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und „mden” in chilenischen ewässern (1925–1927)

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Inwieweit s<strong>in</strong>d Identitätskonzepte zeichenbasiert?<br />

<strong>und</strong> generalisiert wird.“ 1 In e<strong>in</strong>em selbstreflexiven Prozess stellt das Individuum<br />

Identität über sich her, <strong>in</strong>dem er <strong>in</strong>nere, äußere, aktuelle sowie gespeicherte<br />

Erfahrungen verarbeitet.<br />

Die Vielfalt der sozialen Kontexte, <strong>in</strong> denen sich das Individuum bewegt,<br />

ruft verschiedene Identitätsaspekte hervor. Aus den verschiedenen Rollen, die<br />

man e<strong>in</strong>zunehmen hat, entsteht e<strong>in</strong>e Patchwork-Identität 2 : Das Selbst konstituiert<br />

sich aus den Teil-Selbsten <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kont<strong>in</strong>uierlichen Prozess, wobei es diverse<br />

Identitätsbauste<strong>in</strong>e aus den Lebensfeldern Arbeit, soziale Beziehungen, Freizeit<br />

<strong>und</strong> Kultur mite<strong>in</strong>ander verknüpfen muss.<br />

Nach der modernen Identitätstheorie von Mead ist die Ausbildung der<br />

(<strong>in</strong>dividuellen) Identität maßgeblich abhängig von sozialen Interaktionen der<br />

e<strong>in</strong>zelnen Individuen mit anderen Menschen. 3 Die identitätskonstituierende<br />

Funktion der Sprache beruht auf der notwendigen Selektion aus den potentiellen<br />

Möglichkeiten des Sprachsystems <strong>in</strong> Form aktueller Realisierungen, die<br />

sozialen <strong>und</strong>/oder <strong>in</strong>dividuellen Normen unterliegen. Varietätenl<strong>in</strong>guistische<br />

Modelle 4 weisen dementsprechend auf die Heterogenität des Sprachsystems<br />

(auf die Diagliederung der Sprache) <strong>und</strong> auf das dynamische Repertoire (auf die<br />

multilektale Kompetenz) des Individuums bzw. der Gruppe h<strong>in</strong>.<br />

Die Konstitution von Identitäten vollzieht sich natürlich nicht <strong>in</strong> abstrakten<br />

Zeichensystemen (also <strong>in</strong> Sprachen <strong>und</strong> Varietäten), sondern <strong>in</strong> deren Verwendung<br />

im Dialog <strong>und</strong>/oder <strong>in</strong> der Selbstnarration. Der französische Soziologe Maurice<br />

Halbwachs führte um 1920 den Begriff mémoire collective, d. h. kollektives<br />

Gedächtnis e<strong>in</strong>, quasi als Gegenstück zum <strong>in</strong>dividuellen Gedächtnis. Nach<br />

Halbwachs ist das Gedächtnis sozial bed<strong>in</strong>gt: „Gedächtnis wächst dem Menschen<br />

erst im Prozess se<strong>in</strong>er Sozialisation zu. Es ist zwar immer nur der E<strong>in</strong>zelne, der<br />

Gedächtnis „hat”, aber dieses Gedächtnis ist kollektiv geprägt.” 5<br />

Das kollektive Gedächtnis manifestiert sich <strong>in</strong> Er<strong>in</strong>nerungsfiguren, die raum-<br />

<strong>und</strong> zeitkonkret s<strong>in</strong>d, es haftet an se<strong>in</strong>en Trägern <strong>und</strong> stiftet Gruppenzugehörigkeit,<br />

es zeichnet sich durch Rekonstruktivität aus <strong>und</strong> es organisiert somit nicht nur die<br />

Vergangenheit, sondern auch die Erfahrung der Gegenwart. 6<br />

Das kollektive Gedächtnis entsteht nur durch Kommunikation: Die Menschen<br />

treten im Rahmen sozialer Gruppen mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Interaktion. Nach Assmann ist<br />

das kommunikative Gedächtnis jener Teil des kollektiven Gedächtnisses, der die<br />

1 FREY 1987, 21.<br />

2 Vgl. das Modell <strong>in</strong> KEUPP 1999, 218.<br />

3 Vgl. MEAD 1998, 177.<br />

4 Vgl. z. B. das Modell <strong>in</strong> LÖFFLER 1985, 87 oder <strong>in</strong> HALWACHS 1993, 73.<br />

5 Zitiert nach ASSMANN 1999, 35–36.<br />

6 Vgl. ebd. 39–40.<br />

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