und „mden” in chilenischen ewässern (1925–1927)

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Isabel Ströhle jugoslawischen Staat. 3 Welchen Kontakt hatte die Bevölkerung zum Staat und wie erfuhr sie ihn im Alltag? Haben sich die Albaner als Folge staatlicher Repression vom jugoslawischen Staat entfremdet und wenn ja, wann setzt dieser Prozess ein? Oder haben sie sich dem jugoslawischen Staat kontinuierlich verweigert, wie der heutige nationalistische Diskurs – von albanischer, wie von serbischer Seite – propagiert? Oder waren sie gar einen Großteil der Zeit in das sozialistische, jugoslawische System integriert? Und inwieweit gibt diese Gesellschaftsgeschichte der sozialistischen Zeit Aufschluss über soziale Spannungen in der Mehrheitsgesellschaft in der Nachkriegszeit über die Konfliktlinie zwischen Serben und Albanern hinaus? Den theoretischen Überlegungen möchte ich eine kurze soziodemographische Einführung in die Untersuchungsregion voranstellen. Das Drenica-Tal liegt in Zentralkosovo zwischen den urbanen Zentren Priština/Prishtina im Osten und Kosovska Mitrovica/Mitrovica im Norden und teilt sich in die kommunalen Verwaltungseinheiten Glogovac und Srbica. Srbica umfasst eine Fläche von 383 km 2 (Gesamtfläche Kosovos: 10.877 km 2 ) und 52 Dörfer, die 1961 ca. 30.479 Einwohner zählten, deren arbeitstätiger Teil zu 86% in der Landwirtschaft beschäftigt war. 4 Die Gemeinde Glogovac ist mit 37 Dörfern auf 290 km 2 Fläche etwas kleiner, fasste 29.004 Einwohner, die zu 84% in der Landwirtschaft tätig waren. 5 1961 lag die Analphabetenquote in Srbica bei 46,6%, in Glogovac bei 53,4%. 6 Den strukturellen Hintergrund für das Verhältnis zwischen der Dorfbevölkerung im Drenica-Tal und dem jugoslawischen Staat, der die Entwicklung dieser Beziehung maßgeblich beeinflusst, bildet das groß angelegte sozialistische Reformprojekt. Den unerschütterlichen Modernisierungsglauben der Partei bringt ein Arbeitsbericht des Gemeindekomitees Srbicas aus dem Jahr 1968 wie folgt auf den Punkt: „ Auf diese Weise zeigt uns das Schaffen in diesem Bereich ganz klar, dass es kein Problem gibt, welches nicht überwunden werden könnte, wenn die Kommunisten gemeinsam mit anderen Kräften beharrlich um dessen Lösung kämpfen. ” 7 Zwar stellte der jugoslawische Sozialismus eine eigene Spielart dar, doch teilte die Kommunistische Partei Jugoslawiens (KPJ) Jugoslawiens mit 3 Ist vom jugoslawischen Staat die Rede, nehme ich stets Bezug auf die Federativna Narodna Republika Jugoslavija (FNRJ), bzw. ab 1963 auf die Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija (SFRJ). 4 ISLAMI 1981, 345, 347, 352. 5 Ebd. 6 ISLAMI 1981, 353. 7 Alle Übersetzungen aus dem Albanischen und dem Serbischen sind die der Autorin; Lidhja e Komunistave të Jugosllavis, Komiteti Komunal i SK TI Serbis, Sërbicë, Rezultatet e deritashme, detyrat e matejshme dhe aktiviteti i LK në zbatimin e reformës ekonomike e shoqnore, 10. 05. 1968, 3. Arkivi i Kosovës, Fondi: Komiteti Krahinor Lidhja Komuniste të Kosovës, Fasz. 101. � 354 �

Zwischen Loyalität, Konformität und Illoyalität ihren Schwesterparteien die Utopie einer neuen, gerechteren sozialistischen Gesellschaft, zu deren Verwirklichung aber erst die alte Ordnung zerbrochen werden musste. Diese Umformung sollte durch umfassende Reformmaßnahmen in allen Lebensbereichen, gezielte Anreize, Propaganda, wenn nötig aber auch mit Gewalt auf den Weg gebracht werden. 8 Doch hat die sozialistische Herrschaft in der Region entsprechend der heutigen Darstellung tatsächlich nur auf Zwang aufgebaut, oder konnte sich der Staat über viele Jahre hinweg über weiche Herrschaftsmethoden Loyalität sichern? Die Dokumente der Kommunalversammlungen des Bundes der Kommunisten Jugoslawiens (BdKJ) in der Untersuchungsregion legen die Hypothese nahe, dass entgegen des propagierten Widerstandes gegen das kommunistische Regime sich dieses über lange Jahre ohne bedeutenden offenen Widerstand etablieren konnte, obwohl auch „everyday forms of peasant resistance” 9 zu konstatieren sind, deren Langzeitwirkung zum jetzigen Zeitpunkt der Untersuchung noch nicht bewertet werden kann. Inwieweit die Reformbemühungen des BdKJ auf die verschiedensten Lebensbereiche einwirkten, ist dem Themenkatalog der Lageberichte der späten 1960er Jahre zur politischen, wirtschaftlichen, sozialen und ideologisch-politischen Situation in der Gemeinde Srbica zu entnehmen. Skizzierte Problemfelder sind u. a. die industrielle Unterentwicklung der Region, die mangelnde Akzeptanz der Weiterentwicklung der landwirtschaftlichen Produktionsmittel, weitverbreiteter Analphabetismus, die mangelnde Bereitschaft zur Schulbildung der Mädchen, die Existenz von religiösen Weltansichten, die Anwendung des Gewohnheitsrechtes / Fälle von Blutrache, der langsame Wandel der Formen familiären Zusammenlebens sowie interethnische Belange. 10 Dass Probleme dieser Art in den Lageberichten der beiden Gemeinden aus den ausgehenden 1960er Jahren ständig wiederkehren und offenbar kaum ein Fortschritt in deren Lösung zu verzeichnen war, legt die These nahe, dass hier ein modernisierungswilliger Staat, der – so die 8 GRANDITS 2002, 331. 9 Eine Unterscheidung von genuinem Widerstand und symbolischem Widerstand trifft James C. Scott, wobei die Wirkungskraft von symbolischem Widerstand umstritten ist: „’Real’ resistance, it is argued, is a) organised, systematic, and co-operative, b) principled or self-less, c) has revolutionary consequences, and/or d) embodies ideas or intentions that negate the basis of domination itself. ‘Token’, incidental or epiphenomenal ‘activities’ by contrast are, a) unorganised, unsystematic and individual, b) opportunistic and ‘self-indulgent’, c) have no revolutionary consequences, and/or, d) imply, in their intention or logic, an accommodation with the system of domination.” SCOTT 1987, 29. 10 Vgl. z. B. Savez Komunista Jugoslavije, Opštinski Komitet SKS, Srbica, Zapisnik sa sastanka Opštinskog komiteta SKS, održanog dana 28. marta 1968 g., marta 1968 g. Raporti mbi vlerësimin e gjendjes politike në komunë, 11–12. Arkivi i Kosovës, Fondi: Komiteti Krahinor Lidhja Komuniste të Kosovës, Fasz. 101. � 355 �

Isabel Ströhle<br />

jugoslawischen Staat. 3 Welchen Kontakt hatte die Bevölkerung zum Staat <strong>und</strong><br />

wie erfuhr sie ihn im Alltag? Haben sich die Albaner als Folge staatlicher Repression<br />

vom jugoslawischen Staat entfremdet <strong>und</strong> wenn ja, wann setzt dieser Prozess<br />

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der heutige nationalistische Diskurs – von albanischer, wie von serbischer Seite<br />

– propagiert? Oder waren sie gar e<strong>in</strong>en Großteil der Zeit <strong>in</strong> das sozialistische, jugoslawische<br />

System <strong>in</strong>tegriert? Und <strong>in</strong>wieweit gibt diese Gesellschaftsgeschichte<br />

der sozialistischen Zeit Aufschluss über soziale Spannungen <strong>in</strong> der Mehrheitsgesellschaft<br />

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Albanern h<strong>in</strong>aus?<br />

Den theoretischen Überlegungen möchte ich e<strong>in</strong>e kurze soziodemographische<br />

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Zentralkosovo zwischen den urbanen Zentren Prišt<strong>in</strong>a/Prisht<strong>in</strong>a im Osten <strong>und</strong><br />

Kosovska Mitrovica/Mitrovica im Norden <strong>und</strong> teilt sich <strong>in</strong> die kommunalen Verwaltungse<strong>in</strong>heiten<br />

Glogovac <strong>und</strong> Srbica. Srbica umfasst e<strong>in</strong>e Fläche von 383 km 2<br />

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zählten, deren arbeitstätiger Teil zu 86% <strong>in</strong> der Landwirtschaft beschäftigt<br />

war. 4 Die Geme<strong>in</strong>de Glogovac ist mit 37 Dörfern auf 290 km 2 Fläche etwas kle<strong>in</strong>er,<br />

fasste 29.004 E<strong>in</strong>wohner, die zu 84% <strong>in</strong> der Landwirtschaft tätig waren. 5 1961<br />

lag die Analphabetenquote <strong>in</strong> Srbica bei 46,6%, <strong>in</strong> Glogovac bei 53,4%. 6<br />

Den strukturellen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> für das Verhältnis zwischen der Dorfbevölkerung<br />

im Drenica-Tal <strong>und</strong> dem jugoslawischen Staat, der die Entwicklung dieser<br />

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auf den Punkt: „ Auf diese Weise zeigt uns das Schaffen <strong>in</strong> diesem Bereich ganz<br />

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kämpfen. ” 7 Zwar stellte der jugoslawische Sozialismus e<strong>in</strong>e eigene Spielart dar,<br />

doch teilte die Kommunistische Partei Jugoslawiens (KPJ) Jugoslawiens mit<br />

3 Ist vom jugoslawischen Staat die Rede, nehme ich stets Bezug auf die Federativna Narodna<br />

Republika Jugoslavija (FNRJ), bzw. ab 1963 auf die Socijalistička Federativna Republika Jugoslavija<br />

(SFRJ).<br />

4 ISLAMI 1981, 345, 347, 352.<br />

5 Ebd.<br />

6 ISLAMI 1981, 353.<br />

7 Alle Übersetzungen aus dem Albanischen <strong>und</strong> dem Serbischen s<strong>in</strong>d die der Autor<strong>in</strong>; Lidhja e<br />

Komunistave të Jugosllavis, Komiteti Komunal i SK TI Serbis, Sërbicë, Rezultatet e deritashme,<br />

detyrat e matejshme dhe aktiviteti i LK në zbatim<strong>in</strong> e reformës ekonomike e shoqnore, 10. 05.<br />

1968, 3. Arkivi i Kosovës, Fondi: Komiteti Krah<strong>in</strong>or Lidhja Komuniste të Kosovës, Fasz. 101.<br />

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