähen<br />

reduziert (MÜNCH 2005).<br />

Aquatische Prädatoren können zu<br />

Verlusten von bis zu 100 % führen<br />

(SINSCH 1998).<br />

Frühere Vorkommen im<br />

Hochsauerland und dessen<br />

Umgebung<br />

Den ersten Hinweis über das<br />

Vorkommen der Kreuzkröte<br />

im Sauerland und dessen<br />

Umkreis liefert SUFFRIAN<br />

(1843). SUFFRIAN schreibt:<br />

„Seltener als jene (Anmerkung:<br />

Gemeint ist die vorher<br />

von SUFFRIAN behandelte<br />

Erdkröte.), doch nirgends ganz<br />

vermisst, auch an gleichen Orten lebend.<br />

Ändert an Größe und Färbung<br />

mannigfach ab, und man findet selbst<br />

Stücke mit kaum bemerkbaren<br />

Rückenstreifen.“<br />

1892 schreibt LANDOIS: „im Sauerlande<br />

wird sie nirgends vermisst“.<br />

Auch WESTHOFF (1893) bestätigt<br />

noch die Angaben von Suffrian und<br />

Landois, wenn er aufführt: „In dem<br />

Sauerländischen Districte überall,<br />

aber nirgends häufig.“<br />

Ältere genaue Nachweise über das<br />

Vorkommen von Amphibien und<br />

Reptilien im Sauerland scheinen<br />

nicht vorhanden zu sein. Erstmals<br />

gibt DOBBRICK (1926) ortsgenaue<br />

Nachweise über das Vorkommen der<br />

Kreuzkröte: „Rufende Exemplare<br />

1923 und 24 in einer alten Dunggrube<br />

in Niedereimer; zahlreich in der<br />

Ziegeleiausschachtung am Herdringerweg.“<br />

IRRGEISTER 2007 31


Im Ruhrtal bei Arnsberg wurde von<br />

1940 bis 1945 durch alliierte Bombardierungen<br />

eine große Zahl von<br />

„künstlichen Laichgewässern“ in<br />

Form von Bombentrichtern geschaffen<br />

(BÜHNER 1995). Vor allem die<br />

massiven Angriffe mit schweren und<br />

schwersten Sprengbomben 1944 und<br />

1945 auf das Eisenbahnviadukt in<br />

Arnsberg, das Stahlwerk in Neheim<br />

und den Bahnhof Neheim führten zu<br />

vielen Bomben-Fehlabwürfen. Dies<br />

hatte viele Bombentrichter in der<br />

Ruhraue zur Folge, wie Luftbilder<br />

aus dieser Zeit zeigen (ebd.). Diese<br />

wurden zum Teil erst viele Jahre später<br />

verfüllt. Diese Bombentrichter<br />

dürften <strong>für</strong> lange Zeit gute<br />

Amphibienlaichgewässer gewesen<br />

sein. Neben der Kreuzkröte haben<br />

vermutlich weitere heute ausgestorbene<br />

oder seltene Arten wie Gelbbauchunke<br />

(Bombina variegata),<br />

Laubfrosch (Hyla arborea) und Ringelnatter<br />

(Natrix natrix) davon profitiert.<br />

FELDMANN (1981) bringt den Hinweis:<br />

„ANT fand 1951 Kreuzkröten<br />

bei Fredeburg (Hochsauerlandkreis).“<br />

Über diesen völlig isolierten<br />

Fund gibt es leider keine näheren<br />

Angaben (FELDMANN mdl.).<br />

Wahrscheinlich befand sich das Vorkommen<br />

auf dem Gelände des<br />

Schieferbergwerks in Bad<br />

Fredeburg. Ferner schreibt FELD-<br />

MANN: „Randbereiche der langsam<br />

vollaufenden Aabachtalsperre“. Die<br />

Aabachtalsperre liegt nur 1,5 km<br />

nord-östlich der HSK-Grenze im<br />

Kreis Paderborn. In der<br />

Verbreitungskarte von FELDMANN<br />

(1981) finden sich mehrere Nachweise<br />

der Kreuzkröte im HSK.<br />

In den Jahren 1981 und 1982 wurden<br />

Kreuzkröten auf dem Truppenübungsplatz<br />

Spreiberg bei Arnsberg-<br />

Müschede gefunden (schriftliche<br />

Mitteilung FELDMANN). Damals wurde<br />

dieser Truppenübungsplatz noch<br />

von Panzerfahrzeugen der belgischen,<br />

in Arnsberg stationierten<br />

Truppen genutzt. Heute fehlen dort<br />

jedwede Pionierstandorte.<br />

32 IRRGEISTER 2007<br />

Im angrenzenden Wittgenstein gab<br />

es bei 385 m NN ein Vorkommen im<br />

Edertal an einer Bahntrasse bei Bad<br />

Berleburg-Arfeld (BELZ 1982). Die<br />

letzten Nachweise dieses Vorkommens<br />

wurden Mitte der 90er Jahre<br />

getätigt (FREDE mdl.). Ob dieses Vorkommen<br />

noch besteht, ist unklar<br />

(FREDE mdl.).<br />

LOSKE und RINSCHE schreiben 1985:<br />

„Exakte Zahlenangaben über die<br />

Kopfstärke der Population im<br />

Möhne-Heve-Gebiet sind nur<br />

schwer möglich. Insbesondere aber<br />

das Vorkommen im Bereich von<br />

Halle und Heve, das sich von Hirschberg<br />

im Osten bis zum Hevebecken<br />

des Möhnesees erstreckt, kann als<br />

stabil betrachtet werden, worauf<br />

zahlreiche Laichschnüre in Wagenspuren,<br />

Gräben und Tümpeln dieses<br />

Gebiets hindeuten. Eigentümlichkeit<br />

dieses Vorkommens ist, dass die<br />

Kreuzkröten hier kaum Rufaktivität<br />

entwickeln.“<br />

Dieses Vorkommen strahlte auch in<br />

den HSK, ins heutige NSG<br />

„Arnsberger Wald“, aus. Das<br />

Schicksal dieser Population ist unklar<br />

(RINSCHE mdl.). Bei<br />

Kartierungsarbeiten des VNV wurde<br />

1990 ca. 1,5 km nordöstlich von<br />

Arnsberg-Breitenbruch, im heutigen<br />

NSG „Arnsberger Wald“, eine<br />

Kreuzkröte entdeckt (Fundortkartei<br />

Korn). Noch 1995 befanden sich in<br />

einer Wagenspur an einem breitem<br />

Forstweg 1 km nordöstlich von Vorkommen<br />

1 (siehe unten) zahlreiche<br />

Kaulquappen (BARTETZKO mdl.).<br />

In ihrer Verbreitungskarte führen<br />

LOSKE & RINSCHE neben einem Fundpunkt<br />

bei Arnsberg-Neheim (Vorkommen<br />

1, siehe unten) noch einen<br />

Fundpunkt bei Brilon-Esshoff (MTB<br />

4516 Warstein) und einen auf dem<br />

Messtischblatt-Viertelquadranten,<br />

durch den die HSK-Grenze im<br />

Möhnetal (MTB 4517 Alme) läuft,<br />

auf. Der Fundpunkt bei Esshoff dürfte<br />

mit dem ca. 6 km entfernten Vorkommen<br />

in Steinbrüchen bei<br />

Rüthen-Kallenhardt durch das Querbruchtal<br />

in Verbindung stehen. In der<br />

Kreuzkrötenmännchen auf Erdkrötenweibchen<br />

Foto: G. Kistner<br />

Nähe wurden 1986, am von VNV<br />

betreuten Amphibien-Schutzzaun in<br />

der Forsthauskurve an der L 776, 5<br />

Kreuzkröten gefunden (Fundortkartei<br />

Korn). Der Nachweis im<br />

Möhnetal (möglicherweise im Industriegebiet<br />

Rüthen-Heidfeld) dürfte<br />

über die Bahntrasse mit einem Vorkommen<br />

in Rüthen in Verbindung<br />

stehen. Über die Nachweise bei<br />

Esshoff und im Möhnetal ließ sich<br />

nichts näheres ermitteln (RINSCHE<br />

mdl.).<br />

Im April 1985 wurden 4 Kreuzkröten<br />

entdeckt, die in Gullies in Arnsberg-<br />

Bruchhausen gefallen waren<br />

(Fundortkartei Korn). Dieser Fundort<br />

liegt nur ca. 1,5 km vom Vorkommen<br />

1 entfernt. Vor 1985 gab es immer<br />

wieder Nachweise in diesem<br />

Bereich (JÄCKSCH mdl.). Heute ist<br />

das dortige Gebiet durch Bebauung<br />

und Straßenbau völlig verändert und<br />

nicht mehr kreuzkrötengerecht.<br />

In diesem Gebiet gab es Anfang der<br />

80er Jahre auch die letzten Nachweise<br />

der Gelbbauchunke im HSK<br />

(JÄCKSCH mdl.).<br />

Im Kreis Waldeck-Frankenberg gab<br />

es 3 Vorkommen in Grenznähe zum<br />

HSK (MAI 1989). Ein Vorkommen<br />

lag im Raum Lichtenfels-Münden.<br />

Über dieses ließ sich trotz intensiver<br />

Recherche nichts näheres in Erfahrung<br />

bringen. Zwei der Vorkommen<br />

lagen in stillgelegten Steinbrü-


chen im Linscherbachtal südlich von<br />

Hallenberg, nur ca. 1,5 km von der<br />

HSK-Grenze entfernt (MAI mdl.).<br />

Eins dieser Vorkommen besteht immer<br />

noch (SCHNEIDER mdl.).<br />

Bei der Rasterkartierung der Amphibien<br />

und Reptilien des HSK durch<br />

den VNV, durchgeführt auf<br />

Minutenfeldbasis von 1983-1991,<br />

gab es nur wenige Nachweise. KORN<br />

(1991) schreibt: „Die Kreuzkröte<br />

konnte bisher nur im Briloner und<br />

Arnsberger Raum gefunden werden.<br />

Der Verbreitungsschwerpunkt dieser<br />

Art liegt in der Ebene. Im Hochsauerlandkreis<br />

wurde sie in Steinbrüchen<br />

und Haldengelände nachgewiesen.<br />

Sie bevorzugt dort flache,<br />

besonnte Kleingewässer.“ 1998<br />

schreiben BARTETZKO & KORN neben<br />

ein paar biologischen Angaben praktisch<br />

identisch wie KORN 1991: „Im<br />

HSK konnte die Kreuzkröte bislang<br />

nur in Arnsberg und im Briloner<br />

Raum gefunden werden.“<br />

GEIGER et al. berichten 1994: „Aus<br />

den Höhenlagen des Sauerlandes liegen<br />

weitere Funde vor. Im Bereich<br />

des MTB 4516/1 und 4516/4 liegen<br />

die höchsten Kreuzkrötenhabitate in<br />

NRW bei 410 m ü. NN. In diesem<br />

<strong>Natur</strong>raum (Nordsauerländer Oberland)<br />

werden v. a. Steinbrüche als<br />

Sekundärbiotope besiedelt.“ Diese<br />

Steinbrüche zwischen Warstein und<br />

Rüthen-Kallenhardt (Kreis Soest)<br />

sind noch heute gut besiedelt<br />

(SCHLÜPMANN mdl.). Bis zur Kreisgrenze<br />

sind es nur ca. 4 km.<br />

Im heutigen NSG „Helmke“ bei Iserlohn-Letmathe<br />

gab es Vorkommen in<br />

einem stillgelegten Steinbruch<br />

(SCHLÜPMANN 1995). Dieses Vorkommen<br />

stand durch Bahntrassen mit<br />

anderen Vorkommen im Hagener<br />

Raum in Verbindung. Der Steinbruch<br />

wurde vom Förderverein <strong>Natur</strong>schutz<br />

Märkischer Kreis (MK),<br />

nach Bereitstellung der da<strong>für</strong> nötigen<br />

Geldmittel durch die NRW-Stiftung,<br />

angekauft. Durch Beweidung<br />

mit einer Schafherde wird der Steinbuch<br />

offen gehalten. Bis heute<br />

schaffte es die die Untere<br />

Landschaftsbehörde des MK jedoch<br />

nicht, dort <strong>für</strong> die Kreuzkröten geeignete<br />

Laichgewässer anzulegen,<br />

obwohl vom ehrenamtlichen <strong>Natur</strong>schutz,<br />

insbesondere des NABU-<br />

MK, seit Jahren gefordert (FRANKE<br />

mdl.). Das Vorkommen scheint erloschen<br />

zu sein (SCHLÜPMANN mdl.).<br />

Bekannte aktuelle Vorkommen im<br />

Hochsauerlandkreis und angrenzenden<br />

Gebieten<br />

Die im folgenden aufgeführten Vorkommen<br />

sind die einzigen zur Zeit<br />

bekannten Vorkommen im HSK.<br />

Vorkommen 1: Deponie im Ruhrtal<br />

bei Arnsberg-Neheim<br />

Bereits DOBBRICK (1926) führte 2<br />

Vorkommen im Ruhrtal auf. LOSKE<br />

& RINSCHE schreiben (1985): „Im<br />

Frühjahr 1984 wurde die Art erstmals<br />

auch im Ruhrtal bei Neheim<br />

gefunden.“ (Richtiger wäre gewesen:<br />

1984 wurde die Kreuzkröte bei<br />

Neheim <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong>wissenschaft<br />

und den <strong>Natur</strong>schutz wiederentdeckt.)<br />

Das Vorkommen wurde im<br />

übrigen von einem VNV-Mitglied<br />

gefunden. Auf der damals noch<br />

vegetationsfreien Deponie wurde der<br />

Bestand auf 30 rufende Männchen<br />

geschätzt (SCHROEDER mdl.). Am<br />

08.09.1984 wurden von SCHROEDER,<br />

KORN und KÖNIG 2 Adulte und zahl-<br />

reiche Kaulquappen gefunden<br />

(Fundortkatei Korn).<br />

Dieses Vorkommen wird seit 1984<br />

vom VNV betreut. Kein anderes<br />

Amphibien-Vorkommen im HSK hat<br />

auch nur eine annähernd große Hilfe<br />

durch den VNV erfahren. Ohne<br />

diesen Einsatz würde dieses Vorkommen<br />

sehr wahrscheinlich bereits<br />

erloschen sein. Das Deponiegelände<br />

wird seit Jahren nicht mehr genutzt<br />

und befindet sich in fortschreitender<br />

Sukzession. Durch VNV-Mitglieder<br />

wurde mehrfach mit dem Freischneider<br />

der Gehölzauswuchs zurückgedrängt.<br />

Mehrere Folientümpel<br />

wurden im Lauf der Jahre geschaffen.<br />

Diese wurden mehrmals durch<br />

Vandalismus angeschnitten, also zerstört<br />

(BARTETZKO 1995).<br />

Noch 1995 konnten auf der Deponie<br />

in einem gerade vom VNV geschaffenen<br />

Folientümpel 50 000 -<br />

60 000 (!) Kaulquappen geschätzt<br />

werden (BARTETZKO 1995). Seit 1995<br />

liegen genauere Aufzeichnungen der<br />

Kontrollen vor. Nur <strong>für</strong> 1999, 2003<br />

und 2006 gibt es eine Nachweislücke.<br />

Die Kontrollen wurden von<br />

1995-2002 durch Herbert BARTETZKO<br />

und seit 2004 durch Gerd KISTNER<br />

durchgeführt. Es wurden 3-9 Laichschnüre<br />

pro Jahr gefunden.<br />

VNV-Teich auf der Deponie in Neheim 1995 Foto: R. Hillebrand<br />

IRRGEISTER 2007 33


In den letzten Jahren wurde in<br />

Trockenperioden des öfteren Wasser<br />

<strong>für</strong> die austrocknenden Tümpel mit<br />

dem Auto herangeschafft. 2004 sollte<br />

die Deponiefläche in einem<br />

Endsicherungsverfahren, wegen vermuteter<br />

Schwermetallbelastung, mit<br />

Bodenaushub abgedeckt werden.<br />

Durch den Hinweis des VNV im<br />

Genehmingungs-Verfahren auf das<br />

Vorkommen der Kreuzkröte und der<br />

Schlingnatter (Coronella<br />

austriaca) 3 konnte das Verfahren<br />

vorerst gestoppt werden.<br />

Im Jahr 2005 wurden 3 Laichschnüre<br />

gefunden. Nur wenige Kaulquappen<br />

schafften die Metamorphose. 2006<br />

gab es trotz Kontrollen keine Nachweise.<br />

2007 wurde dann erstmals<br />

seit Jahren wieder eine adulte Kröte<br />

beobachtet. Zahlreiche Kaulquappen<br />

schafften die Metamorphose. Durch<br />

die eher kalte Witterung im Sommer<br />

bedingt wurden noch am 6.10. 10<br />

Kaulquappen beobachtet, welche die<br />

VNV-Teiche auf der Deponie in Neheim 2003<br />

und 2004 Fotos: G. Kistner<br />

34 IRRGEISTER 2007<br />

Metamorphose nicht geschafft hatten.<br />

Dieses Vorkommen wird demnächst<br />

aussterben, sofern es dem VNV nicht<br />

gelingt, weitere Schutzmaßnahmen<br />

<strong>für</strong> die Kreuzkröte einzuleiten. Die<br />

Kreuzkröten brauchen dort dringend<br />

wieder offene, vegetationsfreie oder<br />

vegetationsarme Bereiche.<br />

Die Betreuung des Vorkommens erfolgt<br />

durch Gerd KISTNER.<br />

Vorkommen 2: Parkplatz im<br />

Hoppecketal bei Brilon-Messinghausen<br />

Bereits in der Verbreitungskarte von<br />

FELDMANN (1981) finden sich im<br />

Hoppecketal Nachweise. Während<br />

der VNV-Kartierung wurde 1986<br />

oder 1987 ein Vorkommen auf dem<br />

Gelände des Batteriewerks in Brilon-<br />

Hoppecke (ca. 1,5 km entfernt) entdeckt<br />

(FRIES mdl.).<br />

Ferner gab es den Nachweis einer<br />

adulten Kreuzkröte in einem<br />

Steinbruch bei Brilon-<br />

Messinghausen zwischen<br />

1985 und 1989 (SCHUBERT<br />

mdl.). In einer Pfütze an der<br />

Zufahrt dieses Steinbruches<br />

wurde im Mai 2002 eine<br />

Laichschnur der Kreuzkröte<br />

gefunden. Schon eine Woche<br />

später war diese Pfütze<br />

wegen einer Trockenperiode<br />

ausgetrocknet. Eine<br />

Nachsuche im angrenzenden<br />

Steinbruch erbrachte<br />

den Nachweis von ca. 200<br />

Kaulquappen, die am Rand<br />

des Steinbruchsees das Gestein<br />

regelrecht „abweideten“.<br />

Dieser 45 m tiefe<br />

Steinbruchsee, Blauer<br />

See genannt, wird von Tauchern<br />

frequentiert. Die<br />

Kreuzkröten müssen einen<br />

Flachwasserbereich im unzugänglichen<br />

Nordteil des<br />

Sees zum Laichen genutzt<br />

haben. In den folgenden<br />

Jahren gelangen keine<br />

Nachweise von Kaulquappen mehr.<br />

Dies könnte an den Schwankungen<br />

des Wasserspiegels des Sees liegen.<br />

Bei hohem Wasserstand gibt es keine<br />

Flachwasserbereiche zum Ablaichen.<br />

Nur ca. 500 m vom Platz des<br />

Laichfunds 2002 am Taucher-Steinbruch<br />

wurden am 12.06.05 kleine<br />

Kaulquappen der Kreuzkröte entdeckt.<br />

Es handelte sich um drei größere<br />

Pfützen auf einem Parkplatz mit<br />

einer wassergebundenen Decke aus<br />

Steinmehl. Der Parkplatz wird von<br />

einem landwirtschaftlichen Lohnunternehmen<br />

zum Abstellen von<br />

Leiterwagen genutzt. Neben den<br />

Kreuzkrötenkaulquappen fanden<br />

sich Bergmolche (Triturus alpestris),<br />

Fadenmolche (Triturus helveticus),<br />

ferner Kaulquappen von Grasfrosch<br />

und Geburtshelferkröte in den Pfützen.<br />

Bei einer Kontrolle am 26.06.<br />

waren wegen der Trockenperiode<br />

bereits zwei Pfützen ausgetrocknet<br />

und nur eine Pfütze hatte noch etwas<br />

Wasser. Nur noch einige sehr<br />

große Kaulquappen der<br />

Geburtshelferkröte waren im sehr<br />

trüben Wasser zu sehen. Auf dem<br />

Parkplatz fanden sich aber 2 diesjährige<br />

Grasfrösche und 26 diesjährige<br />

Kreuzkröten.<br />

Am 24.07. waren bereits wieder<br />

Hunderte von Kreuzkrötenkaulquappen<br />

am Gewässerrand zu<br />

beobachten. Das Wasser der nun<br />

wegen Regenfällen wieder deutlich<br />

größeren Pfützen war wegen Nutzung<br />

des Parkplatzes sehr trübe. Die<br />

Kaulquappen mussten zu verschiedenen<br />

Zeitpunkten geschlüpft sein,<br />

da es bedeutende Größenunterschiede<br />

gab. Einige hatten bereits ihre vier<br />

Beine und standen kurz vor der Metamorphose<br />

zur Kröte, während andere<br />

noch keinerlei Beinansätze<br />

zeigten. Ferner fanden sich ca. 40<br />

diesjährige Kröten und eine ca. 3 cm<br />

große Kreuzkröte aus dem Vorjahr.<br />

Von den diesjährigen hatten einige<br />

gerade die Metamorphose geschafft.<br />

Am 06.08. waren nur noch einzelne<br />

Kaulquappen der Kreuzkröte im jetzt<br />

klaren Wasser zu sehen, während auf<br />

dem Gewässergrund zahlreiche<br />

Kaulquappen der Geburtshelferkröte


Parkplatz <strong>für</strong> landwirtschaftliche Fahrzeuge bei Brilon-Messinghausen 2005<br />

Foto: M. Lindner<br />

und unbestimmte Kaulquappen von<br />

Molchen zu sehen waren. Nur die<br />

Kaulquappen, welche am 24.07. bereits<br />

ihre Beine hatten, dürften die<br />

Metamorphose geschafft haben.<br />

Rund die Hälfte dürfte der Prädation<br />

durch Fressfeinde, z. B. Vögel, zum<br />

Opfer gefallen sein.<br />

Bei der folgenden Kontrolle am<br />

28.08. waren wieder alle drei Pfützen<br />

mit reichlich Wasser gefüllt. Da<br />

das Wasser auf Grund von größerer<br />

Fahrtätigkeit (Erntezeit) sehr trübe<br />

war, konnten keine Amphibien im<br />

Wasser ausgemacht werden. Es fanden<br />

sich aber 25 diesjährige Kreuzkröten<br />

auf dem Gelände. Bei der<br />

letzten Kontrolle am 08.09. konnten<br />

22 diesjährige Kreuzkröten und ein<br />

diesjähriger Grasfrosch gezählt werden.<br />

Wegen der Erntezeit waren eine<br />

Menge frischer Fahrspuren auf dem<br />

Parkplatz.<br />

2006 wurden im Frühjahr 28 Laichballen<br />

vom Grasfrosch gezählt. Die<br />

Kaulquappen vom Grasfrosch<br />

schafften scheinbar überwiegend die<br />

Metamorphose. Hingegen wurde<br />

von der Kreuzkröte nur eine Laichschnur<br />

festgestellt. Wegen des mehrfachen<br />

Durchfahrens dieser Pfütze<br />

schafften nur wenige Kaulquappen<br />

die Metamorphose.<br />

2007 waren im Frühjahr 30 Laich-<br />

ballen vom Grasfrosch vorhanden.<br />

Von der Kreuzkröte wurden 2007<br />

mind. 9 Laichschnüre abgesetzt. Die<br />

Kaulquappen schafften wohl überwiegend<br />

die Metamorphose, da sich<br />

die Nutzung des Parkplatzes durch<br />

das landwirtschaftliche Lohnunternehmen<br />

in Grenzen hielt. Bei Kontrollen<br />

im Spätsommer wimmelte<br />

der Parkplatz von Jungkreuzkröten.<br />

Die Nutzung des Parkplatzes durch<br />

das Lohnunternehmen ist ein zweischneidiges<br />

Schwert. Sicher werden<br />

zahlreiche Kaulquappen und<br />

Jungkröten durch die Nutzung getötet.<br />

Andererseits wäre ohne die Nutzung<br />

als Parkplatz auch dieser Teil<br />

des Geländes bereits zugewachsen,<br />

so wie der angrenzende ungenutzte<br />

Teil. Zudem sind die Pfützen sicherlich<br />

erst durch die Nutzung des Parkplatzes<br />

mit den Leiterwagen entstanden.<br />

Hier wird der VNV einen pragmatischen<br />

Kompromiss mit dem Unternehmen<br />

suchen, nämlich, einen<br />

kurzzeitigen Nutzungsverzicht im<br />

Bereich der größten Pfütze während<br />

der Hauptlaichzeit der Kreuzkröten<br />

vorschlagen.<br />

Der VNV wird sich bemühen, im<br />

Winter 2007/08 einige kleinere Fichten<br />

und anderes Gehölz an der Straßenböschung<br />

zu entfernen, um eine<br />

Beschattung der Laichgewässer<br />

auch <strong>für</strong> die nähere Zukunft zu verhindern.<br />

Auch über die Anlage weiterer<br />

Laichgewässer auf einer angrenzenden<br />

Wiese wird nachgedacht.<br />

Die Betreuung des Vorkommens<br />

liegt bei Martin LINDNER.<br />

Im Hagener Raum verschwanden die<br />

Kreuzkröten nach einer Unterschutzstellung<br />

eines Gebiets als <strong>Natur</strong>schutzgebiet<br />

wegen der einsetzenden<br />

Sukzession, während sich eine<br />

andere Population trotz Moto-Cross-<br />

Bahn hielt (SCHLÜPMANN 1995). Der<br />

Parkplatz liegt im dortigen FFH-<br />

Gebiet direkt an der Hoppecke, die<br />

ca. 2 m unter dem Niveau des Parkplatzes<br />

fließt. Nördlich neben dem<br />

Platz führt die Landstraße vorbei.<br />

Die Besiedlung des Parkplatzes dürfte<br />

sich durch die in der Nähe vorbeilaufende<br />

Bahntrasse erklären.<br />

Bahntrassen sind <strong>für</strong> die Kreuzkröte<br />

und andere Amphibien- und<br />

Reptilienarten wichtige, in dicht besiedelten<br />

Gebieten sogar die wichtigsten,<br />

Wanderwege (SCHLÜPMANN<br />

1995, HENF 2001).<br />

Vorkommen 3: Steinbruch bei<br />

Balve-Beckum (MK)<br />

Bei der Suche nach einer Uhubrut<br />

wurde dieses Vorkommen am<br />

14.06.05 in einem stillgelegten<br />

Steinbruch bei Balve-Beckum im<br />

Märkischen Kreis entdeckt. Wegen<br />

der Trockenperiode zu dieser Zeit<br />

befand sich eins der beiden Hauptlaichgewässer<br />

kurz vor der Austrocknung.<br />

Im Steinbruch waren ferner<br />

zahlreiche, bereits trockengefallene<br />

Pfützen und eine Restpfütze<br />

mit einigen Geburtshelferkröten-Kaulquappen<br />

zu sehen. Dieses<br />

Vorkommen war heutigen Fachleuten<br />

bisher unbekannt (FELDMANN<br />

und SCHLÜPMANN mdl.). Es fehlt in<br />

den Verbreitungskarten von FELD-<br />

MANN 1981 und der aktuellen des<br />

Arbeitskreises Amphibien und Reptilien<br />

Nordrhein-Westfalen<br />

(SCHLÜPMANN & GEIGER 1998), ebenso<br />

in einer Artenliste der Region<br />

(GRÜNWALD 1985).<br />

IRRGEISTER 2007 35


Trotz Kontrolle dieses Steinbruchs<br />

in früheren Jahren durch Fachleute<br />

kann es sein, dass dieses Vorkommen<br />

bis heute schlicht übersehen<br />

wurde, da zu den falsche Zeiten kontrolliert<br />

wurde (FELDMANN mdl.).<br />

Aber auch eine Zuwanderung in den<br />

letzten Jahren erscheint bei dieser<br />

hochmobilen Pionierart durchaus<br />

möglich (vgl. z.b. SINSCH 1998). Bei<br />

der Kreuzkröte kommen durch vagabundierende<br />

Lebensweise auch<br />

Besiedlungen in 10 bis 15 km Entfernung<br />

zur Ursprungspopulation<br />

vor (SCHLÜPMANN 1995).<br />

Zufällig stellte sich erst am 29.10.05<br />

heraus, dass dieses Vorkommen bereits<br />

in den 80er Jahren des letzten<br />

Jahrhunderts entdeckt wurde<br />

(BARTETZKO mdl.). In den Jahren<br />

1982-1988 wurde mehrfach Laich<br />

und Kaulquappen der Kreuzkröte<br />

nachgewiesen. Da diese Nachweise<br />

nicht veröffentlicht oder weitergemeldet<br />

wurden, waren sie nicht in<br />

Fachkreisen bekannt.<br />

Am 19.06.05 wurden rund 700 Kaulquappen<br />

von Kreuz-, Erd- und<br />

Geburtshelferkröte in 1,5 Stunden<br />

aus der fast ausgetrockneten Pfütze<br />

geborgen und in eine große Pfütze<br />

umgesetzt. Wegen des sehr zähen<br />

Schlamms gestaltete sich dies äu-<br />

36 IRRGEISTER 2007<br />

ßerst schwierig. Ungefähr 300 Kaulquappen<br />

konnten im Restschlammwasser<br />

nicht gerettet werden. Deshalb<br />

wurden mehrere Eimer Wasser<br />

herbeigeschafft, was aber leider ein<br />

Austrocknen dieser Restpfütze bereits<br />

drei Tage später nicht verhinderte.<br />

Nur kleine schwarze Punkte<br />

im getrockneten Schlamm zeugten<br />

noch von den Kaulquappen.<br />

Am 27.06. waren im Steinbruch<br />

zahlreiche frische Fahrzeugspuren<br />

und ein großes Zelt zu sehen. Die<br />

verbliebene Restpfütze war scheinbar<br />

intensiv von Offroadfahrzeugen<br />

durchfahren worden. In der großen<br />

Wasserlache war nur noch wenig<br />

Krötenrettungsaktion am 19.06.05<br />

Gleiches Gewässer (Steinbruch bei Balve-Beckum) ein paar Wochen später<br />

nach Regenfällen Fotos: M. Lindner<br />

Wasser. Die Fahrzeuge hatten Wasser<br />

und Schlamm in die Gegend gespritzt.<br />

Statt Hunderten von Kaulquappen<br />

dreier Arten in verschiedenen<br />

Altersstadien waren jetzt nur<br />

rund 25 in der Nacht abgesetzte<br />

Kaulquappen der Geburtshelferkröte<br />

mit ihren lehren Eihüllen zu sehen. 4<br />

Der anwesende Steinbruchmitarbeiter<br />

erklärte, dass am letzten<br />

Samstag Toyota-Offroadfahrzeuge<br />

vorgeführt worden seien. Ferner teilte<br />

er mit, dass am 2.07. Porsche<br />

Offroadfahrzeuge vorführen und<br />

Probefahren machen werde. Kurz<br />

entschlossen wurde deshalb die<br />

wichtige Pfütze mit Steinmehlsäcken<br />

vom Fahrweg abgetrennt.<br />

Bis Anfang 2006 wurde diese Abtrennung<br />

respektiert. Trotz mehrfacher<br />

Kontrolle haben aber offensichtlich<br />

nur noch Geburtshelferkröten<br />

abgelaicht. Zumindest wurden<br />

in dem stets ockerfarbigen Wasser<br />

keine anderen Arten entdeckt.<br />

Mehrfach waren auch am Tage<br />

Geburtshelferkröten mit ihrem<br />

glockenartigen Ruf, deshalb auch<br />

früher „Glockenfrosch“ genannt, zu<br />

hören.<br />

2006 konnten keinerlei Nachweise<br />

der Kreuzkröte erbracht werden.<br />

Erst am 6.08.07 wurden beim Hauptlaichgewässer<br />

von 2005 rund 30<br />

diesjährige Kreuzkröten nachgewiesen.<br />

Auch bei diesem Vorkommen ist die<br />

Fahrzeugnutzung ein zweischneidiges<br />

Schwert. Einerseits werden hier<br />

Amphibien durch Fahrzeuge getötet.<br />

Andererseits halten Fahrzeuge die<br />

Sukzession zumindest auf den Fahrwegen<br />

auf.<br />

Auch in diesem Steinbruch kann es<br />

daher nur um einen möglichst freiwilligen<br />

Nutzungsverzicht auf die<br />

große Pfütze, das Hauptlaichgewässer,<br />

gehen.<br />

Die Betreuung des Platzes erfolgt<br />

durch Martin Lindner mit Unterstützung<br />

durch Udo Stangier und Gerd<br />

Kistner.


Vorkommen 4: Steinbruch bei<br />

Menden-Asbeck im Hönnetal (MK)<br />

Das vierte Vorkommen liegt ca. 4 km<br />

nördlich des vorgenannten<br />

Steinruchs. Im Steinbruch Sanssauci<br />

ca. 2 km südwestlich bestand zumindest<br />

noch 1982-88 ein weiteres Vorkommen<br />

(BARTETZKO mdl.).<br />

Früher gab es in diesem Bereich des<br />

Hönnetals weitere fünf aktive Steinbrüche.<br />

Diese könnten damals auch<br />

besiedelt gewesen sein. Denn die<br />

Abstände zueinander waren in keinem<br />

Fall größer als 3 km, und alle<br />

Steinbrüche lagen nicht weit von der<br />

Hönnetalbahnstrecke entfernt.<br />

Bei der Kontrolle des Uhupaares in<br />

diesem Steinbruch wurden am<br />

18.06.05 Kaulquappen der Kreuzkröte<br />

in einen Tümpel am<br />

Steinbruchrand entdeckt. Dies ist<br />

insofern bemerkenswert, da in der<br />

näheren Umgebung sowohl dieses<br />

Vorkommens als auch des Vorkommens<br />

bei Beckum keine weiteren<br />

bekannt waren (FELDMANN,<br />

SCHLÜPMANN und KORDGES mdl.).<br />

Das nächste bekannte Vorkommen<br />

lag bis Anfang der 1990er Jahre ca.<br />

10 km entfernt im Bereich des<br />

Wälkesberges westlich von Menden<br />

im damals noch bestehenden Truppenübungsplatz<br />

(FELDMANN mdl.).<br />

Auch diese Population wurde bereits<br />

in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts<br />

entdeckt. Da diese Nachweise<br />

nicht veröffentlicht wurden,<br />

blieben sie sozusagen unbekannt<br />

(BARTETZKO mdl.). Der Nachweis ist<br />

besonders bemerkenswert, weil die<br />

Art bei herpetologischen Bestandsaufnahmen<br />

des Steinbruchsgeländes<br />

Mitte bis Ende der 1990er Jahre definitiv<br />

nicht nachweisbar war (KORD-<br />

GES mdl.).<br />

2006 erfolgten bei einer Kontrolle<br />

keine Nachweise. Wie beim Vorkommen<br />

3 wurden erst wieder am<br />

6.08.07 Kreuzkröten gefunden. Im<br />

Bereich einer Verkippung mit Pfützen<br />

wurden rund 40 Jungkröten gezählt.<br />

Der an die Pfütze angrenzende Bereich<br />

des Steinbruchs befindet sich<br />

momentan in starker Sukzession.<br />

Noch vor einigen Jahren war dieser<br />

Bereich gänzlich vegetationsfrei.<br />

Nun breiten sich massiv Weiden und<br />

in der Nähe eines großen Teichs auch<br />

Schilf aus. Bei einer anstehenden<br />

Erweiterung des Steinbruchs soll<br />

versucht werden, notwendige Ausgleichsmaßnahmen<br />

im Sinne des<br />

Kreuzkröten-Vorkommen festzusetzen<br />

(KORDGES mdl.).<br />

Aufruf zur Meldung von möglichen<br />

Kreuzkröten-Vorkommen<br />

In den nächsten Jahren wird es neben<br />

der Kontrolle der bereits bekannten<br />

Vorkommen und eventuell<br />

notwendigen Schutzmaßnahmen der<br />

Populationen um eine Suche nach<br />

weiteren Vorkommen durch die<br />

Amphibien- und Reptilien-AG des<br />

VNV gehen. Insbesondere soll geprüft<br />

werden, ob das Vorkommen im<br />

Möhne-Heve-Bereich (Arnsberger<br />

Wald zwischen Möhnesee und<br />

Arnsberg) noch besteht. Hier werden<br />

vor allen die Wagenspuren im Wald<br />

zu kontrollieren sein. Gerade Wagenspuren<br />

auf Waldwegen sind ein<br />

in seiner Bedeutung häufig unterschätzter<br />

Kleinbiotop, der in einem<br />

„ordentlichen Wald“ zunehmend<br />

verschwindet (JOGER 2000).<br />

Da Kreuzkröten in der Regel als<br />

Pionierart sehr schnell neu geschaffene<br />

Gewässer annehmen (vgl.<br />

NICOLAY 2003), wird der VNV versuchen,<br />

bei zwei der Vorkommen <strong>für</strong><br />

neue Gewässer, sprich Pfützen, zu<br />

sorgen.<br />

Von allen Lesern erbittet der Autor<br />

Hinweise auf mögliche Vorkommen<br />

in vegetationsfreien Pfützen in Steinbrüchen<br />

usw. (Telefon: 02933/5639<br />

oder<br />

email: falkmart1960@aol.com).<br />

Um das Erkennen der Kaulquappen<br />

als Kreuzkrötennachkommen zu erleichtern,<br />

finden Sie 1:1- Abbildun-<br />

Abb. 2: Kreuzkröten-Verbreitungskarte von Europa (SINSCH 1998)<br />

mit frdl. Genehmigung des Laurenti-Verlages<br />

IRRGEISTER 2007 37


gen der Kreuzkrötenkaulquappen<br />

in diesem Beitrag (BERNINGHAUSEN<br />

2001). Die kleinen, schwarzen Kaulquappen<br />

der Kreuzkröte sind anfangs<br />

nicht von Kaulquappen der<br />

Erdkröte abzugrenzen. Erst wenn die<br />

Kreuzkrötenkaulquappen ihren<br />

grauen Kehlfleck ausbilden, sind sie<br />

eindeutig von<br />

Erdkrötenkaulquappen zu unterscheiden.<br />

Manchmal erscheint dieser<br />

graue Kehlfleck bereits bei einer<br />

Rumpfbreite von 4 mm, oft aber<br />

erst, wenn die Hinterbeine sichtbar<br />

werden.<br />

Die hier im Artikel dargelegten Vorkommen<br />

und Erkenntnisse der Amphibien-<br />

und Reptilien-AG des VNV<br />

über die Kreuzkröte wurden am<br />

13.11.05 auf der Jahrestagung des<br />

„Arbeitskreises Amphibien und<br />

Reptilien Nordrhein-Westfalen“ in<br />

Oberhausen vorgetragen.<br />

Martin Lindner<br />

1 Kategorie 3 der Roten Liste: Arten, deren<br />

Bestände in großen Teilen des Gebietes<br />

merklich zurückgegangen und durch<br />

menschliche Einwirkungen bedroht sind.<br />

2 Kategorie 2 der Roten Liste: Arten, deren<br />

Bestände erheblich zurückgegangen sind<br />

oder durch laufende bzw. absehbare<br />

menschliche Einwirkungen erheblich bedroht<br />

sind.<br />

3 Besonders geschützte Arten nach europäischem<br />

Artenschutzrecht, FFH-Anhang<br />

IV.<br />

4 Bei der Geburtshelferkröte schleppt das<br />

Männchen die Laichschnüre um die Unterschenkel<br />

der Hinterbeine gewickelt mit<br />

sich herum. Zum Schlupf der Kaulquappen<br />

begibt es sich dann in ein Gewässer.<br />

Literatur:<br />

BARTETZKO, H. (1995): Kreuzkrötenbiotop<br />

mutwillig zerstört! <strong>Irrgeister</strong> 12/2: 4-5.<br />

BARTETZKO, H. & K. KORN (1998): Leben<br />

zwischen Wasser und Land – Amphibien und<br />

Reptilien. In: VEREIN FÜR NATUR- UND VO-<br />

GELSCHUTZ (Hrsg.): Handbuch <strong>Natur</strong>. Tierund<br />

Pflanzenwelt im Hochsauerland: 146-<br />

152.<br />

BELZ, A. (1982): Eisenbahneinschnitte als<br />

Amphibienlebensraum – mit einem Hinweis<br />

auf eine Kreuzkrötenpopulation im Südwestfälischen<br />

Bergland. Nat. u. Heimat 42:<br />

16-21.<br />

BERNINGHAUSEN, F. (2001): Welche Kaulquappe<br />

ist das? Hannover.<br />

38 IRRGEISTER 2007<br />

Kreuzkrötenkaulquappen.<br />

Aus: BERNINGHAUSEN 2001<br />

BÜHNER, W. (1995): Bomben auf Arnsberg.<br />

Arnsberg.<br />

DOBBRICK, L. (1921/23): Zur Verbreitung der<br />

Lurche bei Hüsten. Jber Zool. Sektion Münster1926:<br />

68.<br />

FELDMANN, D. (Hrsg.) (1981): Die Amphibien<br />

und Reptilien Westfalens. Abh. Land.<br />

Mus. <strong>Natur</strong>kde. Münster 43 (4): 1-161.<br />

GEIGER, A., M. SCHLÜPMANN & A. KRONSHAGE<br />

(1994): Verbreitung und Situation der Kreuzkröte<br />

in Nordrhein-Westfalen. Ber. d. Landesamtes<br />

f. Umweltschutz Sachsen-Anhalt<br />

H. 14:28-29.<br />

GRÜNWALD, H. (1985): Zur Flora und Fauna<br />

des Raumes Beckum. In: 700 Jahre Beckum<br />

– Die Geschichte eines Dorfes im Sauerland:<br />

28-56.<br />

GROSSE, W.-R. (1994): Entwicklung der<br />

Kreuzkrötenquappen in Fahrspurrinnen. Ber.<br />

D. Landesamtes f. Umweltschutz Sachsen-<br />

Anhalt H. 14:49-53.<br />

HENF, M. (2001): Lebensraum der Zauneidechse,<br />

Bahnhöfe und Bahnlinien im Biotopverbund<br />

Mettmann-Wuppertal. Ber. z. Artenu.<br />

Biotopschutz 1: 71-81.<br />

JOGER, U (2000): Wassergefüllte Wagenspuren<br />

auf Forstwegen – Synökologische Untersuchungen<br />

an einem kurzlebigen Ökosystem.<br />

Frankfurt a. M..<br />

KORDGES, T. (2001): Kalksteinbrüche in<br />

Wuppertal-Dornap: Eingriffsflächen mit<br />

Refugialfunktion <strong>für</strong> gefährdete Tier- und<br />

Pflanzenarten. Ber. z. Arten- u. Biotopschutz<br />

1:33-52.<br />

KORN, K. (1991): Rasterkartierung der Amphibien<br />

und Reptilien. <strong>Irrgeister</strong> 8/2: 26-42.<br />

LANDOIS. H. (1892): Westfalens Tierleben Bd.<br />

III: Reptilien, Amphibien, Fische. Paderborn.<br />

LOSKE, R. & P. RINSCHE (1985): Die Amphibien<br />

und Reptilien des Kreises Soest. Soest.<br />

MÜNCH, D. (2005): Leben am Limit – Die<br />

Kreuzkröte. Beiträge z. Erforschung d. Dortmunder<br />

Herpetofauna 28.<br />

NICOLAY, H. (2003): Kartierung der Kreuzkröte<br />

(Bufo calamita) im Werra-Meißner-<br />

Kreis, Regierungsbezirk Kassel, Hessen, inklusive<br />

Planung und Anschub von Erhaltungsmaßnahmen.<br />

Werkvertrag.<br />

SCHLÜPMANN, M. (1995): Verbreitung, Ökologie<br />

und Schutz der Kreuzkröte (Bufo<br />

calamita) im Hagener Raum (Nordrhein-<br />

Westfalen). Z. f. Feldherpetologie2: 55-83.<br />

SCHLÜPMANN, M. & A. GEIGER (1998):<br />

Arbeitsatlas zur Verbreitung der Amphibien<br />

und Reptilien in Nordrhein-Westfalen 1998.<br />

Projekt Herpetofauna NRW 2000, Ergebnisbericht<br />

NR. 8 des Arbeitskreises Amphibien<br />

und Reptilien Nordrhein-Westfalen i. d.<br />

ABÖL Münster. Recklinghausen.<br />

SCHLÜPMANN, M. & GEIGER (1999): Rote Liste<br />

der gefährdeten Kriechtiere (Reptilia) und<br />

Lurche (Amphibia) in Nordrhein-Westfalen,<br />

In: Landesanstalt <strong>für</strong> Ökologie, Bodenordnung<br />

u. Forsten/Landesamt f.<br />

Agarordnung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.):<br />

Rote Liste der gefährdeten Pflanzen und Tiere<br />

in Nordrhein-Westfalen. LÖBF-Schriftenreihe<br />

17: 375-404.<br />

SCHLÜPMANN, M., A. GEIGER & C.<br />

WILLIGALLA (2006): Areal, Höhenverbreitung<br />

und Habitatbindung ausgewählter<br />

Amphibien- und Reptilienarten in<br />

Nordrhrein-Westfalen. Zeitschrift f. Feldherpetologie<br />

10: 127-164.<br />

SINSCH, U. (1998): Biologie und Ökologie<br />

der Kreuzkröte. Bochum.<br />

MAI, H. (1989): Amphibien und Reptilien<br />

im Landkreis Waldeck-Frankenberg – Verbreitung<br />

und Schutz. Korbach/Bad<br />

Wildungen.<br />

SUFFRIAN, E. (1843): Verzeichnis der innerhalb<br />

des Königl. Preußischen Regierungsbezirks<br />

Arnsberg bis jetzt beobachteten wild<br />

lebenden Wirbelthiere. Jb. Ver. <strong>Natur</strong>k.<br />

Hergtum Nassau H.3: 126-169.<br />

WESTHOFF, F. (1893): Das westfälische<br />

Faunengebiet. In: WOLTERSDORFF, W.: Die<br />

Reptilien und Amphibien der nordwestdeutschen<br />

Berglande. Jber. Abh. <strong>Natur</strong>wiss. Ver.<br />

Magdeburg: 189-242.


Wo blieben die Wespen?<br />

Ein milder Winter, und im Sommer danach kommen dann die Wespen 1 – so die landläufige Meinung<br />

vieler Leute. Denn bei mildem Wetter erfrören nicht so viele der überwinternden Königinnen, die dann im<br />

kommenden Frühjahr neue Staaten gründen könnten. Demnach müsste der Sommer 2007 angesichts des<br />

milden Winters vor einem Jahr eine Wespenplage gebracht haben. Das Gegenteil war aber der Fall: Es<br />

gab kaum Wespen.<br />

Wenig Wespen wegen des milden<br />

Winters!<br />

Trotz des milden Winters und des<br />

sonnigen Frühjahrs gab es auffällig<br />

wenige Wespennester, teilte die<br />

Landwirtschaftskammer Nordrhein-<br />

Westfalen ihren Imkern mit.<br />

Dass es so wenige Wespen gab,<br />

konnte daran liegen, dass der vorherige<br />

Winter im Gegenteil sehr mild<br />

war und deshalb Wespenköniginnen<br />

in ihrer Winterruhe frühzeitig gestört<br />

und frühzeitig wurden. Im Herbst<br />

2006 wurden große fliegende<br />

Wespenvölker beobachtet, zu einer<br />

Zeit, in der die Völker normalerweise<br />

ihr natürliches Ende finden und<br />

absterben. Die Experten vermuten,<br />

dass aufgrund des zu warmen Herbstes<br />

2006 Jungköniginnen nicht ihre<br />

Winterquartiere aufgesucht, sondern<br />

mit der Gründung eines Volkes begonnen<br />

haben. Diese Jungvölker<br />

überlebten wegen fehlender Nahrung<br />

den Winter nicht und fehlten<br />

daher im letzten Sommer.<br />

Wespen – viel mehr als Plagegeister!<br />

Alle Wespenarten haben in der <strong>Natur</strong><br />

eine wichtige ökologische Funktion.<br />

Sie fressen unter anderem die<br />

Larven von Käfern, Schmetterlingen<br />

sowie Fliegen und sogar Aas, das<br />

vornehmlich von der Deutschen und<br />

Gemeinen Wespe verzehrt wird. Gerade<br />

diese beiden Arten sind die<br />

Gesundheitspolizisten unter den Insekten.<br />

Natürlich verirren sich immer mal<br />

wieder Wespen an den Kaffeetisch.<br />

Für Wespen ist die gedeckte Kaffeetafel<br />

eine attraktive Futterstelle.<br />

Dagegen hilft: den Frühstückstisch<br />

rechtzeitig abzuräumen, Marmeladengläser<br />

verschlossen zu halten<br />

sowie Wurst, Käse und Kuchen unter<br />

eine Glasglocke zu stellen, aus<br />

Dosen nur mit Strohhalm trinken.<br />

Kleine Kinder sollten im Freien<br />

nicht unkontrolliert gesüßte Säfte<br />

trinken. Die süßen Düfte aus den<br />

Wespe am Kuchen<br />

Kindermündern ziehen Wespen an<br />

und provozieren Stiche im Mundbereich.<br />

Aufgestellte Wespenfangflaschen<br />

helfen nicht, sie locken nur<br />

weitere Wespen an. Vor allem darf<br />

nicht nach Wespen geschlagen werden!<br />

Sie reagieren wesentlich<br />

schneller als der Mensch und werden<br />

dann aggressiv.<br />

Lediglich zwei der acht heimischen<br />

sozialen Faltenwespenarten können<br />

dem Menschen lästig werden, die<br />

Wespe am Apfel<br />

Fotos: W. Mühlen<br />

Gemeine und die Deutsche Wespe.<br />

Beide nisten gut verborgen in großen<br />

Staaten unter der Erde oder im<br />

Dach. Dagegen fallen oft kleinere<br />

kugelförmige Nester anderer, friedfertiger<br />

Wespenarten auf, die in Büschen,<br />

Hecken oder unter dem Dachstuhl<br />

errichtet wurden. Werden diese<br />

Nester vernichtet, sind gerade<br />

friedfertige Arten in ihrem Bestand<br />

gefährdet.<br />

Faszinierende, hoch entwickelte<br />

Insekten<br />

Der Wespenbesuch am Kaffeetisch<br />

muss nicht nerven. Betreiben Sie<br />

doch quasi nebenher ein bisschen<br />

<strong>Natur</strong>kunde! Versuchen Sie doch<br />

einmal, einzelne Arten zu unterscheiden<br />

– Deutsche und Gemeine<br />

Wespe haben z. B. kleine Unterschiede<br />

in der Gesichtszeichnung.<br />

Betrachten Sie eine Wespe einmal<br />

genauer! Sie werden fasziniert sein,<br />

aus wie vielen einzelnen schmucken<br />

Körperteilen sie besteht. Ebenso faszinierend<br />

ist die Interaktion der Wespen,<br />

die teilweise Mitglieder eines<br />

riesigen Staates sind. Und: Allein die<br />

Beschreibung der Verhaltensweisen<br />

der vielen Wespenarten würde Bücher<br />

füllen.<br />

Klaus Stute<br />

1 Die schwarz-gelben, landläufig als „Wespen“<br />

bezeichneten Insekten gehören mehreren<br />

Arten an, die alle zu den sozialen Faltenwespen<br />

zählen, beispielsweise der Deutschen<br />

Wespe (Paravespula germanica) und der<br />

Gemeinen Wespe (P. vulgaris). Daneben gibt<br />

es weitere Wespengruppen mit zahlreichen<br />

Arten, z. B. Grabwespen, Weg- und Schlupfwespen.<br />

Im Folgenden sind mit dem Begriff<br />

„Wespe“ die sozialen, also staatenbildenden<br />

Faltenwespen gemeint.<br />

IRRGEISTER 2007 39


Gute <strong>Natur</strong>schutznachrichten aus dem Sauerland<br />

Oft genug sind Mitteilungen in <strong>Natur</strong>schutzmagazinen und Nachrichten über die <strong>Natur</strong><br />

negativ geprägt, da sind auch die IRRGEISTER keine Ausnahme. Mal wir hier ein Missstand<br />

angeprangert, mal dort eine behördliche oder politische Maßnahme bemäkelt. Dies<br />

ist sicherlich nicht einer eventuell verbreiteten Miesmachermentalität von <strong>Natur</strong>schützern<br />

anzulasten, die ihnen von interessierter Seite gerne angedichtet wird. Vielmehr gibt<br />

dieser Sachverhalt den leider häufig schlechten ökologischen Zustand unserer Umgebung<br />

wieder oder liegt darin begründet, dass <strong>Natur</strong> oft zerstört oder in Mitleidenschaft<br />

gezogen wird.<br />

Dieses Gesamtbild soll aber nicht<br />

verdecken, dass es durchaus auch<br />

Positives über unsere <strong>Natur</strong> im HSK<br />

zu berichten gibt. Angeregt durch die<br />

Mitgliederzeitschrift des BUND<br />

möchten wir, beginnend mit dieser<br />

IRRGEISTER-Ausgabe, gerade<br />

auch solche guten Nachrichten bringen.<br />

Diese Mitteilungen machen<br />

Mut, sich weiter <strong>für</strong> den Erhalt unserer<br />

<strong>Natur</strong> und Landschaft zu engagieren.<br />

Denn oft genug sind positive<br />

Entwicklungen im <strong>Natur</strong>bereich<br />

auf die Aktivitäten des ehrenamtlichen<br />

<strong>Natur</strong>schutzes zurückzuführen.<br />

Darum nun einige gute Kurznachrichten<br />

aus dem Bereich des <strong>Natur</strong>schutzes:<br />

VNV-Maßnahmen in einer<br />

Feuchtwiese bringen messbare<br />

Erfolge. Nachdem der VNV eine<br />

Teilfläche des wertvollen Langenbruchs<br />

bei Brilon-Rixen – übrigens<br />

mit Spenden von VNV-Mitgliedern<br />

– gekauft und den dortigen standortfremden<br />

Fichtenforst entfernt hatte,<br />

entwickelte sich in diesem Gebiet<br />

schon im Sommer 2007 ein wertvoller<br />

Feuchtwiesen-Lebensraum. Neben<br />

einer blütenreichen Flora, die<br />

viele Insekten anlockte, waren besonders<br />

die zu beobachtenden Vögel<br />

bemerkenswert: Ein Wiesenpieperpaar<br />

schritt auf unserer Fläche zur<br />

Brut. Dies ist somit eines der wenigen<br />

Beispiele, wo in den letzten Jahren<br />

eine feuchte Wiese von dieser zurückgehenden<br />

Art neu besiedelt wurde.<br />

Außerdem hielten sich im Gebiet<br />

40 IRRGEISTER 2007<br />

Langenbruch bei Rixen vor dem Fräsen Fotos vom Langenbruch: W. Schubert<br />

Fräse im Einsatz


zur Brutzeit über mehrere Wochen<br />

hinweg ein Schwarzkehlchenmännchen<br />

und ein Braunkehlchenweibchen<br />

auf. Diese wären möglicherweise<br />

zur Brut geschritten,<br />

wenn sie einen passenden Partner<br />

gefunden hätten. Vielleicht passiert<br />

dies ja im kommenden Sommer?!<br />

Langenbruch bei Rixen nach dem Fräsen<br />

Beweidung der Kalkofenfläche<br />

kommt im nächsten Sommer.<br />

Die Magerrasenfläche um den alten<br />

Kalkofen östlich Marsberg-Giershagen,<br />

die sich schon seit Jahren im<br />

VNV-Eigentum befindet, wurde bisher<br />

alle paar Jahre gemäht und aufkommende<br />

Gebüsche wurden zurückgedrängt.<br />

Dies geschah vor allem,<br />

um die wertvolle Vegetation,<br />

unter anderem Große Sommerwurz<br />

und Herbstzeitlose, zu erhalten.<br />

2007 zäunte der VNV das Gebiet<br />

ein, damit die Rinder eines ortsansässigen<br />

Landwirts, die die Nachbarflächen<br />

beweiden, unsere Fläche<br />

mitnutzen können. <strong>2008</strong> soll die<br />

Beweidung beginnen. Damit würde<br />

„der Kalkofen“ endlich wieder<br />

beweidet; Pflegemaßnahmen<br />

bräuchten nicht mehr so oft stattzufinden.<br />

Erfolg bei Verfahrensbeteiligung.<br />

Im NSG „Enser See“ sollte ein<br />

künstlicher Teich, der sich im Laufe<br />

von Jahrzehnten zu einem naturnahen<br />

Stillgewässer entwickelt hat,<br />

im Rahmen der Renaturierung der<br />

Möhne im Stadtgebiet Arnsberg an<br />

den Fluss angebunden werden. Der<br />

künstliche Durchgang zum Fluss<br />

hätte aber diesen Tümpel völlig verändert,<br />

so dass typische Tier- und<br />

Pflanzenarten verschwunden wären.<br />

Der VNV erreichte, dass das Stillgewässer<br />

unangetastet bleibt.<br />

Mehlschwalbenbruten gerettet.<br />

In Neheim sollte im Sommer 2007<br />

ein Haus abgerissen werden, an dem<br />

zu dieser Zeit 35 Paare Mehlschwalben<br />

brüteten. Nachdem eine<br />

Anwohnerin bei der Unteren<br />

Landschaftsbehörde (ULB) vergeblich<br />

versuchte, einen Aufschub des<br />

Abrisses zu erreichen, schaltete sie<br />

den VNV ein. Dieser erreichte mit<br />

einigen Telefonaten, dass das Haus<br />

erst abgerissen wurde, als alle Mehlschwalben<br />

ausgeflogen waren. Dieser<br />

Erfolg – zustande gekommen in<br />

Zusammenarbeit mit ULB und Bauplaner<br />

– zeigt auch, dass ein etablierter<br />

<strong>Verein</strong> wie der VNV oft mehr<br />

Kraft und Einfluss hat, etwas zu bewegen,<br />

als eine Einzelperson.<br />

<strong>Natur</strong>schutzausstellung on tour.<br />

Die Stellwände, die der VNV in Zusammenarbeit<br />

mit und finanziert von<br />

der Nordrhein-Westfalen-Stiftung<br />

Bisherige Pflegemaßnahmen am Kalkofen in Giershagen<br />

(Siehe vorige Seite) Foto: Harald Legge<br />

IRRGEISTER 2007 41


im Rahmen seines 25jährigen Jubiläums<br />

kreierte, bringen nun der Bevölkerung<br />

wichtige Lebensräume<br />

des HSK und <strong>Natur</strong>schutzprojekte<br />

des VNV nahe. Thematisiert werden<br />

z. B. Lebensräume wie Kalkmagerrasen,<br />

Feuchtwiesen und Wälder sowie<br />

<strong>Natur</strong>schutzaktivitäten wie<br />

VNV-Arbeitseinsätze und das Projekt<br />

„Rotes Höhenvieh“. Die Ausstellung<br />

war schon im Sunderner<br />

Rathaus und in der Sparkasse Hochsauerland<br />

in Brilon zu sehen und<br />

wird in Zukunft in weiteren Häusern<br />

in unserem Kreis stehen.<br />

Wachtelkönige auf VNV-Fläche.<br />

Im Zuge des Wachtelkönigeinflugs<br />

2007 wurden auch im Feuchtwiesengebiet<br />

„Auf dem Bruch“ westlich<br />

Marsberg-Essentho zur Brutzeit maximal<br />

12 rufende Männchen dieses<br />

42 IRRGEISTER 2007<br />

vom Aussterben bedrohten Vogels<br />

verhört; einzelne hielten sich in einem<br />

Zeitraum von mindestens sechs<br />

Wochen dort auf. Da das Gebiet, in<br />

dem der VNV seit Jahren Teilflächen<br />

bewirtschaftet, einen <strong>für</strong><br />

Wachtelkönige annehmbaren Lebensraum<br />

aufweist, besteht durchaus<br />

die Möglichkeit, dass der scheue und<br />

überaus heimliche Wiesenvogel dort<br />

zur Brut schritt.<br />

Orpheusspötter im Sauerland.<br />

Mindestens vom 03.06. bis zum<br />

01.07.2007 hielt sich im Industriegebiet<br />

Wilshausen bei Arnsberg ein<br />

Orpheusspöttermännchen in einer<br />

Industriebrache auf. Dies ist eine<br />

neue Vogelart <strong>für</strong> den HSK, die<br />

Bernhard Koch und Erich Neuß entdeckten.<br />

Der Orpheusspötter sang<br />

am 03.06. intensiv; am 01.07. wurde<br />

er dann intensiv warnend beobachtet.<br />

Nach einem eventuellen Nest<br />

soll im Winterhalbjahr gesucht werden;<br />

dies unterblieb aus Schutzgründen<br />

im Sommer. Die Meldung<br />

zeigt, dass Vogelbeobachtung und<br />

allgemein <strong>Natur</strong>beobachtung immer<br />

wieder Überraschendes zutage fördern<br />

kann. Da allerdings der<br />

Orpheusspötter eine südliche Art aus<br />

dem Mittelmeerraum ist, könnte der<br />

Nachweis ein weiterer Hinweis sein,<br />

dass der Orpheusspötter allein wegen<br />

des Klimawandels sein Areal<br />

nach Norden ausbreitet – also vielleicht<br />

eine positive Nachricht mit<br />

Beigeschmack.<br />

Harald Legge


Stacheldraht als Fledermausfalle –<br />

Fledermausnachweis an Autobahn<br />

Bei einem Pausengespräch über <strong>Natur</strong>beobachtungen erzählte mir mein Kollege Klaus<br />

Pahl von einer Fledermaus, die er aus einem Stacheldrahtzaun gerettet hatte. Diese Fledermaus<br />

hatte er, noch zappelnd, im Juni 2006 von einem Stachelwirtel (so werden die<br />

Stachel genannt) beim Hof Kracht bei Neuenrade-Altenaffeln, kurz hinter der Kreisgrenze<br />

zum HSK im Märkischen Kreis, abgenommen.<br />

Diese Fledermaus konnte nach kurzer<br />

Verschnaufpause von alleine<br />

wegfliegen. An Hand des Fotos<br />

konnte Henning Vierhaus (Bad<br />

Sassendorf) die Fledermaus als<br />

Abendsegler bestimmen. Schon im<br />

Juli 2003 hatte Herbert Bartetzko<br />

einen toten Abendsegler im Stadtgebiet<br />

Sundern an einem Stacheldraht<br />

entdeckt (BARTETZKO 2003/04). Im<br />

Kreis Soest hat man bislang 3<br />

Abendsegler in Stacheldrahtzäunen<br />

tot gefunden (VIERHAUS 2000). Ein<br />

weiterer Todfund ist aus dem Raum<br />

Bonn bekannt (Vierhaus schriftl.).<br />

Bei all diesen Fledermäusen dürfte<br />

es sich um den Großen Abendsegler<br />

(Nyctalus noctula) gehandelt haben.<br />

Bei Paderborn wurde zudem eine<br />

Breitflügelfledermaus (Eptesicus<br />

serotinus) als Zaunopfer gefunden<br />

(Vierhaus schriftl.). Dass diese Todesursache<br />

nicht nur in Deutschland<br />

auftritt, sondern auch in den Tropen,<br />

ist seit längerem bekannt; Vierhaus<br />

(schriftl.) fand in Sambia sogar die<br />

Mumie eines auf diese Weise zu<br />

Tode gekommenen Flughundes.<br />

Als Erklärung <strong>für</strong> diese Unfälle wird<br />

oft angegeben, dass die betreffenden<br />

Fledermäuse durch eine Windböe<br />

gegen den Draht geworfen wurden.<br />

Wahrscheinlicher ist aber, dass die<br />

Fledermäuse die Stachelwirtel offenbar<br />

<strong>für</strong> Insekten halten, sie mit dem<br />

Flügel vom Draht wischen wollen<br />

und hängen bleiben (VIERHAUS<br />

2000).<br />

Ein Foto eines Schädels bei VIER-<br />

HAUS (2000) zeigt, dass sich die Fledermäuse<br />

offenbar sogar vom Draht<br />

freibeißen wollen und dabei ihr<br />

Gebiss zerstören.<br />

Eher erfreulich war der Nachweis<br />

der Zwergfledermaus (Pipistrellus<br />

pipistrellus) an Brücken der A 44<br />

(Dortmund-Kassel). Bei der Kontrolle<br />

von zwei Autobahn-Brücken<br />

dieser Autobahn wurden unter mehreren<br />

Brückenpfeilern große Mengen<br />

Fledermauskot gefunden. Da der<br />

Kot nur reiskorngroß war, dürfte es<br />

sich um den von Zwergfledermäusen<br />

handeln. Diese Tiere nutzen trotz des<br />

Lärms der Autobahn die Ritzen bzw.<br />

Dehnungsfugen wie auch die großen<br />

Hohlräume des Brückenkörpers als<br />

Quartiere.<br />

Neben Zwergfledermäusen wurden<br />

in Mitteleuropa auch Wasserfledermäuse<br />

(Myotis daubentonii),<br />

Große Mausohren (Myotis myotis),<br />

Abendsegler (Nyctalus noctula) und<br />

sogar Zweifarbfledermäuse<br />

(Vespertilio murinus) in Autobahnbrücken<br />

gefunden (KOETTNITZ und<br />

HEUSER 1994; Vierhaus mdl.). Die<br />

Nutzung von Brücken durch Fleder-<br />

mäuse ist allerdings keine Besonderheit<br />

<strong>für</strong> Deutschland, vielmehr liegen<br />

aus der ganzen Welt Berichte<br />

über z. T. riesige Fledermauskolonien<br />

in Brücken vor.<br />

Literatur:<br />

Martin Lindner<br />

BARTETZKO, H. (2003/04): Tödlicher<br />

Irrtum <strong>für</strong> eine Fledermaus. <strong>Irrgeister</strong><br />

2: 7.<br />

KOETTNITZ, J., R. HEUSER (1994): Fledermäuse<br />

in großen Autobahnbrükken<br />

Hessens. In: AGFH (Hrsg.): Die<br />

Fledermäuse Hessens 171-180. Verlag<br />

M. Hennecke, Remshalden-<br />

Buoch.<br />

VIERHAUS, H. (2000): Neues von unseren<br />

Fledermäusen. ABUinfo 24:<br />

58-60.<br />

IRRGEISTER 2007 43


Neues von unserer Fläche in Weninghausen<br />

44 IRRGEISTER 2007<br />

- Magerrasen werden jetzt beweidet<br />

Die 5000 qm große VNV-Fläche „Ochsenhahn“ in Sundern-Weninghausen, die unser <strong>Verein</strong> 2001 kaufte,<br />

wird seit dem Sommer 2007 beweidet. Sie gehört zu den letzten Magerrasen, die in diesem Gebiet<br />

noch bestehen. Durch Aufgabe der Beweidung, Intensivierung der Nutzung oder durch Aufforstung verschwanden<br />

die meisten dieser Zeugnisse einer kleinbäuerlichen Wirtschaftsweise.<br />

Umfangreiche Vorarbeiten<br />

Um die Fläche beweidbar zu machen,<br />

mussten zuvor umfangreiche<br />

Arbeiten durchgeführt werden: Die<br />

verbrachten und weitgehend<br />

verbuschten ehemaligen Magerweiden<br />

wurden zuerst entkusselt,<br />

d.h. Gebüsche entfernt. Außerdem<br />

wurde ein Fichtenforst gerodet (s.<br />

IRRGEISTER 2005, S. 15ff).<br />

Schließlich musste der Magerrasen<br />

eingezäunt werden. Da aber fast der<br />

gesamte Untergrund aus<br />

flachgründigem Boden besteht und<br />

darunter sofort massiver Fels beginnt,<br />

war dies mit großen Schwierigkeiten<br />

verbunden. Ein Einschlagen<br />

von Holzpfählen wäre nicht<br />

durchführbar gewesen. Der Zufall<br />

kam uns jedoch zu Hilfe.<br />

Zaunbau auf Felsen – ein besonderes<br />

Erlebnis<br />

Ein Förster der Region, Holger<br />

Dreeskornfeld aus Sundern-<br />

Stockum, überließ uns einen aufgebauten,<br />

nicht mehr benötigten Wildschutzzaun<br />

in seinem Revier. Das<br />

Abbauen hätten eigentlich Waldarbeiter<br />

erledigen müssen, was wiederum<br />

Geld gekostet hätte. Wir erledigten<br />

diese Arbeit und erhielten damit<br />

einen Rechteck-Wildschutzzaun inklusive<br />

2cm dicker, verzinkter<br />

Eisenrohrpfähle. Alles wurde zum<br />

„Ochsenhahn“ gebracht, und der<br />

Aufbau konnte beginnen.<br />

treibender Arbeit, ging der Zaunbau<br />

stetig voran. Der Drahtzaun wurde<br />

befestigt, die Umzäunung durch<br />

zwei Tore ergänzt.<br />

Erhalt durch Bewirtschaftung<br />

Seit Ende Juni 2007 beweiden nun<br />

sechs Ziegen und zwei Schafe die<br />

<strong>Natur</strong>schutzfläche. Damit halten die<br />

Tiere die Magerrasen offen, die ja<br />

durch Beweidung entstanden sind.<br />

Dieses Prinzip – Erhalt durch<br />

naturschutzgerechte Bewirtschaftung<br />

statt Pflegemaßnahmen durch<br />

<strong>Natur</strong>schützer – versuchen wir in<br />

möglichst vielen der VNV-Schutzgebiete<br />

zu verwirklichen. Dies<br />

kommt der herkömmlichen Nutzung<br />

am nächsten, ist nachhaltiger und<br />

spart zeitintensives Mähen bzw. Entfernen<br />

von Gehölzaufwuchs.<br />

Jörg Langanki<br />

Foto: G. Kistner<br />

Nachdem die vorgesehene Zauntrasse<br />

gemäht war, bohrten wir mit<br />

einem Steinbohrer Löcher in den<br />

Fels – die Energie kam dazu aus einem<br />

Stromaggregat. In diese Löcher<br />

wurden dann die Pfähle eingesetzt.<br />

Insgesamt mussten wir rund 150<br />

Löcher bohren. Dank der modernen<br />

Technik, aber dennoch in schweiß- 3 Fotos: J. Langanki


Entbuschung eines NSG im Lennetal<br />

Unterhalb der Kläranlage Schmallenberg befindet sich ein kleines, in seiner Art im<br />

Lennetal fast einzigartiges <strong>Natur</strong>schutzgebiet (NSG) am Flusslauf der Lenne. Ursprünglich<br />

verlief hier wahrscheinlich einmal das Flussbett der Lenne.<br />

Da der Boden in der „nassen Wiese“<br />

selbst im Sommer schwer und<br />

morastig ist, konnte sie seit jeher nur<br />

bedingt landwirtschaftlich als Weideland<br />

genutzt werden. Seit einigen<br />

Jahren befindet sich das NSG im<br />

Besitz des Ruhrverbandes -<br />

Regionalverband Süd. Durch die<br />

besonderen Umstände konnte sich<br />

auf der ca. 1 ha großen Fläche eine<br />

besonders reichhaltige Flora und<br />

Fauna entwickeln.<br />

Während des Vogelzugs im Frühjahr<br />

und Herbst wird das Feuchtgebiet<br />

gern von seltenen Vogelarten wie<br />

Bekassine, Braunkehlchen, Rohrammer,<br />

Teichrohrsänger und Bergpieper<br />

als Rastplatz genutzt. Arten wie<br />

der Sumpfrohrsänger und der<br />

Feldschwirl haben hier schon gebrütet.<br />

Da das NSG in den letzten Jahren<br />

zunehmend durch Schwarzerlen<br />

verbuschte, wurde die Feuchtwiese<br />

jedoch <strong>für</strong> o. g. Arten zunehmend<br />

unattraktiv. Aus diesem Grunde haben<br />

Mitglieder des VNV die weit<br />

über 100 Erlen in dem schwer zugänglichen<br />

und nur mit speziellen<br />

Watstiefeln zu begehenden Gelände<br />

entfernt. Das Ergebnis kann sich sehen<br />

lassen und lässt sogar die an diesem<br />

Tag heftigen Regenfälle vergessen.<br />

Zu hoffend bleibt, dass die auf<br />

Feuchtbereiche angewiesenen<br />

Vogelarten im kommenden Frühjahr<br />

hier wieder Rast auf dem Weg in die<br />

Brutgebiete machen und auch interessante<br />

Brutvögel ihre Jungen aufziehen<br />

werden.<br />

Immerhin hat eine <strong>für</strong> die<br />

Mittelgebirgsregion seltene Art wie<br />

der Zwergtaucher in den letzten Jah-<br />

Foto: H. Schauerte<br />

ren – von den Klärteichen der Kläranlage<br />

Schmallenberg aus – eine<br />

kleine, aber mittlerweile stabile Population<br />

um Schmallenberg gebildet.<br />

Es dürfte sich dabei um die höchstgelegenen<br />

Brutplätze in Nordrhein-<br />

Westfalen handeln.<br />

Um seltenen Arten der Gewässer und<br />

Feuchtgebiete bei einer Brutausbreitung<br />

(Expansion) geeignete<br />

Lebensräume in der Schmallenberger<br />

Umgebung zu bieten,<br />

müssten jedoch auch die angrenzende<br />

Flächen gesichert und optimiert<br />

werden, da das NSG ansonsten zu<br />

klein ist (z. B. durch Ankauf oder<br />

zumindest langfristige Anpacht).<br />

Sicher wäre dies eine zukünftige<br />

Aufgabe <strong>für</strong> die öffentliche Hand bei<br />

der Schaffung von Ausgleichsflächen.<br />

Georg Schöllmann<br />

IRRGEISTER 2007 45


Anerkennung unserer <strong>Natur</strong>schutzarbeit –<br />

VNV erhält Klimaschutzpreise<br />

Öffentliches Lob <strong>für</strong> unsere Arbeit gibt es nicht so häufig. Darum dürfen wir uns alle<br />

freuen über eine ganze Reihe von Klimaschutzpreisen, die der VNV in den Jahren 2006<br />

und 2007 erhielt. Die meisten Städte unseres Kreises loben alljährlich diese Preise aus,<br />

um Bürger-Engagement in den Bereichen <strong>Natur</strong>-, Umwelt- und Klimaschutz zu belohnen.<br />

Der VNV und unsere Arbeit werden<br />

so nicht nur positiv in der Öffentlichkeit<br />

dargestellt, darüber hinaus<br />

sind uns natürlich die mit den Preisen<br />

verbundenen Preisgelder hochwillkommen,<br />

gerade in Zeiten der<br />

massiven Kürzungen von Zuwendungen<br />

aus öffentlichen Kassen.<br />

„Wasseramselschutz im Stadtgebiet<br />

Sundern“<br />

Den 2. Klimaschutzpreis der Stadt<br />

Sundern 2006 erhielten wir <strong>für</strong> die<br />

seit 1984 laufende Betreuung von<br />

Nistkästen <strong>für</strong> die Wasseramsel, verbunden<br />

mit 400 Euro Preisgeld. Nistund<br />

Brutmöglichkeiten dieses nach<br />

seiner Nahrung tauchenden Singvogels<br />

sind an unseren oft wenig naturnahen<br />

Fließgewässern eingeschränkt.<br />

Daher brachten die<br />

Sunderaner VNV-Mitglieder 23<br />

Nistkästen an Röhr, Settmecke,<br />

Linnepe und Sorpe unter Brücken<br />

an.<br />

„Erhalt und Pflege der Feuchtwiesen<br />

in den <strong>Irrgeister</strong>n“<br />

Den 2., mit 200 Euro dotierten Preis<br />

2007 erhielt der VNV von der Stadt<br />

Winterberg <strong>für</strong> die langjährigen Aktivitäten<br />

<strong>für</strong> den Erhalt der wertvollen<br />

<strong>Irrgeister</strong>. Alljährlich mähen wir<br />

einen Teil der Feuchtwiesen, die<br />

unserer Zeitschrift den Namen gaben;<br />

im vergangenen Winter entfernten<br />

wir einige der dort wachsenden<br />

Ohrweiden, um den Wiesencharakter<br />

zu erhalten.<br />

46 IRRGEISTER 2007<br />

„Erhalt und Pflege der Feuchtwiesen<br />

im Pitzfeld“<br />

Auch im Pitzfeld bei Medebach engagiert<br />

sich unser <strong>Verein</strong> schon seit<br />

Jahren <strong>für</strong> den Erhalt der artenreichen<br />

Feuchtwiesen. Auf Antrag des<br />

VNV erwarb die NRW-Stiftung 15<br />

ha im Kerngebiet, die wir seitdem<br />

betreuen. Alljährlich führt VNV-<br />

Mitglied Friedhelm Schnurbus eine<br />

Bestandserhebung der typischen<br />

Wiesenvögel durch. Außerdem wurden<br />

die Pflanzen des Gebietes kartiert.<br />

In den 1990er Jahren entwikkelte<br />

der VNV ein Braunkehlchen-<br />

Schutzkonzept <strong>für</strong> die herausragende<br />

Brutvogelart des Gebietes. Dieser<br />

Klimaschutzpreis 2007 der Stadt<br />

Medebach ist mit 400 Euro Preisgeld<br />

verbunden.<br />

„Erhalt und Pflege von Kopfweiden<br />

und Obstbäumen im Stadtgebiet<br />

Marsberg“<br />

Mit der arbeitsintensiven Pflege von<br />

Kopfweiden und Obstbäumen in<br />

verschiedenen Marsberger Ortsteilen<br />

schaffte es der VNV in Marsberg<br />

2007 auf den ersten Platz und erhielt<br />

da<strong>für</strong> 800 Euro. Besonders im vergangenen<br />

Winterhalbjahr wurden<br />

zahlreiche Kopfweiden beschnitten.<br />

Der VNV bedankt sich herzlich bei<br />

den oben genannten Städten und bei<br />

der RWE, die die Preise stiftete. Die<br />

erhaltenen Preisgelder werden direkt<br />

<strong>für</strong> unsere <strong>Natur</strong>schutzarbeit verwendet<br />

werden.<br />

Harald Legge


Wie vor 20 Jahren:<br />

Wasserbauliche Maßnahmen an der oberen Ruhr<br />

Im Jahre 2003 wurde in einer bunten<br />

Broschüre ein Konzept zur<br />

naturnahen Entwicklung der<br />

Oberen Ruhr von der Bezirksregierung<br />

und dem staatlichen Umweltamt<br />

Lippstadt vorgestellt. Darin<br />

wurden Ziele und ein Maßnahmenkatalog<br />

<strong>für</strong> eine ökologische Verbesserung<br />

des Gewässers vorgestellt,<br />

die den Wasserrahmenrichtlinien der<br />

Europäischen Union entsprechen.<br />

Wichtige Maßnahmenschwerpunkte<br />

waren unter anderem:<br />

- Die Verbesserung der aquatischen<br />

Durchgängigkeit der<br />

Ruhr<br />

- Die Verbesserung der<br />

Gewässerbettstrukturen<br />

- Die Entwicklung von Auenstrukturen<br />

- Die Verbesserung der<br />

Uferstrukturen<br />

- Die <strong>Natur</strong>nahe Gewässerunterhaltung<br />

Zwischen Assinghausen und<br />

Olsberg-Steinhelle wurden im Rahmen<br />

dieses Konzeptes in den Wintermonaten<br />

2006/2007 an mehreren<br />

Stellen solche gewässerbaulichen<br />

Fließgewässerbegradigung im schlechten Stil der Vergangenheit - die Ufer dieses<br />

Ruhrabschnittes wurden im letzten Winter naturfern in Steine gepackt.<br />

Maßnahmen durchgeführt. Es sollte<br />

die aquatische Durchgängigkeit<br />

durch Entnahme von Querriegeln<br />

und Rückbau von Wehranlagen verbessert<br />

werden.<br />

Nach Fertigstellung der Maßnahmen<br />

ist zwar die Durchgängigkeit auf diesem<br />

Abschnitt wieder hergestellt. Allerdings<br />

erinnern diese gewässerbaulichen<br />

Maßnahmen stark an<br />

Bachbegradigungen, wie sie in den<br />

1980er und 1990er Jahren stattfanden.<br />

Damals wurden die Fließgewässer<br />

mit großen Steinen in ihrem<br />

Bett fixiert.<br />

Mit riesigen Steinpackungen wurden<br />

nun auch die Uferbereiche an diesem<br />

Ruhrabschnitt gesichert.<br />

Das Ziel, die Uferstrukturen zu verbessern,<br />

wurde dabei weit verfehlt.<br />

Die Ruhr wurde in ein festes Bett<br />

gepresst und jede Dynamik des Flusses<br />

– ein wichtiges Kennzeichen eines<br />

naturnahen Fließgewässers –<br />

dadurch verhindert. Von einer naturnahen<br />

Ruhr kann in diesem Bereich<br />

auch nach der teuren und aufwendigen<br />

Wasserbaumaßnahme nicht gesprochen<br />

werden.<br />

Bei weiteren wasserbaulichen Maßnahmen<br />

werden wir darauf einwirken,<br />

solche Fehlentwicklungen in<br />

eine ökologische Richtung zu steuern.<br />

Text und Fotos: Richard Götte<br />

IRRGEISTER 2007 47


Beobachtung seltener Vogelarten am Diemelsee<br />

Thorshühnchen am 19.11.2007 auf dem Diemelsee-Ausgleichsbecken<br />

In den letzten Wochen gelangen am<br />

Diemelsee einige sehr bemerkenswerte<br />

Beobachtungen seltener<br />

Vogelarten.<br />

Am 19.11.2007 konnte auf dem Ausgleichsbecken<br />

unterhalb der Staumauer<br />

ein Thorshühnchen im<br />

Schlichtkleid festgestellt werden.<br />

Der Vogel hielt sich mindestens vier<br />

Tage dort auf und zeigte wenig<br />

Scheu gegenüber vorbeiwandernden<br />

Passanten. Beobachtungen dieser<br />

Art im Binnenland sind sehr selten.<br />

Nach Peitzmeier liegen <strong>für</strong> Westfalen<br />

nur sehr wenige Beobachtungen<br />

vor, aus den 1970-er Jahren nur insgesamt<br />

sieben Beobachtungen; davon<br />

entfallen sechs auf die Rieselfelder<br />

Münster.<br />

Außerhalb dieses Gebietes gibt es<br />

lediglich eine Beobachtung vom<br />

Oktober 1973, wo diese Vogelart auf<br />

der Ruhr bei Arnsberg über fünf<br />

Tage beobachtet wurde.<br />

Am 16.12.2007 konnte zum zweiten<br />

Mal – nach dem 12.-14.03.2006 –<br />

ein Mauerläufer an der Staumauer<br />

des Diemelsees festgestellt werden. Mauerläufer am 13.03.2006 an der Staumauer des Diemelsees Fotos: R. Götte<br />

48 IRRGEISTER 2007<br />

Nach PEITZMEIER liegen <strong>für</strong> Westfalen<br />

lediglich drei Beobachtungen<br />

vor.<br />

Nach 1905 bei Arnsberg, 1944 bei<br />

Schwalefeld (Ostwestfalen) und<br />

1951 bei Herford sind die zwei sehr<br />

zeitnahen Beobachtungen von der<br />

Diemelstaumauer sehr bemerkenswert.<br />

Auch in Zukunft sollte in den<br />

Wintermonaten auf diese Vogelart an<br />

Staumauern geachtet werden.<br />

Franz-Josef Stein, Richard Götte<br />

Literatur:<br />

PEITZMEIER, J. (1979): Avifauna von<br />

Westfalen


Seit 25 Jahren –<br />

das Landesbüro als Schaltstelle <strong>für</strong> Verfahrensarbeit<br />

Der VNV ist wie die anderen anerkannten <strong>Natur</strong>schutzverbände berechtigt, zu Verfahren, die einen Eingriff<br />

in <strong>Natur</strong> und Landschaft beinhalten, eine Stellungnahme abzugeben. NRW-weit nehmen dieses Recht<br />

zahllose <strong>Natur</strong>schützer vor Ort wahr, die in den großen <strong>Natur</strong>schutzverbänden BUND, NABU und – wie<br />

der VNV – in der LNU (Landesgemeinschaft <strong>Natur</strong>schutz und Umwelt) organisiert sind.<br />

Seit 25 Jahren unterhalten die drei genannten <strong>Natur</strong>schutzverbände <strong>für</strong> dieses Arbeitsfeld das Landesbüro<br />

der <strong>Natur</strong>schutzverbände, kurz Landesbüro genannt. 1<br />

Koordinationsstelle <strong>für</strong> Verfahren<br />

Das Landesbüro ist die zentrale Koordinationsstelle<br />

in Nordrhein-Westfalen<br />

<strong>für</strong> die Beteiligung der rund<br />

400.000 in den drei <strong>Natur</strong>schutzverbänden<br />

organisierten Bürgerinnen<br />

und Bürger. Gegenstand der Beteiligungen<br />

sind Planungen der öffentlichen<br />

Verwaltung aus den Bereichen<br />

Straßenbau, Gewässerausbau,<br />

Abgrabungen, aber auch Planungen<br />

zum Schutz von <strong>Natur</strong> und<br />

Landschaft. Das Team des Landesbüros<br />

aus den Fachrichtungen Biologie,<br />

Landespflege, Geographie und<br />

Jura unterstützt die ehrenamtlich tätigen<br />

<strong>Natur</strong>schützer im ganzen Land<br />

bei deren Stellungnahmen zu geplanten<br />

Eingriffen in <strong>Natur</strong> und Landschaft.<br />

Danke <strong>für</strong> die gute Arbeit!<br />

Vor 25 Jahren wurde das Landesbüro<br />

der <strong>Natur</strong>schutzverbände zunächst<br />

in Essen eingerichtet, seit 10 Jahren<br />

befindet es sich im Haus Ripshorst<br />

des Regionalverbandes Ruhr (RVR)<br />

in Oberhausen.<br />

Dieses Jubiläum feierten die<br />

<strong>Natur</strong>schutzverbände bzw. das<br />

Landesbüro im Rahmen einer Festveranstaltung<br />

im August 2007.<br />

Wir vom VNV danken herzlich den<br />

engagierten Mitarbeitern des<br />

Landesbüros <strong>für</strong> Ihre<br />

Koordinierungstätigkeit, aber vor<br />

allem <strong>für</strong> die fachliche Unterstützung<br />

und Hilfestellung, die sie uns<br />

immer, wenn wir sie brauchten, gegeben<br />

haben und geben!<br />

Für den VNV wie <strong>für</strong> die anderen<br />

Umweltverbände im Land ist das<br />

Landesbüro eine unverzichtbare und<br />

bundesweit auch einzigartige Einrichtung.<br />

Sie hilft Hunderten von<br />

Ehrenamtlichen in NRW, sich qualifiziert<br />

in die örtlichen Planungen<br />

einzubringen und die Belange von<br />

<strong>Natur</strong> und Landschaft zu vertreten.<br />

Versachlichung von Verfahren<br />

Das Landesbüro bietet eine außerordentlich<br />

starke, unabhängige fachliche<br />

Unterstützung des ehrenamtlichen<br />

<strong>Natur</strong>schutzes in unserem Bundesland.<br />

„Die Bilanz von 25 Jahren<br />

Landesbüro zeigt, dass durch das<br />

dort vorhandene Fachwissen die<br />

Qualität der Planungen vor Ort wiederholt<br />

erheblich verbessert wurde.<br />

Konflikte konnten vielfach im Vorfeld<br />

ausgeräumt, Klagen auf ein<br />

Minimum beschränkt werden. Das<br />

Landesbüro ist eine hervorragende<br />

Instanz, um zur Versachlichung von<br />

Planungsprozessen beizutragen.“ 2<br />

So zeigt auch die überwiegende<br />

Mehrzahl der Verfahren, dass in der<br />

Regel nicht eine totale Ablehnung<br />

eines Eingriffs durch die<br />

<strong>Natur</strong>schutzverbände erfolgt, sondern<br />

Kompromisse gesucht werden,<br />

die allen Beteiligten gerecht werden<br />

– wenngleich besonders bei „Rieseneingriffen“<br />

in <strong>Natur</strong> und Landschaft,<br />

z.B. Straßenneubauten, die Interessen<br />

der <strong>Natur</strong> u. E. oft auf der Strekke<br />

bleiben. Wenn doch eine begründete<br />

Ablehnung erfolgt, werden vielfach<br />

Alternativen aufgezeigt. In dieser<br />

Weise handhabt das auch der<br />

VNV.<br />

Mark vom Hofe - LNU-Vorsitzender<br />

Geldmittel nötig!<br />

Eine weiteren Unterstützung der<br />

Einrichtung durch das Land hat daher<br />

auch Staatssekretär Dr. Alexander<br />

Schink auf der Jubiläumsveranstaltung<br />

in Oberhausen zugesichert.<br />

Dem gegenüber steht allerdings die<br />

Tatsache, dass die derzeitige Landesregierung<br />

die Mittel <strong>für</strong> das Landesbüro<br />

drastisch und so stark zusammengestrichen<br />

hat, dass nach Aussage<br />

der Mitarbeiter die Flut der<br />

Verfahren nur noch unzureichend<br />

bearbeitet werden kann. Jährlich<br />

durchlaufen über 2000 Verfahren die<br />

Institution; außerdem bietet sie Fortbildungen<br />

und Schulungen <strong>für</strong> ehrenamtliche<br />

<strong>Natur</strong>schützer.<br />

Es bleibt daher zu hoffen, dass<br />

Schinks Worten auch Taten folgen<br />

und dass durch das Zudrehen des<br />

Geldhahns nicht doch Fakten in die<br />

entgegengesetzte Richtung geschaffen<br />

werden.<br />

Schließlich ist gerade den Behörden<br />

und Antragstellern an einem zügigen<br />

und Planungssicherheit bietenden<br />

Verfahren gelegen. Denn: Werden<br />

bestehende Umweltgesetze nicht<br />

IRRGEISTER 2007 49


eachtet, werden Gerichte Fehlentscheidungen<br />

von Behörden korrigieren.<br />

Und nicht zuletzt ist das Landesbüro<br />

seit 25 Jahren ein Beispiel gelebter<br />

Ehrenamtsförderung.<br />

Text und Fotos: Harald Legge<br />

1 Die folgenden Ausführungen sind<br />

größtenteils einer Pressemitteilung des<br />

BUND NRW vom 10.08.2007 entnommen.<br />

2 Mark vom Hofe, Vorsitzender der<br />

LNU in o. g. Pressemitteilung.<br />

50 IRRGEISTER 2007<br />

Paul Kröfges - BUND.NRW-Vorsitzender


§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§<br />

Insgesamt über 60 Verfahren bearbeitet -<br />

VNV nutzt seine Beteiligungsrechte<br />

Seit Erscheinen der letzten „regulären“ IRRGEISTER vor ca. 2 Jahren bearbeiteten die Vorstandsmitglieder<br />

des VNV insgesamt über 60 Verfahren, an denen der <strong>Verein</strong> als anerkannter <strong>Natur</strong>schutzverband<br />

im Rahmen der Beteiligung mitwirkt. Dabei gelang es dem VNV manchmal, Verbesserungen gegenüber<br />

ursprünglichen Planungen zu erreichen – leider aber auch oft genug nicht. Doch auch, wenn unmittelbarer<br />

Einfluss auf eine Planung nicht zu erkennen ist: Die jeweils zuständige Behörde weiß durch unsere<br />

Mitarbeit, dass eine Instanz ihre Arbeit kontrolliert, beobachtet und ggf. an die Öffentlichkeit gehen wird,<br />

wenn Missstände bei Eingriffen auftreten.<br />

Neues vom Mühlengraben Westheim:<br />

„Sicherung durch<br />

Verfüllung“ ?<br />

Nachdem die Stadt Marsberg zuletzt<br />

mit Datum vom 16.04.2004 einen<br />

Antrag auf Schließung des unteren<br />

Teilstücks des Mühlengrabens in<br />

Marsberg-Westheim gestellt hatte,<br />

wurde dieser mit<br />

Planfeststellungsbeschluss vom<br />

11.01.2006 abgelehnt. Der VNV<br />

brachte sich in dieses Verfahren ein<br />

und legte dar, dass es sich beim<br />

Mühlengraben nicht nur um ein altes<br />

Kulturgut des Dorfes handelt,<br />

sondern dass der Graben sich in<br />

mehreren hundert Jahren zu einem<br />

naturnahen Fließgewässer hoher<br />

Qualität entwickelt hat. Mit Bescheid<br />

der Bezirksregierung vom<br />

26.01.2007 erfolgte die sicher notwendige<br />

Eintragung des gesamten<br />

Mühlengrabens als Denkmal in die<br />

Denkmalliste.<br />

Doch auch dieser Status ist <strong>für</strong> die<br />

Stadt Marsberg kein Grund, von einer<br />

Zerstörung des Mühlengrabens<br />

abzusehen: Mit Antrag auf Planfeststellung<br />

vom 02.02.2007 beantragte<br />

die Stadt Marsberg die „Schließung<br />

des unteren Teilstücks des Mühlengrabens<br />

in Marsberg-Westheim und<br />

Sicherung des Denkmals Mühlengraben<br />

durch Verfüllung“.<br />

Sicherung durch Verfüllung? Angesichts<br />

dieses Schildbürgerstreichs<br />

schlechtester Qualität hat der VNV<br />

die Obere Denkmalbehörde des<br />

HSK eingeschaltet und das Westfä-<br />

lische Amt <strong>für</strong> Denkmalpflege in<br />

Münster über die drohende Zerstörung<br />

des Grabens informiert.<br />

Bleibt zu hoffen, dass die<br />

Entscheidungsinstanz des Verfahrens<br />

die Stadt Marsberg in die<br />

Schranken weist. Eigentlich sollte<br />

die Stadt als Untere Denkmalbehörde<br />

<strong>für</strong> den Erhalt des Baudenkmals<br />

zuständig sein!<br />

Ausweisung eines weiteren Gewerbegebietes<br />

in Brilon<br />

Außerhalb des bestehenden Flächennutzungsplanes<br />

wird in Brilon <strong>für</strong><br />

die Erweiterung der Fa. Egger ein<br />

neues Industriegebiet ausgewiesen.<br />

Auf einer Fläche von fast 30 ha soll<br />

ein neues Sägewerk entstehen. Ob-<br />

wohl die Stadt Brilon erst in den letzten<br />

Jahren große Flächen als Gewerbegebiete<br />

zur Verfügung gestellt hat,<br />

wurde nun außerhalb dieser Gebiete<br />

diese Fläche überplant. Sie liegt<br />

unmittelbar östlich an das Egger-<br />

Werk angrenzend in der Acker- bzw.<br />

Wiesenflur der Balgert.<br />

Damit wird ein weiterer großer Teil<br />

der Briloner Hochfläche zugebaut.<br />

Offenbereiche gehen wiederum verloren.<br />

Landschaft wird unwiederbringlich<br />

vernichtet.<br />

Nach dem Gesetz ist es erforderlich,<br />

solche Eingriffe in der Landschaft<br />

entsprechend auszugleichen, durch<br />

Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.<br />

Entwertete Bereiche in der Landschaft<br />

sollen aufgewertet und im<br />

Sinne der <strong>Natur</strong> entwickelt werden.<br />

Mühlengraben in Westheim Foto: H. Legge<br />

IRRGEISTER 2007 51


§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§<br />

Dazu dient ein Punktekatalog, der<br />

Eingriffe und Ausgleich gegeneinander<br />

verrechnet.<br />

Durch die Ausweisung dieses neuen<br />

Gewerbegebietes werden fast 30<br />

Hektar Acker und Grünland überbaut.<br />

Seit Jahren setzt sich der VNV da<strong>für</strong><br />

ein, dass Eingriffe in der offenen<br />

Landschaft auch dort, also in der<br />

offenen Landschaft, ausgeglichen<br />

werden. Denn die gefährdeten Arten,<br />

die immer seltener werden, befinden<br />

sich genau in solchen Landschaftsteilen,<br />

und nur dort kann diesen Arten<br />

geholfen werden. Auch in diesem<br />

Fall hat der VNV sinnvolle Vorschläge<br />

gemacht, im Offenland Verbesserungen<br />

<strong>für</strong> den <strong>Natur</strong>schutz<br />

durchzuführen.<br />

Es ist jedoch im Stadtgebiet Brilon<br />

in den letzten Jahren Praxis geworden,<br />

diesen Ausgleich in den Waldgebieten<br />

der Stadt durchzuführen.<br />

Dies ist leicht zu organisieren und<br />

bringt der Stadt Brilon eine zusätzliche<br />

Einnahmequelle. Leider wird<br />

52 IRRGEISTER 2007<br />

dadurch der tatsächliche Eingriff<br />

nicht entsprechend ausgeglichen.<br />

Beispielsweise wird dem stark gefährdeten<br />

extensiven Grünland mit<br />

seinen vielen gefährdeten und teilweise<br />

sehr seltenen Arten dadurch<br />

in keiner Weise geholfen.<br />

Die Gesetze werden also zweckentfremdet:<br />

Statt Eingriffe in die <strong>Natur</strong><br />

auszugleichen, wird profitorientiert<br />

gehandelt.<br />

Auch in diesem Falle wird von dieser<br />

Praxis wieder Gebrauch gemacht:<br />

30 Hektar Offenland werden durch<br />

den Ankauf und die Entwicklung<br />

von gerade einmal 3 Hektar Grünland<br />

tatsächlich sinnvoll ausgeglichen.<br />

Die restlichen Ausgleichspunkte<br />

werden erreicht, indem ein<br />

durch den Sturm „Kyrill“ geschädigter<br />

Fichtenwald in der Größe von ca.<br />

66 Hektar nun mit Laubwald aufgeforstet<br />

wird. Es wird hier nicht abgestritten,<br />

dass eine solche standortgerechte<br />

Aufforstung sinnvoll ist,<br />

aber es stellt keinen entsprechenden<br />

Das neue Landschaftsgesetz NRW<br />

Die im Juni verabschiedete Novelle des Landschaftsgesetzes (LG) lässt aus Sicht der drei anerkannten<br />

<strong>Natur</strong>schutzverbände LNU, NABU und BUND nur noch ein Fazit zu: Dieses LG ist zu einem<br />

Landwirtschaftsinteressengesetz verkommen; es ist ein Kniefall vor der industriellen Agrarlobby und der<br />

Wirtschaft. Es passt überhaupt nicht zu den umwelt- und naturschutzpolitischen Anforderungen unserer<br />

Zeit. Trotz des nach wie vor erschreckend schnellen Artensterbens und dem rasanten Verlust von Lebensräumen<br />

schreibt es Verschlechterungen z. B. bei der Eingriffsregelung, den Klagerechten und dem Biotopschutz<br />

fest. Im Klartext: Mitwirkungsrechte der Bürger werden massiv beschnitten, Zerstörungen von<br />

<strong>Natur</strong> und Landschaft erleichtert, ehrenamtliches Engagement torpediert. Völlig verkannt wird dabei von<br />

der Landesregierung, dass <strong>Natur</strong> und Landschaft einen wichtigen Standortfaktor darstellen. Gerade in<br />

einem durch Siedlungsentwicklung und Verkehrswege besonders belasteten Land wie NRW kommt diesem<br />

Bereich neben der ökologischen auch eine große ökonomische Bedeutung zu.<br />

Quellen: verschiedene Rundschreiben von LNU, BUND und NABU<br />

Ausgleich <strong>für</strong> den Eingriff durch die<br />

Fa. Egger dar!<br />

Wenn wir nun bedenken, dass dieser<br />

im Wald stattfindende Ausgleich<br />

der Fa. Egger fast 1.000.000 Euro<br />

kosten wird – etwa so viel kostet<br />

hochgerechnet eine Aufforstung mit<br />

Laubholz – also die Stadt Brilon <strong>für</strong><br />

die Vernichtung von 30 Hektar<br />

Landschaft mit einem geldwerten<br />

Vorteil von 1 Mio. Euro entschädigt<br />

wird, kann man gut verstehen, dass<br />

die Stadt Brilon auch weiterhin an<br />

einem ungebremsten Verbrauch der<br />

Landschaft interessiert sein wird.<br />

Denn die Stadt Brilon profitiert doppelt:<br />

Gewerbe wird angesiedelt und<br />

die Zerstörung der Landschaft bringt<br />

der Stadt bares Geld.<br />

Dass sich die Stadt Brilon im Rahmen<br />

des Agenda-Prozesses einen<br />

sensiblen Umgang mit dem begrenzten<br />

Faktor Boden auf die Fahnen<br />

geschrieben hat, scheint vor diesem<br />

Hintergrund sehr unglaubhaft.<br />

Harald Legge & Richard Götte<br />

Obere Landschaftsbeiräte abgeschafft<br />

Mit Inkrafttreten des neuen Landschaftsgesetzes im Juli 2007 wurden die Beiräte der Oberen Landschaftsbehörde<br />

abgeschafft. Sie waren ein Gremium, dessen Mitglieder – <strong>Natur</strong>schützer und Landnutzer – diese Behörde der<br />

jeweiligen Bezirksregierung beraten hat. Der Beirat beschäftigte sich mit übergeordneten Planungen wie größeren<br />

Straßenplanungen, großen Bauvorhaben wie Talsperren und den Landschaftsplänen.<br />

Durch die Abschaffung – begründet mit der Reduzierung des naturschutzrechtlichen Verwaltungsaufwandes –<br />

geht ein Kontrollmechanismus der Bezirksregierungen verloren. Denn bisher wurde bei wichtigen Entscheidungen<br />

dieser Behörde Öffentlichkeit hergestellt; es bestand ein direkter Kontakt von Bürgern zur Bezirksregierung.


Bericht der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft<br />

im VNV (OAG) <strong>für</strong> die Jahre 2005 und 2006<br />

Auch in den Jahren 2005 und 2006 haben die Mitarbeiter der OAG wieder zahlreiche<br />

Brutdaten ausgewählter Vogelarten zusammengetragen, um ein möglichst genaues Bild<br />

über ihre Brutverbreitung im HSK zu erhalten. Darüber hinaus wurden – wie jedes Jahr<br />

– die Winterreviere des Raubwürgers und Angaben über Trupps, Zug- und Winterdaten<br />

des Rotmilans gesammelt.<br />

Die OAG bittet alle Interessierten, Vogelbeobachtungen der beschriebenen Arten aus dem<br />

HSK, die auf eine Brut hindeuten, formlos, z. B. per E-Mail, an sie zu melden. Um diese<br />

Daten verwenden zu können, müssen sie enthalten: Datum, genaue Ortsangabe, Anzahl<br />

der Exemplare und Art des Bruthinweises/-nachweises (z. B. Gesang, futtertragend, Art<br />

über längeren Zeitraum zur Brutzeit anwesend, ...), Name des Beobachters.<br />

Die OAG freut sich über weitere aktive Mitarbeiter. Dazu sind Vorkenntnisse wünschenswert,<br />

aber nicht erforderlich.<br />

Weitere Infos von Harald Legge (E-Mail: haraldlegge@web.de).<br />

Das nächste Jahrestreffen der Arbeitsgemeinschaft wird am 9. Februar <strong>2008</strong> stattfinden,<br />

zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind. Dort werden die Kartierungsergebnisse<br />

aus 2007 vorgestellt und diskutiert werden und der „Arbeitsplan“ <strong>für</strong> <strong>2008</strong><br />

besprochen. Den OAG-Mitarbeitern wird eine Einladung gesondert zugesandt; weitere<br />

Interessierte erhalten diese auf Nachfrage.<br />

Insgesamt 54 Arten wurden in den<br />

letzten beiden Jahren jährlich so<br />

unter die Lupe genommen, <strong>für</strong><br />

2007 kamen drei weitere hinzu:<br />

Neuntöter, Tannenhäher und<br />

Gelbspötter. Es sind dies z. B. allgemein<br />

seltene oder selten werdende<br />

Arten, Arten, <strong>für</strong> die das<br />

Sauerland eine besondere Bedeutung<br />

hat, aber auch Arten, die in<br />

Ausbreitung begriffen sind. Es ist<br />

nicht nur interessant, sondern<br />

auch wichtig, über die <strong>Natur</strong> und<br />

Veränderungen in ihr möglichst<br />

genau Bescheid zu wissen. Die<br />

mit dieser wissenschaftlichen<br />

Arbeit gewonnenen Daten zeigen<br />

z. B. Gebiete auf, die besonderen<br />

Wert <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong> haben – nicht<br />

nur <strong>für</strong> eine repräsentative Vogelart<br />

allein – und sollen in<br />

naturschutzrelevante Planungen<br />

einfließen. Und sie machen uns<br />

deutlich, auf welche Arten der<br />

<strong>Natur</strong>schutz seinen besonderen<br />

Blick richten muss.<br />

Foto: H. Legge<br />

Dieser Bericht unterscheidet sich<br />

von den bisherigen:<br />

Zum einen werden einmalig zwei<br />

Berichtsjahre behandelt, da in der<br />

IRRGEISTER 2007 53


letzten IRRGEISTER-Ausgabe<br />

kein OAG-Bericht erschien. Zum<br />

anderen tragen wir ab diesem<br />

Bericht der neueren<br />

taxonomischen und systematischen<br />

Forschung Rechnung, indem<br />

wir die Reihenfolge der Arten<br />

der neuen angleichen – an die<br />

wir uns hoffentlich zügig gewöhnen<br />

werden.<br />

Danksagung<br />

Die Artbearbeiter der unten aufgeführten<br />

Arten haben viel Zeit<br />

damit verbracht, mit Akribie die<br />

gemeldeten Daten zusammenzustellen,<br />

aufzuarbeiten und zu<br />

54 IRRGEISTER 2007<br />

kommentieren. Darüber hinaus<br />

gaben sie Daten anderer zu bearbeitenden<br />

Arten, die sie in Feldarbeit<br />

sammelten, an die entsprechenden<br />

Artbearbeiter weiter.<br />

Des Weiteren haben folgende Personen<br />

Daten an die OAG gemeldet:<br />

M. Altmeyer, W. Baumbach,<br />

Herbert Bartetzko, Margret<br />

Bunzel-Drüke, Michael Fruhen,<br />

Bettina Gräf, Joachim<br />

Hachmann, Karl Josef Hochstein,<br />

Andreas Kämpfer-Lauenstein,<br />

Christian Klauke, R. Köhne,<br />

Hans-Theo Körner, Jörg<br />

Langanki, Wilfried Limpinsel,<br />

Frederik Löring, Georg Mieders,<br />

Ergebnisse der Bestandsaufnahmen genauer erfasster Arten<br />

<strong>für</strong> die Jahre 2005 und 2006<br />

Worterklärungen:<br />

juv.: juvenil, Jungvogel<br />

immat.: unausgefärbt<br />

ad.: adult, Ausgewachsener<br />

Höckerschwan (Erfassungsgrad 100 %; Artbearbeiterin: M. Hemmelskamp):<br />

2005:<br />

8 BP zogen insgesamt 16 Junge groß, wobei 3 BP erfolglos<br />

waren (Vorbecken Sorpesee, Möhnestau Moosfelde,<br />

Kläranlage Neheim-Ohl).<br />

BP: Brutpaar<br />

1,1: 1 Männchen, 1 Weibchen<br />

2,0: 2 Männchen, 0 Weibchen<br />

Ulrich Prolingheuer, Michael<br />

Schmidt, A. Schöllmann, Axel M.<br />

Schulte, Udo Stangier, Franz<br />

Steinhoff, Martin Susewind, Robert<br />

Trappmann, Herbert<br />

Volkmer, ? Vollmer. Sollte in dieser<br />

Auflistung der ein oder andere<br />

aus Versehen vergessen worden<br />

sein, bitten wir um Entschuldigung.<br />

Allen genannten Personen gebührt<br />

großer Dank. Denn ohne sie<br />

wäre dieser Bericht nicht möglich<br />

geworden; ohne sie wären die<br />

Kenntnisse über die Vogelwelt<br />

des HSK bedeutend lückenhafter.<br />

Ex.: Exemplar<br />

2006:<br />

In 12 Gebieten im HSK wurden 14 Paare beobachtet;<br />

der Teich an der Udorfer Mühle (Stadtgebiet Marsberg)<br />

war erstmals besetzt. 12 dieser Paare schritten zur Brut,<br />

aber nur 4 davon brüteten erfolgreich. Sie brachten insgesamt<br />

18 Junge zur Welt. Am Ruhrstau Alfert starb<br />

ein immat. durch einen verschluckten Angelhaken.<br />

Höckerschwäne<br />

Foto: F. Sudendey


2005:<br />

Wie auch in den Vorjahren liegt die Brutverbreitung im<br />

Ruhrtal um Arnsberg-Vosswinkel (mit Wildwald/<br />

Höllinghofen/ NSG „Ruhrstau Echthausen“). Hier<br />

schritten ca. 21 Paare zur Brut. Darüber hinaus werden<br />

auch immer mehr Paare während der Brutzeit im „mittleren“<br />

Sauerland (z.B. Diemelsee, Meschede) beobachtet,<br />

wo es in den nächsten Jahren vermutlich zu Bruten<br />

kommen wird.<br />

Im Winterhalbjahr 2004/05 lag der Bestand bei max.<br />

313 Ex. am Ruhrstau Echthausen.<br />

Kanadagans (80 %; B. Koch):<br />

Graugans (80 %;B. Koch):<br />

2005:<br />

Zur Zeit liegt die Hauptverbreitung dieser Gänseart wie<br />

auch bei Kanada- und Nilgans im Ruhrtal an der Kreisgrenze<br />

zu Soest bei Arnsberg-Vosswinkel/ NSG „Ruhrstau<br />

Echthausen“. Die weiteren Brutvorkommen im<br />

Sauerland stammen aber wohl nicht aus dieser Population.<br />

Im Winterhalbjahr 2004/05 lag der Bestand bei ca. 188<br />

Ex.<br />

Nilgans (90%; B. Koch):<br />

2005:<br />

Für 2005 wurden insgesamt 13 BP mit insgesamt 20<br />

flüggen juv. und 1 „Verlobungspaar“ gemeldet. Die beiden<br />

„Verlobungspaare“ vom Sorpesee und Diemelsee<br />

aus 2004 brüteten 2005 erstmals.<br />

Wachtel (30 %; R. Götte):<br />

2005:<br />

Nachweise des Hühnervogels betreffen die Stadtgebiete<br />

Marsberg (27 Rufer), Brilon (3), Hallenberg (11) und<br />

Medebach (20). Somit wurden 61 Rufer gemeldet, was<br />

in etwa den Jahren 2003 und 2004 entspricht.<br />

2006:<br />

Die Hauptverbreitung der Art liegt weiter um Arnsberg-<br />

Vosswinkel. Brutnachweise aus dem Sauerland sind mit<br />

ca. 18 BP, davon ca. 11 um Vosswinkel, noch selten und<br />

wenig verändert gegenüber 2005, doch nehmen Brutzeitbeobachtungen<br />

von Paaren an geeigneten Gewässern im<br />

Kreis weiter zu.<br />

2006:<br />

Der Brutbestand hat sich von 17 in 2005 auf 24 brütende<br />

Paare erhöht, was wohl auch mit der nun eingetretenen<br />

Geschlechtsreife vieler schon in den Vorjahren anwesenden<br />

Vögel zu tun haben dürfte. Das Hauptverbreitungsgebiet<br />

befindet sich mit 19 BP weiter im<br />

Ruhrtal an der Kreisgrenze.<br />

2006:<br />

Für 2006 wurden 10 BP mit insgesamt 4 erfolgreichen<br />

Bruten (13 flügge juv.) – sowie 1 BP an der Kreisgrenze<br />

zu Soest (NSG „Ruhrstau Echthausen“) – und ein<br />

„Verlobungspaar“ ermittelt. Damit ging der Bestand gegenüber<br />

2005 leicht zurück; Gründe sind nicht bekannt.<br />

Neben dem West- und dem Ostteil des HSK besiedelt<br />

die ursprünglich eingebürgerte Art weiter neue Gebiete<br />

im HSK: Jeweils 1,1 (ohne Brut) hielten sich zur Brutzeit<br />

bei Meschede-Wennemen und bei Düdinghausen<br />

in der Medebacher Bucht auf.<br />

Nilgans mit Jungem<br />

Foto: M. Schmitz<br />

2006:<br />

Mit 39 Rufern trafen erheblich weniger Daten ein als<br />

in den Vorjahren (2003 bis 2005 um 60 Rufer). Zwar<br />

scheint in diesem Jahr die Population dieser starken<br />

Bestandsschwankungen unterliegenden Art im HSK<br />

auch kleiner gewesen zu sein; vor allem ist die geringe<br />

Datenmenge aber wohl erfassungsbedingt, weshalb kein<br />

gesicherter Bestandstrend gegeben werden kann. Die<br />

Nachweise verteilen sich wie folgt auf die Stadtgebiete:<br />

Marsberg 11 Rufer, Brilon 4, Hallenberg 4, Medebach<br />

10, Meschede 4, Schmallenberg 1, Sundern 2, Arnsberg<br />

3.<br />

IRRGEISTER 2007 55


2005:<br />

Es wurden 2 indirekte Brutnachweise aus dem HSK<br />

gemeldet:<br />

bei Marsberg-Giershagen: 1 „junges“ Ex. am<br />

02.07.05 auf einem Feldweg (Giller)<br />

bei Medelon, Medebacher Bucht: ein wahrscheinlicher<br />

Familienverband (17 Ex.) am 10.08.05<br />

(Schnurbus)<br />

Darüber hinaus liegen weitere 3 Beobachtungen aus dem<br />

Raum Marsberg-Giershagen sowie 8 Beobachtungen aus<br />

der Medebacher Bucht vor.<br />

Die Brutverbreitung des Hühnervogels umfasst im HSK<br />

nur noch das Stadtgebiet Marsberg und die Medebacher<br />

Bucht. Der langjährige Brutplatz bei Arnsberg-<br />

Vosswinkel ist definitiv erloschen; dort erstreckt sich<br />

heute ein Industriegebiet.<br />

2005:<br />

Für 2005 wurden keine Daten vom Haselhuhn gemeldet.<br />

Dass es die überaus heimliche Art noch im Sauerland<br />

gibt, zeigt folgende Beobachtung.<br />

Nachtrag <strong>für</strong> 2004: In einem Tal im westlichen HSK<br />

überquerte ein Haselhuhn einen Waldweg und baumte<br />

in einem kleinen Baum auf, wo es mit dem Fernglas<br />

beobachtet werden konnte, so dass eine Verwechselung<br />

mit der Waldschnepfe ausgeschlossen wird. Der Nachweis<br />

gelang einem RTV-Förster.<br />

56 IRRGEISTER 2007<br />

Rebhuhn (30 %; B. Koch):<br />

Haselhuhn (B. Koch):<br />

Sollten dem einen oder anderen Hinweise auf mögliche<br />

Vorkommen bekannt werden, wäre die OAG<br />

dankbar <strong>für</strong> eine Mitteilung. Diese wird vertraulich<br />

behandelt, um einem „Haselhuhntourismus“ vorzubeugen.<br />

Zwergtaucher (Erfassungsgrad: 90 %; Artbearbeiter: B. Koch):<br />

2005:<br />

Auch 2005 hat der Brutbestand des Zwergtauchers im<br />

Sauerland stark zugenommen. So ist die Ruhr von<br />

Arnsberg-Neheim bis Meschede-Freienohl weitgehend<br />

besiedelt. In diesen Bereichen sind es besonders die Staustufen<br />

mit ruhigem Wasser. Am Brutplatz Schmallenberg<br />

ist ebenfalls eine Zunahme zu verzeichnen.<br />

Bruten im HSK: 2005 mind. 13 Brutplätze mit 25 BP<br />

und 31 – 33 juv. (1999: keine Brut, 2000: 3BP, 2001: 5<br />

BP, 2002: 5 BP, 2003 mind. 10 BP, 2004 mind. 14-15<br />

BP).<br />

2006:<br />

Betrachtet man die letzten Jahre, ist eine eindeutig negative<br />

Bestandsentwicklung dieser auf eine strukturreiche<br />

Feldflur angewiesenen Art festzustellen. Es gab<br />

nur noch eine Brutzeitbeobachtung: am 20.06.2006 1,1<br />

Nahrung suchend auf einem Maisacker „Auf der<br />

Sandkuhle“ nördliche Marsberg-Erlinghausen.<br />

Außerhalb des HSK gab es in der Medebacher Bucht<br />

bei Münden regelmäßig rufende Ex. „unterhalb des<br />

Wasserhäuschens“. Ebendort wurde außerdem am<br />

23.12.2006 ein 5-6 Ex. starker Trupp gesehen.<br />

2006:<br />

Wie schon 2005 wurden auch <strong>für</strong> 2006 keine Daten dieses<br />

scheuen und heimlichen Waldvogels gemeldet.<br />

2006:<br />

Der Zwergtaucher-Brutbestand blieb 2006 auf ähnlichem<br />

Niveau wie 2005, nach einer rasanten Ausbreitung in<br />

den Jahren davor. 2006 gab es mindestens 13 Brutplätze<br />

mit 21 BP und mindestens 14 juv. Aus vielen Gebieten<br />

fehlen spätere Kontrollen, so dass die Jungenzahl höher<br />

gelegen haben dürfte.<br />

Neben vielen geeigneten Plätzen entlang der Ruhr bis<br />

Olsberg gab es je eine Brut an den Schönungsteichen<br />

der Kläranlage Schmallenberg (nach Reinigungsarbeiten<br />

im Mai Aufgabe der Brut) und auf Fischteichen unterhalb<br />

Schmallenberg-Grafschaft (3 juv.).


2005:<br />

Die insgesamt 74 BP mit 111 juv. verteilen sich wie<br />

folgt:<br />

16 BP mit insgesamt 18 juv. Sorpesee<br />

31 BP mit insgesamt 36 juv. Hennesee (16 BP erfolglos)<br />

23 BP mit insgesamt 54 juv. Diemelsee<br />

3 BP mit insgesamt 1 juv. Baggerseen bei Marsberg-Westheim<br />

1 BP mit 2 juv. VEW-Stausee Olsberg<br />

2005:<br />

Der Brutbestand im HSK beläuft sich 2005 auf 13 Kolonien<br />

(2000: 12 Kolonien und 1 Einzelbrut; 2001 14-<br />

15 Kolonien, 2002 14 Kolonien; 2003 12 Kolonien + 1<br />

Einzelbrut; 2004 11 Kolonien). Es gab 133 erfolgreiche<br />

Bruten (2000 145; 2001 165, 2002 142, 2003 138,<br />

204 114 erfolgreiche Bruten).<br />

Erfreulich ist die Gründung einer kleinen Kolonie im<br />

Röhrtal bei Sundern-Hachen in Fichten.<br />

Die Bäume der Kolonie Olsberg (hier in 2005 immerhin<br />

27 erfolgreiche Bruten) ist zum Jahreswechsel 2005/<br />

06 wie geplant komplett abgeholzt worden, um Platz<br />

<strong>für</strong> den Neubau der Ortsumgehung Olpe zu schaffen.<br />

Haubentaucher (100 %; W. Wilkens):<br />

2006:<br />

Es gab mit 21 ermittelten juv. deutlich weniger Nachwuchs<br />

als in den Vorjahren. Wohl wegen der langen<br />

Frostperiode zu Beginn der Paarungszeit und weil an<br />

vielen Talsperren zu dieser Zeit Wasser abgelassen wurde,<br />

schritten nur 12 der insgesamt 65-67 Paare zur Brut.<br />

Die Verteilung:<br />

8-10 Paare Sorpesee<br />

31 Paare Hennesee (davon 7 Bruten mit 18 juv.)<br />

21 Paare Diemelsee<br />

4 Paare, aber nur 1 juv. Baggerseen bei Marsberg-Westheim<br />

1 BP mit 2 juv. VEW-Stausee Olsberg<br />

Haubentaucher - Paarung Foto: M. Schmitz<br />

Graureiher (80 %; B. Koch):<br />

2006:<br />

Mit 12 Kolonien und 127 BP hat sich der Bestand weitgehend<br />

gehalten. 7 der Kolonien wiesen weniger als 10<br />

BP auf; BP-Zahlen der weiteren Kolonien: 11, 13, 17,<br />

21 und 28 BP. Wieder gelangen trotz Suche keine Bruthinweise<br />

aus der Medebacher Bucht.<br />

Erfreulich: Die im Zuge des Neubaus der Ortsumgehung<br />

Olsberg 2005 vernichtete Kolonie begründete sich an<br />

naher Stelle neu: 17 BP waren erfolgreich, allerdings<br />

sind dies 10 weniger als noch im Vorjahr.<br />

Die 2005 gegründete kleine Kolonie im Röhrtal bei<br />

Sundern-Hachen wies mit 5 erfolgreichen BP 2006 zwei<br />

BP mehr auf als in 2005.<br />

IRRGEISTER 2007 57


2005:<br />

Die positive Entwicklung des Brutbestandes des<br />

Schwarzstorches setzte sich auch 2005 fort. Mit 26 Revieren<br />

wurde das höchste Ergebnis seit 1997 erzielt!<br />

Noch erfreulicher ist der Nachweis von mindestens 27<br />

Jungvögeln – ein Resultat, welches bisher nicht annähernd<br />

erreicht werden konnte. Dazu kommt, dass mehrere<br />

Reviere (1 x Hessen/Diemelsee, 1 x Kreis Paderborn<br />

und mehrere Horste Kreis Soest) nicht gezählt<br />

wurden. Hier liegt der Horst außerhalb des Hochsauerlandkreises,<br />

das Brutgebiet umfasst aber Teile unseres<br />

Erfassungsraumes.<br />

Wie im Vorjahr ausgeführt, liegen viele Brutgebiete im<br />

Bereich der Grenzen zu den Nachbarkreisen und es gibt<br />

etliche grenzüberschreitende Brutgebiete. Offensichtlich<br />

handelt es sich hier regelmäßig um etwas ruhigere Waldbereiche.<br />

Der zur Koordinierung des Schutzes der Art ins Leben<br />

gerufene Schwarzstorch-Arbeitskreis – bestehend aus<br />

Hochsauerlandkreis, Forstämtern, Biologischer Station<br />

und VNV – arbeitet inzwischen auf vertraulicher Basis<br />

und sollte unbedingt fest etabliert werden.<br />

Negative Einflüsse in die Horstbereiche durch die forstliche<br />

Nutzung der Wälder waren 2005 nur in Einzelfällen<br />

festzustellen – seit 1997 konnte der VNV immerhin<br />

10 Horstverluste durch Forstarbeiten nachweisen. Allerdings<br />

verhindert die immer intensivere Bewirtschaftung<br />

der Buchenwälder sicher manche Neuansiedlung.<br />

Und etliche FFH-geschützte Bereiche sind aufgrund einer<br />

erheblichen Bestandsauflichtung gar nicht mehr zur<br />

Horstanlage geeignet!<br />

2005:<br />

Meldungen liegen aus 19 Gebieten vor, die sich auf 14<br />

Revierpaare und 5 Reviere mit Brutzeitbeobachtungen<br />

aufschlüsseln (2003 und 2004 jeweils 25 Gebiete). Insgesamt<br />

hat sich die Anzahl der in den vergangenen Jahren<br />

festgestellten Brutgebiete auf 33 erhöht.<br />

Leider gelingt es nicht, alle Gebiete jährlich zu kontrollieren<br />

bzw. bei teilweise nur kurzen Aufenthalten dort<br />

Wespenbussarde zu bestätigen. Von vielen dieser Brutplätze<br />

liegen aber seit teilweise über 20 Jahren Balzund<br />

Brutzeitbeobachtungen durch OAG-Mitarbeiter vor.<br />

58 IRRGEISTER 2007<br />

Schwarzstorch (50 % 2005, 40% 2006; F.-J. Stein):<br />

Wespenbussard (20 %; E. Neuß):<br />

Schwarzstorch Foto: N. Pühringer<br />

Für 2006 ergibt sich ein etwas enttäuschendes Bild. Es<br />

wurden nur 21 Reviere und davon nur 8 mit Brutnachweisen<br />

ermittelt. Aber immerhin wurden mindestens 19<br />

Jungvögel nachgewiesen. Der erfreuliche Durchschnitt<br />

von 2,375 Jungvögeln/Horst wird durch einen Brutnachweis<br />

im östlichen Kreisteil mit 4 Jungvögeln erreicht.<br />

Die Verbreitung erstreckt sich fast gleichmäßig über den<br />

gesamten Hochsauerlandkreis.<br />

Für dieses schlechtere Ergebnis gibt es mehrere Gründe:<br />

- Weniger als eine Handvoll OAG-Mitarbeiter sucht<br />

systematisch im Wald nach Horsten.<br />

- 2006 ist die Kartierungsintensität wohl allgemein<br />

schwächer als in den Vorjahren.<br />

- Der Arbeitskreis aus Hochsauerlandkreis, Forstämtern,<br />

Bio-Station und VNV hat nach der Brutzeit<br />

2006 noch nicht getagt.<br />

2006:<br />

Der Bestand ist mit 16-18 gemeldeten Revieren, davon<br />

4 Brutnachweisen, ähnlich dem der Vorjahre und kann<br />

als stabil gelten. Es wurde ein neues Revier ermittelt.<br />

Verteilung auf die Stadtgebiete 2006:<br />

Stadtgebiet Arnsberg: 10 Reviere und 4 BP<br />

Stadt Meschede: 2 Reviere und 2 Gebiete<br />

mit Brutzeitbeobachtung<br />

Für den Westkreis, wo deutlich stärker nach der Art gesucht<br />

wird als im übrigen HSK, werden auf Grund der<br />

Datenlage auch aus den Vorjahren – nicht alle Gebiete<br />

können jährlich kontrolliert werden – ca. 30 BP angenommen.<br />

Weitere Reviere sind aus den Vorjahren aus<br />

den Stadtgebieten Brilon, Medebach und Schmallenberg<br />

bekannt.


Rotmilan (50 %; M. Lindner):<br />

2005:<br />

Es wurden 44 Brutreviere (2004 nur 34 Brutreviere)<br />

gefunden, wobei nur siebenmal die Jungenanzahl ermittelt<br />

wurde: 2 mal 1, 2 mal 2 sowie 3 mal 3 flügge juv.<br />

Durch Mieders wurden 2 Negativnachweise (unbesetzte<br />

Reviere) gemeldet.<br />

Nur ein Schlafplatz wurde bekannt: am 18.9.05 5 Ex.<br />

und am 1.10.05 7 Ex. im Bereich Pfingsthude nordwestlich<br />

von Marsberg-Erlinghausen in einer Pappelreihe<br />

(Kuhl).<br />

Zugdaten von insgesamt 60 Ex., diesmal nur Wegzug,<br />

wurden nur von Kuhl und Neuß gemeldet:<br />

Arnsberg-Schreppenberg am 14.8. 1 Ex., 23.8. 3 Ex.,<br />

5.10. 4 Ex., 14.10. 1 Ex., 16.10. 5 Ex., 30.10. 6 Ex.,<br />

28.11. 1 Ex. = 21 Ex. ziehend (Neuß)<br />

Marsberg-Erlinghausen am 10.9. 8 Ex., 1.10. 9 Ex., 2.10.<br />

7 Ex., 9.1. 6 Ex., 13.10. 3 Ex., 2.11. 1 Ex., 5.11. 1 Ex. =<br />

35 Ex. ziehend (Kuhl)<br />

Brilon-Thülen am 20.9. 4 Ex. ziehend (Kuhl)<br />

Erstbeobachtungen durch Neuß am 24.2. bei Marsberg-<br />

Udorf und am 27.2. über Hachen. Das Brutpaar Tempelberg<br />

(NSG „Herbreme“) balzte bereits am 1.3.05 (Neuß).<br />

2005:<br />

Der Schwarzmilan brütet derzeit mit 2 Paaren im<br />

HSK. Der altbekannte Brutplatz bei Marsberg-<br />

Padberg war wieder besetzt. Ein neues Paar im NSG<br />

„Ruhrtal bei Laer“ konnte mit flüggen Jungvögeln<br />

nachgewiesen werden. Ein drittes, hier nicht mitgezähltes<br />

Paar horstete knapp außerhalb der Kreisgrenze<br />

in Hessen im Bereich des Diemelsees. Aus<br />

weiteren Bereichen des Kreises liegen Brutzeitbeobachtungen<br />

vor, die keinem dieser Brutpaare zuzuordnen<br />

sind. Hier könnte es sich um unverpaarte<br />

Vögel handeln oder möglicherweise um noch nicht<br />

entdeckte Brutvögel.<br />

Schwarzmilan (80 %; W. Schubert):<br />

2005:<br />

Brutzeitbeobachtungen gibt es aus 16 Gebieten, die sich<br />

auf die Städte Arnsberg, Brilon, Marsberg, Meschede,<br />

Olsberg und auf die Gemeinde Hallenberg verteilen,<br />

wobei Schwerpunkte in den Räumen Arnsberg und Marsberg<br />

liegen. Es konnte 1 Brutnachweis erbracht werden.<br />

Baumfalke (20-30 %; F. Schnurbus):<br />

2006:<br />

Es wurden 25 BP und 17 Brutreviere <strong>für</strong> 2006 gemeldet;<br />

7 mal wurde dabei die Jungenanzahl ermittelt: 2 x<br />

1, 2 x 2 und 3 x 3 flügge Jungvögel. Es wurden 5 Reviere<br />

aufgenommen, bei denen eine Balz erst am Ende der<br />

eigentlichen Brutzeit beobachtet wurde – Rotmilanpaare<br />

führen häufig zum Ende der Brutzeit noch einmal Balzrituale<br />

aus. Als Brutbäume wurden 5 mal Rotbuche und<br />

3 mal Eiche angegeben; leider enthielten die anderen<br />

Brutplatzdaten keine Angaben über die Baumart.<br />

Zusätzlich zu diesen BP bzw. Revieren wurden am<br />

15.04.06 um Olsberg-Bruchhausen 4 Paare mit Balz beobachtet;<br />

da eine genauere Zuordnung fehlt, wurden diese<br />

Paare nicht zu diesem Ergebnis hinzugezählt. Durch<br />

Mieders wurden 3 Negativnachweise (unbesetzte Reviere)<br />

erbracht. Damit sind die Ergebnisse ähnlich denen<br />

des Vorjahres.<br />

Zugdaten wurden nur von Neuß aus Arnsberg<br />

(Schreppenberg) gemeldet, und zwar <strong>für</strong> den Heimzug<br />

im Frühjahr 45 Ex. und <strong>für</strong> den Wegzug 105 Ex.<br />

Erstbeobachtung durch Kuhl am 11.01. bei Marsberg<br />

(NSG „Wulsenberg“).<br />

2006:<br />

Die Bestandsentwicklung des Schwarzmilans ist weiterhin<br />

positiv. Es konnten zwei sichere BP nachgewiesen<br />

werden. Der altbekannte Brutplatz bei Marsberg-<br />

Padberg war wieder besetzt. Dies gilt auch <strong>für</strong> das Brutpaar<br />

im NSG „Ruhrtal bei Laer“. Zusätzlich konnten im<br />

Bereich des Titelbergs bei Medebach ein wahrscheinliches<br />

BP festgestellt werden sowie 2 mögliche BP knapp<br />

außerhalb der Kreisgrenze im Bereich des Diemelsees<br />

und bei Haus Wenne, Eslohe. Somit erhöht sich die<br />

Anzahl der Brutpaare auf 2 – 3 plus 2 weitere mögliche<br />

knapp außerhalb des HSK.<br />

2006:<br />

Es gelangen 2 Brutnachweise, zusätzlich besteht <strong>für</strong><br />

2006 3 mal Brutverdacht. Darüber hinaus gibt es aus 12<br />

Gebieten über den gesamten HSK verstreut je eine<br />

Brutzeitbeobachtung. Somit dürfte der Brutbestand deutlich<br />

höher liegen als die Zahl der ermittelten Reviere.<br />

IRRGEISTER 2007 59


60 IRRGEISTER 2007<br />

Wanderfalke (80 %; W. Schubert):<br />

2005:<br />

Erstmals seit der Wiederbesiedlung des HSK 1989 brüteten<br />

4 Brutpaare im Kreis.<br />

HSK 1 (Bruchhauser Steine): Das Weibchen wurde vom<br />

Uhu noch in der Bebrütungsphase geschlagen. Ein schon<br />

vorher beobachtetes zweites Weibchen, welches vom<br />

Revierweibchen scheinbar geduldet wurde, übernahm<br />

sofort das Revier.<br />

HSK 4 (Steinbruch): Brutaufgabe während der<br />

Bebrütung. Der Grund ist unklar, das nur 700 m entfernte<br />

Uhupaar ist nicht verantwortlich. Noch im September<br />

war das Paar am Platz.<br />

HSK 5 (Brücke): Das BP brachte 1 Jungvogel zum Ausfliegen.<br />

HSK 6 (Steinbruch): 1 Jungvogel verschwand im Alter<br />

von ca. 15 Tagen. Vermutlich hat hier das Uhupaar,<br />

welches in 1000 m Entfernung brütet, zugeschlagen.<br />

Junger Wanderfalke Foto: N. Pühringer<br />

2005:<br />

Im gesamten HSK konnte 2005 kein Nachweis des<br />

scheuen und seltenen Wiesenvogels erbracht werden, obwohl<br />

zumindest im Raum Arnsberg intensiv nach der<br />

Art gesucht wurde.<br />

2005:<br />

Der Rückgang dieser Wiesenlimikole im HSK geht unvermindert<br />

weiter. Nur noch 2 BP (Schmallenberg-Arpe<br />

– 2 erfolglose Brutversuche – und Briloner Gewerbegebiet<br />

– kein Bruterfolg) bilden den Gesamtbestand im<br />

Kreis.<br />

Nach wie vor gilt die Vermutung, dass nur noch ältere<br />

Paare auf Grund ihrer Brutplatztreue im HSK brüten,<br />

so dass weiterhin mit einem Aussterben der Art in naher<br />

Zukunft gerechnet wird.<br />

2006:<br />

Ein sehr erfreulicher Bestandstrend ist von dem noch<br />

vor wenigen Jahrzehnten fast ausgestorbenen Großfalken<br />

zu vermelden: Erstmals waren im Kreis 7 Reviere<br />

besetzt, 3 mehr als im Vorjahr. Allerdings wurden nur<br />

5 Jungfalken flügge.<br />

Die Reviere im einzelnen:<br />

HSK 1 (Bruchhauser Steine): 1 Jungfalke wurde flügge.<br />

Da er noch Anfang August fliegend beobachtet wurde,<br />

dürfte er tatsächlich selbständig geworden sein. Das<br />

Uhupaar an den Steinen brütete 2006 nicht.<br />

HSK 2 (Steinbruch): 1 adulter Terzel hielt den Platz allein<br />

besetzt.<br />

HSK 4 (Steinbruch): Wie schon 2005 kam es genau zu<br />

der Zeit zur Brutaufgabe, als die Jungfalken hätten<br />

schlüpfen müssen. Gründe sind völlig unklar.<br />

HSK 5 (Brücke): 4 Jungfalken (1 Terzel, 3<br />

Weibchen) wurden flügge. Eines der flüggen Weibchen<br />

verschwand kurz nach den Ausfliegen; Grund unklar.<br />

HSK 6 (Steinbruch): Brutaufgabe zur Zeit, als die<br />

Jungfalken hätten schlüpfen müssen. Gründe sind unklar.<br />

HSK 7 (Kraftwerk Egger): Hier war nur zu Beginn der<br />

Brutzeit ein Paar anwesend, welches schon Anfang April<br />

verschwand.<br />

HSK 8 (Steinbruch): Ansiedlung eines Paares in einem<br />

Uhusteinbruch. Dieses Paar brütete nicht. Das Uhubrutpaar<br />

im Steinbruch brach seine Brut kurz nach Brutbeginn<br />

ab.<br />

Wachtelkönig (20 %; M. Lindner):<br />

2006:<br />

Es gelangen nur 2 Rufnachweise des heimlichen Vogels,<br />

immerhin 2 mehr als 2005:<br />

1 Rufer 20.06. NSG „Helmeringhauser Bruch“ bei<br />

Olsberg-Helmeringhausen<br />

1 Rufer 10.07. Schwarzer Berg nordöstlich Marsberg-Giershagen<br />

Kiebitz (90 %; G. Schöllmann):<br />

2006:<br />

Der Kiebitz, ein langjähriger Brutvogel im HSK, ist nun<br />

bei uns ausgestorben; erstmals gibt es 2006 kein bekanntes<br />

Brutrevier. Gründe sind die intensive Landwirtschaft<br />

in unseren Breiten, aber sicher auch die Jagd auf diesen<br />

bedrohten Wiesenvogel in seinen Durchzugs- und<br />

Überwinterungsgebieten – jährlich werden hohe Zahlen<br />

der abnehmenden Population legal und illegal geschossen.<br />

Im HSK gab es 2006 neben Sichtungen außerhalb der<br />

Brutzeit noch einzelne Frühjahrsbeobachtungen an ehemaligen<br />

Brutplätzen; diese Vögel gründeten jedoch kein<br />

Revier.


Flussregenpfeifer (50%; F. Duty):<br />

2005:<br />

13 BP mit insgesamt 28 juv. verteilen sich auf 10 Gebiete<br />

(2001 und 2002: jeweils 12-13 BP; 2003 11-14<br />

BP; 2004 7 BP). Alle Brutplätze befinden sich in<br />

Sekundärhabitaten. Dass der Schwerpunkt im Raum<br />

Brilon liegt, könnte an intensiverer Suche dort liegen.<br />

Waldschnepfe (15 %; B. Koch):<br />

2005:<br />

15-19 Reviere bzw. balzende Männchen sowie Brutzeitbeobachtungen<br />

aus 3 weiteren Gebieten wurden <strong>für</strong> 2005<br />

gemeldet, die sich über die Wälder des gesamten HSK<br />

verteilen. In dieser Liste befinden sich 4 neue, uns bisher<br />

nicht bekannte Plätze.<br />

Bekassine (100 %; W. Schubert):<br />

2005:<br />

Es liegt nur eine April-Beobachtung aus dem NSG<br />

„Hemmeker Bruch“ vor, die allerdings aufgrund fehlender<br />

Brutzeitbeobachtungen als spätes Zugdatum zu<br />

werten ist.<br />

Hohltaube (max. 35 %; F.-J. Stein):<br />

2005:<br />

Nach fünf Erfassungsjahren kann man zusammenfassend<br />

feststellen, dass die Hohltaube in allen Kreisteilen<br />

vorkommt; insgesamt 50 Reviere wurden <strong>für</strong> 2005 über<br />

den HSK verteilt gemeldet. Ihre Verbreitung ist nicht<br />

auf niedrig liegende Bereiche beschränkt, sondern erstreckt<br />

sich bis in höchste Lagen.<br />

Die Unterschiede in den einzelnen Jahren erklären sich<br />

ausschließlich durch vermehrte oder verminderte<br />

Kartierungsintensität.<br />

Die weite, gleichmäßige Verbreitung der Hohltaube darf<br />

jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Lebensraum<br />

latent in Gefahr ist. In unseren intensiv genutzten<br />

Buchenwäldern werden Brutbäume bei der Bewirtschaftung<br />

nicht geschont. Das Fällen dieser Bäume konnte z.<br />

B. im Lüchtenberg bei Marsberg-Padberg, im Buchholz<br />

bei Brilon-Alme und in der Sommerseite bei Brilon-<br />

Madfeld festgestellt werden.<br />

2006:<br />

11 BP an 9 Plätzen wurden festgestellt, aber nur bei 3<br />

dieser BP wurden Jungvögel ermittelt (einmal 3 juv. und<br />

2 mal je 1 juv.). Die geringe Nachwuchszahl könnte zum<br />

einen am schlechten Wetter liegen, zum anderen aber<br />

auch an fehlender Nachsuche. Ein ehemaliger Brutplatz<br />

blieb verwaist, 3 weitere gingen verloren. Einzelbeobachtungen<br />

blieben bei dieser Erfassung unberücksichtigt.<br />

2006:<br />

Von 6 Plätzen wurden Daten gemeldet, die 9-14 Reviere<br />

ergeben. Der Brutbestand im HSK dürfte um einiges<br />

höher liegen.<br />

2006:<br />

Die Bekassine bleibt weiterhin als Brutvogel ausgestorben.<br />

Es liegen mehrere April-Beobachtungen von<br />

Durchziehern aus dem NSG „Hemmeker Bruch“ bei<br />

Brilon-Madfeld vor, die letzte sogar vom 30.04.06. Da<br />

das Gebiet ganzjährig immer wieder kontrolliert wird<br />

und weitere Daten nicht erbracht werden konnten, ist<br />

eine Brut dort ausgeschlossen.<br />

Bekassine<br />

Foto: M. Schmitz<br />

2006:<br />

Die Erfassung im Jahr 2006 erbrachte 62 bis 64 Reviere<br />

und damit das beste Ergebnis in den sechs Jahren der<br />

genaueren Bestandsaufnahme. Die Art wurde aus allen<br />

Stadtgebieten des HSK gemeldet; Ausnahme ist das<br />

Stadtgebiet Winterberg, was aber eindeutig an den fehlenden<br />

OAG-Leuten vor Ort liegt.<br />

Indem in den folgenden Jahren dieser Bewohner alter<br />

Buchenwälder weiterhin gesucht wird, können auch<br />

Beeinträchtigungen durch den immer stärker werdenden<br />

Einschlag in den Rotbuchenbeständen dokumentiert<br />

werden.<br />

IRRGEISTER 2007 61


2005:<br />

Mit 52 - 54 Revieren liegt <strong>für</strong> 2005 das beste Kartierungsergebnis<br />

seit einigen Jahren vor. Die Reviere<br />

verteilen sich auf die Stadtgebiete Arnsberg (11 Reviere),<br />

Meschede (7 Reviere) Marsberg/Brilon (16-18<br />

Reviere), Schmallenberg (1 Revier) und Medebach (17<br />

Reviere). über die Jahre betrachtet hält der Abwärtstrend<br />

der Turteltaube jedoch an.<br />

2005:<br />

Bei nur 8 von insgesamt 25 gemeldeten Rufern kann<br />

man von einem Revier ausgehen, da die Vögel mehrfach<br />

beobachtet bzw. gehört wurden. Das westliche Kreisgebiet<br />

ist vom Kuckuck mittlerweile fast geräumt, obwohl<br />

die Art dort früher verbreitet war; Nachweise aus 2004<br />

von dort und aus dem höheren Sauerland bildeten wohl<br />

eher eine Ausnahme.<br />

Rufer<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

54<br />

62 IRRGEISTER 2007<br />

Turteltaube (20 %; E. Neuß):<br />

2006:<br />

Es wurden <strong>für</strong> 2006 45 Reviere gemeldet. Der Bestandstrend<br />

ist weiterhin negativ. Er reduzierte sich z. B. in<br />

der Medebacher Bucht auf 13 Reviere gegenüber 36<br />

Revieren in 2001.<br />

Kuckuck (60 %; B. Koch):<br />

2006:<br />

Beim Kuckuck gibt es keine signifi kanten Änderungen<br />

gegenüber dem Vorjahr in der Anzahl der Reviere – insgesamt<br />

von 9 Revieren wird ausgegangen (= Mehrfachbeobachtungen<br />

in demselben Gebiet). Diese befi nden<br />

sich wie in den Vorjahren fast ausschließlich im Raum<br />

Marsberg-Brilon und in der Medebacher Bucht. Das<br />

Verschwinden der Art im oberen Sauerland könnte in<br />

den dortigen intensiven Monokulturen und der damit<br />

fehlenden Nahrung (Raupen) begründet sein.<br />

Darüber hinaus gibt es 8 Einzelbeobachtungen wohl<br />

ziehender Kuckucke, davon 6 zwischen Ende April und<br />

Anfang Mai (gegenüber 17 in 2005). Damit handelt es<br />

sich bei den beobachteten vermutlichen Durchziehern<br />

um die geringste Zahl seit Erfassungsbeginn.<br />

Kuckuck und Gelbspötter<br />

Foto: F. Sudendey<br />

Kuckuck - rufende Männchen im HSK<br />

28<br />

21<br />

26<br />

21<br />

29<br />

95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06<br />

Jahr<br />

25<br />

16<br />

24<br />

21<br />

25<br />

17


2005:<br />

Die Anzahl der Brutnachweise war im Jahr 2005 so hoch<br />

wie noch nie seit 2001. Dieser Umstand lässt jedoch<br />

keinen Rückschluss auf den Bestand zu, da die Art nach<br />

wie vor unzureichend erfasst ist; in einem großen Teil<br />

des Kreises gibt es auch <strong>für</strong> dieses Jahr keine Erfassungen.<br />

Die meisten Nachweise gelangen in von OAG-Mitarbeitern<br />

aufgehängten Nistkästen.<br />

Stadt Brilon: 2 BP mit 5 juv. bzw. 3 juv+mind. 5 Eier<br />

Stadt Marsberg: 5 BP mit jeweils 2 juv., 1 juv.+7 Eier,<br />

mind. 2 juv., 8 Eier, 4 juv. sowieBrutzeitbeobachtungen<br />

von 4 weiteren Plätzen; 2 dieser Bruten verliefen<br />

erfolglos, eine weitere teilweise erfolglos,<br />

wobei das 8er-Gelege nach einer Rockfete im Ort aufgegeben<br />

wurde.<br />

Stadt Sundern: 2 Brutzeitbeobachtungen<br />

Stadt Arnsberg: 1 Kasten beflogen<br />

Stadt Schmallenberg und Stadt Eslohe: erfolglose Kontrolle<br />

von Nistkästen und potentiellen Brutplätzen<br />

Schleiereule (30 % 2005, 40 % 2006; St. Bartholmé):<br />

Raufußkauz (20 % 2005/10% 2006; M. Lindner):<br />

2005:<br />

Es wurde 2005 4 Brutpaare und 27 rufende Männchen<br />

im HSK festgestellt.<br />

Die Daten im Einzelnen:<br />

In der Kontrollfläche von 125 km˝ im Arnsberger Wald<br />

(Großteil der Fläche im Kreis Soest), die seit vielen Jahren<br />

von Lederer und Kämpfer-Lauenstein kontrolliert<br />

wird, wurden 10 besetzte Reviere (davon 4 Reviere im<br />

HSK) und 8 Bruten (davon 3 im HSK) gefunden.<br />

Ferner gab es im NSG „Arnsberger Wald“ (HSK) 2<br />

weitere rufende Männchen (Hamelsberg, Kreuzeiche)<br />

(Koch, Neuß): 1 Rufer am 03.04. östlich Hamelsberg<br />

und 1 Rufer 17.04. Buchenaltholz Kreuzeiche mit<br />

Schwarzspechthöhlen.<br />

1 Brut mit mindestens 3 juv. in ausgefaulter Fichtenspitze<br />

bei Brilon-Madfeld, juv. werden beim Fällen der<br />

Fichte gefunden und in Essentho bis zum Flüggewerden<br />

aufgezogen (Limpinsel)<br />

3 Reviere NSG „Hunau“ (Volkmer fide Schöllmann)<br />

1 Reviere Dümberg südlich Sundern-Weninghausen<br />

(Volkmer fide Bartezko)<br />

2,0 rufend (9:00 + 11:30 Uhr) 28.3 aus Fichtenstangenholz<br />

angrenzend an Buchenaltholz NW + NE<br />

Ahmberg bei Meschede-Mülsborn (Koch, Neuß)<br />

1,0 ruft am 9.4. 10 mal gegen 15:30 Uhr östlich<br />

Filschersiepen NE Oeventrop-Glösingen (Koch, Neuß)<br />

1 Revierhinweis (tote Maus im Loch einer<br />

Schwarzspechthöhle in Erle im einem Buchenaltholz =<br />

Nahrungsdepot) am 10.4. nördlich Niedereimer (Koch,<br />

Neuß)<br />

2006:<br />

Das Jahr 2006 war mit 2 Brutnachweisen, einer möglichen<br />

Brut und einem balzenden Ex. ein katastrophal<br />

schlechtes Jahr <strong>für</strong> die Art im HSK. Offensichtlich haben<br />

der späte Wintereinbruch und die mehrwöchige<br />

Schneedecke bis in den April des Jahres die Anzahl der<br />

Eulen erheblich reduziert. Praktisch alle Nistkästen im<br />

Raum Marsberg sowie viele potentielle Brutplätze dort<br />

wurden überprüft, allerdings mit negativem Resultat;<br />

durch die nach wie vor geringe Erfassung der Art lassen<br />

sich aber Aussagen über die Gesamtzahl der Brutpaare<br />

nicht treffen.<br />

Die Beobachtungen im Einzelnen:<br />

Stadt Marsberg: 1 BP in Oesdorf, Anzahl der juv. nicht<br />

bekannt<br />

Stadt Arnsberg: 1 BP Mühlenbachtal bei Vosswinkel,<br />

Anzahl der juv. nicht bekannt<br />

1 Ex. oder BP in Holzen<br />

1 fliegendes balzendes Ex. in Vosswinkel am 28.5.und<br />

25.6.06<br />

2006:<br />

Es wurden 9 rufende Männchen mit Revier im HSK<br />

festgestellt; auch einmalige Rufnachweise wurden als<br />

Revier gewertet.<br />

Junger Raufußkauz Foto: A. Kämpfer-Lauenstein<br />

In der Kontrollfläche im Arnsberger Wald (s. 2005) wurden<br />

keine Raufußkäuze gefunden. Die auf den gesamten<br />

HSK bezogene niedrigere Anzahl an nachgewiesenen<br />

Käuzen liegt zum einen an geringerer Kontrolle gegenüber<br />

2005; darüber hinaus waren aber auch wohl<br />

wegen geringerer Mäusedichte weniger Reviere besetzt.<br />

IRRGEISTER 2007 63


Fortsetzung Raufußkauz 2005:<br />

6,0 rufend am 17.4. zwischen Hellefelder Bachtal und<br />

Hellefelder Höhe (Koch, Neuß)<br />

5,0 rufend am 17.4. Ochsenkopf bei Arnsberg, dort am<br />

9.1. 1,0 rufend (Koch, Neuß)<br />

3,0 rufend am 22.4. zwischen Ochsenkopf und Hellefelder<br />

Mark (nicht identisch mit der Meldung vom 17.4.;<br />

Koch, Neuß)<br />

1,0 ruft am 11.5. ca. 10x um 17:30 Uhr östlich Almetal<br />

nördlich Brilon-Alme (Koch)<br />

Das Brutrevier 2004 nordwestlich Brilon-<br />

Helminghausen war 2005 scheinbar unbesetzt (STEIN)<br />

2005:<br />

Es wurden 2005 im HSK 11 besetzte Reviere nachgewiesen;<br />

bei Bestwig-Föckinghausen wurden 2 Ex. (=<br />

Paar?) festgestellt. Der Sperlingskauz ist vermutlich in<br />

allen großen Waldgebieten des HSK zu finden, wie es<br />

in Nordhessen und Südniedersachsen der Fall ist. Die<br />

kleine Eulenart hat demnach umfassend das Sauerland<br />

besiedelt.<br />

Die Nachweise im Einzelnen:<br />

Bei Bestwig-Föckinghausen ruft am 2.4.05 1,0 im 20:00<br />

Uhr aus einem Fichtenbestand an einer Lichtung. Am<br />

12.6. sitzen dort wohl 1,1 zusammen in einer Lärche.<br />

(Wilkens)<br />

Im westlichen Arnsberger Wald 2 Reviere, 1 davon im<br />

HSK (Kämpfer-Lauenstein)<br />

Im östlichen Arnsberger Wald (Kreis Soest) gab es 2<br />

Reviere und 1 erfolgreiche Brut (Kämpfer-Lauenstein)<br />

1,0 rufend am 5.5 aus einer Fichte an einer Lichtung<br />

nördlich Meschede-Enste (Wilkens).<br />

1 Ex. am 10.4 und 15.4 mit der Klangattrappe im<br />

Scharfenberger Wald, Stadtgebiet Brilon, angelockt<br />

(Duty).<br />

1,0 rufend 17.04. im Steimeckesiepen nördlich Hellefelder<br />

Höhe (Koch).<br />

3 besetztes Reviere im NSG „Hunau“ beim Fernsehturm<br />

(Volkmer).<br />

3 besetzte Reviere im Glindfelder Forst (Kaltenscheid,<br />

Falte, Schlossberg) (Eikemper fide Schnurbus).<br />

64 IRRGEISTER 2007<br />

Steinkauz (M. Lindner):<br />

Fortsetzung Raufußkauz 2006:<br />

Von der Art gab es wie in den Vorjahren auch 2005 und 2006 keine Nachweise aus dem Kreisgebiet.<br />

Sperlingskauz (? %; M. Lindner):<br />

Die Zahlen im Einzelnen:<br />

3 Reviere Hunau (Schöllmann fide Volkmer)<br />

1 Revier Arnsberg-Schreppenberg (Neuß)<br />

1 Revier Dümberg südlich Sundern-Weninghausen<br />

(Bartetzko fide Vollmer)<br />

1 Revier im Wildwald-Vosswinkel (Koch).<br />

1 Revier bei Bestwig-Föckinghausen (Wilkens).<br />

1 Revier bei Meschede-Laer (Wilkens)<br />

1 Revier bei Meschede Enste (Wilkens).<br />

2006:<br />

Es gab 2006 im HSK 6 Gebiete mit Nachweisen. In einem<br />

Fall wurde ein rufendes Weibchen festgestellt wurde.<br />

Sperlingskauz Foto: Ch. König<br />

Die Nachweise im Einzelnen:<br />

1 Revier Hellefelderhöhe (Bartetzko).<br />

1 Revier im NSG „Hunau“ (Volkmer).<br />

1Revier (rufendes Weibchen) bei Bestwig-<br />

Föckinghausen (Wilkens)<br />

1 Revier bei Meschede-Enste (Wilkens)<br />

1 Revier im NSG „Hamorsbruch“ bei Meschede<br />

(Wilkens)<br />

1 Revier im NSG „Ruhrtal bei Laer“ (Wilkens)


2005:<br />

Es wurden zur Brutzeit 40 besetzte Reviere gefunden.<br />

In den 40 Revieren wurden 32 Revierpaare nachgewiesen.<br />

Bei den 32 Revierpaaren fanden 25 Bruten statt.<br />

Diese 25 Brutpaare brachten 48 Junge zum Ausfliegen.<br />

Es wurden sogar 10 Bruten mit je 3 Junguhus gefunden.<br />

Dieses hervorragende Reproduktionsergebnis war bedingt<br />

durch den Höhepunkt der Mäusegradation zur<br />

Brutzeit 2005.<br />

In NRW scheint es zuletzt 1976 so viele Mäuse gegeben<br />

zu haben wie 2005.<br />

2005:<br />

Neben 2001 konnte 2005<br />

das beste Ergebnis seit Erfassungsbeginn<br />

durch die<br />

OAG erzielt werden: 17 BP<br />

und 8 mögliche Reviere<br />

wurden ermittelt (2001: 17<br />

BP/8 mögliche Reviere;<br />

2002: 12 BP/10 mögl. Rev.;<br />

2003: 7 BP/7 mögl. Rev.;<br />

2004: 9 BP/10 mögl. Reviere).<br />

Auch 2005 sind auf<br />

Grund der Größe des Kreises<br />

viele geeignete<br />

Bruthabitate nicht kontrolliert<br />

worden.<br />

2005:<br />

Es liegt lediglich eine Brutzeitbeobachtung vom<br />

17.07.05 aus einem Pappelwald am Hespeeinlauf (Vorbecken<br />

des Sorpesees) vor.<br />

Uhu (95 %; M. Lindner):<br />

Eisvogel (50 %; E. Neuß):<br />

Wendehals (80 %; W. Schubert):<br />

Grauspecht (30 %; E. Neuß):<br />

2005:<br />

Im dritten Jahr der Erfassung der Art durch die OAG<br />

wurden 69 Reviere ermittelt (2003: 35, 2004: 53), erstmals<br />

auch 5 Reviere im Stadtgebiet Winterberg. Auch<br />

im Stadtgebiet Schmallenberg, von wo aus 2004 keine<br />

Daten vorhanden waren, gelangen 12 Reviernachweise.<br />

Das Fehlen von Daten aus dem Raum Eslohe ist in geringer<br />

Beobachtertätigkeit dort begründet.<br />

2006:<br />

Hinsichtlich der Anzahl der besetzten Reviere und der<br />

Revierpaare gibt es praktisch keine Änderungen gegenüber<br />

dem Vorjahr: Es wurden zur Brutzeit 40 besetzte<br />

Reviere gefunden. In den 40 Revieren wurden 31 Revierpaare<br />

nachgewiesen.<br />

Die Zahl der Bruten ging allerdings 2005 von 25 auf 18<br />

zurück, die Zahl der ausgeflogenen Jungen von 48 auf<br />

20. Es wurden 2005 noch 10 Bruten mit je 3 Junguhus<br />

gefunden, während es 2006 nur 3 Dreierbruten gab. 2006<br />

war ein schlechteres Mäusejahr als 2005. Zudem war<br />

das Wetter zu Anfang der Brutzeit 2006 eher ungünstig,<br />

so dass in zahlreichen Brutrevieren nicht gebrütet wurde.<br />

In den höheren Lagen des HSK wurde nur ein<br />

Junguhu flügge, und zwar bei Winterberg-Silbach.<br />

Eisvogel Foto: F. Sudendey<br />

2006:<br />

Es wurden nur 5 BP aus<br />

dem Westkreis bekannt und<br />

kein Gebiet mit Brutzeitbeobachtung<br />

vor dem<br />

Schlupf der ersten Brut. Die<br />

Verluste durch den langen<br />

Winter waren wohl enorm.<br />

Im Kreis Soest hat sich der<br />

Bestand gegenüber den Vorjahren<br />

2005 halbiert<br />

(Bunzel-Drüke).<br />

2006:<br />

Der Wendehals ist weiterhin als ausgestorben zu werten.<br />

Die Beobachtungen an zwei Plätzen aus dem Stadtgebiet<br />

Medebach fallen zwar in den Brutzeitraum, können<br />

aber nicht als solche gewertet werden, da mehrmalige<br />

Nachkontrollen erfolglos blieben.<br />

2006:<br />

Es wurden 2006 43 Reviere ermittelt. Eine Bestandstendenz<br />

ist nicht erkennbar. Es scheinen jedoch alle geeigneten<br />

Buchenwälder besiedelt. Demnach würde ein<br />

Rückgang der Buchenwälder die Population verringern.<br />

IRRGEISTER 2007 65


2005:<br />

Mit 58 Revieren 2005 wurde die Höchstzahl von 37<br />

Revieren im Vorjahr wieder übertroffen. Dies dokumentiert<br />

die auch weiterhin stattfindende starke Ausbreitung<br />

der Spechtart, die wohl auf wärmer werdendes Klima<br />

zurückzuführen ist.<br />

Reviere 2005:<br />

29 Reviere Stadt Arnsberg (2001: 11-12 Reviere; 2002:<br />

5; 2003: 11; 2004: 18)<br />

8 Reviere Stadt Meschede (2001 u. 2002: 3 Reviere;<br />

2003: 1; 2004: 6)<br />

6 Reviere Stadt Sundern (2001: 5 Reviere; 2002: 2;<br />

2003: 3; 2004: 5)<br />

9 Reviere Stadt Medebach (2001: 0 Nachweise; 2002:<br />

5; 2003: 6; 2004: 4)<br />

6 Reviere Städte Marsberg-Brilon (vor 2003 mehrere<br />

Jahre keine Nachweise;<br />

2003: 3 Reviere; 2004: 5)<br />

66 IRRGEISTER 2007<br />

Grünspecht (60 %, E. Neuß):<br />

Schwarzspecht (30 %; S. Kuhl):<br />

2005:<br />

Im gesamten HSK konnten 60 BP/ Reviere ermittelt werden.<br />

Kartierungslücken bestehen weiterhin in den Stadtbzw.<br />

Gemeindegebieten Eslohe, Hallenberg und<br />

Bestwig. Hier wurden keine Brutzeitbeobachtungen<br />

gemacht.<br />

Grauspecht (Daten auf der linken Seite)<br />

Foto: VNV-Archiv<br />

Mittelspecht (30 %; V. Falkenstein):<br />

2005:<br />

Aus 20 Gebieten wurden 29 Reviere sowie 10 Ex., zumeist<br />

Männchen, gemeldet – bis auf 1 Ex. ausschließlich<br />

aus dem Stadtgebiet Arnsberg und der Medebacher<br />

Bucht, da in anderen Regionen des HSK 2005 nicht gezielt<br />

nach Mittelspechten gesucht wurde. Der Schwerpunkt<br />

der Nachweise liegt mit 15 BP im Gebiet nördlich<br />

Arnsberg-Vosswinkel/ Wildwald.<br />

2005:<br />

Es wurden 41 Reviere aus dem gesamten HSK gemeldet<br />

(2000: 12 Reviere, 2001: 28, 2002: 21; 2003: 39;<br />

2004: 47). Dass seit Erfassungsbeginn im Jahr 2000 an<br />

insgesamt 97 verschiedenen Plätzen Kleinspechtreviere<br />

festgestellt wurden, zeigt, dass die Art im Sauerland viel<br />

weiter verbreitet ist.<br />

Kleinspecht (20 %; W. Wilkens):<br />

2006:<br />

Die Zahl der Reviere sank von 58 in 2005 auf 32 in<br />

2006. Dies lässt sich durch den langen und schneereichen<br />

Winter 2005/06 erklären; auch in den höheren<br />

Lagen des Sauerlandes, die in den Vorjahren neu<br />

besiedelt wurden, überlebten jedoch Grünspechte.<br />

Reviere 2006:<br />

14 Reviere Stadt Arnsberg<br />

4 Reviere Stadt Sundern<br />

4 Reviere Stadt Meschede<br />

5 Reviere Stadt Medebach-Hallenberg<br />

5 Reviere Städte Marsberg-Brilon<br />

2006:<br />

Die Art ist im HSK ein verbreiteter Brutvogel. Es wurden<br />

55 Reviere in 2006 gemeldet. Da aus vielen größeren<br />

Waldgebieten (z. B. Luerwald, Wälder zwischen<br />

Neuastenberg und Hallenberg, Briloner Stadtwald,<br />

„Siebenbuchen“ nördlich Marsberg-Meerhof, Waldreservat<br />

„Schanze“) keine Schwarzspechte gemeldet<br />

wurden, ist mit einem deutlich höheren Gesamtbestand<br />

zu rechnen.<br />

Allerdings besteht wegen der großen Aktionsräume der<br />

Art auch die Gefahr der Bestandsüberschätzung. Dies<br />

gilt möglicherweise <strong>für</strong> die Bereiche Padberger Schweiz<br />

bis Giershagener Wald, <strong>für</strong> das Hoppeketal sowie <strong>für</strong><br />

die Hellefelder Mark mit Spellenberg und Fusthof. Darum<br />

die Bitte an die Beobachter, bei Meldungen Flugrichtung<br />

und bekannte Höhlen/Höhlenzentren mitzumelden.<br />

2006:<br />

Aus 23 Gebieten wurden 26 Einzeltiere (zumeist Männchen)<br />

bzw. Paare gemeldet.<br />

2006:<br />

Für 2006 wurden 33 Rufer bzw. BP gemeldet.


2005:<br />

Die Kartierung des Raubwürger-Brutbestandes 2005<br />

brachte nur ein durchschnittliches Ergebnis mit 36 nachgewiesenen<br />

und möglichen Revieren und immerhin mindestens<br />

28 juv. Leider ließ die Kartierungsintensität in<br />

Teilen des HSK zu wünschen übrig.<br />

Wie in den Vorjahren deuten unsere Daten auf die Verlagerung<br />

oder den Wechsel von Revieren hin: Wieder<br />

sind 5 neue Reviere dazugekommen, so dass nun insgesamt<br />

111 Reviere seit 1995 nachgewiesen wurden.<br />

In den letzten sieben Jahren waren nur 6 Reviere durchgehend<br />

besetzt – in den letzten 11 Jahren sogar nur 3<br />

oder 4!<br />

Die Auswertung nach Städten/ Gemeinden ergibt <strong>für</strong><br />

2005 folgende „Hitliste“:<br />

1. Medebach 12 Reviere<br />

2. Brilon 10 Reviere<br />

3. Hallenberg 4 Reviere<br />

4. Meschede 3 Reviere<br />

5. Schmallenberg 2 Reviere<br />

6. Winterberg 2 Reviere<br />

7. Marsberg 1 Revier<br />

8. Bestwig 1 Revier<br />

9. Olsberg 1 Revier<br />

Winterhalbjahr 2004-05:<br />

Winterdaten liegen vor aus den Städten/ Gemeinden<br />

Marsberg, Brilon, Meschede, Olsberg, Medebach,<br />

Hallenberg und Schmallenberg. Insgesamt wurden 12<br />

sichere, 10 wahrscheinliche und 5 mögliche Winterreviere<br />

ermittelt. Außerdem liegen noch 23 Einzelbeobachtungen<br />

aus dem relevanten Zeitraum an anderen<br />

Plätzen vor.<br />

Insgesamt sind damit 50 Bereiche nachgewiesen, in denen<br />

der Raubwürger im Winter 2004/2005 aufgetreten<br />

ist. Es liegen weniger Daten vor als aus den Vorjahren,<br />

was an einem Rückgang der Verbreitung oder Aufenthaltsdauer<br />

im Winter liegen kann oder an der schwankenden<br />

Beobachtungsintensität.<br />

Raubwürger (60 %; F.-J. Stein):<br />

Raubwürger-Winterreviere (50 %; W. Schubert):<br />

2006:<br />

Mit einem Bestand von nur 32 möglichen, wahrscheinlichen<br />

und sicheren Revieren muss 2006 als ein schlechtes<br />

Raubwürgerjahr bezeichnet werden. Außerdem ist<br />

der hohe Anteil von 14 nur „möglichen Revieren“ zu<br />

berücksichtigen; besonders bedrohlich ist der geringe<br />

Anteil der Brutnachweise (3) und der damit verbundene<br />

sehr niedrige Wert von nur 7 nachgewiesenen Jungvögeln.<br />

Offensichtlich schritten viele anwesende Paare nicht zur<br />

Brut bzw. brüteten nicht erfolgreich. Von 3 Brutnachweisen<br />

war eine Brut nicht erfolgreich! Die 7 Jungvögel<br />

wurden alle im Raum Brilon von F. Duty nachgewiesen.<br />

Sonst wurden nirgendwo Jungvögel entdeckt.<br />

Positiv <strong>für</strong> den Raubwürger sind die durch Kyrill geschaffenen<br />

temporären Lebensräume zu sehen.<br />

2006 wurden wieder zwei neue Raubwürger-Reviere<br />

ermittelt; die Zahl der seit 1995 ermittelten Gebiete stieg<br />

damit auf 113. Die Bestandserhebungen deuten weiterhin<br />

vermehrt auf einen Wechsel bzw. die häufige Verlagerung<br />

der Brutgebiete hin.<br />

Die sich in den Vorjahren andeutende leichte Ausdehnung<br />

der Brutverbreitung in westliche Richtung ist schon<br />

wieder zusammengebrochen.<br />

Wie im Vorjahr werden alle Kartierer gebeten, zukünftig<br />

bei der Meldung der Daten einen Kartenausschnitt<br />

mit eingetragenem Beobachtungspunkt/ -punkten beizufügen.<br />

Raubwürger<br />

Foto: F. Sudendey<br />

Winterhalbjahr 2005-06:<br />

Winterdaten liegen vor aus den Städten Marsberg,<br />

Brilon, Meschede, Olsberg und Schmallenberg. Insgesamt<br />

wurden 12 sichere, 9 wahrscheinliche und 26 mögliche<br />

Winterreviere ermittelt. Außerdem liegen noch 5<br />

Einzelbeobachtungen aus dem relevanten Zeitraum von<br />

anderen Plätzen vor. Insgesamt sind damit 52 Bereiche<br />

bekannt, in denen der Raubwürger im Winter 2005/2006<br />

aufgetreten ist. Für die o.g. Kommunen liegen weniger<br />

Daten vor als aus den Vorjahren, was an einem Rückgang<br />

der Verbreitung oder der kürzeren Aufenthaltsdauer<br />

im Winter durch lange Schneelagen oder an der schwankenden<br />

Beobachtungsintensität liegen kann.<br />

IRRGEISTER 2007 67


2005:<br />

Der Bestandstrend der Dohle verläuft im HSK weiter<br />

positiv. Insgesamt 65 – 73 BP wurden ermittelt. Die<br />

meisten (48 – 55 verteilen sich auf 6 Gebiete bzw. Plätze<br />

an Gebäuden; 2 – 4 Baumbruten wurden daneben<br />

nachgewiesen sowie 15 – 20 BP in Felsnischen in einem<br />

Steinbruch (bis auf 3 m an einem Uhubrutplatz).<br />

68 IRRGEISTER 2007<br />

Dohle (80 %; R. Götte):<br />

Kolkrabe (30 %; W. Schubert):<br />

2005:<br />

Der Kolkrabe kann über das gesamte Jahr im HSK beobachtet<br />

werden. Auch wenn nicht das gesamte Kreisgebiet<br />

durch Beobachter gleichmäßig abgedeckt werden<br />

kann, so darf wohl behauptet werden, dass der Kreis<br />

vollständig besiedelt ist. Eine Steigerung der Brutpaarzahl<br />

ist sicherlich zu erwarten. Bei wohl ähnlich intensiver<br />

Kartiertätigkeit wie im letzten Jahr ergab sich eine<br />

in etwa vergleichbare Anzahl von 6 Brutpaaren und 9<br />

weiteren Revieren <strong>für</strong> das Jahr 2005.<br />

Heidelerche (70 %; B. Gräf):<br />

2006:<br />

57-59 BP wurden von Gebäuden gemeldet, davon allein<br />

35 aus Brilon. In der Medebacher Bucht entwickelt<br />

sich die in Wäldern baumbrütende Population weiter:<br />

4-7 Baumbruten in Schwarzspechthöhlen wurden bekannt.<br />

Die Steinbruchpopulation bei Brilon bestand aus<br />

ca. 10 BP. Dies ergibt einen aktuellen Bestand von ca.<br />

71-74 BP.<br />

Gegenüber 2005 gibt es folgende Veränderungen: In<br />

Arnsberg-Vosswinkel gibt es einen neuen Brutplatz mit<br />

2 BP. Bei den Felsbruten gibt es einen deutlichen Rückgang,<br />

evtl. wegen des Uhus als Beutegreifer, wobei allerdings<br />

bei Rupfungskontrollen keine Dohlenreste<br />

nachgewiesen wurden. In der Stadt Sundern gibt es<br />

Brutzeitbeobachtungen einzelner Ex., 0 – 2 Bruten haben<br />

hier stattgefunden.<br />

2006:<br />

Gegenüber 2005 gibt es keine signifikanten Veränderungen.<br />

Wie im letzten Jahr wurden 6 Brutpaare und 9<br />

weitere Reviere ermittelt.<br />

Nachtrag: 2004 gab es in der Medebacher Bucht 5 Gebiete mit insgesamt 9-11 Revieren, in weiteren 6 Revieren<br />

verliefen Kontrollen zur Brutzeit negativ. Im Stadtgebiet Arnsberg gab es an 2 verschiedenen Plätzen jeweils 1<br />

mögliche Brut.


2005:<br />

In der Medebacher Bucht wurden 9-12 Reviere der Heidelerche<br />

in 6 verschiedenen Gebieten ermittelt, dabei<br />

konnte 1 Brutnachweis erbracht werden. Im Stadtgebiet<br />

Arnsberg verliefen die Kontrollen in den 3 ehemaligen<br />

Brutgebieten negativ.<br />

2005:<br />

Mit insgesamt 154 BP war 2005 ein schwaches<br />

Uferschwalbenjahr, das dritte im HSK in Folge.<br />

Die größte Kolonie des Sauerlandes an der Ruhr bei<br />

Arnsberg-Bachum konnte zwar ihren Brutbestand gegenüber<br />

2004 mehr als verdoppeln. Die Ruhr-Kolonie<br />

an der Kreisgrenze bei Arnsberg-Vosswinkel wurde 2005<br />

jedoch praktisch aufgegeben. Eine große, durch Hochwasser<br />

direkt vor den Koloniebereich geschwemmte<br />

Weide und starker Freizeitdruck dürften die Hauptgründe<br />

<strong>für</strong> diese Kolonieaufgabe sein.<br />

Die 5 besiedelten Plätze im Überblick:<br />

Kolonie Ruhr-Lehmsteilwand bei Arnsberg-Bachum:<br />

148 beflogene Röhren (2000: 549-650 BP, 2001: 272<br />

BP, 2002: 234 BP; 2003: 120 BP; 2004: 60 BP)<br />

Kolonie Ruhr Arnsberg-Vosswinkel an der Kreisgrenze<br />

(s. o.):<br />

evtl. 2-3 beflogene Röhren (2000: 57 BP, 2001 und<br />

2002: je 28 BP; 2003: 31 BP; 2004: 61-63 BP)<br />

Kolonie Bieberbach bei Arnsberg-Holzen/ Bremke:<br />

3 beflogene Röhren (2000: 11 BP, 2001 und 2002: je<br />

ca. 10 BP; 2003: 1 BP; 2004: 6-8 BP)<br />

Kolonie Arnsberg-Bruchhausen, Firmengelände<br />

Degussa/ Perstop:<br />

3 Brutpaare (2000: 3-4 BP, 2001: ca. 5 BP, 2002: 7<br />

BP; 2003: 1 BP; 2004: 4-5 BP)<br />

Ruhr Arnsberg-Hüsten:<br />

1 beflogene Röhre<br />

Fortsetzung Heidelerche<br />

Uferschwalbe (90 %; B. Koch):<br />

2006:<br />

In der Medebacher Bucht gab es 8 Reviere, damit etablierte<br />

sich die Art dort auf dem hohen Niveau von 2003/<br />

04. Im Raum Arnsberg konnten wie schon im Vorjahr<br />

keine Bruthinweise von der Heidelerche mehr erbracht<br />

werden.<br />

2006:<br />

Mit insgesamt 79-82 BP war 2006 das schwächste<br />

Uferschwalbenjahr seit Beginn der Gesamterfassung im<br />

Sauerland. Geradezu zusammengebrochen ist der Brutbestand<br />

an der Kolonie bei Arnsberg-Bachum (natürliche<br />

Ufersteilwand). Ein nach wie vor hoher Freizeitdruck,<br />

der auch behördlicherseits nicht verfolgt wird,<br />

sowie fehlende Hochwässer, die die Steilwände von<br />

Abbruchmaterial befreien würden, sind <strong>für</strong> den starken<br />

Bestandsrückgang am genannten Platz verantwortlich.<br />

Zudem gelingt es dort immer mehr Raubsäugern, über<br />

abgelagertes Abbruchmaterial Höhlen zu erreichen und<br />

die Brut auszugraben.<br />

Die besiedelten Plätze im Überblick:<br />

Kolonie Ruhr-Lehmsteilwand bei Arnsberg-Bachum:<br />

70 beflogene Röhren<br />

Kolonie Ruhr Arnsberg-Vosswinkel an der Kreisgrenze:<br />

5-7 beflogene Röhren<br />

Kolonie Bieberbach bei Arnsberg-Holzen/ Bremke:<br />

1-2 beflogene Röhren<br />

Kolonie Arnsberg-Bruchhausen, Firmengelände<br />

Degussa/ Perstop:<br />

3 Brutpaare<br />

Ruhr Arnsberg-Hüsten:<br />

Kein Nachweis<br />

IRRGEISTER 2007 69


2005:<br />

24 singende Feldschwirle aus den Städten Arnsberg (4<br />

Reviere), Sundern (1), Meschede (4), Olsberg (4) Winterberg<br />

(3), Hallenberg (3), Brilon (3) und Marsberg (2)<br />

wurden gemeldet. Aussagen über kreisweite Bestandtrends<br />

lassen die wenigen Daten noch nicht zu.<br />

Schlagschwirl (? %; H. König):<br />

Auch 2005 und 2006 gab es<br />

keine Nachweise der Art.<br />

70 IRRGEISTER 2007<br />

Feldschwirl (20 %; F. Schnurbus):<br />

Feldschwirl<br />

Foto: M. Schmitz<br />

Ringdrossel (80 %; B. Koch):<br />

2005 und 2006:<br />

Seit 2003 wurde die Ringdrossel nun das dritte Jahr in Folge vergeblich an ihrem alten Brutplatz bei Winterberg-<br />

Altastenberg gesucht. Damit bleibt die kleine, wenige Jahre existierende sauerländische Brutpopulation erloschen.<br />

2006 fanden keine Kontrollen mehr statt.<br />

2005:<br />

Es wurden 63 Reviere des seltenen Feuchtwiesenvogels<br />

im HSK ermittelt (2000: 54, 2001: 61, 2002: 57; 2003:<br />

50; 2004: 61). Damit bleibt der Gesamtbestand seit einigen<br />

Jahren stabil. Im dem Medebacher Raum angrenzenden<br />

Hessen gelangen 6 Reviernachweise (2000: 11,<br />

2001: 12, 2002 16; 2003: 15; 2004: 9).<br />

Diese ähnlichen Zahlen gegenüber den letzten Jahren<br />

dürfen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es außer<br />

in den Stadtgebieten Medebach (11 Reviere in 6 Gebieten)<br />

und Hallenberg (46 Reviere in lediglich einem<br />

(!) Gebiet, den Nuhnewiesen) nur noch in einem Gebiet<br />

der Stadt Winterberg (4 Reviere) und zwei Gebieten der<br />

Stadt Brilon (je 1 Revier) Brutvorkommen gibt. Somit<br />

ist die Zukunft des Braunkehlchens im Sauerland längst<br />

nicht gesichert.<br />

Braunkehlchen (98 %; F. Schnurbus):<br />

Schwarzkehlchen (90 % Medebacher Bucht, übriger HSK 50 %; F. Schnurbus):<br />

2005:<br />

Es gelangen 2 Revierfeststellungen sowie ein Brutnachweis:<br />

1 Revier NSG „Hemmeker Bruch“, Brilon-Madfeld:<br />

wohl erfolglose Brut<br />

1 Revier NSG „Neuer Hagen“, Winterberg-Niedersfeld<br />

1 Brutnachweis Ruhrbogen/Bahnhof Arnsberg-<br />

Vosswinkel<br />

2006:<br />

Mit 8 Revieren und 5 einmalig verhörten Männchen zur<br />

Brutzeit war 2006 wohl ein schlechtes Jahr <strong>für</strong> den<br />

Feldschwirl.<br />

2006:<br />

Es wurden 53 Reviere des Braunkehlchens festgestellt.<br />

Es scheint einen leichten Rückgang gegenüber den beiden<br />

Vorjahren gegeben zu haben. Dabei kann die Zahl<br />

in den Nuhnewiesen – hier 40 BP, aber aus Zeitdruck<br />

wurde nicht so intensiv wie in den Vorjahren kartiert –<br />

noch um bis zu 5 BP höher oder niedriger liegen; alle<br />

anderen Flächen wurden sehr genau kartiert, die fehlenden<br />

Nachweise sind abgesichert. Für ein Gebiet lässt<br />

sich ein möglicher Grund <strong>für</strong> einen Rückgang anführen:<br />

Ein wertvoller Biotop („Wache“, hier 2003 1 BP<br />

und 2004 3 BP) wurde zerstört.<br />

Im dem Medebacher Raum angrenzenden Hessen gelangen<br />

3-4 Reviernachweise.<br />

2006:<br />

Es gab 2006 keine Schwarzkehlchenmeldungen aus der<br />

Brutzeit.


2005:<br />

Mit 19 gemeldeten BP bzw. Revieren konnte das relativ<br />

gute Vorjahresergebnis (15 Reviere/BP) übertroffen<br />

werden. Ob dies die Folge erhöhter<br />

Beobachteraktivität oder einer tatsächlichen Zunahme<br />

der Art ist, werden die kommenden Jahre zeigen.<br />

Immer noch gibt es seit mehreren Jahren keinen<br />

Nachweis der Art aus den großen Waldgebieten des<br />

HSK.<br />

2005:<br />

Die Art wurde noch nicht kreisweit kartiert.<br />

Gartenrotschwanz (10 %; E. Neuß):<br />

2005:<br />

Gegenüber den Vorjahren lassen die nach wie vor großen<br />

Kartierungslücken kreisweit gesehen keine signifikanten<br />

Änderungen erkennen. 106 – 114 Reviere/ BP<br />

wurden HSK-weit gemeldet.<br />

Baumpieper (? %; S. Kuhl)<br />

Wiesenpieper (50 % Medebacher Bucht; H. Legge):<br />

Wiesenpieper Foto: M. Schmitz<br />

2006:<br />

Nachdem 15 Reviere und 4 Gebiete mit Brutzeitbeobachtung<br />

<strong>für</strong> 2005 bekannt wurden, wurde mit 9 BP/<br />

Revieren 2006 ein neuer Tiefpunkt erreicht.<br />

Die Nachweise verteilen sich wie folgt:<br />

Stadt Arnsberg: 1 BP mit Bruterfolg<br />

Stadt Meschede: 1 BP und 1 Revier<br />

Stadt Brilon: 2 BP mit juv. und<br />

1 Revier<br />

Stadt Winterberg: 2 Reviere<br />

Stadt Schmallenberg: 1 Revier in Bödefeld<br />

2006:<br />

Das erste Jahr der Erfassung erbrachte 97-101 Reviere,<br />

verstreut über das gesamte Kreisgebiet. Keine Meldungen<br />

kamen aus den Stadtgebieten Schmallenberg und<br />

Olsberg. Hervorzuheben sind zwei größere Vorkommen<br />

mit 17 Revieren (Kahlschlag Vogelsang, Meschede-<br />

Schederberge) und 15-18 Reviere in einem Teilgebiet<br />

des NSG „Neuer Hagen“. Alle anderen Vorkommen<br />

bestehen aus 1-5 Revieren, wobei in 24 von insgesamt<br />

41 Gebieten nur 1 Revier besteht.<br />

2006:<br />

92-94 Reviere des Wiesenpiepers wurden gemeldet. Der<br />

Rückgang gegenüber den Vorjahren kann kartierungsbedingt<br />

sein.<br />

IRRGEISTER 2007 71


2005:<br />

Wieder konnten, wie bereits seit 2003, in der Feldflur<br />

Marsberg-Meerhof Bruten nachgewiesen werden. Der<br />

Brutbestand erhöhte sich 2005 auf mind. 5 BP.<br />

Ein Brutpaar brütete innerhalb des Windparks; ein fertiges<br />

Nest wurde am Wegrand innerhalb der Grasbankette<br />

gefunden. Die übrigen 4 BP besiedelten die<br />

Feldflur südlich von Meerhof: 2 Brutplätze befanden<br />

sich an den gleichen Stellen wie in den letzten 2 Jahren.<br />

Die beiden restlichen Paare siedelten sich in deren Nähe<br />

an.<br />

2005:<br />

Keine Nachweise der Art.<br />

72 IRRGEISTER 2007<br />

Wiesenschafstelze (90 %; B. Koch):<br />

Wiesenschafstelze Foto: M. Schmitz<br />

Karmingimpel (? %; B. Koch)<br />

Grauammer (100 %; B. Koch):<br />

Seit einschließlich 1998 im HSK ausgestorben.<br />

2006:<br />

Der Brutbestand in der Feldflur um Marsberg-Meerhof<br />

stieg 2006 auf mindestens 14 Brutpaare. Weitere 4 Paare<br />

siedelten sich in der Feldflur nordöstlich M.-Essentho<br />

an. Insgesamt brüteten 2006 also mindestens 18 Wiesenschafstelzen<br />

im Bereich Meerhof-Essentho. Alle Brutplätze<br />

befanden sich in Rapsfeldern. In 4 Fällen konnten<br />

auch echte Brutnachweise durch fütternde Altvögel<br />

erbracht werden.<br />

Im HSK ist die Art, die sich erst 2003 neu ansiedelte,<br />

als Brutvogel auf dieses Gebiet beschränkt; bemerkenswert<br />

ist der steile Bestandsanstieg seitdem.<br />

2006:<br />

Am 02. und 03.07.2006 sang ein Männchen in den<br />

Nuhnewiesen bei Hallenberg. Ob es sich um ein ausgefärbtes<br />

Ex. handelte, ist nicht bekannt. Dieser Nachweis<br />

ist der einzige und erste seit Jahren.


2005:<br />

Die Kartierung 2005 erbrachte 6 Reviere in vier verschiedenen<br />

Steinbrüchen. In diesem Jahr konnte die<br />

erstmalige Besiedlung eines Steinbruchs im Diemeltal<br />

nachgewiesen werden. Die Zippammer brütet jetzt seit<br />

nunmehr 15 Jahren ununterbrochen im HSK und kann<br />

damit wohl als festes Faunenelement dieses <strong>Natur</strong>raumes<br />

angesehen werden.<br />

2005:<br />

Von der Rohrammer wurden 13 Brutplätze mit 27 – 28<br />

BP bzw. singenden Männchen gemeldet (2000: 20 BP<br />

bei 14 Brutplätzen, 2001: 20 Brutpaare bzw. Reviere bei<br />

13 Brutplätzen, 2002 19 BP bei 11 Brutplätzen; 20-22<br />

BP bei 12 Brutplätzen; 2004 19 BP bei 12 Brutplätzen).<br />

Erfreulich ist der gute Bestand in der Medebacher<br />

Bucht (8 BP) und an den Westheimer Teichen (6-7 BP).<br />

Dem gegenüber steht der geringe Bestand der Art im<br />

Ruhrtal unterhalb Arnsberg-Neheim; der Brutplatz<br />

„Schlammteiche bei Brilon“ ist wegen Baggerarbeiten<br />

wohl verloren.<br />

Brutpaare / Brutpläte<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

24<br />

14<br />

Zippammer (90 %; F.-J. Stein):<br />

Rohrammer (80 %; B. Koch):<br />

2006:<br />

Das Berichtsjahr 2006 kann man nüchtern als sehr erfolgreich<br />

oder etwas euphorisch auch als sensationell<br />

bezeichnen. Es wurde die Neubesiedlung bzw. der<br />

Erstnachweis der Besiedlung eines sechsten Steinbruches<br />

dokumentiert. Außerdem wurden zwei Reviere in<br />

einem Steinbruch nachgewiesen, in dem zuletzt 1996<br />

ein Revier bekannt wurde!<br />

Im Steinbruch I, dem Ausgangspunkt der Besiedlung,<br />

wurden auch im Jahr 2006 die meisten Reviere (3), gefunden.<br />

In zwei weiteren Steinbrüchen wurden jeweils<br />

2 Reviere festgestellt. Insgesamt gelangen 2 Brutnachweise<br />

mit jeweils mindestens einem Jungvogel.<br />

Mindestens drei weitere Steinbrüche wurden vergeblich<br />

kontrolliert, teilweise mehrfach.<br />

2006:<br />

14 Brutplätze mit 27 BP bzw. singenden Männchen wurden<br />

gemeldet. 3 dieser Brutplätze sind neu; da<strong>für</strong> gibt<br />

es immer weniger Rohrammervorkommen im unteren<br />

Ruhrtal. Insgesamt ist aber – bezogen auf den gesamten<br />

HSK - die Anzahl der bekannten Gebiete mit Rohrammer-Brutvorkommen<br />

seit Erfassungsbeginn 1995 stabil;<br />

die Anzahl der Brutpaare liegt in 2005 und 2006 sogar<br />

noch etwas über der in den Vorjahren.<br />

Zusammengestellt von Harald Legge<br />

Rohrammer - Brutbestandsentwicklung im HSK<br />

26<br />

23<br />

17 17<br />

19<br />

20 20 20<br />

14 14 14<br />

13<br />

19<br />

22<br />

19<br />

11 12 12<br />

29<br />

27<br />

14 14<br />

95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06<br />

Jahr<br />

IRRGEISTER 2007 73


Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen -<br />

Rheinwald, Goetz & Michael Schmitz: Vögel zwischen Rhein und Weser - So wird Vogelbeobachtung<br />

zum Erlebnis. Ginster-Verlag 2007, St. Katharinen. ISBN: 978-3-9806817-3-5. 344 S., zahlreiche<br />

Farbfotos und Abb. Preis: 24 Euro. Bezug: über den Buchhandel oder direkt beim Ginster-Verlag,<br />

Schönblick 10, 53562 St. Katharinen, E-mail: goetz.rheinwald@t-online.de, www.ginster-verlag.de<br />

Besonders auffällige und<br />

überall gegenwärtige Bewohner<br />

unserer Umgebung<br />

sind die Vögel, auf die<br />

<strong>Natur</strong>interessierte darum<br />

schnell aufmerksam werden.<br />

Aber vielen Leuten fehlt das<br />

nötige Fachwissen, sie lassen<br />

sich daher von wissenschaftlich<br />

ausgelegten<br />

Vogelbüchern oft abschrekken<br />

bzw. verlieren darin<br />

schnell die Übersicht. Darum<br />

haben zwei versierte Ornithologen<br />

– Michael<br />

Schmitz ist übrigens langjähriges<br />

VNV-Mitglied – ein<br />

populärwissenschaftliches<br />

Buch geschrieben, das sich<br />

an einen breiten Leserkreis<br />

ohne besondere Vorkenntnisse<br />

in der Vogelkunde richtet. Es<br />

ist leicht lesbar, vermeidet Fachausdrücke<br />

und ist dennoch mit vielen,<br />

auch den Laien interessierenden Informationen<br />

versehen. Aber auch<br />

jeder erfahrene Ornithologe findet<br />

darin viel Interessantes und sicher<br />

auch <strong>für</strong> ihn Neues über einzelne<br />

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Das Schöne an diesem Werk: Es<br />

richtet sich an <strong>Natur</strong>interessierte<br />

speziell in Nordrhein-Westfalen.<br />

Nach einer Einführung zur Benutzung<br />

des Buches wird die Nordrhein-WestfälischeOrnithologengesellschaft,<br />

die Herausgeberin des<br />

Buches, mit ihren Aufgaben und Zielen<br />

vorgestellt. Ein kurzer Abriss<br />

über die Landschaft Nordrhein-<br />

Westfalens als Vogellebensraum<br />

schließt sich an. Auch auf allgemeine<br />

Beobachtungshinweise gehen die<br />

Autoren ein sowie auf das „Handwerkszeug“<br />

zur Vogelbeobachtung<br />

(Welches Fernglas ist geeignet?<br />

Welches Bestimmungsbuch? ...).<br />

74 IRRGEISTER 2007<br />

Danach werden 21 besonders gute<br />

Vogelbeobachtungsgebiete in unserem<br />

Bundesland beschrieben. Dabei<br />

werden übersichtlich alle notwendigen<br />

Informationen gegeben, um in<br />

diesen Gebieten die typischen Vögel<br />

beobachten zu können – von der<br />

Reisezeit über günstige Wege einschließlich<br />

Kartenskizze bis hin zu<br />

Adressen <strong>für</strong> weitere Infos – natürlich<br />

ohne die <strong>Natur</strong> zu stören oder<br />

zu beeinträchtigen. Mit den<br />

Nuhnewiesen bei Hallenberg ist<br />

auch der HSK in diesem Kapitel<br />

vertreten.<br />

Den Hauptteil des Buches bilden die<br />

Artkapitel. Dabei werden nur die<br />

120 der insgesamt knapp 400 in<br />

NRW nachgewiesenen Vogelarten<br />

beschrieben, die mit einiger Wahrscheinlichkeit<br />

auch von Anfängern<br />

gesehen werden können.<br />

Die Arten sind nach den vier Lebensräumen<br />

Siedlung, Flur, Wald und<br />

Gewässer geordnet und innerhalb<br />

dieser Lebensräume nach der Chan-<br />

ce, sie zu entdecken. Um einen<br />

zuvor beobachteten Vogel<br />

zu finden, schaut der<br />

Leser unter dem Lebensraum<br />

nach, wo er den Vogel<br />

beobachtet hat. Nach dem<br />

Durchsehen der Abbildungen<br />

wird er auf ein oder<br />

mehrere Arten kommen, die<br />

seiner Beobachtung entsprechen.<br />

Die jeweils gleich gegliederten<br />

Texte helfen<br />

dann, die Beobachtung einzuordnen.<br />

Dabei kann dieses<br />

Buch natürlich kein<br />

Bestimmungsbuch ersetzen;<br />

es sagt einem jedoch andererseits<br />

viel mehr über die<br />

Vögel, als es ein<br />

Bestimmungsbuch könnte.<br />

Mit Angaben über die Häufigkeit<br />

in NRW, die Zeiten<br />

des Vorkommens, den Lebensraum<br />

und vielen mehr kann der Leser beurteilen,<br />

ob es sich bei der eigenen<br />

Beobachtung um eine der eingegrenzten<br />

Arten handelt. Darüber hinaus<br />

wird auf ähnliche Arten hingewiesen,<br />

und der Leser erfährt viel Interessantes<br />

über seinen zuvor beobachteten<br />

Vogel, u.a. den Namen der<br />

Art in regionalen Dialekten.<br />

Die Artenliste der Vögel Nordrhein-<br />

Westfalens sowie Literaturangaben<br />

und Lesetipps schließen das Buch<br />

ab.<br />

Fazit: Für alle in NRW, die sich <strong>für</strong><br />

<strong>Natur</strong> und speziell <strong>für</strong> Vögel interessieren,<br />

bietet dieses Werk eine<br />

Fülle an Informationen, die es ermöglichen,<br />

die eigenen Beobachtungen<br />

einzuordnen und die Vögel unseres<br />

Bundeslandes näher kennenzulernen.<br />

Durch die ausgezeichnete<br />

Bebilderung ist es gleichzeitig schön<br />

anzusehen.<br />

Harald Legge


- Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen -<br />

Abtei Fulda (2004): Kompost – Gold im Biogarten. 18,4 x<br />

12,4 cm, 93 S., 7 SW-Abb., ISBN 3-924201-38-2, 5 Euro.<br />

Obwohl ich mich persönlich seit<br />

1982 im Biogarten mit der Kompostierung<br />

von Haus- und Gartenabfällen<br />

beschäftige, lerne ich immer<br />

noch dazu. Das vorliegende Buch,<br />

bereits in der 5. Auflage, bringt einem<br />

die 40jährige Praxis der Kompostierung<br />

in der Abtei Fulda nahe.<br />

Auch neuere Erkenntnisse werden<br />

im Buch behandelt. Kompost ist<br />

nicht gleich Kompost: Der Leser erfährt<br />

die Herstellung von zehn<br />

Spezialkomposten aus Holzschnitt,<br />

Laub, Moos, Gras usw. Einziges<br />

Walz, Jochen (2005): Rot- und Schwarzmilan – Flexible Jäger mit Hang zur Geselligkeit. 150 S.,<br />

30 Farb-, 22 sw-Abbildungen, 14,7 x 23 cm, Aula-Verlag, Wiebelsheim, ISBN 3-89104-644-8,<br />

19,90 Euro<br />

Schön, mal wieder ein Buch aus<br />

Deutschland, dem Hauptverbreitungsgebiet<br />

des Rotmilans, in<br />

den Händen halten zu können. Jochen<br />

Walz ist der Autor und stammt<br />

aus Baden-Württemberg. Er versucht<br />

mit dieser Veröffentlichung,<br />

die beiden Milanarten gemeinsam<br />

abzuhandeln, was Sinn macht, da<br />

beide Arten in Deutschland oftmals<br />

gemeinsam auftreten.<br />

Das Buch ist vom Aufbau und Layout<br />

sehr gut gemacht. Es werden alle<br />

wichtigen Arbeiten rund um die<br />

Milanarten zitiert und dient somit<br />

auch als Quellenangabe <strong>für</strong> weiter<br />

Interessierte.<br />

Zwei Dinge sind jedoch kritisch anzumerken.<br />

Zum einen schreibt der<br />

Autor „wie ihm der Schnabel gewachsen<br />

ist“ und viele Aussagen<br />

werden wiederholt.<br />

Manko des Buches ist die Nichtbehandlung<br />

der heute häufig, auch<br />

von mir selbst, verwandten Kompost-Silos<br />

aus Kunststoff. Trotzdem<br />

wird jeder Gartenfreund im Buch<br />

umsetzbare Tipps finden.<br />

Die 5 Euro dürften <strong>für</strong> jeden Selbst-<br />

Kompostierer gut angelegt sein.<br />

Martin Lindner<br />

Zum anderen ist die Grundlage, das<br />

Erkennen einzelner Individuen z.B.<br />

anhand der Flügelhaltung oder markante<br />

Lücken in den Flügeln, zumindest<br />

fragwürdig: Hier muss die Frage<br />

erlaubt sein, ob dies wirklich<br />

möglich ist. Wer einmal 10 oder<br />

mehr Milane über einer Mülldeponie<br />

hat kreisen sehen, weiß, wie<br />

schwer es ist, die einzelnen Exemplare<br />

von einander zu unterscheiden.<br />

Für alle, die einen ersten Überblick<br />

über die beiden Greifvogelarten erhalten<br />

möchten, ist das Buch kaufenswert,<br />

auch aufgrund der tollen<br />

Milanbilder. Dem erfahrenen Ornithologen<br />

seien aber besser die Artmonographien<br />

„Der Rotmilan“ von<br />

Rudolf Ortlieb sowie das englischsprachige<br />

„The Red Kite“ von Ian<br />

Carter ans Herz gelegt.<br />

Jens Brune<br />

IRRGEISTER 2007 75


Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen -<br />

Georg Mieders: Flora des nördlichen Sauerlandes<br />

Mit dem Erscheinen dieses Werkes<br />

liegt eine umfassende Darstellung<br />

der Flora des nördlichen Sauerlandes<br />

und mithin des nordwestlichen<br />

Teiles des Hochsauerlandkreises vor.<br />

Gemeinsam mit dem Autor freuen<br />

sich viele seiner Mitstreiter und<br />

Freunde über dieses überaus gelungene<br />

und lang erwünschte Kompendium,<br />

werden hier doch über 40 Jahre<br />

intensive floristische Kartierung<br />

sichtbar. Mit viel Fleiß, Geduld und<br />

Hingabe wurden die Fundorte der<br />

wildwachsenden Pflanzenarten in<br />

der Region aufgespürt und dokumentiert<br />

– bei über 1500<br />

Pflanzenarten <strong>für</strong>wahr eine Lebensaufgabe.<br />

Auf diesem Weg<br />

hat die spezielle Gabe von Georg<br />

Mieders, Weggefährten <strong>für</strong><br />

das Projekt zu begeistern sowie<br />

seine offene, kommunikative<br />

Arbeitsweise einen regen Gedankenaustausch<br />

bewirkt und<br />

zu einer hohen Informationsdichte<br />

geführt.<br />

Das Florenwerk ist geradlinig<br />

und klar strukturiert und spiegelt<br />

damit einige der besonderen<br />

Befähigungen des Autors<br />

wieder. In einem einleitenden<br />

Teil werden Basisinformationen<br />

zum Untersuchungsgebiet<br />

und seiner floristischen Erforschung<br />

vorangestellt. Der naturgemäß<br />

überwiegende Teil<br />

der Flora wird von einer detaillierten<br />

Pflanzenliste gefüllt, welche<br />

Angaben zur Häufigkeit, zur Verbreitung,<br />

zu den Fundorten als auch<br />

zur Ökologie der aufgeführten<br />

Pflanzenarten bereithält. Hier sind<br />

nicht nur zahlreiche historische Angaben<br />

eingebunden, sondern selbst<br />

noch hochaktuelle Fundmeldungen<br />

berücksichtigt, wie beispielsweise<br />

vom Mittleren Rainfarn, den wir<br />

noch kurz vor Redaktionsschluss bei<br />

schönsten Spätsommer(-wetter) im<br />

Oktober 2005 aufspürten. Den nachfolgenden<br />

Bildteil halte ich <strong>für</strong> besonders<br />

gelungen, geben doch die<br />

76 IRRGEISTER 2007<br />

Pflanzen der Landschaft ihr unverwechselbares<br />

Gesicht und sind zugleich<br />

Ausdruck von jahrhundertelangem<br />

menschlichen Wirken. In einer<br />

so reichhaltigen und zudem<br />

klimageographisch interessanten<br />

Region wie der Schnittstelle vom<br />

Sauerland zur Hellwegbörde bringen<br />

erst die Abbildungen der ganz unterschiedlichen<br />

Lebensräume und<br />

der sie auszeichnenden Pflanzenarten<br />

eine tiefere (visuelle) Erfahrbarkeit<br />

und ein erstes Verstehen<br />

der Landschaft.<br />

Das Werk ist nicht nur <strong>für</strong> den ausschließlich<br />

floristisch ausgerichteten<br />

Leser von unschätzbaren Wert, sondern<br />

zugleich <strong>für</strong> all diejenigen, die<br />

sich <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong>, ihre Schönheit,<br />

aber auch <strong>für</strong> ihre mannigfaltigen<br />

Gefährdungen und ihren Schutz interessieren.<br />

Die Flora und ihr andauernder<br />

Wandel dokumentieren zugleich<br />

Veränderungen unserer Umwelt-<br />

und Lebensqualität, gilt die<br />

Flora doch seit jeher als Grundlage<br />

aller rezenten und potentiellen Lebensformen<br />

und -gemeinschaften.<br />

Nicht wenige Pflanzenarten sind<br />

aufgrund der fortschreitenden Intensivierung<br />

der Landnutzung und der<br />

damit einhergehenden Uniformierung<br />

der Landschaft, aber auch infolge<br />

der Verbrachung nach Aufgabe<br />

traditioneller Nutzungsformen inzwischen<br />

rar geworden oder gänzlich<br />

verschwunden. Andererseits finden<br />

sich immer wieder Pflanzenarten<br />

neu ein, wie etwa in jüngerer<br />

und jüngster Zeit einige Autobahnwanderer<br />

oder Eisenbahnbegleiter.<br />

Gerade in Zeiten, in denen die<br />

Begehrlichkeiten an die <strong>Natur</strong><br />

wieder zügellos steigen und der<br />

Erfolg des politischen Handelns<br />

in Parametern wie dem<br />

Geschäftsklima-Index etc. gemessen<br />

wird, kann ein gewichtiges<br />

Werk wie die vorliegende<br />

Flora zu einen verantwortungsvollen<br />

Umgang mit unserer<br />

Umwelt, ihren Lebensräumen<br />

und nicht zuletzt ihrer<br />

Pflanzenwelt anhalten.<br />

Fakten:<br />

1545 Pflanzenarten aus der Region<br />

zwischen dem Südsauerländischen<br />

Bergland und<br />

dem Haarstrang sind aufgelistet.<br />

26 Verbreitungskarten von Arten,<br />

deren Verbreitungsgrenze<br />

die heimische Region durchziehen<br />

oder die im Gebiet eine Höhengrenze<br />

aufweisen, illustrieren das<br />

weitgefächerte Pflanzenspektrum.<br />

170 Farbfotos dokumentieren die<br />

Schönheiten des nördlichen Sauerlandes.<br />

Die Flora umfasst 608 Seiten, ist mit<br />

der Ausgabe Nr. 30 des „Sauerländischen<br />

<strong>Natur</strong>beobachters“ erschienen<br />

und <strong>für</strong> 19,90 Euro im Buchhandel erhältlich<br />

(ISBN 3-89053-104-0)<br />

Dr. Hans Jürgen Geyer


Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen -<br />

Mebs, Theodor & Daniel Schmidt (2006): Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens.<br />

20x27,5 cm, 496 Seiten, 389 Farbfotos, 346 Farb- und 46 s/w-Zeichnungen.<br />

ISBN 3-440-09585-1. 49,90 ˛.<br />

Beim Durchblättern dieses Buches<br />

fällt sofort die luxuriöse<br />

Ausstattung mit Farbfotos und<br />

Farbzeichnungen auf, die bisher<br />

in keinem deutschen Greifvogelbuch<br />

dieser Art zu finden ist.<br />

Ebenso herausragend neben der<br />

Bildauswahl sind das übersichtliche<br />

Layout und die gut Lesbarkeit<br />

der Texte. Die hier präsentierten<br />

Bestandzahlen <strong>für</strong><br />

Deutschland und das gesamte<br />

andere Bearbeitungsgebiet sind<br />

nach Expertenansicht die aktuellsten<br />

überhaupt verfügbaren<br />

Daten. Alle wichtigen Aspekte<br />

der Biologie und des Schutzes<br />

von Greifvögeln werden angesprochen.<br />

Dieses Buch kann<br />

jedem Greifvogelfreund rundheraus<br />

empfohlen werden. Nur<br />

der Preis wird den Verkauf etwas<br />

bremsen. Beim Preis ist<br />

überraschend, dass dieses<br />

Buch trotz des um 100 Seiten<br />

größeren Umfangs als das<br />

2000 erschienene ähnliche<br />

Eulenbuch von Mebs &<br />

Scherzinger zum gleichen<br />

Preis verkauft wird.<br />

Martin Lindner<br />

IRRGEISTER 2007 77


Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen<br />

Loske, Karl-Heinz (2006): Von der Jagd und den Jägern. Bruder Tier und sein Recht zu leben.<br />

324 S., Verlagshaus Monsenstein&Vannerdat, Münster, ISBN 978-3-86582-372-4; 16,80 Euro.<br />

Argumente versus Leidenschaft<br />

- Von der Jagd und den Jägern<br />

Die Jagd in Deutschland – <strong>für</strong> die Jäger bedeutet dies praktizierten <strong>Natur</strong>schutz, Liebe<br />

zur <strong>Natur</strong> und ihren Lebewesen, Aufrechterhaltung einer Jahrtausende alten Tradition<br />

mit hehren Ansprüchen. Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der Bundesrepublik<br />

Deutschland, drückte es dagegen so aus: „Jagd ist nur eine Umschreibung <strong>für</strong> besonders<br />

feigen Mord am chancenlosen Mitgeschöpf.“<br />

PR <strong>für</strong> ein Hobby<br />

Gegen die weit verbreitete ablehnende<br />

Haltung zur Jagd in der Bevölkerung<br />

geht die Jägerschaft durch PR-<br />

Kampagnen vor, in denen sie Verstand<br />

und Gefühl der Menschen ansprechen<br />

will. Beispielsweise<br />

schrieb der Präsident des Landesjagdverbandes,<br />

der ehemalige Bundesminister<br />

Jochen Borchert, in einer<br />

Sonderbeilage der Zeitungen der<br />

WAZ-Gruppe: „Die nachhaltige<br />

Jagd entnimmt der <strong>Natur</strong> nur so viel,<br />

wie nachwächst, um zu verhindern,<br />

dass Populationen zu groß werden.<br />

... Die Hasenbestände werden sich<br />

weiter erholen, wenn die Jäger die<br />

Feinde des Hasen intensiv bekämpfen.<br />

... Wir müssen also nun intensiv<br />

den Fuchs bejagen, um das<br />

Gleichgewicht wieder herzustellen.<br />

... Das Tier wächst in freier <strong>Natur</strong><br />

auf, wird tierschutzgerecht mit einem<br />

Schuss erlegt, leidet also<br />

nicht.“ 1 Neben Artikeln über das<br />

Jägerleben 2 war die auf fast jeder<br />

Seite zu findende kommerzielle<br />

Werbung <strong>für</strong> spritfressende Geländewagen<br />

in dieser Schrift besonders<br />

markant.<br />

Argumente und Scheinargumente<br />

Dem Thema Jagd hat sich nun der<br />

Biologe und ehemalige Jäger aus<br />

78 IRRGEISTER 2007<br />

Überzeugung Dr. Karl-Heinz Loske<br />

angenommen. Herausgekommen ist<br />

ein sehr kritisches Buch, in dem der<br />

Autor umfassend und sachlich auf<br />

die vielen Aussagen der Jäger eingeht,<br />

mit denen sie ihr Hobby rechtfertigen.<br />

Auch Loske appelliert an<br />

Verstand und Gefühl, allerdings fundierter<br />

als oben zitierte Zeitungsbeilage.<br />

Er entlarvt die Begründungen der<br />

Jäger allesamt als Scheinargumente<br />

und belegt dies mit wissenschaftlichen<br />

Forschungsergebnissen und<br />

Fakten. Diese gut gegliederte Abhandlung<br />

bietet jedem, der sich kritisch<br />

mit dem Thema und mit Jägern<br />

auseinandersetzen möchte, wertvolle<br />

Argumentationshilfen. Dazu einige<br />

Beispiele:<br />

- Jagd im Dienste der Ökologie?<br />

Loske legt dar, dass Ökologie<br />

komplexer ist als die lineare Räuber-<br />

Beute-Beziehung, auf die Jäger ihre<br />

Rolle – und zwar völlig unsachlich<br />

– beziehen. Gerne werden auch von<br />

ihnen – rein subjektiv – einzelne<br />

Arten zu Schädlingen erklärt, die<br />

Jäger angeblich schießen müssen,<br />

um Unheil von der <strong>Natur</strong> oder der<br />

Land- und Fischwirtschaft abzuwenden.<br />

Zu letztgenanntem Punkt führt<br />

der Autor z. B. eine Studie zum als<br />

Schädling geltenden Kormoran an,<br />

wo es in einem Schießexperiment an<br />

13 Gewässern keinen Unterschied in<br />

den Auswirkungen machte, ob man<br />

die Kormorane wirklich abschoss<br />

oder nur mit Böllerschüssen vertrieb.<br />

Bemerkenswert sind die Ergebnisse<br />

einer ebenfalls beschriebenen Studie,<br />

dass in einem größeren Gebiet<br />

in der Schweiz die nicht stattfindende<br />

Bejagung auf Füchse nicht zu einer<br />

Explosion der Fuchspopulation<br />

führte bzw. führt, sondern vielmehr<br />

zu einer Verringerung der Fuchsdichte.<br />

Dies mag auf den ersten<br />

Blick paradox erscheinen, liegt aber<br />

daran, dass viele der reproduktionsfähigen<br />

Füchsinnen sich nicht an der<br />

Fortpflanzung beteiligten. Loske zitiert<br />

dazu den Fuchsforscher Ziemen:<br />

natürliche „Geburtenbeschränkung<br />

statt Massenelend“. 3 Durch die<br />

Fuchsjagd werden dagegen Altersstruktur<br />

und soziale Ordnung (z. B.<br />

feste Reviere) zerstört, es bekommen<br />

mehr Weibchen Nachkommen.<br />

- Tierschutzgerechte Jagd?<br />

Nach bestandener Jagdprüfung gibt<br />

es <strong>für</strong> keinen Jäger eine gesetzliche<br />

Pflicht, seine Schießkunst oder seine<br />

Sehfähigkeit jemals wieder überprüfen<br />

zu lassen. Selbst bei stehendem<br />

Wild kann ein sicherer Schuss,<br />

der ein Tier schnell tötet, nie garantiert<br />

sein. Wie viel weniger garan-<br />

1 „Jagd ist Arbeit <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong>“. Interview mit LJV-Präsident Jochen Borchert. In: <strong>Natur</strong>&Jagd, Sonderbeilage der Zeitungen der WAZ-<br />

Gruppe, Mai 2007, S. 2.<br />

2 Zum Beispiel: „<strong>Natur</strong>erlebnis pur“, „Das ‚grüne Abitur’ wird nicht geschenkt“, „Die Zeit der Wilderer ist vorbei – Heute bereitet das<br />

Raubwild große Sorgen“, „Wo der Kur<strong>für</strong>st jagte“.<br />

3 Loske, S. 96.


Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen<br />

tiert ist dies dann bei Treibjagden!<br />

Loske geht auf die Folgen solcher<br />

Fehlschüsse ein: „Viele<br />

Schusswunden sind so schrecklich,<br />

dass die Tiere alles andere als friedlich,<br />

sondern erst nach langer Qual<br />

sterben. Hier tut sich ... ein Abgrund<br />

an Grausamkeit auf. Angeschossene<br />

oder bedrängte Tiere schreien,<br />

heulen, quieken, fauchen, stöhnen,<br />

zittern oder krümmen den Körper<br />

vor Schmerz.“ 4<br />

Wird mit Blei gejagt – z. B. auf<br />

Wasservögel und sogenanntes<br />

„Niederwild“ – werden nachweislich<br />

viele Tiere nicht getötet.<br />

„Es gibt viele Untersuchungen,<br />

die belegen, dass ein hoher<br />

Prozentsatz wildlebender Gänse-,<br />

Enten- und Taubenpopulationen<br />

Schrotkörner im<br />

Körper hat. Es bedarf keiner<br />

großen Phantasie um sich vorzustellen,<br />

dass diese nicht tödlichen<br />

Verletzungen an Körper,<br />

Gliedmaßen und Schnabel über<br />

Monate, wenn nicht auf Dauer,<br />

schlimme Schmerzen verursachen.“<br />

5 Nach Schätzungen würden<br />

bis zu 30 Prozent der bejagten<br />

Vögel nicht unmittelbar getötet,<br />

sondern „krankgeschossen“.<br />

6<br />

- Vergiftung der Umwelt durch<br />

Blei 7<br />

Umweltverbände schätzen die<br />

in den <strong>Natur</strong>haushalt gelangende<br />

Bleimenge, die durch Bleischrotmunition<br />

jährlich verschossen wird,<br />

auf bis zu 3. – 4.000 Tonnen. Das<br />

sich anreichernde Schwermetall gelangt<br />

nicht nur durch chemische Umwandlung<br />

in die menschliche Nahrung.<br />

Besonders betroffen sind Tiere,<br />

die dieses Bleischrot – viele verschossene<br />

Schrotkugeln landen in<br />

Gewässern oder im Boden – mit der<br />

Nahrung aufnehmen; dies betrifft z.<br />

B. Gründelenten und Greifvögel sowie<br />

Aasfresser. Loske zitiert aus Untersuchungen,<br />

die als Todesursache<br />

vieler Seeadler und Steinadler in<br />

Deutschland Bleivergiftung durch<br />

Bleischrot nachweisen. Während in<br />

Schweden, Dänemark und den Niederlanden<br />

aus Umweltschutzgründen<br />

nicht mehr mit bleihaltiger<br />

Jagdmunition gejagt werden darf,<br />

wehrt sich die deutsche Jägerlobby<br />

gegen geplante Alternativmunition<br />

(„teurer, geringere Durchschlagskraft,<br />

Abprallen von Hindernissen“)<br />

und wird damit wohl auch in Zukunft<br />

die deutschen Lande weiter mit<br />

Blei vergiften.<br />

Warum jagen dann Jäger?<br />

Wenn die Argumente der Jäger, mit<br />

denen sie ihr Handeln rechtfertigen,<br />

nicht haltbar sind, stellt sich zwangsläufig<br />

die Frage: Warum töten Jäger<br />

Tiere, obwohl sie es nicht müssen?<br />

Für Loske ist die Hobbyjagd „eine<br />

pseudo-lustgesteuerte, kulturell konditionierte,<br />

seelische Krankheit, die<br />

sich aus der Überbetonung des<br />

Männlichen speist und das Tier zur<br />

Sache degradiert.“ 8 Ausführlich legt<br />

der Buchautor dar, wie er zu dieser<br />

Schlussfolgerung gekommen ist.<br />

Wenngleich diese Erörterungen in<br />

sich logisch und nachvollziehbar<br />

geschrieben sind und interessante<br />

Gedankengänge darstellen, können<br />

die tiefenpsychologischen Ansätze<br />

sicher auch hinterfragt werden. Besonders<br />

weil eine große Zahl der<br />

Jäger eben nicht nur „mit dem<br />

Schießeisen hinter Tieren her ist“,<br />

sondern sich oft auch ohne Flinte im<br />

Wald aufhält und dabei nach eigener<br />

Aussage die <strong>Natur</strong> genießt, werden<br />

viele schnell das gesamte<br />

Buch in die Ecke des „Esoterischen“<br />

stellen.<br />

Ein Buch besonders <strong>für</strong> Jäger!<br />

Loske hat sein Buch nach eigener<br />

Aussage besonders <strong>für</strong> die<br />

Jäger geschrieben. Sie sollen<br />

„rational-analytisch und ganzheitlich-intuitiv“<br />

9 davon überzeugt<br />

werden, ihre Flinte an den<br />

Nagel zu hängen. Aber auf<br />

Grund der im Buch enthaltenen<br />

Fundamentalkritik an der Jagd<br />

und an den Jagenden, nicht nur<br />

an Einzelheiten der Jagdpraxis,<br />

wird das Buch in der Jägerschaft<br />

wohl keine weite Verbreitung<br />

finden. Dies ist bedauerlich,<br />

da „Von der Jagd und den<br />

Jägern“ eindeutige Missstände<br />

in der jagdlichen Praxis aufzeigt.<br />

Darum liefert dieses Buch allen,<br />

die mit Jägern sachlich diskutieren<br />

wollen, wertvolle Hilfe. Es<br />

gibt kein weiteres deutschsprachiges<br />

Werk, in dem die Bedeutung der<br />

Jagd <strong>für</strong> das bejagte Tier als Individuum,<br />

<strong>für</strong> die Tierpopulationen und<br />

<strong>für</strong> die Lebensgemeinschaften, aber<br />

auch ethische Gesichtspunkte fundiert<br />

und umfassend analysiert werden.<br />

Harald Legge<br />

4 Ebd., S. 126.<br />

5 Ebd., S. 127.<br />

6 Ebd., S. 135.<br />

7 Orientiert an Loske, S. 135-137.<br />

8 Loske, Rückumschlag.<br />

9 Ebd., S. 13.<br />

IRRGEISTER 2007 79


Die neue Landesjagdzeitenverordung – Feuer frei auf Nil- und Kanadagans, Elster und Rabenkrähe<br />

Im November 2006 wurde die Änderung der Landesjagdzeitenverordnung vom Landtag NRW mit der Mehrheit<br />

aus CDU und FDP verabschiedet. Dadurch wurden insbesondere reguläre Jagdzeiten <strong>für</strong> Nil- und Kanadagans<br />

sowie <strong>für</strong> Rabenkrähe und Elster neu eingeführt; die Jagdzeit auf Graugänse wurde ausgeweitet.<br />

Damit wurde die Klientel der Interessenvertreter aus Jagd, Fischerei und Landwirtschaft bedient, tatsächliche<br />

Erkenntnisse und Forschungsergebnisse von Biologen und Ökologen aber ignoriert. Insbesondere sind unter anderem<br />

folgende Punkte aus Sicht der <strong>Natur</strong>schutzverbände zu kritisieren:<br />

- Da von Nilgans, Elster und Rabenkrähe keine nachweisbaren Schäden ausgehen, müssten sie von der Jagd ganzjährig<br />

verschont werden.<br />

-Die Jagdzeiten von Elster, Rabenkrähe und Ringeltaube fallen auch in die Brut- und Aufzuchtszeit der Arten und<br />

sind daher aus Tierschutzgründen abzulehnen; die EU-Vogelschutzrichtlinie verbietet dies im Übrigen. Wenn die<br />

Eltern abgeschossen werden, müssen die noch nicht flüggen Jungen verhungern.<br />

- Bei manchen Arten besteht Verwechselungsgefahr mit ähnlichen, geschützten und teilweise seltenen Arten, z. B.<br />

Rabenkrähe mit Saatkrähe, Lach- und Silbermöwe mit den anderen, geschützten Möwenarten, Ringeltaube mit<br />

Hohltaube.<br />

Quelle: LNU-Rundschreiben vom Juni 2007<br />

<strong>Natur</strong>schutzverbände fordern Ende der unsinnigen Kormoranabschüsse<br />

Bereits 2003 hatte die rot-grüne Landesregierung erste Abschussgenehmigungen der laut EU-Recht besonders<br />

geschützten Art an einzelnen Gewässern erteilt, was NRW-weit ca. 60 Kormoranen das Leben kostete. 2006 ist<br />

dann mit der so genannten Kormoran-Verordnung ein rechtlicher Rahmen <strong>für</strong> den generellen Abschuss von Kormoranen<br />

außerhalb von Schutzgebieten in NRW geschaffen worden. Allein dies führte im letzten Winter zum<br />

Abschuss von 2300 Kormoranen in unserem Bundesland. Damit wurde wahrscheinlich mehr als ein Viertel des<br />

gesamten Winterbestandes vernichtet.<br />

Nun soll nach dem Willen von Umweltminister Uhlenberg die Jagd noch auf die <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong> ausgewiesenen<br />

Schutzgebiete ausgeweitet werden, wie im Entwurf eines neuen Kormoranerlasses geplant.<br />

Das von Anglern und Fischerei immer wieder vorgetragene Argument, der Kormoran müsse geschossen werden,<br />

um die gefährdeten Bestände der Äsche zu retten, ist aus <strong>Natur</strong>schutzsicht nicht stichhaltig. Der wissenschaftliche<br />

Beweis <strong>für</strong> eine Gefährdung der Äsche durch den Kormoran ist bisher nicht seriös geführt worden, zumal die Art<br />

weiterhin beangelt wird und aufgrund von Aussetzungen überwiegend in Gewässern vorkommt, wo sie sich nicht<br />

mehr natürlich reproduzieren kann.<br />

Außerdem hat die Rechtssprechung bereits mehrfach festgestellt, dass eine Reduzierung der Kormorane nur dann<br />

statthaft sei, wenn sie fischereiwirtschaftliche Schäden nachweisbar anrichten. An Gewässern, die nicht wirtschaftlich<br />

genutzt werden, also lediglich der Hobbyfischerei dienen, dürften demnach keine Kormorane getötet<br />

werden.<br />

Quelle: gemeinsame Pressemitteilung von BUND, LNU und NABU vom 19.10.2007<br />

80 IRRGEISTER 2007


„Ihr Rat und Ihre Tat sind gefragt!“<br />

- Jubiläumsnachlese<br />

Eine Menge Mühe hatte alles gemacht – Erstellung von Infofahnen und -plakaten, Herrichtung<br />

der Geräteausstellung und des Apfelsortentisches, Gestaltung der Räumlichkeiten,<br />

Organisation des Roten-Höhenvieh-Festmahles ...<br />

Doch dank der intensiven Vorbereitung und ganz wesentlich auch durch das Erscheinen<br />

zahlreicher VNV-Mitglieder und geladener Gäste aus Politik und Behörden können wir<br />

zufrieden – und auch erleichtert! – sagen: Alles hat sich gelohnt. Durch die gelungene<br />

Jubiläumsfeier konnten wir unsere Arbeit gut präsentieren!<br />

„Ohne den VNV könnte der<br />

<strong>Natur</strong>schutz im HSK nicht in<br />

dieser Intensität stattfinden.“<br />

(Staatssekretär Dr. Schink)<br />

Insgesamt knapp 150 Personen feierten<br />

das Jubiläum, das in der alten<br />

Kirche des Klosters Bredelar einen<br />

äußerst würdigen Rahmen fand.<br />

Neben den vielen interessierten<br />

VNV-Mitgliedern kamen auch solche,<br />

die dem <strong>Verein</strong> durch langjährige<br />

Zusammenarbeit verbunden<br />

sind. Beispielsweise waren die drei<br />

Schäfer samt Mitarbeitern da, die<br />

„unsere“ Magerrasen im Raum<br />

Marsberg-Brilon beweiden, und<br />

weitere Landwirte, die so ihre Verbundenheit<br />

mit dem <strong>Verein</strong> zeigten.<br />

„Sie haben einen großen Beitrag<br />

geleistet, <strong>Natur</strong> und Lebensräume<br />

zu erhalten.“<br />

(stv. Landrat Heinemann)<br />

Die zahlreichen geladenen Gäste<br />

machen deutlich, dass der VNV eine<br />

anerkannte Größe im <strong>Natur</strong>schutz<br />

des HSK ist. Das ist uns kein Selbstzweck,<br />

sondern ist notwendig, um<br />

durch diesen Einfluss Positives <strong>für</strong><br />

die Tiere und Pflanzen vor Ort und<br />

deren Lebensräume zu bewirken.<br />

Neben Vertretern aus der Politik –<br />

u. a. Staatssekretär Dr. Alexander<br />

Schink, dem stv. Landrat Rudolf<br />

Heinemann, MdL Hubert Kleff<br />

(CDU), Marsbergs Bürgermeister<br />

Hubertus Klenner – waren auch Ver-<br />

Staatssekretär Dr. Alexander Schink<br />

treter der Behörden gekommen, mit<br />

denen der VNV seit Jahren zusammenarbeitet.<br />

Auch der Vorsitzende<br />

des NABU Nordrhein-Westfalen,<br />

Josef Tumbrinck, war zu Gast.<br />

„Für die Stadt Marsberg wünsche<br />

ich mir auch weiterhin<br />

eine erfolgreiche <strong>Natur</strong>schutzarbeit<br />

des VNV.“<br />

(Bürgermeister Klenner)<br />

Die dankenswerterweise von der<br />

NRW-Stiftung finanzierten, neu erstellten<br />

Infowände gaben einen<br />

Überblick über unsere verschiede-<br />

Die Räumlichkeiten des Klosters Bredelar gaben dem Jubiläumsereignis<br />

einen würdigen Rahmen.<br />

nen Tätigkeitsfelder. Hinzu kamen<br />

bebilderte Fahnen, die schlaglichtartig<br />

Typisches aus der Sauerländer<br />

<strong>Natur</strong> beleuchten. Diese Medien<br />

werden uns in Zukunft helfen, uns<br />

IRRGEISTER 2007 81


der Öffentlichkeit zu präsentieren.<br />

Am Ende des offiziellen Programms<br />

wurden die Geschmacksnerven positiv<br />

gereizt und machten die Veranstaltung<br />

wahrlich zu einem Erlebnis<br />

mit allen Sinnen: Das Gulasch des<br />

Roten Höhenviehs schmeckte allen<br />

vorzüglich.<br />

Beim gemütlichen Beisammensitzen<br />

mit <strong>Natur</strong>schutz-Weggefährten<br />

der ABU und der NRW-<br />

Stiftung klang unser Jubiläumstag<br />

aus.<br />

Harald Legge<br />

Die Rede wurde redaktionell leicht überarbeitet.<br />

Ansprache von Dr. Stefan Kisteneich, NRW-Stiftung<br />

Sehr geehrter Damen und Herren!<br />

Unser Vize-Präsident, Herr Prof.<br />

Schumacher, hat mich gebeten, sie<br />

alle ganz herzlich zu grüßen und ihn<br />

zu vertreten. Herr Schumacher kann<br />

heute leider nicht hier sein, weil er<br />

kurzfristig einen anderen Termin<br />

wahrnehmen muss.<br />

Zwei Partner: VNV und NRW-<br />

Stiftung<br />

Der VNV feiert heute seinen 25.<br />

Geburtstag – und die Nordrhein-<br />

Westfalen-Stiftung wird in diesen<br />

Tagen 20 Jahre alt. Beide Geburtstagskinder<br />

sind weite Strecken ihres<br />

Weges gemeinsam gegangen.<br />

Beide haben sich am 25. April 1988<br />

kennen gelernt. An diesem Tag erreichte<br />

uns ein Förderantrag des<br />

VNV, Unterschrift: Franz-Josef<br />

Stein. Es ging um den Ankauf<br />

naturschutzwürdiger Wiesen im<br />

Gelängebachtal und im Pitzfeld in<br />

82 IRRGEISTER 2007<br />

Marsbergs Bürgermeister Hubertus Klenner und MdL Hubert Kleff im Gespräch mit<br />

Johannes Schröder vom VNV<br />

Dr. Stefan Kisteneich, NRW-Stiftung<br />

der Medebacher Bucht und einer<br />

Wiese in den <strong>Irrgeister</strong>n bei Winterberg-Grönebach,<br />

zusammen etwas<br />

mehr als 7,5 ha.<br />

Damals ahnte noch keiner, dass damit<br />

eine langjährige und erfolgreiche<br />

Partnerschaft begann.<br />

Danach folgten Anträge <strong>für</strong> den Erwerb<br />

von <strong>Natur</strong>schutzflächen in der<br />

Braunshauser Heide und im<br />

Hoppecketal, von Feuchtwiesen im<br />

Tal der Namenlose, am Hillebach,<br />

am Springebach, an der Gutmecke<br />

und im Hemmeker Bruch, von


Magerrasen bei Messinghausen, im<br />

Glockengrund, im Hummelgrund,<br />

im Glindetal, einem Steinbruchgelände<br />

am Wulsenberg und<br />

einem Wanderfalkenbrutplatz in<br />

Brilon, auch eine Herde des „Roten<br />

Höhenviehs“ war dabei, ein Schafstall<br />

im Glockengrund bei Udorf und<br />

viele andere Dinge mehr.<br />

3,3 Mio. Stiftungsgelder <strong>für</strong> die<br />

<strong>Natur</strong> im HSK<br />

Die NRW-Stiftung hat da<strong>für</strong> rund 3,3<br />

Mio. EUR zur Verfügung gestellt.<br />

Wir besitzen inzwischen im HSK<br />

183 ha Land, die auf Antrag des<br />

VNV <strong>für</strong> Zwecke des <strong>Natur</strong>schutzes<br />

erworben und von VNV-<strong>Verein</strong>smitgliedern<br />

fachkundig betreut werden.<br />

Und noch etwas möchte ich an dieser<br />

Stelle sagen: Vieles von dem<br />

wäre nicht möglich gewesen ohne<br />

die tatkräftige Unterstützung der<br />

Verwaltung <strong>für</strong> Agrarordnung – ich<br />

meine hier ganz besonders das ehemalige<br />

AfAO Arnsberg und das<br />

AfAO Soest – die uns beim Grunderwerb<br />

immer hilfreich zur Seite<br />

standen.<br />

Das hier investierte Geld kommt<br />

nicht nur dem <strong>Natur</strong>schutz, sondern<br />

der ganzen Region zu Gute.<br />

Denn <strong>Natur</strong>schutz – wie ihn der<br />

VNV betreibt - ist angewandte<br />

Heimatliebe! Und Wirtschaftsförderung<br />

zugleich: Das investierte Geld<br />

bringt ja Kaufkraft ins Land und<br />

blumenbunte Wiesen werben auch<br />

<strong>für</strong> die Ferienregion am Rothaarsteig.<br />

Der HSK als ein Schwerpunktgebiet<br />

der NRW-Stiftung<br />

Landesweit hat die NRW-Stiftung<br />

seit ihrer Gründung im Jahr 1986<br />

etwa 1.600 Projekte mit einer<br />

Fördersumme von 200 Mio. Euro<br />

auf den Weg gebracht. Hinter diesen<br />

Zahlen stecken rund 800 ehren-<br />

Jörg Langanki stellt heimische Apfelsorten aus Streuobstwiesen vor<br />

amtliche <strong>Verein</strong>e und Initiativen, die<br />

mit viel Herz und Sachverstand nach<br />

Feierabend nicht nur Förderanträge<br />

schreiben, sondern auch Fachwerkhäuser<br />

restaurieren, Trollblumenwiesen<br />

mähen oder Brutplätze von<br />

Uhu und Schwarzstorch kartieren.<br />

Wobei ich betonen möchte, dass der<br />

Hochsauerlandkreis mit einer<br />

Fördersumme von etwa 10 Mio.<br />

Euro neben dem Kreis Borken und<br />

dem Rhein-Sieg-Kreis zu den drei<br />

Kreisen gehört, die im landesweiten<br />

Vergleich am besten abgeschnitten<br />

haben. Wenn uns jemand neidisch<br />

fragt, woran das denn liegt, dann<br />

sagen wir gerne: „Im Hochsauerlandkreis<br />

gibt es eben besonders<br />

viele Menschen, die sich <strong>für</strong> die<br />

<strong>Natur</strong>schönheiten und kulturellen<br />

Schätze ihrer Heimat engagieren!“<br />

Davon kann sich übrigens jeder Gast<br />

hier und heute an diesem Ort selbst<br />

überzeugen. Denn auch die Restaurierung<br />

des Klosters Bredelar wurde<br />

von der NRW-Stiftung mitfinanziert.<br />

Der Förderverein Kloster Bredelar<br />

hat im vergangenen Jahr <strong>für</strong> sein<br />

beispielhaftes Engagement den<br />

Ehrenamtspreis der NRW-Stiftung<br />

v.r.n.l.: VNV-Vorsitzender Bernhard Koch, Staatssekretär Dr. Alexander Schink,<br />

stellvertr. Landrat Rudolf Heinemann, MdL Hubert Kleff, der Bürgermeister von<br />

Marsberg Hubertus Klenner<br />

IRRGEISTER 2007 83


Totaler Jubiläumsstress (von links): F.-J. Stein, J. Schröder, B. Koch vom<br />

VNV-Vorstand Alle Fotos vom Jubiläum: R. Götte<br />

erhalten, weil – wie es in der Festrede<br />

hieß – Herr Dr. Bohle und seine<br />

Mitstreiter „mit westfälischer Beharrlichkeit<br />

und ansteckendem Enthusiasmus“<br />

hier ans Werk gegangen<br />

sind.<br />

Wir freuen uns jetzt natürlich sehr,<br />

dass auch der VNV hier in das Kloster<br />

Bredelar eingezogen ist.<br />

84 IRRGEISTER 2007<br />

Rubbeln <strong>für</strong> den <strong>Natur</strong>schutz!<br />

Meine Damen und Herren, erlauben<br />

Sie mir zum Schluss noch einen Hinweis<br />

in eigener Sache: Wenn wir von<br />

den Fördergeldern der NRW-Stiftung<br />

hier im Hochsauerlandkreis und<br />

anderswo sprechen, dann sind dies<br />

keine Steuergelder.<br />

Die Rede wurde redaktionell leicht überarbeitet und gekürzt.<br />

Es sind vielmehr Gelder aus der<br />

Rubbellos-Lotterie, mit denen die<br />

NRW-Stiftung einen Beitrag zum<br />

<strong>Natur</strong>schutz oder zur Instandsetzung<br />

dieses Klosters leisten kann. Was die<br />

NRW-Stiftung damit bisher gefördert<br />

hat, kann man jetzt auch in einem<br />

neuen, fast 400 Seiten starken<br />

Buch nachlesen, das zum 20jährigen<br />

Bestehen der NRW-Stiftung im<br />

Buchhandel erschienen ist.<br />

Darin finden Sie auch einen Beitrag<br />

über das Kloster Bredelar oder das<br />

<strong>Natur</strong>schutzgebiet „Im Glockengrund“<br />

bei Udorf.<br />

Ich freue mich, sehr geehrter Herr<br />

Koch, dass ich Ihnen heute dieses<br />

Buch - sozusagen als Geburtstagsgeschenk<br />

<strong>für</strong> den VNV - überreichen<br />

kann.<br />

Die NRW-Stiftung wünscht Ihnen,<br />

wünscht allen Bürgerinnen und Bürgern<br />

im HSK, dass der VNV seine<br />

erfolgreiche <strong>Natur</strong>schutzarbeit auch<br />

in den kommenden 25 Jahren fortsetzen<br />

kann.<br />

Und – davon bin ich überzeugt –<br />

dass er dies wie bisher mit Augenmaß<br />

und Leidenschaft tun wird.<br />

Festansprache von Dr. Henning Vierhaus, Vorsitzender der ABU (Arbeitsgemeinschaft<br />

Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V.)<br />

Verehrte Festgemeinde!<br />

Seit langem besteht eine ornithologische,<br />

freundschaftliche Verbindung<br />

zu den Begründern des VNV:<br />

Ich nenne Bernhard Koch, fast den<br />

ersten und immer noch Vorsitzenden<br />

des VNV, aber auch Heinz König.<br />

Bernard Kochs ornithologische Ausrichtung<br />

war in den 70er Jahren<br />

westfalenweit. Aber besonders stark<br />

fühlte er sich zum Kreis Soest hingezogen.<br />

So ging es dort um Feldvogelerfassungen,<br />

und an viele gemeinsame<br />

Touren auf dem Haar-<br />

Dr. Henning Vierhaus<br />

strang erinnere ich mich. Im Gedächtnis<br />

ist mir auch eine nächtliche<br />

Exkursion im März 1975 geblieben.<br />

Vor 31 Jahren also fahndeten<br />

wir auf bzw. in der Hunau nach<br />

Raufußkäuzen – allerdings erfolglos.<br />

Eine weitere gemeinsame Exkursion<br />

zu den Gänserastplätzen in Holland<br />

endete kläglich an der deutschniederländischen<br />

Grenze, da von<br />

fünf Teilnehmern nur einer einen<br />

Ausweis dabei hatte.<br />

Die Gründung der ABU 1977 ging<br />

der des VNV um fast 5 Jahre vor-


aus, und Bernard Koch ist eigentlich<br />

auch Gründungsmitglied der ABU.<br />

Gott sei Dank erfolgte dann aber eine<br />

Umorientierung nicht nur der genannten<br />

Personen ins Süderbergland,<br />

wo es dann mit den Kämpfern,<br />

die auch heute noch maßgeblich<br />

in dem <strong>Verein</strong> tätig sind, zu der<br />

<strong>Natur</strong>schutzvereinsgründung im<br />

Hochsauerlandkreis kam. Verständlich<br />

auch, dass unter diesen Umständen<br />

und bei dieser Entwicklung sich<br />

die ABU als einen der Paten des<br />

VNV ansehen darf.<br />

Spezielle Herausforderungen<br />

Vielleicht ist das übertrieben, aber<br />

dieses damals naturkundlich und<br />

naturschützerisch unterversorgte<br />

„Hinterland“ – aus meiner Sicht -<br />

bedurfte dringend eine derartige Initiative.<br />

Allerdings waren die VNVler<br />

mit ganz anderen Herausforderungen<br />

konfrontiert, als wir, die<br />

Flachländer, sie kannten. Sie haben<br />

es nicht mit einem so übersichtlich<br />

strukturierten Arbeitsfeld zu tun, wie<br />

es der Kreis Soest ist – der trotz seiner<br />

guten verkehrstechnischen<br />

Erschlossenheit und den vergleichsweise<br />

kurzen Wegen mit einer zahlenmäßig<br />

etwas kopfstärkeren ABU<br />

immer noch weiße Regionen aufweist,<br />

die sich der <strong>Natur</strong>schutzarbeit<br />

entziehen.<br />

Der Hochsauerlandkreis ist nicht nur<br />

der größte im gesamten Bundesland,<br />

fast um die Hälfte größer als der<br />

Kreis Soest, er ist viel stärker gegliedert<br />

und seine Ost-West-Erstreckung<br />

beträgt immerhin 75 km Luftlinie,<br />

was der eine oder andere in dieser<br />

Runde heute wieder voll auskosten<br />

durfte. ...<br />

Trotz der – <strong>für</strong> eine ersprießliche Zusammenarbeit<br />

von Personen – widerspenstigen<br />

Topografie lebt die VNV-<br />

Arbeit, d. h. die <strong>Natur</strong>schutzarbeit<br />

des VNV, in vorbildlicher Weise. Bei<br />

weitem nicht alle Kreise in NRW<br />

weisen einen ortspezifischen<br />

Small talk 1<br />

<strong>Natur</strong>schutzverein auf, erst recht<br />

nicht mit einer derartigen „Power“.<br />

Viele Regionen im Land müssen sich<br />

leider mit Einzelkämpfern – die sich<br />

dann manchmal auf verlorenem Posten<br />

befinden - begnügen. ...<br />

Vielfältige Bedürfnisse<br />

Der HSK ist Lebensraum <strong>für</strong> Menschen,<br />

<strong>für</strong> Tiere, <strong>für</strong> Pflanzen.<br />

Forstwirtschaft spielt eine wesentlichere<br />

Rolle als die Landwirtschaft.<br />

Kleinindustrie, oder sollte ich besser<br />

sagen, mittelständische Industrie,<br />

prägt viele Täler des Sauerlandes.<br />

Ehemals spielte der Bergbau eine<br />

große Rolle, und derzeit gibt es noch<br />

riesige Steinbrüche. Heute steht der<br />

Tourismus ganz und gar im Vordergrund.<br />

Das Sauerland ist die Grüne<br />

Lunge, aber auch der Brunnen des<br />

Ballungsraumes, des Ruhrgebietes,<br />

und das Sauerland ersetzt den Holländern<br />

die Alpen.<br />

Wenn unter diesem Stern heftige<br />

Wanderungsbewegungen – mittels<br />

Autokarawanen – insbesondere an<br />

den Wochenenden - zwischen der<br />

Ebene und dem Bergland ablaufen,<br />

so gilt das auch <strong>für</strong> Teile der Tierwelt.<br />

Etliche Fledermausarten, die<br />

sommertags in der Westfälischen<br />

Bucht leben, brauchen die <strong>Natur</strong>-<br />

höhlen, die verlassenen Bergwerke<br />

und aufgelassenen Stollen des nördlichen<br />

Mittelgebirgsrandes, also des<br />

HSK, dringend, um hier in tiefer Lethargie<br />

den Winter zu überstehen.<br />

Funde markierter Teichfledermäuse<br />

belegen sogar, dass Tiere dieser Art<br />

aus den Niederlanden im Sauerland<br />

ihr Winterquartier haben.<br />

Nicht nur hierin liegt eine überregionale<br />

<strong>Natur</strong>bedeutung des Sauerlandes.<br />

Andere Arten bzw. Artengruppen<br />

können sich gleichfalls sehen<br />

lassen – wenn sie es denn auch<br />

täten. Denken wir an den<br />

Raufußkauz, eine kleine Eule der<br />

großen Waldungen, angewiesen auf<br />

die vom Schwarzspecht gezimmerten<br />

Bruthöhlen, wie auch auf die von<br />

<strong>Natur</strong>schützern aufgehängten Kunsthöhlen,<br />

an den Schwarzstorch, an die<br />

letzten und die ersten Wanderfalken<br />

Westfalens der Bruchhauser Steine,<br />

an den Schneckenkanker, einen<br />

merkwürdigen Weberknecht. Er lebt<br />

dort, wo der VNV einst half, die<br />

Renautalsperre zu verhindern. Und<br />

nicht zu vergessen die Pflanzenwelt<br />

mit Arten wie z. B. Arnika.<br />

Grenzen aufzeigen, Kompromisse<br />

suchen!<br />

In diesem Zusammenleben von wert-<br />

IRRGEISTER 2007 85


voller <strong>Natur</strong> und Menschen ergeben<br />

sich Spannungen, die die <strong>Natur</strong>schützer<br />

des VNV ständig erlebt<br />

haben und auch weiter erfahren<br />

werden. Durch ihre fachkundige<br />

Arbeit machen sie nun deutlich, wo<br />

die Grenzen sind <strong>für</strong> die Nutzung<br />

der Landschaft und <strong>Natur</strong>, aber auch,<br />

wie man sich arrangieren kann, wie<br />

eine dauerhafte Koexistenz aussehen<br />

kann.<br />

Solche Kompromisse und Regelungen<br />

wurden gefunden etwa im<br />

Bereich der Medebacher Bucht, das<br />

in großen Teilen Vogelschutzgebiet<br />

ist. Allerdings gingen hier im Zusammenhang<br />

mit der Meldung und<br />

Abgrenzung die Wogen gegen den<br />

<strong>Natur</strong>schutz besonders hoch.<br />

Erfolge sind zu vermelden bei der<br />

Erstellung von Landschaftsplänen,<br />

bei der Ausweisung von <strong>Natur</strong>schutzgebieten,<br />

etwa entlang der<br />

Ruhr – dies alles aber in glücklicher<br />

Zusammenarbeit mit einer Unteren<br />

Landschaftsbehörde, die mit Durchsetzungsvermögen<br />

manches ins Ziel<br />

geführt hat.<br />

In genügend Fällen allerdings blieb<br />

der VNV bzw. der <strong>Natur</strong>schutz im<br />

Sauerland leider nur zweiter Sieger.<br />

So, wenn jüngst entschieden wurde,<br />

dass ein Fledermaustunnel zur Fahr-<br />

86 IRRGEISTER 2007<br />

Small talk 2<br />

radwanderstrecke umfunktioniert<br />

und ausgebaut wird; wenn Flächen,<br />

die die Größe eines mittelalterlichen<br />

Stadtkerns haben, verbraucht werden,<br />

nur um eine Getränkeabfüllanlage<br />

zu errichten.<br />

Und es bleibt zu fragen, ob die Stadt<br />

Arnsberg nicht vielleicht neben<br />

einem Preis <strong>für</strong> Bürokratieabbau<br />

bezüglich der Errichtung eines<br />

Hochregallagers – so stand es jüngst<br />

in der Zeitung - nicht auch eine<br />

„Saure Zitrone“ <strong>für</strong> das Umschiffen<br />

landschaftlicher Belange bekommen<br />

müsste.<br />

Schutz der <strong>Natur</strong> - wovor?<br />

All die Freude über 25 Jahre mit<br />

gelungener <strong>Natur</strong>schutzarbeit soll<br />

aber nicht den Blick da<strong>für</strong> trüben,<br />

dass sich die Dinge hier wie überall<br />

immer noch hart im Raum stoßen.<br />

Das wird einem besonders dann<br />

bewusst, wenn man sich vor Augen<br />

führt, wovor <strong>Natur</strong>schützer denn <strong>Natur</strong><br />

schützen. Es sind ausschließlich<br />

Gefährdungen, die von uns Menschen<br />

und seinen z. T. sehr egoistischen<br />

Begehrlichkeiten ausgehen.<br />

Also ergeben sich auf diese Weise<br />

naturgemäß die Konfl ikte zwischen<br />

<strong>Natur</strong> –in –Anspruch nehmenden<br />

Menschen und <strong>Natur</strong>schützern.<br />

Schließlich sei hier die Frage erlaubt,<br />

was der HSK mit Nairobi zu tun hat.<br />

Sind es nur die großen Pfl anzenfresser,<br />

die in den Wäldern des Kreises<br />

unterwegs sind und die großen<br />

Tiere im Nationalpark in Nairobis<br />

Nähe? Nein, etwas anderes ist mir<br />

aufgestoßen:<br />

So haben sich Anfang November in<br />

Nairobi Fachleute und hochrangige<br />

Politiker den Kopf darüber zerbrochen<br />

– allerdings ohne großen Erfolg<br />

- wie man den CO -Ausstoß auf der<br />

2<br />

Erde und besonders in den Industriestaaten<br />

verringern kann. Denn es<br />

gibt guten Grund zur Annahme, dass<br />

zusätzliche Promille dieses Gases<br />

in der Atmosphäre eine – vorsichtig<br />

gesagt – problematische Zunahme<br />

der Jahresdurchschnittstemperaturen<br />

bewirken. Neben den Menschen, die<br />

derartiges ganz in Abrede stellen,<br />

gibt es in dieser Situation viele, die<br />

mit dem Finger auf Amerika oder<br />

China weisen und sagen, solange<br />

die so weiter machen, können wir eh<br />

nichts tun. Allerdings fi nden sich in<br />

Deutschland viele ernstzunehmende<br />

und eigentlich einfl ussreiche Mahner<br />

- auch in der hohen Politik, die<br />

dringend Maßnahmen gerade auch<br />

bei uns einfordern.<br />

Und in dieser ernsten Situation<br />

freut man sich im HSK über die<br />

Erweiterung des Ski-Zirkusses bzw.<br />

Skilift-Karussells bei Winterberg.<br />

Hier wurden weitere Beschneiungsanlagen<br />

installiert, die unglaubliche<br />

Energiemengen verbrauchen. Um<br />

30 ha Piste zu beschneien, werden<br />

mindestens 260 MW/h verbraucht,<br />

ganz zu schweigen von den benötigten<br />

Wassermengen. Und all das<br />

führt zum weiteren Anschwellen<br />

des durch die Täler des Sauerlandes<br />

brandenden Verkehrs.<br />

Wenn der momentane wirtschaftliche<br />

Erfolg auf diese Weise ausgebaut<br />

und erkauft wird, kann das nun wirklich<br />

nichts mit der viel beschworenen<br />

Nachhaltigkeit zu tun haben.<br />

Noch ein Wort zur Nachhaltigkeit.<br />

Wenn die selbst ernannten


„Hamsterjäger“, und vergleichbares<br />

gibt es auch im Hochsauerland,<br />

wieder einmal <strong>Natur</strong>schützer als<br />

Verhinderer des wirtschaftlichen<br />

Aufschwungs beschimpfen, dann<br />

vernebeln sie unbewusst oder bewusst,<br />

dass sie sich eigentlich nur an<br />

einem nicht nachhaltigen Verbrauch<br />

von Fläche gehindert fühlen.<br />

Übrigens gibt es positive Veränderungen<br />

in der Tier und Pfl anzenwelt auch im<br />

HSK, die kein Erfolg des <strong>Natur</strong>schutzes<br />

sind und die sich auch kein Politiker<br />

auf seine Fahnen schreiben kann. Und<br />

damit schließe ich an das Vorausgegangene<br />

an.<br />

Wenn heute Wespenspinnen im HSK leben<br />

und die wärmeliebende Zippammer<br />

im Osten des Kreises in mehreren Paaren<br />

brütet, so ist das schön, allerdings<br />

sind diese Entwicklungen eindeutig<br />

Folgen der tatsächlich immer wärmeren<br />

Sommer.<br />

Zukünftige Bedeutung des <strong>Natur</strong>schutzes<br />

Kehren wir zum VNV zurück. Ich<br />

wünsche diesem <strong>Verein</strong>, diesen hier<br />

im <strong>Natur</strong>schutz tätigen Personen,<br />

Männern, Frauen wie auch den<br />

aktiven Jugendlichen weiterhin viel<br />

Erfolg bei ihrer wichtigen Arbeit.<br />

Ich wage sogar zu sagen, dass die<br />

Bedeutung ihres ehrenamtlichen<br />

Einsatzes weiter zunehmen wird.<br />

Angesichts der z. Z. zu beobachtenden<br />

Entwicklung, dass sich in<br />

den Köpfen vieler <strong>für</strong> unser Land<br />

Verantwortlicher eine Abkehr von<br />

der Einsicht erfolgt, dass Umwelt-<br />

und <strong>Natur</strong>schutz <strong>für</strong> uns alle<br />

entscheidend wichtig ist – und dass<br />

man versucht, viele entsprechende<br />

Verantwortlichkeiten abzuschütteln<br />

und ehrenamtliche Institutionen wie<br />

z. B. die Landschaftsbeiräte bei den<br />

Bezirksregierungen und sinnvolle<br />

Klagemöglichkeiten der Verbände<br />

einzuschränken – wohl um ungehemmter<br />

beim Verbrauch der Flächen-Ressourcen<br />

zu sein – kommen<br />

auf den freischaffenden <strong>Natur</strong>schutz<br />

zusätzliche Aufgaben und Selbstver-<br />

Small talk 3: NABU-NRW-Vorsitzender Josef Tumbrinck, Dr. Stefan Kisteneich (NRW-<br />

Stiftung) und Dr. Henning Vierhaus (Vorsitzender der ABU)<br />

pfl ichtungen zu. Uns <strong>Natur</strong>schützern<br />

geht, solange es doch noch <strong>Natur</strong><br />

gibt, aus diesen Gründen erst recht<br />

nicht die Arbeit aus!<br />

Der ehrenamtliche <strong>Natur</strong>schutz wird<br />

dadurch eher neue Lebenskräfte<br />

aufnehmen, und dass der VNV auch<br />

unter diesen Bedingungen erfolgreich<br />

seine Arbeit weiterführt und<br />

führen kann – das wünsche ich ihm<br />

von Herzen. Ich wünsche uns, dass<br />

Small talk 4<br />

er auch in Zukunft einen entscheidenden<br />

Beitrag dazu leisten kann,<br />

dass die reichhaltigen Lebensgemeinschaften<br />

des hohen Sauerlandes<br />

erhalten bleiben und dass dadurch<br />

auch gewährleistet wird, dass das<br />

Sauerland dauerhaft seinen Reiz<br />

<strong>für</strong> Erholungssuchende aus nah und<br />

fern behält.<br />

IRRGEISTER 2007 87


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voller <strong>Natur</strong> und Menschen ergeben<br />

sich Spannungen, die die <strong>Natur</strong>schützer<br />

des VNV ständig erlebt<br />

haben und auch weiter erfahren werden.<br />

Durch ihre fachkundige Arbeit<br />

machen sie nun deutlich, wo die<br />

Grenzen sind <strong>für</strong> die Nutzung der<br />

Landschaft und <strong>Natur</strong>, aber auch,<br />

wie man sich arrangieren kann, wie<br />

eine dauerhafte Koexistenz aussehen<br />

kann.<br />

Solche Kompromisse und Regelungen<br />

wurden gefunden etwa im Bereich<br />

der Medebacher Bucht, das in<br />

großen Teilen Vogelschutzgebiet ist.<br />

Allerdings gingen hier im Zusammenhang<br />

mit der Meldung und Abgrenzung<br />

die Wogen gegen den <strong>Natur</strong>schutz<br />

besonders hoch.<br />

Erfolge sind zu vermelden bei der<br />

Erstellung von Landschaftsplänen,<br />

bei der Ausweisung von <strong>Natur</strong>schutzgebieten,<br />

etwa entlang der<br />

Ruhr – dies alles aber in glücklicher<br />

Zusammenarbeit mit einer Unteren<br />

Landschaftsbehörde, die mit Durchsetzungsvermögen<br />

manches ins Ziel<br />

geführt hat.<br />

In genügend Fällen allerdings blieb<br />

der VNV bzw. der <strong>Natur</strong>schutz im<br />

Sauerland leider nur zweiter Sieger.<br />

So, wenn jüngst entschieden wurde,<br />

dass ein Fledermaustunnel zur<br />

86 IRRGEISTER 2007<br />

Small talk 2<br />

Fahrradwanderstrecke umfunktioniert<br />

und ausgebaut wird; wenn Flächen,<br />

die die Größe eines mittelalterlichen<br />

Stadtkerns haben, verbraucht<br />

werden, nur um eine<br />

Getränkeabfüllanlage zu errichten.<br />

Und es bleibt zu fragen, ob die Stadt<br />

Arnsberg nicht vielleicht neben einem<br />

Preis <strong>für</strong> Bürokratieabbau bezüglich<br />

der Errichtung eines Hochregallagers<br />

– so stand es jüngst in<br />

der Zeitung - nicht auch eine „Saure<br />

Zitrone“ <strong>für</strong> das Umschiffen landschaftlicher<br />

Belange bekommen<br />

müsste.<br />

Schutz der <strong>Natur</strong> - wovor?<br />

All die Freude über 25 Jahre mit gelungener<br />

<strong>Natur</strong>schutzarbeit soll<br />

aber nicht den Blick da<strong>für</strong> trüben,<br />

dass sich die Dinge hier wie überall<br />

immer noch hart im Raum stoßen.<br />

Das wird einem besonders dann<br />

bewusst, wenn man sich vor Augen<br />

führt, wovor <strong>Natur</strong>schützer denn<br />

<strong>Natur</strong> schützen. Es sind ausschließlich<br />

Gefährdungen, die von uns<br />

Menschen und seinen z. T. sehr egoistischen<br />

Begehrlichkeiten ausgehen.<br />

Also ergeben sich auf diese Weise<br />

naturgemäß die Konflikte zwischen<br />

<strong>Natur</strong> –in –Anspruch nehmenden<br />

Menschen und <strong>Natur</strong>schützern.<br />

Schließlich sei hier die Frage erlaubt,<br />

was der HSK mit Nairobi zu<br />

tun hat. Sind es nur die großen Pflanzenfresser,<br />

die in den Wäldern des<br />

Kreises unterwegs sind und die großen<br />

Tiere im Nationalpark in Nairobis<br />

Nähe? Nein, etwas anderes ist<br />

mir aufgestoßen:<br />

So haben sich Anfang November in<br />

Nairobi Fachleute und hochrangige<br />

Politiker den Kopf darüber zerbrochen<br />

– allerdings ohne großen Erfolg<br />

- wie man den CO -Ausstoß auf<br />

2<br />

der Erde und besonders in den Industriestaaten<br />

verringern kann. Denn es<br />

gibt guten Grund zur Annahme, dass<br />

zusätzliche Promille dieses Gases in<br />

der Atmosphäre eine – vorsichtig<br />

gesagt – problematische Zunahme<br />

der Jahresdurchschnittstemperaturen<br />

bewirken. Neben den<br />

Menschen, die derartiges ganz in<br />

Abrede stellen, gibt es in dieser Situation<br />

viele, die mit dem Finger auf<br />

Amerika oder China weisen und sagen,<br />

solange die so weiter machen,<br />

können wir eh nichts tun. Allerdings<br />

finden sich in Deutschland viele<br />

ernstzunehmende und eigentlich<br />

einflussreiche Mahner - auch in der<br />

hohen Politik, die dringend Maßnahmen<br />

gerade auch bei uns einfordern.<br />

Und in dieser ernsten Situation freut<br />

man sich im HSK über die Erweiterung<br />

des Ski-Zirkusses bzw. Skilift-<br />

Karussells bei Winterberg. Hier wurden<br />

weitere Beschneiungsanlagen<br />

installiert, die unglaubliche Energiemengen<br />

verbrauchen. Um 30 ha Piste<br />

zu beschneien, werden mindestens<br />

260 MW/h verbraucht, ganz zu<br />

schweigen von den benötigten Wassermengen.<br />

Und all das führt zum<br />

weiteren Anschwellen des durch die<br />

Täler des Sauerlandes brandenden<br />

Verkehrs.<br />

Wenn der momentane wirtschaftliche<br />

Erfolg auf diese Weise ausgebaut<br />

und erkauft wird, kann das nun<br />

wirklich nichts mit der viel beschworenen<br />

Nachhaltigkeit zu tun haben.<br />

Noch ein Wort zur Nachhaltigkeit.<br />

Wenn die selbst ernannten


„Hamsterjäger“, und vergleichbares<br />

gibt es auch im Hochsauerland, wieder<br />

einmal <strong>Natur</strong>schützer als<br />

Verhinderer des wirtschaftlichen<br />

Aufschwungs beschimpfen, dann<br />

vernebeln sie unbewusst oder<br />

bewusst, dass sie sich eigentlich nur<br />

an einem nicht nachhaltigen Verbrauch<br />

von Fläche gehindert fühlen.<br />

Übrigens gibt es positive Veränderungen<br />

in der Tier und Pflanzenwelt auch im<br />

HSK, die kein Erfolg des <strong>Natur</strong>schutzes<br />

sind und die sich auch kein Politiker auf<br />

seine Fahnen schreiben kann. Und damit<br />

schließe ich an das Vorausgegangene<br />

an.<br />

Wenn heute Wespenspinnen im HSK<br />

leben und die wärmeliebende<br />

Zippammer im Osten des Kreises in<br />

mehreren Paaren brütet, so ist das schön,<br />

allerdings sind diese Entwicklungen eindeutig<br />

Folgen der tatsächlich immer<br />

wärmeren Sommer.<br />

Zukünftige Bedeutung des <strong>Natur</strong>schutzes<br />

Kehren wir zum VNV zurück. Ich<br />

wünsche diesem <strong>Verein</strong>, diesen hier<br />

im <strong>Natur</strong>schutz tätigen Personen,<br />

Männern, Frauen wie auch den aktiven<br />

Jugendlichen weiterhin viel<br />

Erfolg bei ihrer wichtigen Arbeit. Ich<br />

wage sogar zu sagen, dass die Bedeutung<br />

ihres ehrenamtlichen Einsatzes<br />

weiter zunehmen wird.<br />

Angesichts der z. Z. zu beobachtenden<br />

Entwicklung, dass sich in den<br />

Köpfen vieler <strong>für</strong> unser Land Verantwortlicher<br />

eine Abkehr von der<br />

Einsicht erfolgt, dass Umwelt- und<br />

<strong>Natur</strong>schutz <strong>für</strong> uns alle entscheidend<br />

wichtig ist – und dass man versucht,<br />

viele entsprechende Verantwortlichkeiten<br />

abzuschütteln und<br />

ehrenamtliche Institutionen wie z. B.<br />

die Landschaftsbeiräte bei den Bezirksregierungen<br />

und sinnvolle<br />

Klagemöglichkeiten der Verbände<br />

einzuschränken – wohl um ungehemmter<br />

beim Verbrauch der Flächen-Ressourcen<br />

zu sein – kommen<br />

auf den freischaffenden <strong>Natur</strong>schutz<br />

zusätzliche Aufgaben und Selbst-<br />

Small talk 3: NABU-NRW-Vorsitzender Josef Tumbrinck, Dr. Stefan Kisteneich (NRW-<br />

Stiftung) und Dr. Henning Vierhaus (Vorsitzender der ABU)<br />

verpflichtungen zu. Uns <strong>Natur</strong>schützern<br />

geht, solange es doch noch <strong>Natur</strong><br />

gibt, aus diesen Gründen erst<br />

recht nicht die Arbeit aus!<br />

Der ehrenamtliche <strong>Natur</strong>schutz wird<br />

dadurch eher neue Lebenskräfte aufnehmen,<br />

und dass der VNV auch<br />

unter diesen Bedingungen erfolgreich<br />

seine Arbeit weiterführt und<br />

führen kann – das wünsche ich ihm<br />

Small talk 4<br />

von Herzen. Ich wünsche uns, dass<br />

er auch in Zukunft einen entscheidenden<br />

Beitrag dazu leisten kann,<br />

dass die reichhaltigen Lebensgemeinschaften<br />

des hohen Sauerlandes<br />

erhalten bleiben und dass dadurch<br />

auch gewährleistet wird, dass das<br />

Sauerland dauerhaft seinen Reiz <strong>für</strong><br />

Erholungssuchende aus nah und fern<br />

behält.<br />

IRRGEISTER 2007 87

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