und „mden” in chilenischen ewässern (1925–1927)

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06.12.2012 Aufrufe

Jenő Kaltenbach Bei der Suche einer Antwort auf die Frage, warum Minderheiten überhaupt ein Konfliktpotenzial sind, lautet seine These: „ In der Wirklichkeit geht es meist um Probleme die die Mehrheit mit der jeweiligen Minderheit hat. Damit sind in erster Linie die Mehrheiten und nicht die Minderheiten das Problem und ein Konfliktpotential ergibt sich beinahe regelmäßig aus dem intransigenten Verhalten von Mehrheit gegenüber Minderheit. Letztere hat meist nicht viel mehr an Spielraum bzw. Möglichkeit, als auf ein solches Negativverhalten angemessen oder oft auch unangemessen zu reagieren.” 5 Welche Hoffnungen gibt es dann in dieser anscheinend hoffnungslosen Lage? Fragte man die Minderheiten, würden diese sicher mit der Forderung nach mehr Autonomie antworten. Darunter würden sie natürlicherweise so viel Selbstständigkeit wie möglich verstehen, ohne darauf zu achten, dass dies gleichzeitig so viel Abgrenzung wie möglich vom Rest der Gesellschaft bedeuten würde. Insbesondere die so genannte territoriale Autonomie impliziert eine solche Abgrenzung. ‚Mehr Autonomie’ könnte aber auch dazu führen, dass die verschiedenen Gemeinschaften – nachdem sie ihre gegenseitige Vorurteile und Ängste überwunden oder, wie man das so schön deutsch sagt, bewältigt haben – in einer Art Kohabitation durch Anwendung föderativer Strukturen gegenseitige Gemeinsamkeiten entwickeln und damit eine Grundlage schaffen für die gemeinsame Gesellschaft und den gemeinsamen Staat. Das Spannungsfeld Mehrheit – Minderheit könnte durch das Gefühl der Koexistenz von gleichberechtigten Partnergemeinschaften im gemeinsamen multikulturellen Staat und einer ebensolchen Gesellschaft ersetzt werden. Dazu gehört auch das Aufeinander- Zugehen in den verschiedensten Formen, wie z. B. Mehrsprachigkeit. Es gibt einige positive Beispiele hierfür in Europa, nicht nur die Schweiz, sondern auch Spanien oder Finnland. Wo die Voraussetzungen zu Autonomieregelungen dieser Art nicht gegeben sind, stellt sich die Frage, wie anders könnte man den Ansprüchen der Minderheiten gerecht werden? Und hier glaube ich, könnte man Ungarn durchaus als Modell betrachten. Die Minderheitengemeinschaften sind verhältnismäßig klein, siedeln zerstreut und sind weitgehend integriert bzw. assimiliert. In solchen Fällen kommt typischerweise die so genannte kulturelle Autonomie zur Anwendung: eine nicht-territoriale, personenbezogene Abgrenzung der Minderheit(en) vom übrigen Teil der Gesellschaft. Die staatliche Struktur den gesellschaftlichen Gegebenheiten anzupassen zu wollen, das heißt eine Autonomie der Minderheit als einen selbstständigen Bereich des Staates zu definieren, wäre und ist im Falle Ungarns unrealistisch. 5 SEEWANN 1995, 4–5. � 404 �

Aspekte einer multikulturellen Autonomie, oder „unfrisierte” Gedanken Autonomie ist bei solchen Gegebenheiten nur vorstellbar, wenn sie als relative Selbstständigkeit der gesellschaftlichen Strukturen, als der so genannte zivile Bereich von Staat aufgefasst wird. In diesem Zusammenhang kann man durchaus von einer multikulturellen Autonomie sprechen, wie sie in der Geschichte Ungarns schon einmal Realität war. Die Homogenisierung vollzog sich durch die Verstaatlichung von wichtigen Bereichen des Lebens, insbesondere des Schulwesens. Die multikulturelle Selbstständigkeit der Gesellschaft ging dadurch verloren, – ein Schaden, der nur dadurch zu beheben ist, dass man versucht, die verlorengegangene Autonomie wieder zu finden. Es handelt sich also in diesem Zusammenhang nicht um die kulturelle Autonomie einer oder mehrerer Minderheiten der Mehrheit gegenüber, vielmehr geht es um die autonome Bewegung einer multikulturell gestalteten Gesellschaft dem eigenen Staat gegenüber. Meines Erachtens ist dies der einzige Weg, der zum friedlichen Zusammenleben der verschieden Kulturen führen kann. Voraussetzung ist freilich eine gut entwickelte, selbstbewusste, gesunde Zivilgesellschaft. Gerade dies stellt wiederum in den meisten Ländern Südost- und Mitteleuropas das größte Hindernis dar: der mangelhafte Entwicklungsstand von zivilen Strukturen, die in der Lage wären, dem staatlichen Zentralisierungs- und Eroberungswillen stand zu halten. � 405 �

Jenő Kaltenbach<br />

Bei der Suche e<strong>in</strong>er Antwort auf die Frage, warum M<strong>in</strong>derheiten überhaupt<br />

e<strong>in</strong> Konfliktpotenzial s<strong>in</strong>d, lautet se<strong>in</strong>e These: „ In der Wirklichkeit geht es meist<br />

um Probleme die die Mehrheit mit der jeweiligen M<strong>in</strong>derheit hat. Damit s<strong>in</strong>d<br />

<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie die Mehrheiten <strong>und</strong> nicht die M<strong>in</strong>derheiten das Problem <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

Konfliktpotential ergibt sich be<strong>in</strong>ahe regelmäßig aus dem <strong>in</strong>transigenten Verhalten<br />

von Mehrheit gegenüber M<strong>in</strong>derheit. Letztere hat meist nicht viel mehr an<br />

Spielraum bzw. Möglichkeit, als auf e<strong>in</strong> solches Negativverhalten angemessen<br />

oder oft auch unangemessen zu reagieren.” 5<br />

Welche Hoffnungen gibt es dann <strong>in</strong> dieser ansche<strong>in</strong>end hoffnungslosen Lage?<br />

Fragte man die M<strong>in</strong>derheiten, würden diese sicher mit der Forderung nach mehr<br />

Autonomie antworten. Darunter würden sie natürlicherweise so viel Selbstständigkeit<br />

wie möglich verstehen, ohne darauf zu achten, dass dies gleichzeitig so viel<br />

Abgrenzung wie möglich vom Rest der Gesellschaft bedeuten würde. Insbesondere<br />

die so genannte territoriale Autonomie impliziert e<strong>in</strong>e solche Abgrenzung.<br />

‚Mehr Autonomie’ könnte aber auch dazu führen, dass die verschiedenen Geme<strong>in</strong>schaften<br />

– nachdem sie ihre gegenseitige Vorurteile <strong>und</strong> Ängste überw<strong>und</strong>en<br />

oder, wie man das so schön deutsch sagt, bewältigt haben – <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Art Kohabitation<br />

durch Anwendung föderativer Strukturen gegenseitige Geme<strong>in</strong>samkeiten<br />

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<strong>und</strong> den geme<strong>in</strong>samen Staat. Das Spannungsfeld Mehrheit – M<strong>in</strong>derheit könnte<br />

durch das Gefühl der Koexistenz von gleichberechtigten Partnergeme<strong>in</strong>schaften<br />

im geme<strong>in</strong>samen multikulturellen Staat <strong>und</strong> e<strong>in</strong>er ebensolchen Gesellschaft ersetzt<br />

werden. Dazu gehört auch das Aufe<strong>in</strong>ander- Zugehen <strong>in</strong> den verschiedensten<br />

Formen, wie z. B. Mehrsprachigkeit. Es gibt e<strong>in</strong>ige positive Beispiele hierfür <strong>in</strong><br />

Europa, nicht nur die Schweiz, sondern auch Spanien oder F<strong>in</strong>nland.<br />

Wo die Voraussetzungen zu Autonomieregelungen dieser Art nicht gegeben<br />

s<strong>in</strong>d, stellt sich die Frage, wie anders könnte man den Ansprüchen der M<strong>in</strong>derheiten<br />

gerecht werden? Und hier glaube ich, könnte man Ungarn durchaus als<br />

Modell betrachten. Die M<strong>in</strong>derheitengeme<strong>in</strong>schaften s<strong>in</strong>d verhältnismäßig kle<strong>in</strong>,<br />

siedeln zerstreut <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d weitgehend <strong>in</strong>tegriert bzw. assimiliert. In solchen<br />

Fällen kommt typischerweise die so genannte kulturelle Autonomie zur Anwendung:<br />

e<strong>in</strong>e nicht-territoriale, personenbezogene Abgrenzung der M<strong>in</strong>derheit(en)<br />

vom übrigen Teil der Gesellschaft. Die staatliche Struktur den gesellschaftlichen<br />

Gegebenheiten anzupassen zu wollen, das heißt e<strong>in</strong>e Autonomie der M<strong>in</strong>derheit<br />

als e<strong>in</strong>en selbstständigen Bereich des Staates zu def<strong>in</strong>ieren, wäre <strong>und</strong> ist im Falle<br />

Ungarns unrealistisch.<br />

5 SEEWANN 1995, 4–5.<br />

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