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und „mden” in chilenischen ewässern (1925–1927)

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Kategorisierungen der deutschsprachigen E<strong>in</strong>wohner<br />

nostalgischen Rückblick auf die „guten” vorkommunistischen Zeiten wird das<br />

Bild von „800 Jahren fre<strong>und</strong>lichen Zusammenlebens im Herzen Europas” fixiert.<br />

Der Mitverantwortung für die tragischen Ereignisse von 1939–1945 wird <strong>in</strong> dieser<br />

M<strong>in</strong>oritätsgeschichte ger<strong>in</strong>gere Aufmerksamkeit gewidmet, mehr Raum wird<br />

der vorher tabuisierten karpatendeutschen Opfergeschichte der Jahre 1944–1946<br />

gegeben. 22 Dieses Narrativ hat nur mehr wenige Adressaten.<br />

Laut autobiographischen Erzählungen, die Zuzana Búriková <strong>in</strong> Schwedler<br />

(Švedlár) <strong>in</strong> der Zips gesammelt <strong>und</strong> analysiert hat, verstehen die heutigen Deutschen<br />

die Kategorie „wir” nicht ausschließlich ethnisch, sondern auch lokal<br />

<strong>und</strong> territorial; bezogen auf den Zeitraum vor 1945 unterscheiden sie zwischen<br />

Reichsdeutschen <strong>und</strong> Volksdeutschen. Die eigene Gruppe bezeichnen sie mit<br />

„wir”, „unsere”, „eigene”, selten verwenden sie das Ethnonym. Ihr Selbstbild<br />

reflektiert die Veränderung der politischen Lage: nach dem Zweiten Weltkrieg<br />

wurde die bis dah<strong>in</strong> privilegierte M<strong>in</strong>orität als Teil des Volkes wahrgenommen,<br />

das den Krieg führte <strong>und</strong> verlor. Reaktion auf das slowakische Stereotyp des<br />

Deutschen <strong>in</strong> der Nachkriegsära („Faschist = Deutscher = Mörder”) war die<br />

Distanzierung der Bewohner von Schwedler vom Nazismus <strong>und</strong> die Betonung<br />

von E<strong>in</strong>fachheit <strong>und</strong> Armut. 23 Dies steht im Kontrast zum üblichen älteren slowakischen<br />

Heterostereotyp des reichen Deutschen 24 <strong>und</strong> betont die Tatsache, dass so<br />

genannte „charakteristische ethnische Merkmale” nicht stabil s<strong>in</strong>d, sondern sich<br />

nach gegebener Situation ändern.<br />

Dem statischen Begriff „Deutsche <strong>in</strong> der Slowakei”, der bei der wissenschaftlichen<br />

Analyse verwendet wurde, fehlt die konkrete chronologische E<strong>in</strong>zigartigkeit;<br />

er bezeichnet imag<strong>in</strong>äre Kollektive auf unterschiedlichen Integrations- <strong>und</strong><br />

Emanzipationsstufen – von den deutschen Ungarn, über Deutsch-Ungarn, Deutsche<br />

<strong>in</strong> der Slowakei bis zu den Karpatendeutschen. Wie dennoch deutlich geworden<br />

se<strong>in</strong> sollte, hat sich das Bewusstse<strong>in</strong> der Gruppenexistenz sehr differenziert<br />

herausgebildet <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den genannten Kategorien nach <strong>in</strong>nen heterogene,<br />

nach außen nicht genau begrenzte Gruppierungen erfasst. 25<br />

22 PÖSS 2002.<br />

23 BÚRIKOVÁ 2000.<br />

24 Vgl. MACHAJDÍKOVÁ 2004.<br />

25 Die Vorbereitung dieses Beitrags wurde von der wissenschaftlichen Agentur VEGA unterstützt,<br />

Projektnummer 2/7181/27.<br />

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