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und „mden” in chilenischen ewässern (1925–1927)

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Inwieweit s<strong>in</strong>d Identitätskonzepte zeichenbasiert?<br />

Deutschen e<strong>in</strong>em starken Assimilationszwang ausgesetzt, deshalb brachte sie<br />

ihrer Tochter bewusst die ungarische Sprache als chronologische Erstsprache bei.<br />

Frau Dárdai (geb. Fekete) aus der mittleren Generation erlebte die M<strong>und</strong>art<br />

vor allem als Geheimsprache ihrer Eltern, die sie als Kle<strong>in</strong>k<strong>in</strong>d eher passiv beherrschte,<br />

<strong>und</strong> sie schämte sich, wenn ihre Eltern vor ihren Fre<strong>und</strong>en M<strong>und</strong>art<br />

sprachen. Sie schämte sich auch wegen ihrer „schwäbischen” Abstammung <strong>und</strong><br />

strebte bewusst e<strong>in</strong>e möglichst schnelle Assimilation an (z. B. durch Exogamie).<br />

Heute bereut sie dieses Verhalten, erlebt ihre mangelhaften Deutschkenntnisse<br />

als Nachteil <strong>und</strong> macht ihrer Mutter Vorwürfe wegen ihrer ungarischsprachigen<br />

Sozialisation. Ihre Tochter, Frau Ritter (geb. Dárdai), lernte auf Empfehlung der<br />

Mutter <strong>in</strong> der Schule Deutsch, sie wurde Deutschlehrer<strong>in</strong>. Im Gegensatz zur Mischehe<br />

ihrer Eltern hat sie e<strong>in</strong>en Mann ungarndeutscher Abstammung geheiratet,<br />

denn für sie spielt die Abstammung e<strong>in</strong>e wichtige Rolle. Sie erzieht ihre K<strong>in</strong>der<br />

zweisprachig: Ungarisch <strong>und</strong> Hochdeutsch gelten als Familiensprache.<br />

Frau Schmidts (ältere Generation) funktional erste Sprache ist heute noch<br />

der deutsche Dialekt, den sie als chronologisch erste Sprache <strong>in</strong> der Familie, <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em homogenen deutschen Dorf erlernte. Sie brachte die M<strong>und</strong>art auch ihren<br />

K<strong>in</strong>dern <strong>und</strong> Enkelk<strong>in</strong>dern bei. Ihr Sohn hat e<strong>in</strong>e aktive Kompetenz <strong>in</strong> dieser<br />

Varietät, die Enkel<strong>in</strong> nur noch e<strong>in</strong>e passive. Ihr Sohn, Herr Schmidt aus der mittleren<br />

Generation, erlernte die ungarische Sprache erst im K<strong>in</strong>dergarten von den<br />

anderen K<strong>in</strong>dern, <strong>in</strong> der Schule nahm er am Deutschunterricht teil. Heute erlebt<br />

er se<strong>in</strong>e Deutschkenntnisse als Vorteil, wenn er als LKW-Fahrer oft <strong>in</strong> Deutschland<br />

oder Österreich unterwegs ist. Se<strong>in</strong>e am häufigsten verwendete <strong>und</strong> somit<br />

am besten beherrschte Varietät ist jedoch die ungarische Umgangssprache. Se<strong>in</strong>e<br />

Tochter, Frau Schmidt aus der jüngeren Generation, lebt bei se<strong>in</strong>er geschiedenen<br />

Ehefrau, die zwar ebenfalls deutschstämmig ist, aber ke<strong>in</strong> Deutsch kann. Die<br />

Tochter absolvierte bewusst „deutschorientierte” Schulen, sie ist bewusste Träger<strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>er deutsch-ungarischen Doppelidentität. Sie bekannte sich z. B. bei der<br />

Volkszählung als Deutsche, als Beweggr<strong>und</strong> nannte sie das „Schuldgefühl”, das<br />

sie ihren Eltern <strong>und</strong> Vorfahren gegenüber empf<strong>in</strong>de. Aber sie fühlt sich auch der<br />

ungarischen Kulturnation zugehörig.<br />

Herr Weiß, dessen chronologische Erstsprache der deutsche Dialekt se<strong>in</strong>es Geburtsortes<br />

war, verwendet diese Varietät <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Alltag noch heute <strong>in</strong> der Kommunikation<br />

mit se<strong>in</strong>er Frau. Sonst ist die Landessprache Ungarisch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Leben dom<strong>in</strong>ierend. Se<strong>in</strong>e Tochter, Frau Kovács (geb. Weiß) aus der mittleren<br />

Generation, eignete sich ebenfalls die M<strong>und</strong>art als chronologisch erste Sprache<br />

an. Sie musste erst <strong>in</strong> der Gr<strong>und</strong>schule Ungarisch lernen, im Gymnasium lernte<br />

sie auch Hochdeutsch. Heute ist Ungarisch ihre funktionale Erstsprache, aber als<br />

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