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und „mden” in chilenischen ewässern (1925–1927)

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Jenő Kaltenbach<br />

Gesellschaften unter Kontrolle zu halten. Der Staat ist eigentlich das Instrument<br />

<strong>in</strong> der Hand der so genannten Titularnation, um ihre Vorherrschaft zu sichern.<br />

Dazu gab <strong>und</strong> gibt es verschiedene Methoden: Gewaltsame Homogenisierung, 2<br />

ethnische Säuberung als nicht ‚salonfähige’ sowie die Anwendung verschiedenster<br />

Autonomiemodelle als statthafte, anerkannte Methoden. Dabei g<strong>in</strong>g es immer<br />

um die Abgrenzung der Mehrheit als staatsbildende Geme<strong>in</strong>schaft von der (den)<br />

M<strong>in</strong>derheit(en) als – im besten Fall – geduldete Geme<strong>in</strong>schaft(en). Nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen<br />

wenigen multiethnischen Staatsgebilden ist es gelungen, die staatlichen Strukturen<br />

den gesellschaftlichen anzupassen.<br />

Auch bei den Autonomie- <strong>und</strong> M<strong>in</strong>derheitenschutzmodellen wird meist versucht,<br />

das Mehrheits-M<strong>in</strong>derheits-Verhältnis so klar wie möglich zu bestimmen.<br />

Betont werden die Andersartigkeit <strong>und</strong> Divergenzen, nicht die Geme<strong>in</strong>samkeiten.<br />

Autonomie ist letztlich e<strong>in</strong>e Ersatzlösung für die Nichtrealisierbarkeit des Selbstbestimmungsrechts.<br />

Am deutlichsten ist dies zu sehen bei den Bemühungen, nach dem Ersten<br />

Weltkrieg e<strong>in</strong>en gerechten, durch völkerrechtliche Verträge gesicherten M<strong>in</strong>derheitenschutz<br />

(mechanismus) aufzubauen. Man wollte die M<strong>in</strong>derheiten vor<br />

den Mehrheiten schützen, <strong>und</strong> gab damit eigentlich zu, daß die neuentstandenen<br />

Staaten auf der Herrschaft der jeweiligen Mehrheitsethnie basierten <strong>und</strong> nicht<br />

etwa auf der staatsbürgerlichen Geme<strong>in</strong>samkeit der <strong>in</strong> ihnen vere<strong>in</strong>igten verschieden<br />

ethnischen Geme<strong>in</strong>schaften. Treffend hat man das Friedenssystem der<br />

Pariser Vorort-Verträge als „a peace to end all peace” bezeichnet. 3<br />

Es führte wie bekannt zu den schrecklichsten Ereignissen, die die Welt <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong>sbesondere Europa je erlebt hatten. Nach 1945 wurde dann versucht, die ganze<br />

Problematik der M<strong>in</strong>derheitenrechte <strong>und</strong> des M<strong>in</strong>derheitenschutzes zu <strong>in</strong>dividualisieren,<br />

<strong>in</strong> der Hoffnung, die Entwicklung der Demokratie <strong>und</strong> die Verpflichtung<br />

zur Achtung der Menschenrechte würden M<strong>in</strong>derheitenschutzmechanismen<br />

überflüssig machen.<br />

Inzwischen s<strong>in</strong>d wir zu der Erkenntnis gekommen, dass auch dieser Weg<br />

nicht zur Lösung führt. Laut Ethnizität- <strong>und</strong> Nationalismusforschung muss vielmehr<br />

mit dem weltweiten Anstieg ethnonationaler Konflikte gerechnet werden.<br />

Unter anderem deshalb, weil – so der heute <strong>in</strong> Kopenhagen lehrende – Berl<strong>in</strong>er<br />

Politologe Thomas Scheffler <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Aufsatz über Ethnoradikalismus: „Urba-<br />

2 Darunter versteht man nicht nur die Anwendung von direkter Gewalt, sondern verschiedene<br />

staatliche Praktiken, das Leben der M<strong>in</strong>derheiten so aussichtslos <strong>und</strong> möglichst unattraktiv zu<br />

gestalten, dass diese sich „freiwillig” assimilieren lassen. Am Ende solcher Prozesse steht dann<br />

häufig die Ausrede des Nationalstaates, die M<strong>in</strong>derheit sei nicht dem staatlichen Druck, sondern<br />

der Attraktivität der Kultur der Titularnation erlegen.<br />

3 FROMKIN 1989.<br />

�<br />

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