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und „mden” in chilenischen ewässern (1925–1927)

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Boris Neusius<br />

Befragten sowohl soziale wie auch sprachliche Differenzen durch steigende<br />

Anpassungsanforderungen <strong>und</strong> -bereitschaft bzw. durch sprachliche <strong>und</strong> soziale<br />

Integration zu m<strong>in</strong>imieren. E<strong>in</strong> stärkeres Abweichen von den vorgegebenen Schemata<br />

<strong>und</strong> die Pflege (bzw. Ausbildung) eigener, konkurrierender, sprachlich-kultureller<br />

Ausdrucksweisen <strong>und</strong> Identitäten sche<strong>in</strong>t für den E<strong>in</strong>zelnen nicht möglich<br />

zu se<strong>in</strong>, oder sie erfolgt um den Preis sozialer E<strong>in</strong>bußen. Dies zeigt sich vor allem<br />

bei jenen Gesprächsteilnehmern, die etwa aus Bosnien nach Zagreb zugezogen<br />

s<strong>in</strong>d. Zwar wird nicht ohne Stolz von e<strong>in</strong>igen bosnien-stämmigen Befragten<br />

auf den Brückencharakter Bosnien-Hercegov<strong>in</strong>as als e<strong>in</strong>e sprachlich-kulturelle<br />

Transferzone zwischen unterschiedlichen Kontaktkulturen verwiesen, dennoch<br />

nehmen die <strong>in</strong>terviewten Sprecher <strong>in</strong> den Gesprächen <strong>in</strong> der Regel bei sich, d. h.<br />

der eigenen Person ke<strong>in</strong>e Selbstzuweisung partieller Identitätsprägungen durch<br />

die nachbarschaftlichen Kontaktkulturen <strong>und</strong> -idiome vor, sondern def<strong>in</strong>ieren<br />

sich selbst monokulturell. Diese Diskrepanz zwischen verbalisierter Multikulturalität<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>er eher abgrenzenden eigenen Praxis <strong>und</strong> E<strong>in</strong>stellung ist <strong>in</strong> me<strong>in</strong>en<br />

Zagreber Gesprächsr<strong>und</strong>en allgegenwärtig. Die Tatsache, dass e<strong>in</strong>e Mehrheit der<br />

aus Bosnien zugezogenen Neu-Zagreber nicht bereit ist, sich selbst e<strong>in</strong>e Mehrfachidentität<br />

zuzumessen, muss als Folge der allgeme<strong>in</strong> negativen Konnotierung<br />

von Sprach- <strong>und</strong> Kulturmischung angesehen werden. Die daraus resultierenden<br />

Konsequenzen beschreibt e<strong>in</strong> aus Vukovar stammenner...<br />

„...Und so setzen wir das um. […] Wir haben uns die Aufgabe gestellt, dies <strong>in</strong><br />

die Praxis umzusetzen. [...] Wir müssen uns als Nation verteidigen <strong>und</strong> uns<br />

selbst. Sich selbst, so wie man elendig <strong>und</strong> unsicher <strong>in</strong> all dem Mist dasteht.<br />

Es fallen die Bomben <strong>und</strong> was b<strong>in</strong> ich? Ich b<strong>in</strong> e<strong>in</strong> Kroate, ich b<strong>in</strong> nicht mehr<br />

Miroslav Borić, welcher, was weiß ich, Brüder <strong>und</strong> Schwester[n] hat. Ich b<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong> Kroate. Und ich beschränke mich auf diesen e<strong>in</strong>en Nenner. Ich mache<br />

mich dazu <strong>in</strong>dem ich Dir sage: „Man sagt nicht ‚teniser’ [serbisch für ‚Tennisspieler’<br />

– B. N.] sondern ‚tenisač’ [kroatisch für ‚Tennisspieler’ – B. N.]....”<br />

(X/A 44/32–37)<br />

Indem e<strong>in</strong>e bestimmte Sprechweise gebraucht wird, wird Zusammengehörigkeit<br />

evoziert. In diesem Prozess ist ‘Sprache’ nicht nur Mittel der Kommunikation<br />

<strong>und</strong> Interaktion. ‘Sprache’ wird vielmehr <strong>in</strong> ihrer gesamten Heterogenität<br />

als Erkennungszeichen der Gruppenmitglieder erlebt <strong>und</strong> damit selbst <strong>in</strong> den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Sprechhandlungen zum Gegenstand von Parteilichkeit. Das heißt, der<br />

‘richtige’ Sprachgebrauch wird als Kampf um die Def<strong>in</strong>ition der eigenen Gruppe<br />

verstanden; als e<strong>in</strong> Kampf, <strong>in</strong> dem mit ernsthaften Folgen zwischen ‘wir’ <strong>und</strong><br />

‘sie’ geschieden wird. Um Joshua Fishman zu zitieren: „Language is as basic a<br />

�<br />

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