Irrgeister 2008 - Verein für Natur
Irrgeister 2008 - Verein für Natur
Irrgeister 2008 - Verein für Natur
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
-<br />
NABU-Partner im HSK<br />
IRRGEISTER<br />
<strong>Natur</strong>magazin des<br />
<strong>Verein</strong>s <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz im HSK e.V.<br />
24. Jhg. 2007<br />
Themen<br />
Neues VNV-Buch „Flora im östlichen Sauerland“<br />
OAG-Berichte 2005 und 2006<br />
Orchideen im HSK - 4. Folge „Cephalanthera“<br />
Die Kreuzkröte im Sauerland<br />
Der Turmfalke - Vogel des Jahres 2007
2 IRRGEISTER 2007<br />
Impressum Inhalt<br />
Herausgeber:<br />
<strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz im<br />
Hochsauerlandkreis e.V.<br />
Geschäftsstelle (Neu!)<br />
und VNV-Station:<br />
Sauerlandstr. 74a, (Kloster Bredelar)<br />
34431 Marsberg-Bredelar<br />
Tel. 02991/908136<br />
Internet: www.vnv-hsk.de<br />
e-mail: mail@vnv-hsk.de<br />
Vorstand:<br />
Bernhard Koch 1. Vorsitzender 02377/805525<br />
viper8410@web.de<br />
Franz-Josef Stein 1. stellv. Vors. 02991/1281<br />
bfj-stein@t-online.de<br />
Johannes Schröder 2. stellv. Vors. 02991/1599<br />
j-e-schroeder@t-online.de<br />
Harald Legge Schriftführer, Ornith. AG<br />
02962/880669<br />
Haraldlegge@web.de<br />
Richard Götte Schatzmeister 02961/908710<br />
Richard.Goette@t-online.de<br />
Erweiterter Vorstand:<br />
Veronika Falkenstein 02961/8778<br />
V.Falkenstein@t-online.de<br />
Michaela Hemmelskamp 0291/51737<br />
wilkens66@aol.com<br />
Gerd Kistner 02932/37832<br />
gerd-kistner@t-online.de<br />
Sven Kuhl 02992/907700<br />
(Reptilien und Amphibien)<br />
Jörg Langanki 02933/921119 (Botanik-AG)<br />
MrBot22@aol.com<br />
Martin Lindner 02933/5639 (Wanderfalken)<br />
Falkmart1960@aol.com<br />
Erich Neuß 02931/6879 (Nisthilfen)<br />
Norbert Schröder 02992/4764 (Rotes Höhenvieh)<br />
BrigitteNorb.S@t-online.de<br />
Wolfgang Wilkens 0291/51737<br />
wilkens66@aol.com<br />
Vorstandsitzung:<br />
Jeden 2. Freitag im Monat, 19.15-22.30 Uhr, Gasthof<br />
Hengsbach, Bestwig. Die Sitzung ist öffentlich.<br />
Die Rechte der Vervielfältigung und auszugsweisen<br />
Wiedergabe liegen bei den Herausgebern. Für den<br />
Inhalt sind die Verfasser verantwortlich.<br />
Die <strong>Irrgeister</strong> werden allen Mitgliedern des VNV und den im<br />
HSK wohnenden NABU-Mitgliedern kostenlos zugesandt.<br />
Die <strong>Irrgeister</strong> werden auf weißem Recyclingpapier<br />
gedruckt.<br />
Bankverbindungen:<br />
Sparkasse Hochsauerland Brilon Kto.-Nr. 68577<br />
(BLZ 41651770)<br />
Volksbank Thülen eG, Brilon-Thülen<br />
Kto.-Nr. 4002100900 (BLZ 40069371)<br />
Der VNV wird NABU-Partner S. 3<br />
Arbeitseinsätze 1. Quartal <strong>2008</strong> S. 4<br />
Die „Flora im östlichen Sauerland“ S. 6<br />
Die Flora im östlichen Sauerland S. 11<br />
Über den Vogel des Jahres 2007 - der Turmoder<br />
Tüttelfalke (Falco tinnunculus) S. 15<br />
Erhalt der landschaftlichen Vielfalt S. 20<br />
Orchideen im Hochsauerlandkreis - 4. Folge<br />
Gattung „Waldvögelein“ (Cephalanthera) S. 23<br />
Die Kreuzkröte (Bufo calamita) im<br />
Hochsauerlandkreis S. 29<br />
Wo blieben die Wespen? S. 39<br />
Gute <strong>Natur</strong>schutznachrichten aus dem<br />
Sauerland S. 40<br />
Stacheldraht als Fledermausfalle S. 43<br />
Neues von unserer Fläche in Weninghausen S. 44<br />
Entbuschung eines NSG im Lennetal S. 45<br />
Anerkennung unserer <strong>Natur</strong>schutzarbeit S. 46<br />
Wasserbauliche Maßnahmen an der<br />
oberen Ruhr S. 47<br />
Beobachtungen seltener Vogelarten am<br />
Diemelsee S. 48<br />
Seit 25 Jahren - das Landesbüro als Schaltstelle<br />
<strong>für</strong> Verfahrensarbeit S. 49<br />
Insgesamt über 60 Verfahren bearbeitet S. 51<br />
Das neue Landschaftsgesetz NRW S. 52<br />
Obere Landschaftsbeiräte abgeschafft S. 52<br />
Bericht der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft<br />
im VNV (OAG) <strong>für</strong> die Jahre<br />
2005 und 2006 S. 53<br />
Buchbesprechungen S. 74<br />
Jubiläumsnachlese S. 81<br />
Redaktion: Veronika Falkenstein<br />
Harald Legge<br />
Titelfoto: Turmfalkenweibchen<br />
R. Götte<br />
Die Autoren dieser Ausgabe sind: Jens Brune, Veronika Falkenstein, Dr. Hans-Jürgen Geyer, Richard Götte, Dr. Stefan<br />
Kisteneich, Jörg Langanki, Harald Legge, Martin Lindner, Georg Schöllmann, Werner Schubert, Franz-Josef Stein, Klaus Stute,<br />
Dr. Henning Vierhaus
Der VNV wird NABU-Partner<br />
Sicher haben Sie etwas überrascht das Logo des <strong>Natur</strong>schutzbundes Deutschland (NABU)<br />
mit dem Weißstorch und dem Schriftzug „NABU-Partner im Hochsauerlandkreis“ auf<br />
der Titelseite dieser Ausgabe der IRRGEISTER entdeckt. Der VNV ist nun tatsächlich<br />
NABU-Partner im HSK.<br />
Vorgeschichte<br />
Erste Überlegungen einer offiziellen<br />
Zusammenarbeit zwischen VNV<br />
und NABU gab es schon vor über<br />
zehn Jahren. Damals sprach der damalige<br />
NABU-Landesvorsitzende<br />
Heinz Kowalski den VNV wegen<br />
einer engen Zusammenarbeit an.<br />
Gründe gab und gibt es auch heute<br />
da<strong>für</strong> mehrere. Zum einen ist der<br />
HSK der einzige Kreis in NRW, in<br />
dem es bis heute viele NABU-Mitglieder<br />
gibt, aber keinen selbständigen<br />
NABU-Kreisverband. Zum anderen<br />
sind die Aktivitäten des VNV<br />
nahezu deckungsgleich mit dem Engagement<br />
der über 50 anderen Kreisund<br />
Stadtverbände des NABU im<br />
Lande. Aus NABU-Sicht wünschte<br />
man sich daher damals, dass aus dem<br />
VNV der NABU-HSK würde. Dem<br />
VNV war und ist auch heute viel an<br />
seiner Selbstständigkeit gelegen.<br />
Deshalb wurden die Pläne zur engeren<br />
Zusammenarbeit damals wieder<br />
auf Eis gelegt.<br />
Im Juli 2005 sprach der heutige<br />
NABU-Landesvorsitzende Josef<br />
Tumbrinck den VNV erneut auf eine<br />
Zusammenarbeit an. Nun sollte der<br />
VNV nach seinem Vorschlag selbstständig<br />
bleiben, aber zukünftig auch<br />
als „NABU-Partner im Hochsauerland“<br />
erkennbar sein.<br />
Auf der VNV-Jahreshauptversammlung<br />
am 29.04.2006 wurde dann<br />
über dieses Angebot des NABU-<br />
NRW abgestimmt. Die anwesenden<br />
VNV-Mitglieder stimmten bei einer<br />
Enthaltung einstimmig <strong>für</strong> die Partnerschaft<br />
des VNV mit dem NABU.<br />
PARTNER<br />
Besonders in den letzten Wochen<br />
wurden von beiden Seiten die weiteren<br />
konkreten Schritte <strong>für</strong> diese<br />
Partnerschaft unternommen.<br />
Auf der nächsten VNV-Jahreshauptversammlung<br />
im April <strong>2008</strong> soll<br />
dann der Kooperations-Vertrag zwischen<br />
VNV und NABU offiziell unterzeichnet<br />
werden.<br />
Die Stimme des <strong>Natur</strong>schutzes<br />
wird gestärkt<br />
Die Vorteile <strong>für</strong> den <strong>Natur</strong>schutz im<br />
Sauerland allgemein und auch <strong>für</strong><br />
den VNV liegen auf der Hand:<br />
Insgesamt wird die Stimme des <strong>Natur</strong>schutzes<br />
im Sauerland gestärkt.<br />
Der VNV spricht auch die im HSK<br />
wohnenden NABU-Mitglieder an.<br />
Diese bekommen die IRRGEISTER<br />
zugeschickt; und sie werden zu unseren<br />
Jahreshauptversammlungen<br />
eingeladen. Der VNV kommt in den<br />
internen Informationsverteiler des<br />
NABU-NRW. Die Landesgeschäftsstelle<br />
des NABU in Düsseldorf steht<br />
dem VNV mit Rat und Tat zur Seite.<br />
Der VNV nimmt, solange kein eigener<br />
NABU-Kreisverband besteht,<br />
die drei Delegiertenstellen bei der<br />
Landesvertreterversammlung wahr.<br />
Gleichzeitig bleibt der VNV in all<br />
seinen Entscheidungen, in seiner<br />
gesamten Arbeit unabhängig und<br />
selbstständig; er bleibt weiterhin<br />
Mitglied der Landesgemeinschaft<br />
<strong>Natur</strong>schutz und Umwelt (LNU).<br />
Der NABU seinerseits kann den<br />
VNV in Zukunft als einen seiner<br />
Kreisverbände behandeln, ist also im<br />
gesamten NRW flächendeckend vor<br />
Ort vertreten.<br />
Die <strong>Natur</strong> im Sauerland kann also<br />
durch diese Partnerschaft zwischen<br />
VNV und NABU, dem mit mehr als<br />
420000 Mitgliedern größten<br />
<strong>Natur</strong>schutzverband in Deutschland,<br />
nur profitieren.<br />
Wir vom VNV begrüßen herzlich die<br />
NABU-Mitglieder aus dem Sauerland<br />
als neue IRRGEISTER-Leser!<br />
Wir würden uns freuen, Sie in Zukunft<br />
kennen zu lernen. Vielleicht<br />
haben Sie ja Interesse, auch aktiv<br />
mitzuhelfen, die <strong>Natur</strong> im Sauerland<br />
zu erhalten.<br />
Der VNV-Vorstand<br />
IRRGEISTER 2007 3
05.01.<strong>2008</strong>: NSG „Wulsenberg“ bei Marsberg – Abharken eines gemähten und entbuschten<br />
Halbtrockenrasens (Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)<br />
19.01.<strong>2008</strong>: NSG „Glockengrund“ bei Marsberg-Udorf – Zurückschneiden von Hecken<br />
(Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)<br />
02.02.<strong>2008</strong>: NSG „Wulsenberg“ (nahe Steinbruch) bei Marsberg – Entbuschen eines Halbtrockenrasens<br />
(Leiter: Johannes Schröder, 02991/1599)<br />
16.02.<strong>2008</strong>: NSG „Altenfils“ bei Brilon-Rösenbeck – Entbuschen der Heide<br />
(Leiter: Franz-Josef Stein, 02991/1281)<br />
01.03.<strong>2008</strong>: voraussichtl. NSG „Braunshauser Heide“ II bei Hallenberg-Braunshausen – Verbrennen<br />
von Büschen (Leiter: Franz-Josef Stein, 02991/1281)<br />
Siehe auch unter www.vnv-hsk.de !<br />
4 IRRGEISTER 2007<br />
Arbeitseinsätze 1. Quartal <strong>2008</strong><br />
Fotos: H. Legge
IRRGEISTER 2007 5
Die „Flora im östlichen<br />
6 IRRGEISTER 2007<br />
Sauerland“<br />
- ein Meilenstein in der naturkundlichen Erforschung der Region<br />
Schon am Gewicht des Buches von 3,1 kg merkt man, dass es ein gehaltvolles sein muss. Dieser Eindruck<br />
verfestigt sich schnell beim ersten Durchblättern. Die vielen, schönen Farbfotos – nicht nur Pflanzen,<br />
sondern auch Lebensräume – und die ansprechende, übersichtliche Gestaltung machen Lust aufs Lesen.<br />
Und zwar <strong>für</strong> alle an Pflanzen Interessierten, nicht nur <strong>für</strong> eingefleischte Botaniker!<br />
Hintergrund<br />
Hinter solchen Werken wie der „Flora<br />
des östlichen Sauerlandes“ stehen<br />
oft nur wenige Menschen, das ist<br />
auch in diesem Fall so. Kartierer,<br />
also die Menschen, die die Pflanzen<br />
gesucht haben, kommen einige zusammen.<br />
Aber die Erstellung dieses<br />
Buches und, dass muss man ehrlicherweise<br />
sagen, auch ein Großteil<br />
der Kartierarbeit, lagen über Jahre<br />
nur in einer Hand – nämlich beim<br />
Autor Richard Götte.<br />
Seine Wurzeln hat er als echter Sauerländer<br />
in Marsberg-Giershagen,<br />
wo er geboren wurde. Als Keimling,<br />
um im Vokabular der Botanik zu<br />
bleiben, hatte er den ersten, intensiven<br />
Kontakt zur Pflanzenwelt, bei<br />
seinem Onkel in der Gärtnerei Götte.<br />
Und, weil es hier so gut passt, nehmen<br />
wir mal an, dass ihn der Umgang<br />
mit Geranien und Co. bleibend<br />
geprägt hat. Die Sache mit der Gärtnerei<br />
ist übrigens nachher noch von<br />
Bedeutung. Später, als ausgewachsenes<br />
Exemplar, wurde er Polizist.<br />
Er tut auch heute noch seinen Dienst<br />
in der Wache in Brilon. Mitte der<br />
1980er Jahre streckte er seine Wurzeln<br />
in Richtung des VNV aus, wurde<br />
begeisterter Orni, wie man die<br />
Vogelkundler nennt, und nach und<br />
nach auch Botaniker.<br />
Die Anfänge der VNV-Pflanzenkartierung<br />
Als wir vom VNV mit dem Kartieren<br />
von Pflanzen anfingen, damals<br />
vor über 20 Jahren, konnten wir,<br />
überspitzt formuliert, gerade mal<br />
Gänseblümchen und Buche auseinander<br />
halten. Denn wir waren ja alle<br />
keine studierten Botaniker. Fritz<br />
RUNGE, Die Flora Westfalens, das<br />
war <strong>für</strong> uns die Bibel. Und trotzdem<br />
hatte das Lesen im RUNGE, wie man<br />
sagt, zwei Seiten. Zum einen haben<br />
wir erst einmal alles geglaubt und<br />
Werner Schuberts frisch-fröhliche Laudatio<br />
anlässlich der Buchvorstellung „Flora im östlichen<br />
Sauerland“ von Richard Götte am 5.Sept.<br />
2007 in der Sparkasse in Brilon<br />
Der Autor Richard Götte (Mitte) mit seiner Lebensgefährtin<br />
Christiane Kretzschmar und dem stellvertr. Vositzenden<br />
des VNV, Johannes Schröder, während der Buchvorstellung
wir waren erstaunt, was dieser eine<br />
Mensch alles aus Westfalen wusste<br />
oder aus Westfalen zusammengetragen<br />
hatte. Zum anderen haben wir<br />
doch das ein oder andere angezweifelt<br />
und konnten immer mal wieder<br />
sagen: „Das steht bei RUNGE aber<br />
nicht!“ – und das wirkte auf unsere<br />
Motivation wie Adrenalin pur, konnten<br />
wir doch sicher sein, das wir oft<br />
genug die ersten waren, die die Arten<br />
in einem bestimmten Gebiet<br />
erfassten, die eine verschollene Art<br />
<strong>für</strong> den HSK wiederentdeckten oder<br />
noch besser - denen gar der Erstnachweis<br />
einer Art gelang.<br />
Nehmen wir einmal den Berg-<br />
Steppenfenchel (Seseli annuum).<br />
Die Art wurde zuletzt 1869 von<br />
Jüngst auf den Kalkmagerrasen bei<br />
Brilon angegeben. Die gezielte Suche<br />
erbrachte schließlich nach fast<br />
genau 120 Jahren den Wiederfund<br />
durch Uwe Raabe. Er fand die Art<br />
unter anderem am „Gericht“, das ist<br />
der spitze „Kopf“ an der Umgehungsstraße<br />
Brilon vor der Kreuzung<br />
nach Altenbüren.<br />
Oder nehmen wir die Erbsenwicke<br />
(Vicia pisiformis). Die Art wird in<br />
der Florenliste von Nordrhein-Westfalen<br />
nicht geführt. Ein Vorkommen<br />
aus dem Jahr 1920 wurde von anderen<br />
Botanikern angezweifelt. Beim<br />
Studium des alten Herbariums von<br />
Brockhausen fand Richard Götte<br />
dann einen Beleg von Poelmann,<br />
wodurch der alte Nachweis abgesichert<br />
wurde. Dass die Art im letzten<br />
Jahr bei Marsberg-Padberg auf einer<br />
natürlichen Schotterhalde wiederentdeckt<br />
werden konnte, war dann<br />
schon eine kleine Sensation. Sie<br />
merken, Botanik ist auch eine spannende<br />
Sache.<br />
Vielfältige Landschaft<br />
Wie lässt sich der Landschaftsraum,<br />
den die Flora abdeckt, charakterisieren?<br />
Er umfasst die sieben Städte Marsberg<br />
und Brilon im Norden, dann<br />
Bestwig, Olsberg, Winterberg und<br />
im Süden Medebach und Hallenberg.<br />
Dieser Landschaftsraum ist<br />
nicht irgendein Landschaftsraum.<br />
Im Sauerland – nein, man darf wirklich<br />
sagen auch in NRW – werden<br />
Sie kaum Vergleichbares finden. Wir<br />
haben tiefe Lagen um die 250 m, die<br />
schon in den <strong>Natur</strong>raum Weserbergland<br />
gehören, und die höchsten Berge<br />
in NRW mit über 840 m. Die<br />
Jahresmitteltemperatur nimmt zwischen<br />
dem Kahlen Asten und Städten<br />
wie Hallenberg oder Marsberg<br />
um +3 Grad zu. Das sind klimatisch<br />
betrachtet Welten. Das ist der Spagat<br />
zwischen dem dealpinen<br />
Florenelement und dem<br />
submediterranen. Die Höhe der<br />
Jahresniederschläge steigt von<br />
Marsberg / Hallenberg von rund 700<br />
mm auf das Doppelte mit fast 1500<br />
mm in den Hochlagen. Geologisch<br />
finden wir eine Bandbreite an Gesteinen<br />
von Zechsteinkalk in Marsberg,<br />
Massenkalk in Brilon (mit den<br />
höchstgelegenen Kalkmagerrasen in<br />
NRW), den Quarzporphyrfelsen der<br />
Bruchhauser Steine bis hin zu Diabasen<br />
und Schiefern. All dies sind<br />
die Grundlagen <strong>für</strong> eine überaus<br />
reichhaltige Pflanzenwelt.<br />
Die Flora – ein Lebenswerk<br />
So ein Buch zu erstellen, das braucht<br />
seine Zeit. Letztlich hat es über 20<br />
Jahre gedauert, bis das Werk den<br />
Reifegrad erreicht hat, bei dem man<br />
sagen kann: „Das kann man vorzeigen,<br />
das bringt einen neuen Wissensstand<br />
<strong>für</strong> die Region.“ Und das, obwohl<br />
zwischenzeitlich ein bundesweiter<br />
sowie ein nordrhein-westfälischer<br />
Verbreitungsatlas erschienen<br />
sind und <strong>für</strong> die Richard Götte zudem<br />
als Regionalkoordinator tätig<br />
war. Steht denn da nicht schon alles<br />
drin? Nein, bei weitem nicht. Die<br />
„Flora des östlichen Sauerlandes“<br />
bringt wirklich viel Neues. Sie ist<br />
viel genauer, sie nennt Fundorte, die<br />
historischen Angaben sind sämtlich<br />
überprüft, und wenn man den Vergleich<br />
mit RUNGE zieht, sind zwischen<br />
100 und 200 Arten neu <strong>für</strong> das<br />
Gebiet beschrieben. Das Buch ist ein<br />
absoluter Gewinn <strong>für</strong> die Region.<br />
Schmökern im neuen Buch<br />
Auf das neue Buch und seinen Autor!<br />
Ist das Buch auch etwas <strong>für</strong> uns?<br />
Ein solches auf den Markt zu bringen,<br />
ist trotz Förderung durchaus ein<br />
finanzielles Risiko. Viele Menschen<br />
müssen die Flora kaufen, damit es<br />
sich, wie man so schön sagt, rechnet.<br />
Dabei vermutet der Kenner hinter<br />
einer „Flora“ einen Verbreitungsatlas,<br />
meist Rasterkarten, viele Punkte,<br />
viel trockenen Lesestoff.<br />
Wie kann ich Ihnen das Buch<br />
schmackhaft machen? Ich möchte es<br />
mal so versuchen. Jeder Punkt auf<br />
einer Verbreitungskarte steht <strong>für</strong> ein<br />
Pflanzenvorkommen, also etwas<br />
höchst Lebendiges. Und jeder Punkt<br />
ist mit einem Menschen verbunden.<br />
Da ist jemand in die Landschaft gegangen,<br />
hat gesucht, hat im<br />
Kartierbogen die Art vermerkt. Er<br />
IRRGEISTER 2007 7
Der Autor rief und alle kamen ...<br />
... na ja, jedenfalls mehr als 100<br />
Das Foyer der Sparkasse Hochsauerland war gut<br />
gefüllt.<br />
hat den Bogen bei Richard Götte abgegeben.<br />
Dieser hat die analogen<br />
Daten geprüft, sie in moderne, digitale<br />
Datensätze umgewandelt, bis sie<br />
dann zu einem aussagekräftigen,<br />
aber zugegebenermaßen toten<br />
schwarzen Punkt wurden.<br />
Nur <strong>für</strong> Spezialisten?<br />
Also doch das vermutete Buch nur<br />
<strong>für</strong> Spezialisten? Weit gefehlt! Gespickt<br />
mit Hunderten brillanter<br />
Farbfotos, und da verspreche ich<br />
nicht zu viel, ist es <strong>für</strong> jeden etwas,<br />
der sich die Freude an der heimischen<br />
Pflanzenwelt bewahrt hat oder<br />
der sie noch entdecken will.<br />
8 IRRGEISTER 2007<br />
Und wenn wir unsere „Flora“ mit<br />
anderen Floren vergleichen, können<br />
wir feststellen: So genau hat in<br />
Deutschland bisher niemand ein so<br />
großes Gebiet von rund 1000 Quadratkilometern<br />
erfasst. Jedes der sieben<br />
ganz oder teilweise bearbeiteten<br />
Messtischblätter wurde in 64<br />
gleiche Raster aufgeteilt. Das ergibt<br />
<strong>für</strong> das Kartiergebiet 572 Felder.<br />
Will man ein exzellentes Ergebnis<br />
haben, und das wollten wir ja alle,<br />
darf man sich beim Kartieren nicht<br />
von dem Spruch von Franz<br />
Wittkamp leiten lassen, der da heißt:<br />
„Blumen, die wir selten sehen, haben<br />
es uns angetan. Wir bewundern<br />
Orchideen und verachten Löwenzahn.“<br />
(Frantz Wittkamp 1943)<br />
Nein, <strong>für</strong> jeden dieser etwa 2 Quadratkilometer<br />
großen Landschaftsausschnitte<br />
wurden alle Pflanzenarten<br />
erfasst von A wie Ahorn bis Z<br />
wie Zaunwinde. Und nur, wenn man<br />
Löwenzahn und Co. nicht vergisst,<br />
bekommt man bis zu 518 verschiedene<br />
Pflanzenarten <strong>für</strong> ein solches<br />
Stückchen Sauerländer Landschaft<br />
zusammen. Insgesamt beschreibt die<br />
„Flora“ aktuell 1378 Pflanzenarten/<br />
-sippen <strong>für</strong> diesen Landschaftsraum.<br />
Wie kommt ein solch hervorragendes<br />
Ergebnis zu Stande?<br />
Nun, Richard Götte hat mit der Akribie<br />
eines Kriminalisten bei der<br />
Spurensuche, oft in detektivischer<br />
Kleinarbeit und manchmal mit der<br />
Spürnase eines Polizeihundes jedes<br />
noch so kleine, aber wichtige Detail<br />
zusammengetragen. „Falsche Daten“<br />
entlarvte er in intensiven Verhören,<br />
bei „guten“ Daten erfolgte der<br />
anerkennende Freispruch. Viele<br />
Menschen hat er durch seine Arbeit<br />
gefesselt, und wenn es zum Beispiel<br />
ums unbeliebte Korrekturlesen ging,<br />
hat er dem ein oder anderen auch<br />
kurzerhand Handschellen angelegt.<br />
Um Ihnen ein Beispiel <strong>für</strong> die<br />
Detektivarbeit zu geben, nehmen wir<br />
die Art Flussgreiskraut, mit dem<br />
schönen lateinischen Namen Senecio<br />
sarracensis. Bei RUNGE ist die Art<br />
nur <strong>für</strong> das östliche Sauerland genannt,<br />
und zwar an der Diemel –<br />
angegeben von Baruch/Nölle 1903.<br />
Allerdings wurde diese Angabe angezweifelt.<br />
Das Herbarium von<br />
Baruch und Nölle liegt in Halle, in<br />
den neuen Bundesländern. Was liegt<br />
näher, als <strong>für</strong> die Kontrolle dieser<br />
Angabe nach Halle zu fahren und das<br />
Herbarium einzusehen. Und siehe<br />
da, hier findet sich der Originalbeleg<br />
des Lehrers Schmitz, der am<br />
Petrinum in Brilon unterrichtet hat;<br />
den Beleg hatte allerdings noch niemand<br />
bisher kontrolliert.<br />
Aber nicht nur dieses Herbarium,<br />
sondern auch die in Paderborn, Münster<br />
und Bonn mussten sich einer<br />
Obduktion durch Richard Götte unterziehen.<br />
Auch Kommissar Zufall hat ab und<br />
zu mitgeholfen. Vor Jahren meldete<br />
sich bei mir in der Biologischen Station<br />
ein Herr Dohle aus Meschede-<br />
Eversberg, der leider mittlerweile<br />
verstorben ist. Er betreute das Heimatmuseum<br />
und hatte dort ein Herbarium<br />
gefunden. Die „Flora des östlichen<br />
Sauerlandes“ war noch eine<br />
vage Idee. Und so vergingen noch<br />
einige Jahre, bis ich Richard Götte<br />
noch einmal auf das Herbarium hinwies.<br />
Um so etwas aufzuarbeiten,<br />
muss man es einfach ausleihen. Das<br />
wollte Herr Dohle nicht, es sei zu<br />
wertvoll. Im Gespräch stellte sich<br />
jedoch heraus, dass die beiden–<br />
Altersdifferenz ca. 40 Jahre – ohne<br />
dass sie es ahnten, sich von früher<br />
kannten. Herr Dohle war früher Blumenhändler<br />
– Sie ahnen, worauf es<br />
hinausläuft – und er hat auch die<br />
Gärtnerei Götte in Giershagen beliefert,<br />
in der der kleine Richard zwischen<br />
Topfblumen und Salatpflanzen<br />
manchen Tag verbracht hat. An<br />
den kleinen Kerl konnte sich Herr<br />
Dohle noch erinnern. Nun – das Herbarium<br />
wurde ausgeliehen und<br />
brachte noch manch Interessantes<br />
hervor.
IRRGEISTER 2007 9
Viele Käufer braucht das<br />
Buch!<br />
Zum Schluss eine Bitte: Machen<br />
Sie Werbung <strong>für</strong> das Werk, damit<br />
es viele Käufer findet! Die<br />
„Flora des östlichen Sauerlandes“<br />
verdient eine weite Verbreitung.<br />
Und: Der Gewinn, den<br />
der VNV beim Verkauf des Buches<br />
macht, kommt unserer<br />
<strong>Natur</strong>schutzarbeit direkt zu<br />
Gute.<br />
Ich wünsche Ihnen viel Spaß<br />
und viele Überraschungen beim<br />
Lesen und Blättern in der „Flora<br />
des östlichen Sauerlandes“,<br />
geschrieben von einem Überzeugungstäter.<br />
Und ich wünsche<br />
mir, dass unsere „Flora“ <strong>für</strong> die,<br />
die mitgemacht haben, Ansporn<br />
ist weiterzumachen. Und dass<br />
sie <strong>für</strong> andere Menschen Motivation<br />
ist, sich der Botanik zu<br />
widmen. Vieles im Sauerland ist<br />
trotz dieser Flora noch nicht erforscht<br />
und harrt der Entdeckung!<br />
Werner Schubert<br />
10 IRRGEISTER 2007<br />
Der Autor selber machte in einem ausführlichen Power-Point-Vortrag sein Buch schmackhaft<br />
- zu Recht!<br />
Fast unerschöpfliche Informationen mit einer großen Anzahl<br />
neuer Erkenntnisse und wunderschöne Bilder stehen<br />
in der Flora zur Verfügung.<br />
Machen Sie sich diese zu Nutze. Kaufen Sie die „Flora im<br />
östlichen Sauerland“ <strong>für</strong> 44,- Euro. Oder lassen Sie sich<br />
das Buch schenken. Es lohnt sich!<br />
Zu beziehen bei Richard Götte, Am Kalvarienberg 1, 59929<br />
Brilon, Telefon: 02961-908710, E-Mail:<br />
richard.goette@t-online.de , Versandkosten 6,— Euro<br />
Lächeln <strong>für</strong> die Journalisten - im Bild von links Werner Schubert, Autor Richard Götte und Peter Wagner von<br />
der Sparkasse Hochsauerland
Die Flora im östlichen Sauerland<br />
Der <strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz im HSK e.V. hat nach dem „Handbuch <strong>Natur</strong>“ nun<br />
ein weiteres Buch veröffentlicht. Die „Flora im östlichen Sauerland“ ist im September<br />
erschienen.<br />
Auf 600 reich bebilderten Seiten werden die Farn- und Blütenpflanzen des östlichen Hochsauerlandkreises<br />
vorgestellt.<br />
Entstehungsgeschichte und<br />
Aufbau des Buches<br />
Dieser pflanzengeografisch hoch interessante<br />
Raum wird schon seit<br />
etwa 25 Jahren durch <strong>Verein</strong>smitglieder<br />
auf bestimmte naturschutzrelevante<br />
Arten untersucht. Dabei<br />
kamen durch die Botaniker des VNV<br />
viele interessante, aber auch überraschende<br />
Erkenntnisse ans<br />
Licht.<br />
Zwischen 1992 und 1999<br />
hat sich der VNV am Atlas<br />
der Farn- und Blütenpflanzen<br />
in Nordrhein-<br />
Westfalen beteiligt, der<br />
2002 erschienen ist. Da die<br />
Verbreitungskarten dort nur<br />
auf einer Messtischblatt-<br />
Quadranten-Basis1 dargestellt<br />
werden und Fundortangaben<br />
völlig fehlen, war<br />
es an der Zeit, unser umfangreiches<br />
Wissen und die<br />
erheblichen Datenmengen<br />
in Form einer Flora zu veröffentlichen.<br />
Ab 2003 wurde durch den<br />
Autor systematisch an dem<br />
Projekt „Flora im östlichen<br />
Sauerland“ gearbeitet.<br />
Auf dem feinen Raster von<br />
1/16-MTB-Quadranten (64<br />
Raster der Größe von etwa<br />
1,4 km˝) wurden Erfassungslücken<br />
durch gezielte Begehungen<br />
geschlossen. So wurden alle<br />
572 Raster des Gebietes mindestens<br />
zwei Mal, im Frühjahr und im Sommer,<br />
aufgesucht und auf den gesamten<br />
Pflanzenbestand untersucht.<br />
Um auch die Veränderungen in der<br />
Landschaft deutlich zu machen,<br />
wurden die gesamte Literatur des<br />
Raumes ausgewertet und auch diese<br />
Funddaten soweit möglich dem<br />
vorgegebenen Raster zugewiesen.<br />
Wo erforderlich wurden die Angaben<br />
kritisch kommentiert.<br />
Ergänzt und zur Absicherung von<br />
zweifelhaften Angaben wird die<br />
Literaturauswertung durch die gezielte<br />
Auswertung von Herbarien in<br />
Münster, Bonn, Paderborn und Halle<br />
(Saale) und Berlin. Durch die Zuweisung<br />
von unterschiedlichen Symbolen<br />
<strong>für</strong> verschiedene Zeiträume<br />
lassen sich so die historischen Daten<br />
in den Verbreitungskarten wieder<br />
finden.<br />
Für seltenere Pflanzenarten – hiermit<br />
ist das Untersuchungsgebiet gesegnet<br />
– wurden die aktuellen und<br />
historischen Funde nach den Stadtgebieten<br />
geordnet aufgelistet.<br />
Neben den Verbreitungskarten<br />
und den Fundortlisten<br />
werden die<br />
Pflanzenarten einzeln<br />
vorgestellt. Ansprüche<br />
der Arten mit ihren<br />
Standorten in der Landschaft,<br />
Verbreitung,<br />
Häufigkeit, Gefährdung<br />
und die erste Erwähnung<br />
in der Literatur sind die<br />
regelmäßigen Angaben.<br />
Damit die Flora auch den<br />
kritischen Artengruppen<br />
gerecht wird, unter anderem<br />
Brombeeren,<br />
Habichtskräutern oder<br />
Rosen, wurden regelmäßig<br />
und gezielt Belege<br />
dieser Arten gesammelt,<br />
um sie anderen Botanikern<br />
zur Revision vorlegen<br />
zu können. Dadurch<br />
können auch zu diesen<br />
Arten abgesicherte Aussagen<br />
gemacht werden.<br />
Zu weiteren kritischen Artengruppen<br />
wie den Löwenzähnen oder den<br />
Wasserhahnenfüßen sind allerdings<br />
weitere Untersuchungen erforderlich.<br />
1 Eine topographische Karte 1:25.000 – auch Messtischblatt (MTB) genannte Karte, wird dabei in vier Quadrate geteilt.<br />
IRRGEISTER 2007 11
Auch im Buch: Vergleich von Landschaften<br />
früher und heute, hier am Beispiel<br />
Winterberg 1910/2004<br />
Hohlzunge (Coeloglossum<br />
viride damals: Habenaria<br />
viride) im Herbarium<br />
Beckhaus im Museum in<br />
Münster<br />
12 IRRGEISTER 2007<br />
Der Vorstellung der Pflanzenarten ist<br />
ein allgemeiner Teil vorangestellt.<br />
Dort wird das Untersuchungsgebiet<br />
beschrieben. Auf die geografische<br />
Lage, den <strong>Natur</strong>raum, die Geologie,<br />
Höhenlage und Klima sowie die Bevölkerung<br />
und kulturelle Entwicklung<br />
wird eingegangen.<br />
Die Veränderungen in der Landschaft<br />
der letzten hundert Jahre beeindrucken<br />
durch Vergleich von<br />
Landschaftsfotos und durch<br />
Nutzungskarten vom Beginn des 20.<br />
Jahrhunderts und heute.<br />
Die Flora und Vegetation wird durch<br />
die Florenelemente und auf illustrierte<br />
Weise durch die Landschaftselemente<br />
und Vegetationstypen dargestellt.<br />
Anschließend wird auf die<br />
<strong>Natur</strong>schutzarbeit und auf<br />
Gefährdungsursachen der Pflanzenwelt<br />
im Sauerland<br />
eingegangen. Auch<br />
hier werden die Gefährdungen<br />
durch<br />
eingehende Bilder<br />
verdeutlicht.<br />
Statistisch wird die<br />
Gefährdungssituation<br />
der Flora im östlichen<br />
Sauerland in verschiedenen<br />
Grafiken<br />
ausgewertet. Die Ergebnisse<br />
werden<br />
kommentiert.<br />
Einen breiten Raum mit zahlreichen<br />
Abbildungen nimmt die Geschichte<br />
der floristischen Erforschung des<br />
östlichen Sauerlandes ein. An einer<br />
Zeitskala lassen sich die Aktivitäten<br />
der verschiedenen Botaniker ablesen.<br />
Beispielhaft werden Titel der<br />
Veröffentlichungen abgebildet und<br />
Ausschnitte aus den Texten zitiert.<br />
Auch werden historische Herbarbelege<br />
aus den Anfängen der Erforschung<br />
zu Beginn des 19. Jahrhunderts<br />
abgebildet.<br />
Am Ende des Buches befinden sich<br />
ein umfangreiches Literaturverzeichnis<br />
und ein Register aller deutschen<br />
und lateinischen Pflanzennamen.<br />
Feldenzian (Gentianella ampestris)
Ergebnisse<br />
Sehr eindrucksvoll lassen sich Veränderungen<br />
der Landschaft auch in<br />
der Veränderung der Verbreitung bestimmter<br />
Pflanzen darstellen. Ein<br />
Beispiel ist die Verbreitungskarte<br />
des Feldenzians (Gentianella<br />
campestris).<br />
Die starke Abnahme der offenen und<br />
meist stickstoffarmen Standorte im<br />
Hochsauerland durch Aufforstungen<br />
im 19. und 20. Jahrhundert und der<br />
Einsatz des Mineraldüngers im letzten<br />
Jahrhundert zeigen sich nicht nur<br />
in den Nutzungskarten und auf den<br />
historischen Fotos. Auch die starke<br />
Abnahme der Art, die auf Standorte<br />
wie Borstgrasrasen, magere Weiden<br />
und Heideflächen angewiesen ist,<br />
macht dies deutlich.<br />
Auch Arealgrenzen bestimmter Arten<br />
lassen sich durch die<br />
Verbreitungskarten darstellen. Ein<br />
Weiße Pestwurz (Petasites albus) in der<br />
Dillmecke bei Medelon<br />
sehr beeindruckendes Beispiel<br />
ist die nordwestliche<br />
mitteleuropäische<br />
Verbreitungsgrenze des Leberblümchens<br />
(Hepatica<br />
nobilis). Durch die feinen<br />
Raster lässt sich sehr schön<br />
die Ausdünnung der Standorte<br />
in Richtung Westen erkennen.<br />
Andere Arten haben in ihrer<br />
Arealausbreitung<br />
Höhengrenzen. Entweder<br />
kommen sie nur in den Höhenlagen<br />
vor, wie die weiße<br />
Pestwurz (Petasites<br />
albus), oder sie besiedeln<br />
nur die klimatisch günstigeren<br />
Tieflagen und sind in<br />
den Höhenlagen sehr selten,<br />
wie der Sumpf-Ziest<br />
(Stachys palustris) oder der<br />
Klatschmohn (Papaver<br />
rhoeas).<br />
Sumpfziest (Stachys<br />
palustris) im Orketal bei<br />
Winterberg<br />
Die komplette Seite 98 (im Buch in Farbe) über<br />
das Leberblümchen (Hepatica nobilis)<br />
IRRGEISTER 2007 13
Steinquendel (Acinos arvensis)<br />
Auf basenreiches Bodensubstrat der<br />
Kalkgebiete sind einige Arten angewiesen.<br />
Als Beispiel sei hier der<br />
Steinquendel (Acinos arvensis) angeführt.<br />
Als Neubürger in starker Ausbreitung<br />
sei hier der Salzschwaden<br />
(Puccinellia distans) genannt. Durch<br />
die winterlichen Salzgaben breitet er<br />
sich an Straßenrändern im Sauerland<br />
aus.<br />
Salzschwaden (Puccinellia distans)<br />
14 IRRGEISTER 2007<br />
Durch gezielte Nachsuche konnte<br />
das in NRW seit 1964 nicht mehr<br />
nachgewiesene und leicht zu übersehende<br />
Läger-Rispengras (Poa<br />
supina) in den Höhenlagen wieder<br />
gefunden werden.<br />
Auch eine Reihe sehr seltener Pflanzen<br />
in NRW kann im östlichen Sauerland<br />
angetroffen werden. Dazu gehört<br />
unter anderem die Distel-<br />
Sommerwurz (Orobanche<br />
reticulata) oder auch das bei<br />
Distel-Sommerwurz (Orobanche<br />
reticulata)<br />
Westfälisches Galmeiveilchen (Viola<br />
guestfalica)<br />
Blankenrode und im Wäschebachtal<br />
endemische (auf der Welt nur<br />
dort vorkommende) Westfälische<br />
Galmeiveilchen (Viola guestfalica).<br />
Richard Götte<br />
„Flora im östlichen Sauerland“<br />
Zu beziehen bei Richard Götte, Am Kalvarienberg 1,<br />
59929 Brilon, Telefon: 02961-908710,<br />
E-Mail: richard.goette@t-online.de ,<br />
Versandkosten 6,— Euro
Über den Vogel des Jahres 2007<br />
- der Turm- oder Rüttelfalke (Falco tinnunnculus)<br />
Kurzsteckbrief Turmfalke<br />
(Falco tinnunculus):<br />
Größe: ca. 35 cm<br />
Flügelspannweite: ca. 76 cm<br />
Gewicht: Terzel: ca. 200 g<br />
Weibchen: ca. 230 g<br />
Höchstalter Wildnis: 17 Jahre<br />
1. Einleitung<br />
Der Turmfalke dürfte eine der wenigen<br />
Vogelarten sein, die noch von<br />
einer Mehrheit der Bevölkerung erkannt<br />
wird. Denn die über der offenen<br />
Landschaft fliegenden und rüttelnden<br />
Falken sind nicht zu übersehen.<br />
Selbst in den Städten sind sie<br />
an Gebäuden anzutreffen. Vom<br />
NABU wurde der Turmfalke zum<br />
Vogel des Jahres 2007 gewählt, um<br />
diesen oft in enger Nachbarschaft<br />
zum Menschen lebenden Greif in<br />
den Focus der Öffentlichkeit zu stellen.<br />
2. Namen<br />
Der Name Turmfalke leitet sich<br />
schlicht vom häufigen Brüten an<br />
Türmen ab, während der „Zweitname“<br />
Rüttelfalk vom Rüttelflug des<br />
Falken stammt, mit welchem er sich<br />
auf der gleichen Stelle in der Luft<br />
hält. Der lateinische Artname<br />
Tinunculus, von lateinischen tinnire<br />
(= klingeln), schon von GESNER 1669<br />
eingeführt, kommt vom Ruf des Falken.<br />
Als deutschen Namen führt<br />
GESNER im 17. Jahrhundert<br />
„Wannenweher“ auf. Andere frühere<br />
Namen waren Mauer-, Dom-,<br />
Kirch-, Mäuse- und Rotfalke, ferner<br />
Rüddelgeier, Graukopf, Sterengall,<br />
Turmweih, Wieg- und Windwehe.<br />
Alte westfälische Namen waren<br />
Toonfalk, Musekibbeler und<br />
Musekips (KOCH 1881).<br />
3. Kennzeichen, Stimme und Verbreitung<br />
Der Turmfalke ist ein kleiner, überwiegend<br />
rotbraun gefärbter Greifvogel.<br />
Von unseren heimischen Greifen<br />
ist nur das Sperbermännchen<br />
kleiner. Das Männchen, der Terzel 1 ,<br />
ist ein sehr schmucker Greif mit<br />
aschgrauem Kopf, Nacken und<br />
Schwanz. Der Rücken des Terzels ist<br />
rotbraun mit kleinen schwarzen<br />
Flecken. Die Unterseite ist gelblich<br />
mit kleinen schwarzen Tropfenflecken.<br />
Das Weibchen ist dagegen<br />
an der Körperoberseite rotbraun mit<br />
dichter Querbänderung und<br />
Fleckung, selten sind Kopf, Bürzel<br />
und Schwanzbasis grau gefärbt. An<br />
der Unterseite ist das Weibchen ähnlich<br />
wie der Terzel gefärbt, nur stärker<br />
gefleckt. Die Jungfalken sehen<br />
bis zur Mauser ähnlich wie die Weibchen<br />
aus. In der Luft wirkt der Turmfalke<br />
meist spitzflügelig und<br />
langschwänzig. Der Falke fliegt mit<br />
Turmfalke Foto: M. Heng / NABU<br />
lockeren Flügelschlägen mit meist<br />
kurzen Gleitstrecken. Beim Segeln<br />
und Rütteln ist deutlich die schwarze<br />
Endbinde am Schwanz zu sehen.<br />
In der Brutzeit ist der Turmfalke ruffreudig<br />
und lässt oft ein rhythmisches,<br />
scharfes „kik-kik-kik-kik ...“<br />
hören. Das Weibchen ruft etwas tiefer<br />
als der Terzel. Die Bettelrufe des<br />
Weibchens und der Jungfalken sind<br />
ein wimmernder, vibrierender, mehrfach<br />
sich wiederholender Triller<br />
„kir’r’rl“. Daneben gibt es noch eine<br />
Reihe weiterer Rufe.<br />
Der Turmfalke besiedelt in 11 Unterarten<br />
große Teile von Europa, Asien<br />
und Afrika. In Europa fehlt er nur<br />
auf Island und einigen anderen nördlichen<br />
Inseln. In Europa kommt, bis<br />
auf der zu Portugal gehörenden Insel<br />
Madeira, nur die Unterart<br />
tinnunculus vor.<br />
4. Lebensraum und Brutplatz<br />
Der typische Lebensraum in Europa<br />
ist die abwechslungsreiche Kulturlandschaft<br />
mit Wiesen und Äkkern.<br />
Grundsätzlich und vor allem<br />
auch außerhalb der Brutzeit ist der<br />
IRRGEISTER 2007 15
Turmfalke in allen offenen Landschaften<br />
anzutreffen. Über die Brutplätze<br />
wusste schon GESNER 1669 zu<br />
berichten: „Dieser Vogel nistet in<br />
den hohen Thürnen und Gebäuden /<br />
auch in den hohlen Bäumen und<br />
Kirchenmauren.“ Der Brutplatz liegt<br />
auch heute noch oft an Gebäuden<br />
aller Art.<br />
Häufig nutzt er ferner Nester anderer<br />
Vögel, denn der Turmfalke baut<br />
wie alle anderen Falkenarten kein<br />
eigenes Nest bzw. keinen Horst.<br />
Meist sind es Krähen- oder Elsternester<br />
an Waldrändern, in Feldgehölzen,<br />
in Baumreihen oder in<br />
Einzelbäumen, in denen er brütet.<br />
Gelegentlich werden auch Taubennester<br />
und Greifvogelhorste genutzt.<br />
Auch Krähennester in<br />
Hochspannungsmasten werden inzwischen<br />
besiedelt.<br />
Die Nähe des Menschen scheut der<br />
Rüttelfalk nicht, wie sein häufiges<br />
Brüten an Gebäuden zeigt. Er brütet<br />
auch in Kolonien anderer Vögel wie<br />
Saatkrähe (Corvus frugilegus) und<br />
Graureiher (Ardea cinerea). An Gebäuden<br />
und Felsen brütet er zusammen<br />
mit Dohlen (Corvus monedula),<br />
Straßentaube (Columba livia forma<br />
domestica) und Hohltaube<br />
(Columba oenas). Auch der Turmfalke<br />
selbst kann kolonieartig nisten.<br />
So waren die Bruchhauser Steine<br />
von 1984 bis 1989 gleichzeitig von<br />
5 Brutpaaren besiedelt. Als sich<br />
1989 der Wanderfalke (Falco<br />
peregrinus) im NSG „Bruchhauser<br />
Steine“ ansiedelte, schritt aber nur<br />
ein Turmfalkenpaar zur Brut, da die<br />
Wanderfalken die Turmfalken in<br />
heftigen Luftkämpfen attackierten.<br />
Nach einer erfolglosen Brut eines<br />
Paares 1990 gaben die Turmfalken<br />
diesen Brutplatz bis heute auf.<br />
Obwohl er vom Uhu (Bubo bubo) als<br />
Beute geschlagen wird, brütet der<br />
Turmfalke am gleichen Fels oder<br />
Steinbruch. In der Brutzeit 2005,<br />
Höhepunkt der größten Feldmausgradation<br />
seit Jahren, waren im Sauerland<br />
fünf Uhubrutplätze in Steinbrüchen<br />
gleichzeitig mit<br />
Turmfalkenpaaren besiedelt.<br />
16 IRRGEISTER 2007<br />
Vielfach werden auch Nistkästen<br />
angenommen.<br />
5. Fortpflanzung und Wanderungen<br />
Turmfalken können schon im ersten<br />
Lebensjahr, also dem auf die Geburt<br />
folgenden Jahr, brüten.<br />
Von Ende Februar bis Anfang Mai,<br />
meist aber im März und April, kann<br />
sich die ruffreudige Balz erstrecken.<br />
Von Ende März bis Anfang Juni,<br />
meist im April und Mai, wird das<br />
normalerweise aus 3-7 Eiern bestehende<br />
Gelege gezeitigt. Nach 28-29<br />
Tagen schlüpfen die Falken von Mai<br />
bis Mitte Juli, meist im Mai und<br />
Juni. Während der Brut und der<br />
Huderphase muss der Terzel allein<br />
die Nahrung herbeischaffen. Das<br />
Weibchen betreut während dieser<br />
Zeit allein die Eier und Jungen.<br />
Nach der Huderphase beteiligt sich<br />
das Weibchen an der Nahrungsversorgung<br />
der Brut.<br />
Nach 28 bis 32 Tagen fliegen die<br />
Jungfalken von Ende Mai bis Mitte<br />
August, meist im Juni und Juli, aus.<br />
Nach dem Ausfliegen werden die<br />
Jungfalken noch 2 bis 4 Wochen von<br />
den Eltern mit Nahrung versorgt.<br />
Danach sind die Falken selbstständig<br />
und verstreichen aus dem elterlichen<br />
Revier. Durchschnittlich 50 km vom<br />
Geburtsort siedeln sich die Turmfalken<br />
später an (KOSTRZEWA, R. & A.<br />
KOSTRZEWA 1993).<br />
Der Turmfalke ist in seinem Verbreitungsgebiet<br />
sowohl Stand-, Strichund<br />
Zugvogel. Dies hängt vorwiegend<br />
von der Erreichbarkeit und<br />
Verfügbarkeit der Nahrung im Winter<br />
ab. Die Falken dürften im HSK<br />
heute Stand- und Strichvögel sein.<br />
Im Zuge der globalen Klimaerwärmung<br />
wird der Turmfalke vermutlich<br />
zunehmend in Deutschland<br />
zum Standvogel werden. Einzelne<br />
beringte deutsche Turmfalken sind<br />
früher bis nach Nordafrika gezogen<br />
(PIECHOCKI 1991).<br />
Schlagen einer Maus: (1) Anflug, (2) Rütteln, (3) Gleitstrecke, (4) Rütteln, (5) Steilstoß,<br />
(6) Schlagen, (7) Steigflug, (8) Transport und (9) Aufgeblockt mit Beute (Zeichnung F.<br />
Weick in KOSTRZEWA & KOSTRZEWA ,1993 - mit frdl. Genehmigung des Aula-Verlages).
6. Nahrung und Jagd<br />
Über die Nahrung gab schon GESNER<br />
1669 die richtigen Hinweise: „Der<br />
Wanneneher lebet von den<br />
Flädermäusen / Mäusen / Heuschrecken<br />
/ Wespen / kleinen Vögeln<br />
/ und kriechenden Thieren.“ Die<br />
Feldmaus (Microtus arvalis) ist in<br />
Mitteleuropa das Hauptbeutetier,<br />
dazu kommen noch weitere Mäusearten.<br />
Die Nager können bis zu 95%<br />
der Beute ausmachen (GENSBÖL &<br />
THIEDE 2005). Daneben werden Vögel,<br />
häufig Jungvögel, Insekten, Regenwürmer<br />
und Eidechsen gejagt. In<br />
südlichen Ländern können Eidechsen<br />
und Insekten die Hauptbeute<br />
ausmachen. Der Turmfalke jagt im<br />
Rüttelflug und vom Ansitz aus. Um<br />
Energie zu sparen, jagt er im Winter<br />
zu 85 % vom Ansitz aus und nur zu<br />
15 % im Rüttelflug (MEBS &<br />
SCHMIDT 2006). Im Verlauf des sonstigen<br />
Jahres werden die beiden<br />
Jagdtechniken ungefähr gleich häufig<br />
angewandt. Einen Eindruck über<br />
den Ablauf einer Mäusejagd gibt die<br />
Zeichnung auf der vorigen Seite. Das<br />
Jagdgebiet der Falken ist bis zu 200<br />
ha groß.<br />
7. Bestand<br />
Der Turmfalke dürfte schon seit<br />
Jahrhunderten in Mitteleuropa der<br />
nach dem Mäusebussard (Buteo<br />
buteo) zweithäufigste Greifvogel<br />
gewesen sein. Nach aktuellen Daten<br />
brüten in Europa mindestens 413<br />
500 Brutpaare (MEBS & SCHMIDT<br />
2006). Für Deutschland wird der<br />
Bestand mit 42 000 – 57 000 Brutpaaren<br />
und <strong>für</strong> NRW mit ca. 3000<br />
Brutpaaren angegeben (ebd.).<br />
Der Bestand der Turmfalken-Brutpaare<br />
kann auf der gleichen Fläche<br />
stark schwanken. In Schleswig-Holstein<br />
wurden Bestandsschwankungen<br />
von 400 % gefunden<br />
(GENSBÖL & THIEDE 2005). Diese<br />
Schwankungen sind sowohl durch<br />
die Witterung als auch die Verfügbarkeit<br />
der Hauptnahrung, der Mäuse,<br />
bedingt. Nach harten Wintern<br />
brüteten teilweise erheblich weniger<br />
Nach Beute spähender Turmfalke Foto: A. Klein / NABU<br />
Paare, da viele Turmfalken in harten<br />
Wintern umkamen. Auch bei einem<br />
Zusammenbruch der Feldmaus-<br />
Population brechen die Brut-Bestände<br />
ein. In den 50er und 60er Jahren<br />
gab es bereits größere Bestandsrückgänge,<br />
die auf Pestizide zurückgeführt<br />
werden (GENSBÖL & THIEDE<br />
2005). Danach konnten sich die Bestände<br />
wieder erholen (ebd.).<br />
Seit den 90er Jahren gibt es in Teilen<br />
Europas neuerliche Bestandsrückgänge<br />
(MEBS & SCHMIDT 2006).<br />
In NRW erscheint der Turmfalke im<br />
Bestand gegenwärtig nicht gefährdet<br />
zu sein (NWO 2002). Die Art könnte<br />
aber schon bald deutlich zurückgehen,<br />
da kürzlich beschlossen wurde,<br />
die in den letzten Jahren von der EU<br />
vorgeschriebenen Flächenstilllegungen<br />
von Ackerflächen zu beenden,<br />
weil inzwischen die Nachfrage<br />
nach landwirtschaftlichen Produkten<br />
und der Preis deutlich gestiegen<br />
ist. Der Preisanstieg ist bedingt<br />
durch eine gestiegene globale Nachfrage<br />
nach Agrarprodukten als Nahrungsmittel<br />
und als Grundstoff <strong>für</strong><br />
Biotreibstoffe. Die Flächenstilllegungen<br />
stellen noch wichtige Jagdgebiete<br />
<strong>für</strong> den Rüttelfalk in<br />
Ackerbaugebieten. Das Sauerland ist<br />
wegen der wenigen Ackerflächen<br />
davon weniger betroffen.<br />
Die Daten zu Beständen und der<br />
Bestandendwicklung im HSK sind<br />
jedoch sehr dürftig.<br />
SUFFRIAN schreibt 1846 über sein<br />
Vorkommen im Regierungsbezirk<br />
Arnsberg: „Ueberall nicht selten,<br />
doch mehr in dem nördlichen Flachund<br />
Heidelande, wo er selbst Dörfer<br />
und Städte besucht, als im dem<br />
eigentlichen Gebirge.“ Auch KOCH<br />
schreibt 1881 Ähnliches über sein<br />
Vorkommen im gebirgigen Teil<br />
Westfalens: „Überall ziemlich häufiger<br />
Brutvogel. Benutzt im Gebirge<br />
zur Anlage seines Horstes gerne<br />
steile Felspartien, z.B. die Externsteine,<br />
die steilen Felswände des<br />
Hönnethales.“<br />
Einen Eindruck von der noch praktisch<br />
flächhaften Verbreitung im<br />
HSK und in NRW gibt die<br />
Verbreitungskarte auf der nächsten<br />
Seite. Sie zeigt Kartierungsergebnisse<br />
von 1989 bis 1998. Die<br />
Daten aus dem HSK stammen von<br />
der OAG des VNV.<br />
8. Schutz<br />
Der Turmfalke dürfte anders als<br />
praktisch alle anderen Greifvogelarten<br />
nie massiv verfolgt worden<br />
sein. Über ihn schreibt schon GESNER<br />
1669: „Er wohnet gern an denen<br />
Orthen / so nicht weit von den<br />
Leuthen sind. Man hat sie auch sehr<br />
lieb / weil sie den Menschen mit dem<br />
IRRGEISTER 2007 17
Verbreitung des Turmfalken in NRW aus: „Die Vögel Westfalens“ (NORDRHEIN-WESTFÄLI-<br />
SCHE ORNITHOLOGENGESELLSCHAFT (Hrsg) 2002).<br />
Raub keinen Schaden thun / sondern<br />
vielmehr nutzen / indem sie die<br />
Mäuß fangen / und essen.“ Diese<br />
offensichtliche Nützlichkeit ermöglichte<br />
es ihm als einzigen Greifvogel,<br />
seit Jahrhunderten in Menschennähe<br />
zu brüten. Der Turmfalke wurde<br />
bereits mit dem Reichs-<br />
Vogelschutzgesetz von 1908, als einzige<br />
Greifvogelart, im ganzen Deutschen<br />
Reich gesetzlich geschützt.<br />
Trotzdem kam und kommt es zu einzelnen<br />
Verfolgungen durch den<br />
Menschen. Früher wurden auch<br />
Turmfalken unabsichtlich beim früher<br />
üblichen Ausschießen von<br />
Rabenvögelnestern getötet. Diese<br />
Verfolgungen stellen aber sicher<br />
heute traurige Einzelfälle dar.<br />
Die häufigste direkte Schutzmaßnahme<br />
ist das Aufhängen von Nistkästen<br />
(s. Abb.). Am besten sind zum<br />
Anbringen dieser Nistkästen höhere<br />
Gebäuden wie Kirchen geeignet.<br />
Vor allem an Ortsrändern kann sich<br />
auch das Aufhängen an Wohnhäusern<br />
lohnen, sofern sie einen hohen<br />
Giebel und freien Anflug bieten. In<br />
18 IRRGEISTER 2007<br />
Sundern konnte unser VNV-Mitglied<br />
Klaus Korn damit Erfolg erzielen.<br />
Der VNV selbst hat bisher keine auf<br />
den Turmfalken direkt zielende<br />
Schutzmassnahmen ergriffen. In den<br />
95 von VNV aufgehängten Schleiereulen-Nistkästen<br />
brüten aber jedes<br />
Jahr einige Falkenpaare. Bei einer<br />
Kontrolle von Nistkästen im Westteil<br />
des Kreises stellte sich 1995 heraus,<br />
dass damals rund ein Drittel der<br />
Kästen vom Turmfalken besiedelt<br />
war.<br />
Besonders wichtig ist <strong>für</strong> den Turmfalken<br />
und die Schleiereule, dass die<br />
Kirchen im HSK nicht zur Taubenabwehr<br />
so vergittert werden, dass ein<br />
Brüten <strong>für</strong> sie unmöglich wird. Auch<br />
der Schutz der, von vielen<br />
ungeliebten, Rabenvögel ist <strong>für</strong> den<br />
Turmfalken bedeutsam. Denn die<br />
Rabenvögel schaffen ihm durch ihre<br />
alten Nester wichtige Nistplätze.<br />
Entscheidend <strong>für</strong> das Überleben des<br />
Turmfalken ist der Strukturreichtum<br />
der offenen Kulturlandschaft, seinem<br />
Jagdgebiet. Die offene<br />
Agrarlandschaft ist jedoch in den<br />
meisten Gebieten in den letzten Jahrzehnten<br />
immer eintöniger geworden.<br />
Teilweise haben Turmfalke und andere<br />
Vögel heute schon Schwierigkeiten,<br />
Bäume und Pfähle als Sitzund/oder<br />
Ansitzplatz zu finden. Nur<br />
selten wird durch Sitzstangen Abhilfe<br />
geschaffen.<br />
Der Turmfalke braucht wie alle anderen<br />
Vögel des Offenlandes eine<br />
naturverträgliche Landwirtschaft<br />
Entwurf eines Turmfalken-Nistkasten (Zeichnung R. Widmaier in PIECHOCKI 1991).
zum langfristigen Überleben. Wichtig<br />
sind hier insbesondere genügend<br />
breite Acker- und Wegränder. Hier<br />
sind die Europäische Gemeinschaft<br />
und die deutschen Politiker in Bund,<br />
Land und Kreis gefordert, durch<br />
entsprechende Gesetze, Direktiven<br />
und Fördermaßnahmen entsprechend<br />
einzugreifen. Wissenschaftliche<br />
Untersuchungen haben eindeutig<br />
nachgewiesen, dass der Bruterfolg<br />
in kleinparzellierten, naturverträglich<br />
bewirtschafteten Gebieten<br />
besser ist als in großflächigen,<br />
eintönigen Agrargebieten (MEBS &<br />
SCHMIDT 2006).<br />
Martin Lindner<br />
1 Der Name Terzel kommt vom lateinischen<br />
tertius (= der dritte), weil bei Falken<br />
der Terzel ein Drittel kleiner als das<br />
Weibchen ist.<br />
Literatur:<br />
Die beiden Monographien mit dem gleichen<br />
Namen „Der Turmfalke“ von<br />
PIECHOCKI, R. (1991) und KOSTRZEWA, R.<br />
& A. KOSTRZEWA (1993) sind immer noch<br />
erhältlich, so dass gutes Informationsmaterial<br />
vorliegt.<br />
GENSBÖL, B & W. THIEDE (2005): Greifvögel.<br />
München.<br />
GESNER C. (1669/ Nachdr. 1981): Vollkommenes<br />
Vogelbuch. Hannover.<br />
GLUTZ VON BLOTZHEIM, U.N., S. BAUER<br />
& E. BEZZEL (1971): Handbuch der Vögel<br />
Mitteleuropas. Bd. 4: Falconiformes.<br />
Frankfurt/M.<br />
KOCH, R. (1881): Die Brutvögel des gebirgigen<br />
Teiles von Westfalen. Jber.<br />
Zool. Sektion 9: 30-40.<br />
KOSTRZEWA, R. & A. KOSTRZEWA (1993):<br />
Der Turmfalke. Wiesbaden.<br />
MEBS, T. & D. SCHMIDT (2006): Die<br />
Greifvögel – Europas, Nordafrikas und<br />
Vorderasiens. Stuttgart.<br />
NABU (2007): Der Turmfalke – Vogel des<br />
Jahres 2007. Bonn/Berlin.<br />
N ORDRHEIN-WESTFÄLISCHE<br />
ORNITHOLOGENGESELLSCHAFT (Hrsg)<br />
(2002): Die Vögel Westfalens.<br />
PIECHOCKI, R. (1991): Der Turmfalke.<br />
NBB Bd. 116. Wittenberg.<br />
SLIWA, P. & L. REJT (2006): Pustulka.<br />
Swiebodzin.<br />
SUFFRIAN, E. (1846): Verzeichnis der innerhalb<br />
des Königl. Preußischen Regierungsbezirks<br />
Ansberg bis jetzt beobachteten<br />
wild lebenden Wirbelthiere. Jb.<br />
Ver. <strong>Natur</strong>k. Herzogtum Nassau. H. 3:<br />
126-169.<br />
IRRGEISTER 2007 19
Erhalt der landschaftlichen Vielfalt<br />
- VNV pflegt Obstwiesen und Kopfweiden<br />
Die Obstwiese am Spreiberg<br />
Ein malerisches, friedliches Plätzchen – so stellt sich die Landschaft auf dem Spreiberg<br />
östlich Arnsberg-Müschede dem Spaziergänger dar. Im <strong>Natur</strong>schutzgebiet „Spreiberg“<br />
herrscht mageres Grünland vor, dass extensiv beweidet wird und hohen ökologischen<br />
Wert besitzt. Ein wesentlicher Aspekt dieses beliebten Naherholungsgebietes sind Obstwiesen,<br />
bestehend aus etwa 20 alten Obstbäumen, auf zwei Teilflächen. Sie gehörten zu<br />
zwei Bauernhöfen, die etwa 1954 abgerissen wurden, als das Gebiet Truppenübungsplatz<br />
wurde. Nach Angaben eines Anwohners aus Müschede wurden einige der Bäume<br />
etwa 1948 gepflanzt. Die Bundeswehr nutzt die Fläche nun nicht mehr. Die Bäume drohten<br />
in den nächsten Jahren zu verschwinden, da sie schon seit Jahrzehnten nicht mehr<br />
beschnitten wurden und darum nach und nach in sich zusammen brachen.<br />
Um den bestehenden Obstbaumbestand<br />
zu retten, führte der VNV,<br />
namentlich Axel Blume, Hans Jürgen<br />
Geyer und Jörg Langanki, bei<br />
diesen alten Bäumen, hauptsächlich<br />
Apfel, im vergangenen Winter einen<br />
Pflegeschnitt durch. Auf diese Weise<br />
will unser <strong>Verein</strong> hier wie in<br />
anderen Gebieten des HSK die<br />
Reste der noch vor wenigen<br />
Jahrzehnten ausgedehnten<br />
Streuobstwiesen erhalten. Waren<br />
früher unsere Dörfer noch<br />
umgeben von einem regelrechten<br />
Gürtel von Obstwiesen, die<br />
der Versorgung der Bevölkerung<br />
dienten, verschwanden sie<br />
rapide ab den 1960er Jahren<br />
durch Überalterung oder gezielte<br />
Rodung.<br />
Obstbaumaktivitäten im<br />
Marsberger Raum<br />
Im Raum Marsberg schnitt der VNV<br />
ebenfalls einzelne alte Obstbäume –<br />
so geschehen im Winterhalbjahr<br />
2006/07. Weitere Schnittaktionen an<br />
alten Bäumen sind geplant.<br />
Unser Schwerpunkt liegt im Ostteil<br />
des HSK aber in der Pflege unserer<br />
eigenen Obstbäume. In den vergangenen<br />
Jahren pflanzte der VNV über<br />
100 junge Obstbäume, größtenteils<br />
in VNV-Schutzgebieten wie dem<br />
20 IRRGEISTER 2007<br />
Glocken- und Hummelgrund bei<br />
Marsberg-Udorf, bei Bredelar und<br />
am Kregenberg. Insbesondere bei<br />
jungen Obstbäumen ist ein regelmäßiger<br />
Pflegeschnitt empfehlenswert,<br />
um die Bäume von Anfang an „in<br />
die richtige Form“ zu bringen, da-<br />
Obstbaumschnitt bei Marsberg 2006<br />
Foto: VNV-Archiv<br />
mit sie ein hohes Alter erreichen.<br />
Darum schneiden Marsberg Mitglieder<br />
auch in diesem Winter wieder die<br />
Bäume.<br />
Ebenso muss in den ersten Jahren<br />
nach der Pflanzung darauf geachtet<br />
werden, dass die Bäume regelmäßig<br />
gedüngt werden. Eine unterlassene<br />
Nährstoffzufuhr bei Jungbäumen<br />
sieht man selbst noch nach 40 Jahren<br />
– ungedüngte Bäume bekommen<br />
nie den optimalen Kronenaufbau.<br />
Ältere, in der Pflanzung von Obstbäumen<br />
erfahrene Leuten erzählten<br />
uns, dass sie früher dabei eine Baumscheibe<br />
aus verrottetem Stallmist<br />
angelegt haben.<br />
Nicht nur die <strong>Natur</strong> profitiert von<br />
diesen Maßnahmen: Inzwischen tragen<br />
viele unserer Bäume schon<br />
Früchte. Deren Ernte macht<br />
genauso Spaß wie der Verzehr<br />
des Obstes in den Monaten danach,<br />
nach dem Motto: „Aus<br />
dem eigenen Garten schmeckt<br />
es am besten.“<br />
Urige Kopfweiden um Giershagen<br />
Ebenso landschaftsprägend<br />
wie Obstwiesen sind Kopfweiden.<br />
Die Ruten von Kopfweiden,<br />
die mit den Jahren einen<br />
knorrigen, dicken Stamm und<br />
einen kugelförmigen Kopf entwikkeln,<br />
wurden früher genutzt zum<br />
Flechten von Körben und vieler anderer<br />
Gebrauchsgegenstände. Ebenso<br />
wurden in früherer Zeit die<br />
Gefache von Fachwerkhäusern mit<br />
Weidenruten ausgeflochten, bevor<br />
sie mit Lehm verstrichen wurden.<br />
Um Marsberg-Giershagen<br />
schneitelte der VNV Anfang dieses<br />
Jahres insgesamt 75 Kopfweiden,<br />
und zwar Unterm Dorfe, im
Diemeltal zwischen WEPA und<br />
Freizeitanlage sowie südöstlich<br />
Giershagen an der Straße Richtung<br />
Leitmar. Der überwiegende Teil dieser<br />
Weiden (51 Stück) wurde vom<br />
VNV eigenhändig gepflanzt. Das<br />
Beschneiden der weiteren Kopfbäume<br />
im Marsberger Raum ist geplant,<br />
hängt aber von den zeitlichen<br />
Möglichkeiten der VNV-Leute ab.<br />
Drei gute Gründe <strong>für</strong> Obstbäume<br />
und Kopfweiden<br />
Neben dem nahe liegenden Argument<br />
<strong>für</strong> Obstbäume – der Möglichkeit,<br />
kostengünstig schmackhaftes<br />
und gesundes Obst zu ernten – gibt<br />
es drei gute Gründe, die verbliebenen<br />
Obstwiesen und –baumreihen<br />
sowie die Kopfweiden zu erhalten:<br />
1. Ökologischer Wert<br />
Kopfweiden und hochstämmige<br />
Obstbäume sind ein wertvoller Bestandteil<br />
des strukturreichen Offenlandes.<br />
Die Bäume bilden häufig in<br />
deren Stämmen und dicken Ästen<br />
Höhlen aus, die bedrohten Vogelarten<br />
wie dem Gartenrotschwanz,<br />
aber auch anderen seltenen, höhlenbrütenden<br />
Vögeln als Nistplatz dienen.<br />
Fledermäuse haben in solchen<br />
Höhlen ihre Wochenstuben, d.h. sie<br />
ziehen hier ihre Jungen auf. Kopfund<br />
Obstbäume bieten auch vielen<br />
Insekten und anderen Kleinlebewesen<br />
Nahrung und Lebensraum – da<br />
diese Bäume reich an Totholz sind,<br />
auch und gerade totholzbewohnenden<br />
Insektenarten. Die<br />
Vielfalt an Kleinlebewesen zieht<br />
viele Beutegreifer an, z. B. weitere<br />
Vogelarten und Kleinsäuger.<br />
2. Kulturhistorischer Wert<br />
Kopfbäume sind ein lebendes Zeugnis<br />
der kleinbäuerlichen Kultur der<br />
Vergangenheit. Heute werden die<br />
Ruten praktisch nicht mehr gebraucht,<br />
denen die Kopfweiden ihre<br />
Entstehung verdanken. Der VNV<br />
versucht – in den letzten Jahren<br />
mehr und mehr erfolgreich – die geschnittenen<br />
Weidenruten an Nutzer<br />
weiterzugeben, um auch einen zukünftigen<br />
Wert als „Rohstoff-<br />
Mit den vom VNV geschnittenen Weidenruten legte ein Bürger in Giershagen einen Zaunentlang<br />
einer Grundstücksgrenze an. Fotos: H. Legge<br />
lieferant“ aufzuzeigen: Für eine<br />
naturnahe Uferbefestigung an einem<br />
Graben bei Olsberg sowie bei<br />
Brilon-Rixen an einem Fließgewässer<br />
wurden Ruten der 2007<br />
geschnittenen Kopfbäume verwendet;<br />
ebenso fanden einige als lebende<br />
Befestigungen in einem Hausgarten<br />
Verwendung. Ein Einwohner<br />
Giershagens legte mit diesen Ruten<br />
einen Zaun zur Begradigung seines<br />
Grundstücks an.<br />
Obstbäume wurden in den letzten<br />
Jahrhunderten angepflanzt, um die<br />
Ernährung der ländlichen Bevölkerung<br />
sicherzustellen. Von den damaligen<br />
Gürteln von Obstwiesen um<br />
jedes Dorf und Obstbaumreihen entlang<br />
der Feldwege sind heute nur<br />
noch Relikte übrig geblieben, die es<br />
zu erhalten gilt. Viele dieser Obstbäume<br />
gehören alten, regionalen<br />
Sorten an, die teilweise selten geworden<br />
sind und zu verschwinden<br />
drohen angesichts der wenigen,<br />
weltweit verbreiteten Einheitssorten<br />
der Supermarktäpfel. Unsere<br />
Regionalsorten, die teilweise – wie<br />
der „Schöne von Oesdorf“ – nur eine<br />
äußerst kleine Verbreitung haben,<br />
gilt es auch als wertvoller Genpool<br />
zu bewahren. Unser <strong>Natur</strong>schutz ist<br />
also auch Kulturschutz!<br />
3. Erholungswert<br />
Eine blühende Obstwiese, blühende<br />
Obstbäume entlang der Feldwege<br />
sind Farbtupfer in unserer Landschaft<br />
und bereichern Orte, in denen<br />
Einheimische und Touristen zur<br />
Ruhe kommen, aber eben auch den<br />
Wert der <strong>Natur</strong> schätzen lernen.<br />
Alte Obstbäume und die alten, knorrigen,<br />
urig anmutenden Kopfweiden<br />
steigern erheblich den Erholungs-<br />
IRRGEISTER 2007 21
wert einer Landschaft. Wie prägend<br />
z.B. die vom VNV gesetzten Kopfweiden<br />
<strong>für</strong> das Wiesental zwischen<br />
Kluskapelle und Giershagen sind,<br />
davon kann sich jeder Spaziergänger<br />
und Autofahrer selbst ein Bild<br />
machen. Auch die von uns geschnittenen<br />
Kopfweiden südöstlich Giershagen<br />
an der Straße Richtung<br />
Leitmar sind ein solcher Blickfang.<br />
Keine Fördermittel mehr<br />
In der Vergangenheit wurde solch ein<br />
ehrenamtlicher Einsatz noch durch<br />
Fördermittel des Landes unterstützt.<br />
Diese Gelder sind aber durch die<br />
CDU-FDP-Landesregierung gänzlich<br />
gestrichen worden. Der ehrenamtliche<br />
<strong>Natur</strong>schutz bekommt nun<br />
keine Unterstützung mehr <strong>für</strong> Kosten<br />
<strong>für</strong> Motorsägensprit oder<br />
Arbeitsgeräte. Dabei müsste klar<br />
sein: <strong>Natur</strong>schutz ist nicht zum Nulltarif<br />
zu haben. Dies müsste auch den<br />
derzeit Regierenden bewusst sein,<br />
die die Wichtigkeit von ehrenamtlichem<br />
Engagement immer besonders<br />
betonen.<br />
Neben einem wertvollen Lebensraum<br />
bieten Kopfweiden sowie<br />
Obstwiesen in unserer Landschaft<br />
ein phantastisches Bild <strong>für</strong> den Erholungssuchenden<br />
– Grund genug<br />
also, sich weiter um den Fortbestand<br />
unserer Obstwiesen und Kopfbäume<br />
zu kümmern!<br />
Harald Legge<br />
Apfelsaftpresse in Giershagen<br />
Am 19.10.07 fand eine Apfelsaftpressaktion mit einer mobilen Presse <strong>für</strong> die Bevölkerung in Marsberg-Giershagen statt,<br />
organisiert von VNV-Mitglied Franz Giller. Trotz des allgemein schlechten Apfeljahres meldeten sich knapp 40 Leute an, die<br />
aus insgesamt 3,5 Tonnen Äpfeln 2000 Liter Saft erhielten.<br />
Das Besondere: Jeder erhält den Saft derselben Äpfel, die er mitbringt. Der Saft wird durch kurzes Erhitzen <strong>für</strong> mindestens 2<br />
Jahre haltbar gemacht und enthält keine Konservierungsstoffe. Er wird wahlweise in 5-Liter- oder 10-Liter-Behälter abgefüllt.<br />
Diese bestehen aus einem wiederbenutzbaren Außenkarton und einem Plastikbeutel innen und besitzen einen kleinen Zapfhahn.<br />
Weil beim Entleeren keine Luft eindringt, hält sich der Saft eines solchen angebrochenen Behälters zwei bis drei Monate.<br />
Der Preis pro Behälter ist abhängig von der Menge der mitgebrachten Äpfel; er liegt bei ca. 4,50 Euro <strong>für</strong> 5 Liter und bei ca. 7<br />
Euro <strong>für</strong> 10 Liter.<br />
Der VNV möchte mit dieser Aktion die Bevölkerung <strong>für</strong> das Thema Obstwiesen sensibilisieren und den Nutzen von Obstbäumen<br />
<strong>für</strong> die Menschen aufzeigen.<br />
Da die Saftaktion ein voller Erfolg war, soll sie im nächsten Jahr wieder stattfinden. Der Termin wird durch die Presse bekannt<br />
gegeben und wird auch auf der VNV-Homepage sowie im Jahresprogramm von Biostation und VNV zu finden sein.<br />
22 IRRGEISTER 2007<br />
Foto: H. Legge
Orchideen im Hochsauerlandkreis - 4. Folge<br />
Gattung „Waldvögelein“ (Cephalanthera)<br />
Gattung „Cephalanthera“<br />
Allgemeines<br />
Wie soll man <strong>für</strong> die wunderbaren<br />
Arten dieser Gattung in einem Artikel<br />
die richtigen Worte finden?! Der<br />
Erfinder des Wortes „Waldvögelein“<br />
hat sicherlich auch ein hohes Maß<br />
an Bewunderung und zärtlicher Zuneigung<br />
zu diesen Pflanzen besessen.<br />
Das Exemplar, das ihn zur Namengebung<br />
anregte, kann nur das „Rote<br />
Waldvögelein“ gewesen sein, denn<br />
diese Art ist die einzige, in deren<br />
Blütenform man eine Vogelähnlichkeit<br />
erkennen kann.<br />
Vom wissenschaftlichen Namen her<br />
hat man bei diesen Pflanzen nach<br />
Kopf (griech: kephale) und Staubbeutel<br />
(griech: anthera) zu gucken.<br />
Meine erste, schon länger zurückliegende<br />
Begegnung (auf einer Exkursion<br />
des VNV) mit der Gattung der<br />
Waldvögelein war eher bescheiden.<br />
Ein schon dem Verblühen preisgegebenes<br />
Exemplar des „Weißen<br />
Waldvögeleins“ stand 1994 einsam<br />
ohne Seinesgleichen am Wegesrand<br />
bei Marsberg-Udorf. Trotzdem war<br />
ich - nach anfänglicher Enttäuschung<br />
– froh über das Kennenlernen,<br />
und das entsprechende Dia habe<br />
ich bis heute nicht aussortiert. In den<br />
Jahren danach half ich, die dortige<br />
Magerrasenböschung von ausgewachsenen<br />
Fichten zu befreien –<br />
damals ein kleiner Anfang mit Motorsäge,<br />
Kneife und Handarbeit.<br />
2006 kamen große Maschinen zum<br />
Einsatz. Man wird sehen, wie sich<br />
die dortige Kalkhalbtrockenrasen-<br />
Vegetation nun entwickelt.<br />
Zur Gattung „Cephalanthera“ gehören<br />
zahlreiche Arten – sieben in<br />
Kleinasien, fünf in Europa und davon<br />
drei im HSK, sowie eine in<br />
Amerika.<br />
Weißes Waldvögelein<br />
(Cephalanthera damasonium)<br />
Aussehen:<br />
Wirklich Weißes ...??<br />
Meistens ist ein Pflanzenname ja<br />
außerordentlich zutreffend, aber im<br />
Falle des Weißen Waldvögeleins<br />
doch etwas ungenau und verwirrend.<br />
Doch - man lernt ja nie aus! Glaubte<br />
ich bei meinem ersten Anblick eines<br />
Abb. 1: Verbreitung des Weißen Waldvögeleins (Quelle: VNV-Daten, aktuelle Angaben aus GÖTTE (2007)<br />
IRRGEISTER 2007 23
Weißen Waldvögeleins ein schon<br />
vergehendes (in meiner ersten Enttäuschung<br />
ein „vergammeltes“) Exemplar<br />
vor mir zu haben, so bin ich<br />
nun informierter und weiß, dass die<br />
Farbe der Blüte nie schön weiß aussieht,<br />
sondern wie vergilbt oder<br />
eierschalenfarben. Die Blüte ist fast<br />
immer geschlossen und öffnet sich<br />
nur bei großer Wärmeeinstrahlung<br />
insekten- und fotografenfreundlich.<br />
Dann sieht man den leuchtendgelben<br />
Fleck auf der Unterlippe, auf der<br />
auch drei Längsleisten liegen. Im<br />
Gegensatz zu den anderen beiden<br />
Waldvögelein unseres Gebietes stehen<br />
die Blüten mit der Öffnung fast<br />
nach oben.<br />
Beim ca. 15 cm langen Blütenstand<br />
fällt auf, dass der Stängel leicht hin<br />
und her gebogen ist und die Blüten<br />
lockerer und nicht so gedrungen verteilt<br />
sind wie bei C. longifolia. Jede<br />
Blüte hat ein langes Tragblatt. Die<br />
unteren sind deutlich länger als die<br />
Blüten. Am 20 – 60 cm hohen<br />
Stängel sind die 2 – 6 Laubblätter<br />
gleichmäßig verteilt. Die mittleren<br />
sind die längsten und 10 cm lang.<br />
Die Form ist breit-zugespitzt. Das<br />
obere Laubblatt ist etwas kleiner und<br />
tragblattartig. Was die letzteren Angaben<br />
anbelangt findet man in der<br />
Literatur unterschiedliche Angaben.<br />
Es heißt auch, dass das obere Laubblatt<br />
das längste sei. Mit den mir<br />
vorliegenden Fotos ist das Problem<br />
nicht zu lösen. Gucken wir doch mal<br />
im nächsten Frühling nach, was Sache<br />
ist. Unterhalb der Laubblätter<br />
sind 3 – 4 braune Schuppenblätter<br />
zu erkennen. Die Pflanze hat keine<br />
Rosette.<br />
(Wie in den vorigen <strong>Irrgeister</strong>heften<br />
beschränke ich mich bei der Beschreibung<br />
des Aussehens auf das<br />
<strong>für</strong> mich Wesentliche, weiteres siehe<br />
Spezialliteratur.)<br />
Bestäubung, Befruchtung, Vermehrung<br />
Die bauchförmigen Blüten gewähren<br />
manchen Insekten Schutz vor<br />
Kälte und Nässe. Auch als<br />
Übernachtungsmöglichkeit sind sie<br />
ihnen willkommen. Dabei kann es<br />
24 IRRGEISTER 2007<br />
Blüte und Habitus des<br />
Weißen Waldvögeleins<br />
Fotos: V. Falkenstein<br />
zur Schlafstättenbestäubung<br />
kommen. Außerdem<br />
wird vermutet,<br />
dass sich die Insekten an<br />
den Längsleisten auf der<br />
Lippe laben, die Zucker<br />
enthalten (Pseudopollen)<br />
und die Blüten dabei bestäuben.<br />
Eine wahrscheinlich häufigere<br />
Methode ist die<br />
Selbstbestäubung. Sogar<br />
Apomixis (Entstehung<br />
von Embryonen ohne Befruchtung)<br />
ist bei<br />
Cephalanthera<br />
damasonium beobachtet<br />
worden.<br />
Blütezeit: Mai/Juni<br />
Angaben zur Blütenbiologie hauptsächlich<br />
aus REINHARD u.a. (1991).<br />
Die Gattung Cepahalanthera besitzt<br />
keine unterirdischen Knollen. Eine<br />
vegetative Vermehrung erfolgt durch<br />
einen Neutrieb aus einem Rhizom<br />
(Wurzelstock) und durch Knospen<br />
an den Wurzeln, aus denen auch<br />
Sprosse wachsen. Letzteres ist etwas<br />
Besonderes bei der Gattung<br />
Cephalanthera.<br />
Biotop<br />
Lichte Laubwälder und Waldränder<br />
– überwiegend auf Kalk. Trotz der<br />
stattlichen Größe der Pflanze fällt sie<br />
dem Spaziergänger nicht immer<br />
gleich ins Auge, da gerade am<br />
vegetationsreichen Waldrand die<br />
Blütenfülle anderer Pflanzen eine<br />
gute Tarnung ergibt. So wollte ich<br />
jemanden einmal meine „Entdeckung“<br />
zeigen, jedoch zunächst<br />
blieb es beim „Wo ist sie denn geblieben?<br />
Gerade war sie doch noch<br />
da!“<br />
Vorkommen im HSK<br />
Das Hauptverbreitungsgebiet ist der<br />
nordöstliche Teil des Altkreises<br />
Brilon, besonders bei Marsberg und<br />
seltener im Hoppecketal. (Siehe<br />
Abb. 1)<br />
Nicht mehr aktuelle Vorkommen siehe<br />
bei GÖTTE (2007)
Allgemeine Verbreitung<br />
„Nordwärts bis Südengland, Dänemark,<br />
Gotland, Baltikum; ostwärts<br />
bis Ukraine, Krim; südwärts von<br />
Spanien bis Kleinasien, Kaukasus<br />
und Iran“. Aus SEBALD u.a. (1998),<br />
S. 311<br />
Vertikale Verbreitung 5m - ca.<br />
2000m NN. Alle Angaben zur<br />
vertikikalen Verbreitung in diesem<br />
Artikel ebenfalls aus SEBALD u.a.<br />
(1998)<br />
Schutz- und Pflegemaßnahmen<br />
In seinem neuen VNV-Buch „Flora<br />
im östlichen Sauerland“ schreibt<br />
Richard GÖTTE über die Gefährdung<br />
des Weißen Waldvögeleins: „Durch<br />
Veränderung der Standorte gefährdet.<br />
Süderbergland RL *, NRW RL<br />
*.“ (* = ungefährdet)<br />
2. Entfernen der Pappel 1999<br />
Foto: V. Falkenstein<br />
Am 23.1.1999 hat es die aktiven<br />
Mitglieder des VNV einen ganzen<br />
Samstagvormittag beschäftigt, eine<br />
überdimensionale, durch Sturm umgefallene<br />
Pappel zu entfernen, die einen<br />
großen Teil einer orchideenreichen<br />
Waldrand-Böschung – u.a.<br />
mit C. damasonium – bei Marsberg-<br />
Udorf beschattete. (Siehe Foto)<br />
Schwertblättriges Waldvögelein<br />
(Cephalanthera longifolia)<br />
Aussehen<br />
Schon auf den ersten Blick ist diese<br />
Art von der vorigen gut zu unterscheiden.<br />
Die bis 12 cm langen<br />
Erhalt eines wertvollen Orchideenlebensraumes im VNV-Schutzgebiet<br />
Hummelgrund bei Marsberg-Udorf :<br />
1. Fichtenentfernung mit schwerem Gerät am 11.3.2006 oberhalb und links<br />
neben der Böschung, die hinter der umgefallenen Pappel auf dem Bild unten zu<br />
sehen ist.<br />
Foto: G. Kistner<br />
3. Eine schöne freie Fläche am 21.3.2006, die sich hoffentlich zu einem Kalkmagerrasen<br />
mit üppigem Blütenflor entwickelt. Foto: Biol. Station des HSK<br />
lineal-lanzettlichen Blätter, die der<br />
Pflanze zu ihrem Namen verholfen<br />
haben, sind nah beieinander links<br />
und rechts (fast zweizeilig) am<br />
Stängel verteilt. (Die Anordnung bei<br />
C. damasonium ist eher spiralförmig<br />
am Stängel hinauf.) Die Blätter sind<br />
stängelumfassend. 7 – 27 strahlendweiße<br />
Blüten stehen dicht gedrängt<br />
im 7 – 21 cm langen Blütenstand. 3<br />
– 14 Stück sollen es bei C.<br />
damasonium sein. (SEBALD u.a.<br />
1998) Größe der Pflanze: 15 – 60<br />
cm.<br />
Bestäubung, Befruchtung, Vermehrung<br />
Wie bei C. damasonium.<br />
Blütezeit: Mai/Juni<br />
Biotop<br />
Auch C. longifolia ist in ihrem Biotop<br />
oft gut getarnt. Trotz ihrer Üppigkeit<br />
kann man ganze Gruppen<br />
übersehen, da gerade zur Blütezeit<br />
auch die Große Sternmiere (Stellaria<br />
holostea) einen umwerfend markanten<br />
weißen Aspekt am Waldrand<br />
bildet. Im Wald selber, besonders<br />
dort, wo durch die Beschattung die<br />
Wuchshöhe und Mächtigkeit der<br />
IRRGEISTER 2007 25
Exemplare spärlicher ausfällt, verschwindet<br />
sie mitunter zwischen<br />
Beständen des Waldmeisters<br />
(Galium odoratum). Aber vielleicht<br />
gibt es gerade deshalb noch „heimliche“<br />
Vorkommen im HSK, da die<br />
Art so nicht den Begehrlichkeiten<br />
seltsam motivierter Gartenbesitzer<br />
zum Opfer fällt.<br />
Der Boden ist in der Regel basenreich,<br />
aber nicht kalkhaltig.<br />
Je schattiger die Pflanze steht, um<br />
so weniger kräftig wächst sie.<br />
Vorkommen im HSK<br />
Das Hauptverbreitungsgebiet ist im<br />
Nordosten des HSK zu finden. Wo<br />
die Art vorkommt, gibt es gleich<br />
zahlreiche Exemplare, die dicht beieinander<br />
stehen (aufgrund der vegetativen<br />
Vermehrung durch Wurzelsprosse).<br />
Allgemeine Verbreitung<br />
„Nordgrenze durch England, Südskandinavien,<br />
Baltikum. Südgrenze<br />
durch das Mediterrangebiet mit<br />
Nordwestafrika und Kleinasien,<br />
Iran. Ostwärts bis in den Pamir“.<br />
Abb. 2: Verbreitung des Schwertblättrigen Waldvögeleins (Quelle: VNV-Daten, aktuelle Angaben aus GÖTTE (2007)<br />
26 IRRGEISTER 2007<br />
Das Schwertblättrige Waldvögelein<br />
am 11.5.2003 bei Brilon-Hoppecke<br />
am Waldrand zwischen Sternmiere<br />
Foto: V. Falkenstein
(SEBALD u.a. 1998), S. 313.<br />
Die Höhenverbreitung der Pflanze<br />
reicht von 1 – 4000 m NN.<br />
Schutz- und Pflegemaßnahmen<br />
Rote Liste Süderbergland RL2,<br />
NRW RL2 (stark gefährdet).<br />
Da die Pflanzen nicht komplett in<br />
<strong>Natur</strong>schutzgebieten liegen, könnten<br />
z.B. durch Waldarbeiten (Rückearbeiten)<br />
Bestände verloren gehen<br />
oder dezimiert werden.<br />
Rotes Waldvögelein<br />
(Cephalanthera rubra)<br />
Aussehen<br />
Die Form der 2 – 24 Blüten sieht von<br />
weitem aus wie manche<br />
Ragwurzblüte (Siehe <strong>Irrgeister</strong> 2/<br />
2003), da die Sepalen (äußere Blütenblätter)<br />
abstehen. Wie oben schon<br />
erwähnt, sieht die Blüte auch aus wie<br />
ein Vögelein, allerdings wie ein violett-rotes.<br />
Auch weißliche Exemplare<br />
kommen vor. Im Gegensatz zu den<br />
vorigen Arten ist die Blüte hier weit<br />
geöffnet. Die rot gerandete Lippe ist<br />
weiß mit ca. 10 gelbbraunen Längsleisten.<br />
Größe der Pflanze 20 – 70 cm. Im<br />
unteren Bereich des Stängels sind<br />
mehrere Schuppenblätter, darüber<br />
zweizeilig und locker verteilt 3 – 9<br />
lanzettliche Laubblätter, die bis 10<br />
cm lang sein können.<br />
Bestäubung, Befruchtung, Vermehrung<br />
Durch Ähnlichkeiten mit Futterpflanzen<br />
bestimmter Insekten wird<br />
das Rote Waldvögelein gern angeflogen<br />
und bestäubt. Näheres über<br />
die Bestäuber dieser Scheinfutterpflanze<br />
in SEBALD u.a. (1998),<br />
S. 315. Auch durch die an den Längsleisten<br />
vorhandenen Pseudopollen<br />
erfolgt Insektenanflug.<br />
Vegetative Vermehrung wie bei den<br />
vorigen Arten.<br />
Biotop<br />
Lichte Kalk-Wälder (vorwiegend<br />
Buchen-), in warmer Lage, besonders<br />
am Waldrand.<br />
Vorkommen im HSK<br />
Im HSK gibt es zwar kein ganz aktuelles<br />
Vorkommen, aber da noch<br />
1986 im Marsberger Raum ein Fund<br />
gemeldet wurde und die Pflanze im<br />
angrenzenden östlichen<br />
Diemelgebiet noch wächst, ist es<br />
nicht auszuschließen, dass mal wieder<br />
Exemplare im HSK gefunden<br />
werden. Auch im Siegerland gibt es<br />
Fundmeldungen nach 1990 (und im<br />
märkischen Kreis in der Nähe der<br />
HSK-Grenze Meldungen nach 1980.<br />
Allgemeine Verbreitung<br />
„Nordwestgrenze durch Südengland,<br />
Südskandinavien, Baltikum,<br />
ostwärts bis in den Ural; Südgrenze<br />
Spanien, Nordafrika, Sizilien,<br />
Kreta, Kleinasien, Kaukasus,<br />
Nordiran“ (SEBALD u.a. 1998), S.<br />
315).<br />
Die Art erreicht in Westfalen nicht<br />
die durch RUNGE (1990) angegebe-<br />
Rotes Waldvögelein<br />
(Cephalanthera rubra)<br />
im benachbarten Hessen<br />
Foto: V. Falkenstein<br />
ne Nordwestgrenze ihres europäischen<br />
Verbreitungsgebietes. Angaben<br />
<strong>für</strong> England u.a. in BAUMANN/<br />
KÜNKELE (1982) und STACE, C.<br />
(1997)<br />
IRRGEISTER 2007 27
Interessant ist auch, dass die Art<br />
trotz ihrer Wärmeliebe in Marokko<br />
noch auf 2600 m NN wachsen kann.<br />
Tiefstes Vorkommen bei 0 m NN.<br />
Schutz- und Pflegemaßnahmen<br />
„Sehr selten und vom Aussterben<br />
bedroht. Süderbergland RL1, Weserbergland<br />
RL3, NRW RL3“<br />
Aus GÖTTE (2007), S. 475<br />
RL1 = vom Aussterben bedroht,<br />
RL3 = gefährdet<br />
Literatur:<br />
ARBEITSKREIS HEIMISCHER ORCHIDEEN<br />
NRW (2001): Die Orchideen Nordrhein-Westfalens<br />
BAUMANN / KÜNKELE (1982): Die wildwachsenden<br />
Orchideen Europas<br />
GÖTTE, R. (2007): Flora im östlichen<br />
Sauerland – <strong>Verein</strong> <strong>für</strong> <strong>Natur</strong>- und Vogelschutz<br />
e.V.<br />
HAEUPLER, H., A. JAGEL UND W.<br />
SCHUMACHER (2003): Verbreitungsatlas<br />
der Farn- und Blütenpflanzen in Nordrhein-Westfalen<br />
REINHARD u.a. (1991): Die Orchideen<br />
der Schweiz und angrenzender Gebiete<br />
RUNGE, F. (1990): Die Flora Westfalens<br />
SEBALD u.a. (1998): Die Farn- und<br />
Blütenpflanzen Baden-Württembergs,<br />
Band 8<br />
STACE, C. (1997): New Flora of the British<br />
Isles<br />
28 IRRGEISTER 2007
Die Kreuzkröte (Bufo calamita) im Sauerland<br />
- Vorkommen und Schutz einer seltenen Amphibienart<br />
Die Erdkröte (Bufo bufo) ist, sicher weil sie eine häufige Krötenart ist, den meisten Menschen<br />
ein Begriff. Auch von der Geburtshelferkröte (Alytes obstetricans), die im Hochsauerlandkreis<br />
durchaus verbreitet ist, werden die meisten schon einmal gehört haben.<br />
Weniger bekannt wird sein, dass darüber hinaus noch eine dritte Krötenart im Sauerland<br />
heimisch ist: die Kreuzkröte. Sie ist bei uns selten und muss, weil sie besondere<br />
Lebensraumansprüche hat, als in ihrem Bestand gefährdet eingestuft werden.<br />
Ausgewachsene Kreuzkröte - mit deutlichem Längsstreifen auf dem Rücken<br />
Foto: T. Kordges<br />
Aussehen<br />
Die ausgewachsene Kreuzkröte<br />
(Bufo calamita) hat eine Körperlänge<br />
von 4-8 cm, wobei die Weibchen<br />
meist etwas größer sind. Über den<br />
Rücken, übers „Kreuz“, verläuft ein<br />
schmaler, meist gelblicher oder auch<br />
weißlicher oder rötlicher Längsstreifen,<br />
der <strong>für</strong> die Art charakteristisch<br />
und namensgebend ist. Der<br />
restliche Rücken ist bräunlich, graubraun<br />
oder leicht grünlich gefärbt.<br />
Ferner sind auf dem Rücken kleinere<br />
und größere Warzen. Typisch <strong>für</strong><br />
die Kreuzkröte sind die kurzen, kräftigen<br />
Beine. Kreuzkröten hüpfen,<br />
anders als andere Kröten- und<br />
Froscharten, nur ausnahmsweise,<br />
sondern sie laufen erstaunlich flink.<br />
Lebensraum und Biologie<br />
Die natürlichen Lebensräume im<br />
Sauerland dürften die Flusskies- und<br />
Schlammbänke unserer Fließ-<br />
gewässer mit ihren temporärenÜberschwemmungsgewässerngewesen<br />
sein. Zu bedenken<br />
ist, dass die heutigen<br />
Auen und Flüsse in<br />
keiner Weise mit den<br />
früheren vergleichbar<br />
sind. Das hier abgedruckte<br />
Foto der Ruhr<br />
bei Arnsberg aus dem<br />
Jahr 1956 mag da<strong>für</strong> als<br />
Hinweis dienen. Früher<br />
bereitete jedes Hochwasser<br />
an den damals völlig<br />
unregulierten Gewässern neue<br />
Pionierstandorte <strong>für</strong> die Pionierart<br />
Kreuzkröte.<br />
Nach der Besiedlung des Sauerlandes<br />
schuf der Mensch neue geeignete<br />
Lebensräume. Vielerorts wurde<br />
kleinräumig Gestein abgebaut.<br />
Solche kleinen Abbaustellen dürften<br />
von der Krötenart besiedelt worden<br />
sein. Auch die früher großflächig<br />
verbreiteten Heiden und Magerrasen<br />
waren positiv <strong>für</strong> die Art. Früher<br />
dürfte die Kreuzkröte weit verbreitet<br />
und örtlich häufig gewesen sein.<br />
Truppenübungsplätze waren bis vor<br />
einigen Jahren wichtige Habitate.<br />
Durch Aufgabe oder „extensivere“<br />
Nutzung sind inzwischen die meisten<br />
Vorkommen auf diesen Plätzen<br />
erloschen. So auch auf dem ehemaligen<br />
Truppenübungsplatz Spreiberg<br />
bei Arnsberg, heute NSG Wicheler<br />
Heide. Heute liegen die meisten<br />
Nachweise der Pionierart Kreuzkröte<br />
in NRW auf Halden, Industriebrachen<br />
und in Abgrabungsflächen<br />
von Sand, Kies, Ton und Gestein, da<br />
natürliche Flussauen verschwunden<br />
Die Ruhr bei Arnsberg 1956, damals noch<br />
naturnah Foto: T. Pietz<br />
sind (FELDMANN 1981, GEIGER et al.<br />
1994, SCHLÜPMANN & GEIGER 1998).<br />
Auch im Kreis Soest und im<br />
Hagener Raum gibt es die meisten<br />
Nachweise aus Steinbrüchen (LOSKE<br />
& RINSCHE 1985, SCHLÜPMANN 1995).<br />
Durch die in Steinbrüchen geänderten<br />
Arbeitsabläufe und immer ra-<br />
IRRGEISTER 2007 29
scheren Abbau haben Kreuzkröten<br />
nun auch dort Schwierigkeiten, sich<br />
zu reproduzieren.<br />
In der Verbreitungskarte des Arbeitskreises<br />
Amphibien und Reptilien<br />
Nordrhein-Westfalen (SCHLÜPMANN<br />
& GEIGER 1998; SCHLÜPMANN et al.<br />
2006, aktuelle Verbreitung im<br />
Internet unter www.herpetofaunanrw.de)<br />
finden sich die bisher bekannten<br />
ehemaligen und aktuellen<br />
Vorkommen in NRW. Auch die Daten<br />
des VNV sind in diese<br />
Verbreitungskarte mit eingeflossen.<br />
Die meisten Vorkommen der Kreuzkröte<br />
in NRW befinden sich im<br />
Rheintal von Bonn bis Duisburg und<br />
im Ruhrgebiet, wo es eine nahezu<br />
flächendeckende Verbreitung gibt,<br />
während das Sauer- und Siegerland<br />
wie das gesamte Süderbergland<br />
kaum noch besiedelt sind. Nur in<br />
Steinbrüchen im Warsteiner, Wuppertaler<br />
und Mettmanner Raum gibt<br />
es noch nennenswerte Populationen<br />
(LOSKE & RINSCHE 1985, KORDGES<br />
2001). Die höchsten Vorkommen in<br />
NRW liegen in der Eifel bei 605 m<br />
NN (SCHLÜPMANN et al. 2006). Im<br />
Sauerland kommt die Art aktuell bei<br />
Warstein auf ca. 450 m NN vor.<br />
Die Kreuzkröte wird in der „Rote<br />
Liste der gefährdeten Kriechtiere<br />
(Reptilia) und Lurche (Amphibia) in<br />
Nordrhein-Westfalen“ in der Kategorie<br />
3 – „gefährdet“ 1 geführt<br />
(SCHLÜPMANN & GEIGER 1999). Für<br />
das Süderbergland (Sauer-, Siegerund<br />
?ergisches Land) wird die<br />
Kreuzkröte sogar als „stark gefährdet“<br />
– Kategorie 2 2 eingestuft.<br />
Leicht grabbares Substrat, z.B. Sand,<br />
wird bevorzugt, es werden aber auch<br />
Steinbrüche besiedelt. Kreuzkröten<br />
bevorzugen als Verstecke selbstgegrabene<br />
Löcher gegenüber solchen<br />
unter Steinen, Brettern usw.<br />
(SINSCH 1998). Verstecke werden<br />
häufig mit Erdkröte, Geburthelferkröte<br />
und Molchen geteilt<br />
(SCHLÜPMANN 1995). Im Sommer<br />
sind die selbst gegrabenen Tagesquartiere<br />
nur zwischen 5 und 45 cm,<br />
30 IRRGEISTER 2007<br />
Abb. 1: Kreuzkröten-Verbreitungskarte NRW (www.herpetofauna-nrw.de)<br />
Winterquartiere hingegen bis zu<br />
1,9m tief (SINSCH 1998). Die<br />
Landlebensräume befinden sich<br />
meist nur 100-300 m vom Laichgewässer<br />
entfernt. Der Jahreslebensraum<br />
kleiner Populationen<br />
umfasst nur wenige ha (SCHLÜPMANN<br />
1995).<br />
Wie die anderen europäischen<br />
Amphibienarten sind die Kreuzkröten<br />
abends und nachts aktiv.<br />
Dann kann man den Ruf der Männchen,<br />
ein metallisches Rätschen<br />
„ärr... ärr... ärr“ hören. Teilweise rufen<br />
die Kröten bereits am Nachmittag<br />
in ihren Tagesverstecken, falls es<br />
Regen gibt, bedeckt oder bewölkt ist.<br />
Jeweils nach Einbruch der Dämmerung<br />
begeben sich die Männchen<br />
zum Gewässer und es kann zu weitschallenden<br />
Konzerten kommen,<br />
wobei die Rufer sehr empfindlich<br />
auf Störungen reagieren. Die Weibchen<br />
hingegen kommen nur zum<br />
Laichen ans Gewässer. Die Rufaktivität<br />
und Balz dauert in NRW<br />
von April bis August. Nur diesjährige<br />
Kreuzkröten sind anfangs überwiegend<br />
tagaktiv, wobei diese auch<br />
große Hitze und Trockenheit vertragen.<br />
Als Laichgewässer werden fast ausschließlich<br />
flache, vegetationsarme<br />
und sonnenexponierte Gewässer mit<br />
nur wenigen Zentimeter Wassertiefe<br />
gewählt. Falls tiefere Gewässer<br />
besiedelt werden, haben diese ausgedehnte<br />
Flachwasserzonen. Es handelt<br />
sich meist um von Regenwasser<br />
gespeiste periodische Pfützen,<br />
Tümpel und Wagenspuren. Im<br />
Hagener Raum waren 68 % der besiedelten<br />
Gewässer von Regenwasser<br />
gespeist (SCHLÜPMANN 1995).
Künstliche, vom Menschen geschaffene<br />
Gewässer werden häufig bereits<br />
im ersten Jahr besiedelt.<br />
Hier wird deutlich, warum die<br />
Kreuzkröte zu den Pionierarten<br />
zählt. Sie besiedelt neu entstandene,<br />
noch vegetationsfreie bzw. –arme<br />
Gewässer schnell, muss aber ebenso<br />
schnell wieder in neue Plätze ausweichen,<br />
wenn die Vegetation nach<br />
wenigen Jahren zu dicht wird, also<br />
die natürliche Sukzession voranschreitet.<br />
Das Problem besteht <strong>für</strong><br />
solche Pioniere in der heutigen Zeit<br />
darin, dass dynamische Prozesse wie<br />
das Entstehen vegetationsarmer<br />
Stillgewässer kaum noch stattfinden.<br />
Das Weibchen legt pro Laichschnur<br />
1000 bis 9000 Eier ab.<br />
Laichschnüre können sowohl<br />
einreihig als auch zweireihig<br />
abgelegt werden. Keine andere<br />
Amphibienart Europas entwickelt<br />
sich so schnell wie<br />
die Kreuzkröte vom befruchteten<br />
Ei zur Jungkröte (GROßE<br />
1994). Vom Ei zum<br />
Schlupf der Kaulquappe dauert<br />
es 3 bis 12 Tage und von<br />
der Kaulquappe zur Jungkröte 2 bis<br />
19 Wochen. Die Kaulquappen der<br />
Kreuzkröte sind anfangs nicht von<br />
denen der Erdkröte zu unterscheiden.<br />
Bei beiden Arten sind die Kaulquappen<br />
zuerst tief schwarz. Erst<br />
ältere Kaulquappen der Kreuzkröte<br />
haben einen artanzeigenden grauen<br />
Kehlfleck.<br />
Auch schwarze Kaulquappen in typischen<br />
Laichgewässern der Kreuzkröte,<br />
wie Pfützen, sind jedoch noch<br />
kein sicherer Nachweis. Als am<br />
20.06.07 bei der Kontrolle von<br />
Steinbrüchen im Stadtgebiet Brilon<br />
in vier Brüchen schwarze Kaulquappen<br />
gefunden wurden, waren sich<br />
die drei VNV-Mitglieder und zwei<br />
niedersächsischen Experten zunächst<br />
sicher, Kreuzkröten gefunden<br />
zu haben, da sich die Kaulquappen<br />
in typischen Kreuzkröten-Gewässern<br />
befanden. Nachkontrollen ergaben<br />
aber in drei Fällen „nur“<br />
Erdkröten-Kaulqappen, während das<br />
vierte Gewässer ausgetrocknet war.<br />
Bei der Metamorphose (Umwandlung)<br />
wird aus der im Wasser<br />
kiemenatmenden Kaulquappe die<br />
lungenatmende Kröte. Je niedriger<br />
die Wassertemperatur liegt, desto<br />
länger dauert die Entwicklung. Die<br />
optimale Wassertemperatur zur<br />
schnellen Entwicklung von Kaulquappen<br />
liegt bei 30 ° C (GROSSE<br />
1994). Unter 12 ° C Wassertemperatur<br />
stagniert die Entwicklung der<br />
Kaulquappen völlig. Deshalb konnten<br />
noch am 13.10. an einem Gewässer<br />
im Hagener Raum Kaulquappen<br />
ohne Beinansatz gefunden werden<br />
(SCHLÜPMANN 1995). Solche Kaulquappen<br />
können die Metamorphose<br />
Laichschnüre der Kreuzkröte<br />
Foto: M. Schlüpmann<br />
nicht mehr vor dem Winter schaffen<br />
und werden sterben.<br />
Die Entwicklungsgeschwindigkeit<br />
wird daneben von der Nahrungsverfügbarkeit<br />
und der Konkurrenz<br />
anderer Amphibienarten im Laichgewässer<br />
beeinflusst. Häufig trocknen<br />
auch die Laichgewässer aus und<br />
der Laich oder die Kaulquappen gehen<br />
verloren. Als echter Pionier hat<br />
sich die Kreuzkröte aber an solche<br />
Widrigkeiten angepasst: Mehrfach<br />
im Jahr wird von verschiedenen<br />
Weibchen ins gleiche Gewässer abgelaicht,<br />
jeweils nach Regenfällen.<br />
Die Kreuzkröte ist im Laichgewässer<br />
häufig mit der<br />
Geburtshelferkröte und Molchen<br />
vergesellschaftet. Eine Vergesellschaftung<br />
mit Grasfrosch (Rana<br />
temporaria) und Erdkröte ist seltener,<br />
da diese beiden Arten meist früher<br />
laichen. Im Hagener Raum war<br />
die Kreuzkröte meistens mit 0 - 3<br />
Arten im Laichgewässer gemeinsam<br />
vertreten (SCHLÜPMANN 1995).<br />
Laich und Kaulquappen können<br />
durch Prädation durch andere Amphibien,<br />
Fische, Vögel, Libellenlarven<br />
und Wasserinsekten Verluste<br />
erleiden (FELDMANN 1981, SINSCH<br />
1998). Auch Laichkannibalismus<br />
durch ältere Kreuzkröten-Kaulquappen<br />
kommt vor. In Dortmund wurde<br />
im Juni 2003 ein Kaulquappenbestand<br />
um mehr als 95 % von Rabenkrähen<br />
reduziert (MÜNCH 2005).<br />
Aquatische Prädatoren können zu<br />
Verlusten von bis zu 100 % führen<br />
(SINSCH 1998).<br />
Frühere Vorkommen im<br />
Hochsauerland und dessen<br />
Umgebung<br />
Den ersten Hinweis über das<br />
Vorkommen der Kreuzkröte<br />
im Sauerland und dessen<br />
Umkreis liefert SUFFRIAN<br />
(1843). SUFFRIAN schreibt:<br />
„Seltener als jene (Anmerkung:<br />
Gemeint ist die vorher<br />
von SUFFRIAN behandelte<br />
Erdkröte.), doch nirgends ganz<br />
vermisst, auch an gleichen Orten lebend.<br />
Ändert an Größe und Färbung<br />
mannigfach ab, und man findet selbst<br />
Stücke mit kaum bemerkbaren<br />
Rückenstreifen.“<br />
1892 schreibt LANDOIS: „im Sauerlande<br />
wird sie nirgends vermisst“.<br />
Auch WESTHOFF (1893) bestätigt<br />
noch die Angaben von Suffrian und<br />
Landois, wenn er aufführt: „In dem<br />
Sauerländischen Districte überall,<br />
aber nirgends häufig.“<br />
Ältere genaue Nachweise über das<br />
Vorkommen von Amphibien und<br />
Reptilien im Sauerland scheinen<br />
nicht vorhanden zu sein. Erstmals<br />
gibt DOBBRICK (1926) ortsgenaue<br />
Nachweise über das Vorkommen der<br />
Kreuzkröte: „Rufende Exemplare<br />
1923 und 24 in einer alten Dunggrube<br />
in Niedereimer; zahlreich in der<br />
Ziegeleiausschachtung am Herdringerweg.“<br />
IRRGEISTER 2007 31
Im Ruhrtal bei Arnsberg wurde von<br />
1940 bis 1945 durch alliierte Bombardierungen<br />
eine große Zahl von<br />
„künstlichen Laichgewässern“ in<br />
Form von Bombentrichtern geschaffen<br />
(BÜHNER 1995). Vor allem die<br />
massiven Angriffe mit schweren und<br />
schwersten Sprengbomben 1944 und<br />
1945 auf das Eisenbahnviadukt in<br />
Arnsberg, das Stahlwerk in Neheim<br />
und den Bahnhof Neheim führten zu<br />
vielen Bomben-Fehlabwürfen. Dies<br />
hatte viele Bombentrichter in der<br />
Ruhraue zur Folge, wie Luftbilder<br />
aus dieser Zeit zeigen (ebd.). Diese<br />
wurden zum Teil erst viele Jahre später<br />
verfüllt. Diese Bombentrichter<br />
dürften <strong>für</strong> lange Zeit gute<br />
Amphibienlaichgewässer gewesen<br />
sein. Neben der Kreuzkröte haben<br />
vermutlich weitere heute ausgestorbene<br />
oder seltene Arten wie Gelbbauchunke<br />
(Bombina variegata),<br />
Laubfrosch (Hyla arborea) und Ringelnatter<br />
(Natrix natrix) davon profitiert.<br />
FELDMANN (1981) bringt den Hinweis:<br />
„ANT fand 1951 Kreuzkröten<br />
bei Fredeburg (Hochsauerlandkreis).“<br />
Über diesen völlig isolierten<br />
Fund gibt es leider keine näheren<br />
Angaben (FELDMANN mdl.).<br />
Wahrscheinlich befand sich das Vorkommen<br />
auf dem Gelände des<br />
Schieferbergwerks in Bad<br />
Fredeburg. Ferner schreibt FELD-<br />
MANN: „Randbereiche der langsam<br />
vollaufenden Aabachtalsperre“. Die<br />
Aabachtalsperre liegt nur 1,5 km<br />
nord-östlich der HSK-Grenze im<br />
Kreis Paderborn. In der<br />
Verbreitungskarte von FELDMANN<br />
(1981) finden sich mehrere Nachweise<br />
der Kreuzkröte im HSK.<br />
In den Jahren 1981 und 1982 wurden<br />
Kreuzkröten auf dem Truppenübungsplatz<br />
Spreiberg bei Arnsberg-<br />
Müschede gefunden (schriftliche<br />
Mitteilung FELDMANN). Damals wurde<br />
dieser Truppenübungsplatz noch<br />
von Panzerfahrzeugen der belgischen,<br />
in Arnsberg stationierten<br />
Truppen genutzt. Heute fehlen dort<br />
jedwede Pionierstandorte.<br />
32 IRRGEISTER 2007<br />
Im angrenzenden Wittgenstein gab<br />
es bei 385 m NN ein Vorkommen im<br />
Edertal an einer Bahntrasse bei Bad<br />
Berleburg-Arfeld (BELZ 1982). Die<br />
letzten Nachweise dieses Vorkommens<br />
wurden Mitte der 90er Jahre<br />
getätigt (FREDE mdl.). Ob dieses Vorkommen<br />
noch besteht, ist unklar<br />
(FREDE mdl.).<br />
LOSKE und RINSCHE schreiben 1985:<br />
„Exakte Zahlenangaben über die<br />
Kopfstärke der Population im<br />
Möhne-Heve-Gebiet sind nur<br />
schwer möglich. Insbesondere aber<br />
das Vorkommen im Bereich von<br />
Halle und Heve, das sich von Hirschberg<br />
im Osten bis zum Hevebecken<br />
des Möhnesees erstreckt, kann als<br />
stabil betrachtet werden, worauf<br />
zahlreiche Laichschnüre in Wagenspuren,<br />
Gräben und Tümpeln dieses<br />
Gebiets hindeuten. Eigentümlichkeit<br />
dieses Vorkommens ist, dass die<br />
Kreuzkröten hier kaum Rufaktivität<br />
entwickeln.“<br />
Dieses Vorkommen strahlte auch in<br />
den HSK, ins heutige NSG<br />
„Arnsberger Wald“, aus. Das<br />
Schicksal dieser Population ist unklar<br />
(RINSCHE mdl.). Bei<br />
Kartierungsarbeiten des VNV wurde<br />
1990 ca. 1,5 km nordöstlich von<br />
Arnsberg-Breitenbruch, im heutigen<br />
NSG „Arnsberger Wald“, eine<br />
Kreuzkröte entdeckt (Fundortkartei<br />
Korn). Noch 1995 befanden sich in<br />
einer Wagenspur an einem breitem<br />
Forstweg 1 km nordöstlich von Vorkommen<br />
1 (siehe unten) zahlreiche<br />
Kaulquappen (BARTETZKO mdl.).<br />
In ihrer Verbreitungskarte führen<br />
LOSKE & RINSCHE neben einem Fundpunkt<br />
bei Arnsberg-Neheim (Vorkommen<br />
1, siehe unten) noch einen<br />
Fundpunkt bei Brilon-Esshoff (MTB<br />
4516 Warstein) und einen auf dem<br />
Messtischblatt-Viertelquadranten,<br />
durch den die HSK-Grenze im<br />
Möhnetal (MTB 4517 Alme) läuft,<br />
auf. Der Fundpunkt bei Esshoff dürfte<br />
mit dem ca. 6 km entfernten Vorkommen<br />
in Steinbrüchen bei<br />
Rüthen-Kallenhardt durch das Querbruchtal<br />
in Verbindung stehen. In der<br />
Kreuzkrötenmännchen auf Erdkrötenweibchen<br />
Foto: G. Kistner<br />
Nähe wurden 1986, am von VNV<br />
betreuten Amphibien-Schutzzaun in<br />
der Forsthauskurve an der L 776, 5<br />
Kreuzkröten gefunden (Fundortkartei<br />
Korn). Der Nachweis im<br />
Möhnetal (möglicherweise im Industriegebiet<br />
Rüthen-Heidfeld) dürfte<br />
über die Bahntrasse mit einem Vorkommen<br />
in Rüthen in Verbindung<br />
stehen. Über die Nachweise bei<br />
Esshoff und im Möhnetal ließ sich<br />
nichts näheres ermitteln (RINSCHE<br />
mdl.).<br />
Im April 1985 wurden 4 Kreuzkröten<br />
entdeckt, die in Gullies in Arnsberg-<br />
Bruchhausen gefallen waren<br />
(Fundortkartei Korn). Dieser Fundort<br />
liegt nur ca. 1,5 km vom Vorkommen<br />
1 entfernt. Vor 1985 gab es immer<br />
wieder Nachweise in diesem<br />
Bereich (JÄCKSCH mdl.). Heute ist<br />
das dortige Gebiet durch Bebauung<br />
und Straßenbau völlig verändert und<br />
nicht mehr kreuzkrötengerecht.<br />
In diesem Gebiet gab es Anfang der<br />
80er Jahre auch die letzten Nachweise<br />
der Gelbbauchunke im HSK<br />
(JÄCKSCH mdl.).<br />
Im Kreis Waldeck-Frankenberg gab<br />
es 3 Vorkommen in Grenznähe zum<br />
HSK (MAI 1989). Ein Vorkommen<br />
lag im Raum Lichtenfels-Münden.<br />
Über dieses ließ sich trotz intensiver<br />
Recherche nichts näheres in Erfahrung<br />
bringen. Zwei der Vorkommen<br />
lagen in stillgelegten Steinbrü-
chen im Linscherbachtal südlich von<br />
Hallenberg, nur ca. 1,5 km von der<br />
HSK-Grenze entfernt (MAI mdl.).<br />
Eins dieser Vorkommen besteht immer<br />
noch (SCHNEIDER mdl.).<br />
Bei der Rasterkartierung der Amphibien<br />
und Reptilien des HSK durch<br />
den VNV, durchgeführt auf<br />
Minutenfeldbasis von 1983-1991,<br />
gab es nur wenige Nachweise. KORN<br />
(1991) schreibt: „Die Kreuzkröte<br />
konnte bisher nur im Briloner und<br />
Arnsberger Raum gefunden werden.<br />
Der Verbreitungsschwerpunkt dieser<br />
Art liegt in der Ebene. Im Hochsauerlandkreis<br />
wurde sie in Steinbrüchen<br />
und Haldengelände nachgewiesen.<br />
Sie bevorzugt dort flache,<br />
besonnte Kleingewässer.“ 1998<br />
schreiben BARTETZKO & KORN neben<br />
ein paar biologischen Angaben praktisch<br />
identisch wie KORN 1991: „Im<br />
HSK konnte die Kreuzkröte bislang<br />
nur in Arnsberg und im Briloner<br />
Raum gefunden werden.“<br />
GEIGER et al. berichten 1994: „Aus<br />
den Höhenlagen des Sauerlandes liegen<br />
weitere Funde vor. Im Bereich<br />
des MTB 4516/1 und 4516/4 liegen<br />
die höchsten Kreuzkrötenhabitate in<br />
NRW bei 410 m ü. NN. In diesem<br />
<strong>Natur</strong>raum (Nordsauerländer Oberland)<br />
werden v. a. Steinbrüche als<br />
Sekundärbiotope besiedelt.“ Diese<br />
Steinbrüche zwischen Warstein und<br />
Rüthen-Kallenhardt (Kreis Soest)<br />
sind noch heute gut besiedelt<br />
(SCHLÜPMANN mdl.). Bis zur Kreisgrenze<br />
sind es nur ca. 4 km.<br />
Im heutigen NSG „Helmke“ bei Iserlohn-Letmathe<br />
gab es Vorkommen in<br />
einem stillgelegten Steinbruch<br />
(SCHLÜPMANN 1995). Dieses Vorkommen<br />
stand durch Bahntrassen mit<br />
anderen Vorkommen im Hagener<br />
Raum in Verbindung. Der Steinbruch<br />
wurde vom Förderverein <strong>Natur</strong>schutz<br />
Märkischer Kreis (MK),<br />
nach Bereitstellung der da<strong>für</strong> nötigen<br />
Geldmittel durch die NRW-Stiftung,<br />
angekauft. Durch Beweidung<br />
mit einer Schafherde wird der Steinbuch<br />
offen gehalten. Bis heute<br />
schaffte es die die Untere<br />
Landschaftsbehörde des MK jedoch<br />
nicht, dort <strong>für</strong> die Kreuzkröten geeignete<br />
Laichgewässer anzulegen,<br />
obwohl vom ehrenamtlichen <strong>Natur</strong>schutz,<br />
insbesondere des NABU-<br />
MK, seit Jahren gefordert (FRANKE<br />
mdl.). Das Vorkommen scheint erloschen<br />
zu sein (SCHLÜPMANN mdl.).<br />
Bekannte aktuelle Vorkommen im<br />
Hochsauerlandkreis und angrenzenden<br />
Gebieten<br />
Die im folgenden aufgeführten Vorkommen<br />
sind die einzigen zur Zeit<br />
bekannten Vorkommen im HSK.<br />
Vorkommen 1: Deponie im Ruhrtal<br />
bei Arnsberg-Neheim<br />
Bereits DOBBRICK (1926) führte 2<br />
Vorkommen im Ruhrtal auf. LOSKE<br />
& RINSCHE schreiben (1985): „Im<br />
Frühjahr 1984 wurde die Art erstmals<br />
auch im Ruhrtal bei Neheim<br />
gefunden.“ (Richtiger wäre gewesen:<br />
1984 wurde die Kreuzkröte bei<br />
Neheim <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong>wissenschaft<br />
und den <strong>Natur</strong>schutz wiederentdeckt.)<br />
Das Vorkommen wurde im<br />
übrigen von einem VNV-Mitglied<br />
gefunden. Auf der damals noch<br />
vegetationsfreien Deponie wurde der<br />
Bestand auf 30 rufende Männchen<br />
geschätzt (SCHROEDER mdl.). Am<br />
08.09.1984 wurden von SCHROEDER,<br />
KORN und KÖNIG 2 Adulte und zahl-<br />
reiche Kaulquappen gefunden<br />
(Fundortkatei Korn).<br />
Dieses Vorkommen wird seit 1984<br />
vom VNV betreut. Kein anderes<br />
Amphibien-Vorkommen im HSK hat<br />
auch nur eine annähernd große Hilfe<br />
durch den VNV erfahren. Ohne<br />
diesen Einsatz würde dieses Vorkommen<br />
sehr wahrscheinlich bereits<br />
erloschen sein. Das Deponiegelände<br />
wird seit Jahren nicht mehr genutzt<br />
und befindet sich in fortschreitender<br />
Sukzession. Durch VNV-Mitglieder<br />
wurde mehrfach mit dem Freischneider<br />
der Gehölzauswuchs zurückgedrängt.<br />
Mehrere Folientümpel<br />
wurden im Lauf der Jahre geschaffen.<br />
Diese wurden mehrmals durch<br />
Vandalismus angeschnitten, also zerstört<br />
(BARTETZKO 1995).<br />
Noch 1995 konnten auf der Deponie<br />
in einem gerade vom VNV geschaffenen<br />
Folientümpel 50 000 -<br />
60 000 (!) Kaulquappen geschätzt<br />
werden (BARTETZKO 1995). Seit 1995<br />
liegen genauere Aufzeichnungen der<br />
Kontrollen vor. Nur <strong>für</strong> 1999, 2003<br />
und 2006 gibt es eine Nachweislücke.<br />
Die Kontrollen wurden von<br />
1995-2002 durch Herbert BARTETZKO<br />
und seit 2004 durch Gerd KISTNER<br />
durchgeführt. Es wurden 3-9 Laichschnüre<br />
pro Jahr gefunden.<br />
VNV-Teich auf der Deponie in Neheim 1995 Foto: R. Hillebrand<br />
IRRGEISTER 2007 33
In den letzten Jahren wurde in<br />
Trockenperioden des öfteren Wasser<br />
<strong>für</strong> die austrocknenden Tümpel mit<br />
dem Auto herangeschafft. 2004 sollte<br />
die Deponiefläche in einem<br />
Endsicherungsverfahren, wegen vermuteter<br />
Schwermetallbelastung, mit<br />
Bodenaushub abgedeckt werden.<br />
Durch den Hinweis des VNV im<br />
Genehmingungs-Verfahren auf das<br />
Vorkommen der Kreuzkröte und der<br />
Schlingnatter (Coronella<br />
austriaca) 3 konnte das Verfahren<br />
vorerst gestoppt werden.<br />
Im Jahr 2005 wurden 3 Laichschnüre<br />
gefunden. Nur wenige Kaulquappen<br />
schafften die Metamorphose. 2006<br />
gab es trotz Kontrollen keine Nachweise.<br />
2007 wurde dann erstmals<br />
seit Jahren wieder eine adulte Kröte<br />
beobachtet. Zahlreiche Kaulquappen<br />
schafften die Metamorphose. Durch<br />
die eher kalte Witterung im Sommer<br />
bedingt wurden noch am 6.10. 10<br />
Kaulquappen beobachtet, welche die<br />
VNV-Teiche auf der Deponie in Neheim 2003<br />
und 2004 Fotos: G. Kistner<br />
34 IRRGEISTER 2007<br />
Metamorphose nicht geschafft hatten.<br />
Dieses Vorkommen wird demnächst<br />
aussterben, sofern es dem VNV nicht<br />
gelingt, weitere Schutzmaßnahmen<br />
<strong>für</strong> die Kreuzkröte einzuleiten. Die<br />
Kreuzkröten brauchen dort dringend<br />
wieder offene, vegetationsfreie oder<br />
vegetationsarme Bereiche.<br />
Die Betreuung des Vorkommens erfolgt<br />
durch Gerd KISTNER.<br />
Vorkommen 2: Parkplatz im<br />
Hoppecketal bei Brilon-Messinghausen<br />
Bereits in der Verbreitungskarte von<br />
FELDMANN (1981) finden sich im<br />
Hoppecketal Nachweise. Während<br />
der VNV-Kartierung wurde 1986<br />
oder 1987 ein Vorkommen auf dem<br />
Gelände des Batteriewerks in Brilon-<br />
Hoppecke (ca. 1,5 km entfernt) entdeckt<br />
(FRIES mdl.).<br />
Ferner gab es den Nachweis einer<br />
adulten Kreuzkröte in einem<br />
Steinbruch bei Brilon-<br />
Messinghausen zwischen<br />
1985 und 1989 (SCHUBERT<br />
mdl.). In einer Pfütze an der<br />
Zufahrt dieses Steinbruches<br />
wurde im Mai 2002 eine<br />
Laichschnur der Kreuzkröte<br />
gefunden. Schon eine Woche<br />
später war diese Pfütze<br />
wegen einer Trockenperiode<br />
ausgetrocknet. Eine<br />
Nachsuche im angrenzenden<br />
Steinbruch erbrachte<br />
den Nachweis von ca. 200<br />
Kaulquappen, die am Rand<br />
des Steinbruchsees das Gestein<br />
regelrecht „abweideten“.<br />
Dieser 45 m tiefe<br />
Steinbruchsee, Blauer<br />
See genannt, wird von Tauchern<br />
frequentiert. Die<br />
Kreuzkröten müssen einen<br />
Flachwasserbereich im unzugänglichen<br />
Nordteil des<br />
Sees zum Laichen genutzt<br />
haben. In den folgenden<br />
Jahren gelangen keine<br />
Nachweise von Kaulquappen mehr.<br />
Dies könnte an den Schwankungen<br />
des Wasserspiegels des Sees liegen.<br />
Bei hohem Wasserstand gibt es keine<br />
Flachwasserbereiche zum Ablaichen.<br />
Nur ca. 500 m vom Platz des<br />
Laichfunds 2002 am Taucher-Steinbruch<br />
wurden am 12.06.05 kleine<br />
Kaulquappen der Kreuzkröte entdeckt.<br />
Es handelte sich um drei größere<br />
Pfützen auf einem Parkplatz mit<br />
einer wassergebundenen Decke aus<br />
Steinmehl. Der Parkplatz wird von<br />
einem landwirtschaftlichen Lohnunternehmen<br />
zum Abstellen von<br />
Leiterwagen genutzt. Neben den<br />
Kreuzkrötenkaulquappen fanden<br />
sich Bergmolche (Triturus alpestris),<br />
Fadenmolche (Triturus helveticus),<br />
ferner Kaulquappen von Grasfrosch<br />
und Geburtshelferkröte in den Pfützen.<br />
Bei einer Kontrolle am 26.06.<br />
waren wegen der Trockenperiode<br />
bereits zwei Pfützen ausgetrocknet<br />
und nur eine Pfütze hatte noch etwas<br />
Wasser. Nur noch einige sehr<br />
große Kaulquappen der<br />
Geburtshelferkröte waren im sehr<br />
trüben Wasser zu sehen. Auf dem<br />
Parkplatz fanden sich aber 2 diesjährige<br />
Grasfrösche und 26 diesjährige<br />
Kreuzkröten.<br />
Am 24.07. waren bereits wieder<br />
Hunderte von Kreuzkrötenkaulquappen<br />
am Gewässerrand zu<br />
beobachten. Das Wasser der nun<br />
wegen Regenfällen wieder deutlich<br />
größeren Pfützen war wegen Nutzung<br />
des Parkplatzes sehr trübe. Die<br />
Kaulquappen mussten zu verschiedenen<br />
Zeitpunkten geschlüpft sein,<br />
da es bedeutende Größenunterschiede<br />
gab. Einige hatten bereits ihre vier<br />
Beine und standen kurz vor der Metamorphose<br />
zur Kröte, während andere<br />
noch keinerlei Beinansätze<br />
zeigten. Ferner fanden sich ca. 40<br />
diesjährige Kröten und eine ca. 3 cm<br />
große Kreuzkröte aus dem Vorjahr.<br />
Von den diesjährigen hatten einige<br />
gerade die Metamorphose geschafft.<br />
Am 06.08. waren nur noch einzelne<br />
Kaulquappen der Kreuzkröte im jetzt<br />
klaren Wasser zu sehen, während auf<br />
dem Gewässergrund zahlreiche<br />
Kaulquappen der Geburtshelferkröte
Parkplatz <strong>für</strong> landwirtschaftliche Fahrzeuge bei Brilon-Messinghausen 2005<br />
Foto: M. Lindner<br />
und unbestimmte Kaulquappen von<br />
Molchen zu sehen waren. Nur die<br />
Kaulquappen, welche am 24.07. bereits<br />
ihre Beine hatten, dürften die<br />
Metamorphose geschafft haben.<br />
Rund die Hälfte dürfte der Prädation<br />
durch Fressfeinde, z. B. Vögel, zum<br />
Opfer gefallen sein.<br />
Bei der folgenden Kontrolle am<br />
28.08. waren wieder alle drei Pfützen<br />
mit reichlich Wasser gefüllt. Da<br />
das Wasser auf Grund von größerer<br />
Fahrtätigkeit (Erntezeit) sehr trübe<br />
war, konnten keine Amphibien im<br />
Wasser ausgemacht werden. Es fanden<br />
sich aber 25 diesjährige Kreuzkröten<br />
auf dem Gelände. Bei der<br />
letzten Kontrolle am 08.09. konnten<br />
22 diesjährige Kreuzkröten und ein<br />
diesjähriger Grasfrosch gezählt werden.<br />
Wegen der Erntezeit waren eine<br />
Menge frischer Fahrspuren auf dem<br />
Parkplatz.<br />
2006 wurden im Frühjahr 28 Laichballen<br />
vom Grasfrosch gezählt. Die<br />
Kaulquappen vom Grasfrosch<br />
schafften scheinbar überwiegend die<br />
Metamorphose. Hingegen wurde<br />
von der Kreuzkröte nur eine Laichschnur<br />
festgestellt. Wegen des mehrfachen<br />
Durchfahrens dieser Pfütze<br />
schafften nur wenige Kaulquappen<br />
die Metamorphose.<br />
2007 waren im Frühjahr 30 Laich-<br />
ballen vom Grasfrosch vorhanden.<br />
Von der Kreuzkröte wurden 2007<br />
mind. 9 Laichschnüre abgesetzt. Die<br />
Kaulquappen schafften wohl überwiegend<br />
die Metamorphose, da sich<br />
die Nutzung des Parkplatzes durch<br />
das landwirtschaftliche Lohnunternehmen<br />
in Grenzen hielt. Bei Kontrollen<br />
im Spätsommer wimmelte<br />
der Parkplatz von Jungkreuzkröten.<br />
Die Nutzung des Parkplatzes durch<br />
das Lohnunternehmen ist ein zweischneidiges<br />
Schwert. Sicher werden<br />
zahlreiche Kaulquappen und<br />
Jungkröten durch die Nutzung getötet.<br />
Andererseits wäre ohne die Nutzung<br />
als Parkplatz auch dieser Teil<br />
des Geländes bereits zugewachsen,<br />
so wie der angrenzende ungenutzte<br />
Teil. Zudem sind die Pfützen sicherlich<br />
erst durch die Nutzung des Parkplatzes<br />
mit den Leiterwagen entstanden.<br />
Hier wird der VNV einen pragmatischen<br />
Kompromiss mit dem Unternehmen<br />
suchen, nämlich, einen<br />
kurzzeitigen Nutzungsverzicht im<br />
Bereich der größten Pfütze während<br />
der Hauptlaichzeit der Kreuzkröten<br />
vorschlagen.<br />
Der VNV wird sich bemühen, im<br />
Winter 2007/08 einige kleinere Fichten<br />
und anderes Gehölz an der Straßenböschung<br />
zu entfernen, um eine<br />
Beschattung der Laichgewässer<br />
auch <strong>für</strong> die nähere Zukunft zu verhindern.<br />
Auch über die Anlage weiterer<br />
Laichgewässer auf einer angrenzenden<br />
Wiese wird nachgedacht.<br />
Die Betreuung des Vorkommens<br />
liegt bei Martin LINDNER.<br />
Im Hagener Raum verschwanden die<br />
Kreuzkröten nach einer Unterschutzstellung<br />
eines Gebiets als <strong>Natur</strong>schutzgebiet<br />
wegen der einsetzenden<br />
Sukzession, während sich eine<br />
andere Population trotz Moto-Cross-<br />
Bahn hielt (SCHLÜPMANN 1995). Der<br />
Parkplatz liegt im dortigen FFH-<br />
Gebiet direkt an der Hoppecke, die<br />
ca. 2 m unter dem Niveau des Parkplatzes<br />
fließt. Nördlich neben dem<br />
Platz führt die Landstraße vorbei.<br />
Die Besiedlung des Parkplatzes dürfte<br />
sich durch die in der Nähe vorbeilaufende<br />
Bahntrasse erklären.<br />
Bahntrassen sind <strong>für</strong> die Kreuzkröte<br />
und andere Amphibien- und<br />
Reptilienarten wichtige, in dicht besiedelten<br />
Gebieten sogar die wichtigsten,<br />
Wanderwege (SCHLÜPMANN<br />
1995, HENF 2001).<br />
Vorkommen 3: Steinbruch bei<br />
Balve-Beckum (MK)<br />
Bei der Suche nach einer Uhubrut<br />
wurde dieses Vorkommen am<br />
14.06.05 in einem stillgelegten<br />
Steinbruch bei Balve-Beckum im<br />
Märkischen Kreis entdeckt. Wegen<br />
der Trockenperiode zu dieser Zeit<br />
befand sich eins der beiden Hauptlaichgewässer<br />
kurz vor der Austrocknung.<br />
Im Steinbruch waren ferner<br />
zahlreiche, bereits trockengefallene<br />
Pfützen und eine Restpfütze<br />
mit einigen Geburtshelferkröten-Kaulquappen<br />
zu sehen. Dieses<br />
Vorkommen war heutigen Fachleuten<br />
bisher unbekannt (FELDMANN<br />
und SCHLÜPMANN mdl.). Es fehlt in<br />
den Verbreitungskarten von FELD-<br />
MANN 1981 und der aktuellen des<br />
Arbeitskreises Amphibien und Reptilien<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
(SCHLÜPMANN & GEIGER 1998), ebenso<br />
in einer Artenliste der Region<br />
(GRÜNWALD 1985).<br />
IRRGEISTER 2007 35
Trotz Kontrolle dieses Steinbruchs<br />
in früheren Jahren durch Fachleute<br />
kann es sein, dass dieses Vorkommen<br />
bis heute schlicht übersehen<br />
wurde, da zu den falsche Zeiten kontrolliert<br />
wurde (FELDMANN mdl.).<br />
Aber auch eine Zuwanderung in den<br />
letzten Jahren erscheint bei dieser<br />
hochmobilen Pionierart durchaus<br />
möglich (vgl. z.b. SINSCH 1998). Bei<br />
der Kreuzkröte kommen durch vagabundierende<br />
Lebensweise auch<br />
Besiedlungen in 10 bis 15 km Entfernung<br />
zur Ursprungspopulation<br />
vor (SCHLÜPMANN 1995).<br />
Zufällig stellte sich erst am 29.10.05<br />
heraus, dass dieses Vorkommen bereits<br />
in den 80er Jahren des letzten<br />
Jahrhunderts entdeckt wurde<br />
(BARTETZKO mdl.). In den Jahren<br />
1982-1988 wurde mehrfach Laich<br />
und Kaulquappen der Kreuzkröte<br />
nachgewiesen. Da diese Nachweise<br />
nicht veröffentlicht oder weitergemeldet<br />
wurden, waren sie nicht in<br />
Fachkreisen bekannt.<br />
Am 19.06.05 wurden rund 700 Kaulquappen<br />
von Kreuz-, Erd- und<br />
Geburtshelferkröte in 1,5 Stunden<br />
aus der fast ausgetrockneten Pfütze<br />
geborgen und in eine große Pfütze<br />
umgesetzt. Wegen des sehr zähen<br />
Schlamms gestaltete sich dies äu-<br />
36 IRRGEISTER 2007<br />
ßerst schwierig. Ungefähr 300 Kaulquappen<br />
konnten im Restschlammwasser<br />
nicht gerettet werden. Deshalb<br />
wurden mehrere Eimer Wasser<br />
herbeigeschafft, was aber leider ein<br />
Austrocknen dieser Restpfütze bereits<br />
drei Tage später nicht verhinderte.<br />
Nur kleine schwarze Punkte<br />
im getrockneten Schlamm zeugten<br />
noch von den Kaulquappen.<br />
Am 27.06. waren im Steinbruch<br />
zahlreiche frische Fahrzeugspuren<br />
und ein großes Zelt zu sehen. Die<br />
verbliebene Restpfütze war scheinbar<br />
intensiv von Offroadfahrzeugen<br />
durchfahren worden. In der großen<br />
Wasserlache war nur noch wenig<br />
Krötenrettungsaktion am 19.06.05<br />
Gleiches Gewässer (Steinbruch bei Balve-Beckum) ein paar Wochen später<br />
nach Regenfällen Fotos: M. Lindner<br />
Wasser. Die Fahrzeuge hatten Wasser<br />
und Schlamm in die Gegend gespritzt.<br />
Statt Hunderten von Kaulquappen<br />
dreier Arten in verschiedenen<br />
Altersstadien waren jetzt nur<br />
rund 25 in der Nacht abgesetzte<br />
Kaulquappen der Geburtshelferkröte<br />
mit ihren lehren Eihüllen zu sehen. 4<br />
Der anwesende Steinbruchmitarbeiter<br />
erklärte, dass am letzten<br />
Samstag Toyota-Offroadfahrzeuge<br />
vorgeführt worden seien. Ferner teilte<br />
er mit, dass am 2.07. Porsche<br />
Offroadfahrzeuge vorführen und<br />
Probefahren machen werde. Kurz<br />
entschlossen wurde deshalb die<br />
wichtige Pfütze mit Steinmehlsäcken<br />
vom Fahrweg abgetrennt.<br />
Bis Anfang 2006 wurde diese Abtrennung<br />
respektiert. Trotz mehrfacher<br />
Kontrolle haben aber offensichtlich<br />
nur noch Geburtshelferkröten<br />
abgelaicht. Zumindest wurden<br />
in dem stets ockerfarbigen Wasser<br />
keine anderen Arten entdeckt.<br />
Mehrfach waren auch am Tage<br />
Geburtshelferkröten mit ihrem<br />
glockenartigen Ruf, deshalb auch<br />
früher „Glockenfrosch“ genannt, zu<br />
hören.<br />
2006 konnten keinerlei Nachweise<br />
der Kreuzkröte erbracht werden.<br />
Erst am 6.08.07 wurden beim Hauptlaichgewässer<br />
von 2005 rund 30<br />
diesjährige Kreuzkröten nachgewiesen.<br />
Auch bei diesem Vorkommen ist die<br />
Fahrzeugnutzung ein zweischneidiges<br />
Schwert. Einerseits werden hier<br />
Amphibien durch Fahrzeuge getötet.<br />
Andererseits halten Fahrzeuge die<br />
Sukzession zumindest auf den Fahrwegen<br />
auf.<br />
Auch in diesem Steinbruch kann es<br />
daher nur um einen möglichst freiwilligen<br />
Nutzungsverzicht auf die<br />
große Pfütze, das Hauptlaichgewässer,<br />
gehen.<br />
Die Betreuung des Platzes erfolgt<br />
durch Martin Lindner mit Unterstützung<br />
durch Udo Stangier und Gerd<br />
Kistner.
Vorkommen 4: Steinbruch bei<br />
Menden-Asbeck im Hönnetal (MK)<br />
Das vierte Vorkommen liegt ca. 4 km<br />
nördlich des vorgenannten<br />
Steinruchs. Im Steinbruch Sanssauci<br />
ca. 2 km südwestlich bestand zumindest<br />
noch 1982-88 ein weiteres Vorkommen<br />
(BARTETZKO mdl.).<br />
Früher gab es in diesem Bereich des<br />
Hönnetals weitere fünf aktive Steinbrüche.<br />
Diese könnten damals auch<br />
besiedelt gewesen sein. Denn die<br />
Abstände zueinander waren in keinem<br />
Fall größer als 3 km, und alle<br />
Steinbrüche lagen nicht weit von der<br />
Hönnetalbahnstrecke entfernt.<br />
Bei der Kontrolle des Uhupaares in<br />
diesem Steinbruch wurden am<br />
18.06.05 Kaulquappen der Kreuzkröte<br />
in einen Tümpel am<br />
Steinbruchrand entdeckt. Dies ist<br />
insofern bemerkenswert, da in der<br />
näheren Umgebung sowohl dieses<br />
Vorkommens als auch des Vorkommens<br />
bei Beckum keine weiteren<br />
bekannt waren (FELDMANN,<br />
SCHLÜPMANN und KORDGES mdl.).<br />
Das nächste bekannte Vorkommen<br />
lag bis Anfang der 1990er Jahre ca.<br />
10 km entfernt im Bereich des<br />
Wälkesberges westlich von Menden<br />
im damals noch bestehenden Truppenübungsplatz<br />
(FELDMANN mdl.).<br />
Auch diese Population wurde bereits<br />
in den 80er Jahren des letzten Jahrhunderts<br />
entdeckt. Da diese Nachweise<br />
nicht veröffentlicht wurden,<br />
blieben sie sozusagen unbekannt<br />
(BARTETZKO mdl.). Der Nachweis ist<br />
besonders bemerkenswert, weil die<br />
Art bei herpetologischen Bestandsaufnahmen<br />
des Steinbruchsgeländes<br />
Mitte bis Ende der 1990er Jahre definitiv<br />
nicht nachweisbar war (KORD-<br />
GES mdl.).<br />
2006 erfolgten bei einer Kontrolle<br />
keine Nachweise. Wie beim Vorkommen<br />
3 wurden erst wieder am<br />
6.08.07 Kreuzkröten gefunden. Im<br />
Bereich einer Verkippung mit Pfützen<br />
wurden rund 40 Jungkröten gezählt.<br />
Der an die Pfütze angrenzende Bereich<br />
des Steinbruchs befindet sich<br />
momentan in starker Sukzession.<br />
Noch vor einigen Jahren war dieser<br />
Bereich gänzlich vegetationsfrei.<br />
Nun breiten sich massiv Weiden und<br />
in der Nähe eines großen Teichs auch<br />
Schilf aus. Bei einer anstehenden<br />
Erweiterung des Steinbruchs soll<br />
versucht werden, notwendige Ausgleichsmaßnahmen<br />
im Sinne des<br />
Kreuzkröten-Vorkommen festzusetzen<br />
(KORDGES mdl.).<br />
Aufruf zur Meldung von möglichen<br />
Kreuzkröten-Vorkommen<br />
In den nächsten Jahren wird es neben<br />
der Kontrolle der bereits bekannten<br />
Vorkommen und eventuell<br />
notwendigen Schutzmaßnahmen der<br />
Populationen um eine Suche nach<br />
weiteren Vorkommen durch die<br />
Amphibien- und Reptilien-AG des<br />
VNV gehen. Insbesondere soll geprüft<br />
werden, ob das Vorkommen im<br />
Möhne-Heve-Bereich (Arnsberger<br />
Wald zwischen Möhnesee und<br />
Arnsberg) noch besteht. Hier werden<br />
vor allen die Wagenspuren im Wald<br />
zu kontrollieren sein. Gerade Wagenspuren<br />
auf Waldwegen sind ein<br />
in seiner Bedeutung häufig unterschätzter<br />
Kleinbiotop, der in einem<br />
„ordentlichen Wald“ zunehmend<br />
verschwindet (JOGER 2000).<br />
Da Kreuzkröten in der Regel als<br />
Pionierart sehr schnell neu geschaffene<br />
Gewässer annehmen (vgl.<br />
NICOLAY 2003), wird der VNV versuchen,<br />
bei zwei der Vorkommen <strong>für</strong><br />
neue Gewässer, sprich Pfützen, zu<br />
sorgen.<br />
Von allen Lesern erbittet der Autor<br />
Hinweise auf mögliche Vorkommen<br />
in vegetationsfreien Pfützen in Steinbrüchen<br />
usw. (Telefon: 02933/5639<br />
oder<br />
email: falkmart1960@aol.com).<br />
Um das Erkennen der Kaulquappen<br />
als Kreuzkrötennachkommen zu erleichtern,<br />
finden Sie 1:1- Abbildun-<br />
Abb. 2: Kreuzkröten-Verbreitungskarte von Europa (SINSCH 1998)<br />
mit frdl. Genehmigung des Laurenti-Verlages<br />
IRRGEISTER 2007 37
gen der Kreuzkrötenkaulquappen<br />
in diesem Beitrag (BERNINGHAUSEN<br />
2001). Die kleinen, schwarzen Kaulquappen<br />
der Kreuzkröte sind anfangs<br />
nicht von Kaulquappen der<br />
Erdkröte abzugrenzen. Erst wenn die<br />
Kreuzkrötenkaulquappen ihren<br />
grauen Kehlfleck ausbilden, sind sie<br />
eindeutig von<br />
Erdkrötenkaulquappen zu unterscheiden.<br />
Manchmal erscheint dieser<br />
graue Kehlfleck bereits bei einer<br />
Rumpfbreite von 4 mm, oft aber<br />
erst, wenn die Hinterbeine sichtbar<br />
werden.<br />
Die hier im Artikel dargelegten Vorkommen<br />
und Erkenntnisse der Amphibien-<br />
und Reptilien-AG des VNV<br />
über die Kreuzkröte wurden am<br />
13.11.05 auf der Jahrestagung des<br />
„Arbeitskreises Amphibien und<br />
Reptilien Nordrhein-Westfalen“ in<br />
Oberhausen vorgetragen.<br />
Martin Lindner<br />
1 Kategorie 3 der Roten Liste: Arten, deren<br />
Bestände in großen Teilen des Gebietes<br />
merklich zurückgegangen und durch<br />
menschliche Einwirkungen bedroht sind.<br />
2 Kategorie 2 der Roten Liste: Arten, deren<br />
Bestände erheblich zurückgegangen sind<br />
oder durch laufende bzw. absehbare<br />
menschliche Einwirkungen erheblich bedroht<br />
sind.<br />
3 Besonders geschützte Arten nach europäischem<br />
Artenschutzrecht, FFH-Anhang<br />
IV.<br />
4 Bei der Geburtshelferkröte schleppt das<br />
Männchen die Laichschnüre um die Unterschenkel<br />
der Hinterbeine gewickelt mit<br />
sich herum. Zum Schlupf der Kaulquappen<br />
begibt es sich dann in ein Gewässer.<br />
Literatur:<br />
BARTETZKO, H. (1995): Kreuzkrötenbiotop<br />
mutwillig zerstört! <strong>Irrgeister</strong> 12/2: 4-5.<br />
BARTETZKO, H. & K. KORN (1998): Leben<br />
zwischen Wasser und Land – Amphibien und<br />
Reptilien. In: VEREIN FÜR NATUR- UND VO-<br />
GELSCHUTZ (Hrsg.): Handbuch <strong>Natur</strong>. Tierund<br />
Pflanzenwelt im Hochsauerland: 146-<br />
152.<br />
BELZ, A. (1982): Eisenbahneinschnitte als<br />
Amphibienlebensraum – mit einem Hinweis<br />
auf eine Kreuzkrötenpopulation im Südwestfälischen<br />
Bergland. Nat. u. Heimat 42:<br />
16-21.<br />
BERNINGHAUSEN, F. (2001): Welche Kaulquappe<br />
ist das? Hannover.<br />
38 IRRGEISTER 2007<br />
Kreuzkrötenkaulquappen.<br />
Aus: BERNINGHAUSEN 2001<br />
BÜHNER, W. (1995): Bomben auf Arnsberg.<br />
Arnsberg.<br />
DOBBRICK, L. (1921/23): Zur Verbreitung der<br />
Lurche bei Hüsten. Jber Zool. Sektion Münster1926:<br />
68.<br />
FELDMANN, D. (Hrsg.) (1981): Die Amphibien<br />
und Reptilien Westfalens. Abh. Land.<br />
Mus. <strong>Natur</strong>kde. Münster 43 (4): 1-161.<br />
GEIGER, A., M. SCHLÜPMANN & A. KRONSHAGE<br />
(1994): Verbreitung und Situation der Kreuzkröte<br />
in Nordrhein-Westfalen. Ber. d. Landesamtes<br />
f. Umweltschutz Sachsen-Anhalt<br />
H. 14:28-29.<br />
GRÜNWALD, H. (1985): Zur Flora und Fauna<br />
des Raumes Beckum. In: 700 Jahre Beckum<br />
– Die Geschichte eines Dorfes im Sauerland:<br />
28-56.<br />
GROSSE, W.-R. (1994): Entwicklung der<br />
Kreuzkrötenquappen in Fahrspurrinnen. Ber.<br />
D. Landesamtes f. Umweltschutz Sachsen-<br />
Anhalt H. 14:49-53.<br />
HENF, M. (2001): Lebensraum der Zauneidechse,<br />
Bahnhöfe und Bahnlinien im Biotopverbund<br />
Mettmann-Wuppertal. Ber. z. Artenu.<br />
Biotopschutz 1: 71-81.<br />
JOGER, U (2000): Wassergefüllte Wagenspuren<br />
auf Forstwegen – Synökologische Untersuchungen<br />
an einem kurzlebigen Ökosystem.<br />
Frankfurt a. M..<br />
KORDGES, T. (2001): Kalksteinbrüche in<br />
Wuppertal-Dornap: Eingriffsflächen mit<br />
Refugialfunktion <strong>für</strong> gefährdete Tier- und<br />
Pflanzenarten. Ber. z. Arten- u. Biotopschutz<br />
1:33-52.<br />
KORN, K. (1991): Rasterkartierung der Amphibien<br />
und Reptilien. <strong>Irrgeister</strong> 8/2: 26-42.<br />
LANDOIS. H. (1892): Westfalens Tierleben Bd.<br />
III: Reptilien, Amphibien, Fische. Paderborn.<br />
LOSKE, R. & P. RINSCHE (1985): Die Amphibien<br />
und Reptilien des Kreises Soest. Soest.<br />
MÜNCH, D. (2005): Leben am Limit – Die<br />
Kreuzkröte. Beiträge z. Erforschung d. Dortmunder<br />
Herpetofauna 28.<br />
NICOLAY, H. (2003): Kartierung der Kreuzkröte<br />
(Bufo calamita) im Werra-Meißner-<br />
Kreis, Regierungsbezirk Kassel, Hessen, inklusive<br />
Planung und Anschub von Erhaltungsmaßnahmen.<br />
Werkvertrag.<br />
SCHLÜPMANN, M. (1995): Verbreitung, Ökologie<br />
und Schutz der Kreuzkröte (Bufo<br />
calamita) im Hagener Raum (Nordrhein-<br />
Westfalen). Z. f. Feldherpetologie2: 55-83.<br />
SCHLÜPMANN, M. & A. GEIGER (1998):<br />
Arbeitsatlas zur Verbreitung der Amphibien<br />
und Reptilien in Nordrhein-Westfalen 1998.<br />
Projekt Herpetofauna NRW 2000, Ergebnisbericht<br />
NR. 8 des Arbeitskreises Amphibien<br />
und Reptilien Nordrhein-Westfalen i. d.<br />
ABÖL Münster. Recklinghausen.<br />
SCHLÜPMANN, M. & GEIGER (1999): Rote Liste<br />
der gefährdeten Kriechtiere (Reptilia) und<br />
Lurche (Amphibia) in Nordrhein-Westfalen,<br />
In: Landesanstalt <strong>für</strong> Ökologie, Bodenordnung<br />
u. Forsten/Landesamt f.<br />
Agarordnung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.):<br />
Rote Liste der gefährdeten Pflanzen und Tiere<br />
in Nordrhein-Westfalen. LÖBF-Schriftenreihe<br />
17: 375-404.<br />
SCHLÜPMANN, M., A. GEIGER & C.<br />
WILLIGALLA (2006): Areal, Höhenverbreitung<br />
und Habitatbindung ausgewählter<br />
Amphibien- und Reptilienarten in<br />
Nordrhrein-Westfalen. Zeitschrift f. Feldherpetologie<br />
10: 127-164.<br />
SINSCH, U. (1998): Biologie und Ökologie<br />
der Kreuzkröte. Bochum.<br />
MAI, H. (1989): Amphibien und Reptilien<br />
im Landkreis Waldeck-Frankenberg – Verbreitung<br />
und Schutz. Korbach/Bad<br />
Wildungen.<br />
SUFFRIAN, E. (1843): Verzeichnis der innerhalb<br />
des Königl. Preußischen Regierungsbezirks<br />
Arnsberg bis jetzt beobachteten wild<br />
lebenden Wirbelthiere. Jb. Ver. <strong>Natur</strong>k.<br />
Hergtum Nassau H.3: 126-169.<br />
WESTHOFF, F. (1893): Das westfälische<br />
Faunengebiet. In: WOLTERSDORFF, W.: Die<br />
Reptilien und Amphibien der nordwestdeutschen<br />
Berglande. Jber. Abh. <strong>Natur</strong>wiss. Ver.<br />
Magdeburg: 189-242.
Wo blieben die Wespen?<br />
Ein milder Winter, und im Sommer danach kommen dann die Wespen 1 – so die landläufige Meinung<br />
vieler Leute. Denn bei mildem Wetter erfrören nicht so viele der überwinternden Königinnen, die dann im<br />
kommenden Frühjahr neue Staaten gründen könnten. Demnach müsste der Sommer 2007 angesichts des<br />
milden Winters vor einem Jahr eine Wespenplage gebracht haben. Das Gegenteil war aber der Fall: Es<br />
gab kaum Wespen.<br />
Wenig Wespen wegen des milden<br />
Winters!<br />
Trotz des milden Winters und des<br />
sonnigen Frühjahrs gab es auffällig<br />
wenige Wespennester, teilte die<br />
Landwirtschaftskammer Nordrhein-<br />
Westfalen ihren Imkern mit.<br />
Dass es so wenige Wespen gab,<br />
konnte daran liegen, dass der vorherige<br />
Winter im Gegenteil sehr mild<br />
war und deshalb Wespenköniginnen<br />
in ihrer Winterruhe frühzeitig gestört<br />
und frühzeitig wurden. Im Herbst<br />
2006 wurden große fliegende<br />
Wespenvölker beobachtet, zu einer<br />
Zeit, in der die Völker normalerweise<br />
ihr natürliches Ende finden und<br />
absterben. Die Experten vermuten,<br />
dass aufgrund des zu warmen Herbstes<br />
2006 Jungköniginnen nicht ihre<br />
Winterquartiere aufgesucht, sondern<br />
mit der Gründung eines Volkes begonnen<br />
haben. Diese Jungvölker<br />
überlebten wegen fehlender Nahrung<br />
den Winter nicht und fehlten<br />
daher im letzten Sommer.<br />
Wespen – viel mehr als Plagegeister!<br />
Alle Wespenarten haben in der <strong>Natur</strong><br />
eine wichtige ökologische Funktion.<br />
Sie fressen unter anderem die<br />
Larven von Käfern, Schmetterlingen<br />
sowie Fliegen und sogar Aas, das<br />
vornehmlich von der Deutschen und<br />
Gemeinen Wespe verzehrt wird. Gerade<br />
diese beiden Arten sind die<br />
Gesundheitspolizisten unter den Insekten.<br />
Natürlich verirren sich immer mal<br />
wieder Wespen an den Kaffeetisch.<br />
Für Wespen ist die gedeckte Kaffeetafel<br />
eine attraktive Futterstelle.<br />
Dagegen hilft: den Frühstückstisch<br />
rechtzeitig abzuräumen, Marmeladengläser<br />
verschlossen zu halten<br />
sowie Wurst, Käse und Kuchen unter<br />
eine Glasglocke zu stellen, aus<br />
Dosen nur mit Strohhalm trinken.<br />
Kleine Kinder sollten im Freien<br />
nicht unkontrolliert gesüßte Säfte<br />
trinken. Die süßen Düfte aus den<br />
Wespe am Kuchen<br />
Kindermündern ziehen Wespen an<br />
und provozieren Stiche im Mundbereich.<br />
Aufgestellte Wespenfangflaschen<br />
helfen nicht, sie locken nur<br />
weitere Wespen an. Vor allem darf<br />
nicht nach Wespen geschlagen werden!<br />
Sie reagieren wesentlich<br />
schneller als der Mensch und werden<br />
dann aggressiv.<br />
Lediglich zwei der acht heimischen<br />
sozialen Faltenwespenarten können<br />
dem Menschen lästig werden, die<br />
Wespe am Apfel<br />
Fotos: W. Mühlen<br />
Gemeine und die Deutsche Wespe.<br />
Beide nisten gut verborgen in großen<br />
Staaten unter der Erde oder im<br />
Dach. Dagegen fallen oft kleinere<br />
kugelförmige Nester anderer, friedfertiger<br />
Wespenarten auf, die in Büschen,<br />
Hecken oder unter dem Dachstuhl<br />
errichtet wurden. Werden diese<br />
Nester vernichtet, sind gerade<br />
friedfertige Arten in ihrem Bestand<br />
gefährdet.<br />
Faszinierende, hoch entwickelte<br />
Insekten<br />
Der Wespenbesuch am Kaffeetisch<br />
muss nicht nerven. Betreiben Sie<br />
doch quasi nebenher ein bisschen<br />
<strong>Natur</strong>kunde! Versuchen Sie doch<br />
einmal, einzelne Arten zu unterscheiden<br />
– Deutsche und Gemeine<br />
Wespe haben z. B. kleine Unterschiede<br />
in der Gesichtszeichnung.<br />
Betrachten Sie eine Wespe einmal<br />
genauer! Sie werden fasziniert sein,<br />
aus wie vielen einzelnen schmucken<br />
Körperteilen sie besteht. Ebenso faszinierend<br />
ist die Interaktion der Wespen,<br />
die teilweise Mitglieder eines<br />
riesigen Staates sind. Und: Allein die<br />
Beschreibung der Verhaltensweisen<br />
der vielen Wespenarten würde Bücher<br />
füllen.<br />
Klaus Stute<br />
1 Die schwarz-gelben, landläufig als „Wespen“<br />
bezeichneten Insekten gehören mehreren<br />
Arten an, die alle zu den sozialen Faltenwespen<br />
zählen, beispielsweise der Deutschen<br />
Wespe (Paravespula germanica) und der<br />
Gemeinen Wespe (P. vulgaris). Daneben gibt<br />
es weitere Wespengruppen mit zahlreichen<br />
Arten, z. B. Grabwespen, Weg- und Schlupfwespen.<br />
Im Folgenden sind mit dem Begriff<br />
„Wespe“ die sozialen, also staatenbildenden<br />
Faltenwespen gemeint.<br />
IRRGEISTER 2007 39
Gute <strong>Natur</strong>schutznachrichten aus dem Sauerland<br />
Oft genug sind Mitteilungen in <strong>Natur</strong>schutzmagazinen und Nachrichten über die <strong>Natur</strong><br />
negativ geprägt, da sind auch die IRRGEISTER keine Ausnahme. Mal wir hier ein Missstand<br />
angeprangert, mal dort eine behördliche oder politische Maßnahme bemäkelt. Dies<br />
ist sicherlich nicht einer eventuell verbreiteten Miesmachermentalität von <strong>Natur</strong>schützern<br />
anzulasten, die ihnen von interessierter Seite gerne angedichtet wird. Vielmehr gibt<br />
dieser Sachverhalt den leider häufig schlechten ökologischen Zustand unserer Umgebung<br />
wieder oder liegt darin begründet, dass <strong>Natur</strong> oft zerstört oder in Mitleidenschaft<br />
gezogen wird.<br />
Dieses Gesamtbild soll aber nicht<br />
verdecken, dass es durchaus auch<br />
Positives über unsere <strong>Natur</strong> im HSK<br />
zu berichten gibt. Angeregt durch die<br />
Mitgliederzeitschrift des BUND<br />
möchten wir, beginnend mit dieser<br />
IRRGEISTER-Ausgabe, gerade<br />
auch solche guten Nachrichten bringen.<br />
Diese Mitteilungen machen<br />
Mut, sich weiter <strong>für</strong> den Erhalt unserer<br />
<strong>Natur</strong> und Landschaft zu engagieren.<br />
Denn oft genug sind positive<br />
Entwicklungen im <strong>Natur</strong>bereich<br />
auf die Aktivitäten des ehrenamtlichen<br />
<strong>Natur</strong>schutzes zurückzuführen.<br />
Darum nun einige gute Kurznachrichten<br />
aus dem Bereich des <strong>Natur</strong>schutzes:<br />
VNV-Maßnahmen in einer<br />
Feuchtwiese bringen messbare<br />
Erfolge. Nachdem der VNV eine<br />
Teilfläche des wertvollen Langenbruchs<br />
bei Brilon-Rixen – übrigens<br />
mit Spenden von VNV-Mitgliedern<br />
– gekauft und den dortigen standortfremden<br />
Fichtenforst entfernt hatte,<br />
entwickelte sich in diesem Gebiet<br />
schon im Sommer 2007 ein wertvoller<br />
Feuchtwiesen-Lebensraum. Neben<br />
einer blütenreichen Flora, die<br />
viele Insekten anlockte, waren besonders<br />
die zu beobachtenden Vögel<br />
bemerkenswert: Ein Wiesenpieperpaar<br />
schritt auf unserer Fläche zur<br />
Brut. Dies ist somit eines der wenigen<br />
Beispiele, wo in den letzten Jahren<br />
eine feuchte Wiese von dieser zurückgehenden<br />
Art neu besiedelt wurde.<br />
Außerdem hielten sich im Gebiet<br />
40 IRRGEISTER 2007<br />
Langenbruch bei Rixen vor dem Fräsen Fotos vom Langenbruch: W. Schubert<br />
Fräse im Einsatz
zur Brutzeit über mehrere Wochen<br />
hinweg ein Schwarzkehlchenmännchen<br />
und ein Braunkehlchenweibchen<br />
auf. Diese wären möglicherweise<br />
zur Brut geschritten,<br />
wenn sie einen passenden Partner<br />
gefunden hätten. Vielleicht passiert<br />
dies ja im kommenden Sommer?!<br />
Langenbruch bei Rixen nach dem Fräsen<br />
Beweidung der Kalkofenfläche<br />
kommt im nächsten Sommer.<br />
Die Magerrasenfläche um den alten<br />
Kalkofen östlich Marsberg-Giershagen,<br />
die sich schon seit Jahren im<br />
VNV-Eigentum befindet, wurde bisher<br />
alle paar Jahre gemäht und aufkommende<br />
Gebüsche wurden zurückgedrängt.<br />
Dies geschah vor allem,<br />
um die wertvolle Vegetation,<br />
unter anderem Große Sommerwurz<br />
und Herbstzeitlose, zu erhalten.<br />
2007 zäunte der VNV das Gebiet<br />
ein, damit die Rinder eines ortsansässigen<br />
Landwirts, die die Nachbarflächen<br />
beweiden, unsere Fläche<br />
mitnutzen können. <strong>2008</strong> soll die<br />
Beweidung beginnen. Damit würde<br />
„der Kalkofen“ endlich wieder<br />
beweidet; Pflegemaßnahmen<br />
bräuchten nicht mehr so oft stattzufinden.<br />
Erfolg bei Verfahrensbeteiligung.<br />
Im NSG „Enser See“ sollte ein<br />
künstlicher Teich, der sich im Laufe<br />
von Jahrzehnten zu einem naturnahen<br />
Stillgewässer entwickelt hat,<br />
im Rahmen der Renaturierung der<br />
Möhne im Stadtgebiet Arnsberg an<br />
den Fluss angebunden werden. Der<br />
künstliche Durchgang zum Fluss<br />
hätte aber diesen Tümpel völlig verändert,<br />
so dass typische Tier- und<br />
Pflanzenarten verschwunden wären.<br />
Der VNV erreichte, dass das Stillgewässer<br />
unangetastet bleibt.<br />
Mehlschwalbenbruten gerettet.<br />
In Neheim sollte im Sommer 2007<br />
ein Haus abgerissen werden, an dem<br />
zu dieser Zeit 35 Paare Mehlschwalben<br />
brüteten. Nachdem eine<br />
Anwohnerin bei der Unteren<br />
Landschaftsbehörde (ULB) vergeblich<br />
versuchte, einen Aufschub des<br />
Abrisses zu erreichen, schaltete sie<br />
den VNV ein. Dieser erreichte mit<br />
einigen Telefonaten, dass das Haus<br />
erst abgerissen wurde, als alle Mehlschwalben<br />
ausgeflogen waren. Dieser<br />
Erfolg – zustande gekommen in<br />
Zusammenarbeit mit ULB und Bauplaner<br />
– zeigt auch, dass ein etablierter<br />
<strong>Verein</strong> wie der VNV oft mehr<br />
Kraft und Einfluss hat, etwas zu bewegen,<br />
als eine Einzelperson.<br />
<strong>Natur</strong>schutzausstellung on tour.<br />
Die Stellwände, die der VNV in Zusammenarbeit<br />
mit und finanziert von<br />
der Nordrhein-Westfalen-Stiftung<br />
Bisherige Pflegemaßnahmen am Kalkofen in Giershagen<br />
(Siehe vorige Seite) Foto: Harald Legge<br />
IRRGEISTER 2007 41
im Rahmen seines 25jährigen Jubiläums<br />
kreierte, bringen nun der Bevölkerung<br />
wichtige Lebensräume<br />
des HSK und <strong>Natur</strong>schutzprojekte<br />
des VNV nahe. Thematisiert werden<br />
z. B. Lebensräume wie Kalkmagerrasen,<br />
Feuchtwiesen und Wälder sowie<br />
<strong>Natur</strong>schutzaktivitäten wie<br />
VNV-Arbeitseinsätze und das Projekt<br />
„Rotes Höhenvieh“. Die Ausstellung<br />
war schon im Sunderner<br />
Rathaus und in der Sparkasse Hochsauerland<br />
in Brilon zu sehen und<br />
wird in Zukunft in weiteren Häusern<br />
in unserem Kreis stehen.<br />
Wachtelkönige auf VNV-Fläche.<br />
Im Zuge des Wachtelkönigeinflugs<br />
2007 wurden auch im Feuchtwiesengebiet<br />
„Auf dem Bruch“ westlich<br />
Marsberg-Essentho zur Brutzeit maximal<br />
12 rufende Männchen dieses<br />
42 IRRGEISTER 2007<br />
vom Aussterben bedrohten Vogels<br />
verhört; einzelne hielten sich in einem<br />
Zeitraum von mindestens sechs<br />
Wochen dort auf. Da das Gebiet, in<br />
dem der VNV seit Jahren Teilflächen<br />
bewirtschaftet, einen <strong>für</strong><br />
Wachtelkönige annehmbaren Lebensraum<br />
aufweist, besteht durchaus<br />
die Möglichkeit, dass der scheue und<br />
überaus heimliche Wiesenvogel dort<br />
zur Brut schritt.<br />
Orpheusspötter im Sauerland.<br />
Mindestens vom 03.06. bis zum<br />
01.07.2007 hielt sich im Industriegebiet<br />
Wilshausen bei Arnsberg ein<br />
Orpheusspöttermännchen in einer<br />
Industriebrache auf. Dies ist eine<br />
neue Vogelart <strong>für</strong> den HSK, die<br />
Bernhard Koch und Erich Neuß entdeckten.<br />
Der Orpheusspötter sang<br />
am 03.06. intensiv; am 01.07. wurde<br />
er dann intensiv warnend beobachtet.<br />
Nach einem eventuellen Nest<br />
soll im Winterhalbjahr gesucht werden;<br />
dies unterblieb aus Schutzgründen<br />
im Sommer. Die Meldung<br />
zeigt, dass Vogelbeobachtung und<br />
allgemein <strong>Natur</strong>beobachtung immer<br />
wieder Überraschendes zutage fördern<br />
kann. Da allerdings der<br />
Orpheusspötter eine südliche Art aus<br />
dem Mittelmeerraum ist, könnte der<br />
Nachweis ein weiterer Hinweis sein,<br />
dass der Orpheusspötter allein wegen<br />
des Klimawandels sein Areal<br />
nach Norden ausbreitet – also vielleicht<br />
eine positive Nachricht mit<br />
Beigeschmack.<br />
Harald Legge
Stacheldraht als Fledermausfalle –<br />
Fledermausnachweis an Autobahn<br />
Bei einem Pausengespräch über <strong>Natur</strong>beobachtungen erzählte mir mein Kollege Klaus<br />
Pahl von einer Fledermaus, die er aus einem Stacheldrahtzaun gerettet hatte. Diese Fledermaus<br />
hatte er, noch zappelnd, im Juni 2006 von einem Stachelwirtel (so werden die<br />
Stachel genannt) beim Hof Kracht bei Neuenrade-Altenaffeln, kurz hinter der Kreisgrenze<br />
zum HSK im Märkischen Kreis, abgenommen.<br />
Diese Fledermaus konnte nach kurzer<br />
Verschnaufpause von alleine<br />
wegfliegen. An Hand des Fotos<br />
konnte Henning Vierhaus (Bad<br />
Sassendorf) die Fledermaus als<br />
Abendsegler bestimmen. Schon im<br />
Juli 2003 hatte Herbert Bartetzko<br />
einen toten Abendsegler im Stadtgebiet<br />
Sundern an einem Stacheldraht<br />
entdeckt (BARTETZKO 2003/04). Im<br />
Kreis Soest hat man bislang 3<br />
Abendsegler in Stacheldrahtzäunen<br />
tot gefunden (VIERHAUS 2000). Ein<br />
weiterer Todfund ist aus dem Raum<br />
Bonn bekannt (Vierhaus schriftl.).<br />
Bei all diesen Fledermäusen dürfte<br />
es sich um den Großen Abendsegler<br />
(Nyctalus noctula) gehandelt haben.<br />
Bei Paderborn wurde zudem eine<br />
Breitflügelfledermaus (Eptesicus<br />
serotinus) als Zaunopfer gefunden<br />
(Vierhaus schriftl.). Dass diese Todesursache<br />
nicht nur in Deutschland<br />
auftritt, sondern auch in den Tropen,<br />
ist seit längerem bekannt; Vierhaus<br />
(schriftl.) fand in Sambia sogar die<br />
Mumie eines auf diese Weise zu<br />
Tode gekommenen Flughundes.<br />
Als Erklärung <strong>für</strong> diese Unfälle wird<br />
oft angegeben, dass die betreffenden<br />
Fledermäuse durch eine Windböe<br />
gegen den Draht geworfen wurden.<br />
Wahrscheinlicher ist aber, dass die<br />
Fledermäuse die Stachelwirtel offenbar<br />
<strong>für</strong> Insekten halten, sie mit dem<br />
Flügel vom Draht wischen wollen<br />
und hängen bleiben (VIERHAUS<br />
2000).<br />
Ein Foto eines Schädels bei VIER-<br />
HAUS (2000) zeigt, dass sich die Fledermäuse<br />
offenbar sogar vom Draht<br />
freibeißen wollen und dabei ihr<br />
Gebiss zerstören.<br />
Eher erfreulich war der Nachweis<br />
der Zwergfledermaus (Pipistrellus<br />
pipistrellus) an Brücken der A 44<br />
(Dortmund-Kassel). Bei der Kontrolle<br />
von zwei Autobahn-Brücken<br />
dieser Autobahn wurden unter mehreren<br />
Brückenpfeilern große Mengen<br />
Fledermauskot gefunden. Da der<br />
Kot nur reiskorngroß war, dürfte es<br />
sich um den von Zwergfledermäusen<br />
handeln. Diese Tiere nutzen trotz des<br />
Lärms der Autobahn die Ritzen bzw.<br />
Dehnungsfugen wie auch die großen<br />
Hohlräume des Brückenkörpers als<br />
Quartiere.<br />
Neben Zwergfledermäusen wurden<br />
in Mitteleuropa auch Wasserfledermäuse<br />
(Myotis daubentonii),<br />
Große Mausohren (Myotis myotis),<br />
Abendsegler (Nyctalus noctula) und<br />
sogar Zweifarbfledermäuse<br />
(Vespertilio murinus) in Autobahnbrücken<br />
gefunden (KOETTNITZ und<br />
HEUSER 1994; Vierhaus mdl.). Die<br />
Nutzung von Brücken durch Fleder-<br />
mäuse ist allerdings keine Besonderheit<br />
<strong>für</strong> Deutschland, vielmehr liegen<br />
aus der ganzen Welt Berichte<br />
über z. T. riesige Fledermauskolonien<br />
in Brücken vor.<br />
Literatur:<br />
Martin Lindner<br />
BARTETZKO, H. (2003/04): Tödlicher<br />
Irrtum <strong>für</strong> eine Fledermaus. <strong>Irrgeister</strong><br />
2: 7.<br />
KOETTNITZ, J., R. HEUSER (1994): Fledermäuse<br />
in großen Autobahnbrükken<br />
Hessens. In: AGFH (Hrsg.): Die<br />
Fledermäuse Hessens 171-180. Verlag<br />
M. Hennecke, Remshalden-<br />
Buoch.<br />
VIERHAUS, H. (2000): Neues von unseren<br />
Fledermäusen. ABUinfo 24:<br />
58-60.<br />
IRRGEISTER 2007 43
Neues von unserer Fläche in Weninghausen<br />
44 IRRGEISTER 2007<br />
- Magerrasen werden jetzt beweidet<br />
Die 5000 qm große VNV-Fläche „Ochsenhahn“ in Sundern-Weninghausen, die unser <strong>Verein</strong> 2001 kaufte,<br />
wird seit dem Sommer 2007 beweidet. Sie gehört zu den letzten Magerrasen, die in diesem Gebiet<br />
noch bestehen. Durch Aufgabe der Beweidung, Intensivierung der Nutzung oder durch Aufforstung verschwanden<br />
die meisten dieser Zeugnisse einer kleinbäuerlichen Wirtschaftsweise.<br />
Umfangreiche Vorarbeiten<br />
Um die Fläche beweidbar zu machen,<br />
mussten zuvor umfangreiche<br />
Arbeiten durchgeführt werden: Die<br />
verbrachten und weitgehend<br />
verbuschten ehemaligen Magerweiden<br />
wurden zuerst entkusselt,<br />
d.h. Gebüsche entfernt. Außerdem<br />
wurde ein Fichtenforst gerodet (s.<br />
IRRGEISTER 2005, S. 15ff).<br />
Schließlich musste der Magerrasen<br />
eingezäunt werden. Da aber fast der<br />
gesamte Untergrund aus<br />
flachgründigem Boden besteht und<br />
darunter sofort massiver Fels beginnt,<br />
war dies mit großen Schwierigkeiten<br />
verbunden. Ein Einschlagen<br />
von Holzpfählen wäre nicht<br />
durchführbar gewesen. Der Zufall<br />
kam uns jedoch zu Hilfe.<br />
Zaunbau auf Felsen – ein besonderes<br />
Erlebnis<br />
Ein Förster der Region, Holger<br />
Dreeskornfeld aus Sundern-<br />
Stockum, überließ uns einen aufgebauten,<br />
nicht mehr benötigten Wildschutzzaun<br />
in seinem Revier. Das<br />
Abbauen hätten eigentlich Waldarbeiter<br />
erledigen müssen, was wiederum<br />
Geld gekostet hätte. Wir erledigten<br />
diese Arbeit und erhielten damit<br />
einen Rechteck-Wildschutzzaun inklusive<br />
2cm dicker, verzinkter<br />
Eisenrohrpfähle. Alles wurde zum<br />
„Ochsenhahn“ gebracht, und der<br />
Aufbau konnte beginnen.<br />
treibender Arbeit, ging der Zaunbau<br />
stetig voran. Der Drahtzaun wurde<br />
befestigt, die Umzäunung durch<br />
zwei Tore ergänzt.<br />
Erhalt durch Bewirtschaftung<br />
Seit Ende Juni 2007 beweiden nun<br />
sechs Ziegen und zwei Schafe die<br />
<strong>Natur</strong>schutzfläche. Damit halten die<br />
Tiere die Magerrasen offen, die ja<br />
durch Beweidung entstanden sind.<br />
Dieses Prinzip – Erhalt durch<br />
naturschutzgerechte Bewirtschaftung<br />
statt Pflegemaßnahmen durch<br />
<strong>Natur</strong>schützer – versuchen wir in<br />
möglichst vielen der VNV-Schutzgebiete<br />
zu verwirklichen. Dies<br />
kommt der herkömmlichen Nutzung<br />
am nächsten, ist nachhaltiger und<br />
spart zeitintensives Mähen bzw. Entfernen<br />
von Gehölzaufwuchs.<br />
Jörg Langanki<br />
Foto: G. Kistner<br />
Nachdem die vorgesehene Zauntrasse<br />
gemäht war, bohrten wir mit<br />
einem Steinbohrer Löcher in den<br />
Fels – die Energie kam dazu aus einem<br />
Stromaggregat. In diese Löcher<br />
wurden dann die Pfähle eingesetzt.<br />
Insgesamt mussten wir rund 150<br />
Löcher bohren. Dank der modernen<br />
Technik, aber dennoch in schweiß- 3 Fotos: J. Langanki
Entbuschung eines NSG im Lennetal<br />
Unterhalb der Kläranlage Schmallenberg befindet sich ein kleines, in seiner Art im<br />
Lennetal fast einzigartiges <strong>Natur</strong>schutzgebiet (NSG) am Flusslauf der Lenne. Ursprünglich<br />
verlief hier wahrscheinlich einmal das Flussbett der Lenne.<br />
Da der Boden in der „nassen Wiese“<br />
selbst im Sommer schwer und<br />
morastig ist, konnte sie seit jeher nur<br />
bedingt landwirtschaftlich als Weideland<br />
genutzt werden. Seit einigen<br />
Jahren befindet sich das NSG im<br />
Besitz des Ruhrverbandes -<br />
Regionalverband Süd. Durch die<br />
besonderen Umstände konnte sich<br />
auf der ca. 1 ha großen Fläche eine<br />
besonders reichhaltige Flora und<br />
Fauna entwickeln.<br />
Während des Vogelzugs im Frühjahr<br />
und Herbst wird das Feuchtgebiet<br />
gern von seltenen Vogelarten wie<br />
Bekassine, Braunkehlchen, Rohrammer,<br />
Teichrohrsänger und Bergpieper<br />
als Rastplatz genutzt. Arten wie<br />
der Sumpfrohrsänger und der<br />
Feldschwirl haben hier schon gebrütet.<br />
Da das NSG in den letzten Jahren<br />
zunehmend durch Schwarzerlen<br />
verbuschte, wurde die Feuchtwiese<br />
jedoch <strong>für</strong> o. g. Arten zunehmend<br />
unattraktiv. Aus diesem Grunde haben<br />
Mitglieder des VNV die weit<br />
über 100 Erlen in dem schwer zugänglichen<br />
und nur mit speziellen<br />
Watstiefeln zu begehenden Gelände<br />
entfernt. Das Ergebnis kann sich sehen<br />
lassen und lässt sogar die an diesem<br />
Tag heftigen Regenfälle vergessen.<br />
Zu hoffend bleibt, dass die auf<br />
Feuchtbereiche angewiesenen<br />
Vogelarten im kommenden Frühjahr<br />
hier wieder Rast auf dem Weg in die<br />
Brutgebiete machen und auch interessante<br />
Brutvögel ihre Jungen aufziehen<br />
werden.<br />
Immerhin hat eine <strong>für</strong> die<br />
Mittelgebirgsregion seltene Art wie<br />
der Zwergtaucher in den letzten Jah-<br />
Foto: H. Schauerte<br />
ren – von den Klärteichen der Kläranlage<br />
Schmallenberg aus – eine<br />
kleine, aber mittlerweile stabile Population<br />
um Schmallenberg gebildet.<br />
Es dürfte sich dabei um die höchstgelegenen<br />
Brutplätze in Nordrhein-<br />
Westfalen handeln.<br />
Um seltenen Arten der Gewässer und<br />
Feuchtgebiete bei einer Brutausbreitung<br />
(Expansion) geeignete<br />
Lebensräume in der Schmallenberger<br />
Umgebung zu bieten,<br />
müssten jedoch auch die angrenzende<br />
Flächen gesichert und optimiert<br />
werden, da das NSG ansonsten zu<br />
klein ist (z. B. durch Ankauf oder<br />
zumindest langfristige Anpacht).<br />
Sicher wäre dies eine zukünftige<br />
Aufgabe <strong>für</strong> die öffentliche Hand bei<br />
der Schaffung von Ausgleichsflächen.<br />
Georg Schöllmann<br />
IRRGEISTER 2007 45
Anerkennung unserer <strong>Natur</strong>schutzarbeit –<br />
VNV erhält Klimaschutzpreise<br />
Öffentliches Lob <strong>für</strong> unsere Arbeit gibt es nicht so häufig. Darum dürfen wir uns alle<br />
freuen über eine ganze Reihe von Klimaschutzpreisen, die der VNV in den Jahren 2006<br />
und 2007 erhielt. Die meisten Städte unseres Kreises loben alljährlich diese Preise aus,<br />
um Bürger-Engagement in den Bereichen <strong>Natur</strong>-, Umwelt- und Klimaschutz zu belohnen.<br />
Der VNV und unsere Arbeit werden<br />
so nicht nur positiv in der Öffentlichkeit<br />
dargestellt, darüber hinaus<br />
sind uns natürlich die mit den Preisen<br />
verbundenen Preisgelder hochwillkommen,<br />
gerade in Zeiten der<br />
massiven Kürzungen von Zuwendungen<br />
aus öffentlichen Kassen.<br />
„Wasseramselschutz im Stadtgebiet<br />
Sundern“<br />
Den 2. Klimaschutzpreis der Stadt<br />
Sundern 2006 erhielten wir <strong>für</strong> die<br />
seit 1984 laufende Betreuung von<br />
Nistkästen <strong>für</strong> die Wasseramsel, verbunden<br />
mit 400 Euro Preisgeld. Nistund<br />
Brutmöglichkeiten dieses nach<br />
seiner Nahrung tauchenden Singvogels<br />
sind an unseren oft wenig naturnahen<br />
Fließgewässern eingeschränkt.<br />
Daher brachten die<br />
Sunderaner VNV-Mitglieder 23<br />
Nistkästen an Röhr, Settmecke,<br />
Linnepe und Sorpe unter Brücken<br />
an.<br />
„Erhalt und Pflege der Feuchtwiesen<br />
in den <strong>Irrgeister</strong>n“<br />
Den 2., mit 200 Euro dotierten Preis<br />
2007 erhielt der VNV von der Stadt<br />
Winterberg <strong>für</strong> die langjährigen Aktivitäten<br />
<strong>für</strong> den Erhalt der wertvollen<br />
<strong>Irrgeister</strong>. Alljährlich mähen wir<br />
einen Teil der Feuchtwiesen, die<br />
unserer Zeitschrift den Namen gaben;<br />
im vergangenen Winter entfernten<br />
wir einige der dort wachsenden<br />
Ohrweiden, um den Wiesencharakter<br />
zu erhalten.<br />
46 IRRGEISTER 2007<br />
„Erhalt und Pflege der Feuchtwiesen<br />
im Pitzfeld“<br />
Auch im Pitzfeld bei Medebach engagiert<br />
sich unser <strong>Verein</strong> schon seit<br />
Jahren <strong>für</strong> den Erhalt der artenreichen<br />
Feuchtwiesen. Auf Antrag des<br />
VNV erwarb die NRW-Stiftung 15<br />
ha im Kerngebiet, die wir seitdem<br />
betreuen. Alljährlich führt VNV-<br />
Mitglied Friedhelm Schnurbus eine<br />
Bestandserhebung der typischen<br />
Wiesenvögel durch. Außerdem wurden<br />
die Pflanzen des Gebietes kartiert.<br />
In den 1990er Jahren entwikkelte<br />
der VNV ein Braunkehlchen-<br />
Schutzkonzept <strong>für</strong> die herausragende<br />
Brutvogelart des Gebietes. Dieser<br />
Klimaschutzpreis 2007 der Stadt<br />
Medebach ist mit 400 Euro Preisgeld<br />
verbunden.<br />
„Erhalt und Pflege von Kopfweiden<br />
und Obstbäumen im Stadtgebiet<br />
Marsberg“<br />
Mit der arbeitsintensiven Pflege von<br />
Kopfweiden und Obstbäumen in<br />
verschiedenen Marsberger Ortsteilen<br />
schaffte es der VNV in Marsberg<br />
2007 auf den ersten Platz und erhielt<br />
da<strong>für</strong> 800 Euro. Besonders im vergangenen<br />
Winterhalbjahr wurden<br />
zahlreiche Kopfweiden beschnitten.<br />
Der VNV bedankt sich herzlich bei<br />
den oben genannten Städten und bei<br />
der RWE, die die Preise stiftete. Die<br />
erhaltenen Preisgelder werden direkt<br />
<strong>für</strong> unsere <strong>Natur</strong>schutzarbeit verwendet<br />
werden.<br />
Harald Legge
Wie vor 20 Jahren:<br />
Wasserbauliche Maßnahmen an der oberen Ruhr<br />
Im Jahre 2003 wurde in einer bunten<br />
Broschüre ein Konzept zur<br />
naturnahen Entwicklung der<br />
Oberen Ruhr von der Bezirksregierung<br />
und dem staatlichen Umweltamt<br />
Lippstadt vorgestellt. Darin<br />
wurden Ziele und ein Maßnahmenkatalog<br />
<strong>für</strong> eine ökologische Verbesserung<br />
des Gewässers vorgestellt,<br />
die den Wasserrahmenrichtlinien der<br />
Europäischen Union entsprechen.<br />
Wichtige Maßnahmenschwerpunkte<br />
waren unter anderem:<br />
- Die Verbesserung der aquatischen<br />
Durchgängigkeit der<br />
Ruhr<br />
- Die Verbesserung der<br />
Gewässerbettstrukturen<br />
- Die Entwicklung von Auenstrukturen<br />
- Die Verbesserung der<br />
Uferstrukturen<br />
- Die <strong>Natur</strong>nahe Gewässerunterhaltung<br />
Zwischen Assinghausen und<br />
Olsberg-Steinhelle wurden im Rahmen<br />
dieses Konzeptes in den Wintermonaten<br />
2006/2007 an mehreren<br />
Stellen solche gewässerbaulichen<br />
Fließgewässerbegradigung im schlechten Stil der Vergangenheit - die Ufer dieses<br />
Ruhrabschnittes wurden im letzten Winter naturfern in Steine gepackt.<br />
Maßnahmen durchgeführt. Es sollte<br />
die aquatische Durchgängigkeit<br />
durch Entnahme von Querriegeln<br />
und Rückbau von Wehranlagen verbessert<br />
werden.<br />
Nach Fertigstellung der Maßnahmen<br />
ist zwar die Durchgängigkeit auf diesem<br />
Abschnitt wieder hergestellt. Allerdings<br />
erinnern diese gewässerbaulichen<br />
Maßnahmen stark an<br />
Bachbegradigungen, wie sie in den<br />
1980er und 1990er Jahren stattfanden.<br />
Damals wurden die Fließgewässer<br />
mit großen Steinen in ihrem<br />
Bett fixiert.<br />
Mit riesigen Steinpackungen wurden<br />
nun auch die Uferbereiche an diesem<br />
Ruhrabschnitt gesichert.<br />
Das Ziel, die Uferstrukturen zu verbessern,<br />
wurde dabei weit verfehlt.<br />
Die Ruhr wurde in ein festes Bett<br />
gepresst und jede Dynamik des Flusses<br />
– ein wichtiges Kennzeichen eines<br />
naturnahen Fließgewässers –<br />
dadurch verhindert. Von einer naturnahen<br />
Ruhr kann in diesem Bereich<br />
auch nach der teuren und aufwendigen<br />
Wasserbaumaßnahme nicht gesprochen<br />
werden.<br />
Bei weiteren wasserbaulichen Maßnahmen<br />
werden wir darauf einwirken,<br />
solche Fehlentwicklungen in<br />
eine ökologische Richtung zu steuern.<br />
Text und Fotos: Richard Götte<br />
IRRGEISTER 2007 47
Beobachtung seltener Vogelarten am Diemelsee<br />
Thorshühnchen am 19.11.2007 auf dem Diemelsee-Ausgleichsbecken<br />
In den letzten Wochen gelangen am<br />
Diemelsee einige sehr bemerkenswerte<br />
Beobachtungen seltener<br />
Vogelarten.<br />
Am 19.11.2007 konnte auf dem Ausgleichsbecken<br />
unterhalb der Staumauer<br />
ein Thorshühnchen im<br />
Schlichtkleid festgestellt werden.<br />
Der Vogel hielt sich mindestens vier<br />
Tage dort auf und zeigte wenig<br />
Scheu gegenüber vorbeiwandernden<br />
Passanten. Beobachtungen dieser<br />
Art im Binnenland sind sehr selten.<br />
Nach Peitzmeier liegen <strong>für</strong> Westfalen<br />
nur sehr wenige Beobachtungen<br />
vor, aus den 1970-er Jahren nur insgesamt<br />
sieben Beobachtungen; davon<br />
entfallen sechs auf die Rieselfelder<br />
Münster.<br />
Außerhalb dieses Gebietes gibt es<br />
lediglich eine Beobachtung vom<br />
Oktober 1973, wo diese Vogelart auf<br />
der Ruhr bei Arnsberg über fünf<br />
Tage beobachtet wurde.<br />
Am 16.12.2007 konnte zum zweiten<br />
Mal – nach dem 12.-14.03.2006 –<br />
ein Mauerläufer an der Staumauer<br />
des Diemelsees festgestellt werden. Mauerläufer am 13.03.2006 an der Staumauer des Diemelsees Fotos: R. Götte<br />
48 IRRGEISTER 2007<br />
Nach PEITZMEIER liegen <strong>für</strong> Westfalen<br />
lediglich drei Beobachtungen<br />
vor.<br />
Nach 1905 bei Arnsberg, 1944 bei<br />
Schwalefeld (Ostwestfalen) und<br />
1951 bei Herford sind die zwei sehr<br />
zeitnahen Beobachtungen von der<br />
Diemelstaumauer sehr bemerkenswert.<br />
Auch in Zukunft sollte in den<br />
Wintermonaten auf diese Vogelart an<br />
Staumauern geachtet werden.<br />
Franz-Josef Stein, Richard Götte<br />
Literatur:<br />
PEITZMEIER, J. (1979): Avifauna von<br />
Westfalen
Seit 25 Jahren –<br />
das Landesbüro als Schaltstelle <strong>für</strong> Verfahrensarbeit<br />
Der VNV ist wie die anderen anerkannten <strong>Natur</strong>schutzverbände berechtigt, zu Verfahren, die einen Eingriff<br />
in <strong>Natur</strong> und Landschaft beinhalten, eine Stellungnahme abzugeben. NRW-weit nehmen dieses Recht<br />
zahllose <strong>Natur</strong>schützer vor Ort wahr, die in den großen <strong>Natur</strong>schutzverbänden BUND, NABU und – wie<br />
der VNV – in der LNU (Landesgemeinschaft <strong>Natur</strong>schutz und Umwelt) organisiert sind.<br />
Seit 25 Jahren unterhalten die drei genannten <strong>Natur</strong>schutzverbände <strong>für</strong> dieses Arbeitsfeld das Landesbüro<br />
der <strong>Natur</strong>schutzverbände, kurz Landesbüro genannt. 1<br />
Koordinationsstelle <strong>für</strong> Verfahren<br />
Das Landesbüro ist die zentrale Koordinationsstelle<br />
in Nordrhein-Westfalen<br />
<strong>für</strong> die Beteiligung der rund<br />
400.000 in den drei <strong>Natur</strong>schutzverbänden<br />
organisierten Bürgerinnen<br />
und Bürger. Gegenstand der Beteiligungen<br />
sind Planungen der öffentlichen<br />
Verwaltung aus den Bereichen<br />
Straßenbau, Gewässerausbau,<br />
Abgrabungen, aber auch Planungen<br />
zum Schutz von <strong>Natur</strong> und<br />
Landschaft. Das Team des Landesbüros<br />
aus den Fachrichtungen Biologie,<br />
Landespflege, Geographie und<br />
Jura unterstützt die ehrenamtlich tätigen<br />
<strong>Natur</strong>schützer im ganzen Land<br />
bei deren Stellungnahmen zu geplanten<br />
Eingriffen in <strong>Natur</strong> und Landschaft.<br />
Danke <strong>für</strong> die gute Arbeit!<br />
Vor 25 Jahren wurde das Landesbüro<br />
der <strong>Natur</strong>schutzverbände zunächst<br />
in Essen eingerichtet, seit 10 Jahren<br />
befindet es sich im Haus Ripshorst<br />
des Regionalverbandes Ruhr (RVR)<br />
in Oberhausen.<br />
Dieses Jubiläum feierten die<br />
<strong>Natur</strong>schutzverbände bzw. das<br />
Landesbüro im Rahmen einer Festveranstaltung<br />
im August 2007.<br />
Wir vom VNV danken herzlich den<br />
engagierten Mitarbeitern des<br />
Landesbüros <strong>für</strong> Ihre<br />
Koordinierungstätigkeit, aber vor<br />
allem <strong>für</strong> die fachliche Unterstützung<br />
und Hilfestellung, die sie uns<br />
immer, wenn wir sie brauchten, gegeben<br />
haben und geben!<br />
Für den VNV wie <strong>für</strong> die anderen<br />
Umweltverbände im Land ist das<br />
Landesbüro eine unverzichtbare und<br />
bundesweit auch einzigartige Einrichtung.<br />
Sie hilft Hunderten von<br />
Ehrenamtlichen in NRW, sich qualifiziert<br />
in die örtlichen Planungen<br />
einzubringen und die Belange von<br />
<strong>Natur</strong> und Landschaft zu vertreten.<br />
Versachlichung von Verfahren<br />
Das Landesbüro bietet eine außerordentlich<br />
starke, unabhängige fachliche<br />
Unterstützung des ehrenamtlichen<br />
<strong>Natur</strong>schutzes in unserem Bundesland.<br />
„Die Bilanz von 25 Jahren<br />
Landesbüro zeigt, dass durch das<br />
dort vorhandene Fachwissen die<br />
Qualität der Planungen vor Ort wiederholt<br />
erheblich verbessert wurde.<br />
Konflikte konnten vielfach im Vorfeld<br />
ausgeräumt, Klagen auf ein<br />
Minimum beschränkt werden. Das<br />
Landesbüro ist eine hervorragende<br />
Instanz, um zur Versachlichung von<br />
Planungsprozessen beizutragen.“ 2<br />
So zeigt auch die überwiegende<br />
Mehrzahl der Verfahren, dass in der<br />
Regel nicht eine totale Ablehnung<br />
eines Eingriffs durch die<br />
<strong>Natur</strong>schutzverbände erfolgt, sondern<br />
Kompromisse gesucht werden,<br />
die allen Beteiligten gerecht werden<br />
– wenngleich besonders bei „Rieseneingriffen“<br />
in <strong>Natur</strong> und Landschaft,<br />
z.B. Straßenneubauten, die Interessen<br />
der <strong>Natur</strong> u. E. oft auf der Strekke<br />
bleiben. Wenn doch eine begründete<br />
Ablehnung erfolgt, werden vielfach<br />
Alternativen aufgezeigt. In dieser<br />
Weise handhabt das auch der<br />
VNV.<br />
Mark vom Hofe - LNU-Vorsitzender<br />
Geldmittel nötig!<br />
Eine weiteren Unterstützung der<br />
Einrichtung durch das Land hat daher<br />
auch Staatssekretär Dr. Alexander<br />
Schink auf der Jubiläumsveranstaltung<br />
in Oberhausen zugesichert.<br />
Dem gegenüber steht allerdings die<br />
Tatsache, dass die derzeitige Landesregierung<br />
die Mittel <strong>für</strong> das Landesbüro<br />
drastisch und so stark zusammengestrichen<br />
hat, dass nach Aussage<br />
der Mitarbeiter die Flut der<br />
Verfahren nur noch unzureichend<br />
bearbeitet werden kann. Jährlich<br />
durchlaufen über 2000 Verfahren die<br />
Institution; außerdem bietet sie Fortbildungen<br />
und Schulungen <strong>für</strong> ehrenamtliche<br />
<strong>Natur</strong>schützer.<br />
Es bleibt daher zu hoffen, dass<br />
Schinks Worten auch Taten folgen<br />
und dass durch das Zudrehen des<br />
Geldhahns nicht doch Fakten in die<br />
entgegengesetzte Richtung geschaffen<br />
werden.<br />
Schließlich ist gerade den Behörden<br />
und Antragstellern an einem zügigen<br />
und Planungssicherheit bietenden<br />
Verfahren gelegen. Denn: Werden<br />
bestehende Umweltgesetze nicht<br />
IRRGEISTER 2007 49
eachtet, werden Gerichte Fehlentscheidungen<br />
von Behörden korrigieren.<br />
Und nicht zuletzt ist das Landesbüro<br />
seit 25 Jahren ein Beispiel gelebter<br />
Ehrenamtsförderung.<br />
Text und Fotos: Harald Legge<br />
1 Die folgenden Ausführungen sind<br />
größtenteils einer Pressemitteilung des<br />
BUND NRW vom 10.08.2007 entnommen.<br />
2 Mark vom Hofe, Vorsitzender der<br />
LNU in o. g. Pressemitteilung.<br />
50 IRRGEISTER 2007<br />
Paul Kröfges - BUND.NRW-Vorsitzender
§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§<br />
Insgesamt über 60 Verfahren bearbeitet -<br />
VNV nutzt seine Beteiligungsrechte<br />
Seit Erscheinen der letzten „regulären“ IRRGEISTER vor ca. 2 Jahren bearbeiteten die Vorstandsmitglieder<br />
des VNV insgesamt über 60 Verfahren, an denen der <strong>Verein</strong> als anerkannter <strong>Natur</strong>schutzverband<br />
im Rahmen der Beteiligung mitwirkt. Dabei gelang es dem VNV manchmal, Verbesserungen gegenüber<br />
ursprünglichen Planungen zu erreichen – leider aber auch oft genug nicht. Doch auch, wenn unmittelbarer<br />
Einfluss auf eine Planung nicht zu erkennen ist: Die jeweils zuständige Behörde weiß durch unsere<br />
Mitarbeit, dass eine Instanz ihre Arbeit kontrolliert, beobachtet und ggf. an die Öffentlichkeit gehen wird,<br />
wenn Missstände bei Eingriffen auftreten.<br />
Neues vom Mühlengraben Westheim:<br />
„Sicherung durch<br />
Verfüllung“ ?<br />
Nachdem die Stadt Marsberg zuletzt<br />
mit Datum vom 16.04.2004 einen<br />
Antrag auf Schließung des unteren<br />
Teilstücks des Mühlengrabens in<br />
Marsberg-Westheim gestellt hatte,<br />
wurde dieser mit<br />
Planfeststellungsbeschluss vom<br />
11.01.2006 abgelehnt. Der VNV<br />
brachte sich in dieses Verfahren ein<br />
und legte dar, dass es sich beim<br />
Mühlengraben nicht nur um ein altes<br />
Kulturgut des Dorfes handelt,<br />
sondern dass der Graben sich in<br />
mehreren hundert Jahren zu einem<br />
naturnahen Fließgewässer hoher<br />
Qualität entwickelt hat. Mit Bescheid<br />
der Bezirksregierung vom<br />
26.01.2007 erfolgte die sicher notwendige<br />
Eintragung des gesamten<br />
Mühlengrabens als Denkmal in die<br />
Denkmalliste.<br />
Doch auch dieser Status ist <strong>für</strong> die<br />
Stadt Marsberg kein Grund, von einer<br />
Zerstörung des Mühlengrabens<br />
abzusehen: Mit Antrag auf Planfeststellung<br />
vom 02.02.2007 beantragte<br />
die Stadt Marsberg die „Schließung<br />
des unteren Teilstücks des Mühlengrabens<br />
in Marsberg-Westheim und<br />
Sicherung des Denkmals Mühlengraben<br />
durch Verfüllung“.<br />
Sicherung durch Verfüllung? Angesichts<br />
dieses Schildbürgerstreichs<br />
schlechtester Qualität hat der VNV<br />
die Obere Denkmalbehörde des<br />
HSK eingeschaltet und das Westfä-<br />
lische Amt <strong>für</strong> Denkmalpflege in<br />
Münster über die drohende Zerstörung<br />
des Grabens informiert.<br />
Bleibt zu hoffen, dass die<br />
Entscheidungsinstanz des Verfahrens<br />
die Stadt Marsberg in die<br />
Schranken weist. Eigentlich sollte<br />
die Stadt als Untere Denkmalbehörde<br />
<strong>für</strong> den Erhalt des Baudenkmals<br />
zuständig sein!<br />
Ausweisung eines weiteren Gewerbegebietes<br />
in Brilon<br />
Außerhalb des bestehenden Flächennutzungsplanes<br />
wird in Brilon <strong>für</strong><br />
die Erweiterung der Fa. Egger ein<br />
neues Industriegebiet ausgewiesen.<br />
Auf einer Fläche von fast 30 ha soll<br />
ein neues Sägewerk entstehen. Ob-<br />
wohl die Stadt Brilon erst in den letzten<br />
Jahren große Flächen als Gewerbegebiete<br />
zur Verfügung gestellt hat,<br />
wurde nun außerhalb dieser Gebiete<br />
diese Fläche überplant. Sie liegt<br />
unmittelbar östlich an das Egger-<br />
Werk angrenzend in der Acker- bzw.<br />
Wiesenflur der Balgert.<br />
Damit wird ein weiterer großer Teil<br />
der Briloner Hochfläche zugebaut.<br />
Offenbereiche gehen wiederum verloren.<br />
Landschaft wird unwiederbringlich<br />
vernichtet.<br />
Nach dem Gesetz ist es erforderlich,<br />
solche Eingriffe in der Landschaft<br />
entsprechend auszugleichen, durch<br />
Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen.<br />
Entwertete Bereiche in der Landschaft<br />
sollen aufgewertet und im<br />
Sinne der <strong>Natur</strong> entwickelt werden.<br />
Mühlengraben in Westheim Foto: H. Legge<br />
IRRGEISTER 2007 51
§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§§<br />
Dazu dient ein Punktekatalog, der<br />
Eingriffe und Ausgleich gegeneinander<br />
verrechnet.<br />
Durch die Ausweisung dieses neuen<br />
Gewerbegebietes werden fast 30<br />
Hektar Acker und Grünland überbaut.<br />
Seit Jahren setzt sich der VNV da<strong>für</strong><br />
ein, dass Eingriffe in der offenen<br />
Landschaft auch dort, also in der<br />
offenen Landschaft, ausgeglichen<br />
werden. Denn die gefährdeten Arten,<br />
die immer seltener werden, befinden<br />
sich genau in solchen Landschaftsteilen,<br />
und nur dort kann diesen Arten<br />
geholfen werden. Auch in diesem<br />
Fall hat der VNV sinnvolle Vorschläge<br />
gemacht, im Offenland Verbesserungen<br />
<strong>für</strong> den <strong>Natur</strong>schutz<br />
durchzuführen.<br />
Es ist jedoch im Stadtgebiet Brilon<br />
in den letzten Jahren Praxis geworden,<br />
diesen Ausgleich in den Waldgebieten<br />
der Stadt durchzuführen.<br />
Dies ist leicht zu organisieren und<br />
bringt der Stadt Brilon eine zusätzliche<br />
Einnahmequelle. Leider wird<br />
52 IRRGEISTER 2007<br />
dadurch der tatsächliche Eingriff<br />
nicht entsprechend ausgeglichen.<br />
Beispielsweise wird dem stark gefährdeten<br />
extensiven Grünland mit<br />
seinen vielen gefährdeten und teilweise<br />
sehr seltenen Arten dadurch<br />
in keiner Weise geholfen.<br />
Die Gesetze werden also zweckentfremdet:<br />
Statt Eingriffe in die <strong>Natur</strong><br />
auszugleichen, wird profitorientiert<br />
gehandelt.<br />
Auch in diesem Falle wird von dieser<br />
Praxis wieder Gebrauch gemacht:<br />
30 Hektar Offenland werden durch<br />
den Ankauf und die Entwicklung<br />
von gerade einmal 3 Hektar Grünland<br />
tatsächlich sinnvoll ausgeglichen.<br />
Die restlichen Ausgleichspunkte<br />
werden erreicht, indem ein<br />
durch den Sturm „Kyrill“ geschädigter<br />
Fichtenwald in der Größe von ca.<br />
66 Hektar nun mit Laubwald aufgeforstet<br />
wird. Es wird hier nicht abgestritten,<br />
dass eine solche standortgerechte<br />
Aufforstung sinnvoll ist,<br />
aber es stellt keinen entsprechenden<br />
Das neue Landschaftsgesetz NRW<br />
Die im Juni verabschiedete Novelle des Landschaftsgesetzes (LG) lässt aus Sicht der drei anerkannten<br />
<strong>Natur</strong>schutzverbände LNU, NABU und BUND nur noch ein Fazit zu: Dieses LG ist zu einem<br />
Landwirtschaftsinteressengesetz verkommen; es ist ein Kniefall vor der industriellen Agrarlobby und der<br />
Wirtschaft. Es passt überhaupt nicht zu den umwelt- und naturschutzpolitischen Anforderungen unserer<br />
Zeit. Trotz des nach wie vor erschreckend schnellen Artensterbens und dem rasanten Verlust von Lebensräumen<br />
schreibt es Verschlechterungen z. B. bei der Eingriffsregelung, den Klagerechten und dem Biotopschutz<br />
fest. Im Klartext: Mitwirkungsrechte der Bürger werden massiv beschnitten, Zerstörungen von<br />
<strong>Natur</strong> und Landschaft erleichtert, ehrenamtliches Engagement torpediert. Völlig verkannt wird dabei von<br />
der Landesregierung, dass <strong>Natur</strong> und Landschaft einen wichtigen Standortfaktor darstellen. Gerade in<br />
einem durch Siedlungsentwicklung und Verkehrswege besonders belasteten Land wie NRW kommt diesem<br />
Bereich neben der ökologischen auch eine große ökonomische Bedeutung zu.<br />
Quellen: verschiedene Rundschreiben von LNU, BUND und NABU<br />
Ausgleich <strong>für</strong> den Eingriff durch die<br />
Fa. Egger dar!<br />
Wenn wir nun bedenken, dass dieser<br />
im Wald stattfindende Ausgleich<br />
der Fa. Egger fast 1.000.000 Euro<br />
kosten wird – etwa so viel kostet<br />
hochgerechnet eine Aufforstung mit<br />
Laubholz – also die Stadt Brilon <strong>für</strong><br />
die Vernichtung von 30 Hektar<br />
Landschaft mit einem geldwerten<br />
Vorteil von 1 Mio. Euro entschädigt<br />
wird, kann man gut verstehen, dass<br />
die Stadt Brilon auch weiterhin an<br />
einem ungebremsten Verbrauch der<br />
Landschaft interessiert sein wird.<br />
Denn die Stadt Brilon profitiert doppelt:<br />
Gewerbe wird angesiedelt und<br />
die Zerstörung der Landschaft bringt<br />
der Stadt bares Geld.<br />
Dass sich die Stadt Brilon im Rahmen<br />
des Agenda-Prozesses einen<br />
sensiblen Umgang mit dem begrenzten<br />
Faktor Boden auf die Fahnen<br />
geschrieben hat, scheint vor diesem<br />
Hintergrund sehr unglaubhaft.<br />
Harald Legge & Richard Götte<br />
Obere Landschaftsbeiräte abgeschafft<br />
Mit Inkrafttreten des neuen Landschaftsgesetzes im Juli 2007 wurden die Beiräte der Oberen Landschaftsbehörde<br />
abgeschafft. Sie waren ein Gremium, dessen Mitglieder – <strong>Natur</strong>schützer und Landnutzer – diese Behörde der<br />
jeweiligen Bezirksregierung beraten hat. Der Beirat beschäftigte sich mit übergeordneten Planungen wie größeren<br />
Straßenplanungen, großen Bauvorhaben wie Talsperren und den Landschaftsplänen.<br />
Durch die Abschaffung – begründet mit der Reduzierung des naturschutzrechtlichen Verwaltungsaufwandes –<br />
geht ein Kontrollmechanismus der Bezirksregierungen verloren. Denn bisher wurde bei wichtigen Entscheidungen<br />
dieser Behörde Öffentlichkeit hergestellt; es bestand ein direkter Kontakt von Bürgern zur Bezirksregierung.
Bericht der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft<br />
im VNV (OAG) <strong>für</strong> die Jahre 2005 und 2006<br />
Auch in den Jahren 2005 und 2006 haben die Mitarbeiter der OAG wieder zahlreiche<br />
Brutdaten ausgewählter Vogelarten zusammengetragen, um ein möglichst genaues Bild<br />
über ihre Brutverbreitung im HSK zu erhalten. Darüber hinaus wurden – wie jedes Jahr<br />
– die Winterreviere des Raubwürgers und Angaben über Trupps, Zug- und Winterdaten<br />
des Rotmilans gesammelt.<br />
Die OAG bittet alle Interessierten, Vogelbeobachtungen der beschriebenen Arten aus dem<br />
HSK, die auf eine Brut hindeuten, formlos, z. B. per E-Mail, an sie zu melden. Um diese<br />
Daten verwenden zu können, müssen sie enthalten: Datum, genaue Ortsangabe, Anzahl<br />
der Exemplare und Art des Bruthinweises/-nachweises (z. B. Gesang, futtertragend, Art<br />
über längeren Zeitraum zur Brutzeit anwesend, ...), Name des Beobachters.<br />
Die OAG freut sich über weitere aktive Mitarbeiter. Dazu sind Vorkenntnisse wünschenswert,<br />
aber nicht erforderlich.<br />
Weitere Infos von Harald Legge (E-Mail: haraldlegge@web.de).<br />
Das nächste Jahrestreffen der Arbeitsgemeinschaft wird am 9. Februar <strong>2008</strong> stattfinden,<br />
zu dem alle Interessierten herzlich eingeladen sind. Dort werden die Kartierungsergebnisse<br />
aus 2007 vorgestellt und diskutiert werden und der „Arbeitsplan“ <strong>für</strong> <strong>2008</strong><br />
besprochen. Den OAG-Mitarbeitern wird eine Einladung gesondert zugesandt; weitere<br />
Interessierte erhalten diese auf Nachfrage.<br />
Insgesamt 54 Arten wurden in den<br />
letzten beiden Jahren jährlich so<br />
unter die Lupe genommen, <strong>für</strong><br />
2007 kamen drei weitere hinzu:<br />
Neuntöter, Tannenhäher und<br />
Gelbspötter. Es sind dies z. B. allgemein<br />
seltene oder selten werdende<br />
Arten, Arten, <strong>für</strong> die das<br />
Sauerland eine besondere Bedeutung<br />
hat, aber auch Arten, die in<br />
Ausbreitung begriffen sind. Es ist<br />
nicht nur interessant, sondern<br />
auch wichtig, über die <strong>Natur</strong> und<br />
Veränderungen in ihr möglichst<br />
genau Bescheid zu wissen. Die<br />
mit dieser wissenschaftlichen<br />
Arbeit gewonnenen Daten zeigen<br />
z. B. Gebiete auf, die besonderen<br />
Wert <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong> haben – nicht<br />
nur <strong>für</strong> eine repräsentative Vogelart<br />
allein – und sollen in<br />
naturschutzrelevante Planungen<br />
einfließen. Und sie machen uns<br />
deutlich, auf welche Arten der<br />
<strong>Natur</strong>schutz seinen besonderen<br />
Blick richten muss.<br />
Foto: H. Legge<br />
Dieser Bericht unterscheidet sich<br />
von den bisherigen:<br />
Zum einen werden einmalig zwei<br />
Berichtsjahre behandelt, da in der<br />
IRRGEISTER 2007 53
letzten IRRGEISTER-Ausgabe<br />
kein OAG-Bericht erschien. Zum<br />
anderen tragen wir ab diesem<br />
Bericht der neueren<br />
taxonomischen und systematischen<br />
Forschung Rechnung, indem<br />
wir die Reihenfolge der Arten<br />
der neuen angleichen – an die<br />
wir uns hoffentlich zügig gewöhnen<br />
werden.<br />
Danksagung<br />
Die Artbearbeiter der unten aufgeführten<br />
Arten haben viel Zeit<br />
damit verbracht, mit Akribie die<br />
gemeldeten Daten zusammenzustellen,<br />
aufzuarbeiten und zu<br />
54 IRRGEISTER 2007<br />
kommentieren. Darüber hinaus<br />
gaben sie Daten anderer zu bearbeitenden<br />
Arten, die sie in Feldarbeit<br />
sammelten, an die entsprechenden<br />
Artbearbeiter weiter.<br />
Des Weiteren haben folgende Personen<br />
Daten an die OAG gemeldet:<br />
M. Altmeyer, W. Baumbach,<br />
Herbert Bartetzko, Margret<br />
Bunzel-Drüke, Michael Fruhen,<br />
Bettina Gräf, Joachim<br />
Hachmann, Karl Josef Hochstein,<br />
Andreas Kämpfer-Lauenstein,<br />
Christian Klauke, R. Köhne,<br />
Hans-Theo Körner, Jörg<br />
Langanki, Wilfried Limpinsel,<br />
Frederik Löring, Georg Mieders,<br />
Ergebnisse der Bestandsaufnahmen genauer erfasster Arten<br />
<strong>für</strong> die Jahre 2005 und 2006<br />
Worterklärungen:<br />
juv.: juvenil, Jungvogel<br />
immat.: unausgefärbt<br />
ad.: adult, Ausgewachsener<br />
Höckerschwan (Erfassungsgrad 100 %; Artbearbeiterin: M. Hemmelskamp):<br />
2005:<br />
8 BP zogen insgesamt 16 Junge groß, wobei 3 BP erfolglos<br />
waren (Vorbecken Sorpesee, Möhnestau Moosfelde,<br />
Kläranlage Neheim-Ohl).<br />
BP: Brutpaar<br />
1,1: 1 Männchen, 1 Weibchen<br />
2,0: 2 Männchen, 0 Weibchen<br />
Ulrich Prolingheuer, Michael<br />
Schmidt, A. Schöllmann, Axel M.<br />
Schulte, Udo Stangier, Franz<br />
Steinhoff, Martin Susewind, Robert<br />
Trappmann, Herbert<br />
Volkmer, ? Vollmer. Sollte in dieser<br />
Auflistung der ein oder andere<br />
aus Versehen vergessen worden<br />
sein, bitten wir um Entschuldigung.<br />
Allen genannten Personen gebührt<br />
großer Dank. Denn ohne sie<br />
wäre dieser Bericht nicht möglich<br />
geworden; ohne sie wären die<br />
Kenntnisse über die Vogelwelt<br />
des HSK bedeutend lückenhafter.<br />
Ex.: Exemplar<br />
2006:<br />
In 12 Gebieten im HSK wurden 14 Paare beobachtet;<br />
der Teich an der Udorfer Mühle (Stadtgebiet Marsberg)<br />
war erstmals besetzt. 12 dieser Paare schritten zur Brut,<br />
aber nur 4 davon brüteten erfolgreich. Sie brachten insgesamt<br />
18 Junge zur Welt. Am Ruhrstau Alfert starb<br />
ein immat. durch einen verschluckten Angelhaken.<br />
Höckerschwäne<br />
Foto: F. Sudendey
2005:<br />
Wie auch in den Vorjahren liegt die Brutverbreitung im<br />
Ruhrtal um Arnsberg-Vosswinkel (mit Wildwald/<br />
Höllinghofen/ NSG „Ruhrstau Echthausen“). Hier<br />
schritten ca. 21 Paare zur Brut. Darüber hinaus werden<br />
auch immer mehr Paare während der Brutzeit im „mittleren“<br />
Sauerland (z.B. Diemelsee, Meschede) beobachtet,<br />
wo es in den nächsten Jahren vermutlich zu Bruten<br />
kommen wird.<br />
Im Winterhalbjahr 2004/05 lag der Bestand bei max.<br />
313 Ex. am Ruhrstau Echthausen.<br />
Kanadagans (80 %; B. Koch):<br />
Graugans (80 %;B. Koch):<br />
2005:<br />
Zur Zeit liegt die Hauptverbreitung dieser Gänseart wie<br />
auch bei Kanada- und Nilgans im Ruhrtal an der Kreisgrenze<br />
zu Soest bei Arnsberg-Vosswinkel/ NSG „Ruhrstau<br />
Echthausen“. Die weiteren Brutvorkommen im<br />
Sauerland stammen aber wohl nicht aus dieser Population.<br />
Im Winterhalbjahr 2004/05 lag der Bestand bei ca. 188<br />
Ex.<br />
Nilgans (90%; B. Koch):<br />
2005:<br />
Für 2005 wurden insgesamt 13 BP mit insgesamt 20<br />
flüggen juv. und 1 „Verlobungspaar“ gemeldet. Die beiden<br />
„Verlobungspaare“ vom Sorpesee und Diemelsee<br />
aus 2004 brüteten 2005 erstmals.<br />
Wachtel (30 %; R. Götte):<br />
2005:<br />
Nachweise des Hühnervogels betreffen die Stadtgebiete<br />
Marsberg (27 Rufer), Brilon (3), Hallenberg (11) und<br />
Medebach (20). Somit wurden 61 Rufer gemeldet, was<br />
in etwa den Jahren 2003 und 2004 entspricht.<br />
2006:<br />
Die Hauptverbreitung der Art liegt weiter um Arnsberg-<br />
Vosswinkel. Brutnachweise aus dem Sauerland sind mit<br />
ca. 18 BP, davon ca. 11 um Vosswinkel, noch selten und<br />
wenig verändert gegenüber 2005, doch nehmen Brutzeitbeobachtungen<br />
von Paaren an geeigneten Gewässern im<br />
Kreis weiter zu.<br />
2006:<br />
Der Brutbestand hat sich von 17 in 2005 auf 24 brütende<br />
Paare erhöht, was wohl auch mit der nun eingetretenen<br />
Geschlechtsreife vieler schon in den Vorjahren anwesenden<br />
Vögel zu tun haben dürfte. Das Hauptverbreitungsgebiet<br />
befindet sich mit 19 BP weiter im<br />
Ruhrtal an der Kreisgrenze.<br />
2006:<br />
Für 2006 wurden 10 BP mit insgesamt 4 erfolgreichen<br />
Bruten (13 flügge juv.) – sowie 1 BP an der Kreisgrenze<br />
zu Soest (NSG „Ruhrstau Echthausen“) – und ein<br />
„Verlobungspaar“ ermittelt. Damit ging der Bestand gegenüber<br />
2005 leicht zurück; Gründe sind nicht bekannt.<br />
Neben dem West- und dem Ostteil des HSK besiedelt<br />
die ursprünglich eingebürgerte Art weiter neue Gebiete<br />
im HSK: Jeweils 1,1 (ohne Brut) hielten sich zur Brutzeit<br />
bei Meschede-Wennemen und bei Düdinghausen<br />
in der Medebacher Bucht auf.<br />
Nilgans mit Jungem<br />
Foto: M. Schmitz<br />
2006:<br />
Mit 39 Rufern trafen erheblich weniger Daten ein als<br />
in den Vorjahren (2003 bis 2005 um 60 Rufer). Zwar<br />
scheint in diesem Jahr die Population dieser starken<br />
Bestandsschwankungen unterliegenden Art im HSK<br />
auch kleiner gewesen zu sein; vor allem ist die geringe<br />
Datenmenge aber wohl erfassungsbedingt, weshalb kein<br />
gesicherter Bestandstrend gegeben werden kann. Die<br />
Nachweise verteilen sich wie folgt auf die Stadtgebiete:<br />
Marsberg 11 Rufer, Brilon 4, Hallenberg 4, Medebach<br />
10, Meschede 4, Schmallenberg 1, Sundern 2, Arnsberg<br />
3.<br />
IRRGEISTER 2007 55
2005:<br />
Es wurden 2 indirekte Brutnachweise aus dem HSK<br />
gemeldet:<br />
bei Marsberg-Giershagen: 1 „junges“ Ex. am<br />
02.07.05 auf einem Feldweg (Giller)<br />
bei Medelon, Medebacher Bucht: ein wahrscheinlicher<br />
Familienverband (17 Ex.) am 10.08.05<br />
(Schnurbus)<br />
Darüber hinaus liegen weitere 3 Beobachtungen aus dem<br />
Raum Marsberg-Giershagen sowie 8 Beobachtungen aus<br />
der Medebacher Bucht vor.<br />
Die Brutverbreitung des Hühnervogels umfasst im HSK<br />
nur noch das Stadtgebiet Marsberg und die Medebacher<br />
Bucht. Der langjährige Brutplatz bei Arnsberg-<br />
Vosswinkel ist definitiv erloschen; dort erstreckt sich<br />
heute ein Industriegebiet.<br />
2005:<br />
Für 2005 wurden keine Daten vom Haselhuhn gemeldet.<br />
Dass es die überaus heimliche Art noch im Sauerland<br />
gibt, zeigt folgende Beobachtung.<br />
Nachtrag <strong>für</strong> 2004: In einem Tal im westlichen HSK<br />
überquerte ein Haselhuhn einen Waldweg und baumte<br />
in einem kleinen Baum auf, wo es mit dem Fernglas<br />
beobachtet werden konnte, so dass eine Verwechselung<br />
mit der Waldschnepfe ausgeschlossen wird. Der Nachweis<br />
gelang einem RTV-Förster.<br />
56 IRRGEISTER 2007<br />
Rebhuhn (30 %; B. Koch):<br />
Haselhuhn (B. Koch):<br />
Sollten dem einen oder anderen Hinweise auf mögliche<br />
Vorkommen bekannt werden, wäre die OAG<br />
dankbar <strong>für</strong> eine Mitteilung. Diese wird vertraulich<br />
behandelt, um einem „Haselhuhntourismus“ vorzubeugen.<br />
Zwergtaucher (Erfassungsgrad: 90 %; Artbearbeiter: B. Koch):<br />
2005:<br />
Auch 2005 hat der Brutbestand des Zwergtauchers im<br />
Sauerland stark zugenommen. So ist die Ruhr von<br />
Arnsberg-Neheim bis Meschede-Freienohl weitgehend<br />
besiedelt. In diesen Bereichen sind es besonders die Staustufen<br />
mit ruhigem Wasser. Am Brutplatz Schmallenberg<br />
ist ebenfalls eine Zunahme zu verzeichnen.<br />
Bruten im HSK: 2005 mind. 13 Brutplätze mit 25 BP<br />
und 31 – 33 juv. (1999: keine Brut, 2000: 3BP, 2001: 5<br />
BP, 2002: 5 BP, 2003 mind. 10 BP, 2004 mind. 14-15<br />
BP).<br />
2006:<br />
Betrachtet man die letzten Jahre, ist eine eindeutig negative<br />
Bestandsentwicklung dieser auf eine strukturreiche<br />
Feldflur angewiesenen Art festzustellen. Es gab<br />
nur noch eine Brutzeitbeobachtung: am 20.06.2006 1,1<br />
Nahrung suchend auf einem Maisacker „Auf der<br />
Sandkuhle“ nördliche Marsberg-Erlinghausen.<br />
Außerhalb des HSK gab es in der Medebacher Bucht<br />
bei Münden regelmäßig rufende Ex. „unterhalb des<br />
Wasserhäuschens“. Ebendort wurde außerdem am<br />
23.12.2006 ein 5-6 Ex. starker Trupp gesehen.<br />
2006:<br />
Wie schon 2005 wurden auch <strong>für</strong> 2006 keine Daten dieses<br />
scheuen und heimlichen Waldvogels gemeldet.<br />
2006:<br />
Der Zwergtaucher-Brutbestand blieb 2006 auf ähnlichem<br />
Niveau wie 2005, nach einer rasanten Ausbreitung in<br />
den Jahren davor. 2006 gab es mindestens 13 Brutplätze<br />
mit 21 BP und mindestens 14 juv. Aus vielen Gebieten<br />
fehlen spätere Kontrollen, so dass die Jungenzahl höher<br />
gelegen haben dürfte.<br />
Neben vielen geeigneten Plätzen entlang der Ruhr bis<br />
Olsberg gab es je eine Brut an den Schönungsteichen<br />
der Kläranlage Schmallenberg (nach Reinigungsarbeiten<br />
im Mai Aufgabe der Brut) und auf Fischteichen unterhalb<br />
Schmallenberg-Grafschaft (3 juv.).
2005:<br />
Die insgesamt 74 BP mit 111 juv. verteilen sich wie<br />
folgt:<br />
16 BP mit insgesamt 18 juv. Sorpesee<br />
31 BP mit insgesamt 36 juv. Hennesee (16 BP erfolglos)<br />
23 BP mit insgesamt 54 juv. Diemelsee<br />
3 BP mit insgesamt 1 juv. Baggerseen bei Marsberg-Westheim<br />
1 BP mit 2 juv. VEW-Stausee Olsberg<br />
2005:<br />
Der Brutbestand im HSK beläuft sich 2005 auf 13 Kolonien<br />
(2000: 12 Kolonien und 1 Einzelbrut; 2001 14-<br />
15 Kolonien, 2002 14 Kolonien; 2003 12 Kolonien + 1<br />
Einzelbrut; 2004 11 Kolonien). Es gab 133 erfolgreiche<br />
Bruten (2000 145; 2001 165, 2002 142, 2003 138,<br />
204 114 erfolgreiche Bruten).<br />
Erfreulich ist die Gründung einer kleinen Kolonie im<br />
Röhrtal bei Sundern-Hachen in Fichten.<br />
Die Bäume der Kolonie Olsberg (hier in 2005 immerhin<br />
27 erfolgreiche Bruten) ist zum Jahreswechsel 2005/<br />
06 wie geplant komplett abgeholzt worden, um Platz<br />
<strong>für</strong> den Neubau der Ortsumgehung Olpe zu schaffen.<br />
Haubentaucher (100 %; W. Wilkens):<br />
2006:<br />
Es gab mit 21 ermittelten juv. deutlich weniger Nachwuchs<br />
als in den Vorjahren. Wohl wegen der langen<br />
Frostperiode zu Beginn der Paarungszeit und weil an<br />
vielen Talsperren zu dieser Zeit Wasser abgelassen wurde,<br />
schritten nur 12 der insgesamt 65-67 Paare zur Brut.<br />
Die Verteilung:<br />
8-10 Paare Sorpesee<br />
31 Paare Hennesee (davon 7 Bruten mit 18 juv.)<br />
21 Paare Diemelsee<br />
4 Paare, aber nur 1 juv. Baggerseen bei Marsberg-Westheim<br />
1 BP mit 2 juv. VEW-Stausee Olsberg<br />
Haubentaucher - Paarung Foto: M. Schmitz<br />
Graureiher (80 %; B. Koch):<br />
2006:<br />
Mit 12 Kolonien und 127 BP hat sich der Bestand weitgehend<br />
gehalten. 7 der Kolonien wiesen weniger als 10<br />
BP auf; BP-Zahlen der weiteren Kolonien: 11, 13, 17,<br />
21 und 28 BP. Wieder gelangen trotz Suche keine Bruthinweise<br />
aus der Medebacher Bucht.<br />
Erfreulich: Die im Zuge des Neubaus der Ortsumgehung<br />
Olsberg 2005 vernichtete Kolonie begründete sich an<br />
naher Stelle neu: 17 BP waren erfolgreich, allerdings<br />
sind dies 10 weniger als noch im Vorjahr.<br />
Die 2005 gegründete kleine Kolonie im Röhrtal bei<br />
Sundern-Hachen wies mit 5 erfolgreichen BP 2006 zwei<br />
BP mehr auf als in 2005.<br />
IRRGEISTER 2007 57
2005:<br />
Die positive Entwicklung des Brutbestandes des<br />
Schwarzstorches setzte sich auch 2005 fort. Mit 26 Revieren<br />
wurde das höchste Ergebnis seit 1997 erzielt!<br />
Noch erfreulicher ist der Nachweis von mindestens 27<br />
Jungvögeln – ein Resultat, welches bisher nicht annähernd<br />
erreicht werden konnte. Dazu kommt, dass mehrere<br />
Reviere (1 x Hessen/Diemelsee, 1 x Kreis Paderborn<br />
und mehrere Horste Kreis Soest) nicht gezählt<br />
wurden. Hier liegt der Horst außerhalb des Hochsauerlandkreises,<br />
das Brutgebiet umfasst aber Teile unseres<br />
Erfassungsraumes.<br />
Wie im Vorjahr ausgeführt, liegen viele Brutgebiete im<br />
Bereich der Grenzen zu den Nachbarkreisen und es gibt<br />
etliche grenzüberschreitende Brutgebiete. Offensichtlich<br />
handelt es sich hier regelmäßig um etwas ruhigere Waldbereiche.<br />
Der zur Koordinierung des Schutzes der Art ins Leben<br />
gerufene Schwarzstorch-Arbeitskreis – bestehend aus<br />
Hochsauerlandkreis, Forstämtern, Biologischer Station<br />
und VNV – arbeitet inzwischen auf vertraulicher Basis<br />
und sollte unbedingt fest etabliert werden.<br />
Negative Einflüsse in die Horstbereiche durch die forstliche<br />
Nutzung der Wälder waren 2005 nur in Einzelfällen<br />
festzustellen – seit 1997 konnte der VNV immerhin<br />
10 Horstverluste durch Forstarbeiten nachweisen. Allerdings<br />
verhindert die immer intensivere Bewirtschaftung<br />
der Buchenwälder sicher manche Neuansiedlung.<br />
Und etliche FFH-geschützte Bereiche sind aufgrund einer<br />
erheblichen Bestandsauflichtung gar nicht mehr zur<br />
Horstanlage geeignet!<br />
2005:<br />
Meldungen liegen aus 19 Gebieten vor, die sich auf 14<br />
Revierpaare und 5 Reviere mit Brutzeitbeobachtungen<br />
aufschlüsseln (2003 und 2004 jeweils 25 Gebiete). Insgesamt<br />
hat sich die Anzahl der in den vergangenen Jahren<br />
festgestellten Brutgebiete auf 33 erhöht.<br />
Leider gelingt es nicht, alle Gebiete jährlich zu kontrollieren<br />
bzw. bei teilweise nur kurzen Aufenthalten dort<br />
Wespenbussarde zu bestätigen. Von vielen dieser Brutplätze<br />
liegen aber seit teilweise über 20 Jahren Balzund<br />
Brutzeitbeobachtungen durch OAG-Mitarbeiter vor.<br />
58 IRRGEISTER 2007<br />
Schwarzstorch (50 % 2005, 40% 2006; F.-J. Stein):<br />
Wespenbussard (20 %; E. Neuß):<br />
Schwarzstorch Foto: N. Pühringer<br />
Für 2006 ergibt sich ein etwas enttäuschendes Bild. Es<br />
wurden nur 21 Reviere und davon nur 8 mit Brutnachweisen<br />
ermittelt. Aber immerhin wurden mindestens 19<br />
Jungvögel nachgewiesen. Der erfreuliche Durchschnitt<br />
von 2,375 Jungvögeln/Horst wird durch einen Brutnachweis<br />
im östlichen Kreisteil mit 4 Jungvögeln erreicht.<br />
Die Verbreitung erstreckt sich fast gleichmäßig über den<br />
gesamten Hochsauerlandkreis.<br />
Für dieses schlechtere Ergebnis gibt es mehrere Gründe:<br />
- Weniger als eine Handvoll OAG-Mitarbeiter sucht<br />
systematisch im Wald nach Horsten.<br />
- 2006 ist die Kartierungsintensität wohl allgemein<br />
schwächer als in den Vorjahren.<br />
- Der Arbeitskreis aus Hochsauerlandkreis, Forstämtern,<br />
Bio-Station und VNV hat nach der Brutzeit<br />
2006 noch nicht getagt.<br />
2006:<br />
Der Bestand ist mit 16-18 gemeldeten Revieren, davon<br />
4 Brutnachweisen, ähnlich dem der Vorjahre und kann<br />
als stabil gelten. Es wurde ein neues Revier ermittelt.<br />
Verteilung auf die Stadtgebiete 2006:<br />
Stadtgebiet Arnsberg: 10 Reviere und 4 BP<br />
Stadt Meschede: 2 Reviere und 2 Gebiete<br />
mit Brutzeitbeobachtung<br />
Für den Westkreis, wo deutlich stärker nach der Art gesucht<br />
wird als im übrigen HSK, werden auf Grund der<br />
Datenlage auch aus den Vorjahren – nicht alle Gebiete<br />
können jährlich kontrolliert werden – ca. 30 BP angenommen.<br />
Weitere Reviere sind aus den Vorjahren aus<br />
den Stadtgebieten Brilon, Medebach und Schmallenberg<br />
bekannt.
Rotmilan (50 %; M. Lindner):<br />
2005:<br />
Es wurden 44 Brutreviere (2004 nur 34 Brutreviere)<br />
gefunden, wobei nur siebenmal die Jungenanzahl ermittelt<br />
wurde: 2 mal 1, 2 mal 2 sowie 3 mal 3 flügge juv.<br />
Durch Mieders wurden 2 Negativnachweise (unbesetzte<br />
Reviere) gemeldet.<br />
Nur ein Schlafplatz wurde bekannt: am 18.9.05 5 Ex.<br />
und am 1.10.05 7 Ex. im Bereich Pfingsthude nordwestlich<br />
von Marsberg-Erlinghausen in einer Pappelreihe<br />
(Kuhl).<br />
Zugdaten von insgesamt 60 Ex., diesmal nur Wegzug,<br />
wurden nur von Kuhl und Neuß gemeldet:<br />
Arnsberg-Schreppenberg am 14.8. 1 Ex., 23.8. 3 Ex.,<br />
5.10. 4 Ex., 14.10. 1 Ex., 16.10. 5 Ex., 30.10. 6 Ex.,<br />
28.11. 1 Ex. = 21 Ex. ziehend (Neuß)<br />
Marsberg-Erlinghausen am 10.9. 8 Ex., 1.10. 9 Ex., 2.10.<br />
7 Ex., 9.1. 6 Ex., 13.10. 3 Ex., 2.11. 1 Ex., 5.11. 1 Ex. =<br />
35 Ex. ziehend (Kuhl)<br />
Brilon-Thülen am 20.9. 4 Ex. ziehend (Kuhl)<br />
Erstbeobachtungen durch Neuß am 24.2. bei Marsberg-<br />
Udorf und am 27.2. über Hachen. Das Brutpaar Tempelberg<br />
(NSG „Herbreme“) balzte bereits am 1.3.05 (Neuß).<br />
2005:<br />
Der Schwarzmilan brütet derzeit mit 2 Paaren im<br />
HSK. Der altbekannte Brutplatz bei Marsberg-<br />
Padberg war wieder besetzt. Ein neues Paar im NSG<br />
„Ruhrtal bei Laer“ konnte mit flüggen Jungvögeln<br />
nachgewiesen werden. Ein drittes, hier nicht mitgezähltes<br />
Paar horstete knapp außerhalb der Kreisgrenze<br />
in Hessen im Bereich des Diemelsees. Aus<br />
weiteren Bereichen des Kreises liegen Brutzeitbeobachtungen<br />
vor, die keinem dieser Brutpaare zuzuordnen<br />
sind. Hier könnte es sich um unverpaarte<br />
Vögel handeln oder möglicherweise um noch nicht<br />
entdeckte Brutvögel.<br />
Schwarzmilan (80 %; W. Schubert):<br />
2005:<br />
Brutzeitbeobachtungen gibt es aus 16 Gebieten, die sich<br />
auf die Städte Arnsberg, Brilon, Marsberg, Meschede,<br />
Olsberg und auf die Gemeinde Hallenberg verteilen,<br />
wobei Schwerpunkte in den Räumen Arnsberg und Marsberg<br />
liegen. Es konnte 1 Brutnachweis erbracht werden.<br />
Baumfalke (20-30 %; F. Schnurbus):<br />
2006:<br />
Es wurden 25 BP und 17 Brutreviere <strong>für</strong> 2006 gemeldet;<br />
7 mal wurde dabei die Jungenanzahl ermittelt: 2 x<br />
1, 2 x 2 und 3 x 3 flügge Jungvögel. Es wurden 5 Reviere<br />
aufgenommen, bei denen eine Balz erst am Ende der<br />
eigentlichen Brutzeit beobachtet wurde – Rotmilanpaare<br />
führen häufig zum Ende der Brutzeit noch einmal Balzrituale<br />
aus. Als Brutbäume wurden 5 mal Rotbuche und<br />
3 mal Eiche angegeben; leider enthielten die anderen<br />
Brutplatzdaten keine Angaben über die Baumart.<br />
Zusätzlich zu diesen BP bzw. Revieren wurden am<br />
15.04.06 um Olsberg-Bruchhausen 4 Paare mit Balz beobachtet;<br />
da eine genauere Zuordnung fehlt, wurden diese<br />
Paare nicht zu diesem Ergebnis hinzugezählt. Durch<br />
Mieders wurden 3 Negativnachweise (unbesetzte Reviere)<br />
erbracht. Damit sind die Ergebnisse ähnlich denen<br />
des Vorjahres.<br />
Zugdaten wurden nur von Neuß aus Arnsberg<br />
(Schreppenberg) gemeldet, und zwar <strong>für</strong> den Heimzug<br />
im Frühjahr 45 Ex. und <strong>für</strong> den Wegzug 105 Ex.<br />
Erstbeobachtung durch Kuhl am 11.01. bei Marsberg<br />
(NSG „Wulsenberg“).<br />
2006:<br />
Die Bestandsentwicklung des Schwarzmilans ist weiterhin<br />
positiv. Es konnten zwei sichere BP nachgewiesen<br />
werden. Der altbekannte Brutplatz bei Marsberg-<br />
Padberg war wieder besetzt. Dies gilt auch <strong>für</strong> das Brutpaar<br />
im NSG „Ruhrtal bei Laer“. Zusätzlich konnten im<br />
Bereich des Titelbergs bei Medebach ein wahrscheinliches<br />
BP festgestellt werden sowie 2 mögliche BP knapp<br />
außerhalb der Kreisgrenze im Bereich des Diemelsees<br />
und bei Haus Wenne, Eslohe. Somit erhöht sich die<br />
Anzahl der Brutpaare auf 2 – 3 plus 2 weitere mögliche<br />
knapp außerhalb des HSK.<br />
2006:<br />
Es gelangen 2 Brutnachweise, zusätzlich besteht <strong>für</strong><br />
2006 3 mal Brutverdacht. Darüber hinaus gibt es aus 12<br />
Gebieten über den gesamten HSK verstreut je eine<br />
Brutzeitbeobachtung. Somit dürfte der Brutbestand deutlich<br />
höher liegen als die Zahl der ermittelten Reviere.<br />
IRRGEISTER 2007 59
60 IRRGEISTER 2007<br />
Wanderfalke (80 %; W. Schubert):<br />
2005:<br />
Erstmals seit der Wiederbesiedlung des HSK 1989 brüteten<br />
4 Brutpaare im Kreis.<br />
HSK 1 (Bruchhauser Steine): Das Weibchen wurde vom<br />
Uhu noch in der Bebrütungsphase geschlagen. Ein schon<br />
vorher beobachtetes zweites Weibchen, welches vom<br />
Revierweibchen scheinbar geduldet wurde, übernahm<br />
sofort das Revier.<br />
HSK 4 (Steinbruch): Brutaufgabe während der<br />
Bebrütung. Der Grund ist unklar, das nur 700 m entfernte<br />
Uhupaar ist nicht verantwortlich. Noch im September<br />
war das Paar am Platz.<br />
HSK 5 (Brücke): Das BP brachte 1 Jungvogel zum Ausfliegen.<br />
HSK 6 (Steinbruch): 1 Jungvogel verschwand im Alter<br />
von ca. 15 Tagen. Vermutlich hat hier das Uhupaar,<br />
welches in 1000 m Entfernung brütet, zugeschlagen.<br />
Junger Wanderfalke Foto: N. Pühringer<br />
2005:<br />
Im gesamten HSK konnte 2005 kein Nachweis des<br />
scheuen und seltenen Wiesenvogels erbracht werden, obwohl<br />
zumindest im Raum Arnsberg intensiv nach der<br />
Art gesucht wurde.<br />
2005:<br />
Der Rückgang dieser Wiesenlimikole im HSK geht unvermindert<br />
weiter. Nur noch 2 BP (Schmallenberg-Arpe<br />
– 2 erfolglose Brutversuche – und Briloner Gewerbegebiet<br />
– kein Bruterfolg) bilden den Gesamtbestand im<br />
Kreis.<br />
Nach wie vor gilt die Vermutung, dass nur noch ältere<br />
Paare auf Grund ihrer Brutplatztreue im HSK brüten,<br />
so dass weiterhin mit einem Aussterben der Art in naher<br />
Zukunft gerechnet wird.<br />
2006:<br />
Ein sehr erfreulicher Bestandstrend ist von dem noch<br />
vor wenigen Jahrzehnten fast ausgestorbenen Großfalken<br />
zu vermelden: Erstmals waren im Kreis 7 Reviere<br />
besetzt, 3 mehr als im Vorjahr. Allerdings wurden nur<br />
5 Jungfalken flügge.<br />
Die Reviere im einzelnen:<br />
HSK 1 (Bruchhauser Steine): 1 Jungfalke wurde flügge.<br />
Da er noch Anfang August fliegend beobachtet wurde,<br />
dürfte er tatsächlich selbständig geworden sein. Das<br />
Uhupaar an den Steinen brütete 2006 nicht.<br />
HSK 2 (Steinbruch): 1 adulter Terzel hielt den Platz allein<br />
besetzt.<br />
HSK 4 (Steinbruch): Wie schon 2005 kam es genau zu<br />
der Zeit zur Brutaufgabe, als die Jungfalken hätten<br />
schlüpfen müssen. Gründe sind völlig unklar.<br />
HSK 5 (Brücke): 4 Jungfalken (1 Terzel, 3<br />
Weibchen) wurden flügge. Eines der flüggen Weibchen<br />
verschwand kurz nach den Ausfliegen; Grund unklar.<br />
HSK 6 (Steinbruch): Brutaufgabe zur Zeit, als die<br />
Jungfalken hätten schlüpfen müssen. Gründe sind unklar.<br />
HSK 7 (Kraftwerk Egger): Hier war nur zu Beginn der<br />
Brutzeit ein Paar anwesend, welches schon Anfang April<br />
verschwand.<br />
HSK 8 (Steinbruch): Ansiedlung eines Paares in einem<br />
Uhusteinbruch. Dieses Paar brütete nicht. Das Uhubrutpaar<br />
im Steinbruch brach seine Brut kurz nach Brutbeginn<br />
ab.<br />
Wachtelkönig (20 %; M. Lindner):<br />
2006:<br />
Es gelangen nur 2 Rufnachweise des heimlichen Vogels,<br />
immerhin 2 mehr als 2005:<br />
1 Rufer 20.06. NSG „Helmeringhauser Bruch“ bei<br />
Olsberg-Helmeringhausen<br />
1 Rufer 10.07. Schwarzer Berg nordöstlich Marsberg-Giershagen<br />
Kiebitz (90 %; G. Schöllmann):<br />
2006:<br />
Der Kiebitz, ein langjähriger Brutvogel im HSK, ist nun<br />
bei uns ausgestorben; erstmals gibt es 2006 kein bekanntes<br />
Brutrevier. Gründe sind die intensive Landwirtschaft<br />
in unseren Breiten, aber sicher auch die Jagd auf diesen<br />
bedrohten Wiesenvogel in seinen Durchzugs- und<br />
Überwinterungsgebieten – jährlich werden hohe Zahlen<br />
der abnehmenden Population legal und illegal geschossen.<br />
Im HSK gab es 2006 neben Sichtungen außerhalb der<br />
Brutzeit noch einzelne Frühjahrsbeobachtungen an ehemaligen<br />
Brutplätzen; diese Vögel gründeten jedoch kein<br />
Revier.
Flussregenpfeifer (50%; F. Duty):<br />
2005:<br />
13 BP mit insgesamt 28 juv. verteilen sich auf 10 Gebiete<br />
(2001 und 2002: jeweils 12-13 BP; 2003 11-14<br />
BP; 2004 7 BP). Alle Brutplätze befinden sich in<br />
Sekundärhabitaten. Dass der Schwerpunkt im Raum<br />
Brilon liegt, könnte an intensiverer Suche dort liegen.<br />
Waldschnepfe (15 %; B. Koch):<br />
2005:<br />
15-19 Reviere bzw. balzende Männchen sowie Brutzeitbeobachtungen<br />
aus 3 weiteren Gebieten wurden <strong>für</strong> 2005<br />
gemeldet, die sich über die Wälder des gesamten HSK<br />
verteilen. In dieser Liste befinden sich 4 neue, uns bisher<br />
nicht bekannte Plätze.<br />
Bekassine (100 %; W. Schubert):<br />
2005:<br />
Es liegt nur eine April-Beobachtung aus dem NSG<br />
„Hemmeker Bruch“ vor, die allerdings aufgrund fehlender<br />
Brutzeitbeobachtungen als spätes Zugdatum zu<br />
werten ist.<br />
Hohltaube (max. 35 %; F.-J. Stein):<br />
2005:<br />
Nach fünf Erfassungsjahren kann man zusammenfassend<br />
feststellen, dass die Hohltaube in allen Kreisteilen<br />
vorkommt; insgesamt 50 Reviere wurden <strong>für</strong> 2005 über<br />
den HSK verteilt gemeldet. Ihre Verbreitung ist nicht<br />
auf niedrig liegende Bereiche beschränkt, sondern erstreckt<br />
sich bis in höchste Lagen.<br />
Die Unterschiede in den einzelnen Jahren erklären sich<br />
ausschließlich durch vermehrte oder verminderte<br />
Kartierungsintensität.<br />
Die weite, gleichmäßige Verbreitung der Hohltaube darf<br />
jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass ihr Lebensraum<br />
latent in Gefahr ist. In unseren intensiv genutzten<br />
Buchenwäldern werden Brutbäume bei der Bewirtschaftung<br />
nicht geschont. Das Fällen dieser Bäume konnte z.<br />
B. im Lüchtenberg bei Marsberg-Padberg, im Buchholz<br />
bei Brilon-Alme und in der Sommerseite bei Brilon-<br />
Madfeld festgestellt werden.<br />
2006:<br />
11 BP an 9 Plätzen wurden festgestellt, aber nur bei 3<br />
dieser BP wurden Jungvögel ermittelt (einmal 3 juv. und<br />
2 mal je 1 juv.). Die geringe Nachwuchszahl könnte zum<br />
einen am schlechten Wetter liegen, zum anderen aber<br />
auch an fehlender Nachsuche. Ein ehemaliger Brutplatz<br />
blieb verwaist, 3 weitere gingen verloren. Einzelbeobachtungen<br />
blieben bei dieser Erfassung unberücksichtigt.<br />
2006:<br />
Von 6 Plätzen wurden Daten gemeldet, die 9-14 Reviere<br />
ergeben. Der Brutbestand im HSK dürfte um einiges<br />
höher liegen.<br />
2006:<br />
Die Bekassine bleibt weiterhin als Brutvogel ausgestorben.<br />
Es liegen mehrere April-Beobachtungen von<br />
Durchziehern aus dem NSG „Hemmeker Bruch“ bei<br />
Brilon-Madfeld vor, die letzte sogar vom 30.04.06. Da<br />
das Gebiet ganzjährig immer wieder kontrolliert wird<br />
und weitere Daten nicht erbracht werden konnten, ist<br />
eine Brut dort ausgeschlossen.<br />
Bekassine<br />
Foto: M. Schmitz<br />
2006:<br />
Die Erfassung im Jahr 2006 erbrachte 62 bis 64 Reviere<br />
und damit das beste Ergebnis in den sechs Jahren der<br />
genaueren Bestandsaufnahme. Die Art wurde aus allen<br />
Stadtgebieten des HSK gemeldet; Ausnahme ist das<br />
Stadtgebiet Winterberg, was aber eindeutig an den fehlenden<br />
OAG-Leuten vor Ort liegt.<br />
Indem in den folgenden Jahren dieser Bewohner alter<br />
Buchenwälder weiterhin gesucht wird, können auch<br />
Beeinträchtigungen durch den immer stärker werdenden<br />
Einschlag in den Rotbuchenbeständen dokumentiert<br />
werden.<br />
IRRGEISTER 2007 61
2005:<br />
Mit 52 - 54 Revieren liegt <strong>für</strong> 2005 das beste Kartierungsergebnis<br />
seit einigen Jahren vor. Die Reviere<br />
verteilen sich auf die Stadtgebiete Arnsberg (11 Reviere),<br />
Meschede (7 Reviere) Marsberg/Brilon (16-18<br />
Reviere), Schmallenberg (1 Revier) und Medebach (17<br />
Reviere). über die Jahre betrachtet hält der Abwärtstrend<br />
der Turteltaube jedoch an.<br />
2005:<br />
Bei nur 8 von insgesamt 25 gemeldeten Rufern kann<br />
man von einem Revier ausgehen, da die Vögel mehrfach<br />
beobachtet bzw. gehört wurden. Das westliche Kreisgebiet<br />
ist vom Kuckuck mittlerweile fast geräumt, obwohl<br />
die Art dort früher verbreitet war; Nachweise aus 2004<br />
von dort und aus dem höheren Sauerland bildeten wohl<br />
eher eine Ausnahme.<br />
Rufer<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
54<br />
62 IRRGEISTER 2007<br />
Turteltaube (20 %; E. Neuß):<br />
2006:<br />
Es wurden <strong>für</strong> 2006 45 Reviere gemeldet. Der Bestandstrend<br />
ist weiterhin negativ. Er reduzierte sich z. B. in<br />
der Medebacher Bucht auf 13 Reviere gegenüber 36<br />
Revieren in 2001.<br />
Kuckuck (60 %; B. Koch):<br />
2006:<br />
Beim Kuckuck gibt es keine signifi kanten Änderungen<br />
gegenüber dem Vorjahr in der Anzahl der Reviere – insgesamt<br />
von 9 Revieren wird ausgegangen (= Mehrfachbeobachtungen<br />
in demselben Gebiet). Diese befi nden<br />
sich wie in den Vorjahren fast ausschließlich im Raum<br />
Marsberg-Brilon und in der Medebacher Bucht. Das<br />
Verschwinden der Art im oberen Sauerland könnte in<br />
den dortigen intensiven Monokulturen und der damit<br />
fehlenden Nahrung (Raupen) begründet sein.<br />
Darüber hinaus gibt es 8 Einzelbeobachtungen wohl<br />
ziehender Kuckucke, davon 6 zwischen Ende April und<br />
Anfang Mai (gegenüber 17 in 2005). Damit handelt es<br />
sich bei den beobachteten vermutlichen Durchziehern<br />
um die geringste Zahl seit Erfassungsbeginn.<br />
Kuckuck und Gelbspötter<br />
Foto: F. Sudendey<br />
Kuckuck - rufende Männchen im HSK<br />
28<br />
21<br />
26<br />
21<br />
29<br />
95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06<br />
Jahr<br />
25<br />
16<br />
24<br />
21<br />
25<br />
17
2005:<br />
Die Anzahl der Brutnachweise war im Jahr 2005 so hoch<br />
wie noch nie seit 2001. Dieser Umstand lässt jedoch<br />
keinen Rückschluss auf den Bestand zu, da die Art nach<br />
wie vor unzureichend erfasst ist; in einem großen Teil<br />
des Kreises gibt es auch <strong>für</strong> dieses Jahr keine Erfassungen.<br />
Die meisten Nachweise gelangen in von OAG-Mitarbeitern<br />
aufgehängten Nistkästen.<br />
Stadt Brilon: 2 BP mit 5 juv. bzw. 3 juv+mind. 5 Eier<br />
Stadt Marsberg: 5 BP mit jeweils 2 juv., 1 juv.+7 Eier,<br />
mind. 2 juv., 8 Eier, 4 juv. sowieBrutzeitbeobachtungen<br />
von 4 weiteren Plätzen; 2 dieser Bruten verliefen<br />
erfolglos, eine weitere teilweise erfolglos,<br />
wobei das 8er-Gelege nach einer Rockfete im Ort aufgegeben<br />
wurde.<br />
Stadt Sundern: 2 Brutzeitbeobachtungen<br />
Stadt Arnsberg: 1 Kasten beflogen<br />
Stadt Schmallenberg und Stadt Eslohe: erfolglose Kontrolle<br />
von Nistkästen und potentiellen Brutplätzen<br />
Schleiereule (30 % 2005, 40 % 2006; St. Bartholmé):<br />
Raufußkauz (20 % 2005/10% 2006; M. Lindner):<br />
2005:<br />
Es wurde 2005 4 Brutpaare und 27 rufende Männchen<br />
im HSK festgestellt.<br />
Die Daten im Einzelnen:<br />
In der Kontrollfläche von 125 km˝ im Arnsberger Wald<br />
(Großteil der Fläche im Kreis Soest), die seit vielen Jahren<br />
von Lederer und Kämpfer-Lauenstein kontrolliert<br />
wird, wurden 10 besetzte Reviere (davon 4 Reviere im<br />
HSK) und 8 Bruten (davon 3 im HSK) gefunden.<br />
Ferner gab es im NSG „Arnsberger Wald“ (HSK) 2<br />
weitere rufende Männchen (Hamelsberg, Kreuzeiche)<br />
(Koch, Neuß): 1 Rufer am 03.04. östlich Hamelsberg<br />
und 1 Rufer 17.04. Buchenaltholz Kreuzeiche mit<br />
Schwarzspechthöhlen.<br />
1 Brut mit mindestens 3 juv. in ausgefaulter Fichtenspitze<br />
bei Brilon-Madfeld, juv. werden beim Fällen der<br />
Fichte gefunden und in Essentho bis zum Flüggewerden<br />
aufgezogen (Limpinsel)<br />
3 Reviere NSG „Hunau“ (Volkmer fide Schöllmann)<br />
1 Reviere Dümberg südlich Sundern-Weninghausen<br />
(Volkmer fide Bartezko)<br />
2,0 rufend (9:00 + 11:30 Uhr) 28.3 aus Fichtenstangenholz<br />
angrenzend an Buchenaltholz NW + NE<br />
Ahmberg bei Meschede-Mülsborn (Koch, Neuß)<br />
1,0 ruft am 9.4. 10 mal gegen 15:30 Uhr östlich<br />
Filschersiepen NE Oeventrop-Glösingen (Koch, Neuß)<br />
1 Revierhinweis (tote Maus im Loch einer<br />
Schwarzspechthöhle in Erle im einem Buchenaltholz =<br />
Nahrungsdepot) am 10.4. nördlich Niedereimer (Koch,<br />
Neuß)<br />
2006:<br />
Das Jahr 2006 war mit 2 Brutnachweisen, einer möglichen<br />
Brut und einem balzenden Ex. ein katastrophal<br />
schlechtes Jahr <strong>für</strong> die Art im HSK. Offensichtlich haben<br />
der späte Wintereinbruch und die mehrwöchige<br />
Schneedecke bis in den April des Jahres die Anzahl der<br />
Eulen erheblich reduziert. Praktisch alle Nistkästen im<br />
Raum Marsberg sowie viele potentielle Brutplätze dort<br />
wurden überprüft, allerdings mit negativem Resultat;<br />
durch die nach wie vor geringe Erfassung der Art lassen<br />
sich aber Aussagen über die Gesamtzahl der Brutpaare<br />
nicht treffen.<br />
Die Beobachtungen im Einzelnen:<br />
Stadt Marsberg: 1 BP in Oesdorf, Anzahl der juv. nicht<br />
bekannt<br />
Stadt Arnsberg: 1 BP Mühlenbachtal bei Vosswinkel,<br />
Anzahl der juv. nicht bekannt<br />
1 Ex. oder BP in Holzen<br />
1 fliegendes balzendes Ex. in Vosswinkel am 28.5.und<br />
25.6.06<br />
2006:<br />
Es wurden 9 rufende Männchen mit Revier im HSK<br />
festgestellt; auch einmalige Rufnachweise wurden als<br />
Revier gewertet.<br />
Junger Raufußkauz Foto: A. Kämpfer-Lauenstein<br />
In der Kontrollfläche im Arnsberger Wald (s. 2005) wurden<br />
keine Raufußkäuze gefunden. Die auf den gesamten<br />
HSK bezogene niedrigere Anzahl an nachgewiesenen<br />
Käuzen liegt zum einen an geringerer Kontrolle gegenüber<br />
2005; darüber hinaus waren aber auch wohl<br />
wegen geringerer Mäusedichte weniger Reviere besetzt.<br />
IRRGEISTER 2007 63
Fortsetzung Raufußkauz 2005:<br />
6,0 rufend am 17.4. zwischen Hellefelder Bachtal und<br />
Hellefelder Höhe (Koch, Neuß)<br />
5,0 rufend am 17.4. Ochsenkopf bei Arnsberg, dort am<br />
9.1. 1,0 rufend (Koch, Neuß)<br />
3,0 rufend am 22.4. zwischen Ochsenkopf und Hellefelder<br />
Mark (nicht identisch mit der Meldung vom 17.4.;<br />
Koch, Neuß)<br />
1,0 ruft am 11.5. ca. 10x um 17:30 Uhr östlich Almetal<br />
nördlich Brilon-Alme (Koch)<br />
Das Brutrevier 2004 nordwestlich Brilon-<br />
Helminghausen war 2005 scheinbar unbesetzt (STEIN)<br />
2005:<br />
Es wurden 2005 im HSK 11 besetzte Reviere nachgewiesen;<br />
bei Bestwig-Föckinghausen wurden 2 Ex. (=<br />
Paar?) festgestellt. Der Sperlingskauz ist vermutlich in<br />
allen großen Waldgebieten des HSK zu finden, wie es<br />
in Nordhessen und Südniedersachsen der Fall ist. Die<br />
kleine Eulenart hat demnach umfassend das Sauerland<br />
besiedelt.<br />
Die Nachweise im Einzelnen:<br />
Bei Bestwig-Föckinghausen ruft am 2.4.05 1,0 im 20:00<br />
Uhr aus einem Fichtenbestand an einer Lichtung. Am<br />
12.6. sitzen dort wohl 1,1 zusammen in einer Lärche.<br />
(Wilkens)<br />
Im westlichen Arnsberger Wald 2 Reviere, 1 davon im<br />
HSK (Kämpfer-Lauenstein)<br />
Im östlichen Arnsberger Wald (Kreis Soest) gab es 2<br />
Reviere und 1 erfolgreiche Brut (Kämpfer-Lauenstein)<br />
1,0 rufend am 5.5 aus einer Fichte an einer Lichtung<br />
nördlich Meschede-Enste (Wilkens).<br />
1 Ex. am 10.4 und 15.4 mit der Klangattrappe im<br />
Scharfenberger Wald, Stadtgebiet Brilon, angelockt<br />
(Duty).<br />
1,0 rufend 17.04. im Steimeckesiepen nördlich Hellefelder<br />
Höhe (Koch).<br />
3 besetztes Reviere im NSG „Hunau“ beim Fernsehturm<br />
(Volkmer).<br />
3 besetzte Reviere im Glindfelder Forst (Kaltenscheid,<br />
Falte, Schlossberg) (Eikemper fide Schnurbus).<br />
64 IRRGEISTER 2007<br />
Steinkauz (M. Lindner):<br />
Fortsetzung Raufußkauz 2006:<br />
Von der Art gab es wie in den Vorjahren auch 2005 und 2006 keine Nachweise aus dem Kreisgebiet.<br />
Sperlingskauz (? %; M. Lindner):<br />
Die Zahlen im Einzelnen:<br />
3 Reviere Hunau (Schöllmann fide Volkmer)<br />
1 Revier Arnsberg-Schreppenberg (Neuß)<br />
1 Revier Dümberg südlich Sundern-Weninghausen<br />
(Bartetzko fide Vollmer)<br />
1 Revier im Wildwald-Vosswinkel (Koch).<br />
1 Revier bei Bestwig-Föckinghausen (Wilkens).<br />
1 Revier bei Meschede-Laer (Wilkens)<br />
1 Revier bei Meschede Enste (Wilkens).<br />
2006:<br />
Es gab 2006 im HSK 6 Gebiete mit Nachweisen. In einem<br />
Fall wurde ein rufendes Weibchen festgestellt wurde.<br />
Sperlingskauz Foto: Ch. König<br />
Die Nachweise im Einzelnen:<br />
1 Revier Hellefelderhöhe (Bartetzko).<br />
1 Revier im NSG „Hunau“ (Volkmer).<br />
1Revier (rufendes Weibchen) bei Bestwig-<br />
Föckinghausen (Wilkens)<br />
1 Revier bei Meschede-Enste (Wilkens)<br />
1 Revier im NSG „Hamorsbruch“ bei Meschede<br />
(Wilkens)<br />
1 Revier im NSG „Ruhrtal bei Laer“ (Wilkens)
2005:<br />
Es wurden zur Brutzeit 40 besetzte Reviere gefunden.<br />
In den 40 Revieren wurden 32 Revierpaare nachgewiesen.<br />
Bei den 32 Revierpaaren fanden 25 Bruten statt.<br />
Diese 25 Brutpaare brachten 48 Junge zum Ausfliegen.<br />
Es wurden sogar 10 Bruten mit je 3 Junguhus gefunden.<br />
Dieses hervorragende Reproduktionsergebnis war bedingt<br />
durch den Höhepunkt der Mäusegradation zur<br />
Brutzeit 2005.<br />
In NRW scheint es zuletzt 1976 so viele Mäuse gegeben<br />
zu haben wie 2005.<br />
2005:<br />
Neben 2001 konnte 2005<br />
das beste Ergebnis seit Erfassungsbeginn<br />
durch die<br />
OAG erzielt werden: 17 BP<br />
und 8 mögliche Reviere<br />
wurden ermittelt (2001: 17<br />
BP/8 mögliche Reviere;<br />
2002: 12 BP/10 mögl. Rev.;<br />
2003: 7 BP/7 mögl. Rev.;<br />
2004: 9 BP/10 mögl. Reviere).<br />
Auch 2005 sind auf<br />
Grund der Größe des Kreises<br />
viele geeignete<br />
Bruthabitate nicht kontrolliert<br />
worden.<br />
2005:<br />
Es liegt lediglich eine Brutzeitbeobachtung vom<br />
17.07.05 aus einem Pappelwald am Hespeeinlauf (Vorbecken<br />
des Sorpesees) vor.<br />
Uhu (95 %; M. Lindner):<br />
Eisvogel (50 %; E. Neuß):<br />
Wendehals (80 %; W. Schubert):<br />
Grauspecht (30 %; E. Neuß):<br />
2005:<br />
Im dritten Jahr der Erfassung der Art durch die OAG<br />
wurden 69 Reviere ermittelt (2003: 35, 2004: 53), erstmals<br />
auch 5 Reviere im Stadtgebiet Winterberg. Auch<br />
im Stadtgebiet Schmallenberg, von wo aus 2004 keine<br />
Daten vorhanden waren, gelangen 12 Reviernachweise.<br />
Das Fehlen von Daten aus dem Raum Eslohe ist in geringer<br />
Beobachtertätigkeit dort begründet.<br />
2006:<br />
Hinsichtlich der Anzahl der besetzten Reviere und der<br />
Revierpaare gibt es praktisch keine Änderungen gegenüber<br />
dem Vorjahr: Es wurden zur Brutzeit 40 besetzte<br />
Reviere gefunden. In den 40 Revieren wurden 31 Revierpaare<br />
nachgewiesen.<br />
Die Zahl der Bruten ging allerdings 2005 von 25 auf 18<br />
zurück, die Zahl der ausgeflogenen Jungen von 48 auf<br />
20. Es wurden 2005 noch 10 Bruten mit je 3 Junguhus<br />
gefunden, während es 2006 nur 3 Dreierbruten gab. 2006<br />
war ein schlechteres Mäusejahr als 2005. Zudem war<br />
das Wetter zu Anfang der Brutzeit 2006 eher ungünstig,<br />
so dass in zahlreichen Brutrevieren nicht gebrütet wurde.<br />
In den höheren Lagen des HSK wurde nur ein<br />
Junguhu flügge, und zwar bei Winterberg-Silbach.<br />
Eisvogel Foto: F. Sudendey<br />
2006:<br />
Es wurden nur 5 BP aus<br />
dem Westkreis bekannt und<br />
kein Gebiet mit Brutzeitbeobachtung<br />
vor dem<br />
Schlupf der ersten Brut. Die<br />
Verluste durch den langen<br />
Winter waren wohl enorm.<br />
Im Kreis Soest hat sich der<br />
Bestand gegenüber den Vorjahren<br />
2005 halbiert<br />
(Bunzel-Drüke).<br />
2006:<br />
Der Wendehals ist weiterhin als ausgestorben zu werten.<br />
Die Beobachtungen an zwei Plätzen aus dem Stadtgebiet<br />
Medebach fallen zwar in den Brutzeitraum, können<br />
aber nicht als solche gewertet werden, da mehrmalige<br />
Nachkontrollen erfolglos blieben.<br />
2006:<br />
Es wurden 2006 43 Reviere ermittelt. Eine Bestandstendenz<br />
ist nicht erkennbar. Es scheinen jedoch alle geeigneten<br />
Buchenwälder besiedelt. Demnach würde ein<br />
Rückgang der Buchenwälder die Population verringern.<br />
IRRGEISTER 2007 65
2005:<br />
Mit 58 Revieren 2005 wurde die Höchstzahl von 37<br />
Revieren im Vorjahr wieder übertroffen. Dies dokumentiert<br />
die auch weiterhin stattfindende starke Ausbreitung<br />
der Spechtart, die wohl auf wärmer werdendes Klima<br />
zurückzuführen ist.<br />
Reviere 2005:<br />
29 Reviere Stadt Arnsberg (2001: 11-12 Reviere; 2002:<br />
5; 2003: 11; 2004: 18)<br />
8 Reviere Stadt Meschede (2001 u. 2002: 3 Reviere;<br />
2003: 1; 2004: 6)<br />
6 Reviere Stadt Sundern (2001: 5 Reviere; 2002: 2;<br />
2003: 3; 2004: 5)<br />
9 Reviere Stadt Medebach (2001: 0 Nachweise; 2002:<br />
5; 2003: 6; 2004: 4)<br />
6 Reviere Städte Marsberg-Brilon (vor 2003 mehrere<br />
Jahre keine Nachweise;<br />
2003: 3 Reviere; 2004: 5)<br />
66 IRRGEISTER 2007<br />
Grünspecht (60 %, E. Neuß):<br />
Schwarzspecht (30 %; S. Kuhl):<br />
2005:<br />
Im gesamten HSK konnten 60 BP/ Reviere ermittelt werden.<br />
Kartierungslücken bestehen weiterhin in den Stadtbzw.<br />
Gemeindegebieten Eslohe, Hallenberg und<br />
Bestwig. Hier wurden keine Brutzeitbeobachtungen<br />
gemacht.<br />
Grauspecht (Daten auf der linken Seite)<br />
Foto: VNV-Archiv<br />
Mittelspecht (30 %; V. Falkenstein):<br />
2005:<br />
Aus 20 Gebieten wurden 29 Reviere sowie 10 Ex., zumeist<br />
Männchen, gemeldet – bis auf 1 Ex. ausschließlich<br />
aus dem Stadtgebiet Arnsberg und der Medebacher<br />
Bucht, da in anderen Regionen des HSK 2005 nicht gezielt<br />
nach Mittelspechten gesucht wurde. Der Schwerpunkt<br />
der Nachweise liegt mit 15 BP im Gebiet nördlich<br />
Arnsberg-Vosswinkel/ Wildwald.<br />
2005:<br />
Es wurden 41 Reviere aus dem gesamten HSK gemeldet<br />
(2000: 12 Reviere, 2001: 28, 2002: 21; 2003: 39;<br />
2004: 47). Dass seit Erfassungsbeginn im Jahr 2000 an<br />
insgesamt 97 verschiedenen Plätzen Kleinspechtreviere<br />
festgestellt wurden, zeigt, dass die Art im Sauerland viel<br />
weiter verbreitet ist.<br />
Kleinspecht (20 %; W. Wilkens):<br />
2006:<br />
Die Zahl der Reviere sank von 58 in 2005 auf 32 in<br />
2006. Dies lässt sich durch den langen und schneereichen<br />
Winter 2005/06 erklären; auch in den höheren<br />
Lagen des Sauerlandes, die in den Vorjahren neu<br />
besiedelt wurden, überlebten jedoch Grünspechte.<br />
Reviere 2006:<br />
14 Reviere Stadt Arnsberg<br />
4 Reviere Stadt Sundern<br />
4 Reviere Stadt Meschede<br />
5 Reviere Stadt Medebach-Hallenberg<br />
5 Reviere Städte Marsberg-Brilon<br />
2006:<br />
Die Art ist im HSK ein verbreiteter Brutvogel. Es wurden<br />
55 Reviere in 2006 gemeldet. Da aus vielen größeren<br />
Waldgebieten (z. B. Luerwald, Wälder zwischen<br />
Neuastenberg und Hallenberg, Briloner Stadtwald,<br />
„Siebenbuchen“ nördlich Marsberg-Meerhof, Waldreservat<br />
„Schanze“) keine Schwarzspechte gemeldet<br />
wurden, ist mit einem deutlich höheren Gesamtbestand<br />
zu rechnen.<br />
Allerdings besteht wegen der großen Aktionsräume der<br />
Art auch die Gefahr der Bestandsüberschätzung. Dies<br />
gilt möglicherweise <strong>für</strong> die Bereiche Padberger Schweiz<br />
bis Giershagener Wald, <strong>für</strong> das Hoppeketal sowie <strong>für</strong><br />
die Hellefelder Mark mit Spellenberg und Fusthof. Darum<br />
die Bitte an die Beobachter, bei Meldungen Flugrichtung<br />
und bekannte Höhlen/Höhlenzentren mitzumelden.<br />
2006:<br />
Aus 23 Gebieten wurden 26 Einzeltiere (zumeist Männchen)<br />
bzw. Paare gemeldet.<br />
2006:<br />
Für 2006 wurden 33 Rufer bzw. BP gemeldet.
2005:<br />
Die Kartierung des Raubwürger-Brutbestandes 2005<br />
brachte nur ein durchschnittliches Ergebnis mit 36 nachgewiesenen<br />
und möglichen Revieren und immerhin mindestens<br />
28 juv. Leider ließ die Kartierungsintensität in<br />
Teilen des HSK zu wünschen übrig.<br />
Wie in den Vorjahren deuten unsere Daten auf die Verlagerung<br />
oder den Wechsel von Revieren hin: Wieder<br />
sind 5 neue Reviere dazugekommen, so dass nun insgesamt<br />
111 Reviere seit 1995 nachgewiesen wurden.<br />
In den letzten sieben Jahren waren nur 6 Reviere durchgehend<br />
besetzt – in den letzten 11 Jahren sogar nur 3<br />
oder 4!<br />
Die Auswertung nach Städten/ Gemeinden ergibt <strong>für</strong><br />
2005 folgende „Hitliste“:<br />
1. Medebach 12 Reviere<br />
2. Brilon 10 Reviere<br />
3. Hallenberg 4 Reviere<br />
4. Meschede 3 Reviere<br />
5. Schmallenberg 2 Reviere<br />
6. Winterberg 2 Reviere<br />
7. Marsberg 1 Revier<br />
8. Bestwig 1 Revier<br />
9. Olsberg 1 Revier<br />
Winterhalbjahr 2004-05:<br />
Winterdaten liegen vor aus den Städten/ Gemeinden<br />
Marsberg, Brilon, Meschede, Olsberg, Medebach,<br />
Hallenberg und Schmallenberg. Insgesamt wurden 12<br />
sichere, 10 wahrscheinliche und 5 mögliche Winterreviere<br />
ermittelt. Außerdem liegen noch 23 Einzelbeobachtungen<br />
aus dem relevanten Zeitraum an anderen<br />
Plätzen vor.<br />
Insgesamt sind damit 50 Bereiche nachgewiesen, in denen<br />
der Raubwürger im Winter 2004/2005 aufgetreten<br />
ist. Es liegen weniger Daten vor als aus den Vorjahren,<br />
was an einem Rückgang der Verbreitung oder Aufenthaltsdauer<br />
im Winter liegen kann oder an der schwankenden<br />
Beobachtungsintensität.<br />
Raubwürger (60 %; F.-J. Stein):<br />
Raubwürger-Winterreviere (50 %; W. Schubert):<br />
2006:<br />
Mit einem Bestand von nur 32 möglichen, wahrscheinlichen<br />
und sicheren Revieren muss 2006 als ein schlechtes<br />
Raubwürgerjahr bezeichnet werden. Außerdem ist<br />
der hohe Anteil von 14 nur „möglichen Revieren“ zu<br />
berücksichtigen; besonders bedrohlich ist der geringe<br />
Anteil der Brutnachweise (3) und der damit verbundene<br />
sehr niedrige Wert von nur 7 nachgewiesenen Jungvögeln.<br />
Offensichtlich schritten viele anwesende Paare nicht zur<br />
Brut bzw. brüteten nicht erfolgreich. Von 3 Brutnachweisen<br />
war eine Brut nicht erfolgreich! Die 7 Jungvögel<br />
wurden alle im Raum Brilon von F. Duty nachgewiesen.<br />
Sonst wurden nirgendwo Jungvögel entdeckt.<br />
Positiv <strong>für</strong> den Raubwürger sind die durch Kyrill geschaffenen<br />
temporären Lebensräume zu sehen.<br />
2006 wurden wieder zwei neue Raubwürger-Reviere<br />
ermittelt; die Zahl der seit 1995 ermittelten Gebiete stieg<br />
damit auf 113. Die Bestandserhebungen deuten weiterhin<br />
vermehrt auf einen Wechsel bzw. die häufige Verlagerung<br />
der Brutgebiete hin.<br />
Die sich in den Vorjahren andeutende leichte Ausdehnung<br />
der Brutverbreitung in westliche Richtung ist schon<br />
wieder zusammengebrochen.<br />
Wie im Vorjahr werden alle Kartierer gebeten, zukünftig<br />
bei der Meldung der Daten einen Kartenausschnitt<br />
mit eingetragenem Beobachtungspunkt/ -punkten beizufügen.<br />
Raubwürger<br />
Foto: F. Sudendey<br />
Winterhalbjahr 2005-06:<br />
Winterdaten liegen vor aus den Städten Marsberg,<br />
Brilon, Meschede, Olsberg und Schmallenberg. Insgesamt<br />
wurden 12 sichere, 9 wahrscheinliche und 26 mögliche<br />
Winterreviere ermittelt. Außerdem liegen noch 5<br />
Einzelbeobachtungen aus dem relevanten Zeitraum von<br />
anderen Plätzen vor. Insgesamt sind damit 52 Bereiche<br />
bekannt, in denen der Raubwürger im Winter 2005/2006<br />
aufgetreten ist. Für die o.g. Kommunen liegen weniger<br />
Daten vor als aus den Vorjahren, was an einem Rückgang<br />
der Verbreitung oder der kürzeren Aufenthaltsdauer<br />
im Winter durch lange Schneelagen oder an der schwankenden<br />
Beobachtungsintensität liegen kann.<br />
IRRGEISTER 2007 67
2005:<br />
Der Bestandstrend der Dohle verläuft im HSK weiter<br />
positiv. Insgesamt 65 – 73 BP wurden ermittelt. Die<br />
meisten (48 – 55 verteilen sich auf 6 Gebiete bzw. Plätze<br />
an Gebäuden; 2 – 4 Baumbruten wurden daneben<br />
nachgewiesen sowie 15 – 20 BP in Felsnischen in einem<br />
Steinbruch (bis auf 3 m an einem Uhubrutplatz).<br />
68 IRRGEISTER 2007<br />
Dohle (80 %; R. Götte):<br />
Kolkrabe (30 %; W. Schubert):<br />
2005:<br />
Der Kolkrabe kann über das gesamte Jahr im HSK beobachtet<br />
werden. Auch wenn nicht das gesamte Kreisgebiet<br />
durch Beobachter gleichmäßig abgedeckt werden<br />
kann, so darf wohl behauptet werden, dass der Kreis<br />
vollständig besiedelt ist. Eine Steigerung der Brutpaarzahl<br />
ist sicherlich zu erwarten. Bei wohl ähnlich intensiver<br />
Kartiertätigkeit wie im letzten Jahr ergab sich eine<br />
in etwa vergleichbare Anzahl von 6 Brutpaaren und 9<br />
weiteren Revieren <strong>für</strong> das Jahr 2005.<br />
Heidelerche (70 %; B. Gräf):<br />
2006:<br />
57-59 BP wurden von Gebäuden gemeldet, davon allein<br />
35 aus Brilon. In der Medebacher Bucht entwickelt<br />
sich die in Wäldern baumbrütende Population weiter:<br />
4-7 Baumbruten in Schwarzspechthöhlen wurden bekannt.<br />
Die Steinbruchpopulation bei Brilon bestand aus<br />
ca. 10 BP. Dies ergibt einen aktuellen Bestand von ca.<br />
71-74 BP.<br />
Gegenüber 2005 gibt es folgende Veränderungen: In<br />
Arnsberg-Vosswinkel gibt es einen neuen Brutplatz mit<br />
2 BP. Bei den Felsbruten gibt es einen deutlichen Rückgang,<br />
evtl. wegen des Uhus als Beutegreifer, wobei allerdings<br />
bei Rupfungskontrollen keine Dohlenreste<br />
nachgewiesen wurden. In der Stadt Sundern gibt es<br />
Brutzeitbeobachtungen einzelner Ex., 0 – 2 Bruten haben<br />
hier stattgefunden.<br />
2006:<br />
Gegenüber 2005 gibt es keine signifikanten Veränderungen.<br />
Wie im letzten Jahr wurden 6 Brutpaare und 9<br />
weitere Reviere ermittelt.<br />
Nachtrag: 2004 gab es in der Medebacher Bucht 5 Gebiete mit insgesamt 9-11 Revieren, in weiteren 6 Revieren<br />
verliefen Kontrollen zur Brutzeit negativ. Im Stadtgebiet Arnsberg gab es an 2 verschiedenen Plätzen jeweils 1<br />
mögliche Brut.
2005:<br />
In der Medebacher Bucht wurden 9-12 Reviere der Heidelerche<br />
in 6 verschiedenen Gebieten ermittelt, dabei<br />
konnte 1 Brutnachweis erbracht werden. Im Stadtgebiet<br />
Arnsberg verliefen die Kontrollen in den 3 ehemaligen<br />
Brutgebieten negativ.<br />
2005:<br />
Mit insgesamt 154 BP war 2005 ein schwaches<br />
Uferschwalbenjahr, das dritte im HSK in Folge.<br />
Die größte Kolonie des Sauerlandes an der Ruhr bei<br />
Arnsberg-Bachum konnte zwar ihren Brutbestand gegenüber<br />
2004 mehr als verdoppeln. Die Ruhr-Kolonie<br />
an der Kreisgrenze bei Arnsberg-Vosswinkel wurde 2005<br />
jedoch praktisch aufgegeben. Eine große, durch Hochwasser<br />
direkt vor den Koloniebereich geschwemmte<br />
Weide und starker Freizeitdruck dürften die Hauptgründe<br />
<strong>für</strong> diese Kolonieaufgabe sein.<br />
Die 5 besiedelten Plätze im Überblick:<br />
Kolonie Ruhr-Lehmsteilwand bei Arnsberg-Bachum:<br />
148 beflogene Röhren (2000: 549-650 BP, 2001: 272<br />
BP, 2002: 234 BP; 2003: 120 BP; 2004: 60 BP)<br />
Kolonie Ruhr Arnsberg-Vosswinkel an der Kreisgrenze<br />
(s. o.):<br />
evtl. 2-3 beflogene Röhren (2000: 57 BP, 2001 und<br />
2002: je 28 BP; 2003: 31 BP; 2004: 61-63 BP)<br />
Kolonie Bieberbach bei Arnsberg-Holzen/ Bremke:<br />
3 beflogene Röhren (2000: 11 BP, 2001 und 2002: je<br />
ca. 10 BP; 2003: 1 BP; 2004: 6-8 BP)<br />
Kolonie Arnsberg-Bruchhausen, Firmengelände<br />
Degussa/ Perstop:<br />
3 Brutpaare (2000: 3-4 BP, 2001: ca. 5 BP, 2002: 7<br />
BP; 2003: 1 BP; 2004: 4-5 BP)<br />
Ruhr Arnsberg-Hüsten:<br />
1 beflogene Röhre<br />
Fortsetzung Heidelerche<br />
Uferschwalbe (90 %; B. Koch):<br />
2006:<br />
In der Medebacher Bucht gab es 8 Reviere, damit etablierte<br />
sich die Art dort auf dem hohen Niveau von 2003/<br />
04. Im Raum Arnsberg konnten wie schon im Vorjahr<br />
keine Bruthinweise von der Heidelerche mehr erbracht<br />
werden.<br />
2006:<br />
Mit insgesamt 79-82 BP war 2006 das schwächste<br />
Uferschwalbenjahr seit Beginn der Gesamterfassung im<br />
Sauerland. Geradezu zusammengebrochen ist der Brutbestand<br />
an der Kolonie bei Arnsberg-Bachum (natürliche<br />
Ufersteilwand). Ein nach wie vor hoher Freizeitdruck,<br />
der auch behördlicherseits nicht verfolgt wird,<br />
sowie fehlende Hochwässer, die die Steilwände von<br />
Abbruchmaterial befreien würden, sind <strong>für</strong> den starken<br />
Bestandsrückgang am genannten Platz verantwortlich.<br />
Zudem gelingt es dort immer mehr Raubsäugern, über<br />
abgelagertes Abbruchmaterial Höhlen zu erreichen und<br />
die Brut auszugraben.<br />
Die besiedelten Plätze im Überblick:<br />
Kolonie Ruhr-Lehmsteilwand bei Arnsberg-Bachum:<br />
70 beflogene Röhren<br />
Kolonie Ruhr Arnsberg-Vosswinkel an der Kreisgrenze:<br />
5-7 beflogene Röhren<br />
Kolonie Bieberbach bei Arnsberg-Holzen/ Bremke:<br />
1-2 beflogene Röhren<br />
Kolonie Arnsberg-Bruchhausen, Firmengelände<br />
Degussa/ Perstop:<br />
3 Brutpaare<br />
Ruhr Arnsberg-Hüsten:<br />
Kein Nachweis<br />
IRRGEISTER 2007 69
2005:<br />
24 singende Feldschwirle aus den Städten Arnsberg (4<br />
Reviere), Sundern (1), Meschede (4), Olsberg (4) Winterberg<br />
(3), Hallenberg (3), Brilon (3) und Marsberg (2)<br />
wurden gemeldet. Aussagen über kreisweite Bestandtrends<br />
lassen die wenigen Daten noch nicht zu.<br />
Schlagschwirl (? %; H. König):<br />
Auch 2005 und 2006 gab es<br />
keine Nachweise der Art.<br />
70 IRRGEISTER 2007<br />
Feldschwirl (20 %; F. Schnurbus):<br />
Feldschwirl<br />
Foto: M. Schmitz<br />
Ringdrossel (80 %; B. Koch):<br />
2005 und 2006:<br />
Seit 2003 wurde die Ringdrossel nun das dritte Jahr in Folge vergeblich an ihrem alten Brutplatz bei Winterberg-<br />
Altastenberg gesucht. Damit bleibt die kleine, wenige Jahre existierende sauerländische Brutpopulation erloschen.<br />
2006 fanden keine Kontrollen mehr statt.<br />
2005:<br />
Es wurden 63 Reviere des seltenen Feuchtwiesenvogels<br />
im HSK ermittelt (2000: 54, 2001: 61, 2002: 57; 2003:<br />
50; 2004: 61). Damit bleibt der Gesamtbestand seit einigen<br />
Jahren stabil. Im dem Medebacher Raum angrenzenden<br />
Hessen gelangen 6 Reviernachweise (2000: 11,<br />
2001: 12, 2002 16; 2003: 15; 2004: 9).<br />
Diese ähnlichen Zahlen gegenüber den letzten Jahren<br />
dürfen aber nicht darüber hinweg täuschen, dass es außer<br />
in den Stadtgebieten Medebach (11 Reviere in 6 Gebieten)<br />
und Hallenberg (46 Reviere in lediglich einem<br />
(!) Gebiet, den Nuhnewiesen) nur noch in einem Gebiet<br />
der Stadt Winterberg (4 Reviere) und zwei Gebieten der<br />
Stadt Brilon (je 1 Revier) Brutvorkommen gibt. Somit<br />
ist die Zukunft des Braunkehlchens im Sauerland längst<br />
nicht gesichert.<br />
Braunkehlchen (98 %; F. Schnurbus):<br />
Schwarzkehlchen (90 % Medebacher Bucht, übriger HSK 50 %; F. Schnurbus):<br />
2005:<br />
Es gelangen 2 Revierfeststellungen sowie ein Brutnachweis:<br />
1 Revier NSG „Hemmeker Bruch“, Brilon-Madfeld:<br />
wohl erfolglose Brut<br />
1 Revier NSG „Neuer Hagen“, Winterberg-Niedersfeld<br />
1 Brutnachweis Ruhrbogen/Bahnhof Arnsberg-<br />
Vosswinkel<br />
2006:<br />
Mit 8 Revieren und 5 einmalig verhörten Männchen zur<br />
Brutzeit war 2006 wohl ein schlechtes Jahr <strong>für</strong> den<br />
Feldschwirl.<br />
2006:<br />
Es wurden 53 Reviere des Braunkehlchens festgestellt.<br />
Es scheint einen leichten Rückgang gegenüber den beiden<br />
Vorjahren gegeben zu haben. Dabei kann die Zahl<br />
in den Nuhnewiesen – hier 40 BP, aber aus Zeitdruck<br />
wurde nicht so intensiv wie in den Vorjahren kartiert –<br />
noch um bis zu 5 BP höher oder niedriger liegen; alle<br />
anderen Flächen wurden sehr genau kartiert, die fehlenden<br />
Nachweise sind abgesichert. Für ein Gebiet lässt<br />
sich ein möglicher Grund <strong>für</strong> einen Rückgang anführen:<br />
Ein wertvoller Biotop („Wache“, hier 2003 1 BP<br />
und 2004 3 BP) wurde zerstört.<br />
Im dem Medebacher Raum angrenzenden Hessen gelangen<br />
3-4 Reviernachweise.<br />
2006:<br />
Es gab 2006 keine Schwarzkehlchenmeldungen aus der<br />
Brutzeit.
2005:<br />
Mit 19 gemeldeten BP bzw. Revieren konnte das relativ<br />
gute Vorjahresergebnis (15 Reviere/BP) übertroffen<br />
werden. Ob dies die Folge erhöhter<br />
Beobachteraktivität oder einer tatsächlichen Zunahme<br />
der Art ist, werden die kommenden Jahre zeigen.<br />
Immer noch gibt es seit mehreren Jahren keinen<br />
Nachweis der Art aus den großen Waldgebieten des<br />
HSK.<br />
2005:<br />
Die Art wurde noch nicht kreisweit kartiert.<br />
Gartenrotschwanz (10 %; E. Neuß):<br />
2005:<br />
Gegenüber den Vorjahren lassen die nach wie vor großen<br />
Kartierungslücken kreisweit gesehen keine signifikanten<br />
Änderungen erkennen. 106 – 114 Reviere/ BP<br />
wurden HSK-weit gemeldet.<br />
Baumpieper (? %; S. Kuhl)<br />
Wiesenpieper (50 % Medebacher Bucht; H. Legge):<br />
Wiesenpieper Foto: M. Schmitz<br />
2006:<br />
Nachdem 15 Reviere und 4 Gebiete mit Brutzeitbeobachtung<br />
<strong>für</strong> 2005 bekannt wurden, wurde mit 9 BP/<br />
Revieren 2006 ein neuer Tiefpunkt erreicht.<br />
Die Nachweise verteilen sich wie folgt:<br />
Stadt Arnsberg: 1 BP mit Bruterfolg<br />
Stadt Meschede: 1 BP und 1 Revier<br />
Stadt Brilon: 2 BP mit juv. und<br />
1 Revier<br />
Stadt Winterberg: 2 Reviere<br />
Stadt Schmallenberg: 1 Revier in Bödefeld<br />
2006:<br />
Das erste Jahr der Erfassung erbrachte 97-101 Reviere,<br />
verstreut über das gesamte Kreisgebiet. Keine Meldungen<br />
kamen aus den Stadtgebieten Schmallenberg und<br />
Olsberg. Hervorzuheben sind zwei größere Vorkommen<br />
mit 17 Revieren (Kahlschlag Vogelsang, Meschede-<br />
Schederberge) und 15-18 Reviere in einem Teilgebiet<br />
des NSG „Neuer Hagen“. Alle anderen Vorkommen<br />
bestehen aus 1-5 Revieren, wobei in 24 von insgesamt<br />
41 Gebieten nur 1 Revier besteht.<br />
2006:<br />
92-94 Reviere des Wiesenpiepers wurden gemeldet. Der<br />
Rückgang gegenüber den Vorjahren kann kartierungsbedingt<br />
sein.<br />
IRRGEISTER 2007 71
2005:<br />
Wieder konnten, wie bereits seit 2003, in der Feldflur<br />
Marsberg-Meerhof Bruten nachgewiesen werden. Der<br />
Brutbestand erhöhte sich 2005 auf mind. 5 BP.<br />
Ein Brutpaar brütete innerhalb des Windparks; ein fertiges<br />
Nest wurde am Wegrand innerhalb der Grasbankette<br />
gefunden. Die übrigen 4 BP besiedelten die<br />
Feldflur südlich von Meerhof: 2 Brutplätze befanden<br />
sich an den gleichen Stellen wie in den letzten 2 Jahren.<br />
Die beiden restlichen Paare siedelten sich in deren Nähe<br />
an.<br />
2005:<br />
Keine Nachweise der Art.<br />
72 IRRGEISTER 2007<br />
Wiesenschafstelze (90 %; B. Koch):<br />
Wiesenschafstelze Foto: M. Schmitz<br />
Karmingimpel (? %; B. Koch)<br />
Grauammer (100 %; B. Koch):<br />
Seit einschließlich 1998 im HSK ausgestorben.<br />
2006:<br />
Der Brutbestand in der Feldflur um Marsberg-Meerhof<br />
stieg 2006 auf mindestens 14 Brutpaare. Weitere 4 Paare<br />
siedelten sich in der Feldflur nordöstlich M.-Essentho<br />
an. Insgesamt brüteten 2006 also mindestens 18 Wiesenschafstelzen<br />
im Bereich Meerhof-Essentho. Alle Brutplätze<br />
befanden sich in Rapsfeldern. In 4 Fällen konnten<br />
auch echte Brutnachweise durch fütternde Altvögel<br />
erbracht werden.<br />
Im HSK ist die Art, die sich erst 2003 neu ansiedelte,<br />
als Brutvogel auf dieses Gebiet beschränkt; bemerkenswert<br />
ist der steile Bestandsanstieg seitdem.<br />
2006:<br />
Am 02. und 03.07.2006 sang ein Männchen in den<br />
Nuhnewiesen bei Hallenberg. Ob es sich um ein ausgefärbtes<br />
Ex. handelte, ist nicht bekannt. Dieser Nachweis<br />
ist der einzige und erste seit Jahren.
2005:<br />
Die Kartierung 2005 erbrachte 6 Reviere in vier verschiedenen<br />
Steinbrüchen. In diesem Jahr konnte die<br />
erstmalige Besiedlung eines Steinbruchs im Diemeltal<br />
nachgewiesen werden. Die Zippammer brütet jetzt seit<br />
nunmehr 15 Jahren ununterbrochen im HSK und kann<br />
damit wohl als festes Faunenelement dieses <strong>Natur</strong>raumes<br />
angesehen werden.<br />
2005:<br />
Von der Rohrammer wurden 13 Brutplätze mit 27 – 28<br />
BP bzw. singenden Männchen gemeldet (2000: 20 BP<br />
bei 14 Brutplätzen, 2001: 20 Brutpaare bzw. Reviere bei<br />
13 Brutplätzen, 2002 19 BP bei 11 Brutplätzen; 20-22<br />
BP bei 12 Brutplätzen; 2004 19 BP bei 12 Brutplätzen).<br />
Erfreulich ist der gute Bestand in der Medebacher<br />
Bucht (8 BP) und an den Westheimer Teichen (6-7 BP).<br />
Dem gegenüber steht der geringe Bestand der Art im<br />
Ruhrtal unterhalb Arnsberg-Neheim; der Brutplatz<br />
„Schlammteiche bei Brilon“ ist wegen Baggerarbeiten<br />
wohl verloren.<br />
Brutpaare / Brutpläte<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
24<br />
14<br />
Zippammer (90 %; F.-J. Stein):<br />
Rohrammer (80 %; B. Koch):<br />
2006:<br />
Das Berichtsjahr 2006 kann man nüchtern als sehr erfolgreich<br />
oder etwas euphorisch auch als sensationell<br />
bezeichnen. Es wurde die Neubesiedlung bzw. der<br />
Erstnachweis der Besiedlung eines sechsten Steinbruches<br />
dokumentiert. Außerdem wurden zwei Reviere in<br />
einem Steinbruch nachgewiesen, in dem zuletzt 1996<br />
ein Revier bekannt wurde!<br />
Im Steinbruch I, dem Ausgangspunkt der Besiedlung,<br />
wurden auch im Jahr 2006 die meisten Reviere (3), gefunden.<br />
In zwei weiteren Steinbrüchen wurden jeweils<br />
2 Reviere festgestellt. Insgesamt gelangen 2 Brutnachweise<br />
mit jeweils mindestens einem Jungvogel.<br />
Mindestens drei weitere Steinbrüche wurden vergeblich<br />
kontrolliert, teilweise mehrfach.<br />
2006:<br />
14 Brutplätze mit 27 BP bzw. singenden Männchen wurden<br />
gemeldet. 3 dieser Brutplätze sind neu; da<strong>für</strong> gibt<br />
es immer weniger Rohrammervorkommen im unteren<br />
Ruhrtal. Insgesamt ist aber – bezogen auf den gesamten<br />
HSK - die Anzahl der bekannten Gebiete mit Rohrammer-Brutvorkommen<br />
seit Erfassungsbeginn 1995 stabil;<br />
die Anzahl der Brutpaare liegt in 2005 und 2006 sogar<br />
noch etwas über der in den Vorjahren.<br />
Zusammengestellt von Harald Legge<br />
Rohrammer - Brutbestandsentwicklung im HSK<br />
26<br />
23<br />
17 17<br />
19<br />
20 20 20<br />
14 14 14<br />
13<br />
19<br />
22<br />
19<br />
11 12 12<br />
29<br />
27<br />
14 14<br />
95 96 97 98 99 00 01 02 03 04 05 06<br />
Jahr<br />
IRRGEISTER 2007 73
Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen -<br />
Rheinwald, Goetz & Michael Schmitz: Vögel zwischen Rhein und Weser - So wird Vogelbeobachtung<br />
zum Erlebnis. Ginster-Verlag 2007, St. Katharinen. ISBN: 978-3-9806817-3-5. 344 S., zahlreiche<br />
Farbfotos und Abb. Preis: 24 Euro. Bezug: über den Buchhandel oder direkt beim Ginster-Verlag,<br />
Schönblick 10, 53562 St. Katharinen, E-mail: goetz.rheinwald@t-online.de, www.ginster-verlag.de<br />
Besonders auffällige und<br />
überall gegenwärtige Bewohner<br />
unserer Umgebung<br />
sind die Vögel, auf die<br />
<strong>Natur</strong>interessierte darum<br />
schnell aufmerksam werden.<br />
Aber vielen Leuten fehlt das<br />
nötige Fachwissen, sie lassen<br />
sich daher von wissenschaftlich<br />
ausgelegten<br />
Vogelbüchern oft abschrekken<br />
bzw. verlieren darin<br />
schnell die Übersicht. Darum<br />
haben zwei versierte Ornithologen<br />
– Michael<br />
Schmitz ist übrigens langjähriges<br />
VNV-Mitglied – ein<br />
populärwissenschaftliches<br />
Buch geschrieben, das sich<br />
an einen breiten Leserkreis<br />
ohne besondere Vorkenntnisse<br />
in der Vogelkunde richtet. Es<br />
ist leicht lesbar, vermeidet Fachausdrücke<br />
und ist dennoch mit vielen,<br />
auch den Laien interessierenden Informationen<br />
versehen. Aber auch<br />
jeder erfahrene Ornithologe findet<br />
darin viel Interessantes und sicher<br />
auch <strong>für</strong> ihn Neues über einzelne<br />
Arten.<br />
Das Schöne an diesem Werk: Es<br />
richtet sich an <strong>Natur</strong>interessierte<br />
speziell in Nordrhein-Westfalen.<br />
Nach einer Einführung zur Benutzung<br />
des Buches wird die Nordrhein-WestfälischeOrnithologengesellschaft,<br />
die Herausgeberin des<br />
Buches, mit ihren Aufgaben und Zielen<br />
vorgestellt. Ein kurzer Abriss<br />
über die Landschaft Nordrhein-<br />
Westfalens als Vogellebensraum<br />
schließt sich an. Auch auf allgemeine<br />
Beobachtungshinweise gehen die<br />
Autoren ein sowie auf das „Handwerkszeug“<br />
zur Vogelbeobachtung<br />
(Welches Fernglas ist geeignet?<br />
Welches Bestimmungsbuch? ...).<br />
74 IRRGEISTER 2007<br />
Danach werden 21 besonders gute<br />
Vogelbeobachtungsgebiete in unserem<br />
Bundesland beschrieben. Dabei<br />
werden übersichtlich alle notwendigen<br />
Informationen gegeben, um in<br />
diesen Gebieten die typischen Vögel<br />
beobachten zu können – von der<br />
Reisezeit über günstige Wege einschließlich<br />
Kartenskizze bis hin zu<br />
Adressen <strong>für</strong> weitere Infos – natürlich<br />
ohne die <strong>Natur</strong> zu stören oder<br />
zu beeinträchtigen. Mit den<br />
Nuhnewiesen bei Hallenberg ist<br />
auch der HSK in diesem Kapitel<br />
vertreten.<br />
Den Hauptteil des Buches bilden die<br />
Artkapitel. Dabei werden nur die<br />
120 der insgesamt knapp 400 in<br />
NRW nachgewiesenen Vogelarten<br />
beschrieben, die mit einiger Wahrscheinlichkeit<br />
auch von Anfängern<br />
gesehen werden können.<br />
Die Arten sind nach den vier Lebensräumen<br />
Siedlung, Flur, Wald und<br />
Gewässer geordnet und innerhalb<br />
dieser Lebensräume nach der Chan-<br />
ce, sie zu entdecken. Um einen<br />
zuvor beobachteten Vogel<br />
zu finden, schaut der<br />
Leser unter dem Lebensraum<br />
nach, wo er den Vogel<br />
beobachtet hat. Nach dem<br />
Durchsehen der Abbildungen<br />
wird er auf ein oder<br />
mehrere Arten kommen, die<br />
seiner Beobachtung entsprechen.<br />
Die jeweils gleich gegliederten<br />
Texte helfen<br />
dann, die Beobachtung einzuordnen.<br />
Dabei kann dieses<br />
Buch natürlich kein<br />
Bestimmungsbuch ersetzen;<br />
es sagt einem jedoch andererseits<br />
viel mehr über die<br />
Vögel, als es ein<br />
Bestimmungsbuch könnte.<br />
Mit Angaben über die Häufigkeit<br />
in NRW, die Zeiten<br />
des Vorkommens, den Lebensraum<br />
und vielen mehr kann der Leser beurteilen,<br />
ob es sich bei der eigenen<br />
Beobachtung um eine der eingegrenzten<br />
Arten handelt. Darüber hinaus<br />
wird auf ähnliche Arten hingewiesen,<br />
und der Leser erfährt viel Interessantes<br />
über seinen zuvor beobachteten<br />
Vogel, u.a. den Namen der<br />
Art in regionalen Dialekten.<br />
Die Artenliste der Vögel Nordrhein-<br />
Westfalens sowie Literaturangaben<br />
und Lesetipps schließen das Buch<br />
ab.<br />
Fazit: Für alle in NRW, die sich <strong>für</strong><br />
<strong>Natur</strong> und speziell <strong>für</strong> Vögel interessieren,<br />
bietet dieses Werk eine<br />
Fülle an Informationen, die es ermöglichen,<br />
die eigenen Beobachtungen<br />
einzuordnen und die Vögel unseres<br />
Bundeslandes näher kennenzulernen.<br />
Durch die ausgezeichnete<br />
Bebilderung ist es gleichzeitig schön<br />
anzusehen.<br />
Harald Legge
- Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen -<br />
Abtei Fulda (2004): Kompost – Gold im Biogarten. 18,4 x<br />
12,4 cm, 93 S., 7 SW-Abb., ISBN 3-924201-38-2, 5 Euro.<br />
Obwohl ich mich persönlich seit<br />
1982 im Biogarten mit der Kompostierung<br />
von Haus- und Gartenabfällen<br />
beschäftige, lerne ich immer<br />
noch dazu. Das vorliegende Buch,<br />
bereits in der 5. Auflage, bringt einem<br />
die 40jährige Praxis der Kompostierung<br />
in der Abtei Fulda nahe.<br />
Auch neuere Erkenntnisse werden<br />
im Buch behandelt. Kompost ist<br />
nicht gleich Kompost: Der Leser erfährt<br />
die Herstellung von zehn<br />
Spezialkomposten aus Holzschnitt,<br />
Laub, Moos, Gras usw. Einziges<br />
Walz, Jochen (2005): Rot- und Schwarzmilan – Flexible Jäger mit Hang zur Geselligkeit. 150 S.,<br />
30 Farb-, 22 sw-Abbildungen, 14,7 x 23 cm, Aula-Verlag, Wiebelsheim, ISBN 3-89104-644-8,<br />
19,90 Euro<br />
Schön, mal wieder ein Buch aus<br />
Deutschland, dem Hauptverbreitungsgebiet<br />
des Rotmilans, in<br />
den Händen halten zu können. Jochen<br />
Walz ist der Autor und stammt<br />
aus Baden-Württemberg. Er versucht<br />
mit dieser Veröffentlichung,<br />
die beiden Milanarten gemeinsam<br />
abzuhandeln, was Sinn macht, da<br />
beide Arten in Deutschland oftmals<br />
gemeinsam auftreten.<br />
Das Buch ist vom Aufbau und Layout<br />
sehr gut gemacht. Es werden alle<br />
wichtigen Arbeiten rund um die<br />
Milanarten zitiert und dient somit<br />
auch als Quellenangabe <strong>für</strong> weiter<br />
Interessierte.<br />
Zwei Dinge sind jedoch kritisch anzumerken.<br />
Zum einen schreibt der<br />
Autor „wie ihm der Schnabel gewachsen<br />
ist“ und viele Aussagen<br />
werden wiederholt.<br />
Manko des Buches ist die Nichtbehandlung<br />
der heute häufig, auch<br />
von mir selbst, verwandten Kompost-Silos<br />
aus Kunststoff. Trotzdem<br />
wird jeder Gartenfreund im Buch<br />
umsetzbare Tipps finden.<br />
Die 5 Euro dürften <strong>für</strong> jeden Selbst-<br />
Kompostierer gut angelegt sein.<br />
Martin Lindner<br />
Zum anderen ist die Grundlage, das<br />
Erkennen einzelner Individuen z.B.<br />
anhand der Flügelhaltung oder markante<br />
Lücken in den Flügeln, zumindest<br />
fragwürdig: Hier muss die Frage<br />
erlaubt sein, ob dies wirklich<br />
möglich ist. Wer einmal 10 oder<br />
mehr Milane über einer Mülldeponie<br />
hat kreisen sehen, weiß, wie<br />
schwer es ist, die einzelnen Exemplare<br />
von einander zu unterscheiden.<br />
Für alle, die einen ersten Überblick<br />
über die beiden Greifvogelarten erhalten<br />
möchten, ist das Buch kaufenswert,<br />
auch aufgrund der tollen<br />
Milanbilder. Dem erfahrenen Ornithologen<br />
seien aber besser die Artmonographien<br />
„Der Rotmilan“ von<br />
Rudolf Ortlieb sowie das englischsprachige<br />
„The Red Kite“ von Ian<br />
Carter ans Herz gelegt.<br />
Jens Brune<br />
IRRGEISTER 2007 75
Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen -<br />
Georg Mieders: Flora des nördlichen Sauerlandes<br />
Mit dem Erscheinen dieses Werkes<br />
liegt eine umfassende Darstellung<br />
der Flora des nördlichen Sauerlandes<br />
und mithin des nordwestlichen<br />
Teiles des Hochsauerlandkreises vor.<br />
Gemeinsam mit dem Autor freuen<br />
sich viele seiner Mitstreiter und<br />
Freunde über dieses überaus gelungene<br />
und lang erwünschte Kompendium,<br />
werden hier doch über 40 Jahre<br />
intensive floristische Kartierung<br />
sichtbar. Mit viel Fleiß, Geduld und<br />
Hingabe wurden die Fundorte der<br />
wildwachsenden Pflanzenarten in<br />
der Region aufgespürt und dokumentiert<br />
– bei über 1500<br />
Pflanzenarten <strong>für</strong>wahr eine Lebensaufgabe.<br />
Auf diesem Weg<br />
hat die spezielle Gabe von Georg<br />
Mieders, Weggefährten <strong>für</strong><br />
das Projekt zu begeistern sowie<br />
seine offene, kommunikative<br />
Arbeitsweise einen regen Gedankenaustausch<br />
bewirkt und<br />
zu einer hohen Informationsdichte<br />
geführt.<br />
Das Florenwerk ist geradlinig<br />
und klar strukturiert und spiegelt<br />
damit einige der besonderen<br />
Befähigungen des Autors<br />
wieder. In einem einleitenden<br />
Teil werden Basisinformationen<br />
zum Untersuchungsgebiet<br />
und seiner floristischen Erforschung<br />
vorangestellt. Der naturgemäß<br />
überwiegende Teil<br />
der Flora wird von einer detaillierten<br />
Pflanzenliste gefüllt, welche<br />
Angaben zur Häufigkeit, zur Verbreitung,<br />
zu den Fundorten als auch<br />
zur Ökologie der aufgeführten<br />
Pflanzenarten bereithält. Hier sind<br />
nicht nur zahlreiche historische Angaben<br />
eingebunden, sondern selbst<br />
noch hochaktuelle Fundmeldungen<br />
berücksichtigt, wie beispielsweise<br />
vom Mittleren Rainfarn, den wir<br />
noch kurz vor Redaktionsschluss bei<br />
schönsten Spätsommer(-wetter) im<br />
Oktober 2005 aufspürten. Den nachfolgenden<br />
Bildteil halte ich <strong>für</strong> besonders<br />
gelungen, geben doch die<br />
76 IRRGEISTER 2007<br />
Pflanzen der Landschaft ihr unverwechselbares<br />
Gesicht und sind zugleich<br />
Ausdruck von jahrhundertelangem<br />
menschlichen Wirken. In einer<br />
so reichhaltigen und zudem<br />
klimageographisch interessanten<br />
Region wie der Schnittstelle vom<br />
Sauerland zur Hellwegbörde bringen<br />
erst die Abbildungen der ganz unterschiedlichen<br />
Lebensräume und<br />
der sie auszeichnenden Pflanzenarten<br />
eine tiefere (visuelle) Erfahrbarkeit<br />
und ein erstes Verstehen<br />
der Landschaft.<br />
Das Werk ist nicht nur <strong>für</strong> den ausschließlich<br />
floristisch ausgerichteten<br />
Leser von unschätzbaren Wert, sondern<br />
zugleich <strong>für</strong> all diejenigen, die<br />
sich <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong>, ihre Schönheit,<br />
aber auch <strong>für</strong> ihre mannigfaltigen<br />
Gefährdungen und ihren Schutz interessieren.<br />
Die Flora und ihr andauernder<br />
Wandel dokumentieren zugleich<br />
Veränderungen unserer Umwelt-<br />
und Lebensqualität, gilt die<br />
Flora doch seit jeher als Grundlage<br />
aller rezenten und potentiellen Lebensformen<br />
und -gemeinschaften.<br />
Nicht wenige Pflanzenarten sind<br />
aufgrund der fortschreitenden Intensivierung<br />
der Landnutzung und der<br />
damit einhergehenden Uniformierung<br />
der Landschaft, aber auch infolge<br />
der Verbrachung nach Aufgabe<br />
traditioneller Nutzungsformen inzwischen<br />
rar geworden oder gänzlich<br />
verschwunden. Andererseits finden<br />
sich immer wieder Pflanzenarten<br />
neu ein, wie etwa in jüngerer<br />
und jüngster Zeit einige Autobahnwanderer<br />
oder Eisenbahnbegleiter.<br />
Gerade in Zeiten, in denen die<br />
Begehrlichkeiten an die <strong>Natur</strong><br />
wieder zügellos steigen und der<br />
Erfolg des politischen Handelns<br />
in Parametern wie dem<br />
Geschäftsklima-Index etc. gemessen<br />
wird, kann ein gewichtiges<br />
Werk wie die vorliegende<br />
Flora zu einen verantwortungsvollen<br />
Umgang mit unserer<br />
Umwelt, ihren Lebensräumen<br />
und nicht zuletzt ihrer<br />
Pflanzenwelt anhalten.<br />
Fakten:<br />
1545 Pflanzenarten aus der Region<br />
zwischen dem Südsauerländischen<br />
Bergland und<br />
dem Haarstrang sind aufgelistet.<br />
26 Verbreitungskarten von Arten,<br />
deren Verbreitungsgrenze<br />
die heimische Region durchziehen<br />
oder die im Gebiet eine Höhengrenze<br />
aufweisen, illustrieren das<br />
weitgefächerte Pflanzenspektrum.<br />
170 Farbfotos dokumentieren die<br />
Schönheiten des nördlichen Sauerlandes.<br />
Die Flora umfasst 608 Seiten, ist mit<br />
der Ausgabe Nr. 30 des „Sauerländischen<br />
<strong>Natur</strong>beobachters“ erschienen<br />
und <strong>für</strong> 19,90 Euro im Buchhandel erhältlich<br />
(ISBN 3-89053-104-0)<br />
Dr. Hans Jürgen Geyer
Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen -<br />
Mebs, Theodor & Daniel Schmidt (2006): Die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens.<br />
20x27,5 cm, 496 Seiten, 389 Farbfotos, 346 Farb- und 46 s/w-Zeichnungen.<br />
ISBN 3-440-09585-1. 49,90 ˛.<br />
Beim Durchblättern dieses Buches<br />
fällt sofort die luxuriöse<br />
Ausstattung mit Farbfotos und<br />
Farbzeichnungen auf, die bisher<br />
in keinem deutschen Greifvogelbuch<br />
dieser Art zu finden ist.<br />
Ebenso herausragend neben der<br />
Bildauswahl sind das übersichtliche<br />
Layout und die gut Lesbarkeit<br />
der Texte. Die hier präsentierten<br />
Bestandzahlen <strong>für</strong><br />
Deutschland und das gesamte<br />
andere Bearbeitungsgebiet sind<br />
nach Expertenansicht die aktuellsten<br />
überhaupt verfügbaren<br />
Daten. Alle wichtigen Aspekte<br />
der Biologie und des Schutzes<br />
von Greifvögeln werden angesprochen.<br />
Dieses Buch kann<br />
jedem Greifvogelfreund rundheraus<br />
empfohlen werden. Nur<br />
der Preis wird den Verkauf etwas<br />
bremsen. Beim Preis ist<br />
überraschend, dass dieses<br />
Buch trotz des um 100 Seiten<br />
größeren Umfangs als das<br />
2000 erschienene ähnliche<br />
Eulenbuch von Mebs &<br />
Scherzinger zum gleichen<br />
Preis verkauft wird.<br />
Martin Lindner<br />
IRRGEISTER 2007 77
Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen<br />
Loske, Karl-Heinz (2006): Von der Jagd und den Jägern. Bruder Tier und sein Recht zu leben.<br />
324 S., Verlagshaus Monsenstein&Vannerdat, Münster, ISBN 978-3-86582-372-4; 16,80 Euro.<br />
Argumente versus Leidenschaft<br />
- Von der Jagd und den Jägern<br />
Die Jagd in Deutschland – <strong>für</strong> die Jäger bedeutet dies praktizierten <strong>Natur</strong>schutz, Liebe<br />
zur <strong>Natur</strong> und ihren Lebewesen, Aufrechterhaltung einer Jahrtausende alten Tradition<br />
mit hehren Ansprüchen. Theodor Heuss, der erste Bundespräsident der Bundesrepublik<br />
Deutschland, drückte es dagegen so aus: „Jagd ist nur eine Umschreibung <strong>für</strong> besonders<br />
feigen Mord am chancenlosen Mitgeschöpf.“<br />
PR <strong>für</strong> ein Hobby<br />
Gegen die weit verbreitete ablehnende<br />
Haltung zur Jagd in der Bevölkerung<br />
geht die Jägerschaft durch PR-<br />
Kampagnen vor, in denen sie Verstand<br />
und Gefühl der Menschen ansprechen<br />
will. Beispielsweise<br />
schrieb der Präsident des Landesjagdverbandes,<br />
der ehemalige Bundesminister<br />
Jochen Borchert, in einer<br />
Sonderbeilage der Zeitungen der<br />
WAZ-Gruppe: „Die nachhaltige<br />
Jagd entnimmt der <strong>Natur</strong> nur so viel,<br />
wie nachwächst, um zu verhindern,<br />
dass Populationen zu groß werden.<br />
... Die Hasenbestände werden sich<br />
weiter erholen, wenn die Jäger die<br />
Feinde des Hasen intensiv bekämpfen.<br />
... Wir müssen also nun intensiv<br />
den Fuchs bejagen, um das<br />
Gleichgewicht wieder herzustellen.<br />
... Das Tier wächst in freier <strong>Natur</strong><br />
auf, wird tierschutzgerecht mit einem<br />
Schuss erlegt, leidet also<br />
nicht.“ 1 Neben Artikeln über das<br />
Jägerleben 2 war die auf fast jeder<br />
Seite zu findende kommerzielle<br />
Werbung <strong>für</strong> spritfressende Geländewagen<br />
in dieser Schrift besonders<br />
markant.<br />
Argumente und Scheinargumente<br />
Dem Thema Jagd hat sich nun der<br />
Biologe und ehemalige Jäger aus<br />
78 IRRGEISTER 2007<br />
Überzeugung Dr. Karl-Heinz Loske<br />
angenommen. Herausgekommen ist<br />
ein sehr kritisches Buch, in dem der<br />
Autor umfassend und sachlich auf<br />
die vielen Aussagen der Jäger eingeht,<br />
mit denen sie ihr Hobby rechtfertigen.<br />
Auch Loske appelliert an<br />
Verstand und Gefühl, allerdings fundierter<br />
als oben zitierte Zeitungsbeilage.<br />
Er entlarvt die Begründungen der<br />
Jäger allesamt als Scheinargumente<br />
und belegt dies mit wissenschaftlichen<br />
Forschungsergebnissen und<br />
Fakten. Diese gut gegliederte Abhandlung<br />
bietet jedem, der sich kritisch<br />
mit dem Thema und mit Jägern<br />
auseinandersetzen möchte, wertvolle<br />
Argumentationshilfen. Dazu einige<br />
Beispiele:<br />
- Jagd im Dienste der Ökologie?<br />
Loske legt dar, dass Ökologie<br />
komplexer ist als die lineare Räuber-<br />
Beute-Beziehung, auf die Jäger ihre<br />
Rolle – und zwar völlig unsachlich<br />
– beziehen. Gerne werden auch von<br />
ihnen – rein subjektiv – einzelne<br />
Arten zu Schädlingen erklärt, die<br />
Jäger angeblich schießen müssen,<br />
um Unheil von der <strong>Natur</strong> oder der<br />
Land- und Fischwirtschaft abzuwenden.<br />
Zu letztgenanntem Punkt führt<br />
der Autor z. B. eine Studie zum als<br />
Schädling geltenden Kormoran an,<br />
wo es in einem Schießexperiment an<br />
13 Gewässern keinen Unterschied in<br />
den Auswirkungen machte, ob man<br />
die Kormorane wirklich abschoss<br />
oder nur mit Böllerschüssen vertrieb.<br />
Bemerkenswert sind die Ergebnisse<br />
einer ebenfalls beschriebenen Studie,<br />
dass in einem größeren Gebiet<br />
in der Schweiz die nicht stattfindende<br />
Bejagung auf Füchse nicht zu einer<br />
Explosion der Fuchspopulation<br />
führte bzw. führt, sondern vielmehr<br />
zu einer Verringerung der Fuchsdichte.<br />
Dies mag auf den ersten<br />
Blick paradox erscheinen, liegt aber<br />
daran, dass viele der reproduktionsfähigen<br />
Füchsinnen sich nicht an der<br />
Fortpflanzung beteiligten. Loske zitiert<br />
dazu den Fuchsforscher Ziemen:<br />
natürliche „Geburtenbeschränkung<br />
statt Massenelend“. 3 Durch die<br />
Fuchsjagd werden dagegen Altersstruktur<br />
und soziale Ordnung (z. B.<br />
feste Reviere) zerstört, es bekommen<br />
mehr Weibchen Nachkommen.<br />
- Tierschutzgerechte Jagd?<br />
Nach bestandener Jagdprüfung gibt<br />
es <strong>für</strong> keinen Jäger eine gesetzliche<br />
Pflicht, seine Schießkunst oder seine<br />
Sehfähigkeit jemals wieder überprüfen<br />
zu lassen. Selbst bei stehendem<br />
Wild kann ein sicherer Schuss,<br />
der ein Tier schnell tötet, nie garantiert<br />
sein. Wie viel weniger garan-<br />
1 „Jagd ist Arbeit <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong>“. Interview mit LJV-Präsident Jochen Borchert. In: <strong>Natur</strong>&Jagd, Sonderbeilage der Zeitungen der WAZ-<br />
Gruppe, Mai 2007, S. 2.<br />
2 Zum Beispiel: „<strong>Natur</strong>erlebnis pur“, „Das ‚grüne Abitur’ wird nicht geschenkt“, „Die Zeit der Wilderer ist vorbei – Heute bereitet das<br />
Raubwild große Sorgen“, „Wo der Kur<strong>für</strong>st jagte“.<br />
3 Loske, S. 96.
Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen - Buchbesprechungen<br />
tiert ist dies dann bei Treibjagden!<br />
Loske geht auf die Folgen solcher<br />
Fehlschüsse ein: „Viele<br />
Schusswunden sind so schrecklich,<br />
dass die Tiere alles andere als friedlich,<br />
sondern erst nach langer Qual<br />
sterben. Hier tut sich ... ein Abgrund<br />
an Grausamkeit auf. Angeschossene<br />
oder bedrängte Tiere schreien,<br />
heulen, quieken, fauchen, stöhnen,<br />
zittern oder krümmen den Körper<br />
vor Schmerz.“ 4<br />
Wird mit Blei gejagt – z. B. auf<br />
Wasservögel und sogenanntes<br />
„Niederwild“ – werden nachweislich<br />
viele Tiere nicht getötet.<br />
„Es gibt viele Untersuchungen,<br />
die belegen, dass ein hoher<br />
Prozentsatz wildlebender Gänse-,<br />
Enten- und Taubenpopulationen<br />
Schrotkörner im<br />
Körper hat. Es bedarf keiner<br />
großen Phantasie um sich vorzustellen,<br />
dass diese nicht tödlichen<br />
Verletzungen an Körper,<br />
Gliedmaßen und Schnabel über<br />
Monate, wenn nicht auf Dauer,<br />
schlimme Schmerzen verursachen.“<br />
5 Nach Schätzungen würden<br />
bis zu 30 Prozent der bejagten<br />
Vögel nicht unmittelbar getötet,<br />
sondern „krankgeschossen“.<br />
6<br />
- Vergiftung der Umwelt durch<br />
Blei 7<br />
Umweltverbände schätzen die<br />
in den <strong>Natur</strong>haushalt gelangende<br />
Bleimenge, die durch Bleischrotmunition<br />
jährlich verschossen wird,<br />
auf bis zu 3. – 4.000 Tonnen. Das<br />
sich anreichernde Schwermetall gelangt<br />
nicht nur durch chemische Umwandlung<br />
in die menschliche Nahrung.<br />
Besonders betroffen sind Tiere,<br />
die dieses Bleischrot – viele verschossene<br />
Schrotkugeln landen in<br />
Gewässern oder im Boden – mit der<br />
Nahrung aufnehmen; dies betrifft z.<br />
B. Gründelenten und Greifvögel sowie<br />
Aasfresser. Loske zitiert aus Untersuchungen,<br />
die als Todesursache<br />
vieler Seeadler und Steinadler in<br />
Deutschland Bleivergiftung durch<br />
Bleischrot nachweisen. Während in<br />
Schweden, Dänemark und den Niederlanden<br />
aus Umweltschutzgründen<br />
nicht mehr mit bleihaltiger<br />
Jagdmunition gejagt werden darf,<br />
wehrt sich die deutsche Jägerlobby<br />
gegen geplante Alternativmunition<br />
(„teurer, geringere Durchschlagskraft,<br />
Abprallen von Hindernissen“)<br />
und wird damit wohl auch in Zukunft<br />
die deutschen Lande weiter mit<br />
Blei vergiften.<br />
Warum jagen dann Jäger?<br />
Wenn die Argumente der Jäger, mit<br />
denen sie ihr Handeln rechtfertigen,<br />
nicht haltbar sind, stellt sich zwangsläufig<br />
die Frage: Warum töten Jäger<br />
Tiere, obwohl sie es nicht müssen?<br />
Für Loske ist die Hobbyjagd „eine<br />
pseudo-lustgesteuerte, kulturell konditionierte,<br />
seelische Krankheit, die<br />
sich aus der Überbetonung des<br />
Männlichen speist und das Tier zur<br />
Sache degradiert.“ 8 Ausführlich legt<br />
der Buchautor dar, wie er zu dieser<br />
Schlussfolgerung gekommen ist.<br />
Wenngleich diese Erörterungen in<br />
sich logisch und nachvollziehbar<br />
geschrieben sind und interessante<br />
Gedankengänge darstellen, können<br />
die tiefenpsychologischen Ansätze<br />
sicher auch hinterfragt werden. Besonders<br />
weil eine große Zahl der<br />
Jäger eben nicht nur „mit dem<br />
Schießeisen hinter Tieren her ist“,<br />
sondern sich oft auch ohne Flinte im<br />
Wald aufhält und dabei nach eigener<br />
Aussage die <strong>Natur</strong> genießt, werden<br />
viele schnell das gesamte<br />
Buch in die Ecke des „Esoterischen“<br />
stellen.<br />
Ein Buch besonders <strong>für</strong> Jäger!<br />
Loske hat sein Buch nach eigener<br />
Aussage besonders <strong>für</strong> die<br />
Jäger geschrieben. Sie sollen<br />
„rational-analytisch und ganzheitlich-intuitiv“<br />
9 davon überzeugt<br />
werden, ihre Flinte an den<br />
Nagel zu hängen. Aber auf<br />
Grund der im Buch enthaltenen<br />
Fundamentalkritik an der Jagd<br />
und an den Jagenden, nicht nur<br />
an Einzelheiten der Jagdpraxis,<br />
wird das Buch in der Jägerschaft<br />
wohl keine weite Verbreitung<br />
finden. Dies ist bedauerlich,<br />
da „Von der Jagd und den<br />
Jägern“ eindeutige Missstände<br />
in der jagdlichen Praxis aufzeigt.<br />
Darum liefert dieses Buch allen,<br />
die mit Jägern sachlich diskutieren<br />
wollen, wertvolle Hilfe. Es<br />
gibt kein weiteres deutschsprachiges<br />
Werk, in dem die Bedeutung der<br />
Jagd <strong>für</strong> das bejagte Tier als Individuum,<br />
<strong>für</strong> die Tierpopulationen und<br />
<strong>für</strong> die Lebensgemeinschaften, aber<br />
auch ethische Gesichtspunkte fundiert<br />
und umfassend analysiert werden.<br />
Harald Legge<br />
4 Ebd., S. 126.<br />
5 Ebd., S. 127.<br />
6 Ebd., S. 135.<br />
7 Orientiert an Loske, S. 135-137.<br />
8 Loske, Rückumschlag.<br />
9 Ebd., S. 13.<br />
IRRGEISTER 2007 79
Die neue Landesjagdzeitenverordung – Feuer frei auf Nil- und Kanadagans, Elster und Rabenkrähe<br />
Im November 2006 wurde die Änderung der Landesjagdzeitenverordnung vom Landtag NRW mit der Mehrheit<br />
aus CDU und FDP verabschiedet. Dadurch wurden insbesondere reguläre Jagdzeiten <strong>für</strong> Nil- und Kanadagans<br />
sowie <strong>für</strong> Rabenkrähe und Elster neu eingeführt; die Jagdzeit auf Graugänse wurde ausgeweitet.<br />
Damit wurde die Klientel der Interessenvertreter aus Jagd, Fischerei und Landwirtschaft bedient, tatsächliche<br />
Erkenntnisse und Forschungsergebnisse von Biologen und Ökologen aber ignoriert. Insbesondere sind unter anderem<br />
folgende Punkte aus Sicht der <strong>Natur</strong>schutzverbände zu kritisieren:<br />
- Da von Nilgans, Elster und Rabenkrähe keine nachweisbaren Schäden ausgehen, müssten sie von der Jagd ganzjährig<br />
verschont werden.<br />
-Die Jagdzeiten von Elster, Rabenkrähe und Ringeltaube fallen auch in die Brut- und Aufzuchtszeit der Arten und<br />
sind daher aus Tierschutzgründen abzulehnen; die EU-Vogelschutzrichtlinie verbietet dies im Übrigen. Wenn die<br />
Eltern abgeschossen werden, müssen die noch nicht flüggen Jungen verhungern.<br />
- Bei manchen Arten besteht Verwechselungsgefahr mit ähnlichen, geschützten und teilweise seltenen Arten, z. B.<br />
Rabenkrähe mit Saatkrähe, Lach- und Silbermöwe mit den anderen, geschützten Möwenarten, Ringeltaube mit<br />
Hohltaube.<br />
Quelle: LNU-Rundschreiben vom Juni 2007<br />
<strong>Natur</strong>schutzverbände fordern Ende der unsinnigen Kormoranabschüsse<br />
Bereits 2003 hatte die rot-grüne Landesregierung erste Abschussgenehmigungen der laut EU-Recht besonders<br />
geschützten Art an einzelnen Gewässern erteilt, was NRW-weit ca. 60 Kormoranen das Leben kostete. 2006 ist<br />
dann mit der so genannten Kormoran-Verordnung ein rechtlicher Rahmen <strong>für</strong> den generellen Abschuss von Kormoranen<br />
außerhalb von Schutzgebieten in NRW geschaffen worden. Allein dies führte im letzten Winter zum<br />
Abschuss von 2300 Kormoranen in unserem Bundesland. Damit wurde wahrscheinlich mehr als ein Viertel des<br />
gesamten Winterbestandes vernichtet.<br />
Nun soll nach dem Willen von Umweltminister Uhlenberg die Jagd noch auf die <strong>für</strong> die <strong>Natur</strong> ausgewiesenen<br />
Schutzgebiete ausgeweitet werden, wie im Entwurf eines neuen Kormoranerlasses geplant.<br />
Das von Anglern und Fischerei immer wieder vorgetragene Argument, der Kormoran müsse geschossen werden,<br />
um die gefährdeten Bestände der Äsche zu retten, ist aus <strong>Natur</strong>schutzsicht nicht stichhaltig. Der wissenschaftliche<br />
Beweis <strong>für</strong> eine Gefährdung der Äsche durch den Kormoran ist bisher nicht seriös geführt worden, zumal die Art<br />
weiterhin beangelt wird und aufgrund von Aussetzungen überwiegend in Gewässern vorkommt, wo sie sich nicht<br />
mehr natürlich reproduzieren kann.<br />
Außerdem hat die Rechtssprechung bereits mehrfach festgestellt, dass eine Reduzierung der Kormorane nur dann<br />
statthaft sei, wenn sie fischereiwirtschaftliche Schäden nachweisbar anrichten. An Gewässern, die nicht wirtschaftlich<br />
genutzt werden, also lediglich der Hobbyfischerei dienen, dürften demnach keine Kormorane getötet<br />
werden.<br />
Quelle: gemeinsame Pressemitteilung von BUND, LNU und NABU vom 19.10.2007<br />
80 IRRGEISTER 2007
„Ihr Rat und Ihre Tat sind gefragt!“<br />
- Jubiläumsnachlese<br />
Eine Menge Mühe hatte alles gemacht – Erstellung von Infofahnen und -plakaten, Herrichtung<br />
der Geräteausstellung und des Apfelsortentisches, Gestaltung der Räumlichkeiten,<br />
Organisation des Roten-Höhenvieh-Festmahles ...<br />
Doch dank der intensiven Vorbereitung und ganz wesentlich auch durch das Erscheinen<br />
zahlreicher VNV-Mitglieder und geladener Gäste aus Politik und Behörden können wir<br />
zufrieden – und auch erleichtert! – sagen: Alles hat sich gelohnt. Durch die gelungene<br />
Jubiläumsfeier konnten wir unsere Arbeit gut präsentieren!<br />
„Ohne den VNV könnte der<br />
<strong>Natur</strong>schutz im HSK nicht in<br />
dieser Intensität stattfinden.“<br />
(Staatssekretär Dr. Schink)<br />
Insgesamt knapp 150 Personen feierten<br />
das Jubiläum, das in der alten<br />
Kirche des Klosters Bredelar einen<br />
äußerst würdigen Rahmen fand.<br />
Neben den vielen interessierten<br />
VNV-Mitgliedern kamen auch solche,<br />
die dem <strong>Verein</strong> durch langjährige<br />
Zusammenarbeit verbunden<br />
sind. Beispielsweise waren die drei<br />
Schäfer samt Mitarbeitern da, die<br />
„unsere“ Magerrasen im Raum<br />
Marsberg-Brilon beweiden, und<br />
weitere Landwirte, die so ihre Verbundenheit<br />
mit dem <strong>Verein</strong> zeigten.<br />
„Sie haben einen großen Beitrag<br />
geleistet, <strong>Natur</strong> und Lebensräume<br />
zu erhalten.“<br />
(stv. Landrat Heinemann)<br />
Die zahlreichen geladenen Gäste<br />
machen deutlich, dass der VNV eine<br />
anerkannte Größe im <strong>Natur</strong>schutz<br />
des HSK ist. Das ist uns kein Selbstzweck,<br />
sondern ist notwendig, um<br />
durch diesen Einfluss Positives <strong>für</strong><br />
die Tiere und Pflanzen vor Ort und<br />
deren Lebensräume zu bewirken.<br />
Neben Vertretern aus der Politik –<br />
u. a. Staatssekretär Dr. Alexander<br />
Schink, dem stv. Landrat Rudolf<br />
Heinemann, MdL Hubert Kleff<br />
(CDU), Marsbergs Bürgermeister<br />
Hubertus Klenner – waren auch Ver-<br />
Staatssekretär Dr. Alexander Schink<br />
treter der Behörden gekommen, mit<br />
denen der VNV seit Jahren zusammenarbeitet.<br />
Auch der Vorsitzende<br />
des NABU Nordrhein-Westfalen,<br />
Josef Tumbrinck, war zu Gast.<br />
„Für die Stadt Marsberg wünsche<br />
ich mir auch weiterhin<br />
eine erfolgreiche <strong>Natur</strong>schutzarbeit<br />
des VNV.“<br />
(Bürgermeister Klenner)<br />
Die dankenswerterweise von der<br />
NRW-Stiftung finanzierten, neu erstellten<br />
Infowände gaben einen<br />
Überblick über unsere verschiede-<br />
Die Räumlichkeiten des Klosters Bredelar gaben dem Jubiläumsereignis<br />
einen würdigen Rahmen.<br />
nen Tätigkeitsfelder. Hinzu kamen<br />
bebilderte Fahnen, die schlaglichtartig<br />
Typisches aus der Sauerländer<br />
<strong>Natur</strong> beleuchten. Diese Medien<br />
werden uns in Zukunft helfen, uns<br />
IRRGEISTER 2007 81
der Öffentlichkeit zu präsentieren.<br />
Am Ende des offiziellen Programms<br />
wurden die Geschmacksnerven positiv<br />
gereizt und machten die Veranstaltung<br />
wahrlich zu einem Erlebnis<br />
mit allen Sinnen: Das Gulasch des<br />
Roten Höhenviehs schmeckte allen<br />
vorzüglich.<br />
Beim gemütlichen Beisammensitzen<br />
mit <strong>Natur</strong>schutz-Weggefährten<br />
der ABU und der NRW-<br />
Stiftung klang unser Jubiläumstag<br />
aus.<br />
Harald Legge<br />
Die Rede wurde redaktionell leicht überarbeitet.<br />
Ansprache von Dr. Stefan Kisteneich, NRW-Stiftung<br />
Sehr geehrter Damen und Herren!<br />
Unser Vize-Präsident, Herr Prof.<br />
Schumacher, hat mich gebeten, sie<br />
alle ganz herzlich zu grüßen und ihn<br />
zu vertreten. Herr Schumacher kann<br />
heute leider nicht hier sein, weil er<br />
kurzfristig einen anderen Termin<br />
wahrnehmen muss.<br />
Zwei Partner: VNV und NRW-<br />
Stiftung<br />
Der VNV feiert heute seinen 25.<br />
Geburtstag – und die Nordrhein-<br />
Westfalen-Stiftung wird in diesen<br />
Tagen 20 Jahre alt. Beide Geburtstagskinder<br />
sind weite Strecken ihres<br />
Weges gemeinsam gegangen.<br />
Beide haben sich am 25. April 1988<br />
kennen gelernt. An diesem Tag erreichte<br />
uns ein Förderantrag des<br />
VNV, Unterschrift: Franz-Josef<br />
Stein. Es ging um den Ankauf<br />
naturschutzwürdiger Wiesen im<br />
Gelängebachtal und im Pitzfeld in<br />
82 IRRGEISTER 2007<br />
Marsbergs Bürgermeister Hubertus Klenner und MdL Hubert Kleff im Gespräch mit<br />
Johannes Schröder vom VNV<br />
Dr. Stefan Kisteneich, NRW-Stiftung<br />
der Medebacher Bucht und einer<br />
Wiese in den <strong>Irrgeister</strong>n bei Winterberg-Grönebach,<br />
zusammen etwas<br />
mehr als 7,5 ha.<br />
Damals ahnte noch keiner, dass damit<br />
eine langjährige und erfolgreiche<br />
Partnerschaft begann.<br />
Danach folgten Anträge <strong>für</strong> den Erwerb<br />
von <strong>Natur</strong>schutzflächen in der<br />
Braunshauser Heide und im<br />
Hoppecketal, von Feuchtwiesen im<br />
Tal der Namenlose, am Hillebach,<br />
am Springebach, an der Gutmecke<br />
und im Hemmeker Bruch, von
Magerrasen bei Messinghausen, im<br />
Glockengrund, im Hummelgrund,<br />
im Glindetal, einem Steinbruchgelände<br />
am Wulsenberg und<br />
einem Wanderfalkenbrutplatz in<br />
Brilon, auch eine Herde des „Roten<br />
Höhenviehs“ war dabei, ein Schafstall<br />
im Glockengrund bei Udorf und<br />
viele andere Dinge mehr.<br />
3,3 Mio. Stiftungsgelder <strong>für</strong> die<br />
<strong>Natur</strong> im HSK<br />
Die NRW-Stiftung hat da<strong>für</strong> rund 3,3<br />
Mio. EUR zur Verfügung gestellt.<br />
Wir besitzen inzwischen im HSK<br />
183 ha Land, die auf Antrag des<br />
VNV <strong>für</strong> Zwecke des <strong>Natur</strong>schutzes<br />
erworben und von VNV-<strong>Verein</strong>smitgliedern<br />
fachkundig betreut werden.<br />
Und noch etwas möchte ich an dieser<br />
Stelle sagen: Vieles von dem<br />
wäre nicht möglich gewesen ohne<br />
die tatkräftige Unterstützung der<br />
Verwaltung <strong>für</strong> Agrarordnung – ich<br />
meine hier ganz besonders das ehemalige<br />
AfAO Arnsberg und das<br />
AfAO Soest – die uns beim Grunderwerb<br />
immer hilfreich zur Seite<br />
standen.<br />
Das hier investierte Geld kommt<br />
nicht nur dem <strong>Natur</strong>schutz, sondern<br />
der ganzen Region zu Gute.<br />
Denn <strong>Natur</strong>schutz – wie ihn der<br />
VNV betreibt - ist angewandte<br />
Heimatliebe! Und Wirtschaftsförderung<br />
zugleich: Das investierte Geld<br />
bringt ja Kaufkraft ins Land und<br />
blumenbunte Wiesen werben auch<br />
<strong>für</strong> die Ferienregion am Rothaarsteig.<br />
Der HSK als ein Schwerpunktgebiet<br />
der NRW-Stiftung<br />
Landesweit hat die NRW-Stiftung<br />
seit ihrer Gründung im Jahr 1986<br />
etwa 1.600 Projekte mit einer<br />
Fördersumme von 200 Mio. Euro<br />
auf den Weg gebracht. Hinter diesen<br />
Zahlen stecken rund 800 ehren-<br />
Jörg Langanki stellt heimische Apfelsorten aus Streuobstwiesen vor<br />
amtliche <strong>Verein</strong>e und Initiativen, die<br />
mit viel Herz und Sachverstand nach<br />
Feierabend nicht nur Förderanträge<br />
schreiben, sondern auch Fachwerkhäuser<br />
restaurieren, Trollblumenwiesen<br />
mähen oder Brutplätze von<br />
Uhu und Schwarzstorch kartieren.<br />
Wobei ich betonen möchte, dass der<br />
Hochsauerlandkreis mit einer<br />
Fördersumme von etwa 10 Mio.<br />
Euro neben dem Kreis Borken und<br />
dem Rhein-Sieg-Kreis zu den drei<br />
Kreisen gehört, die im landesweiten<br />
Vergleich am besten abgeschnitten<br />
haben. Wenn uns jemand neidisch<br />
fragt, woran das denn liegt, dann<br />
sagen wir gerne: „Im Hochsauerlandkreis<br />
gibt es eben besonders<br />
viele Menschen, die sich <strong>für</strong> die<br />
<strong>Natur</strong>schönheiten und kulturellen<br />
Schätze ihrer Heimat engagieren!“<br />
Davon kann sich übrigens jeder Gast<br />
hier und heute an diesem Ort selbst<br />
überzeugen. Denn auch die Restaurierung<br />
des Klosters Bredelar wurde<br />
von der NRW-Stiftung mitfinanziert.<br />
Der Förderverein Kloster Bredelar<br />
hat im vergangenen Jahr <strong>für</strong> sein<br />
beispielhaftes Engagement den<br />
Ehrenamtspreis der NRW-Stiftung<br />
v.r.n.l.: VNV-Vorsitzender Bernhard Koch, Staatssekretär Dr. Alexander Schink,<br />
stellvertr. Landrat Rudolf Heinemann, MdL Hubert Kleff, der Bürgermeister von<br />
Marsberg Hubertus Klenner<br />
IRRGEISTER 2007 83
Totaler Jubiläumsstress (von links): F.-J. Stein, J. Schröder, B. Koch vom<br />
VNV-Vorstand Alle Fotos vom Jubiläum: R. Götte<br />
erhalten, weil – wie es in der Festrede<br />
hieß – Herr Dr. Bohle und seine<br />
Mitstreiter „mit westfälischer Beharrlichkeit<br />
und ansteckendem Enthusiasmus“<br />
hier ans Werk gegangen<br />
sind.<br />
Wir freuen uns jetzt natürlich sehr,<br />
dass auch der VNV hier in das Kloster<br />
Bredelar eingezogen ist.<br />
84 IRRGEISTER 2007<br />
Rubbeln <strong>für</strong> den <strong>Natur</strong>schutz!<br />
Meine Damen und Herren, erlauben<br />
Sie mir zum Schluss noch einen Hinweis<br />
in eigener Sache: Wenn wir von<br />
den Fördergeldern der NRW-Stiftung<br />
hier im Hochsauerlandkreis und<br />
anderswo sprechen, dann sind dies<br />
keine Steuergelder.<br />
Die Rede wurde redaktionell leicht überarbeitet und gekürzt.<br />
Es sind vielmehr Gelder aus der<br />
Rubbellos-Lotterie, mit denen die<br />
NRW-Stiftung einen Beitrag zum<br />
<strong>Natur</strong>schutz oder zur Instandsetzung<br />
dieses Klosters leisten kann. Was die<br />
NRW-Stiftung damit bisher gefördert<br />
hat, kann man jetzt auch in einem<br />
neuen, fast 400 Seiten starken<br />
Buch nachlesen, das zum 20jährigen<br />
Bestehen der NRW-Stiftung im<br />
Buchhandel erschienen ist.<br />
Darin finden Sie auch einen Beitrag<br />
über das Kloster Bredelar oder das<br />
<strong>Natur</strong>schutzgebiet „Im Glockengrund“<br />
bei Udorf.<br />
Ich freue mich, sehr geehrter Herr<br />
Koch, dass ich Ihnen heute dieses<br />
Buch - sozusagen als Geburtstagsgeschenk<br />
<strong>für</strong> den VNV - überreichen<br />
kann.<br />
Die NRW-Stiftung wünscht Ihnen,<br />
wünscht allen Bürgerinnen und Bürgern<br />
im HSK, dass der VNV seine<br />
erfolgreiche <strong>Natur</strong>schutzarbeit auch<br />
in den kommenden 25 Jahren fortsetzen<br />
kann.<br />
Und – davon bin ich überzeugt –<br />
dass er dies wie bisher mit Augenmaß<br />
und Leidenschaft tun wird.<br />
Festansprache von Dr. Henning Vierhaus, Vorsitzender der ABU (Arbeitsgemeinschaft<br />
Biologischer Umweltschutz im Kreis Soest e.V.)<br />
Verehrte Festgemeinde!<br />
Seit langem besteht eine ornithologische,<br />
freundschaftliche Verbindung<br />
zu den Begründern des VNV:<br />
Ich nenne Bernhard Koch, fast den<br />
ersten und immer noch Vorsitzenden<br />
des VNV, aber auch Heinz König.<br />
Bernard Kochs ornithologische Ausrichtung<br />
war in den 70er Jahren<br />
westfalenweit. Aber besonders stark<br />
fühlte er sich zum Kreis Soest hingezogen.<br />
So ging es dort um Feldvogelerfassungen,<br />
und an viele gemeinsame<br />
Touren auf dem Haar-<br />
Dr. Henning Vierhaus<br />
strang erinnere ich mich. Im Gedächtnis<br />
ist mir auch eine nächtliche<br />
Exkursion im März 1975 geblieben.<br />
Vor 31 Jahren also fahndeten<br />
wir auf bzw. in der Hunau nach<br />
Raufußkäuzen – allerdings erfolglos.<br />
Eine weitere gemeinsame Exkursion<br />
zu den Gänserastplätzen in Holland<br />
endete kläglich an der deutschniederländischen<br />
Grenze, da von<br />
fünf Teilnehmern nur einer einen<br />
Ausweis dabei hatte.<br />
Die Gründung der ABU 1977 ging<br />
der des VNV um fast 5 Jahre vor-
aus, und Bernard Koch ist eigentlich<br />
auch Gründungsmitglied der ABU.<br />
Gott sei Dank erfolgte dann aber eine<br />
Umorientierung nicht nur der genannten<br />
Personen ins Süderbergland,<br />
wo es dann mit den Kämpfern,<br />
die auch heute noch maßgeblich<br />
in dem <strong>Verein</strong> tätig sind, zu der<br />
<strong>Natur</strong>schutzvereinsgründung im<br />
Hochsauerlandkreis kam. Verständlich<br />
auch, dass unter diesen Umständen<br />
und bei dieser Entwicklung sich<br />
die ABU als einen der Paten des<br />
VNV ansehen darf.<br />
Spezielle Herausforderungen<br />
Vielleicht ist das übertrieben, aber<br />
dieses damals naturkundlich und<br />
naturschützerisch unterversorgte<br />
„Hinterland“ – aus meiner Sicht -<br />
bedurfte dringend eine derartige Initiative.<br />
Allerdings waren die VNVler<br />
mit ganz anderen Herausforderungen<br />
konfrontiert, als wir, die<br />
Flachländer, sie kannten. Sie haben<br />
es nicht mit einem so übersichtlich<br />
strukturierten Arbeitsfeld zu tun, wie<br />
es der Kreis Soest ist – der trotz seiner<br />
guten verkehrstechnischen<br />
Erschlossenheit und den vergleichsweise<br />
kurzen Wegen mit einer zahlenmäßig<br />
etwas kopfstärkeren ABU<br />
immer noch weiße Regionen aufweist,<br />
die sich der <strong>Natur</strong>schutzarbeit<br />
entziehen.<br />
Der Hochsauerlandkreis ist nicht nur<br />
der größte im gesamten Bundesland,<br />
fast um die Hälfte größer als der<br />
Kreis Soest, er ist viel stärker gegliedert<br />
und seine Ost-West-Erstreckung<br />
beträgt immerhin 75 km Luftlinie,<br />
was der eine oder andere in dieser<br />
Runde heute wieder voll auskosten<br />
durfte. ...<br />
Trotz der – <strong>für</strong> eine ersprießliche Zusammenarbeit<br />
von Personen – widerspenstigen<br />
Topografie lebt die VNV-<br />
Arbeit, d. h. die <strong>Natur</strong>schutzarbeit<br />
des VNV, in vorbildlicher Weise. Bei<br />
weitem nicht alle Kreise in NRW<br />
weisen einen ortspezifischen<br />
Small talk 1<br />
<strong>Natur</strong>schutzverein auf, erst recht<br />
nicht mit einer derartigen „Power“.<br />
Viele Regionen im Land müssen sich<br />
leider mit Einzelkämpfern – die sich<br />
dann manchmal auf verlorenem Posten<br />
befinden - begnügen. ...<br />
Vielfältige Bedürfnisse<br />
Der HSK ist Lebensraum <strong>für</strong> Menschen,<br />
<strong>für</strong> Tiere, <strong>für</strong> Pflanzen.<br />
Forstwirtschaft spielt eine wesentlichere<br />
Rolle als die Landwirtschaft.<br />
Kleinindustrie, oder sollte ich besser<br />
sagen, mittelständische Industrie,<br />
prägt viele Täler des Sauerlandes.<br />
Ehemals spielte der Bergbau eine<br />
große Rolle, und derzeit gibt es noch<br />
riesige Steinbrüche. Heute steht der<br />
Tourismus ganz und gar im Vordergrund.<br />
Das Sauerland ist die Grüne<br />
Lunge, aber auch der Brunnen des<br />
Ballungsraumes, des Ruhrgebietes,<br />
und das Sauerland ersetzt den Holländern<br />
die Alpen.<br />
Wenn unter diesem Stern heftige<br />
Wanderungsbewegungen – mittels<br />
Autokarawanen – insbesondere an<br />
den Wochenenden - zwischen der<br />
Ebene und dem Bergland ablaufen,<br />
so gilt das auch <strong>für</strong> Teile der Tierwelt.<br />
Etliche Fledermausarten, die<br />
sommertags in der Westfälischen<br />
Bucht leben, brauchen die <strong>Natur</strong>-<br />
höhlen, die verlassenen Bergwerke<br />
und aufgelassenen Stollen des nördlichen<br />
Mittelgebirgsrandes, also des<br />
HSK, dringend, um hier in tiefer Lethargie<br />
den Winter zu überstehen.<br />
Funde markierter Teichfledermäuse<br />
belegen sogar, dass Tiere dieser Art<br />
aus den Niederlanden im Sauerland<br />
ihr Winterquartier haben.<br />
Nicht nur hierin liegt eine überregionale<br />
<strong>Natur</strong>bedeutung des Sauerlandes.<br />
Andere Arten bzw. Artengruppen<br />
können sich gleichfalls sehen<br />
lassen – wenn sie es denn auch<br />
täten. Denken wir an den<br />
Raufußkauz, eine kleine Eule der<br />
großen Waldungen, angewiesen auf<br />
die vom Schwarzspecht gezimmerten<br />
Bruthöhlen, wie auch auf die von<br />
<strong>Natur</strong>schützern aufgehängten Kunsthöhlen,<br />
an den Schwarzstorch, an die<br />
letzten und die ersten Wanderfalken<br />
Westfalens der Bruchhauser Steine,<br />
an den Schneckenkanker, einen<br />
merkwürdigen Weberknecht. Er lebt<br />
dort, wo der VNV einst half, die<br />
Renautalsperre zu verhindern. Und<br />
nicht zu vergessen die Pflanzenwelt<br />
mit Arten wie z. B. Arnika.<br />
Grenzen aufzeigen, Kompromisse<br />
suchen!<br />
In diesem Zusammenleben von wert-<br />
IRRGEISTER 2007 85
voller <strong>Natur</strong> und Menschen ergeben<br />
sich Spannungen, die die <strong>Natur</strong>schützer<br />
des VNV ständig erlebt<br />
haben und auch weiter erfahren<br />
werden. Durch ihre fachkundige<br />
Arbeit machen sie nun deutlich, wo<br />
die Grenzen sind <strong>für</strong> die Nutzung<br />
der Landschaft und <strong>Natur</strong>, aber auch,<br />
wie man sich arrangieren kann, wie<br />
eine dauerhafte Koexistenz aussehen<br />
kann.<br />
Solche Kompromisse und Regelungen<br />
wurden gefunden etwa im<br />
Bereich der Medebacher Bucht, das<br />
in großen Teilen Vogelschutzgebiet<br />
ist. Allerdings gingen hier im Zusammenhang<br />
mit der Meldung und<br />
Abgrenzung die Wogen gegen den<br />
<strong>Natur</strong>schutz besonders hoch.<br />
Erfolge sind zu vermelden bei der<br />
Erstellung von Landschaftsplänen,<br />
bei der Ausweisung von <strong>Natur</strong>schutzgebieten,<br />
etwa entlang der<br />
Ruhr – dies alles aber in glücklicher<br />
Zusammenarbeit mit einer Unteren<br />
Landschaftsbehörde, die mit Durchsetzungsvermögen<br />
manches ins Ziel<br />
geführt hat.<br />
In genügend Fällen allerdings blieb<br />
der VNV bzw. der <strong>Natur</strong>schutz im<br />
Sauerland leider nur zweiter Sieger.<br />
So, wenn jüngst entschieden wurde,<br />
dass ein Fledermaustunnel zur Fahr-<br />
86 IRRGEISTER 2007<br />
Small talk 2<br />
radwanderstrecke umfunktioniert<br />
und ausgebaut wird; wenn Flächen,<br />
die die Größe eines mittelalterlichen<br />
Stadtkerns haben, verbraucht werden,<br />
nur um eine Getränkeabfüllanlage<br />
zu errichten.<br />
Und es bleibt zu fragen, ob die Stadt<br />
Arnsberg nicht vielleicht neben<br />
einem Preis <strong>für</strong> Bürokratieabbau<br />
bezüglich der Errichtung eines<br />
Hochregallagers – so stand es jüngst<br />
in der Zeitung - nicht auch eine<br />
„Saure Zitrone“ <strong>für</strong> das Umschiffen<br />
landschaftlicher Belange bekommen<br />
müsste.<br />
Schutz der <strong>Natur</strong> - wovor?<br />
All die Freude über 25 Jahre mit<br />
gelungener <strong>Natur</strong>schutzarbeit soll<br />
aber nicht den Blick da<strong>für</strong> trüben,<br />
dass sich die Dinge hier wie überall<br />
immer noch hart im Raum stoßen.<br />
Das wird einem besonders dann<br />
bewusst, wenn man sich vor Augen<br />
führt, wovor <strong>Natur</strong>schützer denn <strong>Natur</strong><br />
schützen. Es sind ausschließlich<br />
Gefährdungen, die von uns Menschen<br />
und seinen z. T. sehr egoistischen<br />
Begehrlichkeiten ausgehen.<br />
Also ergeben sich auf diese Weise<br />
naturgemäß die Konfl ikte zwischen<br />
<strong>Natur</strong> –in –Anspruch nehmenden<br />
Menschen und <strong>Natur</strong>schützern.<br />
Schließlich sei hier die Frage erlaubt,<br />
was der HSK mit Nairobi zu tun hat.<br />
Sind es nur die großen Pfl anzenfresser,<br />
die in den Wäldern des Kreises<br />
unterwegs sind und die großen<br />
Tiere im Nationalpark in Nairobis<br />
Nähe? Nein, etwas anderes ist mir<br />
aufgestoßen:<br />
So haben sich Anfang November in<br />
Nairobi Fachleute und hochrangige<br />
Politiker den Kopf darüber zerbrochen<br />
– allerdings ohne großen Erfolg<br />
- wie man den CO -Ausstoß auf der<br />
2<br />
Erde und besonders in den Industriestaaten<br />
verringern kann. Denn es<br />
gibt guten Grund zur Annahme, dass<br />
zusätzliche Promille dieses Gases<br />
in der Atmosphäre eine – vorsichtig<br />
gesagt – problematische Zunahme<br />
der Jahresdurchschnittstemperaturen<br />
bewirken. Neben den Menschen, die<br />
derartiges ganz in Abrede stellen,<br />
gibt es in dieser Situation viele, die<br />
mit dem Finger auf Amerika oder<br />
China weisen und sagen, solange<br />
die so weiter machen, können wir eh<br />
nichts tun. Allerdings fi nden sich in<br />
Deutschland viele ernstzunehmende<br />
und eigentlich einfl ussreiche Mahner<br />
- auch in der hohen Politik, die<br />
dringend Maßnahmen gerade auch<br />
bei uns einfordern.<br />
Und in dieser ernsten Situation<br />
freut man sich im HSK über die<br />
Erweiterung des Ski-Zirkusses bzw.<br />
Skilift-Karussells bei Winterberg.<br />
Hier wurden weitere Beschneiungsanlagen<br />
installiert, die unglaubliche<br />
Energiemengen verbrauchen. Um<br />
30 ha Piste zu beschneien, werden<br />
mindestens 260 MW/h verbraucht,<br />
ganz zu schweigen von den benötigten<br />
Wassermengen. Und all das<br />
führt zum weiteren Anschwellen<br />
des durch die Täler des Sauerlandes<br />
brandenden Verkehrs.<br />
Wenn der momentane wirtschaftliche<br />
Erfolg auf diese Weise ausgebaut<br />
und erkauft wird, kann das nun wirklich<br />
nichts mit der viel beschworenen<br />
Nachhaltigkeit zu tun haben.<br />
Noch ein Wort zur Nachhaltigkeit.<br />
Wenn die selbst ernannten
„Hamsterjäger“, und vergleichbares<br />
gibt es auch im Hochsauerland,<br />
wieder einmal <strong>Natur</strong>schützer als<br />
Verhinderer des wirtschaftlichen<br />
Aufschwungs beschimpfen, dann<br />
vernebeln sie unbewusst oder bewusst,<br />
dass sie sich eigentlich nur an<br />
einem nicht nachhaltigen Verbrauch<br />
von Fläche gehindert fühlen.<br />
Übrigens gibt es positive Veränderungen<br />
in der Tier und Pfl anzenwelt auch im<br />
HSK, die kein Erfolg des <strong>Natur</strong>schutzes<br />
sind und die sich auch kein Politiker<br />
auf seine Fahnen schreiben kann. Und<br />
damit schließe ich an das Vorausgegangene<br />
an.<br />
Wenn heute Wespenspinnen im HSK leben<br />
und die wärmeliebende Zippammer<br />
im Osten des Kreises in mehreren Paaren<br />
brütet, so ist das schön, allerdings<br />
sind diese Entwicklungen eindeutig<br />
Folgen der tatsächlich immer wärmeren<br />
Sommer.<br />
Zukünftige Bedeutung des <strong>Natur</strong>schutzes<br />
Kehren wir zum VNV zurück. Ich<br />
wünsche diesem <strong>Verein</strong>, diesen hier<br />
im <strong>Natur</strong>schutz tätigen Personen,<br />
Männern, Frauen wie auch den<br />
aktiven Jugendlichen weiterhin viel<br />
Erfolg bei ihrer wichtigen Arbeit.<br />
Ich wage sogar zu sagen, dass die<br />
Bedeutung ihres ehrenamtlichen<br />
Einsatzes weiter zunehmen wird.<br />
Angesichts der z. Z. zu beobachtenden<br />
Entwicklung, dass sich in<br />
den Köpfen vieler <strong>für</strong> unser Land<br />
Verantwortlicher eine Abkehr von<br />
der Einsicht erfolgt, dass Umwelt-<br />
und <strong>Natur</strong>schutz <strong>für</strong> uns alle<br />
entscheidend wichtig ist – und dass<br />
man versucht, viele entsprechende<br />
Verantwortlichkeiten abzuschütteln<br />
und ehrenamtliche Institutionen wie<br />
z. B. die Landschaftsbeiräte bei den<br />
Bezirksregierungen und sinnvolle<br />
Klagemöglichkeiten der Verbände<br />
einzuschränken – wohl um ungehemmter<br />
beim Verbrauch der Flächen-Ressourcen<br />
zu sein – kommen<br />
auf den freischaffenden <strong>Natur</strong>schutz<br />
zusätzliche Aufgaben und Selbstver-<br />
Small talk 3: NABU-NRW-Vorsitzender Josef Tumbrinck, Dr. Stefan Kisteneich (NRW-<br />
Stiftung) und Dr. Henning Vierhaus (Vorsitzender der ABU)<br />
pfl ichtungen zu. Uns <strong>Natur</strong>schützern<br />
geht, solange es doch noch <strong>Natur</strong><br />
gibt, aus diesen Gründen erst recht<br />
nicht die Arbeit aus!<br />
Der ehrenamtliche <strong>Natur</strong>schutz wird<br />
dadurch eher neue Lebenskräfte<br />
aufnehmen, und dass der VNV auch<br />
unter diesen Bedingungen erfolgreich<br />
seine Arbeit weiterführt und<br />
führen kann – das wünsche ich ihm<br />
von Herzen. Ich wünsche uns, dass<br />
Small talk 4<br />
er auch in Zukunft einen entscheidenden<br />
Beitrag dazu leisten kann,<br />
dass die reichhaltigen Lebensgemeinschaften<br />
des hohen Sauerlandes<br />
erhalten bleiben und dass dadurch<br />
auch gewährleistet wird, dass das<br />
Sauerland dauerhaft seinen Reiz<br />
<strong>für</strong> Erholungssuchende aus nah und<br />
fern behält.<br />
IRRGEISTER 2007 87
����<br />
���������<br />
�������������<br />
������������������������������
voller <strong>Natur</strong> und Menschen ergeben<br />
sich Spannungen, die die <strong>Natur</strong>schützer<br />
des VNV ständig erlebt<br />
haben und auch weiter erfahren werden.<br />
Durch ihre fachkundige Arbeit<br />
machen sie nun deutlich, wo die<br />
Grenzen sind <strong>für</strong> die Nutzung der<br />
Landschaft und <strong>Natur</strong>, aber auch,<br />
wie man sich arrangieren kann, wie<br />
eine dauerhafte Koexistenz aussehen<br />
kann.<br />
Solche Kompromisse und Regelungen<br />
wurden gefunden etwa im Bereich<br />
der Medebacher Bucht, das in<br />
großen Teilen Vogelschutzgebiet ist.<br />
Allerdings gingen hier im Zusammenhang<br />
mit der Meldung und Abgrenzung<br />
die Wogen gegen den <strong>Natur</strong>schutz<br />
besonders hoch.<br />
Erfolge sind zu vermelden bei der<br />
Erstellung von Landschaftsplänen,<br />
bei der Ausweisung von <strong>Natur</strong>schutzgebieten,<br />
etwa entlang der<br />
Ruhr – dies alles aber in glücklicher<br />
Zusammenarbeit mit einer Unteren<br />
Landschaftsbehörde, die mit Durchsetzungsvermögen<br />
manches ins Ziel<br />
geführt hat.<br />
In genügend Fällen allerdings blieb<br />
der VNV bzw. der <strong>Natur</strong>schutz im<br />
Sauerland leider nur zweiter Sieger.<br />
So, wenn jüngst entschieden wurde,<br />
dass ein Fledermaustunnel zur<br />
86 IRRGEISTER 2007<br />
Small talk 2<br />
Fahrradwanderstrecke umfunktioniert<br />
und ausgebaut wird; wenn Flächen,<br />
die die Größe eines mittelalterlichen<br />
Stadtkerns haben, verbraucht<br />
werden, nur um eine<br />
Getränkeabfüllanlage zu errichten.<br />
Und es bleibt zu fragen, ob die Stadt<br />
Arnsberg nicht vielleicht neben einem<br />
Preis <strong>für</strong> Bürokratieabbau bezüglich<br />
der Errichtung eines Hochregallagers<br />
– so stand es jüngst in<br />
der Zeitung - nicht auch eine „Saure<br />
Zitrone“ <strong>für</strong> das Umschiffen landschaftlicher<br />
Belange bekommen<br />
müsste.<br />
Schutz der <strong>Natur</strong> - wovor?<br />
All die Freude über 25 Jahre mit gelungener<br />
<strong>Natur</strong>schutzarbeit soll<br />
aber nicht den Blick da<strong>für</strong> trüben,<br />
dass sich die Dinge hier wie überall<br />
immer noch hart im Raum stoßen.<br />
Das wird einem besonders dann<br />
bewusst, wenn man sich vor Augen<br />
führt, wovor <strong>Natur</strong>schützer denn<br />
<strong>Natur</strong> schützen. Es sind ausschließlich<br />
Gefährdungen, die von uns<br />
Menschen und seinen z. T. sehr egoistischen<br />
Begehrlichkeiten ausgehen.<br />
Also ergeben sich auf diese Weise<br />
naturgemäß die Konflikte zwischen<br />
<strong>Natur</strong> –in –Anspruch nehmenden<br />
Menschen und <strong>Natur</strong>schützern.<br />
Schließlich sei hier die Frage erlaubt,<br />
was der HSK mit Nairobi zu<br />
tun hat. Sind es nur die großen Pflanzenfresser,<br />
die in den Wäldern des<br />
Kreises unterwegs sind und die großen<br />
Tiere im Nationalpark in Nairobis<br />
Nähe? Nein, etwas anderes ist<br />
mir aufgestoßen:<br />
So haben sich Anfang November in<br />
Nairobi Fachleute und hochrangige<br />
Politiker den Kopf darüber zerbrochen<br />
– allerdings ohne großen Erfolg<br />
- wie man den CO -Ausstoß auf<br />
2<br />
der Erde und besonders in den Industriestaaten<br />
verringern kann. Denn es<br />
gibt guten Grund zur Annahme, dass<br />
zusätzliche Promille dieses Gases in<br />
der Atmosphäre eine – vorsichtig<br />
gesagt – problematische Zunahme<br />
der Jahresdurchschnittstemperaturen<br />
bewirken. Neben den<br />
Menschen, die derartiges ganz in<br />
Abrede stellen, gibt es in dieser Situation<br />
viele, die mit dem Finger auf<br />
Amerika oder China weisen und sagen,<br />
solange die so weiter machen,<br />
können wir eh nichts tun. Allerdings<br />
finden sich in Deutschland viele<br />
ernstzunehmende und eigentlich<br />
einflussreiche Mahner - auch in der<br />
hohen Politik, die dringend Maßnahmen<br />
gerade auch bei uns einfordern.<br />
Und in dieser ernsten Situation freut<br />
man sich im HSK über die Erweiterung<br />
des Ski-Zirkusses bzw. Skilift-<br />
Karussells bei Winterberg. Hier wurden<br />
weitere Beschneiungsanlagen<br />
installiert, die unglaubliche Energiemengen<br />
verbrauchen. Um 30 ha Piste<br />
zu beschneien, werden mindestens<br />
260 MW/h verbraucht, ganz zu<br />
schweigen von den benötigten Wassermengen.<br />
Und all das führt zum<br />
weiteren Anschwellen des durch die<br />
Täler des Sauerlandes brandenden<br />
Verkehrs.<br />
Wenn der momentane wirtschaftliche<br />
Erfolg auf diese Weise ausgebaut<br />
und erkauft wird, kann das nun<br />
wirklich nichts mit der viel beschworenen<br />
Nachhaltigkeit zu tun haben.<br />
Noch ein Wort zur Nachhaltigkeit.<br />
Wenn die selbst ernannten
„Hamsterjäger“, und vergleichbares<br />
gibt es auch im Hochsauerland, wieder<br />
einmal <strong>Natur</strong>schützer als<br />
Verhinderer des wirtschaftlichen<br />
Aufschwungs beschimpfen, dann<br />
vernebeln sie unbewusst oder<br />
bewusst, dass sie sich eigentlich nur<br />
an einem nicht nachhaltigen Verbrauch<br />
von Fläche gehindert fühlen.<br />
Übrigens gibt es positive Veränderungen<br />
in der Tier und Pflanzenwelt auch im<br />
HSK, die kein Erfolg des <strong>Natur</strong>schutzes<br />
sind und die sich auch kein Politiker auf<br />
seine Fahnen schreiben kann. Und damit<br />
schließe ich an das Vorausgegangene<br />
an.<br />
Wenn heute Wespenspinnen im HSK<br />
leben und die wärmeliebende<br />
Zippammer im Osten des Kreises in<br />
mehreren Paaren brütet, so ist das schön,<br />
allerdings sind diese Entwicklungen eindeutig<br />
Folgen der tatsächlich immer<br />
wärmeren Sommer.<br />
Zukünftige Bedeutung des <strong>Natur</strong>schutzes<br />
Kehren wir zum VNV zurück. Ich<br />
wünsche diesem <strong>Verein</strong>, diesen hier<br />
im <strong>Natur</strong>schutz tätigen Personen,<br />
Männern, Frauen wie auch den aktiven<br />
Jugendlichen weiterhin viel<br />
Erfolg bei ihrer wichtigen Arbeit. Ich<br />
wage sogar zu sagen, dass die Bedeutung<br />
ihres ehrenamtlichen Einsatzes<br />
weiter zunehmen wird.<br />
Angesichts der z. Z. zu beobachtenden<br />
Entwicklung, dass sich in den<br />
Köpfen vieler <strong>für</strong> unser Land Verantwortlicher<br />
eine Abkehr von der<br />
Einsicht erfolgt, dass Umwelt- und<br />
<strong>Natur</strong>schutz <strong>für</strong> uns alle entscheidend<br />
wichtig ist – und dass man versucht,<br />
viele entsprechende Verantwortlichkeiten<br />
abzuschütteln und<br />
ehrenamtliche Institutionen wie z. B.<br />
die Landschaftsbeiräte bei den Bezirksregierungen<br />
und sinnvolle<br />
Klagemöglichkeiten der Verbände<br />
einzuschränken – wohl um ungehemmter<br />
beim Verbrauch der Flächen-Ressourcen<br />
zu sein – kommen<br />
auf den freischaffenden <strong>Natur</strong>schutz<br />
zusätzliche Aufgaben und Selbst-<br />
Small talk 3: NABU-NRW-Vorsitzender Josef Tumbrinck, Dr. Stefan Kisteneich (NRW-<br />
Stiftung) und Dr. Henning Vierhaus (Vorsitzender der ABU)<br />
verpflichtungen zu. Uns <strong>Natur</strong>schützern<br />
geht, solange es doch noch <strong>Natur</strong><br />
gibt, aus diesen Gründen erst<br />
recht nicht die Arbeit aus!<br />
Der ehrenamtliche <strong>Natur</strong>schutz wird<br />
dadurch eher neue Lebenskräfte aufnehmen,<br />
und dass der VNV auch<br />
unter diesen Bedingungen erfolgreich<br />
seine Arbeit weiterführt und<br />
führen kann – das wünsche ich ihm<br />
Small talk 4<br />
von Herzen. Ich wünsche uns, dass<br />
er auch in Zukunft einen entscheidenden<br />
Beitrag dazu leisten kann,<br />
dass die reichhaltigen Lebensgemeinschaften<br />
des hohen Sauerlandes<br />
erhalten bleiben und dass dadurch<br />
auch gewährleistet wird, dass das<br />
Sauerland dauerhaft seinen Reiz <strong>für</strong><br />
Erholungssuchende aus nah und fern<br />
behält.<br />
IRRGEISTER 2007 87