und „mden” in chilenischen ewässern (1925–1927)

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Albert F. Reiterer nach dem Systemwechsel von 1990 dürfte aber nichtsdestoweniger für Ostmitteleuropa unterschiedliche Konsequenzen haben, da eine neue Struktur der Abhängigkeit aufgebaut wurde. Es zeichnen sich somit unterschiedliche Zonen ab. Die Entwicklung Ab dem 15. Jahrhundert zeichnete sich ein neuer Aufbau der Welt ab. Westeuropa wurde zum Zentrum eines einzigen Weltsystems. Die Abgrenzung dieses Zentrums war aber damals ebenso wenig schon klar wie seine künftige Stellung. Doch wir können innerhalb Europas eine Trennlinie erkennen, auch wenn sie später modifiziert wurde: die Hajnal-Linie. Die politischen Grenzen – wenn es überhaupt zulässig ist, für damals diesen so stark mit heutigen Semantiken beladenen Begriff zu verwenden – deckten sich damit aber nicht. Das westeuropäische Heiratsmuster ist eine eher ungewöhnliche Struktur der Weltbevölkerung. 4 Als die Menschen in der „neolithischen Revolution“ (nach dem weit verbreiteten Ausdruck V. Gordon Childes) sesshaft wurden, bedeutete dies auch einen Demographischen Übergang. Von der wahrscheinlich mittleren Sterblichkeit und Fruchtbarkeit von Sammlern und Jägern stieg man jeweils auf hohe Werte. Der eine könnte den anderen Faktor nach sich gezogen haben. Die Spekulation, das enge Zusammenleben mit den nun domestizierten Haustieren habe die Infektionskette gezündet, 5 hat einen gewissen Reiz. Die bäuerlichen Bevölkerungen hatten nun im Grunde das entgegengesetzte Problem dessen, was Malthus als allgemein behauptet hat: Um als Population zu überleben, musste das Gebären bei ihnen schnell einsetzen. Die Lebenserwartung bei Geburt (LE 0 ) dürfte bei ihnen nicht viel über 20 Jahre gelegen haben. Wenn dies auch im starken Ausmaß auf die exorbitante Kindersterblichkeit zurück ging, war doch auch die Erwachsenensterblichkeit hoch. Die einzig legitime Form der Prokreation war aber eine formalisierte Eheschließung, wie immer die aussah. So folgte auf die Geschlechtsreife schnell die Familienbildung, vor allem bei Frauen. Anders stand es in Westeuropa seit dem Hochmittelalter. Feudale Grundherren – so Mackenroth 1953 6 – hatten ein Interesse, dass der Bodenertrag nicht zur Gänze in die Subsistenz der Bauern ging. Mit ihrem direkten Zugriff auf diese Gruppe konnten sie Druck ausüben, z. B. Heiraten verhindern. Das Heiratsalter begann also zu steigen. – Ein völlig anderer und mit Mackenroth schlecht vereinbarer Zugang geht von der Entstehung eines Arbeitsmarkts in England und den Niederlanden insbesondere für junge Erwachsene aus, der das Heiratsalter von 4 Vgl. HARTMAN 2003, 4. Die Autorin nennt dies übertreibend „eine riesige Anomalie“. 5 DIAMOND 1996. 6 MACKENROTH 1953. � 410 �

Mitteleuropäische Bevölkerungen? Ungarn und Österreich Frauen stark erhöht hätte. 7 Das späte Heiratsalter im Westen könnte also unterschiedliche Gründe haben. Ist also das westeuropäische Heiratsmuster ein Produkt des Feudalismus? Ein Blick auf Japan, wo es in der Tokugawa-Zeit eine sehr ähnliche Struktur gab, wäre eine gewisse Stütze für diese Auffassung: Zumindest die Fertilität war dort vor der Meiji-Restauration erstaunlich niedrig; sie begann erst knapp vor der Wende zum 20. Jahrhundert zu steigen – das erinnert übrigens an den Ablauf in England 1680–1820. Wenn diese Auffassung zuträfe, was ist dann mit der Gesellschaft in Ost- und Südeuropa? War dies kein Feudalismus? Zumindest für Ungarn käme dies überraschend. Man geht in der Regel davon aus, dass sich das Land seit der Christianisierung rapid feudalisiert hat. Ich möchte in der Folge mitteleuropäische generative Strukturen an den Bevölkerungen der heutigen Staaten Ungarn und Österreich kurz diskutieren. Ausgangspunkt ist allerdings das 19. Jahrhundert. Schließlich geht es um die neueren Prozesse und ihren möglichen Einfluss auf die Gegenwart. Die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg ist besonders interessant, weil hier einerseits mehrere Bevölkerungsweisen nebeneinander stehen, andererseits in der Gegenwart eine bestimmte Konvergenz in atemberaubend schneller Form ablief. Die letzten eineinhalb Jahrhunderte Praktisch alle demographischen Variablen sind in hohem Maß von Wohlstand und Entwicklungsniveau abhängig. Es ist also angezeigt, auf diese einen kurzen Blick zu werfen. Als besten Einzelindikator verwenden wir das Pro-Kopf-Produkt. Die Daten sind mit Vorsicht zu betrachten, weil sie die Verteilung und daher klassenspezifische Reaktionen nicht berücksichtigen. In Wien waren z. B. die Arbeiterlöhne seit Jahrhunderten gesunken und in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts unglaublich niedrig. 8 Sowohl das heutige Österreich als auch das heutige Ungarn erlebten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts eine starke Bevölkerungszunahme. Ungarn startete offenbar etwas später. 9 Beide späteren Staaten waren aber damals in größere politische Verbände eingebunden. Es ist also sinnvoll, zuerst einen Blick auf die Gesamtentwicklung zu werfen. Dabei ist, unserer Fragestellung zufolge, nicht hauptsächlich die Eckzahl der Bevölkerung selbst wichtig. Der Habsburgerstaat hatte in der josephinischen Zeit 20,7 Mill. Einwohner, davon rund 11,6 im späte- 7 Vgl. de MOOR / van ZANDEN 2006 und dort angeführte Literatur. 8 Vgl. PŘIBRAM 1938; BROADBERRY / GUPTA 2006, Tab. 2. 9 Für die frühe Entwicklung vgl. FÜGEDI 1969, wobei die sehr frühen Zahlen mit Sicherheit drastisch überschätzt sind. � 411 �

Mitteleuropäische Bevölkerungen? Ungarn <strong>und</strong> Österreich<br />

Frauen stark erhöht hätte. 7 Das späte Heiratsalter im Westen könnte also unterschiedliche<br />

Gründe haben.<br />

Ist also das westeuropäische Heiratsmuster e<strong>in</strong> Produkt des Feudalismus? E<strong>in</strong><br />

Blick auf Japan, wo es <strong>in</strong> der Tokugawa-Zeit e<strong>in</strong>e sehr ähnliche Struktur gab, wäre<br />

e<strong>in</strong>e gewisse Stütze für diese Auffassung: Zum<strong>in</strong>dest die Fertilität war dort vor<br />

der Meiji-Restauration erstaunlich niedrig; sie begann erst knapp vor der Wende<br />

zum 20. Jahrh<strong>und</strong>ert zu steigen – das er<strong>in</strong>nert übrigens an den Ablauf <strong>in</strong> England<br />

1680–1820. Wenn diese Auffassung zuträfe, was ist dann mit der Gesellschaft <strong>in</strong><br />

Ost- <strong>und</strong> Südeuropa? War dies ke<strong>in</strong> Feudalismus? Zum<strong>in</strong>dest für Ungarn käme<br />

dies überraschend. Man geht <strong>in</strong> der Regel davon aus, dass sich das Land seit der<br />

Christianisierung rapid feudalisiert hat.<br />

Ich möchte <strong>in</strong> der Folge mitteleuropäische generative Strukturen an den<br />

Bevölkerungen der heutigen Staaten Ungarn <strong>und</strong> Österreich kurz diskutieren.<br />

Ausgangspunkt ist allerd<strong>in</strong>gs das 19. Jahrh<strong>und</strong>ert. Schließlich geht es um die<br />

neueren Prozesse <strong>und</strong> ihren möglichen E<strong>in</strong>fluss auf die Gegenwart. Die Zeit nach<br />

dem Zweiten Weltkrieg ist besonders <strong>in</strong>teressant, weil hier e<strong>in</strong>erseits mehrere<br />

Bevölkerungsweisen nebene<strong>in</strong>ander stehen, andererseits <strong>in</strong> der Gegenwart e<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Konvergenz <strong>in</strong> atemberaubend schneller Form ablief.<br />

Die letzten e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>halb Jahrh<strong>und</strong>erte<br />

Praktisch alle demographischen Variablen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> hohem Maß von Wohlstand<br />

<strong>und</strong> Entwicklungsniveau abhängig. Es ist also angezeigt, auf diese e<strong>in</strong>en kurzen<br />

Blick zu werfen. Als besten E<strong>in</strong>zel<strong>in</strong>dikator verwenden wir das Pro-Kopf-Produkt.<br />

Die Daten s<strong>in</strong>d mit Vorsicht zu betrachten, weil sie die Verteilung <strong>und</strong><br />

daher klassenspezifische Reaktionen nicht berücksichtigen. In Wien waren z. B.<br />

die Arbeiterlöhne seit Jahrh<strong>und</strong>erten gesunken <strong>und</strong> <strong>in</strong> der ersten Hälfte des 19.<br />

Jahrh<strong>und</strong>erts unglaublich niedrig. 8<br />

Sowohl das heutige Österreich als auch das heutige Ungarn erlebten bis zur<br />

Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong>e starke Bevölkerungszunahme. Ungarn startete<br />

offenbar etwas später. 9 Beide späteren Staaten waren aber damals <strong>in</strong> größere<br />

politische Verbände e<strong>in</strong>geb<strong>und</strong>en. Es ist also s<strong>in</strong>nvoll, zuerst e<strong>in</strong>en Blick auf die<br />

Gesamtentwicklung zu werfen. Dabei ist, unserer Fragestellung zufolge, nicht<br />

hauptsächlich die Eckzahl der Bevölkerung selbst wichtig. Der Habsburgerstaat<br />

hatte <strong>in</strong> der joseph<strong>in</strong>ischen Zeit 20,7 Mill. E<strong>in</strong>wohner, davon r<strong>und</strong> 11,6 im späte-<br />

7 Vgl. de MOOR / van ZANDEN 2006 <strong>und</strong> dort angeführte Literatur.<br />

8 Vgl. PŘIBRAM 1938; BROADBERRY / GUPTA 2006, Tab. 2.<br />

9 Für die frühe Entwicklung vgl. FÜGEDI 1969, wobei die sehr frühen Zahlen mit Sicherheit<br />

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