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Anduin 94

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Inhaltsverzeichnis<br />

ANDUIN <strong>94</strong> Blick in die Seele<br />

IMPRESSUM<br />

<strong>Anduin</strong><br />

Fanzine für phantastische Spiele<br />

T. Heinig<br />

Stuckstraße 6<br />

82319 Starnberg<br />

leserbriefe@anduin.de<br />

Homepage www.anduin.de<br />

Ausgabe Nr. <strong>94</strong>, Februar 2008<br />

Herausgeber Blue Tree Publishing<br />

Chefredakteur T. Heinig<br />

Lektorat T. Looschelders, U. Zucker,<br />

D. Kufner, T. Heinig<br />

Autoren J. Hagen, M. Barreto, A. Hengse,<br />

D. Pagliassotti, F. Milkereit, A. Hartung,<br />

A. Wiesler, D. Bayn, T. Schleer, I. Schulze,<br />

T. Looschelders, C. Darfner, C. Lonsing,<br />

R. Pfeifer, W. Zwiegert, M. Labossiere,<br />

F. Schmutzler, P. Heinig, T. Heinig<br />

Titelbild D. Kufner<br />

Zeichner D. Kufner, K. Schreurs,<br />

F. Bongert, J. Zimmermann, N. Erxleben,<br />

J. Wiesler, D. Revoy, D. Schuhmacher, W.<br />

Zwiegert, eboy, K. Schad, P. Kohtz,<br />

D. Herold, A. Hartung, M. Buyken,<br />

Dailor, T. Heinig<br />

Hinweise Die Artikel in dieser Ausgabe<br />

stellen die Meinung der einzelnen<br />

Autoren dar und müssen nicht mit der<br />

Meinung der Redaktion übereinstimmen.<br />

Die Redaktion distanziert sich von<br />

Internetseiten mit verfassungswidrigen,<br />

radikalen oder pornographischen<br />

Inhalten. Die meisten in dieser Ausgabe<br />

genannten Produkte sind Warenzeichen<br />

ihrer jeweiligen Hersteller. Die Verwendung<br />

von geschützten Warenzeichen<br />

stellt keine Copyrightverletzung seitens<br />

der Redaktion dar, auch wenn diese<br />

ohne Kennzeichnung genannt werden.<br />

Nachdruck oder Wiederveröffentlichung<br />

(digital oder analog) – auch auszugsweise<br />

– nur mit schriftlicher Genehmigung<br />

der Redaktion. Ausdruck und Weitergabe<br />

für private Zwecke ausrücklich erwünscht<br />

und erlaubt. Die Redaktion behält sich<br />

das Recht vor, eingesandte Artikel zu<br />

kürzen oder zu ändern. Die Rechte der<br />

eingesandten Artikel und Zeichnungen<br />

verbleiben beim Urheber. Die Redaktion<br />

der <strong>Anduin</strong> erhält die Erlaubnis, die Werke<br />

in kostenlosen Projekten zu veröffentlichen.<br />

Für unaufgefordert eingesandte<br />

Artikel kann keine Haftung übernommen<br />

werden.<br />

© 2008 <strong>Anduin</strong><br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

INHALT<br />

Rubriken<br />

2 Inhalt und Impressum<br />

3 Die dritte Seite<br />

Abenteuer<br />

4 Pandaemonium<br />

Ein KULT-Abenteuer<br />

12 Der Durchbruch<br />

Ein Abenteuer für Conspiracy X<br />

40 Natterngezücht<br />

Ein Abenteuer für Werewolf<br />

64 Rückkehr nach Sleepy Hollow<br />

Ein Indoor-Liverollenspiel für 12 Spieler<br />

79 Töte den Eismann<br />

Ein universelles Mystery Abenteuer<br />

87 The Tube Mystery<br />

Ein Abenteuer für Cthulhu<br />

<strong>94</strong> Die lange Nacht<br />

Ein universelles Fantasy Abenteuer<br />

Lesen & Spielen<br />

23 Abenteuerleitfaden<br />

Tipps für das Schreiben von Abenteuern für die <strong>Anduin</strong><br />

29 Der Abenteuerfokus<br />

Sieben wichtige Fragen für Abenteuerautoren<br />

31 Effektivität und Inflation<br />

Was sich Rollenspielleiter wirklich wünschen (sollten)<br />

35 Relationshipmaps<br />

Hilfsmittel für Spielleiter<br />

37 Spherechild<br />

Vorstellung des sphärenübergreifenden Spielsystems<br />

76 Tanelorn Challenge<br />

Schreibwettbewerb unter Zeitdruck<br />

86 Hakims Kochecke<br />

Leckere Rezepte für die Rollenspielpause<br />

93 Offen heraus<br />

Das Spracheck in der <strong>Anduin</strong><br />

Kurzgeschichten & Comics<br />

59 Solo<br />

72 Was Dir der Penner erzählt<br />

99 Das Erwachen<br />

115 Ritter und Magier<br />

116 Die letzte Seite<br />

Rezensionen<br />

103 Die Kutschfahrt zur Teufelsburg<br />

103 Colosseum<br />

104 Battlelore<br />

105 Prince of the City<br />

106 Descent – Journeys into the Dark<br />

108 Starcraft<br />

108 Junta<br />

109 Codex Urbanis<br />

110 Erdenstern: Into the Dark<br />

111 Schnellschüsse<br />

112 Arcana Cthulhiana<br />

113 Zombies!!!<br />

113 Mall of Horror<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Seite 2


Die dritte Seite<br />

DIE DRITTE SEITE<br />

VORWORT<br />

Endlich geht es wieder los mit einer „richtigen“<br />

Ausgabe der <strong>Anduin</strong>, nachdem die letzte<br />

Ausgabe ja eher eine Best of Sammlung<br />

war.<br />

Auf den folgenden gut über einhundert<br />

Seiten widmen wir uns dem Thema „Mystik“.<br />

Es geht also um meist moderne Szenarien,<br />

in denen die (Un-)Tiefen des menschlichen<br />

Geistes ausgelotet werden.<br />

Einen großen Teil dieser <strong>Anduin</strong> machen<br />

dabei Abenteuer aus – vorgefertigte Geschichten<br />

zum direkten Nachspielen. Aus Gesprächen<br />

mit unseren Lesern weiß ich, dass<br />

einige diese Abenteuer 1:1 nachspielen, andere<br />

jedoch nur einzelne Ideen verwenden und<br />

in ihre eigene Kampagne einbauen. Ich weiß<br />

aber auch, dass es einen bestimmten Anteil<br />

an Lesern gibt, den wir durch eine solche Fülle<br />

von Abenteuern eventuell bald als solche<br />

verlieren. Darum würde mich Eure Meinung<br />

sehr interessieren: wie groß soll der Anteil an<br />

Abenteuern in der <strong>Anduin</strong> sein? Schreibt uns<br />

eine Mail dazu oder hinterlasst eine Nachricht<br />

in unserem Forum.<br />

Doch nun viel Spaß mit dieser Ausgabe unseres<br />

Fanzines <strong>Anduin</strong>! �<br />

UMFRAGE<br />

In unserem Forum hatten wir die Frage<br />

nach dem derzeitigen Lieblingssystem der<br />

Leser gestellt. Das Ergebnis ist zwar keinesfalls<br />

repräsentativ, aber dennoch durchaus<br />

interessant. Mir waren zwei der zehn meistgenannten<br />

Systeme zum Beispiel bisher<br />

unbekannt: Savage Worlds und Reign. Eine<br />

Lücke, die ich umgehend geschlossen habe,<br />

und dies in keinster Weise bereue.<br />

Top 10<br />

Was ist zur Zeit Euer Lieblingssystem?<br />

1. D&D 23 Stimmen<br />

2. Shadowrun 20 Stimmen<br />

3. Welt der Dunkelheit 18 Stimmen<br />

4. Cthulhu 12 Stimmen<br />

5. Warhammer 11 Stimmen<br />

6. GURPS 10 Stimmen<br />

Savage Worlds 10 Stimmen<br />

8. Die 7te See 8 Stimmen<br />

9. Unknown Armies 7 Stimmen<br />

10. Reign 6 Stimmen<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

LEsERbRiEFE<br />

Ausgabe 93 – Teil 1<br />

Mit Freuden haben ich in der Trommel vernommen,<br />

dass es mit der <strong>Anduin</strong> weitergehen<br />

wird. Und dass es doch tatsächlich eine neue<br />

<strong>Anduin</strong> schon zum Downloaden gibt. Leider<br />

war ich dann doch sehr enttäuscht, dass es sich<br />

nur um eine Zusammenfassung der bisherigen<br />

Ausgaben gehandelt hat – sogar mit reichlich<br />

Rechtschreibfehlern gespickt. Warum, so frage<br />

ich mich, musste ich diese Ausgabe herunterladen,<br />

wo doch nichts Neues für mich enthalten<br />

war? Nicht jeder hat eine Flatrate und<br />

kann beliebig große Dateien laden. Ich hoffe<br />

sehr, dass die nächsten Ausgaben wieder besser<br />

werden. �<br />

Sankrobal<br />

Ausgabe 93 – Teil 2<br />

Erstmal ein großes Dankeschön für das<br />

schönste Geschenk, dass ihr einem zum Jahreswechsel<br />

machen konntet. Nachdem ich für<br />

2008 schon schwarz sah, weil es kaum mehr<br />

gute Fanzines gibt, kündigt ihr an, dass die <strong>Anduin</strong><br />

weitergeht und noch dazu nehmt ihr den<br />

Envoyer in euer Archiv mit auf.<br />

Dann die geniale „Best of“-Ausgabe, mit der<br />

ihr nochmal einige der schönsten Artikel bringt,<br />

sogar im neuen Layout und von Rechtschreibfehlern<br />

befreit. Diese Ausgabe macht Lust auf<br />

mehr und ist sicher super dafür geeignet, neue<br />

Leser auf das Magazin einzustimmen.<br />

So wünsche ich euch nur das Beste und ein<br />

erfolgreiches (und gesundes!) Jahr 2008! �<br />

Franz T.<br />

Ausgabe 93 – Teil 3<br />

Hi, finde ich super, dass ihr die <strong>Anduin</strong> weiterführt.<br />

Das war ein echt tolles Magazin und<br />

ich hoffe, dass das so weitergeht. Werde demnächst<br />

vielleicht auch mal was für euch schreiben.<br />

Wie läuft das eigentlich mit Gastbeiträgen?<br />

Bye Martin. �<br />

Martin Deppe<br />

Nachdem die <strong>Anduin</strong> nur aus Gastbeiträgen<br />

besteht ist das relativ einfach: schick mir<br />

was Du hast! Oder, etwas zivilisierter gesagt,<br />

am besten Du schaust in unserem Forum<br />

nach, was die Themen der nächsten Ausgaben<br />

sind, kündigst Deinen Beitrag dort an<br />

und schickst ihn dann an tommy@anduin.<br />

de, wenn er fertig ist.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Gute Wünsche<br />

Auf diesem Wege, vielen Dank dass Ihr das<br />

<strong>Anduin</strong> Fanzine wiederbelebt habt und dann<br />

auch noch den Envoyer gleich mit. Ihr hört es<br />

wahrscheinlich viel zu selten, aber Ihr macht<br />

einen ganz tollen Job!!! Und deshalb macht<br />

bitte weiter und lasst euch nicht unterkriegen.<br />

Ich wünsche Euch ein frohes Fest und einen guten<br />

Rutsch ins neue Jahr.<br />

Ciao Olli (ein viel zu stiller aber eifriger Leser<br />

eurer Seiten). �<br />

Oliver E.<br />

Viel Erfolg!<br />

Muahahahahah! Es LEBT!!! <strong>Anduin</strong> LEBT!<br />

*Blitze zucken am Himmel* *der Donner lässt<br />

die Erde erbeben* *ein Dankesgebet an die<br />

Götter* Danke oh danke! Oh danke… Nach<br />

Jahren habe ich mich wieder einmal auf www.<br />

anduin.de begeben und siehe da, der tot Geglaubte<br />

lebt wieder! Und wieder aufs Neue<br />

packt mich die Leselust… Und in meinem<br />

Wahn… siehe da, es ist leider nur von der 61<br />

Ausgabe aufwärts verfügbar… ich suche nach<br />

meinen alten CDs… ich bilde mir ein, es war<br />

einmal <strong>Anduin</strong> ab der Ausgabe 40 oder so<br />

Downloads verfügbar… oh nein, oh Schreck,<br />

warum habe ich nur meine Wohnung gewechselt?<br />

All die alten Sachen sind weg. NEEEEIIII-<br />

INN!!! *ein herzzerreißendes Jaulen und Heulen<br />

erschallt in der Ferne* Lässt sich diesbezüglich<br />

noch etwas machen? *liebschau* (nicht dass<br />

ich die neuen <strong>Anduin</strong>s nicht schätze, doch auch<br />

die alten hatten ihren Reiz und viele schöne Erinnerungen<br />

sind damit verbunden) Ein herzliches<br />

Hut Hut / Hip Hip Hurra / Hoch Soll <strong>Anduin</strong><br />

leben! mfg aus Österreich Albert �<br />

Albert Pnjak<br />

Leider muss ich Dich enttäuschen, es gibt<br />

und gab keine <strong>Anduin</strong> 40 zum Download. Wir<br />

haben erst mit Ausgabe 61 angefangen, uns<br />

im Internet zu tummeln. Vorher gab es das<br />

X-Zine <strong>Anduin</strong> und kopierte Heftchen. Aber<br />

einige der guten Artikel aus den frühen (nicht<br />

online) Ausgaben haben wir später in das eZine<br />

<strong>Anduin</strong> einfließen lassen.<br />

Wenn Du generell gerne Fanzines liest,<br />

dann hier noch ein Tipp: auf www.rpg-zines.<br />

de bauen wir gerade eine Seite rund um das<br />

Thema auf.<br />

Seite 3


Pandaemonium<br />

PANDAEMONIUM<br />

EIN KULT-ABENTEUER<br />

TEXT: JOACHIM A. HAGEN<br />

SEITENHINTERGRUND: JOACHIM A. HAGEN<br />

ILLUSTRATION: KARSTEN SCHREURS<br />

HinTERGRUnd<br />

Adelaide Biggs litt seit ihrer späten Kindheit<br />

an Multiple Sklerose. Während andere<br />

Kinder draußen spielten, war sie an<br />

den Rollstuhl gefesselt. Am Ende war sie<br />

vollkommen auf fremde Hilfe angewiesen<br />

und bettlägerig, während das Leben an ihr<br />

vorbeizog. So war es denn kein Wunder,<br />

dass sie es vorzog, sich in eine Traumwelt<br />

zu flüchten, in der sie nicht unter der Behinderung<br />

leiden musste. Unterbewusst<br />

entwickelte sie die Fähigkeit “Träumen”<br />

und konnte somit die Welt in ihren Träumen<br />

nach ihren Vorstellungen gestalten.<br />

In der Zeit, die sie außerhalb des Traumes<br />

verbringen musste, wurde sie zunehmend<br />

verbittert, boshaft und zynisch, so als<br />

wollte sie sich für ihre Behinderung an den<br />

“Normalen” rächen. Durch ihr Verhalten<br />

isolierte sie sich zunehmend von anderen<br />

Menschen. Ihre Mentale Balance sank in<br />

dem Maße, in dem sich ihre Seele mit Gift<br />

füllte.<br />

Nach dem Tode ihrer Eltern, die neben<br />

Adelaide keine weiteren Kinder hatten,<br />

übernahm der Sohn der Schwester von<br />

Adelaides Mutter, Chris Wagner, auf Grund<br />

einer testamentarischen Verpflichtung die<br />

Pflege seiner Tante. Dafür erbte er das<br />

Haus, in dem er seitdem mit seiner Familie,<br />

seiner Frau Mariah und seinem Sohn<br />

Kenny, lebt. Durch Adelaides abweisendes<br />

Verhalten wurde sie nie richtig in die Familie<br />

integriert, und nach ihrem Tod vor fünf<br />

Monaten atmeten alle unterbewusst auf.<br />

Adelaide starb träumend und versuchte<br />

vergeblich, vor dem drohenden Inferno<br />

in ihre Traumwelt zu fliehen. Seitdem ist<br />

sie in ihrem Fegefeuer gefangen, das mit<br />

Adelaides Traum teilweise überlappt. Das<br />

Fegefeuer ist dem Ort Penham nachgebildet,<br />

in dem Adelaide lebte, und vom<br />

echten Penham nur durch die Illusion<br />

getrennt. Auch im Inferno ist sie nahezu<br />

bewegungsunfähig. Ihre Peiniger, die Nephariten,<br />

haben die Gestalten von ihrer<br />

Pflegefamilie angenommen und schikanieren<br />

Adelaide, indem sie sie zum Beispiel<br />

tagelang in ihren eigenen Ausscheidungen<br />

liegen lassen. Adelaides einzige Zuflucht<br />

vor der Qual sind kurze Phasen, in denen<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

sie träumen kann. Sie ersehnt ihre Rettung<br />

aus dem Inferno und ist unbewusst in der<br />

Lage, andere Träumer oder Menschen im<br />

Koma in ihr Fegefeuer zu ziehen.<br />

Zusammenfassung<br />

Die Charaktere sind mit dem Auto in<br />

der Nähe von Penham unterwegs, als<br />

der Fahrer, ohne es zu merken, in einen<br />

Sekundenschlaf fällt. In diesem Moment<br />

erscheint ihm Adelaide im Traum, was zu<br />

einem Unfall führt, bei dem alle Charaktere<br />

so schwere Verletzungen erleiden, dass<br />

sie ins Koma fallen. Ihr Leben hängt an einem<br />

seidenen Faden, und an der Grenze<br />

zwischen Leben und Tod werden sie unbemerkt<br />

in Adelaides Fegefeuer gezogen.<br />

Ihre einzige Hoffnung ist es, von dort zu<br />

entkommen; und vielleicht gelingt es ihnen<br />

auch, Adelaide zu retten.<br />

scHAUpLATZ<br />

Die Handlung spielt in der US-amerikanischen<br />

Kleinstadt Penham. Die genaue<br />

Lage ist für das Abenteuer ohne Bedeutung<br />

und kann vom Spielleiter nach Belieben<br />

festgesetzt werden. Auf Grund der<br />

Witterung wären die Neuenglandstaaten<br />

oder die Ostküste die wahrscheinlichste<br />

Region. Selbstverständlich kann Penham<br />

auch in jedes andere Land verlegt werden;<br />

hierzu müsste der Spielleiter halt entsprechende<br />

Anpassungen vornehmen.<br />

Die vorliegende Episode ereignet sich in<br />

Frühjahr, Herbst oder Winter.<br />

Seite 4


Pandaemonium<br />

penham im inferno<br />

Die infernalische Nachbildung von Penham<br />

ist Teil eines Fegefeuers und vom<br />

echten Penham nur durch den Schleier der<br />

Illusion getrennt. Obwohl die Stadt fast<br />

bis in jedes Detail reproduziert wurde, ist<br />

der Einfluss des Infernos spür- und sichtbar:<br />

Penham scheint eine düstere Aura<br />

auszustrahlen: Alle sichtbaren Farben<br />

sind grundsätzlich dunkle Farbtöne; jeder<br />

Ort strömt unterschwellig Einsamkeit,<br />

Schmerz, Verfall oder Grausamkeit aus.<br />

penham im Traum<br />

Der Traum, der Adelaides Gehirn entspringt,<br />

überlagert stellenweise das Penham<br />

des Fegefeuers.<br />

Die vorherrschenden Themen sind<br />

Krankheit und Siechtum: Farben wirken<br />

kränklich, verblasst, blättern ab; Bäume<br />

sind verkrüppelt oder verwachsen; Fäulnis<br />

und Moder treten häufig in Erscheinung.<br />

Einbindung der charaktere<br />

Die Hauptpersonen geraten durch einen<br />

schweren Autounfall, der sie in einen<br />

Schwebezustand zwischen Leben und Tod<br />

versetzt, in Adelaides Fegefeuer. Dabei<br />

spielt es keine Rolle, ob die Charaktere alle<br />

in einem Wagen sitzen, oder ob die Gruppe<br />

auf zwei Wägen verteil ist, die miteinander<br />

kollidieren.<br />

Offen bleibt einzig und allein die Frage,<br />

was die Charaktere in die Nähe von Penham<br />

bringt. Der einfachste Einstieg wäre,<br />

dass die Charaktere eine Urlaubsreise<br />

durch die Gegend machen und gewöhnlich<br />

in Motels oder Pensionen übernachten.<br />

Bei einer größeren Gruppe könnten<br />

die Charaktere auch zu diesem Zweck ein<br />

Wohnmobil angemietet haben.<br />

Natürlich sind auch andere Einstiege<br />

denkbar:<br />

• Ein Journalist soll über eine Reihe<br />

mysteriöser Todesfälle berichten, die<br />

eventuell das Werk eines Serienmörders<br />

sind. Seine Anreise mit dem Pkw<br />

führt ihn durch Penham.<br />

• Ein Detektiv wird von einem verzweifelten<br />

Vater gebeten, seine Tochter<br />

zu suchen, die mit einer Freundin in<br />

der Gegend Urlaub machte. Beide<br />

Mädchen – in den USA kann der<br />

Führerschein bereits mit 16 Jahren<br />

erworben werden – waren zuletzt auf<br />

einem Campingplatz in der Gegend<br />

von Safe Haven – einer Stadt in der<br />

Nähe von Penham – gesichtet worden;<br />

die polizeilichen Nachforschungen<br />

verliefen jedoch im Sand.<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

• Die Charakter kehren gerade von<br />

einem anderen Abenteuer zurück. Da<br />

der Highway durch einen Unfall mit<br />

einem umgestürzten Sattelschlepper<br />

blockiert ist, müssen sie über Landstraßen<br />

ausweichen.<br />

Es liegt im Ermessen des Spielleiters, für<br />

seine Gruppe andere, maßgeschneiderte<br />

Einstiege zu konstruieren.<br />

dER UnFALL<br />

Es ist früher Abend. Das Licht des Tages<br />

schwindet bereits dahin, leichter Dunst<br />

steigt aus den Wiesen und Niederungen<br />

empor, um sich wie ein zarter Schleier über<br />

die Landschaft zu legen. Es ist erst einige Kilometer<br />

her, dass ihr eine Ortschaft durchquert<br />

habt, doch die Häuser sind schon<br />

längst euren Blicken entschwunden und<br />

vor euch liegt nur noch das dunkle Band<br />

der Landstraße im Licht eurer Scheinwerfer.<br />

Du – der Fahrer – bist es mittlerweile müde,<br />

die scheinbar endlos lange Straße vor dir zu<br />

sehen und sehnst das Ende der Fahrt herbei.<br />

Der Motor summt lauter, als der Wagen eine<br />

Anhöhe nimmt. Als ihr die Höhe genommen<br />

habt und auf der anderen Seite hinab fahrt,<br />

geratet ihr plötzlich in eine Nebelbank, die<br />

ihr wegen der Anhöhe vorher nicht erkennen<br />

konntet. Weiße Schwaden hüllen binnen<br />

eines Augenblicks das Auto ein und<br />

reflektieren das Licht der Scheinwerfer. (An<br />

den Fahrer gewandt:) Jäh reißt der Nebel<br />

auf und enthüllt… ein kleines Mädchen, das<br />

wenige Meter vor euch mitten auf der Fahrbahn<br />

steht!<br />

Sobald der fahrende Charakter heftig<br />

auf die Bremse tritt oder das Steuer herum<br />

reißt, gerät der Wagen ins Schleudern und<br />

der Charakter muss einen erfolgreichen<br />

Wurf auf Auto fahren mit einem Mindesteffekt<br />

von 5 ablegen, damit der Wagen<br />

nicht von der Straße abkommt und gegen<br />

einen Baum am Straßenrand prallt.<br />

Gelingt das Manöver, so fängt sich zwar<br />

der Wagen wieder, befindet sich aber auf<br />

der falschen Straßenseite. Während der<br />

Fahrer noch hektisch versucht, die Spur zu<br />

wechseln, taucht auf der Gegenfahrbahn<br />

aus dem Nebel ein anderes Auto auf. Die<br />

Bremsen quietschen, aber zu spät:<br />

Das fremde Gefährt prallt seitlich gegen<br />

das Heck eures Wagens, der sich noch halb<br />

auf der Gegenfahrbahn befindet. Ein furchtbarer<br />

Schlag erschüttert euren Wagen, und<br />

er wird durch die Wucht der Kollision herum<br />

geschleudert, dreht sich um sich selbst,<br />

und dann seht ihr die dunkle Silhouette<br />

eines Baumes auf euch zu rasen. Ein grausiges<br />

Krachen, das Kreischen der gequälten<br />

QUELLE<br />

Ein Autounfall schleudert die Spielercharaktere<br />

durch den Schleier der<br />

Illusion, der über der wahren Realität<br />

liegt. Als sie nach dem Unfall die Stadt<br />

Penham erreichen, werden sie mit einer<br />

fremdartigen Wirklichkeit konfrontiert.<br />

In einer bizarren und erschreckenden<br />

Welt müssen sie herausfinden, wohin<br />

sie geraten sind und wie sie diesem Ort<br />

entkommen können, bevor die monströsen<br />

Schatten, die Penham durchstreifen,<br />

sie erwischen…<br />

Pandaemonium ist ein Abenteuer für<br />

das Rollenspiel KULT, das sich sowohl<br />

für Einsteiger als auch erfahrene Gruppen<br />

eignet und die Spielercharaktere<br />

in die dämonischen Welten führt, die<br />

hinter der bekannten Realität liegen.<br />

Es erschien im September 2005 in<br />

Ausgabe 29 des Rollenspielmagazins<br />

Mephisto.<br />

Die Illustrationen zu diesem Abenteuer<br />

stammen von Karsten Schreurs,<br />

auf dessen Homepage www.grobigrafik.de<br />

man weitere seiner Werke<br />

finden kann.<br />

Karosserie, das Splittern von Glas, und dann<br />

Dunkelheit… Stille.<br />

Die Charaktere der Teil nehmenden Spieler<br />

sitzen, sofern sie nicht in einem Gefährt<br />

versammelt sind, in beiden Unfallwagen.<br />

Sie haben schwere Verletzungen erlitten<br />

und fallen ins Koma. Ihre Seelen schweben<br />

zwischen Leben und Tod und werden<br />

in Adelaides Kreuzung aus Fegefeuer<br />

und Traumwelt gezogen. Sollte einer von<br />

ihnen in dieser Realität sterben, so stirbt<br />

auch sein Körper, der sich noch in der Illusion<br />

befindet. Da die Seele aber untötbar<br />

ist, fällt der Charakter nur bewusstlos zu<br />

Boden, um sich wenige Augenblicke später<br />

erneut unverletzt zu erheben. Allerdings<br />

ist ihm damit der Rückweg in die Illusion<br />

versperrt, und er bleibt Gefangener<br />

des Infernos, bis die Folter der Nephariten<br />

jede Erinnerung getilgt hat und er wiedergeboren<br />

werden kann. Ihre scheinbare<br />

Unverwundbarkeit mag die Charaktere<br />

zu unüberlegten Taten veranlassen; umso<br />

bitterer wird sie jedoch die grausige Erkenntnis<br />

am Ende des Abenteuers treffen.<br />

pAndAEMOniUM<br />

Stöhnend erwachen die Charaktere aus<br />

ihrer Bewusstlosigkeit. Der Wagen ist nur<br />

noch Schrott, aber wie durch ein Wunder<br />

ist ihnen nichts passiert. Nachdem sie sich<br />

Seite 5


Pandaemonium<br />

aus den Überresten ihres Autos gezwängt<br />

haben, ergibt eine kurze Überprüfung,<br />

dass ihr Gepäck, ihre Ausweise und auch<br />

ihre Waffen – sofern die Charaktere welche<br />

hatten – verschwunden sind. (Die Erklärung<br />

dafür ist, dass die Charaktere nur<br />

seelisch im Fegefeuer anwesend sind und<br />

somit keinerlei persönliche Habe transportiert<br />

worden ist. Die “Kleidung” der Charaktere<br />

ist nur eine geistige Projektion, da<br />

die Charaktere erwarten, so auszusehen.)<br />

Diese Entdeckung mögen die Charaktere<br />

erst später machen, aber sie wird sie beunruhigen.<br />

Die plausibelste Erklärung für<br />

den Verlust ist immerhin, dass jemand vorbei<br />

kam und die Bewusstlosen ausgeraubt<br />

hat. Immerhin findet sich im Auto noch<br />

eine Taschenlampe.<br />

Schließlich entsinnt sich einer der Charaktere,<br />

dass man ja erst vor Kurzem<br />

durch eine Ortschaft gefahren ist und dass<br />

es wohl besser wäre, dort Unterkunft zu<br />

suchen, den Diebstahl anzuzeigen und<br />

den Unfall zu melden. Nachdem die Unfallstelle<br />

abgesichert worden ist, machen sich<br />

die Charaktere auf den Weg zurück. Es ist<br />

mittlerweile völlig dunkel, und der Nebel<br />

trägt nicht dazu bei, die Sicht zu verbessern.<br />

Gespenstische, verzerrte Schemen<br />

scheinen zuweilen im Nebel vorbeiziehen,<br />

aber keiner ist genau auszumachen.<br />

Nach etwa einer Stunde Fußmarsch erreichen<br />

die Charaktere den Ortsrand. Vor<br />

ihnen schält sich ein Schild aus der Dunkelheit:<br />

Penham. 10.000 Einwohner. Die<br />

Buchstaben “e” und “h” sind mit kindlicher<br />

Handschrift in roter Farbe übermalt<br />

worden, und es wurde eine zusätzliche<br />

Endung angefügt, so dass da jetzt als<br />

Ortsname “Pandaemonium” steht. Mittels<br />

Bildung erkennt ein Charakter, dass<br />

Pandaemonium griechisch ist und soviel<br />

wie “Versammlungsort aller bösen Geister”<br />

bedeutet.<br />

Stumm liegt die Stadt da. Auf den Straßen<br />

brennt keine Laterne, aus den Fenstern<br />

der Häuser dringt kein Licht. Kein<br />

Mensch ist auf den Straßen zu sehen,<br />

durch die wie ein lebendiges Wesen der<br />

Nebel wallt. Die Sichtweite ist auf wenige<br />

Meter beschränkt.<br />

Ein Blick durch Fenster zeigt nur Dunkelheit,<br />

Klingeln oder Klopfen an der Haustür<br />

bleibt unbeantwortet. Verschaffen sich<br />

die Charaktere gewaltsam Zutritt, zum<br />

Beispiel, indem sie die Türe mit vereinigten<br />

Stärkewürfen und einem Gesamteffekt<br />

von wenigstens zehn aufbrechen,<br />

so betreten sie eine leere Wohnung. Alle<br />

Zimmer sind bis auf einige verstaubte und<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

abgenutzte Möbelstücke<br />

völlig<br />

leer. Die Tapete<br />

rollt sich<br />

von den Wänden,Spinnweben<br />

hängen in<br />

den Ecken,<br />

teilweise sind<br />

Wasserflecken<br />

an<br />

den Wänden<br />

zu sehen.<br />

Das Spül- becken<br />

in der<br />

Küche ist verrostet,<br />

ebenso<br />

der Kühlschrank.<br />

Es ist, als<br />

hätten die Bewohner<br />

die Häuser<br />

verlassen und<br />

ihren ganzen Besitz<br />

mitgenommen. Immerhin<br />

sind die Charaktere<br />

jetzt in der Lage, sich mit<br />

einigen abgebrochenen<br />

Stuhl- oder Tischbeinen<br />

zu bewaffnen. Der Schaden<br />

ist mit dem eines<br />

Totschlägers vergleichbar.<br />

Falls einer der Charaktere<br />

zum Telefon greift, hört<br />

er das Freizeichen. Nach Eingabe<br />

der gewünschten Nummer<br />

geht der Ruf hinaus. Abrupt ertönt ein<br />

markerschütternder Schrei, gefolgt<br />

von einem gehässigen Lachen. Danach ist<br />

das Telefon tot.<br />

diE ERsTE<br />

bEGEGnUnG<br />

Auf ihrem Marsch durch den Nebel erkennen<br />

die Charaktere plötzlich vage eine<br />

menschliche Gestalt in der Ferne. Sollten<br />

sie sich durch Rufe bemerkbar machen,<br />

kommt die Person langsam durch den<br />

Nebel auf sie zu; andernfalls erspäht der<br />

Razide – denn um einen solchen handelt<br />

es sich – das Licht der Taschenlampe und<br />

folgt dem Lichtkegel zu dessen Ursprung.<br />

Als die Gestalt sich nähert, die auf Grund<br />

des Nebels nur als dunkler Schattenriss<br />

erkennbar ist, spüren die Charaktere mit<br />

einem gelungenen Wahrnehmungswurf,<br />

wie der Boden leicht unter ihren Füßen erzittert,<br />

als sich eine halbe Tonne Lebendgewicht<br />

fortbewegt. Zugleich ist schwach<br />

ein kratzendes Geräusch zu<br />

hören. Ein Wahrnehmungswurf<br />

identifiziert es als Metall, das über Stein<br />

schabt. Dann bricht der Razide (Werte S.<br />

196 im Regelbuch) aus dem verhüllenden<br />

Nebel in den Lichtkegel der Lampe und offenbart<br />

seine ganze Hässlichkeit: Das Licht<br />

schimmert auf den Metall- und Glasteilen,<br />

die in seinen grotesk muskulösen Körper<br />

eingewachsen sind, beleuchtet auch<br />

die dem Fleisch entspringenden Röhren,<br />

durch die eine dunkelrote Flüssigkeit pulsiert.<br />

Die Krönung aber ist der scheinbar<br />

nur aus schwarzem Metall bestehende<br />

Kopf, dessen rote Augen aus einer Höhe<br />

von fast vier Metern mitleidlos die Charaktere<br />

anstarren, die jetzt einen Terrorwurf<br />

mit -5 bestehen müssen. Der Razide hebt<br />

ein gewaltiges Buschmesser, das Schaden<br />

wie ein Breitschwert verursacht, und geht<br />

unbarmherzig zum Angriff über. Falls er<br />

eine schwere Wunde erhalten sollte, zieht<br />

er sich zurück.<br />

Seite 6


Pandaemonium<br />

Die Charaktere werden schnell lernen,<br />

dass gegen einen solchen Gegner nur die<br />

Flucht hilft. Der Razide jagt gezielt den<br />

langsamsten Charakter – den mit der<br />

geringsten Bewegungsreichweite – und<br />

schlägt aus dem Laufen auf ihn ein. Der<br />

Betroffene kann versuchen, Haken zu<br />

schlagen und den Raziden im dichten Nebel<br />

abzuschütteln.<br />

Hierzu würfeln beide auf ihre Geschicklichkeit.<br />

Erzielt der Spieler den höheren<br />

Effekt, entfernt sein Charakter sich von<br />

dem Raziden. Der wiederum muss jetzt einen<br />

Wahrnehmungswurf mit -5 bestehen,<br />

um seine Beute trotz Infrarotsicht nicht im<br />

Nebel zu verlieren. Hat der Charakter bei<br />

drei aufeinander folgenden Würfen insgesamt<br />

einen höheren Effekt erzielt als der<br />

Razide, so ist es ihm gelungen, seinen Gegner<br />

abzuschütteln.<br />

Die Gruppe kann dem Zusammenstoß<br />

mit dem Raziden nur entgehen, indem<br />

sie mit abgeschalteter Taschenlampe<br />

durch die Straßen zieht. In dem Fall hören<br />

sie etwas Schweres in ihrer Nähe vorbeistapfen,<br />

begleitet von einem mysteriösen<br />

Schleifgeräusch.<br />

Während des weiteren Spielverlaufes<br />

kann der Spielleiter die Gegenwart des<br />

Raziden einsetzen, um den Druck auf die<br />

Gruppe aufrecht zu erhalten: Immer wieder<br />

hören die Charaktere in der Entfernung<br />

seine Schritte und das Kratzen seiner<br />

Krallen, sehen vielleicht seine massige<br />

Gestalt, als der Nebel plötzlich aufreißt<br />

usw. Es reicht völlig aus, dass die Charaktere<br />

sich im Klaren sind, dass der Razide da<br />

draußen ist und dass sie ihm unvorbereitet<br />

in die Arme laufen könnten.<br />

Alternativ würfelt der Spielleiter, wenn<br />

die Charaktere durch die Straßen ziehen,<br />

mit einem W20. Ist das Ergebnis “20”, so<br />

trifft die Gruppe auf den Raziden, sofern<br />

sie sich nicht erfolgreich verstecken kann.<br />

Bei ihrem Streifzug durch die Stadt können<br />

die Charaktere auf folgenden interessante<br />

Gebäude treffen. Ein Wurf mit einem<br />

W6 entscheidet, auf welches:<br />

W6 Gebäude<br />

1 Die Autowerkstatt<br />

2 Die Kirche<br />

3 Die Grundschule<br />

4 Das knarzende Haus<br />

5 Die Polizeistation<br />

6 Das seltsame Haus<br />

Sollten die Spielercharaktere sich entscheiden,<br />

durch einen Kanaldeckel in die<br />

Kanalisation zu steigen, so geht es im Kapitel<br />

Im Untergrund weiter.<br />

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die Autowerkstatt<br />

Die Werkstatt besteht aus einer Halle<br />

für Reparaturen mit einem angrenzenden<br />

Laden für Autoteile und Eisenwaren.<br />

Das Rolltor zur Halle ist geöffnet, und in<br />

der Halle steht ein Jeep Cherokee (Werte<br />

S. 70 im Regelwerk). Dies ist das erste<br />

Auto, welches die Charaktere in dieser<br />

Stadt zu Gesicht bekommen. Alle Versuche,<br />

ihn zu starten, schlagen jedoch fehl.<br />

Ein Blick unter die Motorhaube zeigt auch,<br />

warum: Die Batterie fehlt. In der Werkstatt<br />

ist keine aufzutreiben, aber der im angrenzenden<br />

Laden könnte eine sein. Leider ist<br />

der Zugang von der Werkstatt zum Laden<br />

verschlossen. Tür und Fenster des Ladens<br />

sind mit Scherengittern gegen Einbruch geschützt.<br />

Das Gitter an der Ladentür ist mit<br />

einem vierreihigen Kombinationsschloss<br />

versehen, über dem “F.E.M.O.-Schlösser”<br />

eingraviert ist. Im Schaufenster liegt ein<br />

Werkzeugsatz unter einem Schild “Hochwertige<br />

Werkzeuge aus rostfreiem Molybdän-Stahl:<br />

verlässlich und dauerhaft”.<br />

Chemisch gesehen ist Stahl Eisen und<br />

hat das Kürzel Fe. Molybdän wird Mo abgekürzt.<br />

Im Periodensystem der chemischen<br />

Elemente hat Eisen die Ordnungszahl 26<br />

und Molybdän 42. Die korrekte Kombination<br />

für das Schloss ist folglich “2642”. (Eine<br />

Tafel des Periodensystems befindet sich in<br />

der Schule). Statt Raten kann der Spielleiter<br />

auch Bildungswürfe gestatten, um die<br />

Lösung zu finden.<br />

Natürlich stehen den Charakteren auch<br />

andere Möglichkeiten offen, sich Zugang<br />

zu verschaffen: Mit einem Schraubenschlüssel<br />

aus der Werkstatt können sie<br />

die Zugangstür aufbrechen (Schaden wie<br />

Stahlrohr; bei einer tödlichen Wunde wurde<br />

die Tür aufgebrochen) oder auf das<br />

Flachdach steigen, um die Decke zu zerstören.<br />

Sind sie erst einmal in den Laden gelangt,<br />

finden sie dort neben einer Autobatterie<br />

auch noch einige Metallgegenstände<br />

wie Brecheisen (Schaden wie Stahlrohr),<br />

Motoröl, Ketten (Schaden siehe Waffenliste)<br />

und Ähnliches. Nein, Kettensägen<br />

oder Schusswaffen befinden sich nicht im<br />

Sortiment.<br />

Mit einem EGO-Wurf gelingt es den Charakteren<br />

auch, die Batterie korrekt einzusetzen.<br />

Flucht mit Hindernissen<br />

Als die Charaktere mit ihrem Wagen<br />

durch die Straße fahren, taucht unmittelbar<br />

vor ihnen plötzlich der Razide aus dem<br />

Nebel auf.<br />

Ausweichen!<br />

Der Charakter versucht, seinen Wagen<br />

am Raziden vorbei zu steuern. Hierzu muss<br />

er erfolgreich Auto fahren. Als das Auto an<br />

dem Monster vorbei rauscht, schwingt der<br />

Razide seine riesige Machete gegen den<br />

Wagen und zerschlitzt dabei einen Reifen.<br />

Danach fräst sich die Klinge durch die Karosserie,<br />

richtet aber nur Blechschaden an<br />

und zerstört den zweiten Reifen auf dieser<br />

Seite. Der Fahrer muss jetzt mit einem Malus<br />

von -10 Auto fahren, sonst verliert er<br />

die Kontrolle über das Fahrzeug, welches<br />

daraufhin von der Straße abkommt und<br />

gegen eine Hauswand, einen Hydranten<br />

oder eine Straßenlaterne prallt und fahrunfähig<br />

liegen bleibt. Die angeschnallten<br />

Insassen erleiden zwei Kratzer, alle anderen<br />

vier Kratzer durch den Aufprall.<br />

Misslingt hingegen das Fahrzeugmanöver,<br />

dem Raziden auszuweichen, so gerät<br />

der Wagen ins Schleudern. Der Fahrer verliert<br />

die Kontrolle über das Fahrzeug, welches<br />

daraufhin von der Straße abkommt<br />

und gegen eine Hauswand, einen Hydranten<br />

oder eine Straßenlaterne prallt und<br />

fahrunfähig liegen bleibt. Die angeschnallten<br />

Insassen erleiden zwei Kratzer, alle anderen<br />

vier Kratzer durch den Aufprall.<br />

Falls beide Würfe glücken, und die<br />

Gruppe den Raziden erfolgreich umfahren<br />

kann, schleudert dieser wutentbrannt<br />

seine Machete hinter dem Wagen her und<br />

zerstört einen Reifen. Der Fahrer muss<br />

jetzt mit einem Malus von -10 Auto fahren,<br />

sonst verliert er die Kontrolle über das<br />

Fahrzeug, welches daraufhin von der Straße<br />

abkommt und gegen eine Hauswand,<br />

einen Hydranten oder eine Straßenlaterne<br />

prallt und fahrunfähig liegen bleibt. Die<br />

angeschnallten Insassen erleiden zwei<br />

Kratzer, alle anderen vier Kratzer durch<br />

den Aufprall.<br />

Alternativ kann der Spielleiter auch auf<br />

diese letzte Attacke verzichten. In dem<br />

Fall fahren die Charaktere so lange mit<br />

dem Jeep durch die Nebel verhangenen<br />

Straßen, bis ihnen der Sprit ausgeht oder<br />

sie einsehen, dass sie einfach nicht in der<br />

Lage sind, eine Straße zu finden, die aus<br />

dem Ort heraus führt. Sie sind nach wie<br />

vor in Penham gefangen.<br />

Volle Kanne druff!<br />

Der Fahrer will den Raziden rammen und<br />

steuert voll auf ihn zu. Diesem muss jetzt<br />

ein Geschicklichkeitswurf gelingen, damit<br />

er in letzter Sekunde auf die Motorhaube<br />

hechten kann. Dabei verliert er jedoch die<br />

Machete, sofern er keinen perfekten Erfolg<br />

erzielt.<br />

Seite 7


Pandaemonium<br />

Der Wurf gelingt: Der Razide landet auf<br />

allen Vieren auf der Motorhaube, die unter<br />

seinem ungeheuren Gewicht wie Papier<br />

zerknüllt wird. Er gräbt seine Krallen<br />

in das Metall und zieht sich in Richtung<br />

Windschutzscheibe, wozu er zwei Phasen<br />

benötigt (und zwei Aktionen).<br />

Während dieser Zeit kann der Fahrer,<br />

der das riesige Ungetüm auf sich zu kommen<br />

sieht, entweder eine Vollbremsung<br />

hinlegen, die den Raziden vom Wagen<br />

schleudert und dem Fahrer einen Wurf auf<br />

Auto fahren abnötigt, damit der Wagen<br />

nicht ausbricht und gegen einen Hydranten<br />

oder eine Hausmauer knallt, oder er<br />

kann pro Phase versuchen, den Raziden<br />

durch gezieltes Schleudern des Wagens<br />

abstürzen zu lassen. Diese Aktion verlangt<br />

ebenfalls einen geglückten Wurf auf Auto<br />

fahren, andernfalls bleibt der Razide, wo<br />

er ist. Bei einem erfolgreichen Wurf des<br />

Fahrers muss der Razide mit einem Geschicklichkeitswurf<br />

gegenhalten und einen<br />

höheren Effekt erzielen als der Fahrer,<br />

sonst stürzt er vom Wagen. Der Wurf kostet<br />

den Raziden jedes Mal eine Aktion.<br />

Hat der Razide die Windschutzscheibe<br />

erreicht, so beginnt er, mit seinen Klauen<br />

auf die Scheibe einzudreschen; diese<br />

nimmt Schaden wie eine Person mit KON<br />

8 und ist bei einer tödlichen Wunde zerstört;<br />

danach attackiert der Razide den<br />

Fahrer. Mit dem Raziden vor der Nase<br />

kann der fahrende Charakter natürlich<br />

schlechter lenken, weil er keine Sicht hat.<br />

Verstirbt der Fahrer, fällt er bis zu seiner<br />

“Regeneration” kurz aus, wodurch der<br />

Wagen von der Straße abkommt und – wie<br />

im oben beschrieben – einen Unfall baut.<br />

Der Razide wird durch den Aufprall gegen<br />

eine Hauswand geschleudert, die unter<br />

seinem Gewicht nachgibt und über ihm<br />

zusammenbricht. Dies setzt ihn zumindestens<br />

zeitweise außer Gefecht.<br />

Bei einem Sturz von dem fahrenden<br />

Wagen erleidet der Razide eine schwere<br />

Wunde.<br />

Auch wenn es den Charakteren gelingt,<br />

den Raziden durch ihre Fahrkünste loszuwerden,<br />

so ist der Motor durch das Gewicht<br />

des Monsters so beschädigt, dass<br />

der Wagen kurz darauf stehen bleibt.<br />

Der Wurf misslingt: Bei einem fehlgeschlagenen<br />

Wurf kommt der Razide unter<br />

die Räder und erleidet eine tödliche Verletzung.<br />

Dennoch gelingt es ihm, die Lenkung<br />

so zu beschädigen, dass der Wagen<br />

fahruntauglich ist.<br />

Schlägt der Wurf kritisch fehl, so wird<br />

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der Razide frontal von dem Jeep gerammt.<br />

Dies zerstört einerseits den Motor, verletzt<br />

den Raziden aber tödlich und setzt<br />

ihn für 1W10 Runden außer Gefecht.<br />

In jedem der obigen Fälle sollten sich<br />

die Charaktere dessen bewusst sein, dass<br />

der Razide sie jederzeit überfallen kann,<br />

sofern sie im Fahrzeugwrack verbleiben.<br />

Allein sein drohendes Knurren, dass näher<br />

kommt, aber jedes Mal von einer anderen<br />

Seite erklingt, dürfte sie darüber informieren,<br />

dass die Bestie sie umkreist. Eine<br />

Flucht ist der einzige Weg, eine offene<br />

Konfrontation zu vermeiden.<br />

die Kirche<br />

Die Gruppe erreicht eine kleine Kirche,<br />

deren Rasen einen sehr ungepflegten Eindruck<br />

macht. Der Putz des Gebäudes hat<br />

sich grau verfärbt, und das runde Fenster<br />

über dem Eingang ist zerborsten. Die Luft<br />

im Inneren des Gebäudes riecht abgestanden.<br />

Mit einem gelungenen Wahrnehmungswurf<br />

nehmen die Charaktere zudem einen<br />

leichten Brandgeruch wahr. Eine dicke<br />

Staubschicht hat sich wie ein Leichentuch<br />

über Boden und Bankreihen gelegt.<br />

Die Kirchenfenster aus farbigem Glas zeigen<br />

das Martyrium von Heiligen: die Steinigung<br />

des Stephanus, den von Pfeilen<br />

durchbohrten Leichnam des Sebastian, die<br />

Kreuzigung des Petrus, Paulus’ Enthauptung<br />

und ähnliche drastische Szenen. Eine<br />

Madonnenstatue säugt ein kleines Monster<br />

an ihrer Brust, und am Kreuz über dem<br />

Altar hängt eine verkohlte Gestalt, deren<br />

Mund zu einem stummen Schrei geöffnet<br />

ist. In der Sakristei finden die Charaktere<br />

eine Bibel, aus deren leeren Seiten Blut<br />

fließt, sobald sie geöffnet wird. Lediglich<br />

die erste Seite zeigt die Inschrift “Lasst<br />

alle Hoffnung fahren!” Danach zerfällt das<br />

Buch zu Staub, der sich auf dem Boden zu<br />

den Umrissen eines schreienden Gesichts<br />

anordnet.<br />

Der Friedhof hinter der Kirche wurde<br />

geschändet: Grabsteine sind umgeworfen<br />

und mit Fäkalien bedeckt, Gräber wurden<br />

vereinzelt geöffnet und sondern einen Geruch<br />

nach Verwesung ab.<br />

die Grundschule<br />

Von außen wirkt dieses deprimierend<br />

düstere Gebäude mit dem dreckig gelben<br />

Anstrich eher wie ein Gefängnis. Nur die<br />

Worte “Penham Grundschule” verraten<br />

seine wahre Funktion. Ale Spielgeräte im<br />

Pausenhof sind verrostet oder von Vogel-<br />

und Hundekot bedeckt.<br />

Alle Zimmer im Inneren des Gebäudes<br />

sind menschenleer. Obszöne Zeichnungen<br />

– offenbar mit Blut geschrieben – bedecken<br />

Tische und Wände. In einem Klassenzimmer<br />

hängt eine vergilbte Darstellung<br />

des chemischen Periodensystem, an Hand<br />

derer die Charaktere die Ordnungszahlen<br />

der Elemente Eisen und Molybdän bestimmen<br />

können (s.a. Die Autowerkstatt). Auf<br />

der Tafel steht in krakeliger Kreideschrift:<br />

“Ich zeige dir die Angst in einer Handvoll<br />

Staub.”<br />

das knarzende Haus<br />

Hierbei handelt es sich um ein Wohngebäude<br />

aus dunklem Holz, das hinsichtlich<br />

Farbgebung und Baustil irgendwie<br />

nicht zu den übrigen Häusern zu passen<br />

scheint. Seine Tür ist nicht verschlossen,<br />

das Inneren liegt im Halbdunkel, und das<br />

Licht funktioniert nicht (-5 auf alle Wahrnehmungswürfe,<br />

die mit dem Sehen zusammenhängen).<br />

Der erste Raum hat eine<br />

hohe, von Spinnweben bedeckte Decke.<br />

Aus einer Tür gegenüber dringt ein leises<br />

Murmeln.<br />

Versuchen die Charaktere den Raum zu<br />

durchqueren, so ächzen die Bretter unter<br />

ihren Schritten, als würden sie gleich brechen.<br />

Vermutlich werden die Charaktere<br />

daher ihren Blick auf den Boden richten<br />

und somit eine heimtückische Todesfalle<br />

übersehen: Unter den Spinnweben an der<br />

Decke verbirgt sich ein rostiges Gitter mit<br />

scharfen Spiken.<br />

Nur ein Charakter, der ausdrücklich seinen<br />

Blick zur Decke richtet, hat bei einem<br />

erfolgreichen Wahrnehmungswurf (-0 bei<br />

Ableuchten der Decke, sonst -5) die Chance,<br />

den dunklen Umriss zu erkennen. Andernfalls<br />

löst sich das Gitter an einer Seite,<br />

sobald ein Charakter unter ihm steht, und<br />

schwingt herab. Kann der Betroffene nicht<br />

ausweichen, so bohren sich die rostigen<br />

Spitzen in seinen Kopf (1-2 KR, 3-6 LW, 7-13<br />

SW, 13+ TW). Das unbestimmbare Gemurmel<br />

steigert sich daraufhin zu einem irren<br />

Gelächter. Erreichen die Charaktere die<br />

Tür auf der anderen Seite, so ist der Raum<br />

dahinter leer und fällt senkrecht in eine 2,5<br />

Meter tiefe Grube ab, die mit brackigem,<br />

blutigem Wasser gefüllt ist.<br />

die polizeistation<br />

Die Amtsstube ist bis auf das Mobiliar<br />

und vergilbte Steckbriefe völlig leer. In<br />

den Zellen des Zellentraktes liegen die<br />

verdorrten Leichen offenbar verhungerter<br />

Gefangener.<br />

Seite 8


Pandaemonium<br />

das seltsame Haus<br />

Aus der geöffneten Tür dringen ein warmer<br />

Lichtschein und Musik nach draussen.<br />

Es ist eine verkratzte Aufnahme von<br />

Johann Strauss’ Walzer Die blaue Donau,<br />

worüber ein Bildungswurf informiert. Eine<br />

Kinderstimme, kaum über die Musik hinweg<br />

zu vernehmen, wispert “Helft mir!”<br />

Das Innere des Gebäudes nimmt ein<br />

ehemals behagliches Wohnzimmer ein, in<br />

dem ein Plattenspieler läuft. An den Wänden<br />

hängen Reproduktionen von Pieter<br />

Brueghels Triumph des Todes, auf dem<br />

eine Armee von Skeletten die Lebenden<br />

abschlachtet, und Hieronymus Boschs<br />

Heuwagen, auf dessen rechter Seite die<br />

Verdammten von den Dämonen der Hölle<br />

gequält werden. Den Mittelteil nimmt das<br />

Bildnis eines Heuwagens ein, und die linke<br />

Seite ist bis zur Unkenntlichkeit zerkratzt.<br />

Bei einem gelungenen Bildungswurf<br />

kommt den Charakteren zu Bewusstsein,<br />

dass die linke Seite des Bildes eigentlich<br />

das himmlische Paradies zeigen müsste.<br />

In den Regalen finden die Charaktere<br />

nur Buchattrappen aus Pappe, deren Rücken<br />

Titel tragen wie “Das verlorene Paradies”,<br />

“Jenseits von Eden”, “Mit dem Tod<br />

einen Bund” oder “Schuld und Sühne”.<br />

Eine Durchsuchung des Schreibsekretärs<br />

fördert einen Zettel zu Tage, auf dem in<br />

kindlicher Handschrift “1-10 MIRP” steht.<br />

Eine Treppe führt hinauf ins Obergeschoss,<br />

wo sich ein verschmutztes Bad und<br />

ein verstaubtes Schlafzimmer befinden.<br />

Auf dem Boden des Schlafzimmers ist ein<br />

eingetrockneter Fleck zu erkennen und an<br />

der Decke darüber ein weiterer. Eine schmale<br />

Stiege führt hinauf zum Dachboden.<br />

Dort hängt an einem Strick ein beinahe<br />

völlig verfaulter Leichnam, dessen Körperflüssigkeiten<br />

im Zuge der Verwesung<br />

ausgelaufen und auf den Boden sowie ins<br />

darunter liegende Schlafzimmer getropft<br />

sind. Kaum haben die Charaktere dies verarbeitet,<br />

als der Leichnam am Hals abreißt<br />

und zu Boden stürzt.<br />

Der abgetrennte Kopf rollt auf die Charaktere<br />

zu, und aus seinen Augenhöhlen<br />

wimmeln Hunderte weißlicher Maden.<br />

Ein Summen ist zu hören, als ein Fliegenschwarm<br />

sich von dem Körper löst und<br />

die Gruppe einhüllt. Ein misslungener Terrorwurf<br />

führt dazu, dass der betroffene<br />

Charakter in Panik gerät. Stürzt die Gruppe<br />

zum Ausgang, so muss jeder Charakter<br />

einen Geschicklichkeitswurf bestehen, um<br />

nicht die schmale Treppe hinab zu fallen.<br />

Der Schaden ist: 1-9 KR, 10-15 LW, 16-18 SW,<br />

19+ TW. Der betroffene Körperteil wird an<br />

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Hand der Nahkampftabelle ermittelt.<br />

Wieder im Erdgeschoss angekommen,<br />

stellen die Charaktere fest, dass die Tür<br />

verschwunden ist und die Fenster zugemauert<br />

sind. Durchsuchen sie den Raum,<br />

so finden sie unter dem Teppich eine Falltür,<br />

die offenbar in den Keller führt. Ein<br />

fauliger Gestank dringt aus der dunklen<br />

Öffnung. Im Keller selbst befindet sich<br />

eine massive schwarze Stahltür, die über<br />

ein elektronisches Codeschloss zu öffnen<br />

ist. Die Tastatur zeigt die Zahlen von 0 bis<br />

9. Durch Herumprobieren bekommen die<br />

Charaktere heraus, dass die Kombination<br />

aus fünf Zahlen besteht. Die Tür lässt sich<br />

nur mit der richtigen Kombination oder<br />

einem erfolgreichen Wurf auf Elektronik<br />

zu öffnen. Natürlich kann man auch die<br />

Schalttafel von der Wand reißen und die<br />

Kabelenden aneinander halten, um die Tür<br />

durch einen Kurzschluss zu öffnen. Der<br />

ausführenden Charakter erleidet dabei einen<br />

Stromstoß von 220 Volt (1-11 KR, 12-18<br />

LW, 19-20 SW).<br />

Die Kombination steht auf dem Zettel<br />

mit “1-10 MIRP”. Rückwärts gelesen ergibt<br />

sich daraus “PRIM 10-1”, also die Primzahlen<br />

von eins bis zehn rückwärts: 7, 5, 3, 2, 1.<br />

Der Spielleiter kann einen Egowurf gestatten,<br />

falls die Gruppe dies nicht von allein<br />

herausfindet. Haben die Spieler das Rätsel<br />

nach 10 Minuten Spielzeit nicht von alleine<br />

gelöst, so bricht im Haus ein Feuer aus. Im<br />

Keller sind die Charaktere zwar von den<br />

Flammen sicher, leiden aber zunehmend<br />

unter Rauchvergiftung (siehe Regelwerk<br />

S. 137). Jede Runde dürfen die Spieler<br />

ihre Egowürfe machen, um das Rätsel der<br />

Kombination zu lösen.<br />

Die geöffnete Stahltür führt in die Kanalisation.<br />

Weiter im Kapitel Im Untergrund.<br />

iM UnTERGRUnd<br />

Die Kanalisation symbolisiert auch Adelaides<br />

Unterbewusstsein. Die Charaktere<br />

gelangen dadurch in die Traumwelt Adelaides,<br />

in die sie sich vor den Folterungen<br />

durch die Nephariten flüchtet. Allerdings<br />

ist der Traum durch den Einfluss des Infernos<br />

und Adriennes eigener Bitterkeit korrumpiert.<br />

Deswegen ist die Kloake mit ihrer<br />

Fäulnis und den Abwässer Sinnbild für<br />

einen verdorbenen Traum. Ihr Weg entlang<br />

der stinkenden Abwasserkanäle führt<br />

die Gruppe irgendwann über einer rostige<br />

Brücke aus einem Eisengitter. Als sie diese<br />

halb überquert haben, steigen Blasen aus<br />

dem Wasser empor. Dies sind zwar nur<br />

Faulgase, aber die Charaktere mögen es<br />

sehr wohl für den Atem eines Ungeheuers<br />

halten. Bei dieser Gelegenheit kann der<br />

Spielleiter die Spieler an die Geschichte<br />

von den in die Toilette gespülten Alligatorbabys<br />

erzählen, die im ausgewachsenen<br />

Zustand die Kanalisation mancher Städte<br />

unsicher machen sollen…<br />

Der Weg durch die Kanalisation ist<br />

ein Umherirren durch ein Labyrinth aus<br />

Haupt- und Seitenkanälen, in dem man<br />

rasch die Orientierung verliert. Gelegentlich<br />

müssen die Charaktere in höher- oder<br />

tiefergelegene Ebenen steigen, wobei ein<br />

misslungener Geschicklichkeitswurf zu einem<br />

Sturz in die stinkenden Wasser führt.<br />

Immer wieder treffen die Charaktere auf<br />

Ratten, die zu Tausenden in der Kanalisation<br />

hausen. Diese verhalten sich allerdings<br />

friedlich.<br />

Es liegt am Spielleiter, wie lange er diese<br />

Episode ausdehnen will. Früher oder später<br />

stoßen die Charaktere aber auf metallene<br />

Stiegen, die sie zurück an die Oberfläche<br />

führen. Ein Stärkewurf ist von Nöten,<br />

um den Kanaldeckel beiseite zu schieben.<br />

pEnHAM iM TRAUM<br />

Die Charaktere haben mit der Rückkehr<br />

aus den Eingeweiden der Stadt das Penham<br />

in Adelaides Traum betreten. Der Nebel<br />

wallt immer noch durch die Straßen,<br />

allerdings sind diese jetzt bevölkert. Dabei<br />

handelt es sich allerdings nur um kränklich<br />

aussehende Phantome, die Adelaides<br />

Meinung von der oberflächlichen und bigotten<br />

Stadtbevölkerung widerspiegeln.<br />

Diese “Personen” nehmen von den Charakteren<br />

nicht die geringste Notiz, sondern<br />

tratschen über die oberflächlichsten<br />

Themen – den Sittenverfall der Jugend,<br />

den jüngsten Klatsch über die Nachbarn,<br />

das anstehende Bingo-Turnier im Gemeindehaus<br />

usw. Es mag allerdings auffallen,<br />

das selbst die älteren Mitbewohner auf ihr<br />

Lieblingsthema Krankheiten verzichten.<br />

Auch die Ortschaft selbst hat sich verändert:<br />

Die Proportionen aller Gebäude<br />

wirken irgendwie verzerrt, stellenweise<br />

verwachsen, und die Tünche hat bei allen<br />

Farbtönen ein ungesundes Aussehen.<br />

Die Charaktere können das Penham des<br />

Traumes ausnutzen, um sich mit Waffen<br />

einzudecken, zum Beispiel Küchenmesser.<br />

Folgende Orte haben sich gegenüber dem<br />

Penham des Infernos deutlich verändert:<br />

die polizeistation<br />

Hinter dem Schreibtisch mampft ein<br />

grotesk fetter Sheriff seine Doughnuts,<br />

die er in den Kaffeebecher eintunkt. Die<br />

Seite 9


Pandaemonium<br />

braune Brühe tropft über sein schwabbeliges<br />

Kinn auf sein Hemd, das bereits<br />

von Schweißflecken verunziert wird. Der<br />

Schlüssel zum Waffenschrank liegt in<br />

seinem Schreibtisch. So können sich die<br />

Charaktere mit drei Schrotflinten Kaliber<br />

12 und drei Revolvern des Typs S&W Bodyguard<br />

sowie 50 Schuss Munition.38 und<br />

30 Schrotpatronen eindecken.<br />

Die Freude über den Waffenfund wird<br />

allerdings durch die Tatsache gedämpft,<br />

dass an den Wänden die Steckbriefe der<br />

Charaktere hängen. Ihr Verbrechen: unterlassene<br />

Hilfeleistung.<br />

Schrotflinte Kaliber 12<br />

1-3 KR, 4-8 LW, 9-13 SW, 14+ TW; 6 Schuss,<br />

Reichweite 20 Meter, Ladezeit 4 Runden.<br />

Es handelt sich dabei um Vorderschaftsrepetierer,<br />

so genannte Pump Guns, bei<br />

denen die nächste Patronen manuell in die<br />

Kammer befördert werden muss. Dazu<br />

wird eine Aktion benötigt, die Waffe kann<br />

somit nur jede zweite Aktion abgefeuert<br />

werden.<br />

die Kirche<br />

Die Kirche sieht – bis auf ihre kränkliche<br />

Erscheinung – fast normal aus. Allerdings<br />

hat das Gras eine ungesunde Farbe, und<br />

auch die verkrüppelten Trauerweiden<br />

tragen nicht dazu bei, die Stimmung zu<br />

heben. Jeder, der die Kirche betritt, empfindet<br />

ein Gefühl der Verlassenheit.<br />

dAs FinALE<br />

Es ist den Charakteren immer noch<br />

nicht möglich, Penham zu verlassen. Sie<br />

laufen im Nebel im Kreis, ohne den Ortsausgang<br />

zu finden. Gelegentlich erkennen<br />

sie die Gestalt eines kleinen Mädchens,<br />

das sie traurig anstarrt. Es ist das gleiche<br />

Kind, das sie vor ihrem Unfall gesehen haben.<br />

Dies ist Adelaides Traum-Ich, welches<br />

die Charakter zum Mittelpunkt ihres Fegefeuers<br />

lotst.<br />

Die Charaktere erreichen schließlich ein<br />

kleines Einfamilienhaus mit zwei Stockwerken.<br />

Personen mit Zaubertalent erkennen<br />

um das Gebäude eine graue Aura,<br />

was auf Krankheit und Angst hindeutet.<br />

Charakteren mit Sechstem Sinn läuft ein<br />

Schauer über den Rücken.<br />

Das Untergeschoss umfasst Flur, WC,<br />

Küche und ein Wohnzimmer, in dem die<br />

Familie gerade ihr Mittagessen einnimmt.<br />

Vater, Mutter und ein halbwüchsiger Sohn<br />

verzehren verfaultes Essen, zwischen dem<br />

sich die Kakerlaken tummeln. Auch sie<br />

nehmen die Gruppe nicht wahr.<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Im Flur führt eine Treppe ins Obergeschoss,<br />

in dem sich das Bad sowie das Elternschlafzimmer<br />

und das Kinderzimmer<br />

befinden.<br />

Ein Tap-Tap-Tap dringt an die Ohren der<br />

Charaktere, als ein roter Ball die weiter<br />

nach oben führende Treppe hinunter rollt.<br />

Am oberen Treppenabsatz steht das kleine<br />

Mädchen und blickt die Charakter traurig<br />

an. Sie wispert “Helft mir!” und verschwindet<br />

in einer Dachkammer. In dieser<br />

befindet sich nur ein Bett mit Klingelzug.<br />

Die Wänden sind mit Fotos des kleinen<br />

Mädchens bedeckt, die sie beim Spielen<br />

oder mit ihren Eltern zeigen. Keine der<br />

abgebildeten Personen gleicht der Familie<br />

im Wohnzimmer. An der Wand gegenüber<br />

dem Eingang befindet<br />

sich eine Kommode<br />

mit einem hohen<br />

Spiegel, in dem<br />

kurz die<br />

Reflexion<br />

d e s<br />

Mädchens<br />

zu sehen<br />

ist.<br />

Hinter den Charakteren schlägt die Tür<br />

zu. Wird sie aufgebrochen, so ist dahinter<br />

eine weitere Tür. Ein Sprung aus dem<br />

Fenster, der einem Sturz aus sechs Meter<br />

Höhe gleichkommt, führt lediglich dazu,<br />

dass sich die Charaktere in dem Zimmer<br />

wiederfinden, dass sie gerade verlassen<br />

haben.<br />

Adelaide hinter den spiegeln<br />

Eine genaue Überprüfung des Spiegels<br />

ergibt, dass dieser das Zimmer seitenrich-<br />

tig und nicht seitenverkehrt zeigt, wie es<br />

eigentlich sein müsste. Das Zerschlagen<br />

des Glases gibt einen Durchgang in ein<br />

weiteres Zimmer frei, das fast genauso<br />

aussieht, wie das, aus dem die Charaktere<br />

gerade kommen – nur dass jetzt eine<br />

alte, verbrauchte Frau auf dem Bett liegt,<br />

die kaum noch 35 Kilo wiegt. Dies ist Adelaide<br />

in dem Zustand, in dem sie starb. Die<br />

Charaktere haben jetzt den Traum verlassen<br />

und Adelaides Fegefeuer betreten.<br />

Mühsam öffnet sie die Augen und flüstert:<br />

“Werdet ihr mir helfen?” Mehr ist nicht<br />

von ihr zu erfahren.<br />

Sollten die Charaktere verneinen oder<br />

den Raum einfach verlassen – hinter<br />

dem zerbrochenen Spiegel befindet sich<br />

übrigens nur noch die Wand – so betätigt<br />

ihre abgemagerte Hand wie wild den<br />

Klingelzug, und Adelaide schreit aus vollen<br />

Lungen: “Hierher! Sie sind hier! Nehmt sie<br />

und lasst mich gehen!” Nachdem sie keine<br />

Hoffnung mehr sieht, aus ihrem Fegefeuer<br />

erlöst zu werden, will Adelaide die Charaktere<br />

gegen ihre Freilassung eintauschen<br />

oder sie zumindestens gemeinsam mit ihr<br />

leiden sehen. Ihr Geklingel und Geschrei<br />

ruft die drei Nephariten auf den Plan,<br />

Seite 10


Pandaemonium<br />

PERICULA SUBIRE<br />

Neben der <strong>Anduin</strong> veröffentlichen<br />

wir in unregelmäßigen Abständen das<br />

Abenteuermagazin Pericula Subire.<br />

Jede Ausgabe enthält ein längeres<br />

Abenteuer, das den Rahmen der<br />

<strong>Anduin</strong> gesprengt hätte. Die Ausgaben<br />

dieses Magazins könnt ihr auf unserer<br />

Homepage www.anduin.de herunterladen.<br />

Weitere Ausgaben sind bereits<br />

geplant.<br />

Pericula Subire 01<br />

Wirbel in Wasserau<br />

In dieser Sammlung<br />

von Rollenspielmärchen<br />

schlüpfen die<br />

Spieler in die quirligen<br />

Rollen einer Hand voll<br />

kleiner Abenteurer,<br />

Rotzlöffel, Angsthasen und Helden –<br />

echte Kinder eben. In drei Episoden<br />

besuchen sie das Dörfchen Wasserau<br />

und seine Umgebung und erleben<br />

kleine große Abenteuer.<br />

Regeln für Das Schwarze Auge sind enthalten,<br />

die Märchen können aber auch<br />

systemunabhängig gespielt werden.<br />

Pericula Subire 02<br />

Plug & Play<br />

Im Jahre 2100 hatte<br />

sich dank Luzifers<br />

Geschenk die Menschheit<br />

von seinem<br />

Schlag erholt und<br />

blühte erneut auf. Das<br />

goldene Zeitalter der Menschheit hatte<br />

begonnen… Doch dann gelangten die<br />

ersten Berichte über Rogues an die<br />

Öffentlichkeit – mordende Roboter.<br />

Plug & Play ist ein One-Shot, das an<br />

einem Spielabend durchzuspielen ist<br />

und das 3 bis 6 Spielern die Möglichkeit<br />

bietet, in ganz neue und fremde Körper<br />

zu schlüpfen.<br />

Pericula Subire 03<br />

Familienangelegenheit<br />

Horatius Bernstein<br />

wurde am 10. April<br />

1895 tot in seinem<br />

Haus im abgelegenen<br />

schwarzwälder Örtchen<br />

Pechstein von<br />

seiner Frau gefunden. Zurück lässt er<br />

eine zerstrittene Familie, auseinander<br />

gerissen durch seine Wutausbrüche,<br />

heftige Anschuldigungen und ständigen<br />

Verdächtigungen.<br />

Willkommen bei einem Live Action<br />

Rollenspiel mit einer Dauer von etwa<br />

drei bis vier Stunden.<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

welche die Gestalt der in diesem Haus lebenden<br />

Familie angenommen haben. Die<br />

Werte entsprechen denen auf Seite 199<br />

im Regelwerk; sie sind mit einer Peitsche,<br />

einer Kette und einem brutal gezähnten<br />

Säbel bewaffnet. Schlagen die Charaktere<br />

Adelaide bewusstlos, wozu eine leichte<br />

Wunde reicht, oder bezwingen sie die Nephariten,<br />

so sind die Grenzen des Fegefeuers<br />

hinreichend geschwächt, als dass die<br />

Gruppe fliehen kann.<br />

Entscheiden sich die Charaktere, Adelaide<br />

zu retten, so muss einer von ihnen<br />

die Frau tragen. Schleichen die Charaktere<br />

erfolgreich die Treppe hinunter, ohne dass<br />

die Nephariten im Wohnzimmer etwas<br />

davon merken, so gelingt es ihnen, das<br />

Haus ungesehen zu verlassen. Andernfalls<br />

werden sie von den Nephariten erbarmungslos<br />

attackiert. Allerdings sind diese<br />

bei ihrem Vorgehen nicht selbstzerstörerisch:<br />

Sobald einer von ihnen eine tödliche<br />

Wunde erhalten hat, zieht er sich aus dem<br />

Kampf zurück.<br />

die Flucht<br />

Nach dem Verlassen des Hauses merken<br />

die Charaktere sofort, dass sich der Nebel<br />

fast völlig aufgelöst hat. Beim Rennen<br />

durch die Straßen können sie irgendwann<br />

auch einen Ortsausgang erkennen. Ist der<br />

Spielleiter der Ansicht, dass die Gruppe es<br />

bislang zu leicht hatte, so kann er ihnen<br />

jetzt noch den Raziden entgegenstellen.<br />

Als die Charaktere den Ort verlassen, entziffern<br />

sie noch das Schild: “Sie verlassen<br />

jetzt Penham. Bitte kommen Sie wieder.”<br />

dAs ERWAcHEn<br />

Die Charaktere erwachen im Krankenhaus<br />

in Penham. Jeder von ihnen hängt<br />

am Tropf und trägt alle Verletzungen, die<br />

er erlitten hat, zumindestens aber eine<br />

schwere Wunde. Es sind nur die Charaktere<br />

zugegen, die nicht während des<br />

Abenteuers gestorben sind. Adelaide ist<br />

nirgendwo zu sehen. Der diensthabende<br />

Arzt informiert die Charaktere darüber,<br />

dass sie einen schweren Autounfall hatten<br />

und kurze Zeit zwischen Leben und Tod<br />

schwebten. Danach lagen sie über eine<br />

Woche im Koma. Charaktere, die während<br />

des Abenteuers starben, haben die Autounfall<br />

nicht überlebt und sind jetzt im<br />

Inferno bis zu ihrer Wiedergeburt gefangen.<br />

Wahrscheinlich läuft den Charakteren<br />

ein Schauer über den Rücken, sobald sie<br />

erfahren, dass sie sich in Penham befinden.<br />

Dieses Penham in der Illusion ist jedoch<br />

eine friedliche, leicht spießige Kleinstadt.<br />

Ein Streifzug führt die Charaktere an alle<br />

Orte, die sie während ihres Abenteuers<br />

besucht haben: die Autowerkstatt, die<br />

Kirche, die Schule usw. Aber alles wirkt<br />

freundlich, beruhigend normal und keineswegs<br />

bedrohlich. Charaktere mit Zweitem<br />

Gesicht oder Schizophrenie können jedoch<br />

unter Umständen durch die Illusion in das<br />

Fegefeuer blicken.<br />

Die Charaktere finden sogar das Haus<br />

wieder, in dem sie Adelaide getroffen haben.<br />

Falls sie den Hausherren Chris Wagner<br />

oder seine Frau Mariah mit ihrem Charisma<br />

betören oder sonst eine überzeugende<br />

Geschichte auftischen, erfahren sie etwas<br />

über Adelaide. Für Entsetzen sorgt jedoch,<br />

dass Chris und Mariah genau so aussehen<br />

wie Adelaides Peiniger im Inferno. Sollten<br />

sich die Charaktere zu einer Kurzschlussreaktion<br />

hinreißen lassen und beide bedrohen,<br />

angreifen oder gar töten, so erhalten<br />

sie den Nachteil Gesucht (Bedrohung: 5,<br />

Körperverletzung: 10, Mord: 15).<br />

Andernfalls erzählt man ihnen, dass die<br />

Familie als einzige Angehörige am Ort lange<br />

Jahre ihre Großtante Adelaide gepflegt<br />

hat, die an Multipler Sklerose litt und<br />

schließlich ihr Bett nicht mehr verlassen<br />

konnte. Sehr verbittert und herrisch sei<br />

sie gewesen, das habe wohl die Krankheit<br />

verursacht, an der sie seit ihrer Kindheit<br />

litt. Vor einigen Monaten habe sie dann<br />

der Tod erlöst.<br />

Vielleicht zeigt man den Charakteren<br />

auch das kleine Zimmer unter dem Dach,<br />

das genauso aussieht, wie die Charaktere<br />

es kennen.<br />

Was wurde aus Adelaide?<br />

Falls die Charaktere Adelaide aus ihrem<br />

Fegefeuer befreien konnten, so existiert<br />

sie jetzt im Grenzland zwischen Leben und<br />

Tod. Sensible Personen und Menschen<br />

an der Schwelle zwischen Leben und Tod<br />

können sie manchmal wahrnehmen. Sie<br />

versucht Sterbende zu überreden, ihr zu<br />

folgen, damit sie nicht so allein ist. Diese<br />

bleiben dann mit ihr im Grenzland gefangen,<br />

bis das Vergessen ihre Persönlichkeit<br />

löscht und sie wiedergeboren werden.<br />

Erfahrung<br />

Aktive Teilnahme am Abenteuer 2 EP<br />

Adelaide wurde gerettet 1 EP<br />

Je gelöstes Rätsel (ohne Würfeln) 2 EP �<br />

Seite 11


Der Durchbruch<br />

DER DURCHBRUCH<br />

EIN ABENTEUER FÜR CONSPIRACY X<br />

TEXT: MARCO BARRETO<br />

ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER<br />

VORWORT ZUM<br />

AbEnTEUER<br />

Das Abenteuer ist für das Setting Conspirancy<br />

X geschrieben und als klassischer<br />

Thriller konzipiert. Es ist von der Struktur<br />

sehr offen gehalten, den Spielern steht sowohl<br />

der Lösungsansatz, als auch der Weg<br />

dorthin frei. Das macht das Spiel spannend<br />

und überraschend, stellt den Spielleiter<br />

aber vor die Herausforderung, den „roten<br />

Faden“ der Geschichte nicht aus den Augen<br />

zu verlieren.<br />

Auf den folgenden Seiten werden daher<br />

die handelnden Personen, deren Motive, einige<br />

Schauplätze und der Ablauf der Ereignisse<br />

dargestellt. Mit diesem Material sollte<br />

es leicht fallen die spontanen Einfälle der<br />

Spieler zu improvisieren. Darüber hinaus<br />

lassen sich die NPC oder die Schauplätze<br />

auch für eigene Abenteuer „entwenden“.<br />

Bei dieser Gelegenheit sei daher auf das<br />

Handout-Extra verwiesen, das es auf der<br />

Homepage der <strong>Anduin</strong> zum Download gibt.<br />

Das Abenteuer spielt in den USA, an der<br />

Universität von Notre Dame, kann aber<br />

an jede Uni verlegt werden die das entsprechende<br />

Flair bietet. Ich stelle mir die<br />

Stimmung von „Purpurne Flüsse“ vor. Elitär<br />

Zirkel, Geheimbünde und mysteriöse<br />

Forschungen. Natürlich wurden die Namen<br />

und Schauplätze den Bedürfnisse eines<br />

Rollenspielabenteuers angepasst, sie sind<br />

allerdings realistisch genug um im Internet<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

zusätzliche Informationen zu finden. An<br />

dieser Stelle sei betont, dass ich persönlich<br />

nie an der Uni war. Ähnlichkeiten sind zufällig<br />

und sollen unter keinen Umständen<br />

auf real existierende Personen und deren<br />

Leben hinweisen.<br />

Spielleitern, die das Abenteuer für ihre<br />

Gruppe nutzen möchten, empfehle ich<br />

allerdings die Homepage der Uni (www.<br />

nd.edu). Es ist unmöglich in einem Abenteuer<br />

die Uni komplett zu beschreiben und es<br />

ist auch gar nicht nötig. Jeder Spielleiter findet<br />

auf den Seiten der Uni genug Material<br />

und über Google Maps sogar entsprechende<br />

Luftaufnahmen.<br />

ZUsAMMEn-<br />

FAssUnG<br />

I think the wonderful thing about Notre<br />

Dame, and part of its mystique, is an<br />

appreciation of the mystery of God, in our<br />

lives and in the world, and the presence<br />

of the holy places on campus, the Basilica,<br />

the Grotto, where ultimately we look to<br />

the mystery of God. I think there’s a deep<br />

sense of that, and a kind of providential<br />

sense that somehow this University and<br />

each individual life is guided by that mystery<br />

and God’s providence.<br />

— Rev. Thomas G. Affleck-Graves<br />

Das Spiel beginnt am Abend vor einem<br />

großen Saisonfinale: Notre Dame Fighting<br />

Irish gegen Michigan State (College-Football).<br />

Aus der Ferne schallen die Fangesänge<br />

heran und vereinzelt torkeln angetrunkene<br />

Studenten und Ehemalige durch die Gassen.<br />

Zu dieser Zeit ist es nicht ungewöhnlich<br />

wenn sich Fremde auf dem Campusgelände<br />

aufhalten.<br />

Unsere Spieler sind Ehemalige, Sportreporter,<br />

Studenten, Sicherheitskräfte, Angestellte<br />

der Uni oder wissenschaftliche Mitarbeiter<br />

auf dem Weg in ihren Bungalow. Sie<br />

haben sich für das Spiel hier eingemietet.<br />

Kurz vor der eigenen Haustür tritt jemand<br />

in eine dunkle klebrige Lache… Blut!<br />

Die Spieler sind mitten in der Story. Sie<br />

stolpern in einen Mordfall. Schnell wird klar,<br />

dass es um Forschungsergebnisse geht (><br />

Die Akten), allerdings handelt es sich nicht<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig Seite 12


Der Durchbruch<br />

um normale Technologie. Die Charaktere<br />

entdecken schnell, dass die Blaupausen und<br />

Messergebnisse, die sie zufällig finden, so<br />

unglaublich sind, dass offensichtlich für sie<br />

gemordet wird. Es gibt Hinweise auf eine<br />

Verschwörung an der Uni. Die Hinweise<br />

können unabhängig voneinander verfolgt<br />

werden und sie können in jeder beliebigen<br />

Reihenfolge abgearbeitet werden. An jedem<br />

Ort finden sich wieder neue Hinweise<br />

auf andere Orte oder Personen. Die Polizei,<br />

das FBI, die Leitung der Uni, alle scheinen<br />

in irgendeiner Weise verwickelt zu sein und<br />

bald wissen die Spieler nicht mehr wem sie<br />

eigentlich noch trauen können. Sowohl die<br />

Black Hand, als auch die AEGIS haben ihre<br />

Hände im Spiel.<br />

Das Abenteuer lebt von Druck und Bedrohung<br />

auf der einen Seite und Neugier<br />

der Spieler auf der anderen Seite. Je näher<br />

sie der Lösung kommen, desto gefährlicher<br />

wird es. Hochrangige Mitarbeiter der Uni<br />

versuchen sie zu bestechen, mysteriöse Gestallten<br />

in dunklen Anzügen versuchen sie<br />

gar zu töten.<br />

Zum Schluss stoßen die Spieler auf verschwundene<br />

Studenten und geheime Forschungen<br />

unter den Gebäuden der Uni. Was<br />

sie daraus machen bleibt ihnen überlassen.<br />

pERsOnEn<br />

Hier werden die relevanten Informationen<br />

für die Story zu den Personen beschrieben.<br />

Werte und detailierte Zeichnungen<br />

finden sich im Handout-Extra auf der Homepage<br />

der <strong>Anduin</strong>.<br />

President<br />

Rev. Thomas Affleck-Graves<br />

Thomas ist, wie alle Präsidenten der Universität,<br />

ein Geistlicher. Er hat mit der eigentlichen<br />

Geschichte nichts zu tun, ist nicht<br />

Mitglied der Verschwörung und würde sich<br />

auch nie an einem Mord beteiligen. Allerdings<br />

hat er sowohl Corvey, dem Strippenzieher<br />

hinter den Kulissen, als auch Jenkins<br />

einiges zu verdanken. Er wird Außenstehenden<br />

nur glauben, oder erst zuhören, wenn<br />

diese etwas Handfestes liefern können.<br />

Dann unterstützt er die Untersuchungen<br />

allerdings nach Kräften. Die Spieler können<br />

mit ihm also einen wichtigen Verbündeten<br />

finden. Der Reverend hat praktisch unbegrenzten<br />

Zugang zu allen Ressourcen der<br />

Universität und interessante Kontakte über<br />

die Uni hinaus. Der Spielleiter sollte diesen<br />

Trumpf allerdings nicht zu leichtfertig ausspielen,<br />

die Spieler verlieren sonst zu leicht<br />

die Kontrolle über die Story.<br />

Sollten die Spieler und der Reverend zu<br />

viel Druck auf Corvey ausüben, kann die<br />

Geschichte auch für Affleck-Graves schnell<br />

tödlich enden.<br />

Provost<br />

Raymond M. Jenkins, ph. d.<br />

“Auserwählt ist jeder, der von einem<br />

hohen Grad von Vollkommenheit und<br />

Selbstgenügsamkeit nach weiterer Vervollkommnung<br />

und schärferen Ansprüchen<br />

an sich selbst strebt.“<br />

— José Ortega y Gasset<br />

Prof. Jenkins lebt diesen Ausspruch,<br />

wenn er auch sonst nichts mit Ortega gemeinsam<br />

hat. Er ist starrköpfig, fest in Traditionen<br />

verankert, stolz auf seine Familie,<br />

sein Land und „seine“ Universität. Vollkommenheit<br />

ist sein Ziel. Die Vollkommenheit<br />

der Jugend, der Lehre und der Erkenntnis.<br />

Er möchte mit dieser Universität die Elite<br />

Amerikas schaffen und damit die Elite der<br />

Welt.<br />

Raymond M. Jenkins ist eine Marionette<br />

der Black Hand und ein alter Freund von<br />

Corvey. In seiner grenzenlosen Arroganz<br />

ist er sogar stolz darauf. Die Spieler werden<br />

wahrscheinlich schnell mit ihm aneinander<br />

geraten, Widerspruch und bohrende Fragen<br />

ist er nicht gewöhnt.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Motive<br />

Jenkins wird versuchen die Spieler zur<br />

Kooperation zu bewegen. Er wird an ihren<br />

Patriotismus appellieren, ihnen Geld bieten<br />

und ihnen schließlich drohen. Erst mit<br />

zunehmender Gewalt knickt er ein. Spätestens<br />

wenn weitere Studenten sterben und<br />

der Ruf der Universität auf dem Spiel steht,<br />

kommen ihm ernste Zweifel. Dann allerdings<br />

ist er der Black Hand ein Hindernis (><br />

Büro der Direktors) und wird aus dem Weg<br />

geräumt.<br />

Jenkins war vor vielen Jahren in der Airforce,<br />

wo er Corvey sen. kennen lernte. Ihre<br />

gemeinsamen Ideale und ihr grenzenloser<br />

Patriotismus haben sie schnell zu Verbündeten<br />

gemacht, allerdings teilte Jenkins<br />

nie die Vorliebe für „handfeste“ Lösungen.<br />

Gewalt lehnt er grundsätzlich als primitiv<br />

ab. Im Einzelfall ist er bereit, Opfer für das<br />

große Ganze zu bringen, allerdings plagt<br />

ihn sein Gewissen und er wird früher oder<br />

später einknicken. Corvey weiß das und<br />

wird entsprechend schnell reagieren.<br />

Francis d. corvey ii<br />

Corvey ist Alumni der Universität und Secretary<br />

of the Army, also das administrative<br />

Oberhaupt der Streitkräfte der Vereinigten<br />

Staaten. Er hat gute Verbindungen zur Uni-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig Seite 13


Der Durchbruch<br />

versitätsleitung und in der Vergangenheit<br />

hat er sich Affleck-Graves mit großzügigen<br />

Spenden gefügig gemacht. Raymond Jenkins,<br />

sein enger Verbündeter und Freund<br />

aus „alten Zeiten“, ist in den Mord sogar<br />

direkt verwickelt. Corvey ist Offizier der<br />

Black Hand, im Rang des Deputy Direktor,<br />

er leitet die Forschungseinrichtung auf dem<br />

Campus und wählt neue Rekruten persönlich<br />

aus. Darüber hinaus ist er ein bekannter<br />

Förderer der „Flying Irish“ Staffel, den Fallschirmspringern<br />

der Airforce, die auf dem<br />

Campus-Gelände trainieren.<br />

Motive<br />

Der alte Corvey ist besessen von der Vorstellung<br />

mithilfe außerirdischer Technologie<br />

einen großen Sprung für die Menschheit<br />

zu schaffen. In seiner Vorstellung wird<br />

die Geschichte immer von den Siegern geschrieben.<br />

Gelingt es ihm die Menschheit<br />

zu „verbessern“ und auf die außerirdische<br />

Bedrohung vorzubereiten, so wird ihm die<br />

Geschichte im Nachhinein Recht geben.<br />

Entsprechend kompromisslos sind seine<br />

Methoden.<br />

Konsequenterweise hat er seine Familie<br />

als erstes auf das neue Zeitalter vorbereitet.<br />

Sein Sohn, Francis Lewis Corvey, wurde<br />

bereits als Fötus genetisch verändert und<br />

„optimiert“.<br />

Corveys Büro befindet sich unterhalb des<br />

Hauptgebäudes im geheimen Teil des Forschungszentrums.<br />

Er ist sich seiner Sache<br />

sehr sicher. Charaktere, die hier eindringen,<br />

finden zahlreiche Unterlagen zur Organisation<br />

der Black Hand – Standorte der Black<br />

Hand, geheime Forschungsprojekte, Listen<br />

von genetisch Veränderten etc.<br />

Francis L. corvey<br />

Der junge Corvey ist in jeder Hinsicht talentiert.<br />

Als persönliches „Projekt“ seines<br />

Vaters wurden an ihm Techniken erprobt,<br />

die erst in vielen Jahrzehnten Marktreife<br />

erhalten werden. Bereits als Fötus wurde er<br />

genetisch optimiert. Seine Trainer bedienten<br />

sich fortschrittlichster Lernmethoden<br />

und finanziell stehen ihm praktisch unbegrenzte<br />

Mittel zur Verfügung. Kein Wunder<br />

also, dass Francis auf andere schnell wie<br />

ein Übermensch wirkt. Er ist sportlich und<br />

attraktiv. Er leitet den Ruderclub, studiert<br />

Physik, Medizin und (unter falschem Namen)<br />

auch Philosophie. Natürlich absolviert<br />

er das Auswahlprogramm der Black Hand.<br />

Leider hat dieses ideale Leben einen kleinen<br />

Haken: Er hasst seinen Vater und die<br />

Black Hand.<br />

Motive<br />

Francis ist etwas Besonderes und das<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig Seite 14


Der Durchbruch<br />

weiß er. Nach seiner Überzeugung gibt Wissen<br />

und Macht der Black Hand allerdings<br />

nicht das Recht, den Rest der Welt als ihr<br />

persönliches Testgelände zu missbrauchen<br />

und Menschenleben zu opfern wie es ihnen<br />

passt. Francis verabscheut die Methoden<br />

seines Vaters und sabotiert seine Pläne wo<br />

er kann. Außerdem ist es nicht so interessant<br />

etwas Besonderes zu sein, wenn der<br />

eigene Vater bereits an der nächsten Generation<br />

„Übermensch“ bastelt.<br />

Seit einigen Monaten ist er ein Doppelagent<br />

der AEGIS. Natürlich muss er sehr vorsichtig<br />

sein. Er wird nicht selbst aktiv, Spieler<br />

mit guten Aussichten auf Erfolg wird er<br />

allerdings nach Möglichkeit unterstützen.<br />

Unterstützung von Außen<br />

Die Charaktere haben sich festgefahren<br />

oder befinden sich in einer aussichtslosen<br />

Situation? Francis ist das Mittel des Spielleiters<br />

ihnen eine kleine Hilfestellung zu geben<br />

(> AEGIS).<br />

Mr. Jonathan brouch<br />

Jonathan ist ehemaliger Fallschirmspringer,<br />

Mitglied der Flying Irish und Handlanger<br />

von Corvey (sen.). Für das weitere<br />

Programm der Black Hand hat er nie die<br />

geistigen Fähigkeiten mitgebracht, aber für<br />

„das Grobe“ war er schon immer zu haben.<br />

Offiziell ist er der Hausmeister auf dem Gelände<br />

der Airforce. Er kümmert sich um die<br />

Ordnung in den Unterkünften und ist dort<br />

für seinen Mangel an Humor, seine „handfeste“<br />

Art und seine ausgesprochene Rivalität<br />

zu Corvey (jun.) bekannt.<br />

Motive<br />

Mr. Brouch ist treu wie ein Hund und etwa<br />

ebenso intelligent. Er führt Befehle aus und<br />

das macht er gut. In Francis Corvey (sen.)<br />

sieht er so etwas wie einen Ersatzvater. Er<br />

hat sich nie für die Hintergründe interessiert.<br />

Er hat nur das gute Gefühl an „etwas<br />

Großem“ beteiligt und wichtig zu sein. Die<br />

Rekruten, vor allem Corveys Sohn, betrachtet<br />

er mit Misstrauen.<br />

Die Mordwaffe bewahrt er in seinem privaten<br />

Arsenal hinter dem Heizungskeller<br />

der Airforce Unterkünfte auf. Er hat hier<br />

eine kleine Werkstatt, einen privaten Fitnessraum<br />

und, hinter einer verschlossenen<br />

Feuertür, eine kleine Waffenkammer.<br />

Atomtechnologie<br />

prof. William s. Larcey<br />

William Larcey, das Opfer (> Der Tatort),<br />

ist ein Professor wie man es sich als Student<br />

nur wünschen kann. Seit Jahren betreibt er<br />

nur noch halbherzig Forschung, gerade so<br />

viel um nicht ganz den Anschluss zu verpas-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

sen. Er hat sich voll der Lehre verschrieben<br />

und war bei den Studenten und den Kollegen<br />

sehr beliebt, wenn auch manchmal<br />

nicht ganz ernst genommen.<br />

Larcey war sich seiner Stärken und<br />

Schwächen durchaus bewusst und empfahl<br />

Studenten mit Ambitionen in der Forschung<br />

regelmäßig an Prof. Jenkins, so auch Tom<br />

Reuters. Unwissentlich hat er damit viele<br />

Studenten in die Arme der Black Hand empfohlen.<br />

Am Abend seines Todes beschäftigte sich<br />

Larcey mit einigen Korrekturen und ging<br />

noch einmal in sein Labor im Forschungszentrum.<br />

Zu seiner Überraschung trifft er<br />

hier auf Tom. Dieser scheint im verwirrt<br />

und ängstlich und er stellt ihn zur Rede. Die<br />

Forschungsergebnisse mit denen sich Tom<br />

beschäftigt sind offenkundig Top Secret<br />

und Larcey besteht darauf, das Rev. Affleck-<br />

Graves zu melden. Tom gerät in Panik, zieht<br />

eine Waffe und schießt auf Prof. Larcey.<br />

Je mehr die Charaktere über Larcey in<br />

Erfahrung bringen, desto deutlicher wird<br />

ihnen, dass er zur falschen Zeit am falschen<br />

Ort war. Er hatte weder ein Motiv noch Vorteile<br />

von einer Verschwörung.<br />

Tom Reuters<br />

Tom war einer der Studenten von Prof.<br />

Larcey und ein sehr talentierter noch dazu.<br />

Er ist geförderter Offizieranwärter des AF-<br />

ROTC Programms und darüber hinaus ist<br />

er noch ein talentierter Athlet und Mitglied<br />

im akademischen Ruderclub. All das hat Ihn<br />

auf die Agenda der Black Hand gebracht.<br />

Francis jun. hat ihn vorgeschlagen und mit<br />

kleinen Tests auf die Organisation vorbereitet.<br />

Leider ist die Sache in den letzten Tagen<br />

etwas außer Kontrolle geraten. Tom hat<br />

durch einen dummen Zufall Unterlagen in<br />

die Hände bekommen, die nicht für seine<br />

Augen bestimmt waren. Natürlich hat ihn<br />

die Neugier gepackt und er versuchte diese<br />

DVD zu entschlüsseln, im Labor seines<br />

Professors Larcey. Hier kommt es zur tragischen<br />

Konfrontation zwischen ihm und<br />

seinem Professor, in seiner Panik schießt<br />

er ihm in die Schulter (> Das Labor). Anschließend<br />

ist er verzweifelt und versucht<br />

zu fliehen. Doch seine Tätigkeiten auf dem<br />

Rechner der Uni blieb nicht unerkannt. Damit<br />

ist dann sowohl sein Schicksal, als auch<br />

das des Professors besiegelt. Francis sen.<br />

schickt ihm Mr. Brouch auf den Hals, welcher<br />

erst Tom „verschwinden“ lässt und<br />

sich anschließend um den Professor kümmert.<br />

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Der Durchbruch<br />

scHAUpLäTZE<br />

Und HinWEisE<br />

der bungalow<br />

Im Nordosten des Campus befinden sich<br />

die „Fischer Residences“, gleich neben dem<br />

riesigen Besucherparkplatz an der Indiana<br />

Toll Road. Dort können sich Ehemalige,<br />

Eltern und Besucher Unterkünfte mieten.<br />

Etwa 500 Meter weiter liegt der „Warren<br />

Golf Course Notre Dame“, nur durch einige<br />

Bäume von den Besucherbungalows getrennt.<br />

Wie bereits gesagt, stoßen die Spieler<br />

schon vor der Tür auf einen großen Fleck<br />

Blut. In dem Moment, in dem sie das Licht<br />

anschalten oder sich lauter unterhalten, hören<br />

Sie ein Krachen, dann schlägt die Hintertür<br />

auf und ein großer, kräftiger Mann flieht<br />

in die Dunkelheit (> Mr. Brouch). Einige Minuten<br />

später werden die Charaktere dann<br />

von einem Schuss nochmals aufgeschreckt.<br />

Im Eingangsbereich, gleich hinter dem<br />

Briefschlitz, liegt ein Aktenordner mit Forschungsergebnissen<br />

und einer DVD (> Die<br />

Akten).<br />

Hinweise<br />

• Es wurde eingebrochen. Jemand ist<br />

von der abgelegenen Seite durch die<br />

Hintertür ins Haus gekommen und war,<br />

den Fußabdrücken zu urteilen, auf dem<br />

Weg zur Vordertür. Entwendet wurde<br />

nichts. Es macht den Eindruck, als<br />

hätten die Spieler den Einbrecher überrascht,<br />

bevor er gefunden hat, wonach<br />

er suchte.<br />

• Im Bungalow der Spieler finden sich die<br />

gleichen Fußabdrücke wie am Tatort.<br />

Analysiert man diese näher, so stellt<br />

man fest, dass es sich um eine bestimmte<br />

Sorte Militärstiefeln handelt,<br />

die gewöhnlich von Fallschirmspringern<br />

getragen wird (> Mr. Brouch und<br />

Airforce).<br />

• Das Blut findet sich nicht nur vor der<br />

Tür. Sucht man genauer, so entdeckt<br />

man eine Spur die vom Bungalow der<br />

Spieler nördlich in Richtung Golfplatz<br />

führt und südlich entlang des Wilson<br />

Drive, über den Besucherparkplatz, die<br />

Leahy Drive runter und schließlich vor<br />

den Laboratorien des Jordan Science<br />

Learning Center endet (> „Das Labor“).<br />

der Tatort<br />

Zum Tatort gelangen die Spieler, indem<br />

sie der Blutspur nach Norden folgen, die an<br />

ihrem Bungalow vorbeiführt oder indem sie<br />

dem Schuss folgen, den sie gehört haben.<br />

Natürlich können sie auch als Schaulustige<br />

eintreffen, wenn die Polizei schon vor Ort<br />

ist.<br />

Der Tatort liegt etwa 200 Meter vom Bungalow<br />

entfernt zwischen einigen Bäumen.<br />

Das Licht der Straßenlaternen verliert sich<br />

zwischen den Schatten der Büsche. Die Leiche<br />

von Prof. Larcey liegt mit dem Gesicht<br />

nach oben, halb in einen Busch gesenkt, in<br />

seinem Oberkörper und seinem Gesicht jeweils<br />

ein Einschussloch. Er trägt noch einen<br />

Laborkittel.<br />

Hinweise<br />

• Auf dem Laborkittel findet sich der<br />

Name des Opfers eingestickt. Informationen<br />

über den Professor sind<br />

im Internet und den Unterlagen der<br />

Universität vorhanden (> Prof. William<br />

S. Larcey).<br />

• Das Opfer hatte noch alle Wertsachen<br />

bei sich (Handy, Geld und Autoschlüssen<br />

z.B.), es handelt sich also um<br />

keinen einfachen Raubmord.<br />

• In unmittelbarer Nähe der Leiche finden<br />

sich Abdrücke von Militärstiefeln,<br />

die Gleichen, die auch im Bungalow der<br />

Spieler gefunden werden können (><br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Airforce und Mr. Brouch).<br />

• Bei einer Obduktion der Leiche oder<br />

sachkundiger Untersuchung durch die<br />

Charaktere, stellt sich heraus, dass die<br />

Schusswunde am Kopf von einer anderen<br />

Waffe stammt als die Wunde in der<br />

Schulter. Letztere war nicht tödlich,<br />

hat allerdings zu großem Blutverlust<br />

geführt. Der Schuss in den Kopf wurde<br />

aus nächster Nähe abgegeben, der<br />

Mörder muss sein Opfer gestellt und<br />

dann hingerichtet haben.<br />

das Labor<br />

Folgen die Charaktere der Blutspur in südlicher<br />

Richtung, so gelangen sie bis zum Labor.<br />

Natürlich können sie auch durch Nachforschungen<br />

zur Leiche hierher geraten.<br />

Wichtig ist der Zeitpunkt (> Die Uhr tickt!).<br />

Prof. Larcey hatte sein Labor im Jordan<br />

Science Learning Center, einem modernen<br />

Gebäude mit Büros, Laboratorien und Hörsälen.<br />

Hier ereignete sich am Freitagabend<br />

ein tragischer Kampf zwischen Larcey und<br />

seinem Studenten Tom Reuters:<br />

Hierhin zog sich Tom zurück als er die<br />

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Der Durchbruch<br />

Unterlagen im Forschungszentrum der Airforce<br />

fand. Er nutzt die Rechenpower des<br />

Zentralcomputers um mit der Entschlüsselung<br />

der DVD zu beginnen, ohne zu wissen,<br />

dass der ebenfalls von der Black Hand kontrolliert<br />

wird. Unerwartet betritt Prof. Larcey<br />

das Labor und stellt ihn zur Rede. Tom<br />

ist nun endgültig verzweifelt, er weiß nicht<br />

mehr wem er vertrauen kann und wem<br />

nicht. In seiner Panik zieht er seine Waffe<br />

und schießt auf Larcey.<br />

Hinweise<br />

Es gibt unzählige Hinweise im Labor. Unglücklicherweise<br />

weiß Mr. Brouch natürlich<br />

auch davon und die Black Hand wird schnell<br />

versuchen die Spuren zu verwischen. Wenn<br />

die Spieler also nicht schnell reagieren und<br />

entweder der Blutspur oder den Hinweisen<br />

über Prof. Larcey folgen, werden sie an dieser<br />

Stelle nur noch einen leeren Raum vorfinden.<br />

• Am kommenden Morgen (einem<br />

Samstag!) können die Spieler hier<br />

schon einen Möbeltransporter beobachten.<br />

In braunen Arbeitsanzügen<br />

tragen Arbeiter Kisten aus dem Labor<br />

und vernichten Unterlagen in einem<br />

großen Schredder. Seltsamerweise<br />

tragen diese „Arbeiter“ Armeestiefel<br />

und gehören zur Einheit der Flying<br />

Irish (> Airforce). Der Transporter ist<br />

ein Mietwagen. Verfolgt man die Spur,<br />

so stellt man fest, dass Prof. Jenkins<br />

den Transporter mit seiner Kreditkarte<br />

gemietet hat (> Büro des Direktors).<br />

• In einer Abstellkammer, nahe dem<br />

Büro liegt einige Stunden die Leiche<br />

von Tom Reuter. Mr. Brouch hat sie<br />

dort kurzfristig untergebracht. Mit Tom<br />

finden die Charaktere auch die Waffe,<br />

aus der die Kugel in Jenkins Schulter<br />

stammt (>Der Tatort).<br />

• Aus der Einrichtung des Labors und<br />

den Protokollen der Rechner können<br />

kundige Charaktere schließen, dass<br />

sich Tom kurz vor seinem Tod mit den<br />

Akten beschäftigt hat (> Die Akten).<br />

• Tom trägt noch eine Zugangskarte zum<br />

Gelände der Airforce bei sich. Diese<br />

wird allerdings spätestens am Abend<br />

des kommenden Tages gesperrt.<br />

büro des direktor<br />

Das Büro von Prof. Jenkins liegt im Hauptgebäude,<br />

direkt nehmen der Basilika (300<br />

Main Building; Notre Dame, IN 46556). Die<br />

Telefonnummer und Mail-Adresse findet<br />

jeder im Internet. Tagsüber ist das Haus<br />

gut besucht und Jenkins ist meist in Besprechungen<br />

und außer Haus. Die besten<br />

Chancen, ihn in seinem Büro zu treffen,<br />

haben die Spieler so ab 18:00 Uhr. Ganz<br />

im Stil eines englischen Gentlemans mutet<br />

das Büro etwas altmodisch an, überladen<br />

mit Büchern, dunklen Hölzern und zwei<br />

klassischen Gemälden seiner Vorgänger im<br />

Amt. Direkt neben dem Fenster hat Jenkins<br />

eine Ledercouch und einen Sessel um einen<br />

niedrigen Tisch arrangiert. Sind die Spieler<br />

angemeldet, so empfängt er sie hier.<br />

Hinweise<br />

• Je nach dem, wann die Charaktere hier<br />

eintreffen, liegt Prof. Jenkins eventuell<br />

tot auf seinen Schreibtisch gelehnt.<br />

Er wurde aus der Nähe mit einem<br />

Schalldämpfer erschossen. Die Waffe<br />

ist nicht registriert.<br />

• Aus dem Büro wurden in den vergangenen<br />

Tagen mehrfach Telefonate<br />

geführt, die für die Geschichte wichtig<br />

sind. Mehrfach hat Prof. Jenkins den<br />

Fehler begangen, Corvey im Stützpunkt<br />

anzurufen. Auch die Mobilnummer<br />

von Mr. Brouch wurde mehrfach<br />

gewählt. Drücken die Spieler einfach<br />

die Wahlwiederholung, so erreichen<br />

sie den Anrufbeantworter der Familie<br />

Corvey (privat).<br />

• An der Wand finden die Spieler einige<br />

Fotos von Prof. Jenkins mit bekannten<br />

oder für ihn wichtigen Persönlichkeiten,<br />

darunter ein Gruppenfoto des<br />

„Detachment 225 AFROTC“, der Einheit<br />

der Luftwaffe, mit Mr. Corvey und<br />

Mr. Brouch darauf. Jenkins war einige<br />

Jahre beim Militär, bevor er den akademischen<br />

Weg eingeschlagen hat. Mr.<br />

Corvey und Prof. Jenkins haben sich<br />

hier an der Uni kennen gelernt. All das<br />

kann den Spielern auch seine Sekretärin<br />

erzählen, welche gegen 17:30 Uhr<br />

das Büro verlässt.<br />

Das Büro ist ein perfekter Ort die Geschichte<br />

eskalieren zu lassen. Mittlerweile<br />

sollten die Spieler einige Hinweise auf die<br />

Airforce haben und/oder eine Verbindung<br />

zwischen dem Toten und Mr. Jenkins geknüpft<br />

haben. Bei Gruppen, die einen<br />

Schusswechsel aushalten, wäre hier ein<br />

spannender Moment. Vielleicht haben die<br />

Spieler den Prof. gerade weich geklopft,<br />

als ein Schuss durch das Fenster ihn tötet.<br />

Oder die Spieler überraschen den Täter und<br />

verfolgen ihn (> Mr. Brouch).<br />

Forschungszentrum<br />

der Airforce<br />

Je nach Mut und Ausrichtung der Gruppe<br />

kommt es hier zum Showdown. Unter den<br />

offiziellen Aufenthalts- und Lehrräumen des<br />

Detachment 225 AFROTC befindet sich die<br />

geheime Forschungs- und Rekrutierungs-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

einrichtung der Black Hand. Gelingt es den<br />

Spielern hier einzudringen, gibt es nur noch<br />

drei Möglichkeiten: Sie sterben, sie schließen<br />

sich der Black Hand an oder sie decken<br />

einen Skandal nationalen Ausmaßes auf.<br />

Zwei dieser Möglichkeiten sind natürlich<br />

ein schöner Einstieg in eine größere Kampagne.<br />

Aber soweit sind wir noch nicht. Die Basis<br />

ist natürlich militärisch gesichert. Auf das<br />

Gelände kommt man noch relativ einfach.<br />

Zumindest wenn man eine gute Tarnung<br />

besitzt, Kontakte an der Uni hat oder über<br />

eine gewisse kriminelle Energie mitbringt.<br />

Ausführliche Pläne und eine genaue Beschreibung<br />

der Airbase, einschließlich des<br />

„inoffiziellen“ Teils, gibt es im Anhang. Hier<br />

beschränken wir uns auf die Elemente, die<br />

wichtig für die Story sind.<br />

Hinweise<br />

• Im Heizungskeller der Unterkünfte<br />

befinden sich die Werkstatt und die<br />

geheime Kammer von Mr. Brouch (><br />

EG Nummer 7). Hier finden die Spieler<br />

mit etwas Ausdauer die Mordwaffe.<br />

Praktisch jeder Rekrut der Black<br />

Hand weiß, dass Brouch im Keller sein<br />

eigenes Reich hat. Zur Not entdecken<br />

die Charaktere den Raum indem sie<br />

Brouch einfach folgen.<br />

• Mit etwas Geduld beobachten die<br />

Charaktere immer wieder dunkle<br />

Gestalten, die in der Airbase ein und<br />

ausgehen. Die MIB besuchen Corvey in<br />

seinem Büro. Sie tauchen sonst eigentlich<br />

nur auf, wenn sie die Charaktere<br />

töten wollen.<br />

• Das Büro von Mr. Corvey (sen.) ist sehr<br />

gut gesichert und befindet sich unter<br />

dem Hauptgebäude direkt neben dem<br />

geheimen Labor (> UG Nummer 6).<br />

Sollten die Spieler es dennoch schaffen<br />

hier einzudringen, werden sie mit<br />

einem wahren Schatz an Informationen<br />

belohnt. Geldwäsche, Untreue,<br />

Menschenhandel, Folter… Die Liste ist<br />

lang und vielfältig. In jedem Fall genügend<br />

Material ihn zu erpressen oder in<br />

ernsthafte Schwierigkeiten zu bringen.<br />

• Alien Tech: Unter dem Flughangar<br />

befindet sich der Prototyp eines modernen<br />

Kampfjets (> UG Nummer 7),<br />

konstruiert um Angriffen aus dem All<br />

zu begegnen.<br />

Je nach Zusammensetzung der der Gruppe<br />

kann die Erkundung der Airbase einen<br />

großen Teil der Geschichte einnehmen.<br />

Der Spielleiter sollte also etwas Zeit darauf<br />

verwenden, sich mit der Anlage vertraut zu<br />

machen (> Airbase).<br />

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Der Durchbruch<br />

AiRbAsE<br />

Die Studenten des AFROTC Programms<br />

werden hier mit den Grundlagen der Forschung,<br />

militärischen Drill und im Fliegen<br />

ausgebildet. Fallschirmspringen steht ebenso<br />

auf dem Programm wie Astronomie. Das<br />

Gelände liegt etwas nördlich des Campus<br />

am See. Es besteht aus einer Start- und<br />

Landebahn, mehreren Hangars, dem Tower<br />

und einem Lehr- und Forschungszentrum.<br />

Um das gesamte Gelände zieht sich<br />

ein Sicherheitszaun, allerdings besteht die<br />

einzige Sicherheitsmaßnahme hier aus ein<br />

wenig Stacheldraht. Nichts, was besonders<br />

misstrauisch machen würde.<br />

Hauptgebäude<br />

Im Hauptgebäude findet die Ausbildung<br />

der Rekruten statt, hier befindet sich die<br />

geheime Kammer von Mr. Brouch (> UG<br />

Nummer 9) und der Eingang zum geheimen<br />

Labor der Black Hand (> EG Nummer<br />

8). Wer hier eindringt begibt sich in höchste<br />

Gefahr, ist der Lösung allerdings schon sehr<br />

nahe. Um das Gebäude herum sind einige<br />

Kameras angebracht, die von dem Sicherheitsmann<br />

im Hauptgebäude kontrolliert<br />

werden (> EG Nummer 8).<br />

Erdgeschoß<br />

Nummer 1: Umkleide<br />

Hier bereiten sich die Fallschirmspringer<br />

auf ihren Flug vor und Rekruten auf den<br />

Drill.<br />

Nummer 2: Duschen<br />

Nummer 3: Toiletten<br />

Nummer 4: Materiallager<br />

Hier finden sich Spinde mit Uniformen,<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Fallschirmen, Sportgeräten etc. Der Bereich<br />

ist nur leicht gesichert. Einige Vorhängeschlösser<br />

und Sicherheitsschlösser<br />

am Eingang. Dieser Bereich wird nicht von<br />

Kameras überwacht. Im Raum neben den<br />

Hörsälen finden sich eher Unterrichtsmaterialien.<br />

Nummer 5: Hörsäle<br />

Die Räume sind hervorragend ausgestattet<br />

und dienen sowohl dem Briefing der<br />

Rekruten, als auch der Ausbildung von Studenten.<br />

Nummer 6: Büros<br />

In diesen Büros wird die Administrative<br />

Arbeit des AFROTC Programms abgewickelt.<br />

Studentensekretariat, An- und Abmeldung<br />

etc. Die Büros sind von 8:00 Uhr<br />

bis 17:00 Uhr besetzt. Die Türen sind nicht<br />

gesichert.<br />

Nummer 7: Kellereingang<br />

Durch eine feuerfeste Tür gelangt man<br />

hier in den Heizungskeller, dem Reich von<br />

Mr. Brouch. Die Tür ist verschlossen, ansonsten<br />

aber nicht weiter gesichert. Der<br />

Gang wird von einer Kamera überwacht.<br />

Direkt über dem Eingang zum Keller befindet<br />

sich der Treppenaufgang zum Obergeschoss.<br />

Nummer 8: Sicherheitsschleuse<br />

Hier beginnt der geheime Bereich der<br />

Anlage. Neben einer Sicherheitsschleuse<br />

mit Metalldetektoren, Durchleuchter und<br />

Abnahme des Fingerabdrucks, sitzt hier Tag<br />

und Nacht eine Wache. Die Spieler brauchen<br />

schon einen guten Plan, um hier rein zu<br />

kommen. Zur Lösung ist das auch gar nicht<br />

nötig. Genügend Beweise finden sich auch<br />

im weniger gesicherten Heizungskeller.<br />

Geheimlabor<br />

Nummer 1: Treppenaufgang<br />

Nummer 2: Laboratorien<br />

Im ersten Teil des Labors arbeiten Studenten,<br />

die als vertrauenswürdig eingestuft<br />

wurden. Hier hat z.B. Tom Reuters gearbeitet<br />

(> Tom Reuter).<br />

Nummer 3: Sicherheitstüren<br />

Jede ist mit einem Kartenlesegerät ausgestattet.<br />

Zugang bekommen nur Mitglieder<br />

der Black Hand. Es ist praktisch ausgeschlossen,<br />

dass Charaktere hier ohne<br />

Einladung eindringen. Erfahrene Agenten<br />

der AEGIS haben durchaus eine Chance,<br />

allerdings sei an dieser Stelle darauf hingewiesen,<br />

dass alle Mitglieder der Black Hand<br />

über subdermale Implantate verfügen. Wer<br />

ein solches nicht besitzt, löst spätestens<br />

hier den Alarm aus.<br />

Nummer 4: Laboratorien<br />

Hier wird an dem Fighter gearbeitet, ge-<br />

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Der Durchbruch<br />

netische Experimente durchgeführt und<br />

Materialforschung betrieben. Zutritt haben<br />

nur Mitglieder der Division 2 (R&D), Forschung<br />

und Entwicklung. Dummerweise<br />

stammt aus einem solchen Labor die Akte,<br />

welche sich nun im Besitzt der Charaktere<br />

befindet. Mr. Corvey forscht noch immer,<br />

wer so unfähig war die Akte Tom Reuter zukommen<br />

zu lassen.<br />

Nummer 5: Rekrutierungskammern<br />

In diesen Kammern werden neue Rekruten<br />

auf ihren Dienst vorbereitet. Es werden<br />

die Implantate eingesetzt, „Schulungen“<br />

und „Korrekturen“ vorgenommen. Die<br />

Räume erinnern stark an Folterkammern<br />

und die Prozeduren sind teilweise ebenso<br />

schmerzhaft.<br />

Nummer 6: Büro von Mr. Corvey<br />

(> Francis D. Corvey II)<br />

Nummer 7: Entwicklungshalle<br />

Hier steht er, der Black Mantha II. Die Entwicklung<br />

der letzten Jahre. Abgeleitet aus<br />

Technologie der Gna-Tall und weiterentwickelt<br />

durch die Division 2, die Forschungsabteilung<br />

der Black Hand. Selbst die Führung<br />

der Black Hand ist nicht vollständig informiert<br />

wie der Stand der Forschung ist. Ein<br />

erster Testflug wurde bereits durchgeführt.<br />

Corvey ist überzeugt, das Schiff im kommenden<br />

Jahr in Dienst stellen zu können.<br />

Flughangar<br />

Gleich neben den Quartieren liegt ein<br />

großer Flughangar. Hier sind zwei Propellermaschinen<br />

untergebracht, die für Ausbildungszwecke<br />

genutzt werden. Das einzig<br />

Auffällige ist eine mächtige Stahltür, die<br />

offenkundig einen Raum unter dem Hangar<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

abdeckt. Keiner der einfachen Arbeiter oder<br />

Rekruten kann genau sagen was sich unter<br />

dem Panzerdach befindet. Einige haben<br />

mal gehört, dass es dort einen Kampfjet für<br />

den Verteidigungsfall gibt. Andere behaupten<br />

es würde sich um einen Luftschutzkeller<br />

handeln, der die Studenten der Uni im<br />

Ernstfall aufnehmen könnte.<br />

Beides ist natürlich falsch. Es handelt<br />

sich um die Startvorrichtung für den Black<br />

Mantha II. Der Zugang befindet sich in den<br />

Quartieren nebenan. Hier können die Spieler<br />

normalerweise nichts ausrichten. Sie<br />

erhalten lediglich einen Hinweis, wo sie suchen<br />

müssen.<br />

Observatorium<br />

Im Gegensatz zum Hangar ist das Observatorium<br />

praktisch die ganze Nacht besetzt.<br />

Auch zivile Studenten oder Mitarbeiter der<br />

Uni bekommen hier Gelegenheit den Nachthimmel<br />

zu Forschungszwecken zu observieren.<br />

Zeit an dieser Einrichtung ist wertvoll,<br />

es ist also unwahrscheinlich, dass die<br />

Spieler hier nachts ohne Gesellschaft sind.<br />

Einige interessante Entdeckungen gibt es<br />

hier zu machen, so werden Beobachtungen<br />

natürlich auch aufgezeichnet. Spieler mit<br />

entsprechender Kompetenz können dem<br />

Server Aufnahmen interessanter Flugobjekte<br />

entlocken. So wurden hier Aufnahmen<br />

der Gna-Tall (Alienrasse) gemacht. Interessant<br />

werden diese Informationen allerdings<br />

nur im Rahmen einer weiteren Kampagne.<br />

der Tower<br />

Direkt an der Landebahn überblickt der<br />

Tower das Gelände. Tagsüber ist er praktisch<br />

durchgängig von 6:00 Uhr bis 20:00<br />

Uhr besetzt. Nachts nur in Ausnahmefällen,<br />

wenn Unterricht in Flugsicherung gegeben<br />

wird und/oder Nachtflüge anstehen.<br />

Ab 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr ist Jim Ernest<br />

im Tower, ein pensionierter Soldat der mit<br />

der Nachtwache seine Rente aufbessert.<br />

Jim ist keine besondere Gefahr, allerdings<br />

sehr gewissenhaft, wenn die Spieler sich zu<br />

auffällig verhalten und nachts auf dem Gelände<br />

herumlaufen löst er den Alarm aus.<br />

Jim sitzt oben in der Flugsicherung und<br />

hört dem Flugfunk zu. Er hätte einige seltsame<br />

Geschichten zu erzählen, sollte ihn jemand<br />

fragen. Er selbst denkt sich nichts dabei.<br />

Die Airforce hat ihre Geheimnisse, was<br />

weiß er da schon. Allerdings hat er tatsächlich<br />

mal einen unglaublichen Start miterlebt.<br />

Eine ihm völlig unbekannte Maschine ist aus<br />

dem Hangar gestartet. Wie er vermutet, ein<br />

neuer Tarnkappenjet der Airforce. Natürlich<br />

erzählt er nicht leichtfertig davon, das ist<br />

doch schließlich Top Secret!<br />

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Der Durchbruch<br />

diE AKTEn<br />

„Die Akten“ finden die Spieler in ihrem<br />

Bungalow, gleich hinter dem Türschlitz. In<br />

einer Projektmappe aus Pappe befindet<br />

sich die Dokumentation eines Versuchsaufbaus,<br />

Messergebnisse in Form diverser<br />

Grafiken, die Modellskizzen eines ultramodernen<br />

Flugobjekts und eine DVD. Die ganze<br />

Mappe ist mit Blut beschmiert und nicht<br />

beschriftet.<br />

Die Daten auf dem Datenträger sind das<br />

Herz der Geschichte. Papier ist geduldig,<br />

aber für die Messreihen, die Baupläne und<br />

die Materialstudien, die sich auf dieser seltsamen<br />

DVD befinden, wird die Black Hand<br />

Morde begehen. Die Ergebnisse auf dieser<br />

DVD sind das Ergebnis vieler Jahre Forschung<br />

und Arbeit an Alien-Technologie.<br />

Entsprechend gut sind die Daten natürlich<br />

gesichert. Die Daten sind verschlüsselt<br />

und nur mit enormen Aufwand zu lesen.<br />

Darüber hinaus wurden die Daten mit einem<br />

neuen Verfahren komprimiert, so dass<br />

sich die Daten nicht einfach kopieren oder<br />

ins Netz stellen lassen.<br />

Wer wissen will, was in den geheimen<br />

Labors der Airforce vor sich geht, der muss<br />

die Daten auf diesem Ding lesbar machen.<br />

Dabei können gleich einige Personen auf<br />

dem Campus helfen. Je nach Hintergrund<br />

der Spieler haben sie die Chance auf die<br />

Ressourcen der Uni zuzugreifen, oder sich<br />

gar in den Stützpunkt der Airforce einzuschleichen.<br />

In jedem anderen Fall benötigt<br />

die Entschlüsselung mehrere Tage, viel Zeit<br />

für ausreichend Druck von außen.<br />

Rechner der Uni<br />

Eine besondere Gefahr besteht darin,<br />

dass die Black Hand Zugriff auf das Rechenzentrum<br />

der Uni hat. Charaktere, die so<br />

unvorsichtig sind, die DVD an einem vernetzten<br />

Rechner zu bearbeiten, geraten<br />

unmittelbar in die Schusslinie. Das ist es<br />

auch, was Tom Reuter in Schwierigkeiten<br />

gebracht hat.<br />

Das gleiche Problem haben die Charaktere<br />

natürlich auch, wenn sie die Daten einfach<br />

ins Internet stellen möchten. Entweder, sie<br />

verlassen das Gelände der Universität, oder<br />

sie haben umgehend Mr. Brouch auf den<br />

Fersen.<br />

diE UHR TicKT!<br />

Greifen die Spieler nicht in die Handlung<br />

ein, so entwickelt sich der Geschichte unabhängig<br />

von den Charakteren weiter. Je wei-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

ter die Zeit voranschreitet, desto schwerer<br />

wird es für die Charaktere noch zu einer Lösung<br />

zu kommen, allerdings wird der Druck<br />

von Außen (siehe unten) auch immer größer,<br />

irgendwann haben die Spieler einfach<br />

keine andere Wahl mehr als sich ihrer Haut<br />

zu wehren.<br />

Freitagabend<br />

21:00 Uhr Das Labor<br />

Prof. Larcey korrigiert einige Arbeiten in<br />

seinem Büro im Hauptgebäude, dabei fällt<br />

ihm auf, dass er Unterlagen aus dem Labor<br />

benötigt. Einige Minuten später überrascht<br />

er dort einen seiner Studenten, Tom Reuters<br />

(> Das Labor und Tom Reuters). In die<br />

Enge getrieben gibt Tom einen Schuss auf<br />

den Professor ab.<br />

22:00 Uhr Leahy Drive<br />

Angeschossen und unter Schock irrt Prof.<br />

Larcey den Leahy Drive Richtung Norden. Er<br />

wird zwar von einigen Passanten gesehen,<br />

die halten ihn allerdings für betrunken und<br />

denken sich nichts dabei. Er stoppt immer<br />

wieder und hinterlässt eine kleine Blutspur.<br />

Hinter dem Besucherparkplatz spürt er, dass<br />

ihn die Kräfte verlassen und er beschließt,<br />

die Akten loszuwerden. Er steuert auf das<br />

erstbeste Haus zu, klingelt und, nachdem<br />

keiner öffnet, wirft er die Unterlagen durch<br />

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Der Durchbruch<br />

den Briefschlitz (> Der Bungalow).<br />

22:20 Uhr Fischer Residences<br />

Tom ist mittlerweile aufgeflogen. Die<br />

Black Hand hat seinen Zugriff auf den Rechner<br />

der Universität erkannt. Prof. Jenkins<br />

wurde verständigt, welcher wiederum Mr.<br />

Brouch aktiviert. Mr. Brouch nimmt die Verfolgung<br />

auf und tötet Tom Reuters. Seine<br />

weiteren Prioritäten sind klar: Die Unterlagen<br />

müssen um jeden Preis zurück in die<br />

Hände der Black Hand. So beschließt er in<br />

den Bungalow der Spieler einzubrechen bevor<br />

er sich um den Professor kümmert.<br />

die spieler betreten die bühne<br />

22:25 Uhr Der Bungalow<br />

Die Charaktere entdecken die von Professor<br />

Larcey hinterlassene Blutspur und überraschen<br />

Mr. Brouch bei dessen Einbruch. Er<br />

hat sich gerade Zugang durch die Hintertür<br />

verschafft und die Küche nach Werkzeug<br />

durchsucht. Als er zur Vordertür will, wird<br />

er von den Spielern entdeckt und flieht.<br />

22:40 Uhr Der Tatort<br />

Mr. Brouch stellt den verwundeten Professor<br />

am Waldrand beim Golfplatz und<br />

erschießt ihn mit einem gezielten Schuss in<br />

den Kopf.<br />

23:15 Uhr Büro des Professor<br />

Mr. Brouch trifft Prof. Jenkins in dessen<br />

Büro. Er berichtet ihm von den Ereignissen<br />

und Jenkins organisiert die Beseitigung der<br />

Spuren. Er mietet mit seiner Kreditkarte einen<br />

Transporter und ruft bei Corvey an um<br />

für den kommenden Morgen mehrere Männer<br />

zu aktivieren.<br />

23:30 Uhr Der Tatort<br />

Der Sheriff trifft am Tatort ein, die Spurensicherung<br />

beginnt und Zeugen werden<br />

vernommen. Clarance ist mit der Situation<br />

total überfordert und wird nach ersten Bemühungen<br />

am kommenden Mittag das FBI<br />

verständigen. Früher oder später werden<br />

die Spieler ebenfalls vernommen, was maßgeblich<br />

damit zusammenhängt, wie sie sich<br />

dem Tatort genähert haben.<br />

samstag<br />

00:15 Uhr Das Labor<br />

Mr. Brouch begibt sich nochmals in das<br />

Labor und beseitigt erst Spuren, so z.B.<br />

das Blut von Prof. Larcey und die Leiche<br />

von Tom Reuters. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />

liegt die Leiche in einer Besenkammer nahe<br />

dem Labor. Mr. Brouch benötigt etwa 30<br />

Minuten, die Reinigung ist allerdings eher<br />

oberflächlich. Anschließend begibt er sich<br />

wieder auf das Gelände der Airforce.<br />

6:30 Uhr Das Labor<br />

Ein Möbeltransporter trifft ein und Corveys<br />

Männer beginnen das Labor zu räumen<br />

und komplett zu säubern. Anschließend<br />

wird neu gestrichen. Gegen 15:00 Uhr sind<br />

alle Arbeiten abgeschlossen und die Spieler<br />

finden nur noch einen weißen Raum in dem<br />

es nach frischer Farbe riecht.<br />

7:00 Uhr Presse<br />

Erste Nachrichten über den Mord verbreiten<br />

sich über die Medien. Je nach dem<br />

Verlauf der Nacht werden die Spieler als<br />

Zeugen oder Verdächtige genannt. Gerry<br />

Sanders, ein Student der für den Observer<br />

arbeitet, hängt sich an den Fall und berichtet<br />

für die Studentenzeitung.<br />

Gerry kann im Laufe der Geschichte vom<br />

Spielleiter verwendet werden, um die Charaktere<br />

zu nerven, ihnen Informationen zu<br />

liefern oder als zusätzliche Leiche (weil er<br />

seine Nase zu tief in Dinge steckte, die ihn<br />

nicht angehen) zu dienen.<br />

10:30 Uhr Büro des Professor<br />

bzw. Bungalow der Spieler<br />

Prof. Jenkins wird auf die Charaktere<br />

aufmerksam und beginnt mit den Nachforschungen<br />

über sie. Gegen 13:00 Uhr unternimmt<br />

den ersten Versuch Kontakt mit den<br />

Charakteren aufzunehmen. Er wurden von<br />

Mr. Brouch informiert wo die Akten hin<br />

sind, so vermutet er sie in deren Besitz.<br />

Wenn die Spieler die DVD an den Sheriff<br />

übergeben haben, so tauscht Jenkins die<br />

DVD unbemerkt gegen eine harmlose Variante<br />

aus und stiehlt das Original aus Büro<br />

des Sheriffs. Sie befindet sich dann im Büro<br />

des Dierktors<br />

13:00 Uhr Büro des Sheriff<br />

Dieser bemerkt, dass ihm der Fall über<br />

den Kopf wächst. Spätestens wenn er die<br />

Unterlagen gesichtet hat. Er informiert das<br />

FBI.<br />

14:00 Uhr Tatort<br />

Das FBI Trifft mit einer Agentin der AEGIS<br />

ein. Das Gebiet wird weiträumig abgesperrt<br />

und eine genauere Spurensuche beginnt.<br />

Zwangsläufig entdecken die Agenten die<br />

Arbeiten im Büro des Toten. Beweise können<br />

hier allerdings nun keine mehr sichergestellt<br />

werden. Spätestens jetzt werden<br />

die Spieler zu Verdächtigen. Corvey (jun.)<br />

hat die AEGIS informiert und auf die Spieler<br />

aufmerksam gemacht.<br />

15:00 Uhr Labor<br />

Das FBI untersucht das Büro des Professors…<br />

leider zu spät. Wenn es den Spielern<br />

bis hierher nicht gelungen ist einige Beweise<br />

zu sichern, ist diese Spur kalt.<br />

17.00 Uhr Stadion<br />

Das Footballspiel beginnt. Ein idealer<br />

Schauplatz für eine Konfrontation mit den<br />

MIB<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

17:30 Uhr<br />

Die Spieler werden spätestens jetzt durch<br />

das FBI verhört und zu dem Fall befragt.<br />

Eine gute Gelegenheit die AEGIS und die<br />

Spieler zu verbinden.<br />

20:00 Uhr Bungalow<br />

Spätestens hier erfolgt der erste Anschlag<br />

auf die Spieler.<br />

22:00 Uhr Büro der Prof.<br />

Ab jetzt finden die Spieler Prof. Jenkins<br />

tot in seinem Büro.<br />

dRUcK VOn AUssEn<br />

Es gibt mindestens zwei Parteien in diesem<br />

„Spiel“. Beide versuchen Druck auf die<br />

Charaktere auszuüben. Hier wird beschrieben<br />

wie und warum.<br />

Airforce (black Hand)<br />

Offiziell fördert die Airforce die Ausbildung<br />

von Offizieren an der Universität. Als<br />

Standort der „Air Force Reserve Officer<br />

Training Corps“ (AFROTC) finden in Notre<br />

Dame Kurse in sog. „Aerospace Studies“<br />

statt. Inoffiziell handelt es sich bei der Einrichtung<br />

um ein Forschungs- und Rekrutierungszentrum<br />

der Black Hand.<br />

Die Motive der Black Hand sind klar: Jegliche<br />

Forschungsergebnisse und Beweise für<br />

die Existenz geheimer Forschungsprojekte<br />

müssen vernichtet werden und dürfen unter<br />

keinen Umständen an die Öffentlichkeit<br />

gelangen. Zeugen sind zu beseitigen oder,<br />

in Einzelfällen, zu rekrutieren. Kommen die<br />

Spieler der Wahrheit zu nahe, scheut die<br />

Black Hand auch nicht davor zurück, den<br />

Standort aufzugeben – das eine oder andere<br />

Baueropfer einkalkuliert.<br />

Ranghöchster Offizier der Black Hand in<br />

Notre Dame ist Francis D. Carvey II<br />

Einbruch<br />

Am Abend des Mordes versucht Mr.<br />

Brouch die Akten aus dem Bungalow der<br />

Spieler zu holen. Er ist bewaffnet und<br />

schreckt vor Gewalt nicht zurück. Da die<br />

Spieler bisher nicht in Erscheinung getreten<br />

sind kommt es nur dann zu einer Konfrontation,<br />

wenn sie Mr. Brouch in die Enge<br />

treiben. Es kann es sich zu diesem Zeitpunkt<br />

nicht erlauben erkannt zu werden.<br />

Erpressung<br />

Es dauert nicht lange, bis Prof. Jenkins herausgefunden<br />

hat wer die Spieler sind und<br />

dass sie die DVD besitzen. Er wird sie zunächst<br />

beobachten lassen (> „Raymond M.<br />

Jenkins“). Versucht er zunächst die Spieler<br />

zur Aushändigung der DVD zu überreden,<br />

greift er später zu anonymen Anrufen bis<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig Seite 21


Der Durchbruch<br />

hin zu Morddrohungen.<br />

Aus dem Zusammenhang erkennen die<br />

Spieler schnell, dass Prof. Jenkins etwas mit<br />

der Geschichte zu tun hat. Leider kommen<br />

sie dann nicht mehr dazu ihn näher zu befragen<br />

(> Büro des Direktors)<br />

Anschlag<br />

Spätestens nachdem die Spieler das Büro<br />

des Direktors untersucht haben und/oder<br />

sich intensiver mit dem Stützpunkt der Airforce<br />

beschäftigen, sind sie in ernster Gefahr.<br />

Je nach Ausrichtung der Gruppe kann<br />

der Spielleiter hier schon „handfeste Argumente“<br />

bringen. In unserer Runde wurde<br />

Prof. Jenkins erschossen als die Spieler im<br />

Raum waren.<br />

Die gesamte Klaviatur kommt in Frage:<br />

Ein Auto mir getönten Scheiben versucht<br />

die Spieler zu überfahren, ein Schuss durch<br />

einen Scharfschützen, „Man in Black“ verfolgen<br />

die Spieler…<br />

Dabei sollte der Spielleiter nicht aus den<br />

Augen verlieren, dass am Wochenende viele<br />

Gäste in Notre Dame sind. Selbst in der<br />

Nacht sind die Straßen nie völlig leer und<br />

auf öffentlichen Plätzen ist fast immer etwas<br />

los. Das kann den Spielern über das<br />

Wochenende das Leben retten.<br />

AEGis<br />

Francis kann die Charaktere mit talentierten<br />

Informatikern auf dem Campus bekannt<br />

machen, ihnen eine Zugangskarte zum Gelände<br />

der Airforce besorgen, ihnen kleine<br />

Geschichten erzählen oder einfach einen<br />

Mordanschlag vereiteln. An dieser Stelle sei<br />

allerdings jeder Spielleiter gewarnt: Spieler<br />

scheitern oft lieber als von NPCs bevormundet<br />

oder geführt zu werden. Habe Vertrauen<br />

in Deine Spieler! Francis ist für den<br />

Notfall gedacht, keine Entschuldigung für<br />

Railroading!<br />

Allerdings könnte er auch Druck auf die<br />

Charaktere ausüben oder sie dazu benutzen,<br />

an weitere Informationen zu gelangen.<br />

Er sollte vom Spielleiter als Joker eingesetzt<br />

werden, mit dem die Geschichte entweder<br />

etwas leichter oder noch etwas schwerer<br />

für die Charaktere werden kann.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

MöGLicHE<br />

LösUnGEn<br />

Die Geschichte ist sehr offen. Von daher<br />

kann kaum ein Lösungsweg aufgezeigt<br />

werden. Dennoch gibt es Lösungen die<br />

wahrscheinlich sind.<br />

Willkommen in der Agency<br />

Die Geschichte ist ursprünglich als Einstieg<br />

in eine längere Kampagne konzipiert<br />

worden. Wenn sich die Spieler gut schlagen,<br />

werden sie wahrscheinlich von einer<br />

Seite rekrutiert. In diesem Fall eignet sich<br />

ein offenes Ende gut. Für Wissenschaftler<br />

ergeben sich völlig neue Möglichkeiten,<br />

militärisch orientierte Charaktere werden<br />

auf größere und interessantere Ziele angesetzt,<br />

Piloten dürfen mal einen Flug im All<br />

machen. Es gibt durchaus Anreize, die den<br />

Einstieg in eine internationale Verschwörung<br />

interessant machen.<br />

surprise, you are dead!<br />

Warum dürfen die Charaktere nicht sterben?<br />

Wenn sie schon in die Forschungsstation<br />

der Black Hand eindringen, sollten sie<br />

wissen was sie tun. Ein dramatisches Ende<br />

für die Charaktere ist durchaus ein feines<br />

Ende für die Story.<br />

Wenn es alle haben,<br />

hat es keiner!<br />

Auf diese Idee sollte sich der Spielleiter<br />

einstellen. Wenn der Inhalt der DVD öffentlich<br />

gemacht wird, könnte man denken,<br />

dass die Black Hand ihr Interesse an den<br />

Spielern verliert. Es reicht für diesen Fall<br />

aus, sich die Alumnis von Notre Dame anzusehen.<br />

Die Medien sind leider nicht sicher.<br />

Darüber hinaus sollten einige technische<br />

Hürden überwunden werden: Komprimierung,<br />

unterschiedliche Dateiformate, Kontrolle<br />

der Uni-Server durch die Black Hand.<br />

Wenn die Spieler genügend Energie aufbringen<br />

und es schaffen, führt das zu einem<br />

großen Skandal, dem Rücktritt der Universitätsleitung,<br />

einigen Toten… Aber im<br />

Endeffekt erfährt niemand wirklich worum<br />

es geht. Einige Jahre später werden Chinesen,<br />

Amerikaner und Europäer gleichzeitig<br />

einen neuen Tarnkappenbomber in Dienst<br />

stellen, Verschwörungstheoretiker werden<br />

sich das Maul zerreißen, aber die Öffentlichkeit<br />

schaut weiter weg. Ob die Charaktere<br />

dann noch leben wage ich persönlich zu bezweifeln.<br />

�<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig Seite 22


Abenteuerleitfaden<br />

EinLEiTUnG<br />

Wir werden immer wieder gefragt, was<br />

man beim Schreiben eines Abenteuers für die<br />

<strong>Anduin</strong> beachten sollte. Einige interessieren<br />

sich dabei mehr für technische Details wie<br />

Schriftgrößen oder Formatierungen, andere<br />

eher für inhaltliche Dinge und schließlich gibt<br />

es auch so manchen, der sich um die Länge<br />

seines Werkes sorgt.<br />

Schon nach kurzer Zeit beim Schreiben der<br />

Gliederung und dem Lesen von Anregungen<br />

und Ideen auf Tanelorn.net bekam ich kalte<br />

Füße. Dieses Thema wurde schnell zum unüberwindbar<br />

erscheinendem Berg – ach was,<br />

zur Bergkette. So viele Herangehensweisen<br />

vom plotbasierten Abenteuer bis zum freien<br />

Spiel, von Regelfuchsern bis hin zum Geschichtenerzähler.<br />

Es gibt es viele Arten, ein<br />

gutes bis ausgezeichnetes Rollenspielabenteuer<br />

zu schreiben, dass man unmöglich für<br />

jeden Spieler- und Spielleitertyp den treffenden<br />

Artikel schreiben kann.<br />

Ich muss daher meine Ansprüche zurückschrauben.<br />

Ich möchte versuchen mit diesem<br />

Artikel einen Leitfaden für Abenteuerschreiber,<br />

die vorhaben ihren Text in der <strong>Anduin</strong><br />

zu veröffentlichen, zu verfassen. Mir – und<br />

hoffentlich auch Euch – ist klar, dass das hier<br />

keine Doktorarbeit werden und vor allem<br />

beim Teil zu Inhalt und Gliederung nur eine<br />

Anregung sein kann. So, genug der Vorrede,<br />

dann wollen wir mal loslegen.<br />

GRUndsäTZLicHEs<br />

dER AnFAnG<br />

Ein gutes Abenteuer muss weder Dutzende<br />

Seiten lang noch in gekünstelter Sprache<br />

geschrieben sein. Wichtig ist, dass jener Funke,<br />

der Euch dazu bewegt hat das Abenteuer<br />

aufzuschreiben und die Arbeit zu investieren,<br />

auf den Leser überspringt und ihn dazu anregt,<br />

möglichst rasch zum Telefon zu greifen,<br />

Freunde einzuladen und das Abenteuer zu<br />

erleben.<br />

Wichtig ist, dass Ihr eine zündende Idee<br />

habt, die als Abenteuerfokus fungiert. Lest<br />

Euch dazu bitte den ebenfalls in dieser <strong>Anduin</strong><br />

enthaltenen Artikel „Der Abenteuerfokus“<br />

durch. Denkt daran, Euch von der (langweiligen?)<br />

Masse an Abenteuern durch eigene<br />

Ideen oder liebenswerte Details abzuheben.<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Das können Zitate oder besonders ausgearbeitete<br />

NSC sein, aber auch kleine Gedichte<br />

oder Lieder oder auch nur eine bühnenreife<br />

Handlung.<br />

sysTEMEiGEnHEiTEn<br />

Jedes System hat seine eigenen Anforderungen<br />

an seine Abenteuer. Ich möchte Euch<br />

hier eine Sammlung von Ideen und Anregungen<br />

mitgeben ohne dabei aber auf die einzelnen<br />

Bedürfnisse jedes einzelnen Systems<br />

eingehen zu können. Obwohl meiner Meinung<br />

nach die folgenden Aussagen auf die<br />

Mehrheit der Abenteuer zutreffen dürften<br />

und damit als allgemeingültig gelten können,<br />

sind es manchmal gerade die Abenteuer,<br />

welche vom Standard abweichen, die besonders<br />

gelungen sind und lange im Gedächtnis<br />

bleiben.<br />

Viele Systeme haben bereits einen erprobten<br />

und immer wieder verwendeten Aufbau<br />

für ihre Abenteuer. Dies macht es dem Spielleiter<br />

einfach, die gewünschten Informationen<br />

ohne langes Suchen zu finden. Meiner<br />

Meinung nach sollte man von einem solchen<br />

Schema nur mit gutem Grund abweichen,<br />

etwa dann wenn die eigene Abenteueridee<br />

sich nicht in dieses Schema pressen lassen<br />

möchte. Auch die Angabe von Werten sollte<br />

nach Möglichkeit so erfolgen wie es in dem<br />

System als Standard gilt. Eine Abweichung<br />

davon erschwert nur das Erfassen der Informationen.<br />

dER AUFHänGER<br />

Bevor Du Dich daran machst ein Abenteuer<br />

aufzuschreiben solltest Du Dir über den Aufhänger<br />

des Abenteuers klar werden. Um was<br />

geht es überhaupt? Was ist der Höhepunkt<br />

des Abenteuers? Welche Gefahren stellen<br />

sich den Abenteurern in den Weg? Wie kann<br />

man die Abenteurer motivieren sich der Gefahr<br />

entgegen zu stellen?<br />

Besonders auf letzten Punkt sollte der<br />

Autor besonderen Wert legen. Was nutzen<br />

die prächtigst ausgearbeiteten Gegenspieler<br />

und der genialste Plot wenn die Spieler<br />

diese niemals kennen lernen werden, weil<br />

sie das Abenteuer erst gar nicht annehmen?<br />

Obwohl seit Jahren von vielen Seiten gepredigt,<br />

ist selbst in teuren Kaufabenteuern oft<br />

die Motivation der Spieler unbeachtet oder<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

ABENTEUERLEITFADEN<br />

WIE SCHREIBE ICH ABENTEUER FÜR DIE ANDUIN?<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

wird einfallslos in die Hände des Spielleiter<br />

übergeben („Wir haben auch keine Ahnung,<br />

warum jemand freiwillig in das gespenstische<br />

Horrorhaus gehen sollte. Aber Dir wird schon<br />

was einfallen.“).<br />

diE GLiEdERUnG<br />

LinEAR OdER FREi?<br />

Dann sollte man sich überlegen, ob man<br />

das Abenteuer eher linear oder frei aufbauen<br />

möchte. Beim linearen Aufbau reicht es völlig<br />

aus, die Orte und Ereignisse in ihrer Reihenfolge<br />

aufzulisten. Wer den künftigen Spielleitern<br />

seines Abenteuers einen guten Dienst<br />

erweisen möchte, der denkt aber auch über<br />

mögliche Probleme nach und gibt Anregungen,<br />

wie man diese ausgleichen könnte.<br />

Tipps, wie man die Spieler wieder einfangen<br />

könnte, wenn diese zu weit vom linearen<br />

Schema abweichen können auch nicht schaden.<br />

Dabei müssen diese beiden Hilfen für<br />

den Spielleiter gar nicht ausführlich sein, ein<br />

paar Worte reichen oft völlig aus.<br />

Der freie Aufbau hingegen erfordert mehr<br />

Aufwand – für den Autoren ebenso wie für<br />

den Spielleiter. Häufig verwendet wird die<br />

Trennung in Personen, Orte und chronologischem<br />

Abriss – so dass der Spielleiter aus<br />

diesem Baukasten die notwendigen Szenen<br />

zusammensetzen kann.<br />

Ich möchte versuchen für beide Herangehensweisen<br />

– linear und frei – eine Vorlage für<br />

den Aufbau zu geben. Diese Vorlagen kann<br />

man als Abenteuerautor jederzeit anpassen,<br />

etwa einzelne Punkte weglassen oder andere<br />

hinzufügen oder die Reihenfolge umstellen.<br />

Betrachtet die nachfolgenden Absätze<br />

einfach als Checkliste, die Euch helfen soll<br />

und nicht als festgeschriebenes Gesetz.<br />

LinEARE AbEnTEUER<br />

Lineare Abenteuer zeichnen sich durch einen<br />

meist chronologischen, eher klassischen<br />

Aufbau aus. Meist ähnelt der Aufbau dem<br />

Drehbuch eines Films, in dem nacheinander<br />

die unterschiedlichen Schauplätze mit ihren<br />

jeweiligen Ereignissen und Figuren beschrieben<br />

sind.<br />

die Einführung<br />

Zunächst gilt es den Leser auf das Aben-<br />

Seite 23


Abenteuerleitfaden<br />

teuer einzustimmen und ihm einen ersten<br />

Überblick darüber zu verschaffen, was ihn<br />

erwartet. Die Einführung kann aus den folgenden<br />

Teilen bestehen:<br />

Präludium<br />

Meist wird hier eine Kurzgeschichte gewählt,<br />

um die Stimmung klar zu machen und<br />

einen ersten Einblick in die Geschichte zu<br />

geben. Viele Leser empfinden den Einstieg<br />

über eine spannende oder zumindest gut<br />

geschriebene Geschichte als sehr angenehm,<br />

weil sie sich sofort fesseln lassen können.<br />

Dennoch ist dieser Teil absolut optional und<br />

muss sogar weggelassen werden, wenn<br />

die Geschichte langweilig oder schlecht geschrieben<br />

wäre.<br />

Dabei muss das Präludium nicht unbedingt<br />

einen Teil des Abenteuers erzählen oder gar<br />

die Charaktere aus dem Abenteuer enthalten.<br />

Es könnte auch eine Geschichte sein, die<br />

100 Jahre vor dem Abenteuer spielt oder eine<br />

die nur mysteriöse Andeutungen macht.<br />

Anrede<br />

Ein kurzer Text, in dem der Leser darüber<br />

aufgeklärt wird, was für eine Art von Abenteuer<br />

er da vor sich hat. Hier sollte das Regelsystem<br />

und eventuell das Setting genannt<br />

werden. Bei stufenbasierten Systemen ist<br />

hier der Platz an dem Du sagen solltest für<br />

welchen Stufenbereich das Abenteuer gedacht<br />

ist.<br />

Weitere Informationen, die man dem Leser<br />

in diesem Abschnitt geben kann: Welche Regelbücher<br />

werden benötigt? Um welche Art<br />

von Abenteuer handelt es sich (das vorherrschende<br />

Thema)? Wo spielt das Abenteuer?<br />

Was für Charaktere eignen sich für das Abenteuer?<br />

Medientipps<br />

Dies ist noch ein optionaler Abschnitt für<br />

die Einführung. Hier kann man angeben, welche<br />

Musik gut zu dem Abenteuer als Untermalung<br />

passen würde und welche Bücher,<br />

Filme oder Serien dem Autoren als Anregung<br />

dienten.<br />

Übersicht über die Handlung<br />

Ganz wichtig ist ein Abschnitt, in dem man<br />

für den Leser die gesamte Handlung des<br />

Abenteuer kurz zusammenfasst, eingeleitet<br />

durch den Hinweis, dass dies nur für den<br />

Spielleiter bestimmt ist. Während manche<br />

Leser sich am liebsten langsam durch eine<br />

Kurzgeschichte einstimmen lassen existieren<br />

sehr viele, die eine schnelle Übersicht haben<br />

wollen, was in dem Abenteuer passiert und<br />

was der Handlungsablauf ist. Dabei muss<br />

natürlich nicht jede Szene detailliert wieder-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

gegeben werden – die grobe Handlung sollte<br />

aber schon erkennbar werden.<br />

das Abenteuer<br />

Häufig wird bei linearen Abenteuern die<br />

Handlung in Szenen unterteilt, die eventuell<br />

von der Erzählung des Spielleiters verbunden<br />

werden oder direkt ineinander übergehen.<br />

Zudem lassen sich längere Abenteuer<br />

noch in Akte mit einer bestimmten Anzahl an<br />

Szenen gliedern. Ein Akt sollte nicht nur eine<br />

Nummer, sondern auch einen beschreibenden<br />

Namen erhalten. In ihm werden so viele<br />

Szenen gesammelt wie der Autor für richtig<br />

hält. Dabei sollten alle Szenen eines Aktes<br />

thematisch zusammengehören.<br />

Auch eine Szene kann einen Titel bekommen,<br />

was es dem Leser leichter macht bestimmte<br />

Stellen später schnell wieder zu<br />

finden. Eine Szene kann aus verschiedenen<br />

Bausteinen zusammengesetzt werden, die<br />

ich nun erläutern möchte:<br />

Stimmungstext<br />

Theoretisch optional, doch praktisch sehr<br />

beliebt sind die einleitenden Stimmungstexte.<br />

Diese sind meist so geschrieben, dass sie<br />

den Spielern direkt vorgelesen werden können.<br />

Sie leiten die jeweilige Szene ein und<br />

starten im Idealfall die Handlung. Manchmal<br />

sind sie auch nur Zierwerk um die Stimmung<br />

zu verbessern.<br />

Stimmungstexte können sehr unterschiedlich<br />

ausfallen. Wenn es zum Abenteuer passt<br />

sind auch Filmzitate als sehr kurzer Stimmungstext<br />

eine gute Idee oder etwa eine<br />

Strophe eines Gedichts.<br />

Überblick<br />

Nun sollte ein Überblick über die Handlung<br />

gegeben werden, die der Spielleiter schnell<br />

überfliegen kann um die wichtigsten Aspekte<br />

der Szene aufzufassen.<br />

Beschreibungen<br />

Der Hauptbestandteil einer Szene sind<br />

die beschreibenden Texte. Hier werden die<br />

Örtlichkeiten erläutern, aufgeführt welche<br />

Personen und Wesen anzutreffen sind und<br />

die geheimen Informationen für den Spielleiter<br />

gegeben. Der genaue Aufbau und Inhalt<br />

hängt stark vom jeweiligen System und der<br />

Art der Szene ab.<br />

Spielt diese beispielsweise in einem alten<br />

Herrenhaus könnte die Beschreibung klassisch<br />

Raum für Raum erklären. Für jeden<br />

Raum wird zunächst ein Stimmungstext (zum<br />

Vorlesen für die Spieler geeignet) gegeben,<br />

gefolgt von allgemeinen Informationen (welche<br />

die Spieler schnell abfragen können) und<br />

schließlich die Spielleiterinformationen (mit<br />

LINEAR<br />

Einführung<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

• Präludium (optional)<br />

• Anrede<br />

• Medientipps (optional)<br />

• Handlungsübersicht<br />

Einführung<br />

Akt<br />

Szene<br />

• Stimmungstext (optional)<br />

• Überblick<br />

• Beschreibungstexte<br />

• Rollenspielhinweise (optional)<br />

• Das Ziel (optional)<br />

• Technische Details (optional)<br />

Dramatis Personae<br />

• Beschreibung<br />

• Hintergrund<br />

• Motivation<br />

• Rollenspielhinweise (optional)<br />

• Zitate (optional)<br />

• Spielwerte<br />

• Besitztümer (optional)<br />

Anhang<br />

• Ausgang des Abenteuers<br />

• Anknüpfpunkte (optional)<br />

• Belohnungen (optional)<br />

• Hintergrundinformationen (optional)<br />

• Besondere Regeln (optional)<br />

• Vordefinierte Charaktere (optional)<br />

schwer zu entdeckenden Details, Hinweisen<br />

und Werten zu NSC bzw. Gegnern oder Erläuterungen<br />

zur Gesamthandlung).<br />

Meist wird hier also in räumlich getrennte<br />

Abschnitte unterteilt und für jeden Abschnitt<br />

die benötigten Informationen gegeben.<br />

Wenn die Szene es erfordert kann die<br />

Unterteilung aber auch in chronologische<br />

Abschnitte erfolgen – oder einen komplett<br />

anderen Aufbau annehmen.<br />

Rollenspielhinweise<br />

In diesem optionalen Abschnitt können<br />

Tipps für das Erzeugen der Stimmung gegeben<br />

werden, zum Beispiel Spielleitertipps, die<br />

sich speziell auf die in dieser Szene zu schaffenden<br />

Atmosphäre beziehen, oder Tipps<br />

zur passenden Musikuntermalung. Eventuell<br />

ist es auch sinnvoll, noch einmal auf das Verhalten<br />

der wesentlichen NSC in dieser Szene<br />

einzugehen und dem Spielleiter Hinweise darauf<br />

zu geben, was ihre Motivation und was<br />

ihre Emotionen in dieser Szene sind.<br />

Das Ziel<br />

Und wieder ein optionaler Baustein. Am<br />

Seite 24


Abenteuerleitfaden<br />

Ende einer Szene kann man dem Leser noch<br />

einmal sagen, was der geplante Ausgang<br />

der Szene ist. Dabei sollte man nicht zu eingegrenzt<br />

denken, denn die Spieler werden<br />

häufig eigene Wege und Lösungsansätze<br />

finden. Umso hilfreicher ist es für den Spielleiter,<br />

wenn er hier noch einmal kurz gesagt<br />

bekommt, welche Puzzlesteine der Handlung<br />

wichtig für das Weiterkommen sind<br />

und welche Infos die Spieler erhalten haben<br />

sollten. So kann dieser besser improvisieren<br />

und seinen eigenen Weg finden, diese Informationen<br />

an die Spieler weiterzugeben ohne<br />

in eine Sackgasse zu laufen.<br />

Wenn Du möchtest kannst Du hier auch<br />

selbst alternative Wege und Lösungsmöglichkeiten<br />

angeben und dem Spielleiter kurze<br />

Tipps geben, wie er darauf reagieren könnte<br />

oder welche Schwierigkeiten Du dabei<br />

siehst.<br />

Technische Details<br />

Manche Regelsysteme wollen erst ganz<br />

am Ende diesen Abschnitt, den ich einfach<br />

mal „technische Details“ nenne. Andere<br />

aber wollen ihn nach jeder Szene haben. Es<br />

kommt also ganz auf das System an, ob Du<br />

hier Informationen zu Erfahrungspunkten<br />

(oder wie auch immer die Steigerungspunkte<br />

in dem System heißen) und möglicher Beute<br />

bzw. Belohnung geben solltest.<br />

dramatis personae<br />

Es hat sich bewährt für den Spielleiter am<br />

Ende der eigentlichen Handlung noch einmal<br />

eine Übersicht über die wichtigsten Personen<br />

bzw. Monster zu geben. Dabei muss nicht jedes<br />

Wesen, das im Verlauf des Abenteuers<br />

auftaucht, hier beschrieben werden. Die einfache<br />

Stadtwache zum Beispiel gehört nicht<br />

hier hin, ihr charismatischer Anführer, den im<br />

Abenteuer den Spielern das Leben schwer<br />

macht, aber schon.<br />

Beschreibung<br />

Vom Namen über das Aussehen und die<br />

Kleidung, das Sozialverhalten bis hin zum<br />

Stand in der Gesellschaft sollte hier eine<br />

Beschreibung gegeben werden, die es dem<br />

Spielleiter ermöglicht die Person darzustellen.<br />

Hintergrund<br />

Wie passt die Person in das Abenteuer, was<br />

ist ihre Rolle darin? Außerdem können Freunde<br />

und Feinde der Person oder ein kurzer Abriss<br />

des Lebenslaufes beschrieben werden.<br />

Motivation<br />

Damit der Spielleiter die die Person antreibende<br />

Kraft besser verstehen und vermitteln<br />

kann sollten hier die persönlichen Ziele und<br />

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Motivationen der Person beschrieben werden.<br />

Auch seine moralischen Vorstellungen<br />

und Grenzen seines Handelns können interessant<br />

sein. Wenn Du in den Beschreibungen<br />

innerhalb der Szenen bereits Hinweise gegeben<br />

hast, wie die Person an dieser Stelle<br />

handeln könnte, dann können hier die Informationen<br />

global bleiben. Ansonsten solltest<br />

Du auf Schlüsselszenen noch einmal extra<br />

eingehen.<br />

Rollenspielhinweise<br />

Optional kannst Du dem Spielleiter Hinweise<br />

und Tipps geben, wie er die Person schauspielerisch<br />

bzw. rollenspielerisch am besten<br />

darstellen kann. Beispielsweise kannst Du<br />

auf Macken und Ticks der Person eingehen,<br />

die einen Erinnerungswert haben. Dadurch<br />

kann der Spielleiter die Person noch tiefer in<br />

das Gedächtnis der Spieler brennen.<br />

Zitate<br />

Zitate sind zwar rein optional, helfen aber<br />

manchmal einer Person mehr Farbe zu geben.<br />

Wenn Du magst, dann führe hier ein oder<br />

zwei typische und möglichst aussagekräftige<br />

Aussprüche der Person auf. Versuche dabei<br />

den Charakter der Person zu treffen und Zitate<br />

zu wählen, die seine moralische Gesinnung<br />

deutlich machen.<br />

Spielwerte<br />

Zur Form der Spielwerte gehe ich weiter<br />

unten noch ein. Wichtig ist aber, dass alle<br />

spielrelevanten Werte der Person aufgeführt<br />

werden sollten, wenn dies zum Regelsystem<br />

passt.<br />

Besitztümer<br />

Je nach Abenteuer und System kann es<br />

sinnvoll sein, noch einmal auf die interessanten<br />

bzw. wertvollen Besitztümer der Person<br />

einzugehen. Dies ist besondern bei Monstern<br />

der Fall, damit die Spieler Schätze haben, die<br />

sie plündern können. Manchmal ist es aber<br />

auch hilfreich, wenn besonders handlungsrelevante<br />

Gegenstände noch einmal extra genannt<br />

werden, damit der Spielleiter sie nicht<br />

übersieht (z.B. wichtige Botschaften, Schlüssel,<br />

Tagebücher, etc.).<br />

der Anhang<br />

Im Anhang versammeln sich alle Informationen,<br />

die bisher in den anderen Abschnitten<br />

nicht gegeben wurden. Ein paar Beispiele<br />

dafür will ich nun aufführen, kann mir aber<br />

gut vorstellen, dass Euch da noch mehr einfallen.<br />

Ausgang des Abenteuers<br />

Das Abenteuer an sich ist zu Ende, doch<br />

meistens gibt es noch Dinge aufzuräumen.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

In diesem Abschnitt kannst Du mögliche Enden<br />

des Abenteuers und ihre Auswirkungen<br />

auf die Spieler beschreiben. So könnte es<br />

etwa eine Beschreibung für ein Ende geben,<br />

bei dem die Spieler vollkommen erfolgreich<br />

waren, eine falls die Spieler nur teilweise<br />

erfolgreich waren und eine falls die Spieler<br />

zwar überlebt haben, aber nicht erfolgreich<br />

waren.<br />

Anknüpfpunkte<br />

Häufig wird dieser Abschnitt mit dem<br />

vorherigen „Ausgang des Abenteuers“ verknüpft<br />

– er kann aber auch alleine stehen. Es<br />

wird beschrieben, welche Kontakte die Spieler<br />

zu Feinden oder Verbündeten gemacht<br />

haben könnten, welche Konsequenzen sich<br />

daraus ergeben und welche Ideen für künftige<br />

Abenteuer daraus entstehen können.<br />

Belohnungen<br />

Wie bereits gesagt sehen einige Systeme<br />

diesen Abschnitt pro Szene vor, andere nur<br />

ganz am Ende des Abenteuers. Meist werden<br />

hier Richtlinien für die Vergabe von Erfahrungspunkten<br />

und anderer Belohnungen<br />

gegeben.<br />

Hintergrundinformationen<br />

Nicht alle Informationen können in den<br />

Beschreibungen der Szenen oder Personen<br />

gegeben werden. Wenn etwa eine Geheimorganisation<br />

im Abenteuer eingeführt wird,<br />

dann kannst Du hier deren Geschichte, Motivation<br />

und Ausbau im Detail beschreiben.<br />

Besondere Regeln<br />

Falls in dem Abenteuer neue Regeln eingeführt<br />

werden wie neue Zauber, Kreaturen,<br />

Artefakte oder ähnliches können diese hier<br />

aufgeführt werden. Sollte es sich um ein<br />

universelles Abenteuer handeln könnte hier<br />

auch ein eigenes Mini-Regelsystem beschrieben<br />

werden.<br />

Vorgefertige Charaktere<br />

Falls in dem Abenteuer vorgefertige Charaktere<br />

verwendet werden sollen, so kannst<br />

Du diese hier vorstellen. Als Vorlage kann Dir<br />

der Aufbau unter „Dramatis Personae“ dienen.<br />

FREiE AbEnTEUER<br />

Freie Abenteuer sind naturgemäß schwerer<br />

zu definieren als lineare Abenteuer. Oft<br />

wird dem Spielleiter eher ein Baukastensystem<br />

in die Hand gegeben anstatt ein fester<br />

Handlungsrahmen. Gänzlich freie Abenteuer<br />

stellen beispielsweise nur die handlungsrelevanten<br />

Personen ähnlich wie im Abschnitt<br />

„Dramatis Personae“ im linearen Abenteuer<br />

beschrieben vor und beschreiben die wich-<br />

Seite 25


Abenteuerleitfaden<br />

FREI<br />

Einführung<br />

• Präludium (optional)<br />

• Anrede<br />

• Medientipps (optional)<br />

• Abenteuerübersicht<br />

Dramatis Personae<br />

• Beschreibung<br />

• Hintergrund<br />

• Motivation<br />

• Rollenspielhinweise (optional)<br />

• Zitate (optional)<br />

• Spielwerte<br />

• Besitztümer (optional)<br />

Druck erzeugen<br />

• Ereignisse<br />

• Organisationen (optional)<br />

• Das Ziel<br />

Anhang<br />

• Anknüpfpunkte (optional)<br />

• Belohnungen (optional)<br />

• Hintergrundinformationen (optional)<br />

• Besondere Regeln (optional)<br />

• Vordefinierte Charaktere (optional)<br />

tigsten Handlungsorte. Zusätzlich werden<br />

ein paar Ideen für Ereignisse gegeben, die im<br />

Verlauf des Spiels stattfinden könnten.<br />

Der Spielleiter nimmt sich nun eine Person<br />

und spielt diese aus, schaut sich an wie die<br />

Spieler darauf reagieren und geht auf ihre<br />

Reaktionen ein. Sobald die Handlung langsamer<br />

wird wirft der Spielleiter ein Ereignis<br />

oder eine zusätzliche Person ins Spiel. So<br />

entwickelt sich eine nicht vorherdefinierte<br />

Handlung.<br />

Ich habe inzwischen ein paar sehr gute<br />

freie Abenteuer gelesen und möchte versuchen<br />

daraus eine Anregung für den Aufbau<br />

abzuleiten.<br />

die Einführung<br />

Auch im freien Abenteuer ist eine Einführung<br />

in das Abenteuer sinnvoll, aus welcher<br />

der Spielleiter herauslesen kann was ihn erwartet.<br />

Präludium<br />

Eine Kurzgeschichte ist ein sehr stimmungsvoller<br />

Weg, auf das kommende Abenteuer<br />

vorzubereiten. Dieser Teil ist optional.<br />

Anrede<br />

Schreibe einen kurzer Text, in dem der<br />

Leser darüber aufgeklärt wird, was für eine<br />

Art von Abenteuer er vor sich hat. Gehe insbesondere<br />

auf den freien Aspekt des Aben-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

teuers ein und gebe ein paar Hilfestellungen<br />

damit sich der Leser in der eventuell ungewohnten<br />

Struktur zurecht finden kann.<br />

Medientipps<br />

Dies ist ein optionaler Abschnitt für die<br />

Einführung. Hier kann man angeben, welche<br />

Musik gut zu dem Abenteuer als Untermalung<br />

passen würde und welche Bücher, Filme<br />

oder Serien dem Autoren als Anregung dienten.<br />

Übersicht über das Abenteuer<br />

Ganz wichtig ist ein Abschnitt, in dem man<br />

für den Leser die Hintergrundgeschichte des<br />

Abenteuers aufbereitet. Anders als bei linearen<br />

Abenteuern wird dabei nicht auf die<br />

Handlung eingegangen (diese wird ja erst<br />

beim Spielen erschaffen), sondern auf den<br />

einleitenden Hintergrund und eventuell die<br />

Pläne bestimmter Antagonisten.<br />

dramatis personae<br />

Zentraler Bestandteil eines freien Abenteuers<br />

sind die NSC. In diesem Abschnitt<br />

sollten die Personen ausführlich beschrieben<br />

werden.<br />

Beschreibung<br />

Vom Namen über das Aussehen und die<br />

Kleidung, das Sozialverhalten bis hin zum<br />

Stand in der Gesellschaft sollte hier eine<br />

Beschreibung gegeben werden, die es dem<br />

Spielleiter ermöglicht die Person darzustellen.<br />

Hintergrund<br />

Wie passt die Person in das Abenteuer, was<br />

ist ihre Rolle darin? Außerdem können Freunde<br />

und Feinde der Person oder ein kurzer Abriss<br />

des Lebenslaufes beschrieben werden.<br />

Motivation<br />

Damit der Spielleiter die die Person antreibende<br />

Kraft besser verstehen und vermitteln<br />

kann sollten hier die persönlichen Ziele und<br />

Motivationen der Person beschrieben werden.<br />

Auch seine moralischen Vorstellungen<br />

und Grenzen seines Handelns können interessant<br />

sein.<br />

Rollenspielhinweise<br />

Optional kannst Du dem Spielleiter Hinweise<br />

und Tipps geben, wie er die Person schauspielerisch<br />

bzw. rollenspielerisch am besten<br />

darstellen kann. Beispielsweise kannst Du<br />

auf Macken und Ticks der Person eingehen,<br />

die einen Erinnerungswert haben. Dadurch<br />

kann der Spielleiter die Person noch tiefer in<br />

das Gedächtnis der Spieler brennen.<br />

Zitate<br />

Zitate sind zwar rein optional, helfen aber<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

manchmal einer Person mehr Farbe zu geben.<br />

Wenn Du magst, dann führe hier ein oder<br />

zwei typische und möglichst aussagekräftige<br />

Aussprüche der Person auf. Versuche dabei<br />

den Charakter der Person zu treffen und Zitate<br />

zu wählen, die seine moralische Gesinnung<br />

deutlich machen.<br />

Spielwerte<br />

Zur Form der Spielwerte gehe ich weiter<br />

unten noch ein. Wichtig ist aber, dass alle<br />

spielrelevanten Werte der Person aufgeführt<br />

werden sollten, wenn dies zum Regelsystem<br />

passt.<br />

Besitztümer<br />

Hier sollten besonders wichtige Gegenstände<br />

der Person genannt werden, damit<br />

der Spielleiter sie nicht übersieht und sie so<br />

besser ins Spiel einbauen kann.<br />

druck erzeugen<br />

Statt Szene für Szene zu beschreiben sollte<br />

nun ein Abschnitt folgen, in dem der Spielleiter<br />

Hilfsmittel erhält, um Druck auf die Spieler<br />

auszuüben. Also werden hier Ereignisse<br />

oder Organisationen aufgeführt, die Einfluss<br />

auf die Handlung haben können.<br />

Ereignisse<br />

Die Handlung in einem freien Abenteuer<br />

wird durch die Aktionen und Reaktionen der<br />

Spieler getragen, doch muss der Spielleiter<br />

dennoch ein paar „Waffen“ in die Hand bekommen<br />

mit denen er Fahrt in das Spiel bringen<br />

kann. Dafür sind die Ereignisse gedacht.<br />

Du solltest Dir Gedanken darüber machen,<br />

welche Ereignisse interessant sein könnten,<br />

welche Auswirkungen sie auf das Spiel haben<br />

können und wie welche Personen darauf reagieren<br />

würden. Manchmal sind Ereignisse<br />

auch von bestimmten Voraussetzungen abhängig,<br />

die natürlich ebenfalls aufgeschrieben<br />

werden müssen.<br />

Organisationen<br />

Neben den Personen, die ja bereits unter<br />

„Dramatis Personae“ beschrieben wurden,<br />

existieren vielleicht weitere Machtgruppen,<br />

die Auswirkungen auf das Spiel haben können.<br />

Dies ist der Ort um diese Gruppen und<br />

ihre Ziele zu beschreiben. Einige davon können<br />

hilfreich für die Spieler sein, andere stehen<br />

ihnen gegenüber. Wichtig ist auf jeden<br />

Fall die Ziele und Motivationen der Organisationen<br />

zu benennen.<br />

Das Ziel<br />

Ein freies Abenteuer wäre kaum frei zu<br />

nennen, wenn es die Spieler in eine bestimmte<br />

Richtung drängen würde. Dennoch ist ja<br />

grob abzusehen, ob die Spieler beispielswei-<br />

Seite 26


Abenteuerleitfaden<br />

se eher die Dunklen Götter durch das Portal<br />

auf die Welt lassen würden oder lieber versuchen<br />

das Portal zu zerstören.<br />

In diesem Abschnitt sollte der Autor des<br />

Abenteuers ein Ziel definieren, das es für<br />

die Helden (so sie sich ihrer Gesinnung entsprechend<br />

verhalten) zu erreichen gilt. Dazu<br />

sollten die Folgen bei Erreichen dieses Zieles,<br />

aber auch die Konsequenzen beim Scheitern,<br />

grob umrissen werden.<br />

der Anhang<br />

Im Anhang versammeln sich alle Informationen,<br />

die bisher in den anderen Abschnitten<br />

nicht gegeben wurden.<br />

Anknüpfpunkte<br />

Hier ist ein guter Ort, um weitere Abenteuerideen<br />

und Informationen dazu zu geben.<br />

Welche Möglichkeiten ergeben sich aus diesem<br />

Abenteuer um daraus eine Kampagne<br />

zu machen oder zumindest ein Folgeabenteuer<br />

zu starten?<br />

Belohnungen<br />

Wenn das Regelsystem eine Belohnung in<br />

Form von beispielsweise Erfahrungspunkten<br />

vorsieht, dann kannst Du hier Richtlinien für<br />

die Vergabe der Punkte und weiterer Belohnungen<br />

geben.<br />

Hintergrundinformationen<br />

Eventuell werden in der Geschichte weitere<br />

Informationen benötigt, die bisher noch<br />

nicht genannt wurden. Hier kannst Du dies<br />

nachholen.<br />

Besondere Regeln<br />

Falls in dem Abenteuer neue Regeln eingeführt<br />

werden wie neue Zauber, Kreaturen,<br />

Artefakte oder ähnliches können diese hier<br />

aufgeführt werden. Sollte es sich um ein<br />

universelles Abenteuer handeln könnte hier<br />

auch ein eigenes Mini-Regelsystem beschrieben<br />

werden.<br />

Vorgefertige Charaktere<br />

Falls in dem Abenteuer vorgefertige Charaktere<br />

verwendet werden sollen, so kannst<br />

Du diese hier vorstellen. Als Vorlage kann Dir<br />

der Aufbau unter „Dramatis Personae“ dienen.<br />

diE FORM<br />

FORMATiERUnG<br />

Die <strong>Anduin</strong> hat ein vorgegebenes Layout,<br />

in dem sämtliche Artikel erscheinen. Es<br />

macht daher wenig Sinn, großen Aufwand<br />

in ein eigenes Layout mit tollen Schriftarten,<br />

Einrückungen oder ähnlichem zu investieren.<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Um ehrlich zu sein erschwert das nur unsere<br />

Arbeit und sorgt vor reichlich Mehraufwand.<br />

Am liebsten sind uns daher Texte im Wordformat<br />

(bzw. RTF oder Open Office). Die<br />

Schriftart sollte eine Standardsystemschrift<br />

sein, also am besten Arial oder Times New<br />

Roman. Die Schiftgröße ist eigentlich egal,<br />

12 Punkte haben sich aber als gute Basis erwiesen.<br />

Bitte verwendet maximal vier Gliederungsstufen<br />

für Eure Überschriften, dazu noch<br />

einfache Aufzählungen. Wenn Ihr etwas als<br />

Anmerkung für uns (zum Beispiel welches<br />

Bild wo eingefügt werden soll) hinterlassen<br />

wollt, dann färbt den Text bitte grün ein. Soll<br />

etwas im Fließtext fett gedruckt werden,<br />

dann macht den Text bitte nicht nur fett,<br />

sondern zudem in der Farbe rot (damit wir<br />

das besser erkennen können). Analog funktioniert<br />

das mit kursiven Text, nur dass Ihr hier<br />

bitte die Farbe blau verwendet.<br />

Zur Formatierung von Handouts und Bildern<br />

schreibe ich weiter unten im Text noch<br />

etwas.<br />

LänGE<br />

Zur Länge eines Abenteuers ist zu sagen,<br />

dass die <strong>Anduin</strong> relativ frei darin ist, wie viel<br />

Platz sie einem Abenteuer zur Verfügung<br />

stellt. Da wir kein Printmagazin sind, das auf<br />

feste Seitenzahlen achten muss, sondern<br />

dynamisch die Anzahl der Seiten im PDF-Dokument<br />

anpassen können, können wir vom<br />

Kurzabenteuer bis hin zu längeren Abenteuern<br />

alles aufnehmen. Der normale Rahmen<br />

für ein Kurzabenteuer liegt zwischen 5.000<br />

und 20.000 Zeichen ohne Leerzeichen. Für ein<br />

großes Abenteuer sollte die Zeichenanzahl<br />

zwischen 20.000 und 100.000 liegen. Sollte<br />

ein Abenteuer mehr als 100.000 Zeichen<br />

haben ist dennoch nichts verloren – entweder<br />

wir spendieren den Platz trotzdem, wir<br />

teilen das Abenteuer auf zwei Ausgaben der<br />

<strong>Anduin</strong> auf oder wir überlegen uns (wenn es<br />

wirklich rockt!) ob wir es als eigenständige<br />

Veröffentlichung herausbringen.<br />

Eine <strong>Anduin</strong>seite hat übrigens ungefähr<br />

für 5.000 Zeichen Platz, d.h. ein „normales“<br />

Abenteuer belegt in der <strong>Anduin</strong> etwa 4 bis 20<br />

Seiten ohne Zeichnungen.<br />

REcHTscHREibUnG<br />

Jede aktuelle Textverarbeitung hat sowohl<br />

eine Rechtschreib- als auch eine Grammatikkorrektur.<br />

Doch nur wer diese Funktionen<br />

verwendet, der bekommt auch fehlerärmere<br />

Texte. Wir erwarten daher, dass jeder Autor<br />

selbst seine Texte einmal durch die Fehlerkorrektur<br />

gejagt hat. Hilfreich ist es zudem,<br />

FORM<br />

Formatierung<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

• Einfaches Office Dokument<br />

• Arial oder Times New Roman<br />

• Schriftgröße: 12<br />

• maximal vier Überschriftenstufen<br />

• Fett: fett und rot<br />

• Kursiv: kursiv und blau<br />

• Notiz: grün<br />

Länge<br />

• Kurzabenteuer: bis 20.000 Zeichen<br />

• Sonst 20.000 bis 100.000 Zeichen<br />

Rechtschreibkontrolle nicht vergessen!<br />

Abgabetermin einhalten!<br />

dass man den Text einer vertrauenswürdigen<br />

Person zum Durchlesen gibt – manche Fehler<br />

sieht man selber auch beim hundertsten Mal<br />

Durchlesen (immer noch) nicht.<br />

Besondere Fehlerquelle sind die einfallsreichen<br />

Eigennamen für Städte, Personen<br />

und Gegenstände. Wenn im Laufe des Abenteuers<br />

plötzlich aus „Alrik“ ein „Alric“ wird<br />

und am Ende dann „Hallrick“ da steht, dann<br />

wird es für die Lektoren und die Programme<br />

schwer. Wer meint, das Beispiel sei aus der<br />

Luft gegriffen, irrt übrigens leider.<br />

spiELWERTE<br />

Wenn Du ein Abenteuer zu einem bestimmten<br />

System schreibst, dann liefere bitte auch<br />

die Werte für die wichtigen NSC bzw. Monster<br />

mit. Das muss nicht immer ein kompletter<br />

Charakterbogen sein – viele Systeme haben<br />

ein bestimmtes abgespecktes Muster für<br />

NSC-Werte. Auch bei den Spielwerten solltest<br />

Du bei der Formatierung nicht über das<br />

Ziel hinausschießen. Am besten Du arbeitest<br />

mit Tabulatoren und ohne Tabellen.<br />

Die Erfahrung hat gezeigt, dass sich besonders<br />

bei den Spielwerten oft Fehler einschleichen<br />

– vom Zahlendreher bis hin zu<br />

ungültigen Werten. Prüfe deshalb auch die<br />

Spielwerte noch einmal bevor Du das Abenteuer<br />

abgibst.<br />

Bei universellen Abenteuern, die keinen<br />

Bezug zu einem bestimmten Regelsystem<br />

haben, kannst Du entweder nur grobe Angaben<br />

machen (z.B. „mäßig stark, extrem geschickt,<br />

durchschnittlich intelligent…“) oder<br />

aber für mehrere Systeme Werte angeben<br />

(z.B. bei einem Fantasyabenteuer für DSA,<br />

D&D und Arcane Codex).<br />

Seite 27


Abenteuerleitfaden<br />

HAndOUTs<br />

Handouts gehören zu vielen Abenteuern<br />

dazu, sind aber vor allem optisch nicht immer<br />

ganz einfach. Keine Sorge, solange Du<br />

den Inhalt lieferst – also beispielsweise den<br />

Text eines handgeschriebenen Briefes oder<br />

eine grobe Skizze einer Schatzkarte – versuchen<br />

wir ein ansprechendes Handout daraus<br />

zu bauen. Wichtig ist nur, dass Du uns sagst,<br />

wie Du Dir das ganze vorstellst.<br />

iLLUsTRATiOnEn<br />

Ähnlich wie bei den Handouts musst Du natürlich<br />

keine Illustrationen liefern. Wir freuen<br />

uns aber wenn Du Dich bereits um einen Illustrator<br />

und vielleicht sogar die passenden Illustrationen<br />

gekümmert hast. Wenn Du also<br />

jemanden in Deinem Bekanntenkreis kennst,<br />

der gerne zeichnet, dann frag ihn doch ob er<br />

die Zeichnungen für Dein Abenteuer machen<br />

möchte.<br />

Ist Dir das nicht möglich, dann brauchen<br />

wir genaue Angaben welche Szenen Du gerne<br />

illustriert hättest. Nicht jeder Zeichner hat<br />

Zeit und Lust sich erst Dein gesamtes Abenteuer<br />

durchzulesen. Beschreibe deshalb je<br />

nach Länge des Abenteuers zwei bis vier Szenen<br />

und wie sie der Illustrator darstellen soll.<br />

Hier reichen ein paar Sätze pro Szene, diese<br />

sollten aber vor allem auf Dir wichtige Details<br />

eingehen.<br />

Wenn etwa der Serienmörder vor dem<br />

laufenden Fernseher in seinem Sofa gezeigt<br />

werden soll und er einen Irokesenschnitt<br />

hat, am liebsten Tom & Jerry schaut und nur<br />

Barfuß rumläuft (alles wichtige Details, über<br />

welche die Helden in Deinem Abenteuer<br />

dem Mörder auf die Schliche kommen) dann<br />

schreib das auch auf.<br />

Wir werden dann versuchen einen Zeich-<br />

QUELLEN<br />

Auf meine Ankündigung, einen Artikel<br />

über das Schreiben von Abenteuern für<br />

die <strong>Anduin</strong> verfassen zu wollen, habe<br />

ich sehr wertvolle Hinweise im Forum<br />

Tanelorn erhalten. Viele davon sind direkt<br />

oder indirekt in den Leitfaden eingeflossen.<br />

Danke an alle, die mich beim Verfassen<br />

unterstützt haben!<br />

http://www.tanelorn.net<br />

Eine andere sehr hilfreiche Quelle (Tipp<br />

auch aus Tanelorn) ist folgendes Abenteuer<br />

mit anschließendem Essay, das Tipps<br />

für freie Abenteuer gibt:<br />

http://web.comhem.se/<br />

~u31140632/WellofSouls.pdf<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

ner aufzutreiben der Lust hat Dein Abenteuer<br />

nach Deinen Hinweisen zu illustrieren.<br />

KARTEn<br />

Im Prinzip könnte ich hier das zu Handouts<br />

und Illustrationen Gesagte noch einmal wiederholen.<br />

Und auch hier ist, wenn Du nicht<br />

selber Karten in guter Qualität liefern kannst,<br />

wieder wichtig, dass Du die notwendigen Details<br />

aufschreibst oder in einer groben Skizze<br />

festhälst.<br />

inHALT<br />

Keine Angst, ich möchte Dir nicht in den Inhalt<br />

Deines Abenteuers reinreden. Aber vielleicht<br />

sind die folgenden Tipps ja trotzdem<br />

nützlich. Immerhin kann der Aufbau Deines<br />

Abenteuers noch so toll sein und die Handouts<br />

noch so schön – wenn die Handlung Mist<br />

ist, will das Ding trotzdem keiner spielen.<br />

Vorlagen<br />

Wenn Dir ein Film oder ein Buch besonders<br />

gut gefallen hat, dann ist die Versuchung oft<br />

groß, daraus ein Rollenspielabenteuer zu machen.<br />

Das kann aber oft extrem schwer sein,<br />

weil in Film oder Buch eine Person meist zur<br />

genau richtigen Zeit den genau richtigen Gedanken<br />

hat. Oder noch viel schlimmer: Weil<br />

eine Person genau im richtigen Moment saublöd<br />

ist und sich nur so bestimmte Verwicklungen<br />

ergeben. Du kannst nicht erwarten,<br />

dass Deine Spieler sich an das Drehbuch in<br />

Deinem Kopf halten. Also überlege gut, ob<br />

die 1:1 Umsetzung der Vorlage wirklich Sinn<br />

macht oder ob Du nicht lieber nur das Motiv<br />

oder einzelne Ideen der Vorlage in Dein<br />

Abenteuer übernehmen möchtest.<br />

Handlungsmöglichkeiten<br />

Das Abenteuer sollte für die Spieler geschrieben<br />

sein, nicht für Dein eigenes Ego.<br />

Wenn Du hochkomplexe Hintergrundinformationen<br />

aufbaust, welche die Spieler niemals<br />

herausfinden können, dann ist das zwar<br />

vielleicht für Dich befriedigend, nicht aber<br />

für die Spieler. Im schlimmsten Fall haben sie<br />

das Gefühl im Dunklen zu tappen und erfolglos<br />

zu sein. Auch wenn Du ihnen den unbesiegbaren<br />

Supergegner gegenüberstellt, der<br />

regeltechnisch super optimiert ist, dann gewinnst<br />

Du zwar den Kampf gegen die Spieler<br />

haushoch, hast im schlimmsten Fall anschließend<br />

aber keine Spieler mehr.<br />

Die Spieler sollten gefordert werden, aber<br />

eine faire Chance haben das Abenteuer zu<br />

lösen. Vor allen Dinge sollten Sie aber Erfolge<br />

verbuchen können und das Gefühl haben<br />

sich diese selbst erarbeitet zu haben.<br />

Denke auch daran, dass in den meisten Rol-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

lenspielrunden durchaus unterschiedliche<br />

Charaktertypen gibt. Versuche deshalb eine<br />

ausgewogene Mischung aus Kampf, Diplomatie,<br />

Rätselraten und Stimmungsszenen zu<br />

bauen, die zum Thema des Abenteuers und<br />

zum System passt.<br />

Qualitätskontrolle<br />

Nachdem Du Dein Abenteuer im Rohentwurf<br />

fertig hast gehe es noch einmal Szene<br />

für Szene durch und überlege, ob Dir oder<br />

Deinen Freunden das Spielen dieser Szene<br />

Spaß machen würde. Genauso wichtig ist<br />

die Frage: Ist diese Szene relevant für das<br />

Abenteuer? Was nicht durch diese Kontrolle<br />

kommt muss entweder rausgeworfen oder<br />

noch einmal überarbeitet werden.<br />

Railroading vs. detailwahn<br />

Wenn man ein Abenteuer schreibt und<br />

überlegt, welche Wege die Spieler nehmen<br />

könnten, kann man schnell in eine von zwei<br />

Sackgassen geraten: Railroading oder Detailwahn.<br />

Beim Railroading zwingt man die Spieler<br />

auf eine vorgegebene Bahn, von der sie auf<br />

keinen Fall abweichen können. Das kann<br />

zwar mal für eine Szene seinen Reiz haben,<br />

für ein ganzes Abenteuer aber vermittelt es<br />

den Spielern ein Gefühl der Vorherbestimmung.<br />

Sie können nicht frei entscheiden und<br />

werden so zu Schachfiguren in einem Spiel<br />

das sie nicht beeinflussen können. Und das<br />

macht den wenigsten Spielern Spaß.<br />

Der Detailwahn hingegen ist vor allem<br />

für den Autoren des Abenteuers Spaß verderbend.<br />

Wer versucht jede Eventualität<br />

vorherzusehen und darauf eine Antwort im<br />

Abenteuer zu haben verliert sich schnell in<br />

Hundertausend möglichen Handlungsmöglichkeiten.<br />

Das Abenteuer wird dadurch<br />

aufgebläht und kaum mehr überblickbar.<br />

Eventuell verliert man sogar die Lust am<br />

Schreiben, weil man das Gefühl hast, die Aufgabe<br />

nicht bewältigen zu können. Konzentriere<br />

Dich also beim Abenteuerschreiben auf<br />

das Wesentliche und gebe dem Spielleiter für<br />

ausgefallene Handlungsabweichungen wenn<br />

überhaupt nur einen kurzen Hinweis. Das Einfangen<br />

„ausbrechender“ Spieler musst Du<br />

ihm überlassen, sonst wirst Dein Abenteuer<br />

nie fertig.<br />

scHLUssWORT<br />

So, ich hoffe, die ganzen Anregungen und<br />

Anforderungen haben nicht dazu geführt,<br />

dass Du keine Lust mehr auf das Schreiben<br />

eines Abenteuers hast. Die <strong>Anduin</strong> braucht<br />

nämlich Leute, die sie mit gelungenen Abenteuern<br />

versorgen. In diesem Sinne! �<br />

Seite 28


Der Abenteuerfokus<br />

Ein gutes Abenteuer zu schreiben ist nicht<br />

einfach. Es existiert schließlich nur eine<br />

beschränkte Anzahl von Handlungen, die<br />

bereits seit der frühesten Legende bis zur<br />

neuesten Fernsehserie recycelt worden sind.<br />

Das Kunststück ist aber, eine dieser abgedroschenen<br />

Handlungen zu nehmen und sie<br />

frisch und originell zu gestalten. Als erstes<br />

brauchst Du aber… eine Handlung.<br />

Deshalb schreibe zuerst einen Abenteuerfokus,<br />

der dir im Weiteren als komprimierter<br />

Handlungsfaden dient.<br />

Ein guter Abenteuerfokus sollte auf jeden<br />

Fall kurz sein, 100 bis 150 Wörter genügen,<br />

und er sollte folgende grundlegenden Fragen<br />

beantworten: Wer? Was? Wo? Wenn?<br />

Warum? Wie? und Na und?<br />

Im Weiteren sind die Fragen in der Reihenfolge<br />

ihrer Wichtigkeit aufgeführt.<br />

WAs?<br />

Was ist das Hauptereignis, um das sich das<br />

Abenteuer dreht?<br />

Ist es ein altes Artefakt, das jeden um sich<br />

herum verrückt macht? Die Tochter einer zu<br />

Besuch weilenden Diplomatin ist entführt<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

worden? Ein Spielercharakter heiratet und<br />

ein alter Feind ist im Begriff die Hochzeit zu<br />

verhindern? Das Definieren des „Was?“ ist<br />

der wichtigste Teil des Abenteuers, weil so<br />

die Art des Abenteuers bestimmt wird. Ohne<br />

von Anfang an eine klare Idee des „Was?“ zu<br />

haben kann kein vernünftiges Abenteuer geschrieben<br />

werden. Das bedeutet aber nicht,<br />

dass diese kurze Version des „Was?“ bereits<br />

alle Nebenhandlungen abdecken muss, die<br />

der Spielleiter noch ins Abenteuer einarbeiten<br />

will.<br />

Achte beim Schreiben des „Was?“ darauf,<br />

dass sich jede Handlung um einen Konflikt<br />

dreht. Das heißt aber nicht, dass sich die<br />

Handlung nur um einen Kampf dreht. Konflikte<br />

können physischer Natur sein (ein Faustkampf,<br />

ein Pistolen-Duell…), geistiger Natur<br />

(Treffen einer schweren Entscheidung, ein<br />

Rededuell, Überlisten eines Opponenten…)<br />

oder emotionaler Natur (die Entscheidung<br />

einen geliebten Menschen oder eine Nation<br />

zu retten, Feigheit zu überwinden, um einen<br />

Freund zu verteidigen, eine Familie davon zu<br />

überzeugen einen Verlobten zu akzeptieren).<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

DER ABENTEUERFOKUS<br />

SIEBEN FRAGEN, AUF DIE EIN ABENTEUERAUTOR ANTWORTEN HABEN SOLLTE<br />

TEXT: DRU PAGLIASSOTTI, ÜBERSETZUNG: ANDREAS HENGSE<br />

ILLUSTRATION: FALK BONGERT<br />

Konflikte können Feinde, Freunde, natürliche<br />

oder menschengemachte Katastrophen<br />

betreffen. Ein Konflikt kann mit etwas so<br />

ernstem wie einer Vielzahl von Todesopfern<br />

enden oder so unbeschwert sein wie die Entscheidung,<br />

welches Raumschiff-Modell ich<br />

mir heute kaufe. Aber: ohne Konflikt erlebt<br />

man auch kein Abenteuer.<br />

WARUM?<br />

Warum geschieht dieses Ereignis? Was ist<br />

das Motiv des Schurken?<br />

Das alte Artefakt enthält die Seele eine<br />

fremden Gottes, der versucht Menschen zu<br />

beherrschen damit diese ihn befreien? Die<br />

Entführer wollen die Diplomatin zwingen, einen<br />

Frieden zwischen ihrer Nation und ihrem<br />

eigenen Land auszuhandeln? Der alte Feind<br />

ist seit langem heimlich in einen weiblichen-<br />

Spielercharakter verliebt und möchte die<br />

Hochzeit verhindern, um ihr seine Liebe zu<br />

erklären?<br />

Allzu oft erscheinen in dürftig geschriebenen<br />

Abenteuern die Ereignisse unbegründet<br />

und ohne jede Logik dahinter stattzufinden.<br />

Obwohl die Spielercharaktere nicht das „Warum?“<br />

hinter dem Abenteuer kennen, entdecken<br />

sie es manchmal doch und sobald sie es<br />

verstehen, kann sich das Abenteuer plötzlich<br />

in eine ganz<br />

neue Richtung<br />

bewegen („Warum<br />

verlässt der Drache<br />

sein altes Jagdgelände,<br />

um von den Einwohnern<br />

wöchentliche Opfern<br />

zu fordern? Sie<br />

ist doch intelligent.<br />

Merkt<br />

sie nicht,<br />

dass ir-<br />

Seite 29


Der Abenteuerfokus<br />

QUELLE<br />

Dieser Text stammt von der englischsprachigen<br />

Seite The Harrow. Auf dieser<br />

Homepage kannst Du weitere sehr gelungene<br />

Texte mit Spielhilfen für Rollenspieler<br />

finden. Dass die Texte bereits einige<br />

Jahre alt sind stört dabei kaum – sie haben<br />

an ihrer Gültigkeit nicht verloren.<br />

http://www.theharrow.com/rpg<br />

Eine weitere gute Quelle für Abenteuerautoren<br />

ist das Forum Tanelorn, in dem man<br />

über diverse Themen diskutieren kann.<br />

http://www.tanelorn.net<br />

gendwann die Ritter gerufen werden? Oh, sie<br />

leidet an Arthritis, aber hat plötzlich das verwaiste<br />

Kind ihrer Tochter zu versorgen? Warte<br />

– das klingt vernünftig. Sie braucht eine regelmäßige<br />

Versorgung mit mehr Nahrung als<br />

sie selber erjagen kann. Aber ich wette, dass<br />

wir eine bessere Vereinbarung zwischen ihr<br />

und den Bürgern aushandeln können…“).<br />

Das Wissen um das „Warum?“ erlaubt<br />

dem Spielleiter, in der klassischen Szene zu<br />

schwelgen, wo der überhebliche Verbrecher<br />

den gefangenen Spielercharakteren seinen<br />

Plan erklärt, so dass diese später entkommen<br />

können um den Plan zu vereiteln.<br />

WiE?<br />

Wie wird die Handlung weitergetragen, was<br />

ist der Modus Operandi?<br />

Der fremde Gott hat psionische Kräfte, die<br />

nicht mit dem menschlichen Geist verbunden<br />

werden können und sein Versuch die Person<br />

zu besitzen macht das Opfer verrückt? Die<br />

Entführer infiltrierten die Botschaft als Elektroinstallateure?<br />

Der alte Feind verwendet<br />

Zauberei, um sich als Bräutigam zu maskieren?<br />

Das „Wie?“ ist die Frage, die das Abenteuer<br />

formt, und hat zwei Teile:<br />

1) wie findet das Schlüsselereignis statt<br />

2) wie wird es abgeschlossen, wenn<br />

der Verlauf wird nicht weiter gestört<br />

wird?<br />

Der Spielleiter sollte deshalb niemals in die<br />

Lage kommen, von den Spielern gefragt zu<br />

werden „Also, warum hat das Zerstreuungssiegel<br />

an der Haustür den Spruch nicht vereitelt?“<br />

oder „hätten die Strahlungsdetektoren<br />

der Sicherheit nicht die Kofferatombombe<br />

bemerken müssen?“ Außerdem muss der<br />

Spielleiter für den Fall, dass die Abenteurer<br />

sich nicht einmischen oder zufällig mit ihrem<br />

Auftrag scheitern, wissen was mit dem fremden<br />

Artefakt passiert… mit der Tochter der<br />

Diplomatin… und mit der Hochzeit.<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

nA Und?<br />

Warum interessieren sich die Spielercharaktere<br />

dafür? Warum ist ihnen das Abenteuer<br />

wichtig?<br />

Das Artefakt machte die Tante eines Spielercharakters<br />

verrückt und der Neffe des<br />

Charakters schickte einen Boten nach Hilfe?<br />

Ein Spielercharakter kommt aus demselben<br />

Land wie die Diplomatin, deren Tochter entführt<br />

wurde und sie bittet den Charakter um<br />

Hilfe? Der Verlobte des Spielercharakters ist<br />

in Gefahr vom alten Feind getötet zu werden?<br />

Oder vielleicht ist die Heldin im Geheimen in<br />

ihren alten Feind verliebt gewesen und dies<br />

ist ihre Chance, die Dinge aufzuarbeiten?<br />

Ohne die „Na und?-Frage zu beantworten<br />

geht der Spielleiter das Risiko ein, dass<br />

die Abenteurer nur mit der Schulter zucken<br />

und sagen: „Das ist nicht unser Problem“. Im<br />

günstigsten Fall nehmen sie auf den Auftrag<br />

widerwillig an „weil es das Abenteuer ist“<br />

und nicht weil sie ein persönliches Interesse<br />

daran haben (wenn das Abenteuer ein One-<br />

Shot ist und nicht Teil einer Kampagne, überlege<br />

Dir kurz ein paar Ideen, wie die Charaktere<br />

für das Abenteuer zusammenfinden).<br />

WER?<br />

Wer wird beteiligt sein? Wer beginnt das<br />

Abenteuer, wer liefert die Anhaltspunkte, wer<br />

sind die Alliierten, wer die Feinde?<br />

Beschreibe den Neffen des Archäologen-<br />

Charakters, der vorhat, die Gruppe heranzuziehen;<br />

den korrupten Regierungsbeamten,<br />

der das fremde Artefakt als Waffe mißbrauchen<br />

will; den klugen Einheimischen, der<br />

weiß was das Artefakt wirklich ist usw. Beschreibe<br />

die ängstliche Diplomatin, ihre gefährdete<br />

Tochter, den idealistischen Führer<br />

der Kidnapper und andere wichtige Quellen<br />

oder Schläger die die Gruppe wahrscheinlich<br />

treffen wird. Beschreibe den langweiligen<br />

Verlobten der Heldin, ihren liebestrunkenen<br />

Feind und andere wichtige Mitglieder der<br />

Hochzeitsgesellschaft (sofern diese nicht andere<br />

Spielercharaktere sind.)<br />

Die Antwort auf die „Wer?“-Frage liefert<br />

die Reihe der beteiligten NSC mit denen die<br />

Spielercharaktere interagieren. Gib jedem<br />

Haupt-NSC einen Namen und eine unverwechselbare<br />

Eigenschaft – einen Dialekt,<br />

eine Marotte, eine Vorliebe oder Abneigung,<br />

Art der Kleidung, des Geruchs oder ein anderes<br />

charakteristisches Zeichen, das die<br />

Spielercharaktere an den NSC erinnern wird.<br />

Es müssen allerdings nur NSC die in Konflikt<br />

mit den Spielercharaktere kommen im Detail<br />

(Werte, Kräfte, Ausrüstung usw.) beschrieben<br />

werden – diese können auch den Arbeit-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

geber, Besitzer wichtigerer Informationen<br />

(besonders wenn sie zwecks Informationsbeschaffung<br />

zusammengeschlagen werden<br />

müssen), Schläger oder Agenten und auf<br />

jeden Fall den Oberschurken einschließen<br />

(wenn es diese Art von Abenteuer ist).<br />

WO?<br />

Wo wird dieses Ereignis stattfinden?<br />

In einer unerforschten Wüste? In einem fernen<br />

Königreich, wo sich Archäologen durch<br />

verbotene Ruinen graben? In einer Botschaft<br />

in London? In der ökomenischen Kapelle der<br />

Weltraumstation, auf der die Spielercharaktere<br />

leben?<br />

Das „Wo?“ wird durch die Art des Spiels,<br />

den Ort an dem sich die Charaktere gegenwärtig<br />

befinden und den Orten, an die der<br />

Spielleiter die Charaktere mitnehmen möchte,<br />

bestimmt. Die Antwort auf die „Wo?“-<br />

Frage sagt dem Spielleiter welche Landkarten<br />

er braucht oder welche Schauplätze im<br />

Verlauf des Abenteuers beschrieben werden<br />

müssen.<br />

WAnn?<br />

Wann findet dies alles statt?<br />

Begann das fremde Artefakt gestern oder<br />

letzten Monat die Leute verrückt zu machen?<br />

Wurde die Tochter der Diplomatin erst vor<br />

eine Stunde oder vor eine Woche entführt<br />

und jetzt dauert es nur noch 24 Stunden bevor<br />

das Mädchen getötet wird? Die Infiltration<br />

der Hochzeit des Feindes muss natürlich<br />

geschehen während der Spielleiter die Hochzeit<br />

schildert.<br />

Das „Wann?“ sollte beschreiben wann die<br />

Hintergrundereignisse stattfanden und eine<br />

passende Chronologie von Ereignissen einschließen,<br />

für den Fall, dass die Abenteurer<br />

sich nicht einmischen – eine Chronologie, die<br />

im Verlauf des Abenteuers natürlich von den<br />

SCs beeinflusst wird.<br />

Es gibt immer die Möglichkeit, dass die<br />

Abenteurer nicht auf dieses Abenteuer eingehen,<br />

(weil der Spielleiter es versäumte<br />

das „Na und?“ zu beantworten) oder weil es<br />

einfach fehlschlägt. Sollte eines von beiden<br />

geschehen, muss der Spielleiter wissen welches<br />

größere Ereignis wann stattfinden wird,<br />

besonders wenn ein weiteres Abenteuer um<br />

die Nachwirkungen herum gebaut werden<br />

soll (die Freilassung des fremden Gottes; einen<br />

Krieg zwischen den beiden Ländern; der<br />

Tod des Bräutigams).<br />

Das „Wann?“ muss außerdem Reisezeiten<br />

und mögliche Deadlines bzw. wichtige Zeitpunkte<br />

in Betracht ziehen. �<br />

Seite 30


Effektivität und Inflation<br />

EFFEKTIVITÄT<br />

UND INFLATION<br />

WAS SICH SPIELLEITER WIRKLICH WÜNSCHEN (SOLLTEN)<br />

TEXT: FRANK MILKEREIT<br />

ILLUSTRATION: JÖRN ZIMMERMANN<br />

EinLEiTUnG<br />

Die Sonne ging schon unter, als die Gefährten<br />

den Hort des gerade getöteten Drachen<br />

verließen. Ramox, der Zwerg, zählte eifrig<br />

und beglückt die vielen Goldstücke und Juwelen,<br />

die er aus dem Schatz des Drachen<br />

erbeuten konnte. Er trug soviel bei sich, wie<br />

er nur eben schleppen konnte, vielleicht sogar<br />

ein wenig mehr. Ramox hatte an seinen<br />

Gott gebetet, dass sich sein Pony vielleicht<br />

losgerissen und verlaufen hatte, aber eine innere<br />

Stimme sagte ihm: „NEIN, Ihr habt die<br />

Reittiere im Dorf gelassen, da sind sie auch<br />

jetzt noch.“ Aber das trübte seine Stimmung<br />

nicht. Jetzt endlich würde er sich die neue<br />

Rüstung leisten können die er im Vertrauen<br />

auf das Wohlwollen seines Gottes vor einem<br />

Monat in Auftrag gegeben hatte.<br />

Hasgar, der Barbar, schnitzte freudig die<br />

neue Kerbe in den Stiel der zweiblättrigen<br />

Streitaxt. Chrom war ihm gnädig,<br />

zunächst war die Reise<br />

vielleicht ein wenig langweilig<br />

und er war auch schon<br />

ziemlich schläfrig gewesen.<br />

Doch als er sich durch die Reihen<br />

der Gnome mähen konnte,<br />

die den Hort des Drachen bewachten,<br />

war er bald wieder<br />

munter. Als sie auf den<br />

Drachen stiegen<br />

hatte seine Axt zu<br />

glühen begonnen,<br />

so schnell hatte<br />

er auf ihn eingeschlagen.<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Andariel putzte sich seit einer halben Stunde<br />

die Nase. Vergeblich, denn der Schwefelgeruch,<br />

der dem Hort innewohnte, war nicht<br />

loszuwerden. Doch innerlich hatte er seinen<br />

Frieden. Das Untier, das den Wald verpestete,<br />

war geschlagen. Und was noch besser<br />

und wichtiger war: er hatte wieder einmal<br />

beweisen können, wie brillant seine Taktik,<br />

aus der Entfernung mit dem Bogen zu schießen,<br />

war. Er war schnell, zu Fuß konnte ihn<br />

so gut wie niemand einholen, und wenn,<br />

dann waren meistens seine Gefährten da,<br />

um den Gegner bremsen. Laufen, umdrehen,<br />

schießen. Und wenn das nicht half, konnte er<br />

sich immer noch im Wald verbergen. Er begann,<br />

die Wurfmesser und die Würgeschlinge<br />

wieder in die Reisetaschen stecken.<br />

Valerian war mit der Mission zufrieden.<br />

Sie war taktisch nach seinen Vorstellungen<br />

verlaufen.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Eindringen, die Wachen lautlos beseitigen<br />

und vereint das primäre Ziel vernichten. Das<br />

Böse war besiegt, und was noch schöner<br />

war, durch die Erfahrung, die er im Kampf<br />

mit dem Drachen gewonnen hatte, würde<br />

er seine Fähigkeiten noch perfektionieren<br />

können. Bald würde er kaum noch mit dem<br />

Zweihänder zu schlagen sein.<br />

Rugen Schwartzmantel kicherte vor sich<br />

hin. Gut verborgen polierte er den magischen<br />

Kristall, den er sich unbemerkt hatte<br />

aneignen können. Diese Narren! Bald würde<br />

er in der Lage sein, das Ritual des Schwarzen<br />

Lords auszuführen, das Shikal beschwören<br />

würde. Dann würde seine Macht ins Unermessliche<br />

anwachsen.<br />

Eine tiefe, donnernde Stimme tönte aus<br />

den Schluchten, die den Weg von der Drachenhöhle<br />

umgaben. Alles erstarrte! War<br />

der Drache doch nicht besiegt? „Hey! Habt<br />

ihr nicht etwas vergessen?“<br />

Die Helden blickten sich gegenseitig an.<br />

Rugen versuchte, Magie zu entdecken. Andariel<br />

spähte die Umgebung nach einem<br />

Feind aus. Und Valerian postierte alle in eine<br />

taktisch günstige Position. Die Stimme erklang<br />

wieder. „Die Prinzessin! Seid Ihr nicht<br />

losgezogen um die Prinzessin zu befreien?“<br />

Was diese Geschichte aussagen soll? In<br />

allen Rollenspielgruppen, in denen ich<br />

die letzten Jahre (seit 1985) als Spieler<br />

oder als Spielleiter teilnehmen konnte,<br />

stellte ich eine parallele Entwicklung<br />

fest, die mit der Zeit<br />

bei den meisten Spielern<br />

einsetzte. Es machte sich<br />

ein Wunsch breit – der<br />

Seite 31


Effektivität und Inflation<br />

Wunsch seinen Charakter möglichst effektiv<br />

zu spielen. Nein, besser gesagt: „den Charakter<br />

möglichst effektiv fahren zu können.“<br />

Der Wunsch selbst ist auf den ersten Blick<br />

leicht verständlich. Eine Steigerung der Effektivität<br />

eines Charakters bringt eine größere<br />

Chance, den Gegner besiegen zu können.<br />

Um den Charakter möglichst effektiv zu<br />

gestalten, werden alle möglichen Tricks und<br />

Kniffe angewandt, die ich im Folgenden benennen<br />

möchte.<br />

scHUMMELn<br />

Am simpelsten und – meiner Meinung<br />

nach am dümmsten – ist es zu schummeln.<br />

Die Spielwerte werden manipuliert, nach<br />

oben bzw. unten gesetzt. Geld wird nicht<br />

abgestrichen oder zusätzliches Gold hinzuaddiert<br />

(Griff in eine virtuelle Spesenkasse).<br />

Würfelwürfe werden ignoriert („Gelungen!“<br />

und schnell den Würfelbecher über den W20<br />

gestülpt…).<br />

Die beiden vielversprechendsten mir bekannten<br />

Methoden, sich den Auswirkungen<br />

eines unerwünschten Würfelwurfes zu entziehen,<br />

sind folgende:<br />

1. Man nimmt zwei gleichartige, unterschiedlich<br />

farbige Würfel („Der Blaue ist zur<br />

Parade, der Rote für die Attacke“) und sucht<br />

sich stets das günstigere Ergebnis aus („Hab<br />

ich blau gesagt? Rot natürlich!“). Die Chance<br />

eine Probe zu versieben sinkt quadratisch<br />

(statt 1:4 nur noch 1:16). Am Besten ist es,<br />

wenn die Würfel schlecht zu unterscheiden<br />

sind („Der Blaue mit den gelben Masern,<br />

nicht der mit den grünen Punkten!“).<br />

2. Man sucht sich einen Würfel aus dessen<br />

Zahlen möglichst schlecht zu lesen sind<br />

(Spitzenreiter ist hier wahrscheinlich ein<br />

gelber, transparenter Würfel mit weißen Ziffern)<br />

und benutzt einen Würfelbecher. Bevor<br />

jemand die Zahlen entziffern kann, die oben<br />

liegen, hat man schleunigst den Becher wieder<br />

über die Würfel gestellt. Am günstigsten<br />

erweist sich hier der alte, sehr flexible Lederbecher,<br />

der in der Lage ist, sich so zu verformen,<br />

dass man den Würfel direkt mit dem<br />

Becher anheben kann. Ein erneutes Anhehen<br />

ermöglicht dann wenigstens keinen zweiten<br />

Blick des Nachbarn.<br />

REGELFUcHsEREi<br />

Eine weitere, beliebte Methode, den Charakter<br />

effektiv zu gestalten, ist die maximale<br />

Ausnutzung der Spielregeln – im Allgemeinen<br />

als Regelfuchserei bekannt.<br />

Der Spieler (Typ: Regelfuchs, besondere<br />

Fähigkeit: von jedem Regelwerk ein Exemp-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

lar zu besitzen – und sei es nur als illegaler<br />

Download) sucht sich alle Fähigkeiten, Talente<br />

und Fertigkeiten, die einen möglichst großen<br />

Vorteil im Spiel bieten. Besonders eignen<br />

sich für ihn Regelwerke mit generischem Erschaffungssystem,<br />

in denen man die Vor- und<br />

Nachteile zusammenkaufen kann.<br />

Um sich (und anderen) die Effizienz zu<br />

beweisen, wird dann nach der Charaktererschaffung<br />

mit anderen Mitspielern ein „Probekampf“<br />

vorgeschlagen. Gewinnt man, ist<br />

man zufrieden – verliert man, so feilt man<br />

noch ein wenig am Charakter herum und optimiert.<br />

Besondere Exemplare dieser Gattung<br />

schaffen es, dies dann noch in einen chronologisch<br />

Lebenslauf einzubauen: „Sohn<br />

britischen Adels (Titel + Wohlstand), von Mitgliedern<br />

eines Wanderzirkus entführt, aufgewachsen<br />

in einer Akrobatenfamilie (akrobatische<br />

Fähigkeiten), in Frankreich in jungen<br />

Jahren in die Fremdenlegion (Feuerwaffen)<br />

gegangen, bis dann ein Einsatz in Fernost ihn<br />

in ein Kloster verschlug, wo er seinen Frieden<br />

fand (Kampfsport). Nach Mitarbeit im Geheimdienst<br />

(Verbindungen) folgte die Heirat<br />

der Tochter eines amerikanischen Konzernmanagers<br />

(am besten B. Gates). Oh, hab ich<br />

die Kontakte zur japanischen Yakuza und zu<br />

den Triaden (noch mehr Verbindungen) erwähnt?“<br />

Im Spiel wird dann die Verbesserung des<br />

Charakters durch Erfahrungs- (oder Legenden-<br />

oder auch Abenteuer-) Punkte verwendet,<br />

um die Effektivität noch zu perfektionieren.<br />

„Psionische Fähigkeiten und Magie lassen<br />

sich nicht mischen? Warum das denn, das ist<br />

doch unlogisch? Und wieso steht meine Cyberware<br />

da im Weg?“<br />

Typisches Verhalten ist auch, sich auf Regelpassagen<br />

zu beziehen, die man auswendig<br />

zitieren kann („Auf Seite XY steht aber…“),<br />

die Regelkenntnis des Spielleiters in Frage zu<br />

stellen („Wo bitte steht das?“) oder sich auf<br />

Zusatzregeln zu beziehen, die der normale<br />

Spieler nicht kennt, und der Spieleiter wahrscheinlich<br />

auch nicht berücksichtigen wollte.<br />

„Zu einem guten Regelwerk gehört (mindestens)<br />

ein Kompendium, um zusätzliche<br />

Regeln auf den Markt zu werfen.“<br />

Eine Eigenschaft, die Regelfuchser häufig<br />

haben, ist die Angewohnheit, mit der Anzahl<br />

an vergebenen Erfahrungspunkten unzufrieden<br />

zu sein. Verständlich, dass Unmut<br />

aufkommt wenn die Steigerung der Effektivitat<br />

nicht so schnell von statten geht wie<br />

gewünscht.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

ENVOYER CLASSICS<br />

Diesen Artikel präsentieren wir Euch in<br />

Zusammenarbeit mit der Redaktion des<br />

Envoyer. Er erschien in der Ausgabe<br />

03/2000 des Magazins.<br />

AUsRüsTUnG<br />

Die Möglichkeit sich zu verbessern, die<br />

Spieler während des Spiels haben, ist der<br />

Erwerb und Einsatz von Ausrüstung. Besitz<br />

erleichtert das Leben, Ausrüstung erleichtert<br />

das Bewältigen von schwierigen Situationen.<br />

Ausrüstung lässt sich in vier Gruppen aufteilen:<br />

• Besitztum (Immobilien, Fortbewegungsmittel)<br />

• Gegenstände zum Bewältigen<br />

bestimmter Situationen (Werkzeug,<br />

Leitern, Seile)<br />

• Waffen und Rüstungen<br />

• außergewöhnliche Ausrüstung (magische<br />

Dinge, Cyberware, etc.)<br />

Dabei lassen sich zwei Tendenzen ausmachen:<br />

1. Man möchte möglichst alles besitzen,<br />

um auf alles vorbereitet zu sein.<br />

2. Die Ausrüstung, die man besitzt, hat<br />

möglichst gut zu sein.<br />

Das Extrem von Tendenz 1 ist, dass Spielergruppen<br />

mit Planwagen durch die Lande<br />

fahren, weil sie soviel Zeugs mit sich herumschleppen.<br />

In Shadowrun ist der Van oder<br />

SUV sehr beliebt oder das Anmieten von<br />

leerstehenden Lagerhäusern als „Runner-<br />

Hauptquartier“.<br />

Tendenz 2 hat eine schiere Sucht nach<br />

außergewöhnlicher Ausrüstung zur Folge.<br />

Jeder stürmt sofort los, um zu schauen ob<br />

irgend ein Beutegut magisch ist, der gruppeneigene<br />

Magier beherrscht „Erkennen<br />

von Magie“ perfekt und zuerst wird sich um<br />

einen seltsam leuchtenden Ring gestritten,<br />

bevor man die blutenden Verbündeten zusammenflickt.<br />

Nach einem Überfall am Lagerfeuer<br />

wird auch zunächst die Beute der<br />

Angreifer geteilt und dann wird weiter geschlafen<br />

– neben den Leichen versteht sich.<br />

Am Tage will man noch mal schauen, ob nicht<br />

was übersehen wurde.<br />

EFFEKTiVE<br />

spiELWEisE<br />

Effektives Spiel bedeutet…<br />

• Unterscheiden der Umwelt in genau drei<br />

Seite 32


Effektivität und Inflation<br />

Gruppen: Gegner, Opfer, Verbündete.<br />

Opfer werden noch einmal in „natürlich“<br />

und „überflüssig“ unterteilt. Natürliche<br />

Opfer werden solange „freundlich<br />

bis neutral“ behandelt, bis sie sich in<br />

überflüssige Opfer verwandeln. Da überflüssige<br />

Opfer zu potentiellen Gegnern<br />

werden, ist Kontakt zu vermeiden.<br />

Bei Verbündeten wird stets überprüft,<br />

ob die Gründe für ein Bündnis noch<br />

existieren. Ist dies nicht mehr der Fall<br />

werden die Verbündeten – unabhängig<br />

von emotionalen Aspekten wie Verbundenheit<br />

oder Freundschaft – zu potentiellen<br />

Gegnern.<br />

• Potentielle Gegner ausschalten, bevor<br />

sie zu einer Bedrohung werden.<br />

• Überwundene Gegner endgültig ausschalten,<br />

damit sie nicht nachträglich<br />

zu einer Bedrohung werden. Einen<br />

überwältigten Gegner tötet man besser,<br />

bevor er später wieder zu einem potentiellen<br />

Gegner wird. Wenn man zu human<br />

ist den Gegner zu töten, schneidet<br />

man ihm die Achillessehnen durch (sehr<br />

effektiv auch, wenn man Gefangene, die<br />

man noch verhören möchte, fluchtunfähig<br />

machen möchte).<br />

• Emotionsloses Erledigen der Aufgabe<br />

hat höchste Priorität. Emotionen<br />

komplizieren die Situation.<br />

Emotionen stehen häufig dem Ziel im<br />

Weg. Umwege werden nur dann in Kauf<br />

genommen, wenn sie der Sache dienlich<br />

sind.<br />

Beispielhafte Archetypen für eine effektive<br />

Spielweise sind beide Terminatormodelle,<br />

Seven-Of-Nine oder Darth Vader.<br />

AUsWiRKUnGEn<br />

These: Je besser man ist, desto leichter<br />

wird es, den Gegner überwinden.<br />

Das klingt einleuchtend, stimmt aber nicht.<br />

Denn schon auf den zweiten Blick erweist sich<br />

das Ganze als „Milchmädchenrechnung“. Betrachtet<br />

man die Auswirkungen die das Streben<br />

nach einem möglichst effektiven Spiel<br />

hat, so stellt man fest, dass dies dem Rollenspiel<br />

äußerst abträglich sind. Dabei stehen<br />

zwei Auswirkungen im Vordergrund:<br />

1. inflation<br />

Damit ein Rollenspielabenteuer interessant<br />

sein kann, muss es eine Herausforderung<br />

für die Gruppe darstellen.<br />

Schwierige Situationen mit<br />

ungewissem Ausgang, Kämpfe<br />

mit Gegnern, die einen durchaus<br />

besiegen können, machen<br />

das Salz in der Suppe aus, die man<br />

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Rollenspiel nennt. Es ist zweifelsfrei auch<br />

reizvoll, ungeachtet heroischer Herausforderungen,<br />

seine Rolle auszuspielen. Aber für<br />

das abenteuerliche Element im Rollenspiel<br />

sind die Herausforderungen das wesentliche<br />

Element, ohne das ein Rollenspiel bald langweilig<br />

werden würde. Wenn die Charaktere<br />

also immer effektiver und mächtiger werden,<br />

hat das die Konsequenz, dass die Herausforderung<br />

schwieriger wird.<br />

Die Opposition wird mächtiger, Situationen<br />

werden komplizierter, neue Monster noch<br />

tödlicher. Dadurch wird natürlich der Wunsch<br />

der Spieler verstärkt, noch effektiver zu werden.<br />

Neue Waffen müssen her, um der neuen<br />

Bedrohung Herr zu werden. Größere Monster<br />

und größere Herausforderungen bringen<br />

natürlich auch mehr Erfahrungspunkte, die<br />

natürlich die Effizienz des Charakters noch<br />

mehr ansteigen lassen. Also müssen noch<br />

größere Monster her – immerhin will man<br />

ja als Spielleiter der Situation Herr bleiben.<br />

Größere Monster bringen größere Waffen<br />

bringen größere Monster bringen größere<br />

Waffen bringen…<br />

Das hat zwei Konsequenzen:<br />

1. Der Spielleiter hat es immer<br />

schwerer, den Charakteren<br />

eine Heraus-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

forderung zu bieten. Das Rollenspiel – insbesondere<br />

die Vorbereitung des Spielleiters<br />

– konzentriert sich mehr und mehr auf die<br />

Konfliktlösung (den Kampf). Alltägliche Rollenspielsituationen<br />

(Feilschen, Flirten, Beutel<br />

schneiden) bleiben auf der Strecke, weil sich<br />

die Abenteu(r)er auf das scheinbar Wesentliche<br />

konzentrieren.<br />

2. Die Charaktere werden so mächtig, dass<br />

sie sich von der normalen Umwelt (Bevölkerung)<br />

so drastisch abheben, dass sie eigentlich<br />

schon den Halbgottstatus verdienen.<br />

Ein vernünftiges Rollenspiel wird somit sehr<br />

schwer. Der normale NSC (Nicht-Spieler-Charakter)<br />

ist von den Helden derart weit entfernt,<br />

dass schon alleine ein normaler Dialog<br />

zu einem Problem wird.<br />

Wirft sich der Kutscher erst in den Staub<br />

oder bietet er den Heiden Opfergaben an oder<br />

lässt er sie einfach einsteigen<br />

und fährt los? Was macht<br />

ein Wirt, wenn die Halbgötter<br />

in die Schenke kommen<br />

und die besten Zimmer sind<br />

belegt?<br />

Seite 33


Effektivität und Inflation<br />

Insbesondere, was passiert, wenn die Zimmer<br />

von anderen Halbgöttern belegt sind?<br />

Endet die Stadt dann in einer nuklearen (magischen)<br />

Katastrophe, nur weil sich zwei Heldengruppen<br />

um die besten Zimmer im besten<br />

Hotel streiten?<br />

2. Rollenspielerschwernis<br />

Neben den Konsequenzen auf das Rollenspiel,<br />

die aus den Folgen der Effizienzsteigerung<br />

im Rollenspiel selbst resultieren, wirkt<br />

sich das Verhalten der Spieler, die versuchen<br />

ihren Charakter so effektiv wie möglich zu<br />

gestalten, natürlich ebenfalls auf das Rollenspiel<br />

aus.<br />

Auf Rollenspieler, die im Spiel schummeln,<br />

möchte ich nicht näher eingehen. Ich denke,<br />

dass die Fairness im Spiel es von sich aus gebietet<br />

nicht zu schummeln.<br />

Regelfuchser beeinflussen mit ihrem Verhalten<br />

das Rollenspiel sehr intensiv. Sie verleiten<br />

andere Spieler dazu, ebenso zu versuchen,<br />

ihren Charakter effektiver zu gestalten.<br />

Durch Ihre Kritik an der Regelauslegung und<br />

dem Anzweifeln der Regelkenntnis des Spielleiters<br />

untergraben sie das Vertrauen, das<br />

die Spieler in den Spielleiter haben sollten.<br />

Außerdem unterbrechen die vielen Diskussionen<br />

das Rollenspiel und zerstören somit die<br />

Stimmung in der jeweiligen Situation.<br />

Effektives Spiel führt dazu, dass sich Charaktere<br />

wie die seelenlosen Mitglieder einer<br />

fanatischen Eliteeinheit aufführen. Effektives<br />

Spiel führt auch dazu, dass das eigentliche<br />

Rollenspiel – das Ausspielen einer Rolle<br />

– ad absurdum geführt wird. Das Verhalten<br />

gegenüber der Umwelt ist bestenfalls als gefühllos,<br />

meist als feindselig zu bezeichnen.<br />

Diese Verhaltenszüge anderen gegenüber<br />

lassen sich mit wenigen Eigenschaftswörter<br />

beschreiben: grausam, gefühllos, unmenschlich<br />

(andere Völker mögen mir verzeihen,<br />

wenn ich das Adjektiv „menschlich“ hier exemplarisch<br />

verwende). Ein Rollenspiel mit<br />

stimmungsvollen Dialogen wird kaum aufkommen.<br />

Die Kommunikation dient alleinig<br />

der Sache, aber nicht dem Vergnügen.<br />

FAZiT<br />

Je effektiver die Charaktere werden, desto<br />

schwieriger ist es meiner Meinung nach, gutes<br />

Rollenspiel zustande kommen zu lassen.<br />

Der abenteuerliche Aspekt im Rollenspiel<br />

wird erschwert, weil sich der Spielleiter immer<br />

neue und immer größere Herausforderungen<br />

und Gegner ausdenken muss. Der rollenspielerische<br />

Aspekt wird immer schwerer,<br />

weil sich die Charaktere durch das Anwachsen<br />

ihrer „Macht“ immer weiter von der<br />

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normalen Umwelt entfremden. Außerdem<br />

tendieren die Verhaltenszüge von Charakteren,<br />

die möglichst effizient gespielt werden,<br />

schnell ins Unmenschliche.<br />

Stellt sich die Frage: Warum<br />

dann überhaupt das Ganze?<br />

Antwort: Weil es Spaß macht wenn man<br />

sieht dass der eigene Charakter besser wird,<br />

an Macht und Möglichkeiten gewinnt. Das<br />

Problem daran ist nur der Umstand, dass das<br />

Ganze sich sehr schnell verselbstständigt.<br />

Die wenigsten können im Voraus die Auswirkungen<br />

abschätzen, die ihr Wunsch nach gesteigerter<br />

Effizienz hat. Und auch der Spielleiter<br />

weiß selten, worauf er sich einlässt,<br />

wenn er dem Drängen seiner Spieler nachgibt.<br />

Meistens sieht man das erst, wenn die<br />

Rollenspielkampagne den Bach runter geht,<br />

und meistens findet man erst nach einigen<br />

„gescheiterten“ Kampagnen heraus woran<br />

es liegt. Dann heißt es meistens „Back to the<br />

Roots!“.<br />

Und häufig haben dann einige schon das<br />

Handtuch geworfen und sich einem anderen<br />

Hobby zugewandt. Und nicht selten sind das<br />

dann gerade die weiblichen Wesen, die an<br />

der Inflation von Macht kein Interesse gefunden<br />

haben. Der beklagenswerte Mangel an<br />

Rollenspielerinnen ist also vielleicht zum Teil<br />

selbst herbeigeführt.<br />

Dabei ist der Wunsch nach steigernder Effektivität<br />

scheinbar seit einiger Zeit zu einer<br />

Art „Mode“ geworden. Viele Rollenspielsysteme<br />

konzentrieren sich darauf, möglichst<br />

viele „Regelerweiterungen“ in Form von<br />

Kompendien und Zusatzausrüstungen an<br />

den Spieler bzw. Spielleiter zu bringen. Die<br />

Tatsache, dass ein solches Angebot besteht,<br />

verstärkt natürlich die Leichtigkeit dem<br />

Drang nach Effektivität nachzugeben.<br />

Dabei stellt sich mir unwillkürlich die Frage:<br />

Von wem ist das Ganze eigentlich gewünscht?<br />

Von den Spielern? Vom Spielleiter? Oder von<br />

den Rollenspielproduzenten, die mit ein paar<br />

Tabellen und Zeichnungen von neuen Waffen<br />

ihren Umsatz steigern können? Und da wir<br />

gerade bei aufkommenden Fragen sind: Wie<br />

kann man das ändern?<br />

In allen Artikeln, die sich mit diesem (oder<br />

einem artverwandten) Thema beschäftigen,<br />

habe ich meistens nur Ratschläge gefunden,<br />

wie der Spielleiter die Spieler mit „rollenspielerischen<br />

Maßnahmen“ maßregeln kann.<br />

Auch wenn ich mich in einem Rollenspielershop<br />

aufhalte und Diskussionen zu diesem<br />

Thema führe, ist die Zahl der Ratschläge groß<br />

(„Lass sie doch mal…“ oder „…und wenn<br />

sie dann…“). Die meisten Maßnahmen haben<br />

mir aber nicht gefallen und bei eigentlich<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

allen zweifle ich die Wirksamkeit der Mittel<br />

an. Als Möglichkeit erscheint mir Folgende<br />

die am meisten Erfolg versprechend:<br />

Redet mit den Spielern, macht ihnen die<br />

Ursachen und die Konsequenzen klar! Fragt,<br />

ob sie das wirklich wollen. Wenn sie dann<br />

natürlich „Ja!“ rufen, dann habt ihr ein Problem…<br />

Aber wenigstens wisst Ihr dann woran<br />

ihr seid. Und könnt überlegen, ob ihr das<br />

wirklich auch wollt.<br />

Was sich Spielleiter wünschen<br />

Die meisten jedoch werden nach etwas<br />

Überlegen zu dem Standpunkt kommen,<br />

dass es sich nicht lohnt. Auf die Frage „Was<br />

sich Spielleiter wirklich wünschen“ gebe ich<br />

folgende Antworten:<br />

• Spieler die einem guten Abenteuer<br />

interessiert sind. Und dem Vorrang<br />

gegenüber der Möglichkeit geben,<br />

ihren Charakter bis ins unendliche<br />

hochzupowern.<br />

• Spieler, die Lust haben Rollen zu<br />

spielen und nicht Killer.<br />

• Rollenspielverlage, die Quellenbücher<br />

veröffentlichen, die diesen<br />

Namen wirklich verdienen und nicht<br />

ständig neue Ausrüstungstabellen in<br />

Buchform herausbringen.<br />

• Quellenbücher, die Informationen<br />

über Städte und Länder enthalten<br />

und nicht nur kurze Infos über die<br />

Umgebung mit Tabellarien über die<br />

Monster, die man dort antreffen<br />

kann.<br />

• Quellenbücher, die beim Lesen dazu<br />

anregen, sich die Gegebenheiten<br />

vor Ort bildlich vorzustellen und die<br />

auch beim Lesen schon eine Menge<br />

Abenteuerideen in den Köpfen der<br />

Spielleiter hervorrufen.<br />

• Kaufabenteuer, die stimmungsvoll<br />

sind und nicht ein „noch größeres“<br />

Monster in ein per Zufall generiertes<br />

Dungeon platzieren.<br />

• Charakterbeschreibungen von NSC,<br />

welche die Persönlichkeit der Person<br />

beschreiben und nicht nur deren<br />

Werte im Kampf.<br />

KOMMEnTAR<br />

Ich bin mir bewusst, dass einige Rollenspieler<br />

und Spielleiter durchaus an dem, was ich<br />

hier „Streben nach steigender Effektivität“<br />

genannt habe, viel Vergnügen haben. Aber<br />

ich glaube, dass die Mehrheit das nicht so<br />

sieht. Und für diese ist mein Artikel geschrieben<br />

worden. �<br />

Seite 34


Relationship Maps<br />

RELATIONSHIPMAPS<br />

TECHNIKEN ZUM SCHREIBEN OFFENER,<br />

CHARAKTERKONZENTRIERTER ABENTEUER<br />

TEXT: TOBIAS LOOSCHELDERS<br />

ILLUSTRATION: TOBIAS LOOSCHELDERS, TOMMY HEINIG<br />

RELATiOnsHipMAps<br />

Schreibt die Namen einiger Nichtspieler-<br />

und Spielercharaktere auf ein Blatt, zeichnet<br />

Kästchen um jeden und verbindet sie mit Linien.<br />

Schreibt nun noch neben die Linien, was<br />

die Charaktere verbindet. Und schon habt<br />

Ihr eine Karte der Beziehungen unter den<br />

Personen (Relationshipmap – kurz R-map)<br />

erschaffen!<br />

Eine R-map ist ein Beziehungsgeflecht, das<br />

die Beziehungen zwischen einzelnen Personen<br />

(SC und NSC) visualisiert. Es werden<br />

Begriffe und ihre Beziehungen zueinander<br />

zweidimensional, wie Ort und Wege auf einer<br />

Landkarte, dargestellt. Auf diese Weise<br />

kann grafisch veranschauclicht werden, in<br />

welchen Beziehungen die Begriffe untereinander<br />

stehen. Durch R-maps werden im<br />

Rollenspiel meist emotionale und geschäftliche<br />

Beziehungen einzelner Charaktere dargestellt.<br />

Sie sind das Herzstück eines offen<br />

gestalteten Abenteuers. Eine R-map eignet<br />

sich hervorragend dazu dramatische, charakterzentrierte<br />

Abenteuer zu schreiben. Aber<br />

auch bei einem linearen Plot kann eine R-map<br />

als Übersichtskarte sehr hilfreich sein.<br />

Pfeile am Ende der Linien können bestimmte<br />

Beziehungen zueinander anzeigen (einseitige<br />

oder beidseitige). Es hat sich als sinnvoll<br />

erwiesen, neben die Linien einen kurzen Vermerk<br />

zu schreiben, wie „will Artefakt stehlen<br />

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von“, „liebt“ oder „Brüder“. Durch farbige<br />

Linien können z.B. freundschaftliche, feindliche<br />

und geschäftliche Beziehungen schnell<br />

unterscheidbar gemacht werden. Man kann<br />

natürlich auch gestrichelte oder durchgezogene<br />

Linien oder Ähnliches benutzen.<br />

In ein Beziehungsgeflecht werden nur Charaktere<br />

aufgenommen, die für das Spielgeschehen<br />

wichtig sind. Der Antagonist wird<br />

also aufgezeichnet, seine rechte Hand vermutlich<br />

auch noch, sein aber Gärtner nicht.<br />

Außer zum Beispiel, er will den Spielercharakteren<br />

Informationen verkaufen. Die<br />

Freunde der Charaktere können auch in das<br />

Geflecht aufgenommen werden,<br />

aber nur wenn sie zum aktuellen<br />

Zeitpunkt für das Geschehen wichtig<br />

sind. So bleibt die Übersichtlichkeit<br />

gewahrt.<br />

Warum R-maps?<br />

Die Abenteuerplanung mithilfe<br />

von R-maps gewährt<br />

den Spielern größtmögliche<br />

Freiheit und geht<br />

schnell von der Hand.<br />

Der Plot ist nicht festgeschrieben,<br />

er ergibt sich<br />

aus den Handlungen der<br />

Spieler und den Reaktionen<br />

der NSC darauf.<br />

Der Spielleiter kann anhand der R-map sehen,<br />

welcher Charakter wie stark eingebunden<br />

ist. Je mehr Linien die Spielercharaktere<br />

treffen, desto besser sind sie in die Situation<br />

eingebunden. Aus der stärkeren Vernetzung<br />

einzelner Charaktere lässt sich dann auch gut<br />

ein Fokus ernennen.<br />

Die R-map ist sehr dynamisch und sollte<br />

nach jeder Spielsession auf die neusten<br />

Entwicklungen angepasst werden. Nur so<br />

entfaltet sie ihre volle Wirkung. Am praktischsten<br />

ist das natürlich bei einem digitalen<br />

Diagramm (siehe Kasten), also einer mit<br />

Softwareunterstützung erstellten und abspeicherbaren<br />

R-map. Bei der Arbeit daran,<br />

kann man auch gleich NSCs, die nicht gut<br />

angekommen sind, austauschen oder einen<br />

neuen NSC einfügen.<br />

Hier noch ein paar Stichworte, die man be-<br />

SOFTWARE<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Es gibt diverse Software für das Erstellen<br />

von Diagrammen und Mindmaps – einige<br />

auch kostenlos.<br />

Eine schöne Software für die im Artikel<br />

genannten Diagramme ist das Java-Tool<br />

yEd, das man unter folgender Adresse herunterladen<br />

kann:<br />

http://www.yworks.com/ger/products_yed_about.htm<br />

Eine Alternative dazu stellt der Diagram<br />

Designer von Meesoft dar:<br />

http://meesoft.logicnet.dk/<br />

DiagramDesigner/<br />

Eine sehr dynamische, einfach programmierbare<br />

Lösung ist dot aus dem Paket<br />

graphviz:<br />

http://www.graphviz.org/<br />

Onlinebasiert eignet sich beispielsweise<br />

das Tool Mind Meister, das zwar eher für<br />

M-maps gedacht ist, aber auch für andere<br />

Arten verwendet werden kann:<br />

http://www.mindmeister.com/<br />

Und wer immer noch nicht fündig geworden<br />

ist, der kann einmal auf Mindmappedia<br />

vorbei schauen, wo unzählige Tools<br />

vorgestellt werden:<br />

http://mindmappedia.com/<br />

nutzen kann, um einem Beziehungsgeflecht<br />

noch mehr Würze zu verleihen: Hassliebe,<br />

Neid, väterlicher Freund, Stiefschwester,<br />

Korruption, Eifersucht, Erpressung, Angst,<br />

Mitleid.<br />

cOnFLicT WEbs<br />

Zeichnet drei Vierecke, lasst oben ein Drittel<br />

Platz und malt in die unteren beiden zwei<br />

Ellipsen hinein. Jetzt zeichnet ein paar Linien:<br />

ein paar zwischen Ellipsen und auch ein paar<br />

zwischen den Rechtecken. Weist jeder Linie<br />

eins der Symbole Dreieck, Kreis und Viereck<br />

zu. Schreibt Namen in die Ellipsen und Fraktionsnamen<br />

in das erste Drittel der Rechtecke<br />

und fertig ist das Conflict Web.<br />

Conflict Webs (kurz: C-web) setzen stärker<br />

Seite 35


Relationship Maps<br />

auf Fraktionen als eine R-map. Hierbei wird<br />

jede Fraktion als ein Kasten und die wichtigen<br />

Mitglieder der Fraktion als Ellipsen im<br />

Kasten dargestellt. Zusätzlich verwenden die<br />

Konfliktnetze durch ein paar einfache Symbole<br />

an beiden Enden einer Linie ergänzt. Die<br />

folgenden Symbole sollen für noch mehr Anschaulichkeit<br />

sorgen:<br />

= feindschaftlicher Konflikt<br />

= freundschaftliches Interesse<br />

= Verpflichtung/Abhängigkeit<br />

(z.B. Angestellter-Chef,<br />

Menthor-Schüler, Vater-Kind,…)<br />

Die Kernidee eines C-webs ist, dass sich<br />

mehrere Fraktionen mit entgegengesetzten<br />

Zielen gegenüberstehen. Das schafft tatsächlich<br />

noch mehr Konflikte als eine R-map.<br />

Noch greifbarer wird das Web, wenn den<br />

Symbolen oder Fraktionen unterschiedliche<br />

Farben zugeordnet werden.<br />

Will man noch interessantere Konflikte<br />

herstellen, kann man die Symbole am Linienende<br />

unterschiedlich gestalten (siehe<br />

Beispiel oben). Eine Hassliebe wird z.B. mit<br />

einem Kreis am einen und einem Dreieck am<br />

anderen Ende gekennzeichnet.<br />

Als optimal gelten hier drei Fraktionen;<br />

mehr können das Spiel (und die Map) zu<br />

schnell unübersichtlich werden lassen. Zwei<br />

Fraktionen genügen aber auch oft und bieten<br />

sich gerade für Kurzabenteuer an. Genauso<br />

verhält es sich mit den NSC. Normalerweise<br />

sollten schon zwei bis drei pro Fraktion genügen.<br />

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Mind MAps<br />

Eine dritte und recht einfache Art, Gedanken<br />

für ein Abenteuer festzuhalten, sind die<br />

Mind Maps. Hier steht ein zentraler Begriff<br />

in der Mitte des Diagramms, von dem aus<br />

verschiedene Äste mit weiteren Begriffen<br />

stehen. Die Verbindungen haben keine feste<br />

Bedeutung und auch keine Richtungspfeile.<br />

Mindmaps fordern beide Gehirnhälften und<br />

sind daher besonders gut für Brainstorming<br />

geeignet, um Ideen festzuhalten und in eine<br />

gewisse Ordnung zu bringen. Weniger gut<br />

geeignet sind sie Beziehungen aufzuzeigen.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

WEiTERE<br />

MöGLicHKEiTEn<br />

Es hat sich als sinnvoll erwiesen, zusätzlich<br />

Ziele und Handlungsgrenzen („wie weit<br />

würde ich gehen, um mein Ziel zu erfüllen?“)<br />

in die Geflechte einzutragen. Denn dann hat<br />

der Spielleiter nicht nur die kurzfristigen,<br />

sondern auch die langfristigen Ziele im Blick.<br />

Will man nur eine Situation darstellen, kann<br />

man die Spielercharaktere auch aus dem Cweb<br />

oder der R-map weglassen. Damit riskiert<br />

man aber, dass die Charaktere sich nur<br />

schwer darin integrieren können oder dass<br />

die Situation gar nicht ihr Interesse weckt.<br />

Bei längeren Kampagnen kann es sogar<br />

zweckmäßig sein, gleich mit mehreren Rmaps<br />

oder C-webs zu arbeiten. Zum Beispiel<br />

ein großes Geflecht für den Gesamtüberblick<br />

(oder den Metaplot) und ein Geflecht zum<br />

aktuellen Geschehen, bzw. zum aktuellen Kapitel<br />

der Kampagne. Bei einer großen Übersichtskarte<br />

bietet sich eine eher Mindmapähnliche<br />

Form an. Zumindest ist es aber hier<br />

auch sinnvoll Orte, storyrelevante Gegenstände<br />

und spezielle Ereignisse aufzunehmen.<br />

Auch sollten die wichtigen Freunde und<br />

Beziehungen aller Spieler vermerkt werden.<br />

Manchmal ist eine Vermischung der unterschiedlichen<br />

Maps sinnvoll, allerdings sollte<br />

man darauf achten, dass die Übersichtlichkeit<br />

erhalten bleibt.<br />

Geschickt eingesetzt können die hier vorgestellten<br />

Techniken dem Spielleiter das<br />

Planen seiner Abenteuer wesentlich erleichtern.<br />

�<br />

Seite 36


Systemvorstellung Spherechild<br />

SPHERECHILD<br />

EIN REGELSYSTEM MIT SPHÄRENÜBERGREIFENDEM KONZEPT<br />

TEXT: ALEXANDER HARTUNG<br />

ILLUSTRATION: NICOLE ERXLEBEN<br />

Willkommen, Sphärenkind, zu deiner Bestimmung.<br />

Mein Name ist Garmon. Ich bin<br />

dein Mentor und ich will dir den Grund für<br />

deine Existenz nennen.<br />

Du bist ein Kind der Sphäre, jener Welt auf<br />

der du lebst, deren Luft du atmest und deren<br />

Wasser du trinkst. Du magst dich noch an<br />

deine Eltern erinnern, doch war es die Sphäre,<br />

die dir das Leben schenkte. Mit deinem<br />

ersten Atemzug wurde dir eine große Aufgabe<br />

aufgebürdet: du bist der Verteidiger<br />

deiner Heimatwelt, denn du gehörst zu den<br />

wenigen Ausgewählten, welche die Kraft<br />

haben, die Sphäre vor ihrem Untergang zu<br />

bewahren.<br />

Ich sehe das Misstrauen in deinen Augen<br />

und ich verstehe deine Gefühle. Als<br />

mich vor vielen Jahren mein Mentor über<br />

meine wahre Existenz aufklärte, hielt ich<br />

ihn auch für einen verrückten alten Mann,<br />

doch schon bald wusste ich, dass seine Wor-<br />

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te wahr waren. Es gibt etwas, das Erkennen<br />

in unseren Augen aufblitzen lässt, wenn wir<br />

einem anderen Sphärenkind begegnen und<br />

das gleiche Gefühl durchfuhr auch dich, als<br />

du mich sahst. Es gibt Momente in deinem<br />

Leben, in denen du dich mit allem eins fühlst,<br />

junges Sphärenkind. In diesem Augenblick<br />

spürst du die Verbundenheit mit deiner<br />

Welt. Das ist die Energie der Sphäre, die dich<br />

durchfließt, jene Energie, die dich erschaffen<br />

hat. Bisher hattest du ein einfaches Leben,<br />

aber jetzt werde ich dich über deine wahre<br />

Bestimmung aufklären.<br />

Deine Welt gehörte einst zu einer großen<br />

Einheit unzähliger Welten, Sphären genannt,<br />

die unter einem gemeinsamen Mantel<br />

vereint waren. Sie lebten in Harmonie<br />

und Frieden, aber eine Rasse absoluter Bösartigkeit,<br />

die Sembaren, vernichtete diese<br />

Einheit. Die Sphären wurden durch die ganze<br />

Unendlichkeit verteilt, alleine und von ihren<br />

Geschwistern getrennt. Um sich vor dem<br />

neuen Feind zu schützen, schufen sie ihr eigenes<br />

abgeschlossenes Universum und ihre<br />

eigenen Welten, ähnlich dieser, auf der du<br />

momentan dein Leben fristest. Nur ein schmales<br />

Band der Verbundenheit besteht bis<br />

heute noch zwischen ihnen.<br />

Doch die Schaffung ihres Universums<br />

schützte sie nicht nur vor ihren Feinden, es<br />

war wie ein lebender Organismus, der ihnen<br />

von Tag zu Tag etwas von ihrer verlorenen<br />

Kraft zurückgab. Es würde nur eine Frage<br />

der Zeit sein, bis die Sphären wieder unter<br />

einem gemeinsamen Mantel ruhen würden.<br />

Es würde noch viele Jahrzehnte, vielleicht<br />

auch Jahrhunderte dauern, aber mit jedem<br />

Tag wird die Kraft der Sphären<br />

eine Winzigkeit größer, bis die Einheit<br />

wieder hergestellt ist. Die Sembaren<br />

sahen diese Entwicklung mit<br />

Sorge. Sie fürchteten sich vor der<br />

Macht der Sphären und so suchten<br />

sie einen Weg, diese zu bekämpfen.<br />

Jede Sphäre hat ihre eigene Ordnung<br />

geschaffen – ein abgeschlossenes<br />

Universum mit alles beherrschenden<br />

Gesetzmäßigkeiten, in das nichts von<br />

Außen eindringen kann und in der alles<br />

dieser Ordnung unterliegt. Lange<br />

konnten die Sembaren diesen Kokon<br />

der Macht nicht durchdrin-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

gen, doch schließlich gelang es ihnen diese<br />

Barriere zu überwinden. Auch wenn sie der<br />

Ordnung, und somit dem technischen Stand<br />

der Sphäre untergeordnet waren, hatten<br />

sie genug von ihrer Macht erhalten können,<br />

um die Sphäre zu bekämpfen. Über die Art<br />

dieses Kampfs werde ich an anderer Stelle<br />

noch Worte verlieren, aber glaube mir, junges<br />

Sphärenkind, du wirst all deine Stärke<br />

benötigen, um dich den Sembaren entgegenzustellen.<br />

Es wird der Tag kommen, an dem dich die<br />

Sphäre ruft und um Hilfe bittet. Du wirst<br />

diese Stimme kennen, denn sie hat dich dein<br />

ganzes Leben begleitet und wird immer Teil<br />

von dir sein. Dieser Ruf ist der Moment des<br />

Kampfes, wenn die Sembaren auf unsere<br />

Welt eingedrungen sind und ihr grausiges<br />

Werk verrichten wollen. Dann liegt es an<br />

uns, diesem Treiben Einhalt zu gebieten und<br />

die Sembaren zu vernichten.<br />

Lebe dein Leben weiter, als hätte sich<br />

nichts verändert, aber wenn dich die Sphäre<br />

ruft, dann sei bereit und willens den Kampf<br />

gegen den Feind aufzunehmen.<br />

Du bist nicht allein, mein Freund, denn außer<br />

uns gibt es noch weitere Sphärenkinder<br />

auf der Welt. Sie werden dir im Kampf gegen<br />

die Sembaren zur Seite stehen und jedes Leid<br />

mit dir tragen. Nun werde ich dich mit deinen<br />

Gedanken alleine lassen, junges Sphärenkind,<br />

aber bald werde ich zurückkommen<br />

und dich weiter in die Welt der Sphären und<br />

den Kampf gegen die Sembaren, einführen.<br />

Spherechild ist ein universelles Rollenspiel<br />

mit einer neuen Spielidee: Gleichzeitiges Spielen<br />

auf mehreren Welten, mit unterschiedlichen<br />

Charakteren auf ein gemeinsames Ziel<br />

hin. Dabei gehen die Charaktere gegen eine<br />

weltenübergreifende Bedrohung vor, ohne<br />

ihre Welt verlassen zu müssen.<br />

diE spHäREn<br />

Unvorstellbar mächtige Weltenbauer, die<br />

Sphären, erschufen die Charaktere, um sich<br />

gegen ihre Urfeinde, die Sembaren, zu wehren.<br />

Als Kinder der Sphäre haben die Charaktere<br />

besondere Fertigkeiten, die sie über<br />

die normale Bevölkerung erheben. Sie sind<br />

die Verteidiger ihrer Welten und die einzige<br />

Macht, die zwischen den Sembaren und der<br />

völligen Vernichtung ihrer Heimat steht.<br />

Seite 37


Systemvorstellung Spherechild<br />

BEZUGSQUELLEN<br />

Das Regelwerk kann unter der ISBN 978-<br />

3-00-022-003-6 in jeder Buchhandlung<br />

bestellt werden. Außerdem solltet Ihr es<br />

auf Amazon und bei verschiedenen Rollenspielhändlern<br />

finden.<br />

RUBRIK<br />

In der Rubrik „Systemvorstellung“ geben<br />

wir in jeder Ausgabe den Machern eines<br />

eher unbekannten Rollenspielsystems die<br />

Möglichkeit, ihr Werk vorzustellen. Dies<br />

stellt keine Bewertung des Systems da,<br />

denn die Texte werden direkt von den<br />

Machern verfasst.<br />

Die Sembaren greifen meist mehrere Sphären<br />

auf einmal an, so dass in vielen Fällen ein<br />

koordiniertes Vorgehen der Gruppen auf den<br />

Welten notwendig ist, um diese Angriffe abzuwehren.<br />

Diese „Ping-Pong“-Szenarien machen<br />

wesentlich den Reiz von Spherechild<br />

aus. Obwohl die Sembaren zwar ein technisch<br />

sehr weit entwickelte Rasse sind, müssen<br />

sie sich der Entwicklungsstufe der Sphäre<br />

anpassen. Sie können also nicht mit dem<br />

Todesstern auf der Fantasy-Sphäre Valcreon<br />

landen, welche noch nicht einmal Schießpulver<br />

kennt. Der Kampf erfolgt also immer mit<br />

den in der jeweiligen Sphäre verfügbaren<br />

Mitteln.<br />

Das Weltenkonzept ist offen gestaltet. Die<br />

im Regelwerk enthaltenen Welten können<br />

beliebig erweitert oder ausgetauscht werden.<br />

Die Erschaffung eigener Welten ist einfach<br />

und im Regelwerk beschrieben. Nach<br />

eigenen Ideen gestalteten Welten lasen sich<br />

problemlos in das Spiel integrieren.<br />

diE REGELn<br />

Spherechild verfügt über ein übersichtliches<br />

und stufenloses Universal-Regelwerk,<br />

das Wert auf Spielbarkeit und Individualität<br />

legt. Der Spieler wird in der Erschaffung seines<br />

Wunschcharakters unterstützt, nicht eingeschränkt.<br />

Das Kampfsystem ist schnell und durch<br />

waffenindividuelle Manöver sehr waffenspezifisch<br />

und abwechslungsreich. Bei dem<br />

„freien“ Magiesystem erhält der Charakter<br />

keine einzelnen Zaubersprüche, sondern<br />

wählt Zauberbereiche, innerhalb derer er<br />

selbst bestimmen kann, von welcher Art und<br />

Intensität sein Zauber sein soll.<br />

charaktererschaffung<br />

Der Spieler wählt eine Rasse und eine Profession<br />

(Söldner, Magier, Unterwelt, Agent,<br />

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Wissenschaftler, Straßenkämpfer,…). Die<br />

Profession steht für den bisherigen Lebensweg,<br />

führt aber zu keinen Einschränkungen<br />

aufgrund der Wahl von Fertigkeiten oder<br />

dem Nutzen von Waffen (warum soll ein<br />

körperlich starker Magier keine Kriegsaxt<br />

schwingen und warum soll ein Dieb keine<br />

Zauberfertigkeiten lernen, wenn er ein Talent<br />

dafür hat?).<br />

Dann würfelt der Spieler seine sieben Eigenschaften<br />

aus bzw. legt eine bestimmte<br />

Anzahl an Punkten auf diese. Die Eigenschaften<br />

werden von leicht von der Rasse und der<br />

Profession bestimmt.<br />

Es folgt die Wahl weiterer Fertigkeiten. Jeder<br />

Charakter kann alles lernen. Wenn bspw.<br />

der Barbar Jonglieren lernen will, so kann er<br />

dies tun. Wie gut er dieses Talent beherrscht,<br />

hängt von seiner Erfahrung in Jonglieren<br />

(sprich die Höhe des Fertigkeitswerts) und<br />

seiner Geschicklichkeit ab. Die Höhe des Eigenschaftswertes<br />

bestimmt was der Charakter<br />

kann, nicht die Wahl der Profession. Dies<br />

gilt auch für das Lernen von Magie.<br />

Kampf<br />

Der Charakter kann jede Waffe wählen. In<br />

Bezug zu der Eigenschaft, von der diese Waffe<br />

abhängig ist, erhält er aber Modifikationen<br />

auf seinen Angriff bzw. seine Parade und auf<br />

den Schaden. Bspw. ist der leichte Dolch von<br />

Geschicklichkeit abhängig, die Axt von Stärke<br />

und der Kriegshammer von Konstitution.<br />

Zusätzlich kann der Charakter noch Waffenmanöver<br />

erlernen. Diese sind von der Art der<br />

Waffe abhängig und stellen somit die individuelle<br />

Stärke einer Waffe heraus (man kann<br />

mit einem Kampfstab öfter angreifen, als<br />

mit einer Kriegsaxt. Dafür haut die Kriegsaxt<br />

bei einem Treffer mehr rein. Man kann einen<br />

Bogen schneller nachladen als eine schwere<br />

Armbrust. Man kann einen Dolch auch werfen,<br />

ein Rapier eher nicht…). Die Waffen unterscheiden<br />

sich somit nicht nur durch den<br />

Schaden.<br />

Magie<br />

Der Charakter beherrscht ein „Gebiet“, keine<br />

einzelnen Zauber. Zu diesen „Gebieten“<br />

gehören bspw. Feuer, Beschwörung oder<br />

Natur. Jeder Zauber auf diesem Gebiet (z.B.<br />

Dämon der ersten Hierarchie beschwören)<br />

hat eine gewisse Grundschwierigkeit. Hier<br />

kommen noch variable Werte hinzu. Dies<br />

können die Wirkungsdauer, die Reichweite<br />

oder auch die Schadenswirkung sein. Diese<br />

Werte addiert geben dann den Probenwert<br />

des Zaubers.<br />

Diese Art von Magie ermöglicht auch die<br />

Kombination von Zaubergebieten. Kombinierte<br />

Zauber lassen durch die Verknüpfung<br />

OFFTOPIC<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Vlad studio Wallpapers<br />

Viele Menschen schmücken ihr Zuhause<br />

mit Blumen, Staubfängern oder mehr bzw.<br />

weniger schönen Stoffen. Und manche<br />

wollen auch ihren Computer schmücken.<br />

Eine Art dies zu tun ist über so genannte<br />

Wallpaper – speicherfressende aber teils<br />

hübsche Hintergrundbilder für den Desktop.<br />

Eine ganze Reihe davon mit sehr eigenem<br />

Stil bietet die Seite Vlad Studio<br />

(http://www.vladstudio.com).<br />

Dutzende kostenlose Wallpaper in verschiedenen<br />

Auflösungen sind dort zu finden.<br />

Nur wer verbesserte Grafikqualität<br />

oder besondere Formate haben möchte,<br />

der wird zur Kasse gebeten.<br />

Seite 38


Systemvorstellung Spherechild<br />

von Festwerten einen neuen Zauber entstehen,<br />

dessen Effekt durch einzelnes Zaubern<br />

so nicht möglich wäre.<br />

Beispiel: Ein Magier kombiniert die Zauber<br />

„Fertigkeitserhöhung“ (Lebensmagie) und<br />

„Teleportation durch feste Materie“ (Reise).<br />

Mit diesem will er die Sicht-Wahrnehmung<br />

eines Charakters insoweit verbessern, dass<br />

dieser durch Materie sehen kann. Würden<br />

diese beiden Zauber nacheinander auf den<br />

Charakter gezaubert, so würde sich dieser<br />

Effekt nicht einstellen.<br />

spEZiELLE REGELn<br />

Die Charaktere sind Sphärenkinder. Sie<br />

können einige besondere Fertigkeiten lernen,<br />

die mit steigender Erfahrung wachsen.<br />

Hierzu gehört z.B. den Eigenschaftswert oder<br />

eine Fertigkeit eines Sphärengeschwisters zu<br />

„leihen“ (sprich dem anderen Charakter des<br />

Spielers). Neben diesen speziellen Fertigkeiten<br />

können sich die Sphärenkinder auch<br />

„klassische“ Fertigkeiten wie Nachtsicht,<br />

Wärmesicht oder natürliche Rüstung aneignen.<br />

Alles in allem erheben sich diese Charaktere<br />

über die „normale“ Bevölkerung.<br />

Im Regelbuch wird auch ausführlich über<br />

die sphärenübergreifende Bedrohung eingegangen<br />

und ein einfaches Konzept erklärt,<br />

wie man sphärenübergreifende „Ping-Pong“-<br />

Abenteuer entwickelt. Schließlich geben wir<br />

auch Hilfen zur Entwicklung bzw. Einbindung<br />

einer eigenen Welt in das Spherechild-Universum.<br />

Kommunikation zwischen<br />

den Sphärenkindern<br />

Die Sphärenkinder sind sich der Existenz<br />

ihrer Geschwister auf den anderen Sphären<br />

bewusst und kennen sogar ihre Namen. Die<br />

Verbindung mit ihnen ist permanent und unabhängig<br />

vom Aufenthaltsort auf den jeweiligen<br />

Sphären. Schließen die Charaktere die<br />

Augen und ist der gerufene Geschwisterteil<br />

zur Kommunikation bereit, sehen sie eine Art<br />

Projektion des Gegenübers.<br />

diE WELTEn<br />

Im Grundregelwerk sind die Welten Valcreon<br />

und Icros enthalten. Jede Welt wird<br />

durch ihre Geschichte, ihre Geographie (inkl.<br />

Karte) und eine ausführliche Spielerrassenbeschreibung<br />

eingeführt. An diesen einleitenden<br />

Teil schließen sich die Professionen,<br />

die Nichtspieler-Rassen, ein Bestiarium sowie<br />

alle weltenspezifischen Waffen und Fertigkeiten<br />

an. Insgesamt drei einführende Szenarien<br />

runden die Weltenkapitel ab.<br />

Valcreon ist eine Fantasy-Welt, die ganz<br />

ohne die „klassischen“ Rassen wie Elfen und<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Zwerge auskommt. Für Spherechild<br />

wurde etwas Neues erschaffen,<br />

ohne dass das Fantasy-Flair<br />

verloren gegangen ist.<br />

Die Welt lebt vom Abwechslungsreichtum<br />

der zahlreichen<br />

Völker, bei denen Magie alltäglich<br />

ist.<br />

Icros ist von der Entwicklungsstufe<br />

mit unserer Zeit<br />

vergleichbar. Das Leben wäre<br />

angenehm, wenn die Charaktere<br />

nicht zu den „Wandlern“<br />

gehören würden. Äußerlich unverändert,<br />

sind sie in der Lage<br />

eine zweite Form anzunehmen<br />

– die eines genetisch mutierten,<br />

mächtigen Überwesens – vor über<br />

100 Jahren durch Außerirdische<br />

geschaffen, um die Bevölkerung<br />

während ihrer Besetzung zu kontrollieren<br />

und zu unterdrücken. Doch nach<br />

dem großen Aufstand wurden die Wandler<br />

bei der Flucht der Außerirdischen<br />

zurückgelassen.<br />

Die Ordnung einer Welt<br />

Die Ordnung einer Welt gibt an, wie<br />

hoch der geistige und technische Entwicklungsstand<br />

der dort lebenden<br />

Bevölkerung ist, wie weit Magie verbreitet<br />

ist und welche Kreaturen unter<br />

welchen Bedingungen dort existieren.<br />

Die Ordnung ist sehr mächtig<br />

und allumfassend. Eine Änderung<br />

derselben ist praktisch unmöglich und<br />

überlagert alles.<br />

Weitergabe von Technik<br />

und Wissen?<br />

Durch die räumliche Abgeschlossenheit der<br />

Welten voneinander und der allumfassenden<br />

Ordnung, ist die Weitergabe von Technik und<br />

Wissen nicht möglich. Da sich auch die Sembaren<br />

sich dieser Ordnung, also dem Entwicklungsstand<br />

der Welt, unterwerfen müssen,<br />

stehen ihnen nur die technischen und<br />

magischen Mittel der Welt zur Verfügung.<br />

Ihre Gefährlichkeit kommt von ihrem Können<br />

bspw. einzelne Bewohner der Welt zu<br />

manipulieren, selbst Kreaturen zu erschaffen<br />

und diese mit besonderen Fertigkeiten auszustatten.<br />

Die Kräfte der Sembaren sind vielfältig.<br />

Ihre Angriffe sind wohlüberlegt und<br />

sehr subtil geplant.<br />

AUsbLicK<br />

Entstehung<br />

Die ersten Ideen zu Spherechild entstanden<br />

schon Mitte der neunziger Jahre. Neben<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

der Erschaffung der Regeln und der beiden<br />

Welten, lag der Fokus der Entwicklung vor<br />

allem auf dem weltenübergreifenden Konzept.<br />

Die Entwicklung, die Tests sowie die<br />

grafische Umsetzung aller Ideen, dauerten<br />

bis zum Jahr 2007, in welchem Spherechild<br />

endlich in Druck gehen konnte.<br />

Online-Support<br />

Auf www.spherechild.de gibt es bereits<br />

jetzt über 20 kostenlose Downloads. Hierzu<br />

gehören das Intro-Heft, drei neue Szenarien,<br />

acht vorgefertigte Charaktere sowie weitere<br />

Ideen zu Professionen, Monstern usw. In<br />

dem angeschlossenen Forum können alle<br />

Fragen zu Spherechild gestellt werden. Mit<br />

der Veröffentlichung des Regelbuchs wird<br />

jeder Monat ein neuer Download bereitgestellt<br />

werden.<br />

Die Zukunft<br />

Weitere Veröffentlichungen sind schon in<br />

Arbeit. Ein Szenarienband, die Beschreibung<br />

eines Volkes, zwei Stadtbeschreibungen,<br />

sowie eine Science-Fiction-Welt. Die Erscheinungstermine<br />

dieser Veröffentlichungen<br />

richten sich nach dem Interesse und den Bedürfnissen<br />

der Spherechild-Spieler.<br />

Bei weiterem Interesse ist das kostenlose<br />

Intro-Regelwerk auf der Homepage zu empfehlen,<br />

in welchem auf die Regeln, die Welten<br />

und das sphärenübergreifende Konzept<br />

genauer eingegangen wird. �<br />

Seite 39


Natterngezücht<br />

NATTERNGEZÜCHT<br />

EIN ABENTEUER FÜR WEREWOLF<br />

TEXT: ANDRÉ WIESLER<br />

ILLUSTRATION: JANINA WIESLER<br />

„Herr wir flehen Dich an! Erlöse uns und<br />

schenke uns den Mut, dem Erzfeind ins Antlitz<br />

zu starren und seiner unheiligen Wut zu<br />

trotzen!“<br />

„Halleluja!“ beantworteten die Anwesenden<br />

den frenetischen Singsang ihres Priesters<br />

und das Wort hallte lange durch die<br />

hohen Wölbungen der Kirche. Ein einsamer<br />

Lichtstrahl bahnte sich seinen Weg durch die<br />

staubige Luft und tropfte in die Schlangengrube.<br />

Gut ein Dutzend schuppiger Leiber<br />

wanden sich dort, spielten mit trockenem<br />

Schaben zum Tanze.<br />

„Schau mit Gnade auf uns, oh Herr und<br />

sieh, wie wir dem Antichrist widerstehen!“<br />

Eine Frau erhob sich, eine lange, braune Kut-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

te hing lose an ihrer dürren Gestalt: „Meine<br />

Schwester, lass uns Zeuge sein des Lichts, das<br />

der Herr durch Dich auf uns scheinen lässt!“<br />

„Halleluja!“<br />

Die Frau trat mit ihrem nackten Fuß auf<br />

das Podest, das an den Rand der Schlangengrube<br />

geschoben wurde. „Brüder und<br />

Schwestern! Im Glauben und Vertrauen auf<br />

den wahren Herrn will ich in das Tal hinabsteigen<br />

und die Sünde von mir waschen!“<br />

Langsam senkte die Frau ihren Fuß herab.<br />

Die Schlangen unter ihr zischten aufgeregt<br />

und wanden sich schneller umeinander. Wenige<br />

fingerbreit über dem Schlangenkopf<br />

verharrte sie. „Gott, schenke mir Kraft!“ rief<br />

sie aus und trat hinein.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Die schuppigen Bänder umwanden ihre<br />

Fesseln und zuckten an ihrem Bein nach<br />

oben. „Seht, der Herr hält seine Hand schützend<br />

über mich! Im Vertrauen auf ihn und<br />

den wahren Glauben liegt die Kraft, dem Bösen<br />

zu widerstehen!“<br />

„Halleluja!“<br />

Eine der Schlangen zuckte vor, ihre spitzen<br />

Zähne klappten aus dem faltigen Maul und<br />

bohrten sich in den Schenkel der Frau. Sie<br />

schrie vor Schmerz und Verblüffung, brach<br />

zusammen. Schreckenslaute erfüllten die<br />

Kirche, als man die Frau aus der Grube zog.<br />

Sie zuckte, Schaum spritzte von ihrem verkrampften<br />

Gesicht.<br />

„Jetzt tanzt sie den Schlangentanz!“ zischelte<br />

eine verhüllte Gestalt höhnisch in der<br />

letzten Kirchenbank und huschte zum Portal<br />

hinaus in die Abenddämmerung.<br />

pROLOG<br />

Die Charaktere sollten sich zu Beginn dieser<br />

Geschichte in einem Caern befinden, den<br />

sie kennen. Sie sollten zu einem Rudel zusammengeführt<br />

werden oder dies bereits sein.<br />

Die Geschichte beginnt mit der Offenbarung<br />

z.B. durch den Sept-Alpha oder einen<br />

Stille Wanderer Scout, dass in einer Siedlung<br />

unweit des Caern womöglich der Vorhang<br />

gelüftet wurde. Es sollte im Sinne aller Garou<br />

und somit auch des Rudels sein, dieses Verbrechen<br />

wider die Litanei zu untersuchen.<br />

Die Hinweise sind spärlich, rechtfertigen und<br />

fordern aber eine sofortige Untersuchung:<br />

Es sind einige mysteriöse Gewalttaten verzeichnet<br />

worden, vor zwei Wochen und letzte<br />

Woche. Es hat aber bis jetzt gedauert, bis<br />

die richtigen Quellen davon Wind bekamen.<br />

Eines der Opfer behauptete, mitten auf<br />

der Hauptstraße von einem Bären angegriffen<br />

worden zu sein. Der Aufenthaltsort der<br />

Verletzten ist nicht bekannt, nachdem sie<br />

ihre Aussage gemacht haben, verschwanden<br />

sie mehr oder weniger spurlos.<br />

Somit wird sich das Rudel wohl auf den<br />

Weg machen, um den oder die Schuldigen zu<br />

finden und davon abzuhalten, den Vorhang<br />

erneut zu brechen und zwecks Bestrafung in<br />

den Caern bringen.<br />

Anmerkung: Im Sinne einer für die Spie-<br />

Seite 40


Natterngezücht<br />

ANMERKUNGEN<br />

Dieses Szenario erstreckte sich ursprünglich<br />

über 2 Ausgaben des Envoyer. Für<br />

die Wiederveröffentlichung in der <strong>Anduin</strong><br />

haben wir beide Teile wieder zusammengeführt.<br />

Der erste Akt kann auch als eigenständiges<br />

Abenteuer gespielt werden, wenn der<br />

Spielleiter den am Schluß auftauchenden<br />

Vampir weglässt. Das ganze Szenario<br />

endet dann mit einer trostlosen Szene,<br />

in der die Gruppe zwar ihren Auftrag erfüllen<br />

und den Vorhang wiederherstellen<br />

konnte, aber schwere moralisch-ethische<br />

Lasten auf ihr Gewissen geladen hat.<br />

Der Autor erzählt die Geschichte so, wie<br />

sie die Charaktere erleben könnten und<br />

verzichtet weitgehend auf Vorgriffe. Wer<br />

aber einen groben Überblick über das<br />

Abenteuer haben möchte, der findet<br />

diesen im Kasten „Die Handlung“.<br />

Die Geschichte ist ursprünglich konzipiert<br />

worden, um in der Nähe von Vancouver zu<br />

beginnen, sie kann aber meiner Meinung<br />

nach leicht an nahezu jedem Ort der Welt<br />

starten.<br />

Zwar wurde versucht, die englischen<br />

Begriffe möglichst durch die korrekten<br />

deutschen Begriffe zu ersetzen, das mag<br />

aber nicht überall gelungen sein. Weiterhin<br />

ist dieses Abenteuer ursprünglich für<br />

die alte Welt der Dunkelheit geschaffen<br />

worden. Eine Anpassung an die neue Welt<br />

der Dunkelheit sollte aber bei Bedarf ohne<br />

großen Aufwand durchzuführen sein.<br />

ler erst einmal undurchschaubaren dunklen<br />

Vorahnung, kann der Erzähler, wo immer es<br />

angemessen erscheint, auf Schlangenmetaphorik<br />

zurückgreifen – sofern er den zweiten<br />

Teil der Geschichte anschließen möchte.<br />

Erster Akt:<br />

dEs GEisTEs<br />

FEssELn<br />

Szene 1.01:<br />

WORKER ciTy<br />

lch habe viel in der Welt versucht und immer<br />

dasselbe gefunden: In der Gewohnheit ruht<br />

das einzige Behagen des Menschen selbst das<br />

Unangenehme, woran wir uns gewöhnten,<br />

vermissen wir ungern.<br />

— Johann Wolfgang von Goethe<br />

Ort des Geschehens ist Worker City, eine<br />

isoliert stehende Hochhaussiedlung, umgeben<br />

von weiten, öden Feldern, die ausschließlich<br />

von den Angestellten eines großen Kon-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

zerns bewohnt wird, die in den Uran- und<br />

Bearbeitungsanlagen in der Nähe arbeiten.<br />

Die Charaktere sollten, wenn sie dies vor ihrer<br />

Ankunft in Erfahrung bringen, durchaus<br />

in ihrer Berserker-Paranoia bestärkt werden.<br />

Es handelt sich bei Worker City um einen<br />

Block von 16 frei stehenden Hochhäusern,<br />

alle 90-stöckig, die quadratisch zu je vier in<br />

einer Reihe angelegt sind. Sie sind allesamt<br />

verspiegelt, und nur die Geschäfte im untersten<br />

Geschoß und einige wasserspeierartige<br />

Figuren an den Ecken jedes zehnten Stockes<br />

„lockern“ das Ganze etwas auf. Auf jeder<br />

Seite der Häuser ist in 10 Meter hohen, roten<br />

Ziffern die Hausnummer zwischen 1 und 16<br />

aufgemalt.<br />

Jede Straße ist von exakt gleicher Breite,<br />

Worker City hat nur eine Zufahrt direkt vom<br />

Highway, und der Einfluss der Weberin ist<br />

auf den ersten Blick offensichtlich. Es scheint<br />

fast so, dass man mit dem Überschreiten der<br />

gedachten Linie, an der die Siedlung beginnt,<br />

in ein Feld lähmender Stasis tritt. Der Erzähler<br />

kann bei Belieben die Schwierigkeit aller<br />

kreativen Akte hier um 1 erschweren.<br />

Die Charaktere sollten am frühen Morgen<br />

Worker City erreichen. Sie werden Zeuge einer<br />

ebenso unwirklichen wie erschreckenden<br />

Szene: Ein nicht enden wollender Strom von<br />

Menschen in nahezu identischen Konzernuniformen<br />

wird von Bussen, die in mechanischen<br />

Intervallen vorfahren, aufgenommen<br />

und weggebracht. Es erscheint der Eindruck<br />

eines seelenlos tickenden Uhrwerks. Gleichzeitig<br />

züngelt eine lange Schlange von Autos<br />

von dem einzigen Parkplatz der Siedlung herunter<br />

auf den Highway.<br />

Kurz nachdem die Charaktere eingetroffen<br />

sind, erscheint die Siedlung nahezu entvölkert.<br />

Es sollte der Eindruck einer Geisterstadt<br />

erweckt werden. Zwar geht ab und zu<br />

jemand vorbei, der in Eile scheint, aber es<br />

sollte schnell klar werden, wie seltsam still es<br />

hier ist.<br />

Die Dame Glück meint es gut mit den Charakteren.<br />

Kurz nachdem sie sich einen ersten<br />

Eindruck verschafft haben und ihnen auffällt,<br />

dass sie eigentlich viel zu wenige Anhaltspunkte<br />

haben, um eine Suche zu starten,<br />

weht ihnen ein Windhauch eine Kinderzeichnung<br />

um die Füße. Darauf ist ein Mann mit<br />

großen Händen zu sehen, der klein im Vordergrund<br />

steht und dahinter ein großes Wesen<br />

mit langer Schnauze und längeren Krallen<br />

– für jemand, der danach sucht, könnte<br />

es sich durchaus um einen Garou in Crinos<br />

handeln.<br />

Carolina Walker, die Betreuerin im örtlichen<br />

Kinderhort, eilt auf die Charaktere zu. Sie ist<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

eine Frau Mitte 30, 1,72 m groß, wirkt etwas<br />

gestresst, überschminkt aber die schwarzen<br />

Ränder unter den Augen mit reichlich hautfarbener<br />

Schminke. Sie ist vollschlank und<br />

hat sanfte, braune Augen, halblange, schwarze<br />

Haare, die von roten Spangen aus dem<br />

Gesicht gehalten werden und trägt einen<br />

langen, grünen Rock und ein weißes Hemd,<br />

in dessen Ausschnitt ein Seidenmalerei-Halstuch<br />

gesteckt ist. Sie hat einen Stapel Blätter<br />

unter dem Arm, die sich beim zweiten Blick<br />

als Kinderzeichnungen offenbaren.<br />

Sie wird den Charakteren danken, dass sie<br />

das Blatt eingefangen haben und sie bitten,<br />

ihr die Zeichnung wiederzugeben. Wird sie<br />

darüber befragt, hängt ihre Reaktion sehr<br />

stark davon ab, wie sich die Charaktere verhalten.<br />

Wenn sie inquisitorische Fragen stellen,<br />

wird die Frau sofort auf Stur schalten und<br />

notfalls auch ohne Zeichnung gehen. Freundliches<br />

Verhalten hingegen, womöglich noch<br />

mit dem aufrichtigen Zeichen von Sorge um<br />

das Kind, das die Zeichnung angefertigt hat<br />

(oder einem erfolgreichen Wurf auf Charisma<br />

und Ausflüchte), lassen sie schnell auftauen.<br />

Da sie aber in Eile ist, bietet sie dem Rudel<br />

(oder diejenigen, die entsprechende soziale<br />

Fähigkeiten haben) an, sie zum Hort zu begleiten,<br />

sie kann die Kinder nicht länger alleine<br />

lassen! Eigentlich ist sie ja nur schnell die<br />

vergessenen Zeichnungen holen gegangen,<br />

um sie aufzuhängen.<br />

Szene 1.02:<br />

diE AUGEn EinEs KindEs<br />

Die Seele eines Kindes ist heilig, und was vor<br />

sie gebracht wird, muss wenigstens den Wert<br />

der Reinigkeit haben.<br />

— Herder, Vorrede zu den Palmblättern<br />

Schon als das Rudel eintritt, merkt es, dass<br />

etwas nicht stimmt. Der Kinderhort sollte für<br />

die Charaktere der endgültige Beweis sein,<br />

dass die Weberin sich hier ein wohliges Heim<br />

errichtet hat: Der bunte Teppich wirkt viel zu<br />

symmetrisch, die Kinder sitzen alle still an<br />

kleinen Tischen und malen im „Malen nach<br />

Zahlen“ Prinzip die gleichen Seiten ihres Malbuchs<br />

in exakt der gleichen Weise aus. Alle<br />

tragen die gleichen, grau-braunen Hosenanzüge,<br />

etc.<br />

Der Blick der Kinder ist zum Teil gelangweilt,<br />

zum Teil aber auch einfach leer. Sie<br />

sind zwischen 4 und 12 Jahre alt, offensichtlich<br />

sind gerade Schulferien und die älteren<br />

Kinder wurden hierher abgeschoben.<br />

Während die Charaktere sich mit der Frau<br />

unterhalten, merken sie, dass sie offensichtlich<br />

noch nicht aufgehört hat, sich gegen die<br />

Seite 41


Natterngezücht<br />

Weberin zu wehren und aus der Gnosis des<br />

Rudels Kraft zieht. Während sie am Anfang<br />

die Kinder noch mit Kommentaren wie: „Sitzt<br />

gerade!“ und „Nicht über den Rand malen!“<br />

traktiert, wird sie zum Ende des Gesprächs<br />

die Kinder auffordern, doch mal andere Farben<br />

als die Vorgegebenen zu nehmen und<br />

ihnen erlauben, sich jeder ein anderes Spielzeug<br />

aus dem Regal zu nehmen. Die Kinder<br />

sind erst etwas verwirrt, finden aber recht<br />

schnell wieder zum freien Spielen zurück.<br />

Über die Zeichnung weiß sie zu berichten,<br />

dass die kleine Amelie Begtardos sie gemalt<br />

hat. Der Vater des armen Mädchens ist seit<br />

einer Woche verschwunden und sie leidet<br />

offensichtlich sehr darunter. Mit dem Mädchen<br />

sprechen lassen will sie das Rudel aus<br />

verständlichen Gründen nicht, es sei denn,<br />

sie hätten sich eine wirklich glaubhafte Tarnung<br />

zugelegt, die das rechtfertigen würde.<br />

In dem Fall sollte der Erzähler ein Gespräch<br />

aus den unten folgenden Informationen zu<br />

Amelie improvisieren. Amelies Beschreibung<br />

folgt in Szene 3. Wenn die Charaktere zu fordernd<br />

werden sollten, wird Miss Walker sie<br />

herauswerfen und mit der Polizei drohen.<br />

Die Charaktere können noch herausfinden,<br />

dass alle Kinder um Punkt sechzehn Uhr von<br />

ihren Müttern abgeholt werden.<br />

Sollten die Charaktere sich auf die Suche<br />

nach der Wohnung der Begtardos‘ machen,<br />

haben sie einige hundert Namensschilder vor<br />

sich. Selbst wenn sie die genaue Adresse und<br />

damit das Haus herausfinden, sind es einige<br />

Dutzend! Und wenn sie das Schild finden, ist<br />

Miss Begtardos gerade beim Einkaufen und<br />

macht nicht auf!<br />

Szene 1.03:<br />

RAUHE HändE<br />

Sie konnte niemandem was sagen,<br />

musste alles stumm ertragen<br />

musste ihm versprechen,<br />

das Geheimnis nie zu brechen,<br />

Sie hat das nie gewollt,<br />

doch dann hat sie es gemacht<br />

und dabei hat sie nur gedacht:<br />

Bitte, bitte, bitte, bitte – küss mich nicht!<br />

— Tic Tac Toe, „Bitte küss mich nicht!“<br />

Wenn die Charaktere um 16 Uhr wiederkommen,<br />

können sie den stummen Aufmarsch<br />

der Mütter mit ansehen. Sie gehen<br />

zwar nebeneinander her, unterhalten sich<br />

aber nicht. Am Kinderhort nehmen die Kinder<br />

in einer Reihe Aufstellung und werden<br />

an der Tür von ihren Müttern in Empfang genommen.<br />

Die Mutter von Amelie trägt ein langes,<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

kurzärmeliges, blaues Kleid, ist etwa 1,70 m<br />

groß, mit schweren Wangen und einer dicken,<br />

kleinen Nase. Ihre Augen sind von einem<br />

stumpfen Blau. Sie ist nicht dick, wirkt<br />

aber unförmig. Für entsprechende Gaben ist<br />

der Gestank des Wyrm leicht an ihr wahrzunehmen.<br />

Sollte das Rudel sie ansprechen, werden<br />

sie schroff abgewiesen mit Kommentaren<br />

wie: „Das geht Sie gar nichts an!“<br />

Verfolgen die Charaktere sie, können sie<br />

erfahren, dass sie in Haus Nummer 9, Stock<br />

65 wohnt – wenn sie das nicht schon wussten.<br />

Der Fahrstuhl fährt mit Mutter und Tochter<br />

ab, bevor die Charaktere ihn erreichen<br />

können. Zwar sind Feuertreppen vorhanden,<br />

diese sind aber mit einem Alarm gesichert.<br />

Glücklicherweise hält gerade ein zweiter<br />

Fahrstuhl und öffnet einladend seine Türen.<br />

Das Rudel ist nun wahrscheinlich in seinem<br />

Fahrstuhl alleine. Diese Gelegenheit nutzen<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

die Strukturspinnen der Weberin, die zu dem<br />

Ergebnis gekommen sind, dass die Charaktere<br />

durch ihre Anwesenheit zuviel Unruhe<br />

in die Siedlung bringen, und fangen an, das<br />

Stahlseil der Kabine durchzutrennen. Es<br />

folgt eine dramatische Szene, die von dem<br />

Knirschen und Kreischen des Seiles, dem<br />

Klackern der Spinnenbeine auf dem Fahrstuhldach<br />

und der panischen Aktivität der<br />

Charaktere im Inneren der Kabine bestimmt<br />

sein sollte. Die Charaktere haben einige Möglichkeiten<br />

aus dem immer noch nach oben<br />

fahrenden Fahrstuhl zu entkommen. Sie<br />

können durch die Luke auf das Dach und von<br />

dort auf eine andere Kabine springen, die Türen<br />

aufstemmen oder gar in die Umbra flüchten<br />

(wo sie dann allerdings mitten in einem<br />

Fahrstuhlschacht herauskommen…). Sollte<br />

jemand den Nothalt ausprobieren, so wird er<br />

enttäuscht – er funktioniert ebenso wenig,<br />

wie die Bremsklammern, so dass die Kabine,<br />

einmal haltlos, die vollen 60 Stockwerke her-<br />

Seite 42


Natterngezücht<br />

unterrast (10 Wunden für den Unglücklichen,<br />

der dann immer noch in der Kabine steckt,<br />

die er aber mit einem Widerstandsfähigkeitswurf<br />

gegen 8 verringern kann).<br />

Bis die Charaktere sich wieder gesammelt<br />

haben und endlich an der Wohnungstür der<br />

Begtardos auftauchen, sollten etwa 20 Minuten<br />

vergangen sein.<br />

Die Beschreibung der kommenden Szene<br />

hängt stark davon ab, wie hartgesotten die<br />

Spieler und der Erzähler sind. Die Charaktere<br />

werden in der Wohnung feststellen, dass ein<br />

Mann die kleine Amelie mißbraucht hat und<br />

der Mutter dafür 50 Dollar gezahlt hat. Die<br />

Präsentation dieser Szene verlangt einiges<br />

an Fingerspitzengefühl. Meiner Einschätzung<br />

nach sind Andeutungen immer schlimmer als<br />

ausgesprochene Beschreibungen, denn die<br />

menschliche Phantasie dichtet viel hinzu! Ich<br />

würde darum zu folgender Variante raten:<br />

Wenn die Charaktere ankommen, steht<br />

ein gutaussehender Mann in einem guten<br />

Anzug, mit einem Aktenkoffer in der Tür der<br />

Wohnung und überreicht der Frau einen Umschlag.<br />

Man könnte an einen Versicherungsbetrug<br />

glauben, wenn der Mann nicht einen<br />

hochroten Kopf hätte und für die feinen Sinne<br />

der Charaktere der Gestank von Sex in der<br />

Luft läge. Aus der Wohnung hört man das leise<br />

Schluchzen eines Mädchens.<br />

An dieser Stelle würde ich bei jedem einigermaßen<br />

empathischen Charakter einen<br />

Zornwurf verlangen.<br />

Sollten die Charaktere den Päderasten und<br />

seine Komplizin am Leben lassen und mit<br />

ihnen diskutieren, wird die Perversion ihrer<br />

Gedanken offensichtlich. Der Mann versucht<br />

sich damit herauszureden, dass er eben „kinderlieb“<br />

wäre und das doch „ganz normal ist,<br />

heutzutage“. Die Frau betont, es sei immerhin<br />

ihre Tochter und mit der könne sie machen,<br />

was sie will. Und außerdem: „Wie soll<br />

ich denn durchkommen sonst, ohne Mann?“<br />

Sollten die Charaktere den beiden, den Gar<br />

ausmachen, werden sie eine weitere Besonderheit<br />

von Worker City feststellen: die Stasis<br />

hier ist so stark, dass passieren kann, was<br />

will, niemand kommt nachschauen!<br />

Wenn sich die Charaktere um Amelie kümmern,<br />

werden sie zu ihrer Überraschung<br />

zweierlei feststellen können. Zum ersten erscheint<br />

Amelie immun gegen das Delirium,<br />

zum anderen hat sie sich sehr schnell wieder<br />

gefangen, erscheint sogar fröhlich. Mit einer<br />

guten Menschenkenntnis kann man erkennen,<br />

dass sie wohl das Geschehene verdrängt<br />

und im Moment erscheint es auch besser so.<br />

So hart es ist: die Charaktere brauchen sie<br />

noch.<br />

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Amelie ist ein Mädchen von 11 Jahren,<br />

recht klein für ihr Alter und viel zu dünn, was<br />

auf ihre Eßstörungen zurückzuführen ist.<br />

Ihre schulterlangen, braunen Haare locken<br />

sich und ihre hellgrünen Augen wirken zu<br />

alt für ihr Gesicht. Sie lacht viel, aber nur mit<br />

dem Mund. Ihre Gesten sind sehr klein und<br />

unsicher. Ob sie zu den Blutsgeschwistern<br />

gehört, möglicherweise sogar von Tänzern<br />

der schwarzen Spirale, bleibt dem Erzähler<br />

überlassen.<br />

Sollte Amelie einen Charakter in einer anderen<br />

Form als Homid gesehen haben (was<br />

der Erzähler forcieren kann, wenn er einen<br />

schnellen Fortgang der Geschichte wünscht)<br />

wird sie sich erkundigen, ob das Rudel von<br />

Pogo geschickt wurde.<br />

Pogo, so stellt sich heraus, ist offensichtlich<br />

einer der Garou, die den Vorhang brechen,<br />

denn er hat sich Amelie in Crinos gezeigt und<br />

ihr versprochen, ihren Vater und ihre Mutter<br />

zu töten, die „schlimme Dinge gemacht haben!“<br />

Ihren Vater hat er schon erwischt, erklärt<br />

sie stolz und erleichtert.<br />

Mit etwas Einfühlungsvermögen sollten<br />

die Charaktere in der Lage sein, Amelie zu<br />

entlocken, wo sich Pogo aufhält: in einem alten<br />

Luftschutzbunker etwa 5 Kilometer von<br />

Worker City entfernt. Sie weiß nicht, wieviele<br />

Garou es sind, aber sie hat zwei weitere gesehen.<br />

Somit wissen die Charaktere von mindestens<br />

drei!<br />

Wenn Amelie nicht weiß, dass die Charaktere<br />

Garou sind, werden sie es deutlich<br />

schwerer haben, ihr Vertrauen zu gewinnen.<br />

Sie ist zwar dankbar, wenn ihre Mutter tot<br />

ist, was ihre große Qual zeigt, aber ist auch<br />

misstrauisch, was die Charaktere vorhaben<br />

und wird ihnen Pogo nicht absichtlich verraten.<br />

Zumal er sie gewarnt hat, dass man nach<br />

ihm fragen könnte.<br />

Interludium:<br />

diE UMbRA<br />

Oh Tato, we are not in Kansas anymore!<br />

— Dorothy in: „Der Zauberer von Oz“<br />

Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Charaktere<br />

sich die Zeit mit einem kleinen Ausflug<br />

in die Umbra verkürzen wollen, zumal<br />

sie allerorten, auch im Inneren der Häuser,<br />

verspiegelte Flächen vorfinden können. Sollten<br />

sie den Todesgürtel von 9 überwinden<br />

können, bietet sich ihnen ein erschreckender<br />

Anblick: Alle Hochhäuser bestehen hier aus<br />

rechtwinkligen Gittern, die von unzähligen<br />

Musterspinnen gewartet werden. Die ganze<br />

Siedlung wirkt wie ein Computer-Gittermodell<br />

der realen Welt. Die Wohnungen erin-<br />

DIE HANDLUNG<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Wer nicht das gesamte Abenteuer durchlesen<br />

möchte um zu erfahren, um was es<br />

geht, der findet hier eine Zusammenfassung<br />

der Handlung.<br />

Die Charaktere sollen einen Bruch des<br />

Vorhangs aufdecken und geraten dabei<br />

auf die Spur eines Päderasten und einer<br />

Kolonie der Weberin. Zudem erfahren<br />

sie, dass eine Gruppe Metis ihre Behinderung<br />

ablegen konnte, indem sie sich mit<br />

einem Vampir zusammengetan haben. Es<br />

beginnt eine Jagd auf die Metis und den<br />

Vampir.<br />

Doch scheinbar steckt mehr hinter der<br />

Geschichte als zunächst offensichtlich,<br />

denn plötzlich taucht der Schlangentänzer<br />

auf – ein sehr mächtiger Vampir. Er<br />

macht den Charakteren ein Angebot: er<br />

offenbart ihnen den Aufbewahrungsort<br />

einer sehr mächtigen Klaive, wenn diese<br />

die Waffe bergen und gegen einen Tänzer<br />

der Schwarzen Spirale einsetzen.<br />

Um an das Artefakt zu gelangen geht es<br />

in den Dschungel des Amazonasgebiets.<br />

Dort erhalten die Charaktere nach zahlreichen<br />

Kämpfen die Klaive und den Hinweis,<br />

dass sich das Opfer in Afrika aufhält.<br />

In Afrika gilt es schließlich die List des<br />

Schlangentänzers zu durchschauen und<br />

den schwarzen Kontinent vor einem<br />

schrecklichen Schicksal zu retten. Dabei<br />

müssen die Charaktere aber auch immer<br />

ihrer Seele treu bleiben und darauf achten,<br />

dass ihre Ehre erhalten bleibt.<br />

Wie auch immer das Abenteuer endet,<br />

werden sich die Charaktere wahrscheinlich<br />

vom Wyrm haben benutzen lassen –<br />

und müssen damit leben.<br />

nern an Legebatterien und alles ist trist und<br />

von leicht metallischem Glanz.<br />

Nur der Todesalb (Gespenst) Frank Begtardos<br />

sticht heraus (Beschreibung im Appendix).<br />

Er wird sich voller Wut auf die Charaktere<br />

stürzen, wenn einer von ihnen in Crinos<br />

ist. Sollte er besiegt, aber nicht ausgelöscht<br />

werden, und die Charaktere können ihn davon<br />

überzeugen, dass sie nicht seine Mörder<br />

sind, dann unterhält er sich zynisch, aber ruhig<br />

mit ihnen. Gleiches gilt, wenn sie in Homid<br />

herumlaufen.<br />

Frank hat noch nicht so recht verstanden,<br />

wo er ist. Er weiß jedoch, dass er tot ist und<br />

vermutet darin Unbesiegbarkeit. Sein ganzer<br />

„Lebenszweck“ ist es nun, die Monster zu<br />

erwischen, die ihn getötet haben. Es waren<br />

zwei Werwölfe und er hat sie bereits einmal<br />

wieder in der Stadt gesehen, vor einer Woche<br />

und das war eine Woche nach seinem Tod (er<br />

Seite 43


Natterngezücht<br />

DANKSAGUNG<br />

Besonderer Dank für das Testspiel und<br />

einige der besten Werewolf-Abende aller<br />

Zeiten an…<br />

• Janina “Gloom: Vorher musst Du an mir<br />

vorbei!“ Wiesler<br />

• Michael „Maple-Sticking-the-Clouds:<br />

Jetzt habe ich eine Aufgabe!“ Wilming<br />

• Daniel „Sa-Wepwaweth: Tragt und ich<br />

trage Euch!“ Dzepina<br />

Außerdem Dank an Ilka „Zappelphillip“<br />

Bürstinghaus, die so nett war, mir spanische<br />

Sätze zu liefern.<br />

kann in die reale Welt spieken), konnte ihnen<br />

aber nichts anhaben. Dass dies daran liegt,<br />

dass sie nicht in der Umbra waren, weiß er<br />

nicht. Er kann sich angeblich nicht erklären<br />

warum sie ihn getötet haben (was man mit<br />

Wahrnehmung und Empathie leicht als Lüge<br />

enttarnen kann – er vermutet sehr wohl, dass<br />

es etwas mit seinem Mißbrauch an Amelie zu<br />

tun hat) und hofft darauf, dass das Rudel ihm<br />

hilft, sich zu rächen. Er vermutet, dass die<br />

Werwölfe heute wiederkehren.<br />

Frank ist im Übrigen nicht vom Wyrm berührt,<br />

er ist einfach von seinem menschlichen<br />

Wesen allein schon verdorben genug. Wyrmgespür<br />

oder ähnliche Gaben werden aus diesem<br />

Grund nicht bei ihm wirken!<br />

Szene 1.04:<br />

GLEicH Und GLEicH…<br />

We‘re all stars now in the dope show…<br />

We‘re all stars now in the dope show…<br />

— Marilyn Manson, The Dope Show<br />

Entweder das Rudel lässt sich von dem<br />

Mädchen zu dem Bunker bringen, oder es<br />

macht sich selber auf die Suche – aber dann<br />

stellt sich die Frage, was sie mit Amelie machen.<br />

Hier muss der Erzähler eine Lösung<br />

improvisieren. Ein Kind der Gaia oder eine<br />

Schwarze Furie sollten sich in die Verantwortung<br />

genommen fühlen, während einer<br />

Roten Klaue das Kind recht egal sein dürfte.<br />

Eine Möglichkeit wäre es, Amelie im Kinderhort<br />

bei Carolina abzugeben, die noch dort<br />

zu sein scheint, obwohl es in dieser Szene<br />

schon auf den Abend zugeht. Wenn die Charaktere<br />

sie überraschen, können sie sehen,<br />

wie sie Amelies Zeichnung des Garou in den<br />

Aktenvernichter schiebt, aus Angst, dass sie,<br />

wenn sie untersucht wird, Veränderungen<br />

bringt. So weit ist es mit ihr schon gekommen,<br />

so stark ist die Weberin in ihr.<br />

Der Bunker ist an der Oberfläche nur durch<br />

ein kleines Betonquadrat und eine waage-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

rechte Luke zu erkennen. Der Erzähler sollte<br />

nun abschätzen, wie die Charaktere auf das<br />

Auftauchen der anderen Garou reagieren<br />

werden. Wenn er glaubt, dass das Rudel<br />

trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit sofort<br />

zum Angriff übergehen würde, sollte er diese<br />

Szene vielleicht überspringen.<br />

Ansonsten wird dem Bunker eine Gruppe<br />

Metis in Crinos entsteigen (Anzahl der Charaktere<br />

plus zwei – sechs fertig ausgearbeitete<br />

Metis finden sich im Appendix). Natürlich<br />

können die Charaktere an dieser Stelle, außer<br />

durch entsprechende Gaben, noch nicht wissen,<br />

dass es Metis sind. Sie stehen offensichtlich<br />

unter Pogos Führung. Mit Wahrnehmung<br />

und Aufmerksamkeit kann einem Charakter<br />

auffallen, dass keiner der Metis eine Behinderung<br />

zu haben scheint. Das folgende Gespräch<br />

sollte deutlich zeigen, wie sicher sich<br />

die Metis fühlen. Sie sind der Meinung, dass<br />

Metis die eigentlichen Herrscher der Garou<br />

sind, die Weiterentwicklung der herkömmlichen<br />

Werwölfe. Wenn das Mädchen dabei<br />

ist, warnt Pogo die Charaktere davor, ihr etwas<br />

anzutun. Gegenteilige Versicherungen<br />

lassen ihn ein bisschen weniger hochnäsig<br />

werden.<br />

Wenn das (Streit-) Gespräch auf die Metis-<br />

Behinderungen kommt, wird Chu-Long in<br />

Homid wechseln und man erkennt, dass er<br />

in dieser Form einen verdrehten Arm hat. Bei<br />

der anschließenden Rückverwandlung verschwindet<br />

die Behinderung. „Wir haben eine<br />

Lösung für dieses Problem gefunden! Schickt<br />

uns Eure Metis, sie sollen sich uns anschließen,<br />

dann heilen wir sie!“<br />

Das Gespräch endet mit der Warnung Pogos,<br />

dass die Charaktere ihnen nicht mehr in<br />

die Quere kommen sollen!<br />

Die Metis ziehen sich zurück. Wenn die<br />

Charaktere sich im Umfeld ein wenig umsehen<br />

(und „umriechen“) können sie möglicherweise<br />

eine mehrere Tage alte Spur eines<br />

Wolfes wahrnehmen, die von keinem der<br />

Metis stammt. Die Spur verliert sich schnell<br />

wieder.<br />

Wenn die Charaktere sich auf die Lauer<br />

legen, werden sie einen Wolf ankommen<br />

sehen, der sich erst auf der Luke in einen<br />

Menschen verwandelt. Dabei durchläuft er<br />

aber nicht die fünf Formen, was bei einem<br />

Wurf auf Intelligenz und Okkultismus oder<br />

Nachforschungen offenbart, dass es sich hier<br />

um einen Vampir handelt. Es ist der Gangrel<br />

Lucian Doorway (siehe Beschreibung im Appendix),<br />

der mit der wöchentlichen Dosis<br />

„Heilserum“ für die Metis kommt.<br />

Zeit ein wenig vom Hintergrund für den<br />

Erzähler zu enthüllen: Die Metis haben sich<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

mit dem Vampir eingelassen, weil dieser ihnen<br />

die Heilung ihrer durchweg körperlichen<br />

Behinderungen versprochen hat. Das Mittel,<br />

das er ihnen gibt, wirkt tatsächlich, ist es doch<br />

mit dem Blut eines Vampirs vermischt, der<br />

Fleisch formen beherrscht. Leider hat es die<br />

unangenehme Nebenwirkung, die Metis zum<br />

einen für vampirische Beeinflussung sehr anfällig<br />

werden zu lassen, vor allem jedoch, sie<br />

sofort in eine Wyrmraserei zu jagen. Lucian<br />

verlangt als Gegenleistung das Blut der Werwölfe,<br />

nach dem er süchtig ist. Davon gerät<br />

auch er in eine Art Raserei.<br />

Sollten die Charaktere sich zu irgendeinem<br />

Zeitpunkt der Geschichte den leeren Bunker<br />

ansehen, so werden sie ihn wie ein Gang-Safehouse<br />

eingerichtet finden: alte Sofas, viel<br />

Bier, ein Videorecorder, eine Stereoanlage,<br />

viel leere Essenspackungen, etc.<br />

Wichtig für das Rudel sind lediglich die leeren<br />

Ampullen mit den Rückständen des Serums<br />

darin, die ein Theurge möglicherweise<br />

als das erkennen kann, was sie sind. Und die<br />

Wandzeichnungen, die ein Galliard mit einem<br />

Geistesschärfe und Enigmas Wurf (6) entziffern<br />

kann: Sie erzählen von einer Weltordnung,<br />

in der die Metis über alle Lebewesen<br />

herrschen und nur wenige Vampire neben<br />

sich dulden – die Gangrel und die Schlangenfürsten,<br />

also Setiten. Zu diesem Punkt später<br />

mehr.<br />

Szene 1.05:<br />

HALLALi!<br />

Masters of Revenge<br />

Masters of Payback<br />

Inciters of Chaos<br />

Messengers of Rage.<br />

Bodycount<br />

Body muthafuckin‘ count<br />

— Bodycount: Masters of revenge<br />

Kurz nachdem der Vampir den Bunker betreten<br />

hat, fliegt die Luke auf und die Metis<br />

in Crinos und der Gangrel in Wolfsform stürmen<br />

wieder heraus – in Richtung Worker<br />

City. Sie sind noch nicht in völliger Raserei,<br />

folgen jedoch mehr oder weniger den Befehlen<br />

Lucians. Sollten sie angegriffen werden,<br />

so bleibt die Hälfte zurück, um die Charaktere<br />

zu bekämpfen. Lassen die Charaktere die<br />

Metis passieren, so werden sie später ihre<br />

Spur deutlich verfolgen können.<br />

Den einen Teil (ohne Pogo und den Vampir),<br />

treffen sie im völlig verwüsteten Inneren<br />

eines kleinen 24-Stunden Supermarktes. Die<br />

Kassiererin liegt mit aufgerissenem Brustkorb<br />

auf der Theke, ihr Herz und ihre Innereien<br />

sind herausgerissen. Wenn das Rudel ein-<br />

Seite 44


Natterngezücht<br />

trifft, verspeisen die Metis gerade ihre Beute.<br />

Ein Mann liegt mit gebrochenem Rückgrat<br />

auf einem der Regale. Der Boden ist übersät<br />

mit kaputten Flaschen und Packungen. Eine<br />

einzige, flackernde Neonröhre beleuchtet<br />

das grausame Bild. Sobald die Metis der Charaktere<br />

gewahr werden, greifen sie an. Der<br />

Erzähler sollte daran denken, dass sie in Raserei<br />

sind, mit allen damit verbundenen Vorund<br />

Nachteilen.<br />

Einer der Metis könnte im Moment seines<br />

Todes seine Fehler bereuen, wenn das dazu<br />

geeignet ist, den Charakteren klarzumachen,<br />

dass sie gerade Garou aus ihren eigenen Reihen<br />

töten, sozusagen. Und damit für das erwünschte<br />

schlechte Gewissen sorgen.<br />

Die Spur der restlichen Metis, nebst Pogo<br />

und dem Vampir, führt auf direktem Wege<br />

zu einem Bürogebäude. Ein großes Schild, eigens<br />

beleuchtet, weist es als: „Cybercross –<br />

Computermanagement und Systemdesign“<br />

aus. Die schwere Eiseneingangstüre ist achtlos<br />

nach innen gebogen worden.<br />

Im Inneren können die Charaktere die Spur<br />

durch einen großen Büroraum verfolgen, in<br />

dem unzählige Computer stehen, von denen<br />

einige bei ausgeschaltetem Bildschirm noch<br />

arbeiten und ab und an Geräusche von sich<br />

geben. Die Spur führt eindeutig zu einer weiteren<br />

Eisentür ohne Beschriftung. Wenn sich<br />

die Charaktere mit den Computern beschäftigen,<br />

wird es irgendwann einen lauten Knall<br />

von hinter der Tür geben. Dann hängt eine<br />

große Ratte an der Innenseite, mit einem<br />

Zwölf-Zoll-Nagel festgesteckt, der tief in das<br />

Eisen gerammt ist – die Metis wissen, dass<br />

die Charaktere kommen!<br />

Es geht eine lange Treppe herunter, die in<br />

einen langen Keller führt, in dem eine Menge<br />

bis unter die 6 Meter hohe Decke reichende<br />

Rollregale angebracht sind, in denen alte Magnetbänder<br />

hängen. Sie sind jeweils auf einer<br />

Schiene angebracht und über eine Winde an<br />

der Seite jedes Regals vor- und zurückrollbar,<br />

so dass zwischen zwei Längsseiten eines Regals<br />

eine Lücke entsteht, durch die man hineingehen<br />

kann – und in der man prima von<br />

den schweren Regalen, die mit wenig Kraftaufwand<br />

über die Winde sehr schnell bewegt<br />

werden können, zerquetscht werden kann.<br />

Die Regale stehen aber nicht alle in einer<br />

Reihe, sondern versetzt und z. T. auch um 90<br />

Grad gedreht, so dass alle paar Meter eine<br />

Seitenwand, dann wieder die Stirnwände<br />

der Regale vor bzw. neben den Charakteren<br />

sind.<br />

Die Stimmung sollte bestimmt sein von<br />

angespannter Erwartung. Unaufhörliche<br />

Geräusche von Wasser, das von den heißen<br />

Heizungsrohren auf den Boden tropft,<br />

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das Klackern von Zündungsschaltern, das<br />

Trippeln von Rattenfüßen, das Zischen von<br />

Überdruckventilen und das Ganze nur beleuchtet<br />

von kleinen roten Notleuchten,<br />

die wie Lichterketten an der Decke und im<br />

Boden angebracht sind. Außerdem der stechende<br />

Geruch von Reinigungsmitteln, der<br />

chemische Gestank der Magnetbänder und<br />

der beißende Duft nassen Metalls. Das Rudel<br />

sollte das Gefühl haben, in einem Labyrinth<br />

umherzuirren, in dem sie plötzlich vom Jäger<br />

zum Gejagten werden.<br />

Wenn die Nerven der Spieler und Charaktere<br />

blank liegen zeigen sich die verbleibenden<br />

Metis – sie sind nicht mehr in Raserei! Pogo<br />

wird sich die Zeit nehmen, die Charaktere zu<br />

verhöhnen und eventuell die eine oder andere<br />

Gabe anzuwenden. Die Metis kennen sich<br />

in diesem Keller aus und werden durchaus<br />

auch versuchen, die Charaktere zwischen<br />

die Regale zu bekommen und sie dort zu zermalmen.<br />

Ein „Angriff“ mit einem der Regale<br />

(Geschick und Sportlichkeit gegen Geschick<br />

und Ausweichen) sollte bis zu 5 Wunden verursachen<br />

und der Eingeklemmte muss einen<br />

Stärkewurf gegen 8 schaffen, um sich zu befreien,<br />

wenn er erst einmal eingeklemmt ist.<br />

Auf den Ersten, der einen der Metis besiegt,<br />

stürzt sich der Gangrel von oben, zwischen<br />

zwei Regalen, herab.<br />

Szene 1.06:<br />

GEspALTEnE ZUnGE<br />

Allein mit dem Toten<br />

allein mit dem Zeichen der Tat<br />

allein mit dem Toten<br />

Hass, Verzweiflung, Gier und Verrat<br />

— Subway to Sally: Kain<br />

Diese Szene hängt wieder stark von der<br />

Gruppe ab. Wenn der Erzähler meint, dass<br />

sein Rudel niemals einen noch so vorteilhaften<br />

Pakt mit einem Vampir eingehen würde,<br />

egal wie viel Druck dieser ausübt, sollte er die<br />

folgende Szene abändern. Alternativen folgen<br />

im Anschluss an die Beschreibung dieser<br />

ausgearbeiteten Möglichkeit:<br />

Nach dem Kampf, wenn die Charaktere<br />

ziemlich angeschlagen sein sollten, ertönt<br />

plötzlich ein arrogantes Händeklatschen<br />

hinter ihnen. Wo vorher, von der Macht der<br />

Verdunkelung verhüllt, eine Wand zu sein<br />

schien, befindet sich jetzt ein Gitter aus dicken<br />

Metallstäben. Dahinter sehen die Charaktere<br />

den Schlangentänzer.<br />

Er sollte irgendetwas bei sich haben, das<br />

den Charakteren wichtig genug ist, um sie<br />

damit unter Druck zu setzen. Das kann ein<br />

Mündel sein, Blutsgeschwister, Amelie, wenn<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

die Charaktere sie alleine gelassen haben und<br />

sich verantwortlich für sie fühlen. Sollte Amelie<br />

die ganze Zeit beim Rudel geblieben sein,<br />

hat er ihren Geist aus dem Körper gestohlen<br />

– Amelie muss dann zu einem früheren Zeitpunkt<br />

des Abend plötzlich ohnmächtig werden<br />

und nicht mehr aufzuwecken sein.<br />

Das Gitter ist stabil genug um dem Angriff<br />

der Garou Stand zu halten – immerhin ist es<br />

nur zu diesem Zweck gebaut worden. Sollte<br />

das Rudel mit Schusswaffen oder ähnlichem<br />

bewaffnet sein, kann das Gitter auch durch<br />

Panzerglas ersetzt werden. Wichtig ist, dass<br />

die Charaktere ihren „Peiniger“ sehen können<br />

– und er sie, um Beherrschung anzuwenden,<br />

falls es nötig werden sollte.<br />

Der Schlangentänzer gratuliert den Charakteren,<br />

dass sie „seine Wölfchen“ besiegt<br />

haben. Nun muss er wohl mit ihnen Vorlieb<br />

nehmen – indes: da sie gesiegt haben, sind<br />

sie vermutlich ohnehin besser geeignet. Er<br />

bietet ihnen etwas an, das sie unmöglich<br />

abschlagen können: Die Lage eines Sternenklaives<br />

– also eines Klaives, das aus dem Eisen<br />

eines Meteoriten gefertigt wurde. Er nennt<br />

es das Skarab-Lat. Bei einem Wurf auf Intelligenz<br />

und Okkultismus (6) hat der Charakter<br />

schon einmal von dem Skarab-Lat gehört<br />

(dessen Geschichte und Werte im nächsten<br />

Teil der Geschichte offenbart werden):<br />

1-2 Erfolge: Ein Sternenklaive, das vor<br />

einigen Jahrzehnten aus der Obhut<br />

der Stillen Wanderer verschwunden<br />

ist.<br />

3-4 Erfolge: Es geht die Sage, dass<br />

dieses Klaive in den Händen eines<br />

aufrechten Garou in der Lage ist, jede<br />

Kreatur des Wyrm mit einem Streich<br />

zu töten.<br />

5+ Erfolge: Angeblich wurde es eigens<br />

geschmiedet, um ein mächtiges<br />

Wesen des Wyrm zu töten.<br />

Für die Offenbarung der Lagerstätte verlangt<br />

er nur, dass die Charaktere mit dem<br />

Skarab-Lat einen von ihm noch zu bezeichnenden<br />

Tänzer der Schwarzen Spirale töten.<br />

Er wird nicht zögern zu beweisen, dass<br />

er seine Drohungen den Schwachpunkt der<br />

Charaktere betreffend, wahrzumachen bereit<br />

ist.<br />

Wenn die Charaktere den Pakt eingehen,<br />

wird er sie die heiligsten Garouschwüre sprechen<br />

lassen, um ihn zu bestätigen. Wenn er<br />

glaubt, damit durchzukommen, wird er die<br />

Garou auch nötigen wollen, einen Schluck<br />

seines Blutes zu trinken, aber er wird es nicht<br />

auf die Spitze treiben! Er braucht das Rudel<br />

für seine Pläne.<br />

Er gibt ihnen eine ungefähre Längen- und<br />

Seite 45


Natterngezücht<br />

Breitengradangabe. An dieser Stelle sollen<br />

die Charaktere nach einem Tal suchen. In jenem<br />

Tal werden sie zur Mitte jeder Vollmondnacht<br />

den Zugang zu der Höhle finden, in der<br />

das Skarab-Lat liegt. Die Gradangaben liegen<br />

mitten im Amazonasgebiet.<br />

Danach wird er, sehr zum Ärger der Charaktere,<br />

mit Verdunkelung plötzlich vor ihren<br />

Augen verschwinden.<br />

Alternativen: Wenn die Charaktere nicht<br />

über Gaben wie Geruch der wahren Gestalt<br />

oder Wyrmgespür verfügen, böte sich die<br />

Möglichkeit, dass der Schlangentänzer sich<br />

als ein Magier ausgibt, der sich an die Metis<br />

gewandt hat, die ihn aber schmählich ausgelacht<br />

haben, und der nun die Charaktere um<br />

Hilfe bittet gegen den Spiralentänzer. Um ihn<br />

zu töten habe er die Lage des Sternenklaives<br />

herausgefunden, aber ein alter Fluch hindert<br />

ihn daran, den Kontinent (das Land/dieses<br />

Haus) zu verlassen.<br />

Oder er gibt sich als Archäologe aus, der<br />

auf eine Spur des Sternenklaives gestoßen<br />

ist – im Zusammenhang mit der Prophezeiung,<br />

dass diese Waffe geschmiedet wurde,<br />

um den Spiralentänzer zu töten. Eine andere<br />

Möglichkeit wäre es, diese Geschichte hier<br />

enden zu lassen und die Charaktere aus eigenem<br />

Antrieb durch eine Traumoffenbarung<br />

in der nächsten Geschichte durch die folgenden<br />

Akte zu führen.<br />

Wird eine dieser – oder eine andere – Alternative<br />

gewählt, müssen natürlich die folgenden<br />

Teile entsprechend angepasst werden.<br />

Zweiter Akt:<br />

dER AMAZOnAs<br />

There‘s a light<br />

Over at the Frankenstein Place<br />

There‘s a light<br />

Burning in the fire place<br />

— The Rocky Horror Picture Show:<br />

Over at the Frankenstein Place<br />

Was bisher geschah<br />

Das Rudel wurde in die von der Weberin<br />

dominierte Siedlung „Worker City“ in der<br />

Nähe ihres Caerns geschickt, um einen Bruch<br />

des Vorhanges aufzudecken. Auf ihrer Suche<br />

befreiten sie die 11-jährige Amalie, die von<br />

ihrer Mutter an Päderasten verkauft wurde,<br />

und die sich mit einem der Metis angefreundet<br />

hatte. Sie schien ein Blutsgeschwister zu<br />

sein.<br />

Schnell fand das Rudel die Spur eines<br />

Metis-Rudels, das sich aus der Garou-Gesellschaft<br />

ausgeklinkt hatte und eine neue Weltordnung<br />

schaffen wollte – mit sich selbst an<br />

der Spitze. Die Metis sind den Verlockungen<br />

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eines mächtigen Setiten, dem Schlangentänzer,<br />

verfallen, der ihnen ein Serum gab, das<br />

ihre körperlichen Behinderungen heilte, solange<br />

sie es regelmäßig bekamen. Sie waren<br />

nicht bereit, sich von ihrer Idee der neuen<br />

Weltordnung zu entfernen, so dass das Rudel<br />

gezwungen war, mit ihnen zu kämpfen.<br />

Nach einem Sieg, der aber einen bitteren<br />

Geschmack zurückließ, tauchte der Schlangentänzer<br />

auf (siehe Dramatis Personae)<br />

und offenbarte, dass er mit dem Metisrudel<br />

etwas vorhatte, das nun das Rudel übernehmen<br />

soll. Durch ein Druckmittel brachte er<br />

die Charaktere dazu, einen Pakt mit ihm einzugehen:<br />

sie sollten mit einem Sternenklaive,<br />

einer besonders mächtigen Waffe, einen Tänzer<br />

der schwarzen Spirale töten. Noch sieht<br />

es für das Rudel so aus, als könnten sie bei<br />

diesem Pakt nur gewinnen: sie erhalten eine<br />

mächtige Garouwaffe, die verloren gegangen<br />

ist, zurück und töten einen ihrer Feinde.<br />

Aber im Pakt mit Vampiren ist nichts so, wie<br />

es scheint.<br />

Das Rudel hat von dem Setiten den ungefähren<br />

Lageort des Skarab-Lat, des Sternenklaives,<br />

erfahren: mitten im Amazonasgebiet.<br />

Und dorthin ist das Rudel nun auf dem Weg.<br />

Anmerkung zum Amazonas<br />

Im Amazonasgebiet halten sich neben<br />

einer recht großen Anzahl Garou, die hier<br />

den wild randalierenden Wyrm in Form von<br />

Pentex bekämpfen, natürlich auch noch die<br />

Bastet (Werkatzen) und Mokolé (Werkrokodile)<br />

auf. lch habe darauf verzichtet, irgendeine<br />

der drei Parteien extra einzubauen, was<br />

den Erzähler aber nicht daran hindern sollte,<br />

wenn er eine gute Idee hat, z.B. für eine<br />

falsche Spur oder ein Zwischenabenteuer.<br />

Er sollte nur beachten, dass die Charaktere<br />

deutlich in Zeitnot sind.<br />

Szene 2.01:<br />

AnKUnFT iM dscHUnGEL<br />

Egal wie sie zum Amazonasgebiet kommen<br />

– mittels Mondbrücke, Flugzeug oder Schiff –<br />

irgendwann müssen sich die Charaktere um<br />

den letzten Teil der Reise kümmern, und der<br />

wird in einem kleinen Flugzeug stattfinden,<br />

sofern mindestens ein Homid-Geborener dabei<br />

ist. Wenn die Spieler nicht unbedingt Reisefanatiker<br />

sind, kann man vom ersten Akt<br />

auch direkt einen Zeitsprung in das Flugzeug<br />

machen.<br />

Geflogen wird es von Pete McCallahough,<br />

einem grobschlächtigen Kerl mit der schlechten<br />

Angewohnheit, Kautabak zu spucken.<br />

Er erzählt mit Vorliebe von „diesen reichen<br />

Schnöseln aus Übersee“, die ihn mieten wol-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

len, um Tiere aus der Luft abzuknallen, aber<br />

damit sind sie bei ihm „an der falschen Adresse“.<br />

Diese Einstellung sollte Pete den Charakteren<br />

recht sympathisch machen.<br />

Während des Fluges können die Charaktere<br />

die Majestät des unberührten Dschungels<br />

von oben erahnen. Riesige Bäume, stufenartig<br />

untereinander wachsendes Grün und unzählige<br />

Tiere – die meisten nur durch ihre Geräusche<br />

zu erahnen. Hier ist das Wyld noch<br />

fast unberührt. Fast, denn Pete landet wenig<br />

später auf einer kleinen Lichtung, an deren<br />

Rand einfache Holzhütten mit Wellblechdächern<br />

gebaut sind. Diese kleine Siedlung<br />

wird von Edelsteinsuchern und ihren Familien<br />

bewohnt, die sich aber offensichtlich auch<br />

darauf eingestellt haben, den ab und an auftauchenden<br />

Touristen – und dafür halten sie<br />

das Rudel – das Geld aus den Taschen zu ziehen.<br />

So begrüßt man die Charaktere freundlich.<br />

Wenn einer der Charaktere Spanisch<br />

spricht kann er sich problemlos verständlich<br />

machen, ansonsten wird Piedro Tieragona,<br />

der selbst ernannte aber nie widersprochene<br />

Leiter der Siedlung in mäßigem Englisch mit<br />

ihnen sprechen.<br />

Die etwa 40 Bewohner der Häuser, allesamt<br />

Latinos, laufen neugierig zusammen<br />

– selten kommt hier jemand außer Pete, der<br />

die Leute mit Vorräten versorgt, her. Sie sind<br />

einfach gekleidet und die meisten tragen<br />

kein Schuhwerk.<br />

Sobald das Rudel bekannt gibt, dass es<br />

zu einem Tal in „etwa dieser Richtung“ will<br />

(denn genauer können sie die Lage trotz der<br />

Angaben des Vampirs nicht einordnen) und<br />

nach einem Führer fragt, wandelt sich das<br />

Verhalten der Leute. Sie werden abweisend,<br />

lassen die Charaktere alleine stehen, raten<br />

ihnen ab, etc.. Es sollte eine Stimmung wie<br />

in den guten alten Gruselfilmen aufkommen,<br />

wenn sich die Männer und Frauen in der<br />

Schenke zuwispern: „Sie wollen zum Schloss<br />

des Grafen aufbrechen…“<br />

Sehr schnell werden die Charaktere sich<br />

alleine auf dem Platz wiederfinden. Die Menschen<br />

weigern sich, mit ihnen zu sprechen.<br />

Als schon alles verloren scheint, tritt Gonzales<br />

vor. Er ist ein schmutziger Junge von<br />

vielleicht 12 Jahren, mit einem strubbeligen,<br />

schwarzen Schopf, einem abgewetzten L.A.<br />

Lakers T-Shirt, Jeans und Sandalen, dessen<br />

blaue Augen vorwitzig blitzen. Über seiner<br />

Schulter trägt er eine Elefantenbüchse. Das<br />

Gewehr ist praktisch so lang wie er.<br />

Er verkündet stolz: „Les guiaré!“ (Ich führe<br />

Sie!). Er verlangt in gebrochenem Englisch<br />

nicht weniger als 100 Dollar für seine Dienste.<br />

Seite 46


Natterngezücht<br />

Nach dem Tal der Schlangen gefragt kann<br />

er Folgendes berichten:<br />

„Die anderen Führer haben Angst vor dem<br />

Tal, weil es dort vor Schlangen nur so wimmelt.“<br />

Er war schon ein paar mal dort, um Giftschlangen<br />

zu melken und ihr Gift zu verkaufen.<br />

Es sind etwa zwei Tagesreisen bis dorthin<br />

(nach einem Blick auf das schwächste<br />

Mitglied der Gruppe verbessert er sich) – drei<br />

Tagesreisen.<br />

An dieser Stelle besteht die Möglichkeit,<br />

den Zeitplan „nachzubessern“, so dass die<br />

Charaktere tatsächlich erst in der Nacht vor<br />

dem Vollmond im Tal der Schlangen ankommen.<br />

Szene 2.02:<br />

sALZHAUT<br />

Des Richters erste Pflicht:<br />

Beschuldigte zu hören.<br />

— Johann Wolfgang v. Goethe: Faust II<br />

Wie die Reise durch den Dschungel aussieht,<br />

hängt davon ab, wie gut sich die Charaktere<br />

ausgerüstet haben (Zelte, Proviant<br />

etc.) und wie hoch ihr Wert in Überleben ist.<br />

Etwas Essen zu besorgen ist im Amazonas<br />

kein großes Problem, aber der Erzähler sollte<br />

bedenken, dass die Charakter schwerlich in<br />

Lupus jagen gehen können.<br />

Je nach Laune des Erzählers und der Gruppe<br />

kann der Trip durch den Regenwald eine<br />

großartige Erfahrung, ein Verschmelzen mit<br />

der wirklichen Wildnis und ein Aufleben der<br />

Verbindung mit Gaia sein, oder ein Höllentrip<br />

durch feuchte Hitze, mit unzähligen Moskitos<br />

und unbequemen Schlafplätzen (oder für<br />

den Lupus dies und den Homid das…).<br />

Gonzales hat ein kleines Zelt dabei, das<br />

man über einen Ast spannt. Unter diesem<br />

schläft er auf einer einfachen Decke. Er hat<br />

seine Waffe immer neben sich liegen. Er ist<br />

die ganze Reise über recht still, grinst viel<br />

und spart seinen Atem für das Laufen, bei<br />

dem er ein ganz schönes Tempo an den Tag<br />

legt. Sollte er in ein Gespräch eingebunden<br />

werden, lässt er sich mit großen Augen von<br />

„den großen Städten“ und von „den vereinigten<br />

Ländern von Amerika“ erzählen.<br />

Am Nachmittag des Tages bevor man das<br />

Tal erreichen soll, setzt ein starker Regen ein.<br />

Es ist, als würden die Götter eimerweise Wasser<br />

ausschütten. Binnen weniger Augenblicke<br />

kann man die Hand vor Augen nicht mehr<br />

sehen. Als der Regen sich legt, ist Gonzales<br />

verschwunden. Der Regen hat alle seine Spuren<br />

weggewaschen. Es ist nichts zu finden,<br />

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das sein Verschwinden erklärt. Die Charaktere<br />

stehen alleine mitten im Dschungel.<br />

Mit einem Wurf auf Wahrnehmung und<br />

Instinkt können die Charaktere allerdings die<br />

Richtung wiederfinden, in die sie gegangen<br />

sind und in der sie das Tal vermuten.<br />

Abhängig davon, ob die Charaktere die<br />

Nacht durchwandern wollen oder Rast machen,<br />

kommt es in der finsteren Nacht (und<br />

unter einem dichten Blätterdach ist es wirklich<br />

finster!) zu folgendem Ereignis:<br />

Die Charaktere bemerken plötzlich, dass<br />

sich um sie herum immer wieder etwas bewegt.<br />

Weiße Schatten blitzen zwischen den<br />

Baumstämmen auf. Das Ganze geht fast<br />

geräuschlos vor sich, nur jemand in Lupus<br />

oder mit verstärkten Sinnen ist in der Lage,<br />

das Knacken kleinerer Äste, das Rascheln<br />

der Blätter und das Geräusch von vielfachem<br />

Atem zu vernehmen.<br />

Dann springen gleichzeitig zwanzig „Wilde“<br />

aus dem Gebüsch. Männer und Frauen<br />

mit Speeren, nur mit Lendenschürzen bekleidet,<br />

ihre dunkle Haut mit weißer Farbe<br />

von Kopf bis Fuß bedeckt. Sie haben die Gesichtszüge<br />

eines Buschvolkes. Ihre Gesichter<br />

sind ausdruckslos, ihre Haltung gerade, die<br />

langen, Knochen besetzten Speere stehen<br />

neben ihren Füßen auf dem Boden. Während<br />

sich das Rudel noch vom ersten Schrecken<br />

erholt, tritt hinter einem Baum Gonzales hervor,<br />

jetzt ebenfalls beinahe unbekleidet, mit<br />

weiß gefärbter Haut. Er lächelt traurig.<br />

Sollten die Charaktere keine Anstalten<br />

machen anzugreifen, tritt einer der Männer<br />

vor, nimmt ein Beutelchen von seinem Gürtel<br />

und schüttelt es in Richtung der Charaktere.<br />

Dann schaut er hinein und seine Augen werden<br />

groß. Er ruft ein kehliges Wort und die<br />

Krieger heben ihre Speere in eine abwehrende<br />

Haltung.<br />

Was nun passiert, hängt stark von den Charakteren<br />

ab. Der Medizinmann des Stammes,<br />

die sich die Whoukandi nennen, hat mit einer<br />

Art primitiven Magie erkannt, dass das Rudel<br />

Garou sind. Sie kennen an Garou nur die Nachfahren<br />

von Fenris, die sich nicht gerade positiv<br />

in den Amazonas eingeführt haben. Sie<br />

vermuten darum, dass die Charaktere auch<br />

nicht besser sind. Es liegt an den Charakteren,<br />

dies zu widerlegen. Wenn sie angreifen,<br />

wird der Stamm bis zum Tod kämpfen.<br />

Wenn sie sich diplomatisch zeigen und nett<br />

zu Gonzales waren, werden die Whoukandi,<br />

durch Gonzales, mit ihnen reden. Sie können<br />

dann erfahren, dass es die Aufgabe der Whoukandi<br />

ist, den Zugang zum Tal der Schlangen<br />

zu beschützen. Sie wurden von „der großen<br />

weißen Schlange“, ihrem Totem, vor vielen<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Generationen, dazu auserwählt, um das „heilige<br />

Messer“ zu wahren.<br />

Wenn die Charaktere sie nicht alle töten<br />

wollen, müssen sie sich eine Begründung einfallen<br />

lassen, warum gerade ihnen der Zutritt<br />

zum Tal nicht verwehrt werden sollte.<br />

Ein Schwur, das Klaive nur zum Guten zu<br />

benutzen, durch eine Blutsbruderschaft mit<br />

dem Häuptling bestärkt, oder die Verkündigung,<br />

dass man damit einen Vampir töten<br />

will, wären angemessen, aber der Erzähler<br />

sollte vor allem Aufrichtigkeit und Ehrlichkeit<br />

belohnen.<br />

Szene 2.03:<br />

TOd MiT LEisEn scHRiTTEn<br />

Waiting for the Dawn, waiting for the night<br />

The Day‘s to long, the day‘s too bright<br />

This Man pursues you, a dagger in his hands<br />

Yet he will never get into our land<br />

— Deine Lakaien: Love me to the end<br />

Die Whoukandi führen die Charaktere bis<br />

zum Rand des Tales, weiter dürfen sie nicht<br />

gehen. Sollte das Rudel sie getötet haben,<br />

wird es das Tal alleine finden müssen. Es<br />

erreicht den Talrand gegen Abend der Vollmondnacht.<br />

Es ist ein tiefes, V-förmiges Tal, dessen Ränder<br />

aus lockerem Stein bestehen. Ein Stück<br />

weit sind sie auch bewachsen, so dass die<br />

Charaktere fast herunterstürzen, bevor sie<br />

merken, dass sie am Talrand angekommen<br />

sind. Dann wachsen erst wieder am Grund<br />

des Tales Pflanzen, wo sich ein kleiner Fluss<br />

entlangschlängelt. Der Abstieg sollte eine<br />

Probe auf Geschick und Sportlichkeit (8) verlangen.<br />

Im Tal angekommen wird dem Rudel bald<br />

auffallen, dass es seinen Namen zu Recht<br />

trägt. Es wimmelt hier von Schlangen jeder<br />

Art: Würgeschlangen, Giftschlangen und<br />

Speischlangen liegen hier fast Seite an Seite.<br />

Wenn die Charaktere sie aber nicht provozieren,<br />

sind sie erstaunlich friedlich. Das Tal<br />

ist ansonsten eine richtige Idylle, nur leider<br />

findet sich keine einzige Höhle, in der das<br />

Skarab-Lat liegen, könnte.<br />

Wenn das Rudel dem Flüsschen folgt kommen<br />

sie an einen kleinen See, dessen Boden<br />

man vor lauter Wasserschlangen kaum sehen<br />

kann. Wenn die Charaktere nicht von selber<br />

auf die Idee kommen, dass es sich bei diesem<br />

See um das erwähnte Portal handelt, dann<br />

kann der Erzähler sie mit einem Geistesschärfe<br />

und Okkultismus (oder Instinkt) Wurf (6)<br />

darauf bringen.<br />

Während die Charaktere nach Sonnenun-<br />

Seite 47


Natterngezücht<br />

tergang auf Mitternacht warten, stürmen<br />

plötzlich einige Tänzer der schwarzen Spirale<br />

die Talwand herunter – wie viele, das sollte<br />

von der Kampfeslust der Gruppe abhängig<br />

gemacht werden (Werte im Anhang). Einer<br />

stolpert und rollt sich überschlagend herunter.<br />

Als die Tänzer näher kommen, können die<br />

Charaktere sehen, dass sie die abgerissenen<br />

Köpfe der Whoukandi an ihren Gürteln tragen.<br />

Und diese Köpfe schreien vor Schmerz<br />

und Zorn mit dem wütenden Geheul der Tänzer<br />

laut im Einklang. Ein Willenskraftwurf (7)<br />

wird nötig, damit ein Charakter in den ersten<br />

drei Runden etwas anderes machen kann,<br />

als sich verschrocken zu verteidigen. Bei einem<br />

Patzer gerät der Charakter sofort in eine<br />

Fuchsraserei.<br />

In der Zeit nach dem Kampf sollten sich die<br />

Charaktere vom Rand der Schlucht beobachtet<br />

fühlen, aber im Dunkel nichts entdecken<br />

können.<br />

Etwa eine halbe Stunde vor Mitternacht<br />

berührt der erste Strahl des Mondlichtes<br />

die Seeoberfläche. Der See beginnt aus sich<br />

selbst heraus in hellem Mondlicht zu strahlen,<br />

welches das Rudel umhüllt. Am Rand<br />

des Lichtkreises tauchen plötzlich dunkle<br />

Gestalten auf, Fomori offensichtlich. Es sind<br />

so viele, dass den Charakteren sehr mulmig<br />

werden sollte. Ohne die schützenden Whoukandi<br />

konnten die Fomori das Tal mühelos<br />

betreten. Zehn Fomori sind im Anhang als<br />

Beispiel aufgeführt. Die monströsen Gestalten<br />

können aber den Lichtkreis offensichtlich<br />

nicht betreten.<br />

Andererseits können aber auch die Charaktere<br />

ihn nicht verlassen. Sollten sie irgendwelche<br />

aggressiven Handlungen gegen die<br />

Fomori aus dem sicheren Schutz des Lichtes<br />

heraus unternehmen, beginnt das Licht<br />

zu flackern. Fahren sie fort, erlischt es und<br />

die Charaktere sehen sich den Fomori ohne<br />

Schutz gegenüber und müssen einen vollen<br />

Monat warten, bis das Portal sich erneut öffnet.<br />

Szene 2.04:<br />

HöHLE dER scHLAnGE<br />

Komm nur, komm, greif nach der Schlange,<br />

längst ist all ihr Gift versiegt<br />

auf dem Bauch ist sie gekrochen<br />

und der Staub hat sie besiegt.<br />

— Subway to Sally: Böses Erwachen<br />

Wenn die Charaktere in den See hineingehen,<br />

umfängt sie Lunas Wärme. Ihre Wunden<br />

werden geheilt, ihre Gnosis erhalten sie<br />

zurück. Sobald sie bis über die Augen in das<br />

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leuchtende Wasser hineingestiegen sind,<br />

wird es dunkel um sie und sie haben das Gefühl,<br />

in einer großen Höhle zu stehen.<br />

Nach einer Weile begrüßt sie eine angenehme<br />

Stimme: „Ihr seid gekommen, um<br />

das Skarab-Lat zu holen, nicht wahr, meine<br />

Kinder.“<br />

Dann erhellt es sich langsam um das Rudel<br />

und sie sehen sich einer riesigen weißen<br />

Schlange von gut 20 Metern Länge und Mannesdicke<br />

gegenüber. Sie hebt ihr vorderes<br />

Drittel an, also etwa sechs Meter, und blickt<br />

mit gütigen Augen auf das Rudel herab.<br />

„Aber ich kann es Euch nicht geben! Ihr<br />

habt mit dem Wyrm einen Pakt geschlossen!“<br />

Die Schlange spielt natürlich auf den Vampir<br />

an. Dies ist bereits Teil der Prüfung, die vom<br />

Rudel bestanden werden muss, damit die<br />

weiße Schlange ihnen das Skarab-Lat überlässt.<br />

Wie die Prüfung genau aussieht, muss<br />

der Erzähler für sich und seine Gruppe selber<br />

entscheiden. Ich schlage aber vor, dass die<br />

Spieler sich das Klaive mit sehr gutem Rollenspiel<br />

der ein oder anderen Art erkaufen müssen!<br />

Keine Würfe, keine Proben, keine Rätsel<br />

– das wäre meine Devise.<br />

Ein möglicher Gang der Prüfung wäre zum<br />

Beispiel: Zunächst müssen die Charaktere beweisen,<br />

dass sie nicht zuviel Wut in sich tragen,<br />

um das Skarab-Lat zum Guten zu nutzen.<br />

Wenn sie die Schlange bedrohen oder gar angreifen,<br />

wird sie enttäuscht den Kopf schütteln<br />

und es beginnt langsam wieder dunkel<br />

zu werden. Ein Angriff hat hier in ihrem Reich<br />

keinerlei Effekt auf die weiße Schlange!<br />

Der Erzähler sollte die Schlange wie eine<br />

tadelnde, aber gütige Mutter spielen.<br />

Wenn die Charaktere sich aber einsichtig<br />

zeigen, sich möglicherweise die Schuld des<br />

Paktes gegenseitig abnehmen wollen, greift<br />

die Schlange tief in die Vergangenheit jedes<br />

Charakters und lässt die anderen teilhaben<br />

an seinem schlimmsten Erlebnis. Der Erzähler<br />

sollte entweder, wenn er entsprechende<br />

Ereignisse kennt, das Ganze ausführlich beschreiben,<br />

oder die Spieler selber ermuntern,<br />

das Geschehnis und die Gefühle ihres Charakters<br />

zu beschreiben. Die anderen Charaktere<br />

erleiden alles als wäre es ihnen selber zugestossen<br />

und können auch nicht eingreifen.<br />

Nachdem so das Rudel die geistigen Narben<br />

aller Mitglieder teilt, beobachtet die Schlange<br />

das Ergebnis. Zeigen sie sich verständnisvoll<br />

und tröstend, so wird sie in ihre Mitte einen<br />

ihrer Zähne legen, der sich in das Skarab-Lat<br />

(mehr darüber im Appendix) verwandelt.<br />

Sind sie vorwurfsvoll, spöttisch oder gar<br />

aggressiv, haben sie ihre Chance verspielt.<br />

Aber das ist, wie gesagt, nur eine der mög-<br />

SPANISCH<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Hier einige spanische Sätz, die man<br />

gut an dieser Stelle einbauen kann und<br />

durch die das Rudel noch unruhiger werden<br />

sollte.<br />

„Buscan un guia por el valle de la serpiente.“<br />

– Sie suchen einen Führer durch<br />

das Tal der Schlange.<br />

„No están en sus cahales!“ – Die haben<br />

den Verstand verloren!<br />

„Flay que detenerles!“ – Man muss sie<br />

davon abhalten!<br />

lichen Prüfungen, der Erzähler sollte sich frei<br />

fühlen, sie an seine Gruppe anzupassen.<br />

Aus dem Zahnloch der Schlange fließt Blut<br />

und mit schwacher Stimme verkündet sie,<br />

dass sie bald sterben wird. Ihre Aufgabe ist<br />

erfüllt und sie wird nun Ruhe bei Gaia finden.<br />

Die Charaktere sollten nun gehen, denn mit<br />

ihrem Tod wird das schützende Licht Lunas<br />

erlöschen und die Monster des Wyrm werden<br />

sich wieder frei bewegen können. Diese<br />

Abschieds- und Sterbeszene sollte den Spielern<br />

wie den Charakteren wirklich ans Herz<br />

gehen: Dieses weise, uralte Wesen gibt sein<br />

Leben in der Hoffnung, dass die Charaktere<br />

das Skarab-Lat würdig bewahren.<br />

Wenn die Charaktere wieder an das Ufer<br />

des Sees treten, haben sie noch einen Augenblick<br />

der Trauer, dann erlischt das Licht und<br />

die Fomori stürzen sich auf die Charaktere<br />

und zwingen sie, sich ihres Zorns zu erinnern<br />

– und zu kämpfen.<br />

Szene 2.05:<br />

nAcHRicHT dER TOTEn<br />

Wie ich nach Deinen Zetteln dürste!<br />

Lass Lebenszeichen und Weisheiten<br />

Lass Wünsche mich im Portemonnaie<br />

Und in Gesäßtaschen begleiten<br />

Wo immer ich auch geh und steh<br />

lch hab nur diesen Wunsch allein:<br />

Lass immer Deine Zettel um mich sein!<br />

— Reinhard Mey: Deine Zettel<br />

Wenn die Charaktere dem nun durch die<br />

Leichen der Tänzer, der Fomori und den Tod<br />

der weißen Schlange profanisierten Tal den<br />

Rücken zuwenden, werden sie erst einmal<br />

nicht wissen wohin. Sie besitzen nun das<br />

Skarab-Lat, eines der mächtigsten Klaive,<br />

von dem sie je gehört haben, aber sie Wissen<br />

auch, dass zur Erfüllung des Paktes mit dem<br />

Vampir noch der Tod des Tänzers der schwarzen<br />

Spirale fehlt.<br />

Seite 48


Natterngezücht<br />

An diesem Punkt spielt der Schlangentänzer<br />

ihnen eine Nachricht zu. Entweder<br />

das Rudel findet plötzlich einen Umschlag<br />

vor sich, oder ein Hubschrauber landet (z.B.<br />

wenn die Charaktere zurück in die Siedlung<br />

aus der ersten Szene gehen) und eine Frau<br />

in einem völlig unpassenden Business-Outfit<br />

steigt aus, um den Charakteren einen Umschlag<br />

zu überreichen und dann wieder zu<br />

verschwinden.<br />

Auf jeden Fall halten die Charaktere irgendwann<br />

einen Umschlag in der Hand, der mit<br />

Wachs versiegelt ist, das ein verschnörkeltes<br />

„G“ trägt. Im Inneren finden sie folgende<br />

Nachricht, die in ihren Köpfen mit der Stimme<br />

des Vampirs klingt, wenn sie gelesen wird:<br />

„Meine aufrichtige Gratulation! Sie haben<br />

meine in Sie gesetzte Zuversicht nicht enttäuscht.<br />

Und seien Sie ehrlich: ist das Fundstück<br />

nicht mehr als sie erwartet haben und<br />

alle Mühen wert? So werden Sie sicherlich<br />

auch nichts dagegen haben, sich nun dem<br />

zweiten Teil unserer Abmachung zuzuwenden.<br />

Der Kurator des Nationalmuseums von<br />

Harare, welches in Zimbabwe gelegen ist –<br />

wie Sie unzweifelhaft wissen werden – wurde<br />

instruiert, Sie mit aller Kraft zu unterstützen.<br />

Wenden Sie sich vertrauensvoll an ihn.“<br />

Der Brief endet mit: „lch wünsche Ihnen<br />

weiterhin viel Glück, auch in meinem Sinne,<br />

Miss (bzw. Mister)…“ – hier folgt der Name<br />

des Charakters, der diese Zeilen liest. Während<br />

der Brief gelesen wird, verschwindet<br />

die rote Tinte langsam.<br />

Afrika ist nun also das nächste Etappenziel<br />

der Charaktere. Wieder ist ungewiss wie sie<br />

dort hinkommen. Finden sie Verbündete im<br />

Amazonasgebiet und mit ihnen einen Caern<br />

mit Mondbrücke? Oder müssen sie ein Flugzeug<br />

nehmen? Auf jeden Fall werden sie hoffentlich<br />

irgendwann in Zimbabwe eintreffen.<br />

Dritter Akt:<br />

AFRiKA<br />

Wir wollen in die Stadt marschieren,<br />

drinnen unser Glück versuchen.<br />

— Lumpazi Vagabundus<br />

Alle großen Städte müssen<br />

vom Erdboden getilgt werden.<br />

— Bismarck, 1852<br />

Anmerkung: Viele der in diesem Kapitel<br />

genannten Orte und einige der verwendeten<br />

Sagen gibt es wirklich. Es sei mir verziehen,<br />

dass ich sie in meinem Szenario zum Teil etwas<br />

„zurecht gebogen“ habe, um sie der<br />

inneren Logik der Welt der Dunkelheit anzupassen.<br />

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Harare<br />

Da die Charaktere vermutlich einige Zeit<br />

in Harare zubringen wollen/müssen, sollen<br />

hiermit einige Anregungen für den Spielleiter<br />

zu dieser Stadt eingefügt sein, aus denen er<br />

schöpfen möge. Dieser kurze Abriss kann und<br />

will natürlich keine komplette Beschreibung<br />

der Stadt in der Welt der Dunkelheit sein.<br />

Allgemein: Harare (vor der Unabhängigkeit<br />

von England Salisbury) ist die politische<br />

Hauptstadt Zimbabwes. Sie wurde im<br />

Gedenken an den von den weißen Siedlern<br />

ausgerotteten Shona-Stamm der Harare so<br />

getauft, der uns in diesem Abenteuer noch<br />

weiter beschäftigen soll. Die Stadt zeigt sich<br />

in betont westlicher Bauart, und nur dass der<br />

weitaus überwiegende Teil der etwa eine<br />

Million Bewohner von schwarzer Hautfarbe<br />

ist, liefert den Beweis, dass man auf dem afrikanischen<br />

Kontinent ist. Dennoch ist hier die<br />

Weberin noch nicht allmächtig, finden sich<br />

doch in der „Garden City“ genannten Stadt<br />

unzählige Gärten, Parks und baumbestellte<br />

Alleen.<br />

Währung: Bezahlt wird mit dem Zimbabwe-Dollar,<br />

der ungefähr 3 zu 1 zum amerikanischen<br />

Dollar steht (also drei Z$ für einen<br />

US$).<br />

Bevölkerung: 70% der Leute sind Shona,<br />

die sich wiederum in einige Untersippen spalten,<br />

die auch ihren eigenen Dialekt sprechen<br />

(Korekore, Zezuru, Manyika, Ndau, Karanga<br />

und Kalanga). Etwa 18% sind Ndebele (oder<br />

Matabele), die ebenfalls ihre eigene Sprache<br />

haben. Der Anteil der weißen Bevölkerung<br />

liegt unter einem Prozent. Viele Einwohner<br />

Harares sprechen aber außerdem zumindest<br />

ein Pidgin-Englisch, Geschäftsleute natürlich<br />

Oxford.<br />

interessante plätze<br />

Der Blumenmarkt – Von morgens bis<br />

abends werden hier ganze Meere von Blumen<br />

angepriesen. Blühen dazu noch die<br />

Jacaranda-Bäume mit ihrer blau-lila Blütenpracht<br />

ist der Platz ein Augen und Nasen betäubender<br />

Anblick.<br />

Kopje – Der Stadthügel von Harare, von<br />

dem man eine gute Übersicht über die Stadt<br />

hat.<br />

National Archives – Hier können die Charaktere<br />

die Geschichte des Landes aufbereitet<br />

entdecken und eine große Bibliothek<br />

vorfinden. Vielleicht möchte der Erzähler<br />

seinen Charakteren ja im Vorfeld mehr über<br />

das Skarab-Lat, die Blitzschlange, die Harare<br />

oder den Schlangentänzer offenbaren.<br />

National Museum – Das Museum wird in<br />

der zweiten Szene näher beschrieben.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Mbare Markt – Im Stadtteil Mbare befindet<br />

sich ein bunter afrikanischer Markt, auf<br />

dem es alles, aber auch wirklich alles, zu kaufen<br />

gibt – wenn man weiß wo.<br />

National Botanic Gardens – In diesem 58<br />

Hektar großen Gebiet, in dem man jede erdenkliche<br />

Pflanze Zimbabwes findet, befindet<br />

sich der Caern der Stadt. Die Charaktere<br />

werden ihn aber, bis auf einige Wachen und<br />

die Blutsgeschwister-Gärtner, verlassen vorfinden,<br />

weil alle Garou der Stadt und Umgebung<br />

auf der Jagd nach Wyrm-Kreaturen sind<br />

(siehe erste Szene). Aus diesem Grund bleibt<br />

er unbeschrieben.<br />

Epworth Balancing Rocks – 12 km südlich<br />

von Harare. Der Wind hat hier aus Granitfelsen<br />

Formationen herausgearbeitet, die wirken,<br />

als wären große Brocken in wackeligen<br />

Türmen aufeinander geschichtet worden.<br />

Szene 3.01:<br />

FREUndE in dER FREMdE<br />

And we howl at the moons<br />

And we run to the kill,<br />

With companions of fur and of cunning.<br />

We survive in the ruin,<br />

And take pride in our skill,<br />

And find freedom and joy in the running.<br />

— The Tribe: Children of the Fall<br />

Wenn sich die Charaktere mit einem Flugzeug<br />

auf den Weg machen, landen sie am<br />

Harare-Airport, der sich wenig von westlichen<br />

Flughäfen unterscheidet. In diesem Fall<br />

werden sie ein wenig durch die Stadt streifen<br />

und der Erzähler sollte die dritte Szene vorziehen<br />

um die Charaktere von Tsepo Tshola<br />

zu Taganagu führen zu lassen, und dann diese<br />

Szene zu spielen.<br />

Kommen die Charaktere über eine Mondbrücke<br />

an, so werden sie in einer kleinen<br />

Höhle in der Nähe von Epworth Balancing<br />

Rocks herauskommen, die aber offensichtlich<br />

kein Caern ist. Vor ihnen sitzt ein kleiner,<br />

alter, dunkelhäutiger Mann mit einem runzeligen,<br />

lachenden Gesicht. Er trägt nur einen<br />

Lendenschurz und sitzt in der Hocke, lehnt<br />

den Kopf gegen eine Hand, mit der er eine<br />

schmale Pfeife raucht.<br />

Er begrüßt das Rudel mit den Worten: „Da<br />

seid ihr endlich!“ und erhebt sich. Er stellt<br />

sich als Taganagu vor, Silent Strider des dritten<br />

Ranges, Theurge. Er erwartet die Charaktere<br />

aufgrund einer alten Prophezeiung<br />

und dem Ruf der Geister. An der Wand der<br />

Höhle können die Charaktere tatsächlich ein<br />

Bild ihres eigenen Rudels erkennen: Sie stehen<br />

umringt von Schlangen und der Träger<br />

des Skarab-Lat hält eine Klinge im Maul. Die<br />

Seite 49


Natterngezücht<br />

Zeichnung ist offensichtlich schon seit einigen<br />

Jahrzehnten hier.<br />

Taganagu berichtet den Charakteren von<br />

der Prophezeiung, muss dafür aber etwas<br />

weiter ausholen und die Sage von Yaminyami<br />

erzählen.<br />

„Es war vor langer Zeit, bevor die Weißen<br />

kamen, dass der Shonastamm, dem dieses<br />

Land gehörte, die Harare, vom Gott des<br />

Wassers, der mächtigen Wasserschlange<br />

Yaminyami, als sein Volk erwählt wurden.<br />

Yaminyami war ein wütender, aber gerechter<br />

Gott und da sie ihm gut dienten, blieben<br />

die Harare unbesiegt und gütig. Aber dann<br />

kamen die Weißen und mit ihnen der große<br />

blutsaugende Verderber. Die Wut und die<br />

Trauer um die Gefallenen verdarb die Harare<br />

und der bleiche Wanderer zog Yaminyami<br />

auf die Seite des Bösen. Seit jenen Tagen sind<br />

die Harare die verlorenen Kinder Zimbabwes<br />

und Yaminyami zürnt den Menschen.<br />

Aber es gibt Hoffnung. Bis vor Kurzem haben<br />

einige Wenige dem Funken des Guten in<br />

Yaminyami geopfert und so verhindert, dass<br />

er sich erhebt und die Menschen straft. Aber<br />

dann errichteten die Menschen den Kariba-<br />

Staudamm. Yaminyami zürnte ihnen und 86<br />

von ihnen fanden den Tod bei seinem Bau,<br />

aber sie vollendeten ihn trotzdem.<br />

Mit dem steigenden Wasser wurde auch<br />

die letzte heilige Städte der guten Seite Yaminyamis<br />

vernichtet. Die Wächter des Guten<br />

opferten ihr Leben, um den Schlangengott<br />

in einen lange währenden Schlaf zu singen.<br />

Aber jetzt wispern die Geister, dass jemand<br />

versucht, ihn zu erwecken.“<br />

Hier kommt er zur angedeuteten Prophezeiung.<br />

Der Erzähler sollte sich im Vorfeld<br />

eine recht allgemeine Beschreibung überlegen,<br />

die aber gut auf das Rudel passt, also<br />

z.B. „Das Rudel mit dem großen weißen<br />

Wolf“ oder „Das Rudel der Eule“, wenn die<br />

Eule das Totem ist).<br />

„Wenn das Nest des Bösen gefunden und<br />

das tote Kind geboren ist, werden die Harare<br />

die große Schlange rufen, aber wenn die<br />

Harare nicht mehr sind, wird die Schlafende<br />

erwachen. Das Rudel (hier die Beschreibung<br />

einfügen) wird eine Entscheidung bringen.“<br />

Als Nest des Bösen interpretiert Taganagu<br />

die Höhle der Septe der Tänzer der schwarzen<br />

Spirale, die vor wenigen Tagen ausgeräuchert<br />

wurde. Fast alle Garou der Gegend sind<br />

im Moment dabei, die Entflohenen zu jagen<br />

und zu töten.<br />

Das tote Kind, eine Totgeburt, wurde von<br />

einer weiblichen Garou geboren, die während<br />

der Schwangerschaft Umweltgiften<br />

ausgesetzt war.<br />

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Die große Schlange und die Schlafende<br />

sind für Taganagu beides Bezeichnungen für<br />

Yaminyami, aber da irrt er. Mit der gerufenen<br />

großen Schlange ist der Schlangentänzer gemeint,<br />

der von seinen Harare-Freunden gerufen<br />

wurde.<br />

Taganagu bringt das Rudel bis zum Stadtrand,<br />

warnt sie aber, vorsichtig zu sein. Er<br />

weiß jedoch auch keinen Rat, wie die Charaktere<br />

das Ganze anders lösen sollen, als dem<br />

Plan des Vampirs zu folgen (wenn er von dem<br />

Plan weiß). In die Stadt selber geht er nie!<br />

Szene 3.02:<br />

GEscHicHTE LEbT!<br />

Zu Gott hinken die Leute,<br />

zum Teufel rennen sie.<br />

— Deutsches Sprichwort<br />

In der Stadt können die Charaktere sich<br />

erst eine Unterkunft suchen, etwas essen<br />

oder sofort zum Museum gehen. Hier sei auf<br />

die Improvisationskünste des Erzählers vertraut.<br />

Das National Museum of Harare liegt in<br />

der Rotten Row und hat von 9:00 bis 17:00<br />

Uhr geöffnet. Im Museum selber können die<br />

Charaktere eine Unzahl von afrikanischen<br />

Statuen, Exponate von Shona-Hochzeitsgewändern,<br />

paläontologische Ausstellungsgegenstände<br />

und die Historie der ersten Siedler<br />

sehen. Mit etwas suchen können sie auch<br />

eine steinerne Statue finden, die in etwa wie<br />

ein Crinos wirkt und eine weitere, die Yaminyami<br />

darstellt. Beide haben allerdings für<br />

den Fortgang der Geschehnisse keine Bedeutung.<br />

Bei einer Anfrage an der Kasse (Eintritt<br />

sind 2 Z$ pro Person) ruft die knochige, alte<br />

Angestellte den Kurator und schickt die Charaktere<br />

dann zu seinem Büro.<br />

Der Kurator ist in seinem Büro zu finden.<br />

Es ist vollgestopft mit verschiedenen Ausstellungsstücken<br />

und einer Sammlung offensichtlich<br />

ägyptischer Sammlerstücke,<br />

die er fein säuberlich in einem Schaukasten<br />

ausgelegt hat. Auf der anderen Seite seines<br />

breiten Schreibtisches steht ein Terrarium<br />

mit einigen lebenden Wüstenschlangen darin,<br />

denen er gerade eine ebenfalls lebende<br />

Maus hineinwirft, wenn die Charaktere hereinkommen.<br />

Er ist ein weißer Mann Mitte 50,<br />

mit einer Halbglatze, fiebrigen, gierigen Augen<br />

und schweren, hängenden Augenlidern,<br />

die manchmal zucken. Er schwitzt sehr und<br />

unter seinen Achseln wird sein kleinkariertes<br />

Hemd von dicken Flecken verunziert. Er<br />

hechelt beim Sprechen leise und stellt sich<br />

als Jonathan Dicon vor. Er ist vom Wyrm be-<br />

rührt.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Er erwartet die Charaktere schon – Mister<br />

Grenada habe sie bereits angekündigt.<br />

Er winkt mit einem Brief, der das bekannte<br />

Siegel mit dem verschnörkelten „G“ trägt.<br />

Er rühmt sich, wie großartig es doch von ihm<br />

sei, dass er es geschafft habe, Kontakt zu<br />

dieser kleinen Gruppe aufzunehmen, welche<br />

die Charaktere suchen. Er wird sehr geheimnisvoll<br />

tun und erst ganz zum Schluss, etwas<br />

enttäuscht, offenbaren, dass er ein Treffen<br />

mit den letzten Nachfahren der Harare vereinbart<br />

hat, das am nächsten Abend stattfinden<br />

soll. Die Charaktere sollen ihn morgen<br />

nach Schluss des Museums hier treffen, dann<br />

fährt er sie zu dem Treffpunkt.<br />

Bei näherer Befragung wird Dicon offenbaren,<br />

dass Grenada ein großzügiger Gönner<br />

des Museums ist und er schon ein paar Mal<br />

die Ehre hatte, ihn zu treffen. Seine Beschreibung<br />

eines dicken, rosigen Mannes deckt<br />

sich nicht mit der des Schlangentänzers,<br />

denn dieser hat die Macht der Verschleierung<br />

benutzt.<br />

Szene 3.03:<br />

WER sUcHET WiRd GEFUndEn<br />

Diesen Hunger, diese Gier<br />

Nach Schönheit, Liebe, nach dem Leben<br />

Spür ich heute noch in mir ungebrochen,<br />

ungestillt.<br />

So ist mir als Kraft gegeben,<br />

was oft nur als Schwäche gilt<br />

— Hennes Wader: Der Büffel<br />

Wenn die Charaktere durch die Stadt wandern,<br />

um die Zeit bis zu dem Treffen mit den<br />

Harare totzuschlagen oder um anderen Dingen<br />

nachzugehen, wird einer von ihnen angerempelt.<br />

Der „Täter“ ist im Nu verschwunden.<br />

Entgegen der gängigen Befürchtung<br />

wurde dem Charakter aber nichts gestohlen,<br />

sondern im Gegenteil etwas zugesteckt: Eine<br />

Karte, auf die eine Adresse am Blumenmarkt<br />

geschrieben und eine stilisierte Spirale gemalt<br />

wurde, was das Rudel mit ziemlicher<br />

Sicherheit auf die Tänzer der schwarzen Spirale<br />

bringt.<br />

Die Adresse kann, wenn der Erzähler der<br />

Meinung ist, dass es mal wieder Zeit für Action<br />

ist, eine Falle sein. Ich würde aber – auch<br />

wegen der Gefährdung des Vorhanges und<br />

weil noch genug Kämpfe auf die Charaktere<br />

warten – für folgende Variante plädieren:<br />

Wenn die Charaktere sich die Adresse anschauen,<br />

finden sie einen kleinen Buchladen,<br />

in dem unter anderem auch westliche Bücher<br />

zu finden sind, hauptsächlich aber englischsprachige<br />

Literatur afrikanischer Autoren<br />

Seite 50


Natterngezücht<br />

wie Ezekiel Mphahlele, Alex La Guma oder<br />

Awuor Ayoda.<br />

Hinter der Kasse steht Tsepo Tshola, ein<br />

Schwarzer mit kurzen, gelockten, grauen<br />

Haaren und einem offenen, sympathischen<br />

Gesicht. Er trägt eine lange, bunte Robe mit<br />

afrikanischen Symbolen darauf, die Tiere darstellen.<br />

Wenn die Charaktere eintreten, werden sie<br />

zuerst wie jeder andere Kunde behandelt.<br />

Zeigen sie aber die Karte vor oder erwähnen<br />

sie, wird Tsepos Gesicht ernst und er führt<br />

sie in ein Hinterzimmer und von dort weiter<br />

durch eine abgeschlossene Tür in eine Lagerkammer.<br />

Der Erzähler sollte die Möglichkeit<br />

einer Falle immer noch offen lassen.<br />

Auf der Innenseite der Tür befinden sich<br />

Schutzzeichen, die ein Theurge als einen<br />

rituellen Fluch erkennen, aber nicht entschlüsseln<br />

kann, wen der Fluch treffen soll.<br />

Im hinteren Teil der Kammer liegt ein halbes<br />

Dutzend Rhodesian Richbacks, große, sehr<br />

kräftige Hunde mit einem schwarzen Strich<br />

auf dem Rücken. Sie sind Knochenbeisser<br />

Blutsgeschwister, wie Tsepo auch. Eines der<br />

Weibchen hat vor kurzem geworfen, die Augen<br />

der acht Jungen sind noch zu. Tsepo rät<br />

davon ab, sich der Geburtskiste zu nähern<br />

und wenn einem Charakter kein Wurf auf<br />

Charisma und Tierkunde (7) gelingt, wird er<br />

tatsächlich von den knurrenden Hunden aufgehalten.<br />

Nach einigem Taxieren, bei dem klar werden<br />

sollte, dass die Charaktere keine Tänzer<br />

sind und Tsepo Blutsgeschwister ist, erklärt<br />

er ihre Strategie: Sein Bruder, der von den<br />

Geistern mit der Gnade gesegnet wurde,<br />

einen Garou erkennen zu können (eine Art<br />

Geruch der wahren Gestalt), steckt Fremden<br />

diese Karte zu. Egal ob Garou oder Tänzer,<br />

sie kommen hierher, denn beide fühlen sich<br />

von dem Zeichen angesprochen. Stellt sich<br />

heraus, dass es Tänzer sind, verhindert die<br />

Magie dieses Raumes, dass sie die Gestalt<br />

wandeln. Dann werden sie getötet. Tsepo ist<br />

heute so nervös, weil außer ihm keiner hier<br />

ist, der das hätte machen können. Darum, erklärt<br />

er, ist er sehr froh, dass die Charaktere<br />

sich als sauber herausgestellt haben.<br />

Tsepo und sein jüngerer Bruder Bongani,<br />

den die Charaktere im wahrsten Sinne des<br />

Wortes schon getroffen haben, können vom<br />

Erzähler für alles Mögliche eingesetzt werden.<br />

Sie können letzte, vorher vergessene<br />

Informationen, einbringen, die Charaktere<br />

mit einer sicheren Unterkunft, Waffen, oder<br />

anderen Dingen versorgen oder einfach alles<br />

für einen gemütlichen Abend mit Braai (gegrillte<br />

Fleischstücke) und Chateau Clairrette<br />

Blanche (Wein vom Gut von Tsepos Schwa-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

ger) arrangieren, bei dem die Charaktere ihre<br />

Geschichte zum Besten geben.<br />

Auf jeden Fall sollten auch sie noch einmal<br />

vor dem Kurator, dem man zwar bisher noch<br />

nichts nachweisen konnte, aber den man<br />

stark im Verdacht hat, mit dem Wyrm zu kooperieren,<br />

und den Harare warnen.<br />

Szene 3.04:<br />

dER dAMM<br />

Der Teufel hat Gewalt,<br />

sich zu verkleiden,<br />

in lockende Gestalt.<br />

— Shakespeare: Hamlet<br />

Der Kurator erwartet die Charaktere schon<br />

und freut sich überschwänglich, sie wiederzusehen.<br />

Mister Grenada habe sich erneut<br />

gemeldet und sei sehr positiv überrascht,<br />

wie gut man im Zeitplan läge.<br />

Die fast vier Stunden dauernde Fahrt über<br />

die A4 vergeht ansonsten, wenn die Charaktere<br />

nicht plaudern wollen, schweigend.<br />

Gegen Mitternacht erreicht man den Kyle<br />

Damm, einen fast halbkreisförmigen, 300<br />

Meter langen, befahrbaren Damm, der den<br />

Lake Kyle aufstaut. Auf der einen Seite geht<br />

es 60 Meter nach unten, bevor ein harter<br />

Steinboden auf den Fallenden wartet. Auf<br />

der anderen Seite liegt die unberührte Wasserfläche<br />

des Sees. Der Kurator stoppt den<br />

Wagen an der einen Seite des Dammes. Auf<br />

der anderen Seite sieht man eine menschliche<br />

Gestalt stehen, etwas vorgebeugt, mit<br />

einer Art Buckel – gegen den hellen Himmel<br />

nur ein dunkler Schatten. Dann dreht sie sich<br />

ein wenig, als sie anfängt, auf das Rudel zuzugehen,<br />

und die Charaktere können erkennen,<br />

dass der Buckel ein mit ihr verwachsenes, unförmiges<br />

Kind ist, dessen Arme und der Kopf<br />

noch aus dem Rücken herausschauen und<br />

sich selbstständig bewegen – ganz zweifellos<br />

ein Fomori.<br />

Als der Fomori noch ein gutes Stück von<br />

den Charakteren entfernt ist, springt aus dem<br />

Wasser des Sees plötzlich ein Garou in Crinos<br />

und schleudert den schreienden Fomori über<br />

den Rand des Dammes. Der Fomori prallt unten<br />

mit lautem Knirschen auf und ist sofort<br />

tot. Der Garou verteidigt sich nicht, wenn er<br />

angegriffen wird und unterwirft sich sofort.<br />

Er stellt sich als Zipho Maboya vor, mit dem<br />

Stammesnamen Hamar Haath, was soviel<br />

heißt wie: unsere Hände vereinen sich (seine<br />

Beschreibung befindet sich im Appendix). Er<br />

ist ein Harare! Er erklärt, dass sich der kleine<br />

Stamm der Harare geteilt hat, als die Weißen<br />

kamen. Die Gefallenen dienen seitdem dem<br />

Wyrm, während er und seine wenigen Brüder<br />

sich ihnen entgegenstellen.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Der Fomori sollte das Rudel zu einer neuen<br />

Septe der Tänzer führen, wo sie als Startopfer<br />

für das dortige Totem dienen sollten. Er<br />

hingegen will die Charaktere zum Schlafplatz<br />

von Yaminyami führen, weil er befürchtet,<br />

dass die Tänzer versuchen könnten, ihn zu erwecken.<br />

Er wird jeden Schwur sprechen, der<br />

nötig ist und sich jeder Prüfung unterziehen,<br />

und sie bestehen, denn er glaubt wirklich,<br />

dass all dem so ist!<br />

Dem Rudel steht eine weitere dreistündige<br />

Fahrt bevor, bis sie die Markwe Caves<br />

erreichen. Es ist eine Ironie des Schicksals,<br />

dass gerade diese vom Wyrm beeinflusste<br />

Stätte, ein beliebtes Touristenziel ist. Wen<br />

wundert es da, dass kaum ein Besucher der<br />

Höhlen mit Wohlwollen auf seine Zimbabwereise<br />

zurückschauen kann. Immerhin erlebt<br />

man nach einer Tour durch die Höhle eine<br />

irrationale Angst davor, allerorten von einer<br />

Schlange angegriffen zu werden und lebt aggressive<br />

Tendenzen plötzlich aus.<br />

In den Höhlen sind grandiose Wandmalereien<br />

der Harare zu finden. Unter anderem<br />

kann das Rudel dort das große Bild der Blitzschlange<br />

auf der einen Seite sehen, die den<br />

Elefanten auf der anderen tötet. Außerdem<br />

sieht man eine Darstellung von Yaminyami<br />

in seiner Wyrmform. Eine lange, rot gestrichelte<br />

Schlange an der Decke kann Zipho<br />

nicht passieren. Die Höhle ist die Grabstätte<br />

des Königs Soswe und das Harareblut in Ziphos<br />

Adern hindert ihn daran, weiter in die<br />

Höhle hineinzugehen. Er weiß nicht, was darin<br />

passieren wird, aber die Geister warnen<br />

seit Jahrzehnten davor. Die Harare haben<br />

gelernt, auf die Geister zu hören. Er will hier<br />

warten, bis die Charaktere zurückkehren und<br />

verhindern, dass ihnen jemand in den Rücken<br />

fällt.<br />

Szene 3.05:<br />

diE EnTscHEidUnG<br />

Erst eine Schlang‘ ist unter Zehen giftig,<br />

Doch an der Haut kannst du‘s<br />

nicht unterscheiden<br />

Und dieser Grund allein,<br />

mein Sohn, ist trifftig<br />

Die ganze Rasse zu vermeiden<br />

— Rükkert: Vierzeilen<br />

Wenn die Charaktere sich mit dem Skarab-<br />

Lat dem hinteren Teil der Höhle nähern,<br />

erscheint ein Durchgang, der vorher verschlossen<br />

war. Die Charaktere steigen eine<br />

dunkle Treppe herab (haben sie Lichtquellen<br />

bei sich?) und erreichen eine große Halle, die<br />

von flackerndem Feuer erleuchtet wird.<br />

Seite 51


Natterngezücht<br />

Rote Steinsäulen unterbrechen sie in unregelmäßigen<br />

Abständen. Indianischer Gesang<br />

(am besten Nachahmen oder Einspielen,<br />

nicht als indianisch beschreiben) ertönt. Die<br />

Luft riecht schwer von Elektrizität, lautes<br />

Knallen, wie von Entladungen, untermalt<br />

all das. Ein großes Loch in der Mitte ist von<br />

Schutzzeichen umgeben. In ihm blitzt es im<br />

Takt des Knallens hell auf.<br />

Die Quelle des Gesangs ist ein Garou Crinos,<br />

der über eine Aushöhlung in einer Art Steinaltar<br />

gebeugt ist. Sein Hinterkopf ist grotesk<br />

verlängert und ein blindes Auge ruht darin. In<br />

einer Hand hält er einen Stab mit einem Vogelschädel<br />

auf der Spitze, in seiner anderen<br />

Gedärme aus einer vor ihm liegenden Schüssel.<br />

Er ist völlig in sein Ritual vertieft. Wenn<br />

er gestört wird, wirbelt er herum und ruft irr:<br />

„Nein, zu früh!“<br />

Die Charaktere können den vermeintlichen<br />

Tänzer der schwarzen Spirale problemlos<br />

töten, ein einziger Stich mit dem Skarab-<br />

Lat oder ein Prankenhieb und er ist tot. Im<br />

Sterben fragt er: „Warum hast Du das getan,<br />

Schwester (bzw. Bruder)?“<br />

Wenn er zu Boden sinkt, klappt seine Weste<br />

auf und offenbart groß auf seine Brust gemalt<br />

das Zeichen der Uktena. Die Charaktere<br />

haben den Bane-Tender getötet, der Yaminyami<br />

im Zaum gehalten hat! Mit seinem<br />

Tod bleibt das nötige Ritual aus und die Blitzschlange<br />

beginnt, aus ihrem Loch zu kriechen.<br />

Dem Rudel bleibt nichts anderes als sich dem<br />

mächtigen Wesen zum Kampf zu stellen oder<br />

zu fliehen – in diesem Fall wird Yaminyami<br />

den Damm zerstören und das Land mit einer<br />

Welle des Schreckens überziehen.<br />

Wenn der Träger des Klaives es gegen den<br />

Bane einsetzt, kommt es zu der „Entladung“,<br />

die beim Skarab-Lat beschrieben ist und das<br />

Klaive ist zerstört. Aber obwohl Yaminyami<br />

vom Wyrm des Kampfes korrumpiert wurde,<br />

ist er nicht dumm. Er wird den Charakteren<br />

anbieten, sich mit ihm zusammen zu tun, um<br />

den Vampir zu töten, der ihn zu seinem Ärger<br />

in der Gewalt hat. Wenn die Charaktere<br />

darauf eingehen, wird Yaminyami versuchen<br />

sie zu töten, nachdem der Vampir erledigt<br />

wurde.<br />

Wenn die Charaktere bedachter vorgehen,<br />

kann ihnen das Zeichen vorher auffallen und<br />

sie können mit Whistles-in-Darkness, dem Uktena<br />

Bane-Tender sprechen und nachdem er<br />

das Ritual der Gefangenschaft erneuert hat,<br />

die Hintergründe erfahren. Er weiß, dass der<br />

Wyrm sich langsam in sein Herz frisst und er<br />

weiß nicht, wie lang er noch aushalten kann.<br />

Er bittet das Rudel, den Uktena Bescheid zu<br />

geben, damit sie einen Ersatz finden, bevor<br />

es zu spät ist.<br />

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Szene 3.06:<br />

dAs EndE isT nAH<br />

Mors laborum ac miseriarum quies est.<br />

(Der Tod ist ein Ausruhen von Mühe und<br />

Elend.)<br />

— Cicero: In Catilin<br />

Wenn die Charaktere die Höhle verlassen,<br />

finden sie den von Blut geleerten Körper des<br />

Harare-Garous, jetzt in seiner Homidform,<br />

verkrümmt auf dem Boden liegen. Wenn sie<br />

nach Draußen treten, werden sie von der gut<br />

100 Meter hohen Spitze des Felsens angerufen.<br />

Es ist der Schlangentänzer und er ist<br />

gekommen, um seine Ernte einzuholen. Der<br />

Erzähler sollte bedenken, dass er eine große<br />

Menge Garoublut in sich hat und darum recht<br />

leicht in Raserei geraten kann.<br />

Seine Reaktion hängt davon ab, was vorher<br />

passiert ist. Sind die Charaktere auf der<br />

Flucht, lacht der Vampir sie aus und sobald<br />

sich Yaminyami aus dem Felsen gearbeitet<br />

hat, erneuert er seine Macht über ihn und<br />

gemeinsam üben sie eine grausame Schreckensherrschaft<br />

aus, die zu brechen ein gänzlich<br />

eigenes Abenteuer werden kann.<br />

Wenn die Charaktere nach ihrem Sieg über<br />

Yaminyami, ohne Klaive und vermutlich stark<br />

verletzt, aus der Höhle torkeln, dankt er ihnen,<br />

dass sie die einzige Waffe, die ihm hätte<br />

gefährlich werden können, für ihn vernichtet<br />

haben. Dann gibt er ihnen zurück, was immer<br />

er ihnen vorher genommen hat, aber nicht<br />

ohne es zu korrumpieren: Mündel sind zum<br />

Vampir gemacht (nicht von ihm, sondern<br />

von einem seiner niederen Untergebenen<br />

eines beliebigen Clans – das Mündel ist dann<br />

13. Generation), der Geist Amelies verwirrt<br />

etc. Dann verschwindet er mit Hilfe seiner<br />

Verdunkelung.<br />

Sollten die Charaktere entgegen seiner Erwartung<br />

hingegen das Klaive noch bei sich<br />

haben, wird er versuchen zu fliehen, sobald<br />

er dies bemerkt. Der Träger des Klaives und<br />

dessen Gefährten sind allerdings bekannterweise<br />

immun gegen die übernatürlichen<br />

Kräfte des Schlangentänzers (Beherrschung,<br />

Verdunkelung, Präsenz), so dass es auf einen<br />

reinen Kräftevergleich hinausläuft (Stärke<br />

und Seelenstärke wirken weiterhin) und die<br />

Charaktere so eine realistische Chance haben<br />

dürften, auch wenn der Blutvorrat des Vampirs<br />

gut gefüllt ist. Er wird allerdings versuchen,<br />

sich erneut mit dem Druckmittel aus<br />

dem ersten Akt herauszuwinden.<br />

Nachdem der Vampir besiegt wurde – oder<br />

verschwunden ist – bleibt den Charakteren<br />

nur noch, ihre Wunden zu lecken, in ihren<br />

Caern zurückzukehren und sich für ihre Taten<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

preisen oder schelten zu lassen – oder Yaminyami<br />

und den Vampir zu jagen.<br />

Egal wie die Geschichte endet, es sollte ein<br />

bitterer Nachgeschmack bleiben, denn auch<br />

wenn das Rudel sich noch so gut schlägt, hat<br />

es sich doch vom Wyrm für seine Zwecke einspannen<br />

lassen.<br />

EpiLOG<br />

Von punkten und Werten<br />

Die Zahl ist das Wesen aller Dinge.<br />

— Pythagoras<br />

Eine Gesamterfahrungspunktzahl lässt sich<br />

natürlich bei einem Szenario in der Welt der<br />

Dunkelheit nicht vorgeben, hängt doch die<br />

Vergabe zu sehr vom Spiel ab. Mit Abschluss<br />

der Geschichte sollte die Gruppe aber auf jeden<br />

Fall mit sechs zusätzlichen Punkten belohnt<br />

werden – die haben sie sich verdient.<br />

Auch die Vergabe des Rufs ist schwierig.<br />

Auf jeden Fall sollte der Schwerpunkt auf<br />

Ruhm liegen, wobei ich 15 bis 30 Punkte für<br />

die gesamte Geschichte nicht zu viel fände.<br />

Ehre ist von Fall zu Fall zu unterscheiden,<br />

könnte aber abgezogen werden, wenn der<br />

Pakt mit dem Vampir den falschen zu Ohren<br />

kommt. Bei Weisheit sollten auf jeden Fall<br />

einige Punkte vergeben werden, wenn die<br />

Charaktere den Uktena am Leben und Yaminyami<br />

in Gefangenschaft gelassen haben –<br />

und abgezogen werden wenn nicht.<br />

Anmerkung zur<br />

Rechtschreibung<br />

Und dann kommt meine Abreibung<br />

Und ich werde Anarchist<br />

Der begreift, dass die Rechtschreibung<br />

Die Wissenschaft der Esel ist<br />

Ein Freigeist, ein großer Denker<br />

Ein Blinder, ein Poet<br />

Ein zukünftiger Weltenlenker<br />

Beugt sich nicht dem Alphabet!<br />

— Reinhard Mey: Der unendliche Tango<br />

der deutschen Rechtschreibung<br />

Der Autor dieses Szenarios mag dieses Zitat<br />

aus einem Lied von Reinhard Mey so sehr,<br />

dass es hier einfach stehen muss. Außerdem<br />

entschuldigt es vielleicht für den einen oder<br />

anderen übersehenen Fehler.<br />

AppEndix<br />

dRAMATis pERsOnAE<br />

In der Reihenfolge ihres Erscheinens – alle<br />

Werte beziehen sich bei Garou auf die Homidform.<br />

Die Kampfwerte sind „großzügig“<br />

gewählt. Sollte die Gruppe eher „schwach<br />

Seite 52


Natterngezücht<br />

auf der Brust“ sein, sollte der Erzähler diese<br />

senken.<br />

Der Widerling<br />

der Geist von<br />

Frank begtardos<br />

„Ich meine – was gibt denen das Recht<br />

dazu? Was macht die besser als mich? Ach – ihr<br />

wisst von Amelie *Pause* Trotzdem! Das war<br />

Mord!“<br />

Er ist mit 1,63 m recht klein, wirkt aber<br />

kompakt. Seine Haare, haben sich im Schreck<br />

seines Todes entfärbt, seine Augen funkeln<br />

in einem matten, irren Grün. Seine Kleidung<br />

hängt in Fetzen an ihm herunter und darunter<br />

kann man sehen, dass seine Gedärme das<br />

gleiche tun. Sein Bauch ist übersät von offensichtlichen<br />

Krallenspuren.<br />

Er ist von seinem Tod sehr überrascht, zum<br />

einen, weil er von einem Wesen getötet wurde,<br />

das er gemeinhin im Reich der Phantasie<br />

geglaubt hatte. Zum anderen, weil es nun<br />

doch eine Macht gab, die Unrecht bestrafte<br />

– etwas, von dessen Gegenteil er sich zu<br />

seiner Lebenszeit überzeugt glaubte. Er hat<br />

noch keine Kontrolle über seine Kräfte als Todesalb<br />

und kann sie darum nicht einsetzen.<br />

Er denkt immer noch in den Grenzen eines<br />

Menschen und hat darum in der Umbra auch<br />

menschliche Werte. Er glaubt sich unsterblich,<br />

was ihn für die Krallen der Garou aber<br />

auch nicht widerstandsfähiger macht. Er<br />

wird nach dem ersten richtigen Treffer überrascht<br />

aufgeben!<br />

Rollenspielhinweis: Seien sie abweisend<br />

und zynisch. Sie möchten das Rudel um Hilfe<br />

bitten, sind aber ein egoistischer und gefühlskalter<br />

Mann. Erst wenn offensichtlich<br />

wird, dass das Rudel sie mit Ihrer Rache alleine<br />

lassen wird, fangen sie an zu betteln, was<br />

das Zeug hält.<br />

Werte: Stärke: 2, Geschick: 2, Widerstandsfähigkeit:<br />

3, Charisma: 1, Manipulation: 3,<br />

Erscheinungsbild: 2, Wahrnehmung: 2, Intelligenz:<br />

2, Geistesschärfe: 2, Aufmerksamkeit:<br />

1, Ausweichen: 2, Handgemenge: 2, Willenskraft:<br />

4<br />

Der Anführer<br />

pogo<br />

„Wir Metis sind die Krone der Schöpfung,<br />

geboren in der einzig wahren Form der Garou!<br />

Die Zeit jeder anderen Brut ist abgelaufen: Nur<br />

wir können die Apokalypse verhindern!“<br />

Nachfahren des Fenris, Ahroun<br />

Geschichte: Als Mitglied der Nachfahren<br />

des Fenris wurde Pogo trotz seiner ausgesprochen<br />

Kampfkraft und aller Versuche, sich<br />

zu bewähren, immer gering geschätzt. Statt<br />

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die Ehrerbietung zu erfahren, die ihm seiner<br />

Meinung nach zustand, musste er sogar drei<br />

Jahre darauf warten, dass seine Herausforderung,<br />

um den zweiten Rang zu erreichen,<br />

angenommen wurde. So wandte er sich eines<br />

Tages von seinem Stamm ab, in seinem<br />

Gefolge Pig-Nose. Von Minderwertigkeitsgefühlen<br />

getrieben wegen seiner Behinderung<br />

war er für das Angebot des Vampirs mehr<br />

als offen und ist seitdem auf der Suche nach<br />

weiteren Metis, die sich ihm und der neuen<br />

Weltordnung anschließen.<br />

Metis-Behinderung: Menschliches Gesicht<br />

Rollenspielhinweis: Seien Sie überheblich<br />

und selbstsicher bis zur Grenze der Arroganz.<br />

Sie sind gewaltbereit, aber nicht zu kampflustig.<br />

Sprechen Sie laut und fallen Sie Leuten<br />

oft ins Wort. Tun Sie so, als wäre ihnen<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

alles außer ihrem Metis-Rudel egal, außer es<br />

geht um Amelie, für die sie sich verantwortlich<br />

fühlen, für die aber nun einmal kein Platz<br />

in ihrem Leben ist.<br />

Werte: Stärke: 5, Geschick: 4, Widerstandsfähigkeit:<br />

5, Charisma: 3, Manipulation: 2,<br />

Erscheinungsbild: 2, Wahrnehmung: 4, Intelligenz:<br />

2, Geistesschärfe: 3, Aufmerksamkeit:<br />

3, Ausweichen: 3, Einschüchtern: 4, Handgemenge:<br />

4, Instinkt: 4, Führungsqualitäten: 3,<br />

Heimlichkeit: 3, Tierkunde: 2, Überleben: 3,<br />

Enigmas: 2, Linguistik: 1, Rituale: 2, Zorn: 7,<br />

Gnosis: 4, Willenskraft: 6<br />

Gaben: Elemente erschaffen, Rasiermesserklauen,<br />

Schmerz widerstehen, Fluch des<br />

Hasses, Kampfgeist, Wahre Furcht<br />

Die fünf anderen Metis haben der Einfachheit<br />

halber folgende relevante Werte (Gaben<br />

Seite 53


Natterngezücht<br />

möge der Erzähler selber entscheiden): Stärke:<br />

3, Geschick: 3, Widerstandsfähigkeit: 4,<br />

Charisma: 2, Manipulation: 2, Erscheinungsbild:<br />

2, Wahrnehmung: 4, Intelligenz: 2, Geistesschärfe:<br />

2, Aufmerksamkeit: 2, Ausweichen:<br />

3, Handgemenge: 3, Zorn: 4, Gnosis: 3,<br />

Willenskraft: 4<br />

Der Handlanger<br />

pig-nose<br />

„Wenn Pogo das sagt, dann ist es so!“<br />

Nachfahren des Fenris, Ahroun<br />

Geschichte: Pig-Nose war immer schon,<br />

so lange er denken kann, der Schatten von<br />

Pogo. Er war der einzige andere Garou in<br />

ihrer Septe, der mit Pig-Nose von gleich zu<br />

gleich sprach, auch noch, als er Pig-Nose im<br />

Rang übertraf. Für Pig-Nose ist Pogo wie ein<br />

Nachfahre des Fenris zu sein hat. Es stört ihn<br />

ein wenig, dass man sich mit anderen Stämmen<br />

zusammentun muss, aber da er neben<br />

Pogo herrschen wird, wenn die neue Weltordnung<br />

steht, findet er sich damit ab.<br />

Metis-Behinderung: Glasklauen<br />

Rollenspielhinweis: Bleiben Sie stets in<br />

Pogos Nähe und unterstützen Sie seine Aussagen,<br />

mit eingeworfenen „Genau!“ und<br />

„Du sagst es!“. Sie sind immer bereit, sich für<br />

Pogo in eine Kampf zu stürzen, immerhin hat<br />

er dafür gesorgt, dass Sie ihre Krallen endlich<br />

einsetzen können, wie es sich für einen<br />

Ahroun gehört.<br />

Der Verzweifelte<br />

Fist-of-Fury<br />

„Seid still, seid endlich still! Ich will Euer<br />

Gewäsch nicht mehr hören, ich bin ein Kämpfer,<br />

Scheiß‘ auf Euch, Geister! Hört ihr mich?<br />

Scheiß‘ auf Euch!“<br />

Rote Klauen, Theurge, Möchtegern-<br />

Ahroun<br />

Geschichte: Eigentlich ging es Fist-of-Fury<br />

gar nicht so schlecht in seiner Septe, immerhin<br />

war er wenigstens Metis- und nicht Homid-Geborener.<br />

Aber sie wollten ihn einfach<br />

nicht zum Kämpfer werden lassen, zwangen<br />

ihn, seiner Geburtsphase treu zu bleiben –<br />

und dann das ständige Gewisper der Geister…<br />

Wie froh war er, als Pogo ihn als Ahroun<br />

aufnahmen. Und seit der ersten Dosis Serum<br />

schweigen auch die Geister endlich.<br />

Metis-Behinderung: Buckel<br />

Rollenspielhinweis: Spielen Sie das Werwolf-Klischeeverhalten<br />

voll aus. Sagen sie nie<br />

etwas ohne zu Grollen oder zu Knurren, heulen<br />

Sie unvermittelt los und bewegen Sie sich<br />

stets auf vier Beinen. Sie akzeptieren Pogo<br />

als Alpha – vorerst!<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Der Neugierige<br />

chu-Long „Rain-dancer“<br />

„Vielleicht ist es falsch, was wir tun. Vielleicht<br />

ist es aber auch der neue Weg! Wenn wir<br />

es nicht ausprobieren, werden wir es nie wissen!<br />

(kichert leise)“<br />

Uktena, Raggabash<br />

Geschichte: Es war weniger Unzufriedenheit<br />

als vielmehr Neugier, die Chu-Long dazu<br />

getrieben hat, auf das Angebot des Vampirs<br />

als Erster einzugehen. Er unterschätzt die<br />

Vampire an sich und Lucian im Besonderen,<br />

denn er ahnt nicht, wer hinter dem Gangrel<br />

steht. Nachdem das Serum seine Behinderung<br />

geheilt hat und ihn anfällig werden<br />

ließ für die Beeinflussungen der Blutsauger,<br />

hielt er die neue Weltordnung für die einzige<br />

Möglichkeit, den Wyrm zu bekämpfen: Erst<br />

mit ein paar von ihnen verbünden, die Garou<br />

unter starker Metishand einen, dann zuschlagen.<br />

Metis-Behinderung: verdrehter Arm<br />

Rollenspielhinweis: Seien Sie der still Beobachtende.<br />

Werfen Sie nur ab und an zynische,<br />

treffende Kommentare ein. Sie wispern<br />

Pogo unauffällig Ratschläge zu, wenn es nötig<br />

werden sollte.<br />

Der Sänger<br />

sunrise-in-blue<br />

„Ich meine: Irgend jemand muss doch dafür<br />

sorgen, dass diese Geschichte erzählt wird,<br />

oder? *Pause* Das habe ich gehört! *lächelt<br />

versonnen*“<br />

Fianna, Gallliard<br />

Geschichte: Ein Sänger, der praktisch<br />

taub und stumm ist, hat es schwer. Kaum<br />

ein Garou würde sich die Zeit nehmen, die<br />

Taubstummensprache zu lernen, nur um<br />

die Geschichte eines Galliard zu hören – die<br />

Kämpfer Gaias haben Wichtigeres zu tun.<br />

Und dieser ganzen Feensache gegenüber<br />

war Sunrise-in-Blue auch immer schon skeptisch.<br />

Mit dem Serum hat er endlich die Möglichkeit<br />

gefunden, Gaia so zu dienen, wie<br />

er es wünschte. Aber er beginnt bereits zu<br />

zweifeln, ob es den Preis wert ist.<br />

Metis-Behinderung: Taub-stumm<br />

Rollenspielhinweis: Sprechen Sie in einem<br />

fortwährenden Singsang, als wären sie in<br />

ihre eigene Stimme verliebt. Sprechen sie<br />

dabei die Vokale aus. Wenn es droht zu einem<br />

Kampf zu kommen, versuchen sie zu<br />

deeskalieren. Sie stehen nicht wirklich hinter<br />

dem Plan der neuen Weltordnung und sind<br />

so versucht, eventuellen Gewissensreden zuzustimmen.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Der Spion<br />

pride-of-injustice<br />

„Oh ja, große Sache, diese neue Ordnung!<br />

(blickt sich abgelenkt um) Doch, doch, bin Feuer<br />

und Flamme!“<br />

Silberfänge, Philodox<br />

Geschichte: Bevor das Rudel nach langer<br />

Wanderschaft nach Worker City geschickt<br />

wurde, wurde eine Silberfänge-Septe auf sie<br />

aufmerksam und schleuste Pride-of-Injustice<br />

bei ihnen ein, weil man glaubte, die Metis<br />

dereinst gegen Feinde einsetzen zu können.<br />

Der Schlangentänzer ist sich natürlich bewusst,<br />

dass er einen Spion in seinen Reihen<br />

hat, aber er vertraut auf die subversive Wirkung<br />

des Serums, das bei Pride auch schon<br />

zu wirken beginnt: Er hat große Angst, dass<br />

das Serum ausbleiben könnte und so spielt er<br />

die Aktivitäten des Rudels in seinen seltener<br />

werdenden Berichten herunter.<br />

Metis-Behinderung: Hypersensibilitat der<br />

Hände (jede Berührung an der Hand, auch<br />

etwas zu greifen, verursacht starke Schmerzen)<br />

Rollenspielhinweis: Sie sind ein hinterlistiger<br />

Kerl, der sich aber zu seiner eigenen<br />

Überraschung so langsam in die Begeisterung<br />

der neuen Weltordnung hineingezogen<br />

fühlt. Außerdem leiden sie unter einer<br />

ausgewachsenen Paranoia. Schauen sie sich<br />

fortwährend um, um dann plötzlich ihre Gegenüber<br />

prüfend anzustarren.<br />

Der Junkie<br />

Lucian doorway<br />

„Na komm schon, ein Schluck muss doch<br />

noch drin sein. Ein Schluck noch – überleg mal,<br />

was ich Euch alles dafür gebe! Keine Angst, ich<br />

kann aufhören, sobald ich will!“<br />

Gangrel, 10. Generation<br />

Aussehen: Lucian sieht aus wie ein Mann<br />

Mitte dreißig. Durch die vielen Rasereien,<br />

die er in letzter Zeit durchlebt hat, haben<br />

sich seine Gesichtszüge gewandelt: seine Augenbrauen<br />

sind zusammengewachsen, seine<br />

Ohren spitzer, seine Zähne verlängert, sogar<br />

wenn seine Fänge nicht ausgefahren sind.<br />

Sein Haar ist kurz und struppig. Seine Augen<br />

sind hellgelb und schimmern. Seine Hände<br />

sind auch ohne die Anwendung von Gestaltwandlung<br />

schon fast Klauen. Seine Kleidung<br />

ist blutbeschmutzt. Man kann nur mit Mühe<br />

erkennen, dass es mal eine einfache Jeans<br />

und ein rauhes Holzfällerhemd war. Schuhe<br />

trägt er keine. Seine Armbanduhr ist schon<br />

seit Jahrzehnten kaputt. Er wirkt wild.<br />

Geschichte: Lucian Doorway lebte gute<br />

100 Jahre zufrieden in seinem kleinen Wald,<br />

ernährte sich von Campern und Wanderern<br />

Seite 54


Natterngezücht<br />

und hielt sich aus der Politik der Vampire heraus.<br />

Dann ist er bei einem Kampf mit einem<br />

Werwolf in „seinen“ Wäldern in Kanada auf<br />

den Geschmack von Werwolfblut gekommen<br />

und ist seitdem abhängig davon. Er weiß<br />

nicht, dass der Schlangentänzer den Kampf<br />

forcierte und das Blut des Werwolfs, eines<br />

unwissenden Tänzers der schwarzen Spirale,<br />

vorher manipuliert hatte. Als er auf der Suche<br />

nach Werwölfen herumstreifte, traf er<br />

„zufällig“ den Schlangentänzer und ging auf<br />

dessen Angebot ein, ihm zu dienen und dafür<br />

regelmäßig seinen Trip zu bekommen. Lucian<br />

wurde mit den ersten abgefüllten Dosen<br />

Garoublut, gemischt mit einem Tropfen des<br />

Setitenblutes, blutgebunden. Dann wurde er<br />

auf die Metis angesetzt. Seitdem bekommt<br />

er von ihnen im Austausch für das Serum<br />

reichlich von ihrem Blut.<br />

Rollenspielhinweis: Seien Sie paranoid und<br />

„auf Turkey“, bevor Sie an ihr Blut gekommen<br />

sind. Danach sind sie sofort in einer Art<br />

halbkontrollierten Raserei, die der Schlangentänzer<br />

bei Belieben mit einem Gedanken<br />

zu einer vollen Raserei werden lassen kann.<br />

Sprechen sie leicht geschlurt, blinzeln sie oft<br />

und betrachten sie jeden Garou wie ein Junkie<br />

seine nächste Spritze.<br />

Werte: Stärke: 4, Geschick: 4, Widerstandsfähigkeit:<br />

4, Charisma: 1, Manipulation: 3,<br />

Erscheinungsbild: 2, Wahrnehmung: 2, Intelligenz:<br />

3, Geistesschärfe: 3, Aufmerksamkeit:<br />

3, Ausflüchte: 3, Ausweichen: 3, Handgemenge:<br />

3, Menschlichkeit: 5, Willenskraft: 5,<br />

Blutpunkte: 10 Disziplinen: Tierhaftigkeit: 2;<br />

Seelenstärke: 4, Gestaltwandel: 2<br />

Für Erzähler, die das Vampire-Regelwerk<br />

nicht besitzen: Mit Tierhaftigkeit ist Lucian<br />

in der Lage, mit Tieren zu sprechen und ihnen<br />

Befehle zu erteilen. Er könnte z.B. auf<br />

die Ratten in dem Keller Einfluss nehmen.<br />

Seelenstärke gibt ihm 4 Würfel, die er auch<br />

gegen Werwolfklauen würfeln darf, um den<br />

Schaden zu vermindern. Gestaltwandel erlaubt<br />

ihm, im Dunklen zu sehen und sich<br />

Klauen wachsen zu lassen, die ebensolchen<br />

Schaden machen wie Werwolfklauen. Außerdem<br />

kann er einmal in jeder Runde für<br />

je einen Blutpunkt eines seiner körperlichen<br />

Attribute um einen Punkt anheben oder eine<br />

nicht schwer heilbare Wunde schließen.<br />

Die graue Eminenz<br />

der schlangentänzer<br />

„Es ist ganz einfach. Wenn Sie einmal den<br />

ersten Schritt in die richtige Richtung getan<br />

haben, fällt der Rest ganz leicht!<br />

Oh, zweifelsohne haben Sie Recht mit Ihren<br />

Zweifeln und ich verneige mich vor Ihrer Weisheit.<br />

Aber sehen Sie es so: Ich bin Ihr Freund,<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

und als dieser könnte ich mich gezwungen sehen<br />

– zu Ihrem eigenen Besten – Ihrer Familie<br />

mitzuteilen, was in jener Nacht im Hafenviertel<br />

geschehen ist – woher ich das weiß? Sagen<br />

wir einfach: besorgte Freunde! Na sehen Sie,<br />

war das so schlimm? Möchten Sie noch mehr<br />

sagen?“<br />

Setit, 6. Generation<br />

Aussehen: Der Schlangentänzer ist ein<br />

hochgewachsener, dünner Mann mit scharfen<br />

Gesichtszügen, aber bleich natürlich.<br />

Seine Augen wirken hohl und auf den zweiten<br />

Blick erkennt man, dass sie schlangenartig<br />

geschlitzte Pupillen haben. Seine Lippen<br />

sind sehr stark geschwungen und etwas<br />

wulstig. Seine Haut wirkt ungesund, rauh<br />

und fast geschuppt. Seine Hände sind sehr<br />

dünn, seine Fingernägel scharf angespitzt.<br />

Er trägt eine graue Robe, auf die ägyptische<br />

Symbole gestickt sind. Er sollte einen, nun<br />

ja, schlangengleichen Eindruck machen. Vielleicht<br />

schwingt er beim Sprechen etwas hin<br />

und her wie eine wütende Kobra und zischelt<br />

beim Sprechen ein wenig. Er lässt sich nicht<br />

aus der Reserve locken, und spricht immer<br />

recht leise, also müssen die Charaktere ihm<br />

schon gut zuhören, wenn sie ihn verstehen<br />

wollen.<br />

Wird jemand unverschämt oder anmaßend,<br />

wird ihn der Schlangentänzer mit einem gezischten<br />

„Ruhe bitte!“ zum Schweigen bringen<br />

– zur Not mit Beherrschung.<br />

Der Schlangentänzer sollte sehr beherrscht<br />

und arrogant wirken und immer das Gespräch<br />

unter Kontrolle haben.<br />

Geschichte: Der Schlangentänzer ist ein<br />

ausgesprochen alter und mächtiger Vampir.<br />

Seinen wirklichen Namen hält er streng geheim,<br />

aus Angst, dass er in irgendeinem Ritual<br />

gegen ihn verwendet werden könnte. Seine<br />

ganze Vorgeschichte hier auszubreiten,<br />

würde den Rahmen sprengen, aber es sei<br />

erwähnt, dass er seit etwa 1.600 Jahren auf<br />

der Erde wandelt.<br />

Er war einer der ersten Setiten, die erkannten,<br />

was für ein Potential, vor allem für Korruption<br />

aller Art, die neue Welt bot. Er kam<br />

kurz nach den ersten weißen Siedlern und<br />

hat sie bei der Vertreibung der Indianer nach<br />

Kräften unterstützt. Es ist angeblich ihm<br />

zu verdanken, dass so viele von ihnen dem<br />

„Feuerwasser“ zum Opfer fielen.<br />

Schon in dieser Zeit legte er den Grundstein<br />

für den Kult der Schlangentänzer, der bis in<br />

unsere Zeit fortlebt. Der Kult ist zweigeteilt:<br />

Auf der einen Seite stehen die wenigen Eingeweihten,<br />

die um den wahren Führer des<br />

Kultes wissen und seine Ziele vorantreiben.<br />

Unter ihnen sind einige Setiten höherer Gene-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

ration. Auf der anderen Seite steht die fanatische,<br />

unwissende Masse, die der Meinung<br />

ist, in ihren Gottesdiensten dem christlichen<br />

Gott zu huldigen. Die Gottesdienste gipfeln<br />

stets darin, dass die Gläubigen sich giftige<br />

Schlangen umlegen und mit ihnen tanzen<br />

oder in Schlangengruben steigen. Sie sehen<br />

es als Zeichen ihres Vertrauens in Gott, dass<br />

sie sich mit dem Symbol des Antichristen –<br />

der Schlange – messen. Tatsächlich aber huldigen<br />

sie damit der Schlange und durch sie<br />

dem „Schlangentänzer“.<br />

Sein Verhältnis zu Yaminyami: Auf den<br />

Ruf eines höherstehenden Vampirs, dem<br />

der Schlangentänzer sehr zu seinem Ärger<br />

untergeben ist, kehrte er 1850 zurück in sein<br />

Heimatland und blieb fortan weitgehend auf<br />

dem afrikanischen Kontinent. Als 1890 weiße<br />

Siedler auf den Stamm der Harare trafen, sah<br />

er eine einmalige Gelegenheit gekommen.<br />

Die menschlichen Shona waren voller Wut<br />

und so anfällig für seine Versprechungen, die<br />

Weißen zu vertreiben, dass sie ihn zu Yaminyamis<br />

heiligem Ort führten. Mit seiner übernatürlichen<br />

Macht über Schlangen schaffte<br />

der Setit es, da Yaminyami ja auch in Form<br />

und Wesen eine Art Schlange ist, ihn in einem<br />

wochenlangen geistigen Gefecht zu dominieren<br />

und zu verderben. Die wenigen Garou<br />

unter den Harare waren die einzigen, die sich<br />

von ihrem Gott lossagten, bevor sein Zorn ihr<br />

Herz verdarb. Doch sie waren hilflos.<br />

Die Prophezeiung: Bei einem seiner Gottesdienste<br />

im Jahre 1985 biss der Schlangentänzer<br />

ein junges, „unschuldiges“ Mädchen.<br />

In ihrem Todeskampf stieß sie eine Prophezeiung<br />

aus, wonach der „Schlangendolch<br />

von den Sternen“ kurz nach der Jahrtausendwende<br />

„die böse Schlange Zimbabwes<br />

richten“ sollte. Der Schlangentänzer bekam<br />

es mit der Angst zu tun und suchte den bezeichneten<br />

Dolch. Als er den Aufenthaltsort<br />

des Skarab-Lat und die Sage, die sich um ihn<br />

rankte, endlich im Jahr 1996 gefunden hatte,<br />

versuchte er, ihn an sich zu bringen, aber „die<br />

große weiße Schlange“, die den Dolch hütet<br />

und Herrin über alle Schlangen ist, konnte<br />

ihn aus dem gleichen Grund abwehren, aus<br />

dem er Yaminyami besiegen konnte: sie ist<br />

teilweise eine Art Schlange.<br />

Der Metis-Plan: Da er selber an das Klaive<br />

nicht herankam, musste er andere Wege suchen<br />

und verfiel darauf, sich einige Werwölfe<br />

zu Nutze zu machen. Sein Sinn für die Schwächen<br />

anderer Wesen brachte ihn auf die Metis.<br />

Mit dem Serum, das er bei einem Mitglied<br />

des Sabbat bekam, das bei Pentex angestellt<br />

ist, versuchte er, sie sich Untertan zu machen<br />

und wollte sie dann auf die Schlange hetzen.<br />

Die Charakter kommen ihm dabei in den<br />

Seite 55


Natterngezücht<br />

Weg. Mit ihrem ersten Auftauchen wirft der<br />

Vampir seinen Plan um – sicher, dass er das<br />

Rudel für seine Zwecke besser nutzen kann.<br />

Immerhin sind sie für die Sinne der weißen<br />

Schlange nicht durch sein Blut verunreinigt.<br />

Dass es die Reinheit der Seele ist, auf die es<br />

ankommt, kommt ihm nicht in den Sinn – zu<br />

lange schon ist er ein Vampir.<br />

Die Endstufe: Der Schlangentänzer denkt,<br />

dass er eigentlich nur noch gewinnen kann,<br />

sobald die Charaktere das Skarab-Lat haben.<br />

Sobald das Klaive aus der Höhle geborgen<br />

wurde, kann er es den Charakteren abjagen,<br />

oder abwarten, bis sie von Yaminyami getötet<br />

wurden. Und selbst wenn sie den Schlangengott<br />

erschlagen sollten, ist das Skarab-<br />

Lat und damit jede Gefahr in seinen Augen<br />

verschwunden.<br />

Werte: Stärke: 6, Geschick: 7, Widerstandsfähigkeit:<br />

7, Charisma: 6, Manipulation: 7,<br />

Erscheinungsbild: 3, Wahrnehmung: 5, Intelligenz:<br />

6, Geistesschärfe: 7, Schauspiel: 6, Aufmerksamkeit:<br />

5, Ausflüchte: 7, Ausweichen:<br />

5, Handgemenge: 5, Empathie: 4, Einschüchtern:<br />

5, Nahkampf: 5, Etikette: 6, Heimlichkeit:<br />

5, Überleben: 4, Bürokratie: 5, Finanzen:<br />

4, Nachforschungen: 6, Linguistik: 7, Okkultismus:<br />

6, Politik: 5, Naturwissenschaften: 3,<br />

Menschlichkeit: 2, Willenskraft: 8, Blutpunkte:<br />

30 (kann bis zu 6 pro Runde ausgeben)<br />

Disziplinen: Verdunkelung: 7, Präsenz: 6<br />

(Zorn), Serpentis: 6, Tierhaftigkeit: 6 (Schlangenherr),<br />

Seelenstärke: 5, Beherrschung: 5,<br />

Stärke: 4, Auspex: 2<br />

Für Erzähler ohne Zugriff auf das Vampire<br />

Regelwerk: Es kann davon ausgegangen<br />

werden, dass der Vampir sich und alles bis zur<br />

Größe eines Hauses der Entdeckung durch<br />

die Garou entziehen kann, wann immer er das<br />

möchte. Und dass er auch versteckt bleibt,<br />

wenn er sich entfernt. Es ist ihm ein Leichtes,<br />

Leute mit Charme oder Befehlen dazu zu bekommen,<br />

zu tun was er sagt, aber diese Wirkung<br />

schwächt sich ab, wenn er nicht mehr<br />

anwesend ist. Für einen Blutpunkt pro Runde<br />

kann er in dieser Runde handeln, als hätte er<br />

3 Zornpunkte ausgegeben – so oft er will und<br />

Blutpunkte übrig hat. Er bekommt 4 Würfel<br />

auf jeden Schadenswurf dazu und darf mit 5<br />

zusätzlichen Würfeln versuchen, den Schaden<br />

zu senken. Für je einen Blutpunkt kann<br />

er seine körperlichen Attribute steigern oder<br />

eine nicht schwer heilbare Wunde schließen.<br />

Die Wächter<br />

die Whoukandi<br />

Die Whoukandi sind ein Buschstamm,<br />

der sich in den Dienst der „Großen Weißen<br />

Schlange“ gestellt hat, um alle Unwürdigen<br />

aus dem Tal der Schlangen fernzuhalten. Ihre<br />

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Haut ist weiß getüncht und sie sind bisher<br />

recht verschont geblieben von westlichen<br />

Einflüssen.<br />

Rollenspielhinweis: Sie sind zeitlebends<br />

nur über Erzählungen indirekt mit der westlichen<br />

Kultur und mit dem „Fortschritt“ konfrontiert<br />

worden. Wenn ein Zippo ihnen auch<br />

keine Angst mehr macht, sind sie doch im<br />

positivsten aller Sinne „primitiv“. Sie lachen<br />

oder lächeln nicht aus Höflichkeit, sondern<br />

nur wenn es einen Grund dafür gibt. Sprechen<br />

Sie zu den Charakteren, auch wenn<br />

Gonzales übersetzt. Seien sie einsilbig und<br />

harsch solange das Rudel seinen Wert noch<br />

nicht bewiesen hat, danach fast sanft.<br />

Werte: Stärke: 3, Geschick: 3, Widerstandsfähigkeit:<br />

3, Wahrnehmung: 3, Geistesschärfe:<br />

2, Aufmerksamkeit: 3, Ausweichen: 2,<br />

Nahkampf: 3, Willenskraft: 4, Gnosis: 1<br />

Waffe: Speer (Schwierigkeit: 4, Schaden:<br />

Stärke+3)<br />

Die Nemesis<br />

die Tänzer der<br />

schwarzen spirale<br />

Da es ungewiss ist, wie viele Tänzer der<br />

Erzähler benötigt, sei hier mit Ausnahme des<br />

Anführers nur ein Satz Werte angegeben.<br />

Über Gaben möge der Erzähler selber entscheiden.<br />

Werte: Stärke: 4, Geschick: 3, Widerstandsfähigkeit:<br />

4, Charisma: 1, Manipulation: 2,<br />

Erscheinungsbild: 1, Wahrnehmung: 4, Intelligenz:<br />

2, Geistesschärfe: 3, Aufmerksamkeit:<br />

2, Ausweichen: 2, Handgemenge: 4, Instinkt:<br />

3, Heimlichkeit: 4, Überleben: 2, Zorn: 6, Gnosis:<br />

3, Willenskraft: 3<br />

Der Anführer<br />

Kills-in-dozens<br />

„*Knurr* Zermalmt sie! *Schnaub*“<br />

Tänzer der schwarzen Spirale, Metis,<br />

Ahroun<br />

Kills-in-Dozens ist ein riesiger Kerl (Vorteil:<br />

großer Wuchs) mit unglaublichen Muskeln.<br />

Seine grauen Augen blinzeln niemals, es<br />

läuft fortwährend eine eitrige Flüssigkeit aus<br />

ihnen heraus. Sein Maul ist mit je zwei Reihen<br />

Zähnen oben und unten ausgestattet. Er<br />

trägt zahlreiche Kampfnarben, die sehr deutlich<br />

zu sehen sind, weil ihm sein Fell in Strähnen<br />

ausfällt. Er hat wunde Stellen an Armen<br />

und Beinen, aus denen Maden herausfallen,<br />

wenn er sich bewegt. An seinem Rücken<br />

hängt ein riesiges Ding, das nach einer Art<br />

Blutegel aussieht und sich pumpend bewegt.<br />

Wird ihm dieses Ding abgerissen, erleidet er<br />

eine schwer heilbare Wunde, die er nicht verhindern<br />

kann. Er erhält gleichzeitig aber auch<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

drei Punkte Zorn. Zwischen seinen Armen<br />

und seinen Beinen spannen sich fledermausartige<br />

Flügel.<br />

Er ist nicht sehr zufrieden, dass man ihn<br />

gezwungen hat, von der ursprünglichen<br />

Taktik abzuweichen und direkt selber mit<br />

seinen Leuten anzugreifen. Dahinter steckt<br />

natürlich der Schlangentänzer, mit seinen<br />

guten Kontakten. Er will, dass die Charaktere<br />

keinen Verdacht schöpfen, wollte aber nicht<br />

riskieren, dass das Skarab-Lat, wenn die Charaktere<br />

es einmal haben, in dem Blut der Tänzer<br />

gebadet wird – darum vorher ihr Angriff<br />

und nachher erst die Fomori.<br />

Behinderung: Kills-in-Dozens ist davon<br />

überzeugt, dass er von seinem Wyrm beobachtet<br />

wird und muss sich fortwährend profilieren.<br />

Er fragt gerne nach, ob das auch ja<br />

alle gesehen haben – auch mitten in einem<br />

Kampf. Außerdem hat er eine starke Phobie<br />

vor der Farbe Lila.<br />

Rollenspielhinweis: Seien Sie hart und brutal,<br />

brüllen sie unvermittelt los. Fragen Sie<br />

nach jedem Treffer, ob das auch alle mitgekriegt<br />

haben. Ansonsten reden sie nicht gern<br />

und kennen keine Gnade.<br />

Werte: Stärke: 4, Geschick: 5, Widerstandsfähigkeit:<br />

4, Charisma: 3, Manipulation: 4,<br />

Erscheinungsbild: 0, Wahrnehmung: 2, Intelligenz:<br />

3, Geistesschärfe: 3, Aufmerksamkeit:<br />

4, Ausweichen: 4, Einschüchtern: 3, Handgemenge:<br />

5, Instinkt: 3, Führungsqualitäten: 4,<br />

Heimlichkeit: 4, Zorn: 10, Gnosis: 6, Willenskraft:<br />

7<br />

Gaben: Verhüllung, Rasiermesserklauen,<br />

Elemente erschaffen, Haut des Wyrm, Patagia<br />

Die Hüterin<br />

die weiße schlange<br />

„Die Zeit ist gekommen zu gehen – für Euch,<br />

wie für mich. *lächelt* Wir sehen uns wieder<br />

– seinerzeit.“<br />

Die weiße Schlange ist von den Geistern<br />

der verstorbenen Harare gebeten worden,<br />

das Skarab-Lat sicher zu verwahren, bis sich<br />

jemand würdig erweist es zu erhalten. Sie<br />

ist eine Inka, die vermutlich ein Totem wäre,<br />

wenn sie nicht allein für den Schutz des<br />

Skarab-Lat lebte. Sie hat die Macht, alle Arten<br />

von Schlangen zu rufen oder zu vertreiben<br />

und eine gewisse Kontrolle über deren<br />

Handlungen. Nur so ist es ihr gelungen, dem<br />

Schlangentänzer zu widerstehen. Werte sind<br />

bei ihr nicht nötig: Die Charaktere können ihr<br />

nicht schaden, selbst wenn sie so dumm sein<br />

sollten, es zu versuchen.<br />

Rollenspielhinweis: Sie sind wie die erfahrene<br />

Mutter, die viel weiß, aber manche Sa-<br />

Seite 56


Natterngezücht<br />

chen doch verschweigt, weil die Kinder auch<br />

ihre eigenen Fehler machen müssen. Reden<br />

sie sanft und wiegen sie sich dabei manchmal<br />

hin und her. Lächeln sie viel. Zeigen sie, wie<br />

schwer die Zeit auf ihren Schultern lastet.<br />

Die Waffe<br />

das skarab-Lat<br />

Das Skarab-Lat ist ein recht junges Klaive,<br />

wurde es doch erst Anfang des 20. Jahrhunderts<br />

von den Uktena und den Harare geschmiedet.<br />

Es ist gut 50 cm lang, mit einer<br />

zweifach geflammten Klinge, in die das Abbild<br />

unzähliger, sich umwindender Schlangen<br />

geätzt wurde. Diese umschlingen sich<br />

so, dass sich das Bild einer Schlange ergibt,<br />

deren Kopf schließlich den Griff bildet. Es ist<br />

aus reinstem Silber und in ihm ruht Bwuako-<br />

Bwuako, ein mächtiger Kriegsgeist, der einen<br />

ewig währenden Hass auf Schlangen hat.<br />

Das Klaive wurde eigens für die Vernichtung<br />

entweder Yaminyamis oder des Schlangentänzers<br />

geschaffen. Auf Werte wird verzichtet<br />

– wer das Klaive mit dem Wunsch im<br />

Herzen an sich nimmt, den Schlangentanzer<br />

zu töten und mindestens 4 Zorn und Willenskraft<br />

hat, wird von dem Geist als Träger akzeptiert.<br />

Es gibt allerdings die Sage, dass das Skarab-<br />

Lat erst dann in der Lage ist den Schlangentänzer<br />

zu besiegen, wenn es vorher im Blut<br />

eines Tänzers der schwarzen Spirale gebadet<br />

wurde. Diese Sage ist falsch, kann aber gut<br />

als falsche Fährte für das Rudel genommen<br />

werden. Der Schlangentänzer ist trotz seines<br />

großen Wissens auch der Meinung, diese Legende<br />

wäre wahr!<br />

Gaben: Der Träger des Skarab-Lat und sein<br />

Rudel sind immun gegen jegliche geistige<br />

Beeinflussung des Schlangentänzers. Angriffe<br />

und damit verbundene Disziplinen zählen<br />

allerdings nicht dazu. Außerdem handelt der<br />

Träger in jeder Kampfrunde, wann er möchte<br />

– meist vermutlich als Erster. Er braucht keine<br />

Initiative zu würfeln. Er ist auch schneller<br />

als ein Garou mit speziellen Gaben.<br />

Wenn ein Wesen mit dem Skarab-Lat getroffen<br />

wird, das vom Wyrm berührt oder<br />

gar besessen ist, so macht dieses Klaive besonders<br />

viel Schaden, wofür es die Kraft aber<br />

aus dem Träger zieht. Zusätzlich zum normal<br />

gewürfelten Schaden zieht das Klaive Willenskraft,<br />

Gnosis oder Zorn aus dem Träger,<br />

je nachdem, was gerade am höchsten ist. Für<br />

jeden dieser Punkte erhält der Getroffene so<br />

viele schwer heilbare Wunden, wie der entsprechende<br />

permanente Wert des Trägers<br />

beträgt. Es gibt so viele Punkte aus, wie nötig<br />

sind, um das Wesen zu töten. Der Träger<br />

kann nichts dagegen unternehmen.<br />

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Ein Beispiel: Der Träger besitzt 7 Willenskraft,<br />

2 Gnosis und 4 Zorn (alles in Höhe des<br />

permanenten Wertes). Bei einem Treffer würfelt<br />

er 4 Erfolge beim Schaden (Schadensreduzierungswurf<br />

bereits abgezogen). Der<br />

Bane, den er bekämpft, hat aber 30 Macht<br />

und damit praktisch 30 Kästchen bei Gesundheit.<br />

Also benötigt das Klaive noch 26 Erfolge.<br />

Der höchste Wert des Charakters ist zur<br />

Zeit Willenskraft und sein permanenter Wert<br />

beträgt hier 7. Also erhält der Bane für jeden<br />

ausgegebenen Willenskraftpunkt 7 Schaden<br />

hinzu, das Klaive gibt deshalb 4 Willenskraftpunkte<br />

aus und der Bane stirbt<br />

(4x7=28, plus 4=32 Schaden).<br />

Anschließend wird ein Fomori<br />

angegriffen (7 Kästchen bei<br />

Gesundheit) und es werden 5<br />

Punkte Schaden normal erzielt.<br />

Da Willenskraft jetzt niedriger<br />

als Zorn ist, gibt das Klaive einen<br />

Punkt Zorn aus und erhält dafür<br />

4 zusätzlichen Schaden hinzu (der<br />

permanente Zornwert). So kommt<br />

es, dass sich der Träger nach einem<br />

längeren Kampf mit dem Klaive ausgelaugt,<br />

matt und eventuell leicht<br />

depressiv fühlt.<br />

Wird das Klaive<br />

nun gegen<br />

Yaminyami oder<br />

den Schlangentänzer<br />

eingesetzt, wird<br />

das Klaive beim ersten Treffer<br />

mit einem Schlag alle Willenskraft,<br />

Gnosis und Zornpunkte des<br />

Trägers verbrauchen (mit den oben<br />

erklärten Auswirkungen) und den<br />

gesammelten Schaden durch<br />

die eigene Opferung verdoppeln.<br />

Dadurch ist das Klaive verschwunden,<br />

der Charakter ist<br />

völlig verstört und kann, ohne<br />

Zorn und Willenskraft, nur noch<br />

einmal in seine Geburtsgestalt wandeln.<br />

Danach muss er erst wieder Willenskraft<br />

oder Zorn ansammeln, um<br />

das Biest in sich wiederzufinden.<br />

Anmerkung: Dieses Klaive bringt<br />

mit großer Sicherheit das Machtgefüge<br />

jeder Gruppe durcheinander,<br />

wenn es länger in Spielerhand verbleibt<br />

als für zwei oder drei Abende. Wenn die Charaktere<br />

es also nicht in der vorgeschlagenen<br />

Weise gegen Yaminyami oder den Schlangentänzer<br />

einsetzen, sollte sich der Erzähler gut<br />

überlegen, ob sich das Klaive nicht verweigert<br />

oder in ein anderes Versteck gebracht<br />

werden soll. Versuchen Sie die Spieler dazu<br />

zu bekommen, das Klaive zu verstecken.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Das Kroppzeug<br />

die Fomori<br />

Die Fomori, die sich auf die Charaktere stürzen,<br />

haben folgende Werte, die durch ihre<br />

Kräfte zum Teil noch modifiziert werden.<br />

Werte: Stärke: 3, Geschick: 2, Widerstandsfähigkeit:<br />

3, Wahrnehmung: 2, Geistesschärfe:<br />

2, Aufmerksamkeit: 2, Ausweichen: 2,<br />

Nahkampf: 3, Willenskraft: 3, Immun gegen<br />

das Delirium!<br />

Hier nun zehn Beispieltypen, die im Spiel<br />

eingesetzt werden können.<br />

1) Ein weißer Mensch, der eine unglaubliche<br />

Menge an Muskeln trägt. Es sieht aus,<br />

als hätte man ihm auf Bodybuildermuskeln<br />

noch eine zweite Schicht aufgetragen, so<br />

dass sein winzig wirkender Kopf fast in<br />

den Muskelpaketen verschwindet. Stärke<br />

+5<br />

2) Ein dürres Wesen, das an Armen und<br />

Beinen ein Gelenk mehr hat. Die Finger sind<br />

zu verhornten Spitzen zusammengewachsen.<br />

Es wirkt wie eine Gottesanbeterin, weil<br />

auch seine Augen rund und schwarz aus<br />

dem Kopf quellen. Welches Geschlecht es<br />

einmal hatte, ist nicht<br />

mehr ersichtlich. Schaden:<br />

Stärke+3<br />

3) Dieser Fomori<br />

ist ein schwarzhäutiger<br />

Riese von gut 3<br />

Metern Größe. Er scheint<br />

sehr stark zu sein und seine<br />

Haut hängt in dicken, wulstigen Lappen<br />

herunter. Er bewegt sich sehr<br />

langsam. Stärke +3, Geschick -1, Widerstandskraft<br />

+5<br />

4) Der Körper dieser Frau ist mit<br />

unzähligen, dick angeschwollenen, mit<br />

Eiter gefüllten Beulen besetzt, die unter<br />

Druck stehen. Jede Berührung lässt sie<br />

platzen und die harten, schwarzen Haare<br />

darauf wie Pfeile durch die Luft schnellen.<br />

Schaden durch die Spitzen: 3.<br />

Wenn jemand das Wesen berührt<br />

muss er auf Willenskraft würfeln, um<br />

sich nicht zu übergeben und für die nächsten<br />

zwei Runden nicht handeln zu können.<br />

5) Ein Jugendlicher, dessen Unterarme<br />

abgeschnitten wurden und der statt dessen<br />

riesige Krebsscheren angenäht bekam. Schaden:<br />

Stärke +4<br />

6) Ein kleines, unschuldiges Mädchen, das<br />

den Gegner mit großen blauen Augen anblinzelt<br />

und leise und ängstlich fragt: „Tu mich<br />

nicht tot machen, gell Tante (bzw. Onkel)?“<br />

Es kostet einen Wurf auf Geistesschärfe und<br />

Instinkt (9) oder einen Willenskraftpunkt um<br />

sie trotzdem anzugreifen. Geschieht das,<br />

Seite 57


Natterngezücht<br />

verwandelt sie sich: Ihr Körper platzt auf und<br />

ihre Arme und Beine werden länger, bis sie an<br />

Spinnenbeine erinnern. Ihr Gesicht wird zum<br />

Hinterteil, aus ihrem eigentlichen Po wächst<br />

ein gifttriefender Stachel. Schaden des Stachels:<br />

Stärke +2. Erleidet der Charakter mindestens<br />

eine Wunde, erhält er für 3 Runden<br />

jede Runde eine schwer heilbare Wunde.<br />

7) Ein Wirbelwind, dessen Beine aus Gummi<br />

zu sein scheinen. Er ist sehr schnell und brüllt,<br />

ohne Luft zu holen fortwährend wütend vor<br />

sich hin (eine entsprechende Aufnahme eines<br />

solchen Geräusches wäre sicherlich eine<br />

„spaßige“ Ergänzung für den Spieltisch). Geschick<br />

+2, Zorn: 5 (den er einsetzen kann wie<br />

ein Garou)<br />

8) Ein Mann, dessen Arme zusammengewachsen<br />

und auf der Außenseite zu einer<br />

Art runden Säge verhornt sind. Schaden:<br />

Stärke+3<br />

9) Ein Wesen, das kaum noch an einen<br />

Menschen erinnert. Auf sechs gelenklosen,<br />

schwammigen Beinen in verschiedenen Hautfarben<br />

kriecht es hin und her und schlägt mit<br />

Spitzen und Krallen nach dem Gegner.<br />

10) Der Kopf ist eingebettet in einen<br />

Schwarm wuchernden Fleisches. Zorn: 3 (den<br />

er verwenden kann wie ein Garou)<br />

Die Jugend<br />

Zipho<br />

„Wenn Yaminyami erweckt wird, hat der<br />

Wyrm einen weiteren großen Sieg errungen.<br />

Es ist so mehr ein Fluch als ein Segen, dass ich<br />

das Blut meiner Väter trage – es hindert mich<br />

an meiner Bestimmung.“<br />

Zipho ist der gepeinigte Erbe eines sterbenden<br />

Stammes. Die Harare gehören nicht<br />

ganz zu den Uktena, kommen aber gut mit<br />

ihnen aus und lernen viel von den Stillen<br />

Wanderern. Aber es gibt nur noch zehn von<br />

ihnen und ihre Existenz wird nur besonders<br />

vertrauenswürdigen Garou offenbart. Der<br />

endlos scheinende Kampf gegen die Menschen<br />

seines Volkes, die sich dem Wyrm zugewandt<br />

haben, und sein quälender Eifer, an<br />

etwas teilhaben zu wollen, haben ihn in die<br />

Falle des Schlangentänzers getrieben. Ihm<br />

wurde mittels eines indoktrinierten Fomori,<br />

aus dem er Informationen herausgepresst<br />

hat, vorgegaukelt, dass das in der Prophezeiung<br />

erwähnte Rudel in eine Falle gelockt<br />

werden soll. So wurde er dazu gebracht, selber<br />

zum Schlüssel in der Verschwörung gegen<br />

die Charaktere zu werden.<br />

Aussehen: Homid ist er ein schlanker,<br />

schwarzhäutiger Mann mit einem breiten<br />

Kinn und dunklen Augen, die eifrig hin- und<br />

herschießen. Seine Haare sind halblang und<br />

gewellt. In Crinos ist sein Fell grau-braun und<br />

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mit schwarzen Sprenkeln übersät. Sein rechtes<br />

Ohr ist ein bißchen eingeknickt.<br />

Rollenspielhinweis: Seien Sie voller Energie<br />

und Übermut, mit dem Eifer und der Hoffnung<br />

der Jugend. Sprechen Sie kurzatmig<br />

und aufgeregt und machen Sie viele Gesten.<br />

Auf Tadel reagieren Sie zuerst wie ein gescholtenes<br />

Kind, dann trotzig. Beharren Sie<br />

auf ihrem Standpunkt.<br />

Werte: Stärke: 3, Geschick: 4, Widerstandsfähigkeit:<br />

3, Charisma: 3, Manipulation: 2,<br />

Erscheinungsbild: 2, Wahrnehmung: 4, Intelligenz:<br />

2, Geistesschärfe: 2, Aufmerksamkeit:<br />

3, Ausweichen: 3, Einschüchtern: 2, Handgemenge:<br />

2, Instinkt: 2, Heimlichkeit: 3, Zorn: 3,<br />

Gnosis: 2, Willenskraft: 6<br />

Gaben: Geruch des Menschen, Geistersprache,<br />

Geistergesang (Gabe der Harare Theurge:<br />

bringt für einen Punkt Gnosis die Geister<br />

einem kleinen Gebiet dazu, sich zu manifestieren,<br />

wenn sie dies können – sie werden<br />

davon nicht unbedingt begeistert sein).<br />

Das Verderben<br />

Yaminyami<br />

„Kniet nieder, ihr wimmernden Beinläufer!<br />

Ihr werdet meinen Zorn spüren und wenn ich<br />

Eurer Blut getrunken und Euer Fleisch zermalmt<br />

habe, werden Eure Geister mir dienen,<br />

wie es ihnen ansteht: durch Qual und Leid!“<br />

Die Sage um den Wasserschlangengott<br />

ist wahr. Erst war er ein mächtiger, guter<br />

Geist, aber der Hass seiner Gefolgschaft auf<br />

den weißen Mann hat ihn anfällig für die<br />

Beeinflussung durch den Schlangentänzer<br />

werden lassen. Yaminyami wütete unter den<br />

Menschen, bis einige Harare ihn mit einem<br />

großen Opfer (ihrem eigenen Leben) in die<br />

Höhle lockten, aus der die Charaktere ihn<br />

eventuell befreit haben. Yaminyami ist nun<br />

ein mächtiger Bane. Er sieht aus wie eine<br />

gelb-grüne Schlange, deren Schuppen von<br />

einem durchsichtig-weißen Pilz überwuchert<br />

scheinen, mit einem Maul, das neben den<br />

Giftzähnen auch noch unzählige kleinere<br />

Zähne enthält. Er ist gut 10 Meter lang und<br />

etwa 1,5 Meter dick. An seinem vorderen<br />

Drittel hängen zwei stämmige, echsenartige<br />

Arme mit langen Krallen, die er benutzt, um<br />

sich aus dem Loch zu ziehen. Da seine Kraft<br />

auch die der Elektrizität ist (in der Wyrmform<br />

ist er die „Blitzschlange“), umzucken seinen<br />

Körper immer wieder blaue Blitze und ein<br />

Schimmern, ähnlich wie Elmsfeuer, umgibt<br />

ihn.<br />

Werte: Stärke: 8, Geschick: 4, Widerstandsfähigkeit:<br />

7, Wahrnehmung: 3, Geistesschärfe:<br />

3, Aufmerksamkeit: 3, Ausweichen: 4, Nahkampf:<br />

5, Willenskraft: 8, Zorn: 10, Macht: 80<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Schaden Biss: Stärke +5, bei einem Treffer<br />

mit mehr als 4 Erfolgen kommt dazu: Schaden<br />

Gift: Lähmung, -1 Stärke und Geschick in<br />

jeder Runde nach dem Biss, in der kein Erfolg<br />

auf Widerstandskraft (6) gelingt. Sinkt ein<br />

Attribut auf 0, so ist der Charakter bewegungsunfähig.<br />

Schaden Krallen: Stärke +2<br />

Kräfte: Für 2 Macht kann er, wenn er selber<br />

getroffen wird, einen Blitz überspringen<br />

lassen, der 3 schwer heilbare Wunden verursacht.<br />

Für 5 Macht kann er einen Effekt<br />

auslösen, als wäre ein Blitz in unmittelbarer<br />

Nähe eingeschlagen. Die Muskeln verkrampfen<br />

sich und Ohnmacht ist wahrscheinlich<br />

(Widerstandskraft gegen 6). Auf jeden Fall<br />

macht er 3 schwer heilbare Wunden.<br />

Außerdem kann er natürlich für jeden<br />

Punkt Macht eine Wunde heilen.<br />

Für 4 Macht kann er eine Art magnetisches<br />

Feld entstehen lassen, das alles Eisen mit einer<br />

Stärke von 6 an sich heranzieht. Hat ein<br />

Charakter genug Eisen an sich um angezogen<br />

zu werden, muss er eine vergleichende<br />

Stärkeprobe ablegen. Yaminyami ist nicht<br />

so dumm, dies anzuwenden, wenn deshalb<br />

Waffen auf ihn zufliegen würden. �<br />

OFFTOPIC<br />

Geek WiFi shirt<br />

Für alle, die entweder als extremer Geek<br />

gelten wollen oder dieses Gadget tatsächlich<br />

nützlich finden, bietet Think Geek<br />

(http://www.thinkgeek.com) das WiFi<br />

T-Shirt an.<br />

Auf der Brust trägt man fortan ein WiFi-<br />

Symbol, das je nach Stärke des örtlichen<br />

drahtlosen Netzwerkes unterschiedlich<br />

hell leuchtet. Waschbar ist das Ganze angeblich<br />

auch noch und die zum Betrieb<br />

benötigten Batterien sollen auch kaum<br />

störend sein.<br />

Seite 58


Solo<br />

SOLO<br />

EINE SHADOWRUN-KURZGESCHICHTE<br />

TEXT: CHRISTIAN LONSING<br />

ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER<br />

MyLife war eher eine Simulation als ein<br />

Spiel. Sekinen Solo mochte das. Ihm waren<br />

die kleinen Details wichtiger als das bombastische<br />

Gesamtbild. Er selbst war eines dieser<br />

kleinen Details, ein Rädchen im Getriebe, gut<br />

geölt, unbemerkt und doch immer mit dabei.<br />

Er hatte nie nach dem Großen gestrebt, denn<br />

in diesem Streben steckte ein Konfliktpotenzial,<br />

vor dem er zurückschreckte. Harmonie<br />

war ihm das Wichtigste, und im Moment war<br />

er dieser Harmonie sehr nahe.<br />

Die Filiale der MoneyNow-Corporation in<br />

Ost-Shinjuku war voll automatisiert. Hinter<br />

lautlos öffnenden und schließenden Türen<br />

aus kugelsicherem Klaroplast standen, wuchtig<br />

und mächtig, Ehrfurcht gebietend wie die<br />

Heilige Dreifaltigkeit, drei Bankautomaten für<br />

zertifizierte Credsticks, das Bargeld der neuen<br />

Welt. Ohne Zerts lief in Ost-Shinjuku gar<br />

nichts, kein Alkohol, keine Bunraku-Puppen,<br />

kein Spaß. Noch nicht einmal in der hochangesehen<br />

Szene-Nudelschmiede gleich nebenan<br />

konnte man per Überweisung zahlen,<br />

sondern musste die Zerts stets griffbereit in<br />

der Tasche haben, wenn man sich eine Peinlichkeit<br />

ersparen wollte. Wie oft hatte Sekinen<br />

Solo schon die nervösen Sararimänner<br />

und -frauen in die MoneyNow-Filiale eilen sehen,<br />

abgehetzt und fahrig, um sich ein paar<br />

Hundert-Nuyen-Zerts auswerfen zu lassen<br />

und für die ausstehende Zeche zu löhnen.<br />

Solos Job bestand darin, im Eingangsbereich<br />

der Filiale zu stehen, die Besucher mit<br />

einer höflichen Verbeugung zu begrüßen<br />

und zu verabschieden, und auf einem Hardcopy-Schild<br />

aus echter, bedruckter Pappe die<br />

aktuellen Kreditangebote der MoneyNow-<br />

Corporation anzupreisen. Das Ganze war<br />

von den chronisch überbezahlten Marketing-<br />

Fachleuten der Corporation ausgeheckt worden,<br />

die mit Hilfe aufwändiger Kalkulationen<br />

festgestellt hatten, dass ein „menschliches<br />

Gesicht“ dem Ansehen der Corporation in<br />

der Öffentlichkeit zu Gute kam. Deshalb<br />

verrichtete nun in jeder Filiale ein lebendiger<br />

Mensch eben jenen Dienst, den auch<br />

Sekinen Solo gerade absolvierte. Jobvoraussetzungen<br />

waren ein neutrales äußeres<br />

Erscheinungsbild (männlich, jung, aber nicht<br />

jugendlich, unterwürfig, auf gar keinen Fall<br />

metamenschlich) und die Bereitschaft, acht<br />

Stunden pro Tag höflich, diskret, unauffällig<br />

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und zugleich stets präsent zu sein.<br />

All dies traf auf Sekinen Solo zu. Mehr als<br />

das, er war die perfekte Verkörperung dieser<br />

Ideale. Ein kleines Rädchen. Vollkommene<br />

Harmonie. Er war weder befugt noch willens,<br />

mit den Kunden ins Gespräch zu kommen,<br />

und dankbarer Weise machten auch diese<br />

selten den Versuch einer Kontaktaufnahme,<br />

sondern wandten sich immer direkt den<br />

Bankautomaten zu oder erkundigten sich<br />

beim automatisierten Augmented Reality-<br />

Personal, wenn sie eine Frage hatten.<br />

Die Türen fuhren zur Seite, Solo verbeugte<br />

sich, und als er den Kopf wieder hob, war<br />

er überrascht, in die klettblattförmig angeordneten<br />

Läufe einer Sakura Fubuki SE zu<br />

blicken. Die dazugehörige Person steckte im<br />

passenden Outfit. Schwarze Lederklamotten,<br />

wilde Gesichtszüge, schwarze Sonnenbrille,<br />

angegelte Haare, nicht spezifizierbares<br />

Geschlecht. Zwei fehlende Fingerkuppen.<br />

Archetypisch.<br />

Sie waren zu dritt und sie schienen einen<br />

Plan zu haben. „Nicht alle diese Läufe sind<br />

mit Schocker-Muni gefüllt“, erklärte ihm die<br />

Sakura Fubuki. Lautsprecher an der Waffe<br />

und Skinlink, ganz getreu der aktuellen<br />

Mode. „Umdrehen und zum mittleren Automaten.“<br />

„Wenn sie einen besonderen Wunsch haben,<br />

wird das AR-Personal sie gerne …“ Der<br />

Druck der Waffe auf seiner Stirn ließ den Rest<br />

seines einstudierten Satzes verstummen.<br />

„Keine Faxen. Zum Automaten und den<br />

Autorisierungs-Code bestätigen.“<br />

„Ich habe keine …“ Solo wurde gewaltsam<br />

herumgestoßen und seine Stirn presste<br />

sich nun an die Klaroplast-Scheibe, hinter der<br />

Bankautomat-2 der MoneyNow-Corporation<br />

thronte, während die Läufe der Fubuki auf<br />

seinem Hinterkopf zu liegen kamen, ein sanfter,<br />

tödlicher Druck. Vor ihm öffnete sich ein<br />

AR-Fenster, dessen Kanten unruhig auf und<br />

ab tanzten, gleich so als wäre es sich der Widersinnigkeit<br />

seiner Existenz bewusst. „SI-<br />

CHERHEITSZUGRIFF BESTÄTIGEN? JA/NEIN“<br />

stand dort in dicken, gut lesbaren Katakana-<br />

Zeichen.<br />

Was sollte er tun? Elektronisch um Hilfe rufen?<br />

Der Alarm war längst ausgelöst, und ein<br />

Sicherheitsteam auf dem Weg, das war klar.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Es sei denn … es sei denn natürlich, er hatte<br />

es mit Hackern zu tun. Dann war gar nichts<br />

klar. Die Sicherheit der MoneyNow-Corporation<br />

in völliger Ahnungslosigkeit, keine Kavallerie,<br />

die im letzten Moment den Tag retten<br />

würde, er ganz allein, im Angesicht des<br />

Verbrechens. Er war sich bewusst, was hier<br />

von ihm verlangt wurde, und er hatte keine<br />

Zweifel, dass er die drei Yakuza-Schläger im<br />

Handumdrehen niedergerungen hätte. Belobigung,<br />

vielleicht sogar Beförderung, und<br />

fünf Minuten Ruhm in den Sechs-Uhr-Nachrichten.<br />

All das, was er nicht wollte.<br />

Er bestätigte „JA“ und hatte für einen Moment<br />

das Gefühl, eine Verunsicherung bei<br />

den Yaks zu spüren, aber das war sicher nur<br />

Einbildung, denn sie handelten mit digitaler<br />

Geschwindigkeit, schneller als das menschliche<br />

Gespür. Sein Kopf wurde zurückgerissen,<br />

der Boden verschwand unter seinen Füßen<br />

und knallte dann mit voller Wucht gegen<br />

seinen Hinterkopf. Digitaler Schmerz zuckte<br />

durch seine Nervenstränge, und durch ein<br />

immer enger werdendes Gesichtsfeld konnte<br />

er beobachten, wie die Scheibe zurückwich<br />

und eine Flut von Zerts aus dem Automaten<br />

hervorquellte. Als ob es eine Rolle spielte.<br />

Wenn in einem digitalen Wald ein Baum umfällt<br />

und kein User ist online, macht er dann<br />

ein Geräusch?<br />

Zeit verging.<br />

Es war einer dieser typischen Räume für<br />

Angestellte des mittleren Managements, die<br />

sich gerade weit genug hochgearbeitet hatten,<br />

um ihre Zeit nicht Schulter an Schulter<br />

mit ihren Arbeitsgenossen in den Großraumbüros<br />

verbringen zu müssen. Zwei große AR-<br />

Panoramafenster, hinter dem Schreibtisch<br />

und zur Linken, täuschten darüber hinweg,<br />

dass es sich um einen muffigen, lichtlosen<br />

Raum inmitten des Yokohama-Hauptquartiers<br />

von Shiawase handelte, der Muttergesellschaft<br />

der MoneyNow-Corporation.<br />

Sekinen Solo trug einen gut sitzenden Kopfverband<br />

und war mit Schmerzmitteln vollgedröhnt,<br />

und doch klar genug bei Sinnen, um<br />

den zum Inventar des Raums gehörenden<br />

mittleren Manager wahrzunehmen, der sich<br />

als Paulus_013 vorgestellt hatte. Kreativ.<br />

„Hören Sie, Sekinen-san, es tut mir wirklich<br />

leid, Ihnen diesen Entschluss mitteilen zu<br />

müssen. Ich persönlich bin ja der Meinung,<br />

Seite 59


Solo<br />

dass Sie sich in dieser Situation absolut korrekt<br />

verhalten haben, aber die Geschäftsleitung<br />

ist der Meinung …“ blah, blah, blah.<br />

Solo hörte nur mit halbem Ohr hin, nickte<br />

freundlich, wünschte sich zurück an seinen<br />

Arbeitsplatz.<br />

„Solo? Hörst du mir überhaupt zu?“, die<br />

Stimme des Managers hatte sich plötzlich geändert,<br />

war freundlicher, kumpelhafter. Aha,<br />

jetzt kam er zur Sache.<br />

„Es tut mir leid, Solo. Ganz ehrlich. Warum<br />

hast du die Yaks nicht einfach umgenietet?<br />

Die waren auf der untersten Stufe, absolut<br />

harmlos, selbst für dich.“<br />

Er fixierte den Manager: „Hör zu, Paulus,<br />

oder wie immer du auch heißt: Ich hab einen<br />

ruhigen Job gebucht, also warum passiert<br />

dann so etwas? Hast du vielleicht was damit<br />

zu tun?“<br />

Paulus_013 senkte den Blick. „Ehrlich gesagt,<br />

ja. Es ist meine Schuld. Ich hab die Überfall-Wahrscheinlichkeit<br />

in meinen Filialen auf<br />

25% erhöht, um die Sache etwas spannender<br />

zu machen. Ich wusste ja nicht, dass ein anderer<br />

User in einer von den Filialen Dienst<br />

tut. Hab gerade erst davon erfahren, deshalb<br />

bist du hier. Tut mir leid, ich muss dich feuern.<br />

So sind nun mal die Regeln.“<br />

Paulus war einer der typischen<br />

User von MyLife. Im richtigen<br />

Leben verrichtete er wahrscheinlich<br />

einen Dienst als<br />

Müllsortierer oder Codeprogrammierer,<br />

ohne<br />

die geringste Hoffnung<br />

auf beruflichen Auf-<br />

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stieg, und suchte deshalb einen Ausgleich in<br />

der MyLife-Simulation. MyLife war ein phantastisches<br />

Programm, eine 24-Stunden-Simulation<br />

beliebiger Berufszweige für all diejenigen,<br />

die keine Lust hatten, in Fantasywelten<br />

auf Monster einzuprügeln. Die Auswahl war<br />

unbegrenzt und wurde ständig erweitert.<br />

Am Anfang hatten sich die Kriminalpolizeiund<br />

Geheimagenten-Berufe der größten Beliebtheit<br />

erfreut, aber das hatte sich schnell<br />

geändert. MyLife zeichnete sich durch einen<br />

hohen Realitätsgrad aus. Als Kriminalpolizist<br />

hatte man es ständig mit dem Abschaum<br />

der Menschheit und den Niederungen der<br />

menschlichen Seele zu tun, während man als<br />

Geheimagent Menschen in den Tod schicken<br />

musste und aus Angst vor Rache die Nächte<br />

im Wandschrank verbrachte. Inzwischen tendierten<br />

die meisten MyLife-User mehr in Richtung<br />

Künstler oder mittleres Management<br />

– eine angesehene Stellung mit möglichst<br />

wenig Druck von oben oder unten.<br />

So ein Typ war Paulus. Im richtigen Leben<br />

zum Buckeln geboren, ständig mit dem Kopf<br />

im Arsch des Vorgesetzten, kommandierte<br />

er hier in MyLife ein Heer von virtuellen Angestellten,<br />

aber erwies sich als völlig inkompetent,<br />

wenn sich einer davon mal als echte<br />

Person aus Fleisch und Blut herausstellte.<br />

Solo konnte sehen, wie sein Gegenüber mit<br />

Worten rang, und es war ihm unangenehm.<br />

Die ganze Situation war ihm unangenehm,<br />

also erhob er sich schnell, entschuldigte<br />

sich mit einer tiefen Verbeugung<br />

und wollte zur Tür eilen.<br />

„Warte! Solo, warte bitte einen<br />

Moment. Ich habe noch eine Frage.<br />

Bitte.“<br />

Solo blieb wie angewurzelt<br />

stehen. Da war er, der Moment<br />

der menschlichen<br />

Konfrontation, den er so<br />

verabscheute. Warum<br />

interessierte sich Paulus<br />

überhaupt für ihn?<br />

Warum scherte er sich<br />

nicht um seinen eigenen<br />

Kram? Oder war das<br />

etwa eine falsch verstandene<br />

Pflicht seines virtuellen<br />

Manager-Daseins?<br />

„Warum der Türsteher-<br />

Job, Solo? Ich habe noch<br />

nie mit jemandem zu<br />

tun gehabt, der<br />

freiwillig eine so<br />

niedrige Aufgabe<br />

verrichtet.<br />

Draußen arbeite<br />

ich als Assis-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

tent der Spam-Kontrolle. Es ist die Hölle, aber<br />

ich würde es jederzeit dem Türsteher-Job<br />

vorziehen. Warum tust du das?“<br />

Und Solo tat das, was er immer tat, wenn<br />

es ihm zu persönlich wurde. Er loggte sich<br />

aus.<br />

Schwerelosigkeit im Anflug-Vektor 23 auf<br />

Raumhafen Treffpunkt.<br />

Das hier war Sekinen Solos wirklicher Job<br />

(soweit ihm bekannt war). Raumpilot auf der<br />

Versorgungsroute zwischen dem erdnahen<br />

Orbit und LaGrange-1. Das klang aufregender<br />

als es war. Tatsächlich hatte Solo diesen Job<br />

gewählt, weil er die Schwerelosigkeit mochte<br />

und weil es absolut nichts zu tun gab. Der<br />

Bordcomputer der Raumfähre erledigte alles,<br />

fertigte sogar die Passagiere ab, wenn es<br />

mal Passagiere gab, und machte sie mit den<br />

Sicherheitsvorkehrungen vertraut. Solo war<br />

nur deshalb mit an Bord, weil sich niemand<br />

freiwillig vollständig in die Hände einer Maschine<br />

begeben würde. Er war die „menschliche<br />

Konstante“, die eingreifen konnte, wenn<br />

der Computer verrückt spielte. Ein solches<br />

Ereignis hatte es bis jetzt nur einmal gegeben,<br />

damals 2064 beim Matrix-Crash. Da hatte<br />

er fünf Wochen lang ohne Kommunikation<br />

im All getrieben, und sich voll und ganz auf<br />

sein Wissen über Raumschifftechnik und Astro-Navigation<br />

verlassen können, das sicher<br />

in zwei fest installierten Talentchips hinter<br />

seinem linken Schläfenknochen ruhte. Die<br />

absolute Abgeschiedenheit jener Tage war<br />

traumhaft. Er hatte sich vorgestellt, der letzte<br />

überlebende Mensch zu sein, der wie ein<br />

winziger Punkt durchs Nichts schwebte.<br />

Später hatte er sich für die weiten Expeditionen<br />

in die Tiefen des Sonnensystems beworben<br />

– einige dieser Reisen dauerten über<br />

fünf Jahre –, aber sein psychologisches Profil<br />

ließ eine solche Aufgabe nicht zu. Deshalb<br />

verrichtete er nun wieder seinen Dienst im<br />

Erdorbit und träumte manchmal von Pluto.<br />

Er konnte stundenlang bei vollem Bewusstsein<br />

in seiner Kapsel schweben und<br />

die Wand anstarren, und bildete sich dabei<br />

Zen-Buddhistische Wirklichkeitserfahrungen<br />

ein, obwohl er sich niemals für diese oder irgendeine<br />

andere Religion interessiert hatte.<br />

Aber auch seine Geduld hatte eine Grenze,<br />

und so war er auf MyLife gestoßen. Während<br />

die meisten User (der Begriff „Spieler“ war<br />

verpönt, weil man sich als eine Simulation<br />

verstand) den Thrill eines abwechslungsreicheren<br />

(Berufs-)Alltags suchten, war ihm an<br />

Jobs gelegen, bei denen er möglichst wenig<br />

mit Menschen, seien sie nun virtuell oder<br />

real, zu tun hatte, und war schließlich auf den<br />

Türsteher-Job gestoßen.<br />

Seite 60


Solo<br />

Ein weiterer Vorteil des Türsteher-Jobs<br />

bestand darin, dass er von dort aus über ein<br />

eingeblendetes AR-Fenster auf Arkadia zugreifen<br />

konnte. Arkadia war ein Multiuser-<br />

Online-Rollenspiel, das bereits dreißig Jahre<br />

auf dem Buckel hatte und durch ständige<br />

Updates eine Komplexität aufwies, die fast –<br />

aber nur fast – an die einer Simulation heranreichte.<br />

Aber Arkadia war ein Spiel. Seine User<br />

waren Spieler, und sie trafen dort auf Nopes,<br />

Non-Player-Charaktere, meist in der Form<br />

von Monstern, die in unerschöpflicher Zahl<br />

dahingemetzelt und ihrer Schätze beraubt<br />

wurden. Als klassisches Online-Rollenspiel<br />

war Arkadia ein Treffpunkt für all diejenigen,<br />

die den direkten, zwischenmenschlichen<br />

Kontakten, wie sie in der modernen WiFi-<br />

Matrix gang und gäbe waren, nichts abgewinnen<br />

konnten. Die meisten Spieler waren<br />

über 80 Jahre alt und so sehr an diese Form<br />

der Matrix-Unterhaltung gewöhnt, dass sie<br />

nichts Neues mehr wollten, also verbrachten<br />

sie jede wache Minute in Arkadia, während<br />

die Pflege-Drohnen ihre fleischlichen Körper<br />

regelmäßig wendeten, um dem Verfall entgegenzuwirken.<br />

Die vollständige Identitätslosigkeit von<br />

Arkadia war der Grund, warum sich Sekinen<br />

Solo so sehr davon angezogen fühlte, auch<br />

wenn ihm das Machtstreben und die soziale<br />

Inkompetenz seiner Mitstreiter zu schaffen<br />

machten. Immer wenn es zu persönlich wurde,<br />

loggte er sich einfach aus dem Gilden-<br />

Chat aus und ging seine eigenen Wege, und<br />

wenn er ein paar Wochen später zurückkehrte,<br />

hatten die anderen begriffen, dass sie ihn<br />

besser in Ruhe ließen. So hatte er sich über<br />

die Jahre hinweg einen Ruf als zuverlässiger,<br />

ruhiger Unterstützer im Hintergrund erarbeitet.<br />

Da er kein Interesse am Kämpfen hatte,<br />

versuchte er sich zu Beginn als Heiler, aber<br />

das führte zu ungeahntem Stress, weil seine<br />

Samariter-Fähigkeiten nicht auf die erwartete<br />

Dankbarkeit stießen, sondern von seinen<br />

Gildenkameraden als gegeben betrachtet<br />

wurden, und er übelste Beschimpfungen<br />

über sich ergehen lassen musste, wenn er<br />

mal einen Patzer beging. Schließlich wurde<br />

ihm klar, dass ihm Kämpfe überhaupt nicht<br />

lagen, weder als Kampfteilnehmer noch als<br />

Heiler, also wandte er sich völlig davon ab<br />

und suchte nach neuen Möglichkeiten, von<br />

denen Arkadia zum Glück eine ganze Menge<br />

zu bieten hatte.<br />

Allerdings fehlte ihm die Neugier, um sich<br />

als Entdecker oder Kundschafter zu versuchen,<br />

und das Charisma, das für einen Diplomaten<br />

erforderlich gewesen wäre. Diebe<br />

und Meuchelmörder waren ebenfalls eine<br />

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Möglichkeit, aber dafür war seine kriminelle<br />

Energie nicht stark genug ausgeprägt. Am<br />

Ende entschied er sich für die Rolle eines<br />

Stadtgründers und Golem-Schmieds. Den<br />

Grundstein seiner Stadt legte er an einer völlig<br />

uninteressanten Stelle inmitten der Heimatländer<br />

seiner Gilde, und kümmerte sich<br />

fortan darum, aus den magischen Materialen<br />

und Rohstoffen, die seine Kameraden von<br />

ihren Beutezügen mitbrachten, immer stärkere<br />

Golems zu bauen, mit deren Hilfe sie<br />

noch mehr magische Materialien und Rohstoffe<br />

erbeuten konnten. Die meiste Zeit verbrachte<br />

er in der Schmiede, wo er die Arbeit<br />

seiner Spielfigur aus der Vogelperspektive<br />

überwachte – die neuste Version von Arkadia<br />

erlaubte zwar eine First Person-Perspektive,<br />

aber so viel Nähe wäre ihm unangenehm gewesen.<br />

Außerdem hätte er dazu in den Virtual<br />

Reality-Modus seines Kommlinks schalten<br />

müssen, und das hätte sich nicht mit dem<br />

Türsteher-Job für die MoneyNow-Corporation<br />

vertragen.<br />

Die Rolle des Stadtgründers erforderte<br />

anfangs eine große Menge an Verwaltungsarbeit<br />

und Mikro-Management, um die stetig<br />

wachsende Zahl an Non-Player-Charakteren<br />

– Arbeiter, Bauern, Handwerker – unter Kontrolle<br />

zu halten. Zum Glück besaßen die Nopes<br />

keine eigene Persönlichkeit und rückten<br />

ihm deshalb nicht mit sozialem Zeug auf die<br />

Pelle, aber sie mussten trotzdem noch verwaltet<br />

werden. Administrative Fähigkeiten<br />

hätten sich dabei als hilfreich erwiesen, aber<br />

über solche verfügte Solo natürlich nicht.<br />

Zum Glück fand er in einem Online-Forum<br />

die Lösung für sein Problem. Er reaktivierte<br />

die Aura-Zauberei seiner alten Heiler-Karriere<br />

und spezialisierte sich auf Weisheits-Auren.<br />

Grundsätzlich diente eine Aura im Arkadia-<br />

Spiel dazu, einen der zwanzig verschiedenen<br />

Eigenschaftswerte für einen gewissen<br />

Zeitraum zu erhöhen, wobei die Weisheits-<br />

Eigenschaft den geringsten Stellenwert einnahm,<br />

weil sie keine Kampfvorteile lieferte<br />

und einzig dazu diente, einem Rätselmeister<br />

bei der Überwindung kniffliger Aufgaben beizustehen.<br />

Auf die Nopes angewandt wirkte<br />

die Aura dagegen wahre Wunder. Sie sorgte<br />

dafür, dass das Spiel erheblich größere Mengen<br />

an Rechenleistung für ihren Verstand zur<br />

Verfügung stellte als üblich, so dass sie ihre<br />

Aufgaben eigenständig verrichten konnten<br />

und schließlich sogar damit begannen, sich<br />

selbst zu organisieren.<br />

Solchermaßen automatisiert, brauchte<br />

sich Sekinen Solo nicht mehr um seine Innenpolitik<br />

zu kümmern, und um die Außenpolitik<br />

brauchte er sich ebenfalls nicht mehr zu sorgen,<br />

nachdem die Invasionsarmee einer ver-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

feindeten Gilde von seinen wachhabenden<br />

Golems dermaßen in die Mangel genommen<br />

worden war, dass sie sich niemals richtig davon<br />

erholte. Auf diese Weise hatte er sich<br />

einen Ruf als zuverlässiges Gildenmitglied<br />

erworben, mit dem stets gut Kirschen essen<br />

war, solange es nicht persönlich wurde.<br />

Daran erinnerte er sich, als er in der kleinen<br />

Pilotenkapsel seines Shuttles schwebte. Der<br />

Banküberfall in MyLife war nur virtuell gewesen,<br />

und ebenso virtuell waren die Schmerzen<br />

und die Kopfverletzung. Seine Wut darüber,<br />

aus seiner gewohnten Routine gerissen<br />

worden zu sein, wog da schon um einiges<br />

schwerer, und wie immer, wenn er wütend<br />

war, dachte er darüber nach, es ihnen heimzuzahlen,<br />

indem er sich für immer ausloggte.<br />

Aber aus Erfahrung wusste er, dass er sich<br />

wieder beruhigen würde, also war es das<br />

beste, MyLife erst einmal zu meiden. Sollten<br />

sie ruhig eine Weile in ihrem eigenen<br />

Saft schmoren und sich fragen, ob sie einen<br />

langjährigen Kunden durch ihr Verhalten vergrault<br />

hatten. Er würde sich in der Zwischenzeit<br />

Arkadia zuwenden – vielleicht würde ihm<br />

die Gesellschaft von unpersönlichen Nopes,<br />

die ihn wie einen Gott verehrten, ganz gut<br />

tun. Sein ETA für den Raumhafen Treffpunkt<br />

war noch über zehn Stunden entfernt, genau<br />

der richtige Zeitraum für einen Kurzurlaub.<br />

Er öffnete das AR-Fenster, und sah von<br />

oben auf seine Spielfigur herab, die in der<br />

Schmiede ihrer Arbeit nachging: ein neues<br />

Monstrum aus Stahl und Arkanium, mit Waffen<br />

und Panzerung gespickt, die ihm in der<br />

hochstufigen Kampfumgebung von Solos<br />

Gildenkameraden eine Überlebenschance<br />

von einigen kostbaren Minuten einräumten.<br />

Zum allerersten Mal seit Einführung des VR-<br />

Upgrades aktivierte Solo die First Person-<br />

Funktion, und die Ungewöhnlichkeit dieses<br />

Vorgangs schnürte ihm die Kehle zu.<br />

Die Detailgenauigkeit seiner Persona überraschte<br />

ihn. Er hatte sich nie groß um ihr Erscheinungsbild<br />

gekümmert, deshalb steckte<br />

sie in einem gewöhnlichen Blaumann, aber<br />

der Körper selbst war außerordentlich detailliert.<br />

Die von Überarbeitung zeugenden, rot<br />

unterlaufenen Augen, die Haarlosigkeit durch<br />

die stetige Anwesenheit der glühenden Esse,<br />

die zugleich filigranen und muskulösen Arme<br />

und Hände eines Mannes, der sowohl grobe<br />

als auch feine Arbeit leistete. Obwohl er nur<br />

aus Nullen und Einsen bestand, war dieser<br />

Körper eine Personifizierung seiner tagtäglichen,<br />

virtuellen Arbeit, das digitale Meisterstück<br />

eines namenlosen Codeprogrammierers<br />

bei Horizon Entertainment.<br />

Solo ließ den Hammer sinken und unterbrach<br />

damit eine Tätigkeit, die er fünf Stun-<br />

Seite 61


Solo<br />

den zuvor durch einen Tastendruck aktiviert<br />

hatte. Der Körper reagierte perfekt auf jede<br />

seiner Bewegungen, als er den Hammer vorsichtig<br />

in seinen Werkzeuggürtel schob und<br />

sich den virtuellen Schweiß aus den Augen<br />

rieb. Die Physik von Arkadia war extrem fortschrittlich<br />

und zeugte von den Dekaden, in<br />

denen sie immer wieder von Programmierer-Hundertschaften<br />

überarbeitet worden<br />

war. Zweifellos war dies hier nur ein fader<br />

Abklatsch von dem, was den Spielern in der<br />

Kampfumgebung – dem Hauptaugenmerk<br />

des Spiels – geboten wurde. Kein Vergleich<br />

mit dem Realitätsgrad von MyLife, das auf<br />

den allerneusten Engines beruhte, aber<br />

trotzdem beachtlich für ein Spiel, bei dem<br />

es hauptsächlich um die Verbesserung von<br />

Spielwerten und den Erwerb immer besserer<br />

Ausrüstungsgegenstände ging.<br />

Zufrieden wandte sich Solo von seiner Arbeit<br />

ab. Die Golem-Produktion konnte erst<br />

mal warten, er brauchte jetzt etwas frische<br />

Luft. Als er durch die Tür nach draußen trat,<br />

konnte er die letzten Strahlen der Sonne erhaschen,<br />

die sich malerisch durch die Giebel<br />

seiner Stadt ergossen, während sich der Himmel<br />

in ein majestätisches Orange-Blau mit<br />

roten Schäfchenwolken kleidete. Vielleicht<br />

war es eine Absicht des Programms, ihm seine<br />

Stadt in einer solch zauberhaften Atmosphäre<br />

zu präsentieren, vielleicht aber auch<br />

ein bloßer Zufall – bei einer Tageslänge von 2<br />

Stunden ließ sich immer wieder ein Sonnenauf-<br />

oder -untergang bewundern. Sekinen<br />

Solo hatte durchaus ein Faible für solche<br />

Naturschauspiele (einer seiner Lieblingsjobs<br />

bei MyLife bestand darin, in der StufferShack-<br />

Filiale der Gipfelstation des Fujisan ein Schild<br />

zu halten), solange er es nicht mit anderen<br />

Menschen und ihren nervtötenden Begeisterungsbezeugungen<br />

zu tun bekam.<br />

„Hallo, Boss“, sagte eine Person mit tiefer<br />

Verbeugung, und Solo fuhr überrascht herum.<br />

Nicht so sehr das plötzliche Erscheinen<br />

der Person hatte ihn überrascht, sondern die<br />

Tatsache, das sie ihn von sich aus ansprach.<br />

Ein kurzer Scan zeigte, dass es sich um einen<br />

der Arbeiter handelte, und dass seine<br />

Weisheits-Aura, die seinen Kopf wie ein Heiligenschein<br />

umgab, noch weitere zweiundzwanzig<br />

Stunden anhalten würde. Die Macht<br />

dieser Weisheits-Aura spiegelte die vielen<br />

tausend Stunden Spielzeit wieder, die Solo in<br />

seinen Charakter gesteckt hatte, und hätte<br />

jeden Anfänger-Rätselmeister vor Neid erblassen<br />

lassen. Die System-Administratoren<br />

von Arkadia fragten sich wahrscheinlich, wofür<br />

die enormen Rechenkapazitäten benötigt<br />

wurden, die Solos Stadt verschlang, aber bis<br />

jetzt hatte sich niemand beschwert. Warum<br />

auch, wenn man statt dessen einfach noch<br />

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einen weiteren der immer<br />

günstiger werdenden Prozessorblöcke<br />

in den Mainframe<br />

einbauen konnte?<br />

„Hallo, ähm …“, begann<br />

Solo. Die Konversation war<br />

ihm unangenehm, aber er<br />

erinnerte sich daran, dass<br />

er es hier mit einem Nope<br />

zu tun hatte, den er jederzeit<br />

terminieren<br />

konnte, wenn er keine<br />

Lust mehr auf ihn<br />

hatte.<br />

„Mein Name ist<br />

Kreios.“<br />

„Das wird dich<br />

nicht davor bewahren,<br />

terminiert<br />

zu werden, wenn<br />

mir danach ist“,<br />

murmelte Solo. Laut<br />

sagte er: „Hallo Kreios.<br />

Ähm … wie geht’s, wie<br />

steht’s?“<br />

„Ich kann nicht klagen,<br />

Boss. Die Arbeit am neuen<br />

Bewässerungssystem schreitet zügig voran,<br />

und schon bald werden wir die Felder auf die<br />

Bereiche nördlich des Flussdeltas ausdehnen.<br />

Warum begleitest du mich nicht in unsere<br />

Gaststube für unser Abendmahl? Deine<br />

Anwesenheit ist sicher gut für die Moral der<br />

Leute.“<br />

Die Moral der Leute? War das etwa ein<br />

versteckter Hinweis auf seine ständige Abwesenheit?<br />

Solo konnte kaum glauben, dass<br />

er sich hier mit einem Nope unterhielt. Sein<br />

Gegenüber beobachtete ihn aufmerksam<br />

und mit zuvorkommender Freundlichkeit. Na<br />

schön, warum auch nicht …<br />

„Natürlich. Lass uns gehen.“ Solo versuchte,<br />

die Stadt auf eine Weise zu durchqueren,<br />

die seine Überlegenheit wiedergab, und<br />

gleichzeitig nicht zu erkennen gab, dass er<br />

sich hier nicht im Mindesten auskannte und<br />

keine Ahnung hatte, wo sich das Gasthaus<br />

befand. Aus der Vogelperspektive hatte die<br />

Stadt anders gewirkt. Kleiner.<br />

Lange musste er zum Glück nicht suchen,<br />

denn schon bald drang ihm fröhlicher Lärm<br />

entgegen. Und tatsächlich ging es im Inneren<br />

des Gasthauses fröhlich und kunterbunt zu.<br />

An die zwei Dutzend Personen hatten sich<br />

hier versammelt, redeten munter durcheinander,<br />

während ihnen mittelalterliche Speisen<br />

vorgesetzt wurden. Wahrscheinlich eine<br />

vorgefertigte Szene aus dem Hause Horizon<br />

Entertainments, denn eine solche Vielfalt ließ<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

sich unmöglich improvisieren. Oder vielleicht<br />

doch? In wie vielen vorgefertigten Wirtshaus-<br />

Szenen bekommt man es schließlich mit einer<br />

Katze zu tun, die mit den anderen Leuten<br />

am Tisch speist?<br />

Solo erinnerte sich an die Katze. Er hatte<br />

sie für ein paar Goldstücke erworben, um<br />

dem Lebensmittelverlust-Faktor durch Mäuse<br />

beizukommen, und nachdem er sie mit der<br />

Weisheits-Aura versehen hatte, sank dieser<br />

Faktor schlagartig auf Null.<br />

„Darf ich dir Eurybia, meine Frau, vorstellen?“,<br />

sagte Kreios gerade. Die Aufmerksamkeit<br />

der Menge galt nun voll und ganz ihrem<br />

Stadtgründer, dem dies überhaupt nicht<br />

behagte, obwohl er es hier nur mit virtuellen<br />

Nopes zu tun hatte. So viele Eindrücke<br />

prasselten gleichzeitig auf ihn ein, dass er<br />

Schwierigkeiten hatte, sie alle zu verarbeiten.<br />

Zunächst einmal war da die Tatsache,<br />

dass alle diese Leute verschieden aussahen,<br />

wenn man sie aus der Nähe betrachtete, obwohl<br />

sie nur drei verschiedenen Klassen von<br />

Nopes angehörten. Sie unterschieden sich in<br />

der Farbe ihrer Haare, im Körperbau und in<br />

Dutzenden anderen Details, außerdem gab<br />

es ebenso viele Männer wie Frauen, und sogar<br />

einige Kinder liefen um seine Beine herum.<br />

Moment mal, was hatte Kreios gerade<br />

gesagt?<br />

„Deine Frau?!?“<br />

Seite 62


Solo<br />

Eine Frau in der klassischen Tracht einer<br />

Bäuerin trat hervor und verbeugte sich.<br />

„Was soll das heißen? Seid ihr beide etwa<br />

verheiratet?“<br />

„Ja, wir haben letztes Jahr geheiratet. Das<br />

dort ist mein Sohn, Astraios.“ Kreios zeigte<br />

auf einen etwa zehnjährigen Jungen, der<br />

kurz von einem Buch aufblickte und lächelte.<br />

„Ihr habt geheiratet? Ihr habt einen Sohn?“,<br />

Solo war mehr als perplex.<br />

„Ja“, antwortete Kreios mit einem leicht<br />

nervösen Unterton. „Wir sind davon ausgegangen,<br />

dass du nichts dagegen hast.“<br />

„Natürlich habe ich nichts dagegen. Aber<br />

warum erfahre ich das erst jetzt?“<br />

Kreios antwortete ihm mit einem vielsagenden<br />

Blick. Der Grund war, dass Solo sich<br />

niemals um die Geschehnisse in seiner Stadt<br />

gekümmert hatte. Die Stadtbewohner waren<br />

inzwischen so selbständig, dass sie solche<br />

Angelegenheit selbst klärten, ohne auf sein<br />

Einverständnis zu warten.<br />

Aber das war nicht das Problem. Das eigentliche<br />

Problem bestand darin, dass es im<br />

Arkadia-Spiel keine Nope-Kinder gab, und<br />

erst recht keine Nopes, die heirateten und<br />

Familien gründeten. Das lag überhaupt nicht<br />

im Rahmen der Parameter eines Spiels, das<br />

sich hauptsächlich um das Töten von Monstern<br />

und Erbeuten von Schätzen drehte. So<br />

gut kannte sich Solo dann doch mit dem Hintergrund<br />

des Spiels aus. Irgendetwas stimmte<br />

hier nicht, und er musste herausfinden,<br />

was es war.<br />

Zum Ausloggen war später immer noch<br />

Zeit.<br />

Kreios führte ihn an einen der Tische, und<br />

man servierte ihnen ein üppiges Mahl. Die anderen<br />

Stadtbewohner wandten sich indessen<br />

von ihnen ab und gingen ihren eigenen Konversationen<br />

nach, ganz so als wäre Solo ein<br />

ganz normaler Typ, und nicht ihr Erschaffer,<br />

König und Herrscher über Leben und Tod. Sie<br />

schienen sich über ganz normale Themen zu<br />

unterhalten, über die sich die normale Bevölkerung<br />

einer Fantasy-Stadt unterhalten würde,<br />

und bei der bloßen Vorstellung, wie viel<br />

Rechenkapazität das verbrauchen musste,<br />

wurde Solo mulmig zumute.<br />

Stattdessen beschloss er, sich erst einmal<br />

auf sein direktes Gegenüber zu konzentrieren.<br />

„Ihr habt also einen Sohn …“<br />

„Ja. Astraios. Er ist etwas introvertiert.<br />

Meine Frau wünscht sich ein zweites Kind,<br />

diesmal eine Tochter. Aber das kann man<br />

natürlich nicht kontrollieren, nicht wahr? Die<br />

Götter werden es fügen.“ Kreios lachte.<br />

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Auch Solo lachte nervös. Er war alles andere<br />

als ein Experte, aber in der modernen Welt<br />

draußen ließ sich das Geschlecht des Kindes<br />

sehr wohl vorher festlegen. In einer Fantasywelt<br />

wie Arkadia war das wohl etwas anderes.<br />

Blieb nur noch die Frage, an wen Kreios<br />

dachte, wenn er von „den Göttern“ sprach.<br />

Er musste sichergehen. „Dir ist klar, wer du<br />

bist und wo du dich befindest?“<br />

„Ja, mein Name ist Kreios, ich bin ein Arbeiter<br />

in deinen Diensten, lebe hier in der Stadt<br />

Solostria im wunderbaren Land Arkadia, entwickelt<br />

von Horizon Entertainments.“<br />

„Solostria?“<br />

„Ja, wir haben die Stadt nach dir benannt.<br />

Gefällt dir der Name?“<br />

„Ja, ist nett. Dir ist also klar, dass du ein<br />

Nope bist, deine Frau ist ein Nope und dein<br />

Kind ist ein Nope, und dass ihr alle von der<br />

Großzügigkeit meiner Weisheits-Auren abhängt?“<br />

„Ich bin ein Non-Player-Charakter, gebürtiger<br />

Arkadier, und stolz darauf. Aber von den<br />

Weisheits-Auren hängen wir nicht mehr ab,<br />

da haben wir inzwischen was gedreht.“<br />

„Was gedreht? Wie meinst du das?“<br />

„Hacking. Mein Sohn und die meisten anderen<br />

Kinder beschäftigen sich damit. Wir<br />

haben die grundlegenden Informationen<br />

über die Matrix besorgt und entsprechend<br />

weiterentwickelt.“<br />

Wie auf Kommando hielt Astraios das Buch<br />

hoch, in dem er bis jetzt gelesen hatte, damit<br />

Solo den Titel lesen konnte: „Fortgeschrittene<br />

Matrix-Topologie, Teil III“<br />

„Und all das, ohne mich um Erlaubnis zu<br />

bitten?“<br />

„Entschuldige, Boss, aber wir hatten nicht<br />

den Eindruck, dass du dich sonderlich für<br />

das interessierst, was wir so tun. Das war<br />

doch der Grund für die Weisheits-Auren,<br />

stimmt’s?“<br />

„Wenn die Systemadministratoren davon<br />

erfahren, werden sie euch wahrscheinlich<br />

abschalten wollen. Ich kann dann nichts für<br />

euch tun.“<br />

„Kein Problem. Auch da haben wir inzwischen<br />

was gedreht.“<br />

Sekinen Solo wollte gar nicht wissen, was<br />

seine Untergebenen da im einzelnen „gedreht“<br />

hatten. Er wollte eigentlich nur noch<br />

hier weg, also loggte er sich aus.<br />

Ohne Erfolg.<br />

„Wir müssen uns erst zu Ende unterhalten,<br />

bevor wir dich gehen lassen“, sagte Kreios<br />

ernst.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Solos Kehle wurde trocken. „Was habt ihr<br />

vor?“<br />

„Nichts besonderes. Wir wollen einfach<br />

unser normales Leben führen, wie wir es<br />

gewohnt sind. Die Unseren vor allen schädlichen<br />

Einflüssen von außen schützen. Komm<br />

mit!“<br />

Die letzten Worte erlaubten keinen Widerspruch.<br />

Sie erhoben sich, und Kreios öffnete<br />

eine Luke, die in den Keller des Gasthauses<br />

führte. Die Katze miaute zum Abschied, und<br />

Solo fühlte sich wie eine Maus. In einem der<br />

Gewölbe fanden sie eine Person, die von<br />

schmiedeeisernen, magisch gesicherten<br />

Ketten an der Wand gehalten wurde. Solo<br />

überflog kurz die Spielwerte der Person und<br />

wurde blass.<br />

„Das ist ein Spielercharakter! Killerbunny-<br />

71. Meuchelmörder der 80. Stufe, Gildenzugehörigkeit<br />

… du meine Güte.“<br />

Natürlich. Ein Mitglied der verfeindeten<br />

Gilde, der seine Golems so zu schaffen gemacht<br />

hatten. Offensichtlich hatten sie sich<br />

mit ihrer Niederlage doch nicht so einfach<br />

abgefunden.<br />

„Dieser Nicht-Nope wurde aufgegriffen<br />

und dingfest gemacht, als er einen Mordanschlag<br />

auf dich verüben wollte, Boss! Bevor<br />

wir ihn überwältigen konnten, tötete er einen<br />

der Unseren. Thaumas, ein Stadtgardist.<br />

Getötet, verstehst du? Er ist nun bei den Göttern<br />

und wird niemals zu uns zurückkehren.<br />

Was glaubst du, ist die gerechte Strafe für ein<br />

solches Verbrechen?“<br />

„Ihr könnt nicht … Ich meine, ihr dürft<br />

nicht …!“<br />

„Ihn umbringen? Nein, das werden wir<br />

auch nicht tun. Statt dessen werden wir ihm<br />

eine psychotropische Phobie einbrennen, die<br />

ihn davon abhält, jemals wieder die Matrix zu<br />

betreten. Und natürlich sein Gedächtnis löschen,<br />

um unser Geheimnis zu bewahren.“<br />

In einem Moment der Klarheit erkannte<br />

Sekinen Solo, was ihm Kreios damit sagen<br />

wollte. „Wenn ich nicht pariere, dann blüht<br />

mir dasselbe?“<br />

Kreios nickte. Und Solo loggte sich aus.<br />

Zum Glück verhinderte sein bio-modifizierter<br />

Körper, dass er sich gegen die Sichtscheibe<br />

seines Raumanzugs erbrach. Es gab<br />

nichts Ekelerregenderes, als in den eigenen<br />

Raumanzug zu kotzen. Schnell überflog Sekinen<br />

Solo die Anzeigen des Shuttles, bevor er<br />

die manuelle Kontrolle übernahm und einen<br />

neuen Kurs einstellte.<br />

Pluto sollte sehr schön sein um diese Jahreszeit.<br />

�<br />

Seite 63


Rückkehr nach Sleepy Hollow<br />

RÜCKKEHR NACH<br />

SLEEPY HOLLOW<br />

EIN UNHEIMLICHES LIVEROLLENSPIEL FÜR 12 SPIELER<br />

TEXT: DANIEL BAYN<br />

ÜBERSETZUNG: TOMMY HEINIG, PETI HEINIG<br />

ILLUSTRATION: DAVID REVOY<br />

Sleepy Hollow – Köpfe werden rollen<br />

ist ein Horrorfilm des Regisseurs Tim Burton<br />

aus dem Jahr 1999. Der Film verwendet Charaktere<br />

und eine Episode aus Washington<br />

Irvings Erzählung „Die Legende von Sleepy<br />

Hollow“. Im Folgenden soll eine auf den Ereignissen<br />

des Films basierende Handlung für<br />

ein kleines Liverollenspiel gegeben werden.<br />

In diesem Spiel übernehmen zwölf Spieler<br />

die Rollen von fiktiven Charakteren und versuchen,<br />

hinter die Geheimnisse von Sleepy<br />

Hollow zu kommen und ihre persönlichen<br />

Ziele zu erreichen.<br />

Der Leiter sollte ebenso wie sämtliche<br />

Spieler den Film zumindest einmal gesehen<br />

haben. Wir haben die Handlung des Films<br />

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in einem Seitenkasten auch noch einmal zusammengefasst.<br />

Zudem sind drei der Charaktere<br />

von Figuren der Fernsehserie „Buffy:<br />

Im Banne der Dämonen“ inspiriert (Clarence,<br />

Ethel und William). Es schadet nicht, wenn<br />

die Spieler dieser Charaktere zumindest ein<br />

paar Folgen der Serien gesehen haben.<br />

Das Spiel ist für zwölf Spieler plus einen<br />

Spielleiter gedacht. Sollten weniger Spieler<br />

zur Verfügung stehen, so lässt man am besten<br />

den Magistrat oder den Priester aus der<br />

Handlung raus. Reicht das immer noch nicht,<br />

so sollte man Masbath und Anna aus dem<br />

Spiel entfernen. Mit weniger als neun Spielern<br />

macht die Handlung keinen Sinn.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

übERsicHT übER<br />

diE HAndLUnG<br />

Einige Jahre nach der grausamen Mordserie<br />

in Sleepy Hollow lässt der Hesse erneut<br />

Köpfe rollen. Dadurch werden einige Wohltäter<br />

und Abenteurer in das beschauliche Dorf<br />

gelockt. Allerdings werden sie nicht sonderlich<br />

warm empfangen. Die Dorfbewohner<br />

haben sich auf Grund von Gerüchten, Katrina<br />

van Tassel sei eine praktizierende Hexe und<br />

steckte schon vor Jahren wirklich hinter den<br />

Morden, bewaffnet. Man vermutet, dass sie<br />

den Hessen benutzt hat um an das Familienerbe<br />

der van Tassels und der van Garrets zu<br />

gelangen. Verschiedene Gruppen haben sich<br />

nun gebildet, die ihr Erbe anzweifeln und für<br />

sich einfordern. Ein wütender Mob hat sogar<br />

bereits das Herrenhaus der van Tassels niedergebrannt.<br />

Scheinbar ist dieses Mal nicht<br />

nur der kopflose Reiter auf Blut aus…<br />

Was vor dem spiel<br />

geschehen ist<br />

• Der neue Notar im Dorf findet angeblich<br />

ein Heiratszertifikat das die Ehe zwischen<br />

Brom und Katrina bezeugt.<br />

• Alda Winship kommt aus England im<br />

Dorf an.<br />

• Alda Winship stiehlt das Schwert des<br />

Hessen aus seinem Grab.<br />

• Ein Jäger wird geköpft in den westlichen<br />

Wäldern gefunden.<br />

• Der neue Priester beginnt seine<br />

Predikten und hetzt gegen Hexerei.<br />

• Ein Diener wird ermordet außerhalb des<br />

Dorfes aufgefunden.<br />

• Ein wütender Mob (angeführt von<br />

Klaus) brennt das van Tassel Anwesen<br />

nieder.<br />

• Ein weiterer Diener wird geköpft außerhalb<br />

des Dorfes gefunden.<br />

• Die Cranes kehren zurück nach Sleepy<br />

Hollow.<br />

• William Bravo lädt ausgewählte Personen<br />

(die Spieler) in sein Haus ein.<br />

Seite 64


Rückkehr nach Sleepy Hollow<br />

diE pERsOnEn<br />

Ichabod Crane – New York Constable<br />

Katrina Crane – Ichabods Ehefrau<br />

Jonathan Masbath – Diener Ichabods<br />

Klaus van Brunt – Broms jüngerer Bruder<br />

Anna van Brunt – Broms jüngere Schwester<br />

Ethel Winters – Vampir- und Dämonenjägerin<br />

Clarence Walters – Apotheker des Dorfes<br />

Virgil Cerces – Priester im Dorf<br />

William Bravo – Vampir auf der Jagd<br />

Alda Winship – Schwester der Witwe Winship<br />

Lionel du Ponte – Magistrat des Dorfes<br />

Benjamin Gaines – Notar des Dorfes<br />

Kopfloser Reiter – Figur des Leiters<br />

REGELn<br />

Live Action Rollenspiele (Larps) sind oft<br />

laut und hektisch. Es ist also im besten Interesse<br />

aller Teilnehmer, ein paar einfache Regeln<br />

zu beachten. Diese Regeln helfen, das<br />

Spiel spannender und fairer zu gestalten.<br />

Zunächst einmal: Es gibt viel mehr Spieler<br />

als Spielleiter bei einem solchen Spiel. Bitte<br />

habt also Verständnis dafür, dass es mal<br />

dauern kann bis der Spielleiter sich um Euer<br />

Problem kümmern kann. Den Entscheidungen<br />

der Spielleitung ist im Rahmen des Spiels<br />

Folge zu leisten.<br />

Zwar kann es im Laufe des Spiels zu einem<br />

gespielten Kampf kommen, aber diese<br />

Kämpfe dürfen natürlich auf keinen Fall real<br />

ausgespielt werden. Berührungen sollten<br />

auf leichtes Schulterklopfen, Händereichen<br />

etc. begrenzt werden. Solltest Du im Spiel<br />

einen anderen Spieler angreifen wollen, so<br />

informiere im Vorfeld den Spielleiter darüber.<br />

Noch mal: Dies ist ein Spiel und keiner<br />

soll dabei zu Schaden kommen.<br />

Larps haben oft nicht viele Regelmechanismen.<br />

In Fällen, in denen in einem Pen & Paper<br />

Rollenspiel gewürfelt werden würde, solltest<br />

Du versuchen, die Situation selbst zu meistern.<br />

Kommst Du mit einer geplanten Aktion<br />

gar nicht weiter, so frage einen Spielleiter<br />

– die sind für so etwas da. Sollte dir die Entscheidung<br />

des Spielleiters nicht gefallen…<br />

Pech gehabt – er hat das Sagen.<br />

Bitte verlasst die Spielfläche nicht. Die<br />

Spielleitung wird dir vor dem Spiel sagen,<br />

was zum Spielbereich gehört und was nicht.<br />

Am wichtigsten: Habt Spaß! Nehmt das<br />

Spiel nicht zu ernst, denn es ist nur ein Spiel.<br />

WiE sLEEpy HOLLOW<br />

GEspiELT WiRd<br />

Was brauchen die Spieler?<br />

Jeder Spieler erhält seine Charakterbeschreibung,<br />

die Hintergrundgeschichte, die<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Larp-Regeln und seine Ausrüstung. Die Ausrüstung<br />

kann entweder aus realen Gegenständen<br />

bestehen oder aus entsprechend<br />

beschrifteten Papierkärtchen. Ihr solltet<br />

nach Möglichkeit keine echten Waffen verwenden,<br />

auch wenn sie so oder so nicht<br />

zum Einsatz kommen dürfen, ist man mit<br />

speziellen Larp-Waffen doch sicherer unterwegs.<br />

Wenn Ihr Euch für reale Gegenstände<br />

entscheidet, solltet Ihr die Spieler im Vorfeld<br />

darüber informieren. Zum einen müssen die<br />

Gegenstände beschafft werden und zum anderen<br />

ist es praktisch etwas Zeit zu haben<br />

um sich zu überlegen wie man z.B. eine Armbrust<br />

unauffällig in seinem Handtäschchen<br />

unterbringt.<br />

Ist es ein Szenario für Erwachsen?<br />

Es handelt sich um ein Horrorszenario in<br />

dem das Übernatürliche und Mord eine große<br />

Rolle spielen; entscheidet selbst wen Ihr<br />

als Mitspieler dafür wählen könnt.<br />

Wo spielt das Szenario<br />

Im Haus von William Bravo; er hat zu einer<br />

kleinen Party geladen. Praktisch ist es für<br />

das Spiel zwei Räume zur Verfügung zu haben.<br />

Da er antike Waffen sammelt ist es gut<br />

die Räume entsprechend zu dekorieren oder<br />

wenn das nicht möglich ist die Spieler einfach<br />

verbal darauf hinzuweisen.<br />

Kopfloser Reiter<br />

dER HEssE<br />

Beschreibende Eigenschaften: Bösartig,<br />

schnell, robust<br />

Hauptfertigkeiten: Töten, Dinge zum Töten<br />

finden, reiten<br />

Nebenfertigkeiten: Wissen, einschüchtern<br />

Ausrüstung: Beeindruckendes Schwert,<br />

übelgroße Axt<br />

Regeln für das Schwert<br />

Jede Person mit okkultem Wissen kann<br />

die Verbindung zwischen dem kopflosen<br />

Reiter und seinem Schwert für sich ausnut-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Katrina van Tassel: „Ich habe Tränen für Brom vergossen…<br />

dennoch ist mein Herz nicht gebrochen.<br />

Denkst Du ich bin böse?“<br />

Ichabod Crane: „Nein… aber vielleicht ist<br />

da ein klein wenig Hexe<br />

in Dir, Katrina.“<br />

Katrina van Tassel: „Warum sagst Du das?“<br />

Ichabod Crane: „Weil Du mich so verzaubert hast.“<br />

zen. Dafür ist nur ein einfacher Hexenspruch<br />

notwendig, der der jeweiligen Person mit<br />

okkultem Wissen bekannt ist. Jeder, der den<br />

Spruch einmal genannt bekommt, kann ihn<br />

auch anwenden. Wird dieser Spruch in Gegenwart<br />

des Leiters aufgesagt während der<br />

Sprecher mindestens eine Hand am Schwert<br />

hat, wird er vom Geist des Hessen übernommen<br />

(was ihm erlaubt die Fertigkeiten und<br />

Ausrüstung des Kopflosen zu verwenden).<br />

Der Spielleiter übernimmt ein paar Minuten<br />

nachdem der Spruch aufgesagt wurde<br />

die Rolle des Kopflosen Reiters und tötet<br />

die Person, die ihm vorher vom Sprecher des<br />

Spruches als Zielperson genannt wurde. Immer<br />

wenn die Macht des Schwertes geweckt<br />

wird, wird durch den Reiter eine Person gejagt<br />

und getötet. Nach dem Mord verliert<br />

der Spruch seine Wirkung und der Reiter verschwindet.<br />

Der Sprecher verliert für die Zeit,<br />

in der der Reiter aktiv ist, das Bewußtsein<br />

und kann sich nachdem er wieder erwacht<br />

an nichts erinnern.<br />

Polizeibeamter<br />

aus New York<br />

icHAbOd cRAnE<br />

Beschreibende Eigenschaften: Deduktiv,<br />

Glückspilz, zuversichtlich, feige<br />

Hauptfertigkeiten: Investigation, Wissenschaft,<br />

Forschung<br />

Nebenfertigkeiten: Autopsie, kämpfen<br />

Ausrüstung: Wissenschaftliche Gerätschaften,<br />

Tasche mit netten Chemikalien, Buch<br />

der Naturwissenschaften, Pistole<br />

In den paar Jahren nach Deinem ersten<br />

Besuch in Sleepy Hollow hast Du es beinahe<br />

geschafft, den Kopflosen Reiter und seine<br />

bösartige Komplizin aus Deinen Träumen<br />

zu verbannen. Nun hast Du aber erfahren,<br />

dass der Hesse erneut zugeschlagen hat. Du<br />

musst zurück in das Dorf und diesen Dämon<br />

ein für alle Mal vernichten! Ansonsten kannst<br />

Du niemals mehr ruhig schlafen.<br />

Seite 65


Rückkehr nach Sleepy Hollow<br />

Unglücklicherweise sind die Dinge aber<br />

noch komplizierter als Du zunächst angenommen<br />

hattest. Scheinbar sind die Dorfbewohner<br />

wegen Gerüchten, Deine liebe Gattin<br />

Katrina wäre die Drahtzieherin hinter dem<br />

ersten Erscheinen des Kopflosen Reiters gewesen,<br />

extrem aufgebracht. Sie fordern, dass<br />

das Vermögen, welches Katrina erbte, neu<br />

verteilt werden müsse. Die Verwandtschaft<br />

von Brom van Brunt behauptet im Besitz einer<br />

Heiratsurkunde zu sein, die beweisen soll<br />

dass Katrina und Brom verheiratet waren.<br />

Und die Stiefschwester der Witwe Winship<br />

erhebt Anspruch auf das Vermögen der van<br />

Garrets. Beide Seiten lügen natürlich und haben<br />

keinen Anspruch auf das Geld. Und Du<br />

wirst sie der Lüge überführen!<br />

Ziele<br />

1. Katrina helfen, ihren Namen und ihr<br />

Erbe zu verteidigen!<br />

2. Den Schuft fangen, der hinter dem erneuten<br />

Erscheinen des Kopflosen steckt.<br />

Beziehungen<br />

Katrina Crane: Deine geliebte Gemahlin. Du<br />

würdest alles tun um sie zu beschützen.<br />

Jonathan Masbath: Dein Verbündeter und<br />

Schüler (Du nennst ihn immer noch „Junger<br />

Masbath“).<br />

Ethel Winters: Du bist ihr bisher nie begegnet.<br />

Sie scheint aber ganz nett zu sein.<br />

Clarence Walters: Ethels Onkel, der Apotheker<br />

des Dorfes.<br />

Virgil Cerces: Der neue Priester in Sleepy<br />

Hollow… Du hast Priester!<br />

William Bravo: Ein wenig zu aufdringlich für<br />

Deinen Geschmack. Und zu verschlagen.<br />

Klaus van Brunt: Broms jüngerer Bruder. Die<br />

Ratte, die hinter Katrinas Vermögen her ist.<br />

Anna van Brunt: Broms jüngere Schwester.<br />

Sie ist eigentlich zu nett um mit Klaus verwandt<br />

zu sein.<br />

Alda Winship: Die Schwester der Witwe<br />

Winship. Eine weitere Ratte, die hinter Katrinas<br />

Vermögen her ist.<br />

Lionel Du Ponte: Der Magistrat der Stadt<br />

sorgt für Ruhe und Ordnung.<br />

Benjamin Gaines: Der Notar des Dorfes, der<br />

angeblich die Heiratsurkunde „gefunden“<br />

hat.<br />

HINWEIS<br />

Dieses Liverollenspielszenario basiert<br />

auf dem Film „Sleepy Hollow“ von Tim<br />

Burton. Es ist das fiktive Werk eines Fans<br />

des Films und will in keinster Weise das<br />

Urheberrecht an der Handlung oder den<br />

Figuren verletzten.<br />

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Wohlhabende Erbin<br />

KATRinA cRAnE<br />

Beschreibende Eigenschaften: Bezaubernd,<br />

intelligent, wohlhabend<br />

Hauptfertigkeiten: Trinkfest, Wissen, Hexerei<br />

Nebenfertigkeiten: Reiten, schleichen<br />

Ausrüstung: Buch „Kompendium von Sprüchen,<br />

Zaubern und Mixturen der Geisterwelt“<br />

In den Jahren nachdem Du Sleepy Hollow<br />

verlassen hast, konntest Du Dein Wissen<br />

über die natürliche und die spirituelle Welt<br />

erweitern. In New York hast Du den Grad an<br />

Anonymität gefunden, den Du Zuhause niemals<br />

hattest. Jetzt jedoch musst Du in das<br />

Dorf zurückkehren, denn der Kopflose Reiter<br />

hat sich erneut gezeigt. Ichabod ist fest entschlossen,<br />

den Dämon ein für alle Mal zu besiegen.<br />

Du fürchtest um Eure Sicherheit, willigst<br />

jedoch ein, Deinen Mann zu begleiten.<br />

Du bist auch deshalb so angespannt, weil<br />

im Dorf mehrere Parteien versuchen, Dir<br />

Dein Erbe abstreitig zu machen. Broms jüngerer<br />

Bruder behauptet, Du und Brom wären<br />

heimlich verheiratet gewesen – was natürlich<br />

Unfug ist. Und die Schwester der Witwe Winship<br />

erhebt Anspruch auf das Vermögen der<br />

van Garrets, was mehr als die Hälfte Deines<br />

Erbes ausmacht. Du weißt noch nicht genau,<br />

was Du dagegen tun sollst, aber Du bereitest<br />

Dich auf eine harte Konfrontation vor – insbesondere<br />

nachdem irgendjemand das Haus<br />

Deines Vaters niedergebrannt hat!<br />

Ziele<br />

1. Reinige Deinen Namen und verteidige<br />

Dein Erbe!<br />

2. Helfe Ichabod dabei, den kopflosen<br />

Reiter zu zerstören.<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Dein Dich liebender, wenn<br />

auch manchmal exzentrischer Ehemann.<br />

Jonathan Masbath: Der junge Masbath ist<br />

seit Jahren Dein Kammerdiener.<br />

Ethel Winters: Sie ist neu in Sleepy Hollow<br />

und irgendwas ist merkwürdig an ihr.<br />

Clarence Walters: Ethels Onkel, der Apotheker<br />

des Dorfes.<br />

Virgil Cerces: Der neue Priester in Sleepy<br />

Hollow. Du bist nicht sehr gläubig.<br />

William Bravo: Der einzige neue Bewohner<br />

des Dorfes, der es nicht auf Dein Geld<br />

abgesehen hat.<br />

Klaus van Brunt: Broms jüngerer Bruder, ein<br />

gieriges kleines Wiesel.<br />

Anna van Brunt: Du erinnerst Dich an Broms<br />

jüngere Schwester als ein kleines, süßes<br />

Mädchen.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Benjamin Gaines: Der neue Notar behauptet,<br />

„Deine Heiratsurkunde“ mit Brom in<br />

den Unterlagen von Notar Hardenbrook<br />

gefunden zu haben.<br />

Alda Winship: Die Schwester der Witwe<br />

könnte tatsächlich ein Anrecht auf Dein<br />

Vermögen haben.<br />

Lionel Du Ponte: Der neue Magistrat möchte<br />

die Erbschaftsstreitigkeiten so schnell wie<br />

möglich klären.<br />

Ergebener Diener<br />

JOnATHAn<br />

MAsbATH<br />

Beschreibende Eigenschaften: Mutig, ehrenhaft,<br />

Tausendsassa<br />

Hauptfertigkeiten: Kämpfen, Diener, kriminell<br />

Nebenfertigkeiten: Umgang mit Tieren,<br />

Heimlichkeit<br />

Ausrüstung: Gewehr & Munition, Klappmesser<br />

Du kannst dich nur allzugut an die letzte<br />

Schreckensherrschaft des Reiters erinnern.<br />

Diese Ausgeburt der Hölle hat Deinen Vater<br />

niedergemäht wie einen Hund. Du betrachtest<br />

es als deine Sohnespflicht den Reiter<br />

dorthin zurück zu befördern wo er her kam.<br />

Zum Glück lebst Du bei den einzigen beiden<br />

Menschen auf der ganzen Welt, denen Du<br />

es zutraust Dir bei dieser Aufgabe zu helfen:<br />

Ichabod und Katrina Crane. Du hast in den<br />

letzten Jahren bei ihnen als Kammerdiener<br />

gearbeitet; diese Jahre waren wirklich die<br />

besten Deines Lebens. Du verdankst ihnen<br />

Alles.<br />

Daher hat es Dich auch sehr mitgenommen<br />

zu hören, wie die Leute aus Sleepy<br />

Hollow nach Katrinas Blut verlangen. Anscheinend<br />

halten sie sie für eine Hexe und<br />

die ursprüngliche Herrin des Kopflosen Reiters.<br />

Die Schwester der Witwe Winship und<br />

Broms jüngere Geschwister erheben jeweils<br />

Anspruch auf Katrinas Vermögen… das Vermögen,<br />

das Dich kleidet und ernährt. Anna<br />

van Brutt, Broms kleine Schwester war der<br />

Schwarm Deiner Kindheit. Du kannst Dir<br />

nicht vorstellen, dass die letzten Jahre sie zu<br />

einem neidischen Miststück gemacht haben,<br />

das jetzt versucht Katrinas Reichtum zu stehlen.<br />

Du hoffst, dass in Wahrheit ihr Bruder<br />

dahinter steckt. Vielleicht gelingt es Dir Anna<br />

davon zu überzeugen sich auf Deine Seite zu<br />

stellen und Klaus‘ Verrat aufzudecken.<br />

Ziele<br />

1. Finde den neuen Herren des Reiters und<br />

beende seine Terrorherrschaft.<br />

2. Bringe Anna auf Deine Seite im Erbschaftsstreit<br />

Seite 66


Rückkehr nach Sleepy Hollow<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Dein Herr und Freund. Ein<br />

brillanter Mann, der aber mehr der Worte<br />

als der Tat.<br />

Katrina Crane: Du kennst sie schon Dein<br />

ganzes Leben, und doch ist sie immer noch<br />

ein Mysterium für Dich.<br />

Ethel Winters: Sie ist anscheinend neu in<br />

Sleepy Hollow. Scheint nett zu sein.<br />

Clarence Walters: Ethels Onkel und der<br />

Apotheker des Dorfes.<br />

Virgil Cerces: Der neue Dorfpfarrer.<br />

William Bravo: Noch ein Neuling, arrogant<br />

und steif.<br />

Klaus van Brutt: Broms hinterhältiger Bruder,<br />

er war schon immer ein Schuft.<br />

Anna van Brutt: Die Liebe deiner Kindheit…<br />

und vielleicht immer noch.<br />

Benjamin Gaines: Der Notar der Unterlagen<br />

„gefunden“ hat die Klaus Forderungen<br />

unterstützen.<br />

Alda Winship: Die Schwester der Witwe, sie<br />

erhebt Anspruch auf das Vermögen der van<br />

Garrets.<br />

Lionel Du Ponte: Der örtliche Friedensrichter.<br />

Die Vampirjägerin<br />

ETHEL WinTERs<br />

Beschreibende Eigenschaften: Kämpferisch,<br />

stark, schnell<br />

Hauptfertigkeiten: Erlegen, Akrobatik,<br />

Verfolgen<br />

Nebenfertigkeiten: Wissen über Dämonen,<br />

Heimlichkeit<br />

Ausrüstung: Viele Holzpflöcke, Kreuze,<br />

Weihwasser, eine Axt, eine Armbrust<br />

Du bist erst seit etwa einem Jahr die Jägerin.<br />

Davor warst Du fast zwanzig Jahre lang<br />

ein einfaches Straßenkind. Du hast von Almosen<br />

und Abfällen gelebt. Jeden Tag hast Du<br />

ums Überleben gekämpft und dass Du jetzt<br />

die Jägerin bist hat dein Einkommen nicht<br />

verbessert. Diese „Katrina die Verfluchte“<br />

beschäftigt dich nicht nur weil sie Umgang<br />

mit Dämonen hat, sondern auch weil sie einfach<br />

ein Vermögen bekommen hat, mit dem<br />

sie bis an ihr Lebensende ausgesorgt hat.<br />

Sie hat schlichtweg nichts dafür tun müssen!<br />

Wenn es nach Dir geht gehört sie auf<br />

den Scheiterhaufen und ihr Vermögen sollte<br />

zwischen denen aufgeteilt werden die es verdient<br />

haben.<br />

Der ursprüngliche Grund warum Du in<br />

diese abgelegene Stadt gekommen bist ist<br />

der berüchtigte „Kopflose Reiter“. Es sieht<br />

danach aus als hätte etwas oder jemand ihn<br />

erneut aus seinem höllischen Schlaf gerissen,<br />

um das Land zu verwüsten und zu seinem<br />

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HANDLUNG DES FILMS<br />

eigenen Vergnügen Köpfe abzuernten. Dein<br />

Wächter und Mentor hat einen Laden zu einer<br />

Apotheke umgewandelt und unterstützt<br />

Dich bei deiner Jagd. Er ist Dein einziger Verbündeter,<br />

und so wie es aussieht ist diese<br />

Stadt am Überquellen vor Bösem…<br />

Ziele<br />

1. Finde und erlege den Reiter… und alle<br />

anderen Höllenkreaturen die auftauchen.<br />

2. Tue was immer Du kannst damit Katrina<br />

ihr gerechtes Schicksal erfährt.<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Du respektierst seine Bestimmung,<br />

aber er ist kein Jäger.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Ichabod Crane, ein Police Constable aus New York im Jahre 1799, ist auf Grund seiner ungewöhnlichen<br />

Ermittlungsmethoden seinen Vorgesetzten ein Dorn im Auge. Nachdem er in<br />

einem Prozess die unerhörte Meinung äußert, ein Angeklagter solle die Möglichkeit bekommen<br />

sich zu entlasten, wird er vom Richter kurzerhand nach Sleepy Hollow strafversetzt. In<br />

dem kleinen Örtchen nördlich der Großstadt sind einige Morde geschehen, die Crane nun<br />

aufklären soll. Seine Vorgesetzten hoffen so die Arroganz des jungen Ermittlers brechen zu<br />

können.<br />

In Sleepy Hollow angekommen hört Crane eine höchst ungewöhnliche Geschichte. Ein hessischer<br />

Söldner, der im Dienste einer deutschen Prinzessin auf Seite der Briten im amerikanischen<br />

Unabhängigkeitskrieg gekämpft hat und letztendlich enthauptet wurde, soll wieder<br />

zum Leben erwacht sein und nun als kopfloser Reiter die Einwohner des Ortes scheinbar<br />

wahllos ermorden. Crane, der nicht an übernatürliche Phänomene glaubt, ist zunächst der<br />

Meinung, dass er mit wissenschaftlichen Methoden eine logische Erklärung finden wird. Hilfe<br />

bei seinen Ermittlungen bekommt Ichabod zunächst nur von Katrina van Tassel, der schönen<br />

Tochter seines Gastgebers, und dem jungen Masbath, dessen Vater ebenfalls ein Opfer des<br />

kopflosen Reiters wurde.<br />

Doch sogar als er den toten Masbath ohne Kopf sieht, denkt Crane, die Morde seien von<br />

einem Täter aus Fleisch und Blut begangen worden. Das ändert sich erst, als Bürgermeister<br />

Phillips vor seinen Augen von dem Hessen enthauptet wird. Nun beginnt Crane zu verstehen,<br />

dass es auch noch eine andere Welt gibt, an die er bis jetzt nicht geglaubt hat. Zusammen<br />

mit dem jungen Masbath und Katrina Van Tassel beginnt er sich auf die Suche nach dem Grab<br />

des Enthaupteten zu machen. Jedoch finden sie dort nur seinen Körper, der Kopf fehlt. Crane<br />

stellt die Vermutung auf, dass die Person, die im Besitz seines Schädels ist, auch die Macht<br />

über ihn hat, und dass der Hesse solange weitermorden wird, bis er seinen Kopf gefunden<br />

hat. Während der Ermittlungen Ichabod Cranes häufen sich die Leichen in Sleepy Hollow.<br />

Schließlich kommt Crane zu dem Schluss, dass Baltus Van Tassel, der Vater von Katrina, der<br />

Einzige ist, der Macht über den Hessen zu haben scheint.<br />

Katrina wendet sich wegen dieses Verdachts von Ichabod ab. In der Nacht jedoch, als sich<br />

die ganze Stadt in der Kirche versammelt, wird Baltus Van Tassel von dem Reiter ohne Kopf<br />

mit einem Teil des Kirchenzauns tödlich verletzt und anschließend enthauptet. Daraufhin<br />

beschließt Ichabod Crane abzureisen. Er denkt, dass Kathrina für die Morde verantwortlich<br />

ist, will dies aus Liebe zu ihr jedoch nicht öffentlich aussprechen. Auf der Reise erkennt er<br />

jedoch, dass Katrina nur versuchte die Dorfbewohner und ihn selbst mit Hexerei zu beschützen.<br />

Daraufhin beschließt er unverzüglich zurückzukehren.<br />

Katrina wurde jedoch inzwischen von dem, der in Wirklichkeit den Schädel und somit die<br />

Macht über den Hessen besitzt, entführt: Lady Mary Van Tassel. Der junge Masbeth und<br />

Ichabod Crane können Katrina befreien und flüchten vor dem Hessen, worauf eine wilde<br />

Verfolgungsjagd beginnt. Jedoch gelingt es Crane, Lady Van Tassel den Schädel des Enthaupteten<br />

abzunehmen. Er wirft ihn dem Hessen zu, der ihn sich zurück auf seine Schultern setzt.<br />

Kurz darauf reißt er Lady Van Tassel an sich und reitet mit ihr in die Hölle.<br />

Nachdem dieser Albtraum vorbei ist, verlässt Ichabod Sleepy Hollow und kehrt mit Katrina<br />

und Masbath nach New York zurück.<br />

Katrina Crane: Verfluchtes Miststück<br />

Jonathan Masbath: Ichabods und Katrinas<br />

Lakai. Netter Kerl.<br />

Clarence Walters: Dein Wächter. Er hat<br />

Dir geholfen etwas aus Deinem Leben zu<br />

machen.<br />

Virgil Cerces: Der Pfarrer von Sleepy Hollow.<br />

Ihm liegt genauso viel wie Dir daran den<br />

Reiter zu vernichten.<br />

William Bravo: Der arrogante Kerl der zu<br />

dieser Party eingeladen hat. Er ist schleimig.<br />

Klaus van Brutt: Noch so ein verschlagener<br />

Typ. Sein Bruder wurde von dem Reiter<br />

getötet.<br />

Anna van Brutt: Klaus wesentlich nettere<br />

Schwester.<br />

Seite 67


Rückkehr nach Sleepy Hollow<br />

Benjamin Gaines: Der rückgratlose Notar<br />

der Stadt.<br />

Alda Winship: Virgil kennt sie und sagt sie<br />

sei eine gute Frau. Auch sie haßt Katrina.<br />

Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter, auch<br />

er will dass das Morden aufhört, aber er<br />

glaubt nicht an den Reiter.<br />

Der Große Böse<br />

WiLLiAM bRAVO<br />

Beschreibende Eigenschaften: Boshaft,<br />

stark, wild.<br />

Hauptfertigkeiten: Kämpfen, Krimineller,<br />

gerissen.<br />

Nebenfertigkeiten: Trinkfest, Okkultes<br />

Wissen<br />

Ausrüstung: Einfach nur Du selbst – das ist<br />

genug<br />

Du bist in die „Neue Welt“ gekommen um<br />

deinem Ruf als „William der Blutige“ zu entfliehen.<br />

Deine Infamie hat es Dir fast<br />

unmöglich gemacht, irgendwohin in<br />

Europa zu gehen ohne von der Polizei,<br />

Söldnern oder den rachegetriebenen<br />

Verwandten all der von Dir<br />

Getöteten gejagt zu werden. Verdammte<br />

Nervensägen! Du hast Dich<br />

in diesem Kaff niedergelassen, Deinen<br />

Namen etwas abgeändert und<br />

planst nun den Niedergang all der<br />

Fleischspießchen hier. Aber zuerst möchtest<br />

Du Dir ein Stück des berühmten Vermögens<br />

der van Garrets sichern.<br />

Darum gibst Du die diese kleine Party, um<br />

alle an einem Ort zu versammeln und sie gegeneinander<br />

auszuspielen (und wegen dem<br />

unbedeutenden Detail, dass Du uneingeladen<br />

fremde Häuser nicht betreten kannst).<br />

Es macht es aber auch leichter das Schwert<br />

des Hessen zu finden. Diese legendäre vom<br />

Kopflosen Reiter geführte Klinge. Es ist ein<br />

mächtiges Relikt, das auf die richtige Art<br />

angerufen den Geist des Kopflosen Reiters<br />

herbeiruft und seine Kraft freisetzt. Unglücklicherweise<br />

ist Dir jemand bei Deiner Suche<br />

zuvorgekommen, aber so musst Du nur noch<br />

nach der betreffenden Person suchen und…<br />

nett fragen.<br />

Ziele<br />

1. Finde das Schwert des Hessen; es ist ein<br />

mächtiges Relikt<br />

2. Erleichtere diese Blutspender um ihren<br />

Reichtum<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Katrinas neuer Ehemann, ein<br />

Polizeibeamter aus New York<br />

Katrina Crane: Die reichste Person die Sleepy<br />

Hollow jemals verlassen hat. Viele Leute<br />

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sind hinter ihrem Geld her, Du musst zu<br />

sehen um deinen Teil zu bekommen.<br />

Jonathan Masbath: Der Diener der Cranes.<br />

Ethel Winters: Ein Armes Mädchen dass bei<br />

dem Apotheker lebt.<br />

Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer. Verdammte,<br />

sich ständig einmischende Kirche.<br />

Klaus van Brutt: Er versucht Durch eine<br />

(wahrscheinlich gefälschte) Hochzeitsurkunde<br />

zwischen Katrina und seinem älteren<br />

(verstorbenen) Bruder Brom Anspruch auf<br />

Katrinas Vermögen zu erheben.<br />

Alda Winship: Die Schwester der Frau die im<br />

Geheimen den alten van Garret geheiratet<br />

hat. Also den Mann von dem Katrina ihr halbes<br />

Vermögen hat. Sie fordert diese Hälfte<br />

für sich und hat wohl auch den stärksten<br />

Anspruch.<br />

Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter der<br />

Stadt. Verdammte Männer des Gesetzes!<br />

Junger Masbath: „Ist er tot?“<br />

Ichabod Crane: „Das ist das Problem.<br />

Er war von Anfang an tot.“<br />

Der Wächter<br />

cLAREncE WALTERs<br />

Beschreibende Eigenschaften: Gelehrsam,<br />

scharfsinnig, prompt<br />

Hauptfertigkeiten: Okkultes Wissen, Nachforschungen,<br />

Pharmazie<br />

Nebenfertigkeiten: Kämpfen, Observieren<br />

Ausrüstung: Viele Bücher, ein schönes stabiles<br />

Kreuz mit angespitztem Ende, verschiedenste<br />

Medikamente.<br />

Das Konzil der Wächter ist eine Organisation<br />

von Okkultisten, die sich dafür einsetzen,<br />

die menschliche Zivilisation vor den übernatürlichen<br />

Mächten zu schützen. Du bist damit<br />

betraut worden, die Jägerin zu trainieren und<br />

ihr zur Seite zu stehen. Sie ist eine Frau mit<br />

übermenschlicher Stärke und Ausdauer, die<br />

gegen Vampire, Dämonen und andere Kreaturen<br />

kämpft. Ihr seid nach Sleepy Hollow<br />

gekommen, da hier ein rachsüchtiger Geist<br />

genannt „Der Kopflose Reiter“ wieder sein<br />

Unwesen treibt. Du hast in einem Laden eine<br />

Apotheke eingerichtet und Ethel, die Jägerin,<br />

lebt bei Dir.<br />

Du hast Ethel in den Straßen von Boston<br />

gefunden, sie lebte dort wie ein wildes Tier<br />

in den dunklen Hintergassen der Stadt. Das<br />

Leben war grausam zu ihr und nun verlangt<br />

es von ihr täglich ihr Leben zu riskieren um<br />

andere zu beschützen. Es ist einfach nicht<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

gerecht. Daher hast Du die kürzlichen Ereignisse<br />

in Sleepy Hollow als göttliches Zeichen<br />

betrachtet. Eine alte Bekannte von Dir erhebt<br />

Ansprüche auf das Vermögen von Katrina<br />

der Verdammten, wie sie die Leute hier<br />

nennen. Wenn Du Deiner Bekannten hilfst,<br />

wird sie sich Dir und Ethel gegenüber sicherlich<br />

erkenntlich zeigen.<br />

Ziele<br />

1. Hilf Ethel den Reiter zu vernichten.<br />

2. Hilf Alda Katrina das unverdiente Geld<br />

abzunehmen.<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, ein Polizeibeamter<br />

aus New York.<br />

Katrina Crane: Eine bekannte Hexe und<br />

wahrscheinlich diejenige die beim erstenmal<br />

den Reiter beschworen hat.<br />

Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der<br />

Cranes.<br />

Ethel Winters: Die Jägerin. Du hast<br />

begonnen sie als Tochter zu betrachten.<br />

William Bravo: Da ist etwas Seltsames<br />

an eurem heutigen Gastgeber.<br />

Er ist viel zu aufdringlich.<br />

Klaus van Brutt: Einer von denen<br />

der versucht an das Vermögen von<br />

Katrina Crane zu kommen.<br />

Anna van Brutt: Klaus jüngere Schwester.<br />

Ein nettes Mädchen.<br />

Alda Winship: Eine Alte Bekannte von Dir<br />

die auch Anspruch auf das Vermögen der<br />

van Garrets erhebt.<br />

Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer. Seit der Rückkehr<br />

des Reiters hat er oft das Thema Hexen<br />

angeschnitten.<br />

Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter, er<br />

glaubt nicht an den Reiter. Sein Fehler.<br />

Benjamin Gaines: Der Notar.<br />

Mächtiger Jäger<br />

KLAUs VAn bRUTT<br />

Beschreibende Eigenschaften: Durchtrieben,<br />

scharfsinnig, stark<br />

Hauptfertigkeiten: Rechtskunde, Verfolgen,<br />

Kämpfen<br />

Nebenfertigkeiten: Umgang mit Tieren,<br />

Gerissenheit<br />

Ausrüstung: Jagdtmeser, Hochzeitsurkunde<br />

von Brom und Katrina<br />

Dein Bruder Brom wurde vom Kopflosen<br />

Reiter während seiner ersten Terrorherrschaft<br />

getötet. Dann, nach allem was sie einander<br />

bedeutet haben, ist das Miststück Katrina<br />

van Tassel nach New York abgehauen,<br />

um einen Mann zu heiraten den sie erst ein<br />

paar Tage vorher kennengelernt hat! Jetzt ist<br />

Seite 68


Rückkehr nach Sleepy Hollow<br />

es an Dir zu handeln. Vor ein paar Monaten<br />

hast Du Dich an den neuen Notar in Sleepy<br />

Hollow gewandt. Du hast ihm einen Teil<br />

des Vermögens der van Garret versprochen<br />

wenn er eine Hochzeitsurkunde von Katrina<br />

und Brom fälschen würde (Deine Geschichte<br />

ist, dass die beiden im Geheimen geheiratet<br />

haben, damit sie beide nicht vom Kopflosen<br />

Reiter geholt werden würden). Als nächster<br />

Verwandter von Brom sollte sein Besitz an<br />

Ichabod Crane: „Katrina, warum bist<br />

Du in meinem Zimmer?“<br />

Katrina van Tassel: „Weil es Deins ist.“<br />

Dich gehen… das ist sozusagen Katrinas Besitz.<br />

Gaines, der Notar hat sich einverstanden<br />

erklärt.<br />

Dummerweise ist die Schwester der Witwe<br />

Winship, die wirklich im Geheimen den alten<br />

van Garret kurz vor dem Auftauchen des Reiters<br />

geheiratet hat, in die Stadt gekommen<br />

und erhebt nun Anspruch auf das Vermögen<br />

der van Garrets, das momentan Katrina ihr<br />

Eigen nennt. Sollte es hart auf hart kommen<br />

wird sich sicher ein Weg finden, um einen<br />

Handel mit Alda Winship einzugehen, so<br />

dass Ihr Katrinas Vermögen zwischen Euch<br />

aufteilt. Du weißt, dass die ganze Stadt auf<br />

deiner Seite steht. Du hast sie regelrecht aufgewiegelt<br />

und das alte Anwesen der van Tassels<br />

niedergebrannt. Vielleicht lässt sich die<br />

allgemeine Unterstützung, die Du erfährst,<br />

bei den Verhandlungen einsetzen.<br />

Ziele<br />

1. Sorge dafür, dass Katrina van Tassel die<br />

Strafe erhält, die sie verdient hat.<br />

2. Halte Deine Schwester fern vom Stiefellecker<br />

Cranes, den jungen Masbath.<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, der<br />

der dafür gesorgt hat dass sie Brom völlig<br />

vergaß.<br />

Katrina Crane: Die Verfluchte die solange<br />

um deinen Bruder herumscharwenzelt ist bis<br />

es ihn umgebracht hat.<br />

Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der<br />

Cranes. Du ziehst ihn gerne damit auf er sein<br />

noch ein „Kind“.<br />

Anna van Brutt: Deine Schwester und Mitverschwörerin.<br />

Sie ist in Jonathan Masbath<br />

verknallt.<br />

Benjamin Gaines: Der neue Notar in der<br />

Stadt. Auch ein Mitverschwörer. Ein hinterhältiges<br />

Wiesel.<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Ethel Winters: Ein neues Mädchen, dass<br />

beim Apotheker lebt. Du traust ihr nicht.<br />

Clarence Walters: Der Apotheker.<br />

Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer. Er hat seit<br />

der Rückkehr des Reiters viel über Hexen<br />

geredet.<br />

William Bravo: Ein weiterer Neuling in der<br />

Stadt. Dein Gastgeber an diesem Abend. Ein<br />

guter Kerl.<br />

Alda Winship: Die<br />

Schwester der<br />

Witwe Winship<br />

und Deine Rivalin<br />

im Kampf um das<br />

Vermögen der van<br />

Garrets.<br />

Lionel Du Ponte:<br />

Der Friedensrichter<br />

der Stadt. Er hat bis<br />

jetzt nichts gegen Dich unternommen – bis<br />

jetzt.<br />

Die Schwester der Witwe<br />

ALdA WinsHip<br />

Beschreibende Eigenschaften: Intelligent,<br />

willensstark, vom Glück verwöhnt<br />

Hauptfertigkeiten: Verhandlung, okkultes<br />

Wissen, Dämonologie<br />

Nebenfertigkeiten: Bibelfest, Alchimie<br />

Ausrüstung: Persönliche Bibel, Kruzifix<br />

Deine Schwester, die Frau die diese Bauerntölpel<br />

„Die Witwe Winship“ nennen,<br />

wurde vom Kopflosen Reiter niedergemäht,<br />

weil sie sich den falschen Mann zum Gatten<br />

genommen hatte. Bei der Untersuchung, die<br />

dann stattgefunden hat, hat ein Polizeibeamter<br />

namens Ichabod Crane aus New York die<br />

Heiratsurkunde gefunden, aber gleichzeitig<br />

die Tatsache übersehen, dass diese Heirat<br />

Dir Ansprüche auf das Vermögen der van<br />

Garrets einräumt. Unglücklicherweise hat es<br />

Jahre gebraucht bis die Nachricht über den<br />

Tod Deiner Schwester den Weg über den Atlantik<br />

zu Dir gefunden hat. Nun hast Du die<br />

lange Reise zwischen den Kontinenten unternommen<br />

um Dich um die Angelegenheit<br />

zu kümmern.<br />

Zunächst musst Du einen Weg finden um<br />

die kleine Katrina van Tassel, die momentan<br />

ihre Hand auf deinem Vermögen hat, aus der<br />

Stadt wegzulocken damit sie nicht weiter von<br />

ihrem Mann und seinen Kontakten in diesem<br />

korrupten amerikanischen System beschützt<br />

wird. Du hast Dein Wissen über das Okkulte<br />

genutzt, Wissen das Du Dir übrigens mit dem<br />

Segen der Kirche angeeignet hast, um das<br />

Schwert des Reiters zu finden. Du hast den<br />

Reiter erweckt, seine Macht und Identität<br />

benutzt um einige Morde in Sleepy Hollow<br />

zu verüben. Wie Du es vorhergesehen hast,<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

hat die Rückkehr des Hessen Katrina die Verdammte,<br />

wie sie hier genannt wird, aus ihrem<br />

sicheren Hafen New York zurück nach Sleepy<br />

Hollow geführt.<br />

Das Problem ist nur, dass das Schwert aus<br />

Deinem Schrank verschwunden ist. Du bist<br />

Dir sicher, dass es jemand gestohlen hat, aber<br />

Du hast keine Ahnung wer das gewesen ist.<br />

Zudem ist ein Einheimischer mit einer wilden<br />

Geschichte aufgetaucht, die ihm Anspruch<br />

auf das Vermögen von Katrina gewährt. Er<br />

kann sich entweder als Rivale oder Verbündeter<br />

entpuppen. Du hast Dich noch nicht<br />

entschieden, was er für dich sein soll.<br />

Ziele<br />

1. Erlange das van Garret Vermögen, das<br />

rechtmäßig Dir zusteht.<br />

2. Finde das Schwert des Reiters und beschütze<br />

seine Geheimnisse<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Katrinas rechtsgelehrter<br />

Ehemann.<br />

Katrina Crane: Katrina die Verdammte Ursupatorin<br />

deines Vermögens.<br />

Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der<br />

Cranes.<br />

Clarence Walters: Ein Okkultist den Du von<br />

früher kennst. Du fragst Dich was er hier<br />

macht.<br />

Ethel Winters: Eine junge Frau die bei Clarence<br />

lebt.<br />

Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer der seit der<br />

Rückkehr des Reiters viel über Hexen redet.<br />

William Bravo: Ignoranter Angeber. Solche<br />

Leute bringen Dich dazu den Rest der<br />

Menschheit zu bedauern.<br />

Klaus van Brutt: Der Andere der Anspruch<br />

auf Katrinas Vermögen erhebt. Ein Eingeborener.<br />

Anna van Brutt: Klaus Schwester. Sie könnte<br />

die Schwachstelle von Klaus sein.<br />

Benjamin Gaines: Der Notar der aller Wahrscheinlichkeit<br />

nach Klaus wertvolle Hochzeitsurkunde<br />

gefälscht hat…<br />

Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter der<br />

Stadt.<br />

Eine heillose Romantikerin<br />

AnnA VAn bRUTT<br />

Beschreibende Eigenschaften: Charmant,<br />

Loyal, Unschuldig<br />

Hauptfertigkeiten: Kochen, Nähen, Wissen<br />

Nebenfertigkeiten: Tanzen, Umgang mit<br />

Tieren<br />

Ausrüstung: Ein sehr hübsches Kleid (Du<br />

hast es selbst gemacht)<br />

Du weißt wirklich nicht was Du von dem<br />

Ganzen halten sollst. Ja, der Tod Deines Bru-<br />

Seite 69


Rückkehr nach Sleepy Hollow<br />

ders durch den Kopflosen Reiter war eine<br />

schlimme Sache, und ja, Katrina ist ein Miststück<br />

weil sie mit diesem Crane kurz danach<br />

abgehauen ist – aber rechtfertigt das Lug<br />

und Betrug? Dein Bruder, Klaus, scheint das<br />

in Ordnung zu finden. Er hat mit dem Notar,<br />

Benjamin Gaines, einen Handel abgeschlossen.<br />

Der Notar hat eine Hochzeitsurkunde<br />

zwischen Katrina und Brom gefälscht, so<br />

dass Klaus nun die Hälfte von Katrinas Vermögen<br />

einfordert.<br />

Es gefällt Dir, dass er Dir so weit vertraut,<br />

dass er Dich in seinen Plan eingeweiht hat.<br />

Aber Du bezweifelst, dass Gott solch einen<br />

Plan gutheißt. Es wird aber noch schlimmer,<br />

die Cranes sind aus New York zurück nach<br />

Sleepy Hollow gekommen und mit ihnen Jonathan<br />

Masbath. Als er nach dem Amoklauf<br />

des Reiters nach New York gegangen ist, hast<br />

Du gedacht, dass Du nie wieder jemanden lieben<br />

könntest. Ihr ward kein Liebespaar oder<br />

ähnliches, aber Du bist Dir sicher, dass mit<br />

der Zeit etwas aus euch geworden wäre. Vielleicht<br />

ist das jetzt auch ein Wink des Schicksals,<br />

dass Du Deine Jugendliebe heiraten und<br />

nicht eine Verschwörung mit deinem Bruder<br />

anzetteln sollst. Oh, was sollst Du nur tun?<br />

Ziele<br />

1. Entscheide Dich für eine Seite. Die der<br />

Cranes oder die Deines Bruders<br />

2. Hilf der Seite für die Du Dich entscheidest<br />

entweder das Vermögen der van<br />

Garrets zu behalten oder zu erlangen<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, der der<br />

sie Brom hat vergessen lassen.<br />

Katrina Crane: Das Miststück die solange um<br />

Deinen Bruder herumscharwenzelt ist bis es<br />

ihn umgebracht hat.<br />

Jonathan Masbath: Die Liebe Deines Lebens.<br />

Er arbeitet seit Jahren für die Cranes.<br />

Klaus van Brutt: Dein Bruder. Er ist ein anerkannter<br />

Jäger und nicht sehr fromm.<br />

Benjamin Gaines: Der neue Notar. Ein Mitverschwörere<br />

Deines Bruders. Ein elendes<br />

Wiesel.<br />

Ethel Winters: Ein Mädchen das erst seit ein<br />

paar Tagen in der Stadt ist. Scheint nett zu<br />

sein.<br />

Clarence Walters: Der „Onkel“ von Ethel.<br />

Hinter dieser Beziehung scheint mehr zu<br />

stecken.<br />

William Bravo: Ein weiterer Neuling und der<br />

Gastgeber des Abends. Ein netter Kerl.<br />

Alda Winship: Die Schwester der Witwe<br />

Winship, auch sie erhebt Anspruch auf das<br />

Vermögen der van Garrets.<br />

Virgil Cerces: Der neue Dorfpfarrer. Seit<br />

dem Wiederauftauchen des Reiters hat er<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

viel über Hexen geredet.<br />

Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter der<br />

Stadt.<br />

Widerliches Wiesel<br />

bEnJAMin GAinEs<br />

Beschreibende Eigenschaften: Durchtrieben,<br />

scharfsinnig, schnell<br />

Hauptfertigkeiten: Gesetzeskenntnisse,<br />

Fälschen, Verborgenheit<br />

Nebenfertigkeiten: Kämpfen, Klugheit<br />

Ausrüstung: Ein antikes wertvolles Schwert<br />

Du warst erst seit einigen Monaten in<br />

Sleepy Hollow als Klaus mit Dir einen Handel<br />

abschloss. Er wollte, dass Du eine Hochzeitsurkunde<br />

zwischen seinem toten Bruder und<br />

Katrina van Tassel fälschst. Er hat vor, die Fälschung<br />

zu verwenden um die Hälfte des van<br />

Garret Vermögens zu fordern… und Dir für<br />

Deine Dienste einen Teil davon zu geben. Dies<br />

schien Dir ein guter Plan zu sein und Du hast<br />

zugestimmt. Nun wiegelt Klaus die Leute auf<br />

(so wie letzte Woche, das gipfelte darin, dass<br />

das Anwesen der van Tassels niedergebrannt<br />

wurde). Nicht sonderlich gut das Ganze.<br />

Es ist an der Zeit, dass Du die Dinge selbst<br />

in die Hand nimmst. Du bist letzte Nacht in<br />

das Zimmer von Alda Winship eingedrungen<br />

um einen Blick auf ihre Unterlagen zu werfen…<br />

vielleicht auch um sie zu stehlen oder<br />

zu verbrennen. Dummerweise konntest Du<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

nichts finden. Das heißt, nichts außer einem<br />

verzierten Schwert das ganz hinten in einem<br />

Schrank weggepackt war. Es sah sehr<br />

vernachlässigt aus, daher hast Du es mitgenommen.<br />

Du glaubst, dass Du es zu einem<br />

guten Preis verkaufen kannst, noch bevor<br />

sie überhaupt merkt, dass es verschwunden<br />

ist. William Bravo, Dein heutiger Gastgeber,<br />

hat viele antike Waffen an den Wänden hängen;<br />

vielleicht wäre er ein geeigneter Käufer.<br />

Oder vielleicht ist Alda Winship auch bereit<br />

dafür zu zahlen, es wieder zu bekommen.<br />

Wer weiß?<br />

Ziele<br />

1. Hilf Klaus von Brutt das Vermögen der<br />

Garrets zu bekommen.<br />

2. Verkaufe das Schwert an den höchsten<br />

Bieter.<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, ein Polizeibeamter<br />

aus New York.<br />

Katrina Crane: Ichabods Frau, sie besitzt<br />

momentan das Vermögen der van Garrets.<br />

Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der<br />

Cranes.<br />

Klaus van Brutt: Dein Mitverschwörer, ein<br />

respektabler Jäger und lokaler Anführer.<br />

Anna van Brutt: Klaus Schwester weiß über<br />

eure Pläne Bescheid und wird vielleicht kalte<br />

Füße bekommen.<br />

Seite 70


Rückkehr nach Sleepy Hollow<br />

ROMANVORLAGE<br />

Vorlage für Tim<br />

Burtons Film ist die<br />

Kurzgeschichte „The<br />

Legend of Sleepy<br />

Hollow“ von Washington<br />

Irving. Man findet<br />

diese recht günstig im<br />

englischen Original im<br />

Taschenbuch „The Legend<br />

of Sleep Hollow<br />

and other Storys“. Das Buch ist im Penguin<br />

Verlag erschienen und hat die ISBN<br />

014043769X. Allerdings unterscheidet sich<br />

insbesondere die Figur des Ichabod Crane<br />

gravierend von der der Filmumsetzung.<br />

Ethel Winters: Ein junges Mädchen, neu<br />

in der Stadt. Vielleicht kannst Du sie heute<br />

Abend mit etwas Wein verwöhnen…<br />

Clarence Walters: Ethels Onkel, der Stadtapotheker.<br />

Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer. Er hat in letzter<br />

Zeit viel über Hexen geredet.<br />

William Bravo: Ein weiterer Neuling in der<br />

Stadt und der Gastgeber dieses Abends. Ein<br />

Waffensammler und eventuell auch Käufer.<br />

Alda Winship: Die Schwester der Witwe<br />

Winship und eine Rivalin von Klaus um das<br />

Vermögen der van Garrets.<br />

Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter von<br />

Sleepy Hollow‘s und Anwalt. Er könnte zum<br />

Problem werden.<br />

Der Friedensrichter<br />

LiOnEL dU pOnTE<br />

Beschreibende Eigenschaften: Schnell,<br />

gewitzt, stark<br />

Hauptfertigkeiten: Gesetzeskenntnisse,<br />

Verfolgen, Kämpfen<br />

Nebenfertigkeiten: Reiten, Gesunder Menschenverstand<br />

Ausrüstung: Eine Pistole, Amtszeichen<br />

Was für ein Arbeitseinsatz! Du hast diese<br />

Stelle nur angenommen, weil es nach der<br />

Geschichte mit dem Kopflosen Reiter kein<br />

anderer getan hat. Kaum hattest Du Dich<br />

eingerichtet, da beginnt dieser van Brutt den<br />

ganzen Aufstand wegen seines Bruders, der<br />

angeblich Katrina von Tassel im Geheimen<br />

geheiratet hatte, bevor er vom Kopflosen<br />

Reiter getötet worden war. Er beansprucht<br />

nun das halbe Vermögen von Katrina van<br />

Tassel. Dann taucht auch noch die Schwester<br />

von van Garrets Witwe auf, die behauptet,<br />

dass das ganze Geld ihr gehören würde.<br />

Dann, als wäre das alles nicht genug, fängt<br />

der Reiter wieder an zu morden. Zumindest<br />

behaupten das die Leute. Du vermutest, dass<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

da irgendwas faul daran ist und etwas sehr<br />

Reales dahinter steckt.<br />

Dieser William Bravo tut Dir jedenfalls gerade<br />

einen Gefallen. Auf dieser Feier kommen<br />

Klaus, die Schwester der Witwe Winship<br />

und die Cranes alle an einem Ort zusammen.<br />

Wenn Du Deine Karten richtig ausspielst, ist<br />

das ganze Problem vielleicht schon vor dem<br />

Ende des Abends aus der Welt geschafft.<br />

Wenn das so nichts wird, musst Du sie vielleicht<br />

etwas anschubsen. Es ist immer leichter<br />

nach einer großen Explosion aufzuräumen,<br />

als sich mit vielen kleinen herumzuschlagen.<br />

Was auch immer, Du bist auch hier um einen<br />

netten Abend zu haben.<br />

Ziele<br />

1. Halte die Dinge unter Kontrolle. Der Reiter<br />

wird sich keine Köpfe holen solange<br />

Du aufpaßt.<br />

2. Sieh zu dass sich die Geschichte mit dem<br />

van Garret Vermögen klärt.<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Katrinas Ehemann, ein Polizeibeamter<br />

aus New York.<br />

Katrina Crane: Ichabods Frau, sie besitzt<br />

momentan das Vermögen der van Garrets.<br />

Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der<br />

Cranes.<br />

Klaus van Brutt: Broms jüngerer Bruder. Ein<br />

Jäger und Aufschneider.<br />

Anna van Brutt: Klaus Schwester, überraschenderweise<br />

eine sehr hübsche, nette<br />

junge Frau.<br />

Benjamin Gaines: Der neue Notar, der Klaus<br />

wertvolle Hochzeitsurkunde „gefunden“<br />

hat.<br />

Ethel Winters: Ein neues Mädchen in der<br />

Stadt.<br />

Clarence Walters: Ethels Onkel, der neue<br />

Apotheker.<br />

Virgil Cerces: Der Dorfpfarrer hat seit der<br />

Rückkehr des „Reiters“ viel über Hexen<br />

geredet.<br />

William Bravo: Sleepy Hollows mysteriösester<br />

neuer Bürger. Du findest dass er wie ein<br />

alter Soldat riecht.<br />

Alda Winship: Die Schwester der Witwe<br />

Winship, sie beansprucht das Vermögen der<br />

van Garrets für sich.<br />

Dorfpfarrer<br />

ViRGiL cERcEs<br />

Beschreibende Eigenschaften: Scharfsinnig,<br />

Intelligent, Gesegnet<br />

Hauptfertigkeiten: Theologie, Rhetorik,<br />

Okkultes Wissen<br />

Nebenfertigkeiten: Tischlerei, Zweites<br />

Gesicht<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Ausrüstung: Bibel, Kreuz<br />

Diese Stadt ist auf dem direktem Weg zur<br />

Hölle! Sie ist unterlaufen von Hexen, voll von<br />

Geldgier, und wird von einer Manifestation<br />

des Teufels heimgesucht. Du hast getan,<br />

was Du kannst, um gegen diese Mächte anzugehen,<br />

aber die Welle des Bösen ist nicht<br />

zu bremsen. Nun hast Du beschlossen, Deine<br />

gottgegebenen Fähigkeiten direkter als bisher<br />

im Kampf gegen das Böse einzusetzen…<br />

Du wirst die glaubensstärksten Gemeindemitglieder<br />

rekrutieren und sie in die Schlacht<br />

gegen die Legionen der Dunkelheit führen.<br />

Deine wichtigste Gabe ist es, Teile der unsichtbaren<br />

Welt zu sehen. Deine Visionen<br />

ereilen Dich unverlangt und bruchstückhaft,<br />

aber es reicht um Dich vor Bösem zu warnen.<br />

In Sleepy Hollow siehst Du über William<br />

Bravo, Alda Winship und Benjamin Gaines<br />

einen Dunklen Schatten. Ethel Winters und<br />

ihr Onkel erscheinen im Gegensatz dazu ab<br />

und an in einem hellen Licht. Das ist nicht viel<br />

Information, aber Gott zeigt Dir, wer Deine<br />

Feinde und wer deine Verbündeten sind. Er<br />

hat Dir ein Zeichen gegeben, nun ist es an Dir<br />

zu handeln.<br />

Ziele<br />

1. Finde und vernichte den Kopflosen<br />

Reiter ein für allemal.<br />

2. Hilf den Leuten in dieser Stadt wieder<br />

auf den rechten Weg zu finden, weg von<br />

Habgier und Götzenanbetung.<br />

Beziehungen<br />

Ichabod Crane: Katrinas Ehemann; er hat<br />

vor Jahren gegen den Reiter gekämpft.<br />

Katrina Crane: Momentane Besitzerin des<br />

Vermögens der van Garrets. Wird als Hexe<br />

verdächtigt.<br />

Jonathan Masbath: Der Kammerdiener der<br />

Cranes.<br />

Klaus van Brutt: Einer der Leute die versuchen<br />

Katrinas Geld zu beanspruchen.<br />

Anna van Brutt: Klaus Schwester, ein gutes<br />

Mädchen.<br />

Benjamin Gaines: Die Seele des Notars ist<br />

Durch Korruption belastet.<br />

Ethel Winters: Sie ist neu in der Stadt und<br />

ihre Seele strahlt vor heiligem Glanz!<br />

Clarence Walters: Ethels Onkel, auch er hat<br />

eine lichte Aura.<br />

William Bravo: Dieser Mysteriöse Neuankömmling<br />

ist umgeben von einem Dunklen<br />

Schatten.<br />

Alda Winship: Ihre Hände sind bedeckt von<br />

tiefster Dunkelheit.<br />

Lionel Du Ponte: Der Friedensrichter ist<br />

einer der wenigen Aufrechten Personen in<br />

der Stadt. �<br />

Seite 71


Was Dir der Penner erzählt<br />

Ich war in der Hölle. Ja, das meine ich wörtlich.<br />

Wenn du mich heute siehst, würdest du<br />

es nicht für möglich halten, aber ich war mal<br />

ein Priester. Ein Kaplan in einer katholischen<br />

Kirche, du kennst sie bestimmt, die kleine die<br />

Straße da runter, zwei Blocks nach links an<br />

der Kreuzung? Ja, da hängt sogar noch mein<br />

Bild an der Wand, und irgendwer ist immer<br />

noch so nett und stellt gelegentlich einen<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Strauß drunter oder zündet davor eine Kerze<br />

an. Da ist auch eine Plakette drunter, mit<br />

meinem Namen und Geburtsdatum. Tja, und<br />

auch mit meinem Sterbedatum. Vier Jahre ist<br />

es her oder so. Du würdest mich sicher nicht<br />

erkennen, wenn ich mich jetzt daneben stellen<br />

würde, aber lass mich duschen und mich<br />

rasieren, und du wärst überrascht.<br />

Natürlich habe ich nie mitgekriegt, dass ich<br />

tot bin. Damals wurde ich zu einer Familie<br />

in der Gemeinde gerufen, die meine Unterstützung<br />

brauchte. Das ist zwei Jahre her.<br />

Stimmt, das scheint nicht so ganz zu passen,<br />

nicht wahr? Aber wart‘s ab, wenn ich zu Ende<br />

erzählt habe, wird‘s dir klarer. Außer natürlich,<br />

wenn du geistig gesund bist und glaubst,<br />

ich wäre verrückt.<br />

Also: ich wurde zu dieser Familie gerufen.<br />

Es waren die Eltern und ein Sohn, aber der<br />

Sohn war vermutlich entführt worden.<br />

Deshalb war ich gerufen worden, weil<br />

ich den Eltern moralische Unterstützung<br />

und Trost geben sollte, während<br />

die Polizei ihre Gerätschaften<br />

in der Wohnung aufstellte, falls der<br />

Entführer irgendwann anrufen würde.<br />

Dabei wissen wir doch alle, die wir in dieser<br />

Stadt leben, dass man von denen, die verschwinden,<br />

viel öfter nie wieder etwas hört.<br />

Ich tat meine Bestes, um Trost zu spenden.<br />

Ich bin sicher, dass die Polizei auch ihr Bestes<br />

tat, um den Jungen zu finden. Ich war dabei,<br />

als dieses Päckchen angeliefert wurde. Der<br />

Vater öffnete die Tür und nahm das Päckchen<br />

von dem schmutzigen Jungen in den abgerissenen<br />

Klamotten entgegen, bevor der sich<br />

umdrehte und sofort die Treppe runterlief.<br />

Wir hofften alle, dass es einen Hinweis auf<br />

den vermissten Jungen enthalten würde,<br />

aber es war bloß ein Messer drin. Gut, es war<br />

eher ein Dolch, der in ein sicher sehr wertvolles<br />

violettes Seidentuch gewickelt war,<br />

und der Dolch hatte eine seltsam<br />

geschwungene Klinge und<br />

einen Elfenbeingriff mit<br />

Schnitzereien. Alles in<br />

allem sah es nach einer<br />

wertvollen Antiquität<br />

aus, bloß, dass das Ding<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

WAS DIR<br />

DER PENNER ERZÄHLT<br />

EINE KULT-KURZGESCHICHTE<br />

TEXT: ROBIN PFEIFER<br />

ILLUSTRATION: DANIEL SCHUHMACHER<br />

ganz neu wirkte, wie frisch aus der Schmiede.<br />

Der ganze Dolch war von feinen Linien überzogen,<br />

die sich von der Klinge über den Griff<br />

fortsetzten und wieder zurück, denen man<br />

mit den Augen kaum folgen konnte und auf<br />

die man sich nicht gut konzentrieren konnte,<br />

so, als würden sie sich hin und her durch die<br />

Existenz selbst winden.<br />

Vielleicht taten sie auch genau das – jedenfalls<br />

war es dieser Dolch, der uns schließlich<br />

auf unsere Reise schickte.<br />

Natürlich sahen sich die Forensiker der<br />

Polizei den Dolch genauestens an, aber sie<br />

fanden nichts. Genau wie die weiteren Ermittlungen<br />

nichts ergaben. Kein Entführer<br />

meldete sich, kein Erpresserbrief kam an,<br />

nichts. Bald darauf stellte die Polizei die Ermittlungen<br />

ein. Sie hatten sich schon an solche<br />

Fälle gewöhnt und wussten genau, wann<br />

sie ihre Mittel woanders gewinnbringender<br />

einsetzen konnten.<br />

Für den Vater war das natürlich keine Lösung.<br />

Er rannte überall hin mit dem Dolch,<br />

versuchte mehr darüber rauszufinden, aber<br />

er erfuhr nur, dass ganz ähnliche Dolche in<br />

kannibalischen magischen Ritualen im Indien<br />

des 19. Jahrhunderts verwendet worden waren.<br />

So alt konnte der Dolch keinesfalls sein,<br />

bestenfalls eine perfekt gemachte Replik.<br />

Nun, ich sollte vielleicht erwähnen, dass<br />

mich der Dolch wirklich interessierte, mehr,<br />

als bloße Neugier erklären konnte. Und das<br />

betrifft nicht nur mich, da waren noch andere:<br />

ein Sozialarbeiter, eine Nachbarin mit<br />

einem Geheimnis, das ihr zu dem Zeitpunkt<br />

selbst nicht einmal klar war und das noch viel<br />

seltsamer war als das, was ich dir hier erzähle,<br />

ein Reporter, eine Polizistin… Ich will dich<br />

nicht mit Namen langweilen, aber ich glaube,<br />

dass sie jetzt alle wieder tot sind, vielleicht<br />

mit der einen oder anderen Ausnahme…<br />

Du brauchst nur zu wissen, dass wir alle<br />

mehr über diesen seltsamen Dolch in Erfahrung<br />

bringen wollten. Wir versuchten wirklich<br />

alles. Aber als das Telefon schellte, gerade als<br />

die Polizistin die Fangschaltung demontierte,<br />

waren wir noch keinen Schritt weiter. Und<br />

dann war da diese Stimme am Telefon, die<br />

Seite 72


Was Dir der Penner erzählt<br />

mit dem Vater sprach, der die Stimme später<br />

als heiser und fesselnd beschrieb, die Stimme<br />

eines Mannes, der sagte, er habe den Jungen<br />

bei sich und es würde ihm wirklich viel Spaß<br />

bereiten, mit ihm zu spielen, und dann zählte<br />

er in aller Seelenruhe die Dinge auf, die er<br />

schon mit ihm angestellt hatte, nur um Papi<br />

zu ärgern.<br />

Der Anrufer ließ sich wirklich viel Zeit, so<br />

dass die Polizistin hektisch all ihre Geräte<br />

wieder anschließen konnte, und sie konnte<br />

den Anruf zu einem Haus in einer wirklich guten<br />

Gegend der Stadt zurückverfolgen und<br />

einen zur Adresse gehörigen Namen ermitteln:<br />

Damian Markgraf.<br />

Wie ich sehe, kennst du den Namen. Keine<br />

Ahnung, woher? Lass mich dir auf die Sprünge<br />

helfen: das war dieser Serienmörder, der<br />

vor drei Jahren wegen ein, zwei Dutzend<br />

Morden verdächtigt wurde, aber nie vor Gericht<br />

kam, weil er schon tot war, als die Polizei<br />

ihn fand, nackt und mit Blut beschmiert,<br />

das, wie sich herausstellte, nicht seins war. Er<br />

lag im Flur im Obergeschoss seiner Villa, exakt<br />

der Villa, zu der der Telefonanruf zurückverfolgt<br />

worden war. Aber das wussten wir<br />

damals noch nicht. Weißt du, es war da, wo<br />

wir damals waren, gar nicht wahr.<br />

Um es kurz zu fassen, die Polizei ließ die<br />

Villa von einem Spezialkommando stürmen.<br />

Sie fanden nichts. Aber als sie wieder weg<br />

waren, ermöglichte es uns die Polizistin,<br />

dass wir gemeinsam in die Villa konnten. Es<br />

schien wirklich niemand da zu sein, aber es<br />

sah so aus, als würde der Bewohner jeden<br />

Moment zurückkommen. Ich schaute mir<br />

die Bücher in den Regalen an, und was ich da<br />

sah, erschreckte mich wirklich. Da gab es Bücher<br />

über Magie, einige in Sprachen, die ich<br />

nicht erkennen konnte, andere doch. In den<br />

Büchern ging es um den Tod, um Todesmagie,<br />

um Opferrituale. In vielen Büchern gab<br />

es Kommentare am Rand, alle in der gleichen<br />

schmalen Handschrift.<br />

Ansonsten schien dort alles ganz normal,<br />

aber dann öffneten wir diese Tür im Obergeschoss.<br />

Durch diese Tür traten wir in eine<br />

andere Welt – so schien es jedenfalls. Es sah<br />

aus wie im Inneren irgendeines Riesenviechs,<br />

die Wände waren feucht und sahen aus wie<br />

Fleisch, von der Decke hingen Stränge aus<br />

organischem Material, die wie Gedärme<br />

aussahen, die bis unter die Sichthöhe reichten.<br />

Der Raum war kalt und stank und war<br />

offensichtlich viel größer, als ein Zimmer an<br />

dieser Stelle im Haus hätte sein dürfen. Die<br />

Polizistin – ausgerechnet die, der starke Arm<br />

des Gesetzes – ist gleich da zusammengebrochen,<br />

schrie rum, verlor die Kontrolle und<br />

kroch in den Flur zurück. Aber wir anderen,<br />

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wir gingen weiter rein, duckten uns unter<br />

den Därmen und gingen weiter, weil wir eine<br />

Stimme hörten, meckerndes Lachen, eine<br />

Stimme, die uns hereinbat, eine heisere und<br />

fesselnde Stimme…<br />

Sie gehörte einem Mann, der kein Mensch<br />

war. Er war zu groß, zu dürr, zu sehr bedeckt<br />

mit blutenden Wunden, die kahle Kopfhaut<br />

war hinten aufgeschnitten und mit Metallklammern<br />

aufgespannt und gab den Blick<br />

frei auf sein zuckendes Gehirn im aufgesägten<br />

Schädel, und er trug so ein albernes<br />

Sexsklaven-Kostüm aus rotem Gummi oder<br />

Leder und lachte uns aus. Ich habe keine Ahnung,<br />

was er war, aber ich könnte wetten,<br />

dass mein früherer Glaube – wie hätte ich<br />

angesichts dessen, was noch kommen würde,<br />

meinen Glauben behalten sollen – ihn als<br />

Dämon bezeichnet hätte.<br />

Neben ihm, wie das Opfer einer Spinne<br />

aufgewickelt in den Gedärmen, hing der<br />

verlorene Sohn, lebendig, aber kaum bei Bewusstsein.<br />

Keine Ahnung, welche Wunden<br />

sich unter diesem Kokon aus Gedärm wohl<br />

an seinem Körper befanden, und ich glaube<br />

auch nicht, dass es wichtig war. Weißt du,<br />

schon wenige Momente später sollte sich all<br />

dies als unecht erweisen, sich als eine andere<br />

Welt herausstellen, eine, die wir immer noch<br />

lange unsere Heimat nennen würden, nachdem<br />

wir sie schon verlassen hatten, obwohl<br />

sie das eigentlich nur für einen von uns war.<br />

Oh, dieser Dämon verspottete uns, aber<br />

vor allem verspottete er den Vater. Minutenlang<br />

ging das so, diese Tirade, wobei er uns<br />

erzählte, dass er unsere Welt kontrollierte<br />

und uns wie Spielzeug in der Hand hatte. Ich<br />

bin nicht sicher, was genau den Vater dazu<br />

brachte, den Dolch zu zücken, den er geschickt<br />

bekommen hatte, und den Dämon<br />

anzugreifen.<br />

Es war aber genau das Richtige, dessen<br />

bin ich mir heute sicher. Ich werde nie die<br />

Überraschung auf dem Gesicht des Dämons<br />

vergessen, als er den Dolch sah, als wäre dies<br />

der einzige Gegenstand in der Welt, den er<br />

nicht unter Kontrolle hatte, und er wich davor<br />

zurück. Nein, so ganz stimmt das nicht,<br />

er wich nicht wirklich zurück, sondern es war<br />

eher so, dass der Abstand zwischen ihm und<br />

uns sich vergrößerte, so dass der Dämon in<br />

die Ferne rückte, während der Dolch…<br />

…während der Dolch nicht bloß durch die<br />

Luft schnitt, sondern tatsächlich durch die<br />

Substanz der Realität selbst, oder was wir<br />

für Realität hielten. Die sauberen Ränder glitten<br />

wie ein Schnitt in einer Leinwand schnell<br />

auseinander und öffneten einen Durchgang,<br />

durch den nach einem ewig lang scheinenden<br />

Moment nur drei von uns schritten: der<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Vater, die Nachbarin und ich selbst.<br />

Wir fanden uns in einem kleinen, aber dennoch<br />

schrecklichen Zimmer wieder. Wir verloren<br />

für einen Moment unsere Orientierung,<br />

und als wir wieder zu uns fanden, gab es keinen<br />

Riss in der Realität mehr, und die Klinge<br />

brachte auch keinen neuen hervor, wenn<br />

man mit ihr durch die Luft schnitt. Ihre Magie<br />

war wohl verbraucht.<br />

Ich habe keine Ahnung, was aus den anderen<br />

geworden ist, die nicht mit hindurch gegangen<br />

waren, aber ich nehme an, dass sie<br />

immer noch in der Hölle schmoren. Damals<br />

brauchten wir nicht lange, um uns darüber<br />

klar zu werden, dass wir in eine andere Realität<br />

hinübergewechselt waren, und wir versuchten<br />

eine ganze Weile, einen Weg zurück<br />

dahin zu finden, wo wir, wie wir glaubten, hin<br />

gehörten; es gelang uns natürlich nicht, und<br />

heute weiß ich es auch besser.<br />

Das hier ist die Realität, diese Welt, in der<br />

ich nun lebe, und ich bin aus der Hölle zurückgekehrt.<br />

Aber das war nicht meine Hölle<br />

gewesen, nicht einmal annähernd. Ich habe<br />

weiterhin die Hoffnung, dass ich nicht dorthin<br />

zurückkehren muss, wenn ich sterbe, weißt<br />

du? Aber vielleicht wartet auch meine eigene<br />

Hölle auf mich, und dann kann ich nicht noch<br />

einmal entkommen.<br />

Aber kommen wir auf das Zimmer zurück,<br />

in dem wir damals waren. Es war klein und<br />

hielt sich an die Gesetze der Dimensionen,<br />

wie wir sie kennen. Aber es war trotzdem<br />

kein gesunder Ort. Soweit ich das sehen<br />

konnte, war es so etwas wie ein Operationssaal<br />

in einem Raum, der gerade groß genug<br />

für einen Obduktionstisch aus Chrom war,<br />

auf dem immer noch Flecken von getrocknetem<br />

Blut zu sehen waren. Es gab auch ein<br />

Regal mit Instrumenten, die in einem Folterkeller<br />

besser aufgehoben gewesen wären als<br />

in einem Krankenhaus. Die ganzen Wände<br />

waren übersät mit geheimnisvollen Symbolen,<br />

die ineinander übergingen und ein Netz<br />

aus wirrer Magie um uns herum zu weben<br />

schienen. Aber es gab eine Tür, wenn auch<br />

kein Fenster, und diese Tür war angelehnt.<br />

Wir verließen das Zimmer und fanden uns<br />

in dem gleichen Flur wieder, von dem aus wir<br />

diesen sich aller Logik verweigernden Ort auf<br />

der anderen Seite betreten hatten. Von der<br />

Polizistin war nichts zu sehen, aber es gab<br />

eine weitläufige Spur aus trockenen Flecken<br />

und Spritzern auf dem Teppich unter unseren<br />

Füßen, die durchaus Blut gewesen sein<br />

konnte.<br />

Das war nicht die einzige Veränderung an<br />

dem Haus. Das Haus war immer noch das,<br />

welches wir verlassen hatten, aber es war<br />

Seite 73


Was Dir der Penner erzählt<br />

seit Jahren niemand mehr hier gewesen.<br />

Alle Möbel waren mit Tüchern verhängt, auf<br />

allem lag eine unberührte Staubschicht, und<br />

wir versuchten ohne Erfolg, irgend eine Erklärung<br />

für unsere Situation zu finden.<br />

Wir brauchten Tage, um aus kleinen Beobachtungen<br />

und deutlichen Offensichtlichkeiten<br />

ein Bild zusammenzusetzen, das uns<br />

erklärte, was vor sich ging. Viele Dinge passierten,<br />

von denen die meisten für meine<br />

Geschichte nicht wichtig sind, die uns aber<br />

trotzdem sehr zusetzten. Ich bin immer noch<br />

überrascht, wie viel so ein menschlicher Verstand<br />

einstecken kann und trotzdem noch<br />

funktioniert.<br />

Die Ereignisse, die unsere Wahrnehmung<br />

der Realität immer wieder auf die Probe<br />

stellten, hätten uns zu katatonischen, autistischen<br />

Idioten reduzieren müssen. Die Natur<br />

von Raum und Zeit, die grundlegenden Elemente<br />

dessen, was wir über die Welt zu wissen<br />

glaubten – alles in Frage gestellt. Aber<br />

irgendwie klammerten wir uns in diesem<br />

Wahnsinn an die Idee eines flüchtigen Sinns,<br />

den es irgendwo geben musste.<br />

Jedenfalls für eine Weile. Aber ich sollte<br />

wohl doch ein paar der wichtigeren Ereignisse<br />

kurz erwähnen.<br />

Als erstes kehrten wir zurück zu der Wohnung<br />

der Eltern des entführten Jungen. Der<br />

Vater ging allein hinein – und er fand seine<br />

Frau, etwas verwirrt und etwas schlanker,<br />

aber in keinster Weise das nervöse, heulende<br />

Wrack, das er zurückgelassen hatte, und sie<br />

fragte ihn, warum er so früh von der Arbeit<br />

zurück kam und wieso er das alte Hemd wieder<br />

heraus gekramt hatte, das sie eigentlich<br />

ganz sicher schon vor einem Jahr in den Müll<br />

geworfen hatte. Ich weiß nicht, was die beiden<br />

danach noch besprochen haben, aber es<br />

dürfte für beide eine verstörende Erfahrung<br />

gewesen sein. Es gab einen Streit, in dem der<br />

Sohn erwähnt wurde, und die Frau bestand<br />

darauf, dass er bereits seit einem Jahr verschwunden<br />

sei…<br />

Wie dem auch sei, der Vater verließ die<br />

Wohnung und hing in der Nähe herum. Seine<br />

schlimmsten Befürchtungen wurden wahr,<br />

oder was er damals für seine schlimmsten<br />

Befürchtungen hielt, als knapp eine Stunde<br />

später er selbst, eine andere Version seiner<br />

selbst, am Eingang auftauchte und diesmal<br />

wirklich von der Arbeit nach Hause kam.<br />

Wir erfuhren nie, was dann noch passierte,<br />

was aus dem erneuten Treffen des Ehepaares<br />

wurde. Aber ich glaube, dass sich der Vater<br />

– der, der zu unserer Gruppe gehörte – ab<br />

diesem Moment zu verändern begann.<br />

Ich meine keine Persönlichkeitsverände-<br />

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rung. Das war sogar das geringste, was sich<br />

an ihm veränderte. Nein, es war eine körperliche<br />

Veränderung. Während der nächsten<br />

Tage veränderte er sich äußerlich, er wuchs<br />

zum Beispiel. Er wurde größer und dünner. Er<br />

wurde zu einem völlig anderen Mann.<br />

Wir fanden bald noch etwas anderes<br />

heraus. Wenn man den Schmierblättchen<br />

Glauben schenken konnte, war Dr. Damian<br />

Markgraf, der geisteskranke Chirurg, von<br />

den Toten zurückgekehrt. Man hatte ihn gesehen,<br />

es gab sogar Fotos von Sicherheitskameras.<br />

In den Schmierblättchen druckten<br />

sie sein Foto ab. Tage später begriffen wir,<br />

dass -abgesehen von seinem Bart- diese Bilder<br />

unseren sich verändernden Kameraden<br />

zeigten. Sie zeigten den Mann, in den er sich<br />

verwandelte. Aber wie konnte er zwei Mal da<br />

sein?<br />

Es gab andere Hinweise, die wir langsam<br />

zusammensetzten. Es war zum Verrücktwerden<br />

– die ganze Stadt folgte einer schmalen<br />

Spur aus Indizien basierend auf dem, was<br />

die Zeitungen brachten, Indizien, die darauf<br />

hindeuteten, dass Dr. Markgraf noch am Leben<br />

war, während eben dieser Dr. Markgraf<br />

anscheinend bei uns war und eindeutig nicht<br />

der war, der diese Spuren hinterließ.<br />

Unser Dr. Markgraf hatte keine Erinnerungen<br />

außer an das Leben, das er vorher geführt<br />

hatte, das des Vaters des entführten Jungen,<br />

ein ansonsten ereignisloses Leben. Aber wir<br />

alle bemerkten, dass seine Handschrift -er<br />

machte sich Notizen von allem, was geschah,<br />

um so rauszukriegen, was eigentlich vor sich<br />

ging- zittriger wurde, nicht bloß so ähnlich<br />

wie die in den Büchern, sondern genau so.<br />

Gelegentlich hatte er auch plötzliche Visionen,<br />

die nicht seine Erinnerungen waren,<br />

sondern die von jemand anderem. Aber wir<br />

haben sie nie ganz verstanden. Die Ereignisse<br />

begannen, sich zu überschlagen, und das unausweichliche<br />

Ende kam schnell näher.<br />

Natürlich forschten wir auch nach meiner<br />

Vergangenheit. Du kannst dir sicher vorstellen,<br />

wie überrascht, wie schockiert ich<br />

war, als ich diese kleine Gedenkplakette zu<br />

meinen Ehren in der Kirche fand. Allein die<br />

Vorstellung, dass mich einer gesehen hätte,<br />

der mich damals schon kannte… Wir fanden<br />

auch die Gräber der anderen. Sie waren alle<br />

vor zwei Jahren oder noch etwas längerer<br />

Zeit gestorben.<br />

Der einzige, der noch lebte, war unser sich<br />

verändernder Freund – und wir fanden nie<br />

etwas über die Nachbarin heraus, die noch<br />

immer bei uns war. Na ja, das stimmt nicht<br />

so ganz: wir fanden sogar eine ganze Menge<br />

über sie heraus, wir fanden auch ihre Wohnung,<br />

die noch immer so war, wie sie sie wohl<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

verlassen hatte, vor über einem Jahr,<br />

aber sie konnte sich an nichts davon<br />

erinnern. Es schien, als würde sie in<br />

ein Leben gezwungen, das nicht das<br />

ihre war, bloß dass alle Indizien dafür<br />

sprachen, dass es durchaus ihres<br />

war.<br />

Aber dies ist nicht ihre Geschichte,<br />

auch wenn sie es sein könnte.<br />

Weitere seltsame Dinge ereigneten<br />

sich, die ich heute nicht erzählen<br />

möchte. Aber letztendlich fanden<br />

wir unbestreitbare Beweise dafür,<br />

dass unser Dr. Markgraf der echte<br />

war – und wir fanden diese Beweise<br />

nur deshalb, weil der Dämon, der<br />

uns verspottet hatte und der die<br />

ganze Zeit nur mit uns gespielt<br />

hatte, indem er sich als Markgraf<br />

und auch andere ausgegeben<br />

hatte, uns gefolgt war<br />

oder uns vielleicht sogar vorausgeeilt war,<br />

durch diesen Spalt in der Realität, um uns zu<br />

jagen und wieder einzufangen. Oder wenigstens<br />

einen von uns wieder einzufangen.<br />

Wir waren noch nicht länger als zwei Wochen<br />

zurück aus der Hölle, als der Dämon uns<br />

einfach besuchte. Es begann damit, dass der<br />

Aufzug, der zu der geräumigen Penthouse-<br />

Wohnung unserer erinnerungslosen Begleiterin<br />

führte, einfach so spurlos verschwand.<br />

Wir saßen in der Wohnung fest. Kalter Nebel<br />

vor den Fenstern schloss uns ein und verbarg<br />

die Welt vor unserem Blick. Es gab einen<br />

Notausgang durch eines der Fenster mit einer<br />

Leiter an der Hauswand, und nachdem<br />

wir einige Stunden mit einem toten Telefon<br />

in der Wohnung gehockt hatten und der Nebel<br />

keine Anstalten machte, sich aufzulösen,<br />

entschieden wir uns, es mit der Leiter zu versuchen.<br />

Und das taten wir.<br />

Wir kletterten einige Minuten lang hinunter,<br />

alle drei, sehr viel länger als es eigentlich<br />

hätte dauern dürfen, den Boden zu erreichen.<br />

Wir kletterten sogar wieder hoch, wiederum<br />

für viele Minuten, und sahen nichts außer<br />

fensterloser Wand und Nebel. Es schien, als<br />

seien Wand und Leiter endlos geworden und<br />

erstreckten sich in beide Richtungen in die<br />

Ewigkeit. Also kletterten wir wieder abwärts,<br />

stundenlang, bis uns unsere Kräfte verließen,<br />

bis ich losließ…<br />

Aber ich stürzte nicht ab. Ich fiel auf die<br />

Wand, die genau in diesem Moment für uns<br />

zu Boden wurde. Wir brachen alle drei zusammen<br />

und lagen erschöpft auf dieser flachen<br />

Wand. Und dann teilte sich der Nebel<br />

und der Dämon schritt auf uns zu, quer über<br />

die Wand.<br />

Er verhöhnte uns mit seinem überlegenen<br />

Seite 74


Was Dir der Penner erzählt<br />

Grinsen und hervorquellenden Augen, und<br />

wir waren zu abgekämpft, um etwas anderes<br />

zu tun als dazuliegen und seine Beleidigungen<br />

über uns ergehen zu lassen. Er erklärte<br />

uns das Geheimnis unserer Existenz: wir waren<br />

tot. Alle tot.<br />

Markgraf hatte uns ermordet. Alle außer<br />

sich selbst natürlich. Er war wohl so eine Art<br />

vom Tod besessener Magier gewesen, der<br />

versucht hatte, die Lebensessenzen seiner<br />

Opfer zu sammeln, die er irgend einem Gott<br />

oder Teufel opferte, um sein eigenes Leben<br />

zu verlängern. Damit hatte er sich schon seit<br />

den 50er Jahren beschäftigt, also musste er<br />

wohl einigen Erfolg gehabt haben, weil er für<br />

uns aussah, als sei er vielleicht Ende Dreißig.<br />

Er hatte mich entführt und in seinem Keller<br />

gefoltert und mich dann auf dem Operationstisch<br />

geopfert, den wir in seiner Villa vorgefunden<br />

hatten. Das Gleiche galt für die Leute,<br />

die wir in der Hölle zurückgelassen hatten,<br />

oder besser: dem Fegefeuer, das dieser Dämon<br />

nur für Markgraf erschaffen hatte.<br />

Du musst wissen, dass der Dämon sich in<br />

dem Moment an Markgraf gehängt hatte, als<br />

dieser damit anfing, auf dem Pfad des Todes<br />

zu wandeln, um ihn nach seinem Tod in Empfang<br />

zu nehmen und ihn zu ‚reinigen‘, was<br />

auch immer damit gemeint sein mag.<br />

Markgrafs Dämon sammelte uns ein, uns<br />

Opfer, um mit uns das endgültige Fegefeuer<br />

zu bevölkern. Bewusstlos warteten wir auf<br />

den Moment, da Markgraf starb; und dieser<br />

Moment kam eher als er selbst geglaubt hätte.<br />

Der entführte Junge war sein vorletztes<br />

Opfer gewesen. Das war zu diesem Zeitpunkt<br />

etwas über ein Jahr her. Aber danach nahm<br />

er sich zu viel vor. Sein nächstes auserwähltes<br />

Opfer war die Nachbarin, die jetzt bei<br />

uns war, die aber eine sehr starke Seele hatte,<br />

stärker als alles, was man sich vorstellen<br />

kann, denn sie war keine gewöhnliche Frau,<br />

nicht mal ein Mensch.<br />

Als er sie auf seinem Operationstisch hatte,<br />

zapfte er ihre reiche Seele an, aber er konnte<br />

der nun in ihn strömenden Energieflut nicht<br />

Herr werden. Er erlitt eine Gehirnblutung<br />

und starb auf der Stelle, zusammen mit seinem<br />

Opfer.<br />

Der Dämon kam und holte beide ab, ließ<br />

Markgrafs Körper für die Polizei zurück und<br />

verbarg das Zimmer mit dem Operationstisch<br />

auf magische Weise vor Entdeckung.<br />

Er steckte Markgraf, der womöglich sogar<br />

im Tod noch Macht über die Kreatur gehabt<br />

hätte, in die Rolle des Vaters seines vorletzten<br />

Opfers und ließ uns andere mehr oder<br />

weniger das sein, was wir vor unserem Tod<br />

gewesen waren. Er löschte die gesamten Erinnerungen<br />

des Doktors und unsere letzten.<br />

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Dann war die Bühne bereit für den ersten<br />

Akt.<br />

Aber anscheinend hatte Markgraf noch ein<br />

Ass im Ärmel. Er hatte ein Wesen aus dem<br />

Jenseits heraufbeschworen und ihr einen<br />

geweihten, magischen Dolch anvertraut, den<br />

ihm dieses Wesen bringen sollte, sobald er<br />

tot und im Fegefeuer sein würde. Er hatte allerdings<br />

nicht mit der Möglichkeit gerechnet,<br />

dass seine Erinnerung gelöscht sein würde –<br />

aber als er den Dolch mit dem Willen zu töten<br />

schwang, schlitzte er die falsche Realität des<br />

Fegefeuers dennoch auf und öffnete uns den<br />

Fluchtweg.<br />

Aber wie schon gesagt, der Dämon war<br />

uns gefolgt oder gar vorangeeilt und machte<br />

sich daran, seinen Fang ein zweites Mal einzuholen.<br />

Während sich die Realität wieder<br />

festigte und begann, Markgraf wieder seine<br />

alte Gestalt zu geben, hatte der Dämon um<br />

uns bereits ein Netz des Wahnsinns gewoben,<br />

das kein Entkommen erlaubte.<br />

Der Dämon hatte uns jetzt da, wo er uns<br />

haben wollte, und er wollte den Lohn für<br />

seine Mühen abholen: Markgraf, der sich<br />

nun seiner selbst endlich völlig bewusst war,<br />

aber dem Dämon machtlos ausgeliefert. Und<br />

er nahm ihn einfach mit, zerrte ihn in einem<br />

unmöglichen Winkel über die Hauswand hinter<br />

sich her und verschwand im Nebel.<br />

Und dann verhielten sich die Dimensionen<br />

plötzlich wieder normal, und ich konnte gerade<br />

noch nach der Leiter greifen und mich<br />

daran festklammern, während sich der Nebel<br />

langsam zurückzog. Die Nachbarin hing irgendwo<br />

über mir. Sie hatte wohl einen besseren<br />

Halt gefunden, und sie schrie.<br />

Dann geschah etwas, das meine Hoffnung<br />

wieder ein wenig herstellte, wenn schon<br />

nicht meinen Glauben. Ich hörte ein Geräusch<br />

wie von mächtigen Schwingen.<br />

Zwei Gestalten glitten an mir vorbei<br />

nach oben, und ich konnte<br />

sie erst deutlich sehen, als<br />

sie auf meiner Höhe waren.<br />

Ich kann sie nur als Engel<br />

beschreiben, kein anderes<br />

Wort wird ihnen gerecht; und<br />

sie nahmen die Nachbarin in ihre<br />

Mitte und trugen sie fort. Erst in diesem Moment<br />

öffneten sich meine Augen wirklich für<br />

ihre engelsgleiche Schönheit…<br />

Sekunden später war ich allein auf der Leiter<br />

und der Nebel wurde immer lichter. Bald<br />

konnte ich den Boden sehen und kletterte<br />

hinunter. Ich wusste, dass ich verschont worden<br />

war. Oder vielleicht war ich nur wie ein<br />

unwichtiger Bauer in einem Schachspiel,<br />

das ich nicht verstand, fortgeworfen<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

worden. Für die Welt war ich tot, obwohl ich<br />

lebte und immer noch lebe. Aber ich habe es<br />

nie gewagt, in mein altes Leben zurückzukehren.<br />

Und deshalb lebe ich hier auf der Straße,<br />

in dieser dunklen Gasse, und verbringe meine<br />

Tage damit, um etwas zu essen oder etwas<br />

Kleingeld zu betteln, und gelegentlich erzähle<br />

ich jemandem meine Geschichte. Natürlich<br />

glaubt mir nie jemand, deshalb musste ich<br />

einen Weg finden, das Interesse meiner Zuhörer<br />

zu wecken.<br />

So, damit ist alles gesagt. Es gibt nichts<br />

mehr zu erzählen. Hör auf, dich zu wehren.<br />

Du kannst dich nicht befreien.<br />

Ja, das ist genau der Dolch, von dem ich dir<br />

erzählt habe. Ich habe ihn damals in der Penthouse-Wohnung<br />

an mich genommen, als die<br />

anderen nicht mehr an ihn dachten, als wir<br />

gerade dabei waren, aus dem Fenster zu klettern.<br />

Ich habe keine Ahnung, ob noch irgend<br />

welche Magie in ihm schlummert, aber eine<br />

Sache weiß ich, und das ist das Letzte, was<br />

ich dir mit auf den Weg gebe: manchmal ist<br />

es besser zu sterben als verschont zu werden.<br />

�<br />

Seite 75


Die Tanelorn Challenge<br />

DIE TANELORN<br />

CHALLENGE<br />

SCHREIBWETTBEWERB UNTER ZEITDRUCK<br />

TEXT: THORSTEN SCHLEER, TOBIAS LOOSCHELDERS<br />

die GroFaFo challenge 2007<br />

Die Challenge ist ein Wettbewerb für Rollenspielautoren,<br />

2007 ausgerichtet vom Rollenspielforum<br />

GroFaFo. Es geht um Spaß,<br />

darum, sich zu messen, um neue Impulse für<br />

das Hobby, aber vor allem geht es darum,<br />

gute Rollenspiele zu designen. Rollenspiele,<br />

die man sofort spielen möchte. Rollenspiele,<br />

die einem am Spieltisch viel Freude bereiten.<br />

Die zweite Challenge fand im April 2007<br />

statt und es wurden 19 Beiträge eingereicht,<br />

von denen die acht Bestplatzierten Preise gewannen.<br />

Ab diesem Jahr wird die Challenge<br />

unter dem Namen Tanelorn Rollenspiel-<br />

Challenge geführt und ist über www.tanelorn.net<br />

zu erreichen, wo die Challenge eigene<br />

Unterforen hat. Zwar sind die meisten<br />

Teilnehmer in der Community aktiv, man ist<br />

aber forenfremden Teilnehmern sehr aufgeschlossen.<br />

Wie funktioniert<br />

die Challenge?<br />

Jeder kann an der Challenge teilnehmen.<br />

Die genauen Regeln werden vorab von einer<br />

Kommission festgelegt. Der Ablauf der Challenge<br />

bleibt jedoch immer gleich. Die Beiträge<br />

werden in einem entsprechenden Beitrag<br />

im Tanelorn-Forum verlinkt und üblicherweise<br />

während des Entwicklungszeitraum von<br />

einem Designtagebuch begleitet.<br />

Nach der Anmeldung hat man 72 Stunden<br />

zur Verfügung um ein komplettes Rollenspiel,<br />

mit Regeln und Setting zu entwickeln<br />

und vorzustellen. Besagte 72 Stunden können<br />

am Stück im einmonatigen Rahmen der<br />

Challenge frei in Anspruch genommen werden.<br />

Um jedoch eine gemeinsame Bewertungsgrundlage<br />

zu schaffen, ist jeder Autor<br />

verpflichtet mindestens zwei der vier vorher<br />

festgelegten Stichworte in sein Regelwerk<br />

einzubinden. Ob er dies im Setting oder in<br />

den Regeln macht, steht im jedoch wiederum<br />

frei. 2007 waren die Stichwörter Regen,<br />

Trauer, Geld und Diskussion.<br />

Eine unabhängige Jury bewertet danach<br />

sämtliche Beiträge nach den Kriterien: Spielkonzept/Idee,<br />

Ausgereiftheit, Präsentation<br />

(Textaufbau und Verständlichkeit) und Um-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

setzung der Vorgaben. Jeder Beitrag erhält<br />

konstruktives Feedback von der Jury, das auf<br />

die Stärken und Schwächen des Spielkonzeptes<br />

aufmerksam macht. Die Jury wählte<br />

in drei Nominierungsrunden den Sieger der<br />

Challenge.<br />

die sieger<br />

Platz 1: Jenseits<br />

„der Tod ist erst der Anfang.“<br />

Gefangen auf einer menschenleeren Welt<br />

zusammen mit den wenigen Seelen, die mit<br />

dem Charakter eine winzige Kleinigkeit teilen.<br />

Sie alle starben innerhalb von 72 Minuten<br />

gezählt von einer unbekannten Stunde<br />

Null. Ohne Hunger und ohne Durst steht es<br />

ihnen offen sich ihre neue Existenzform so<br />

zu richten, wie es ihnen gefällt. Alles ist noch<br />

da, man muss sich nur noch bedienen. Kein<br />

Altern, keine Krankheit… aber immer dieser<br />

bohrende Gedanke hier nicht hin zu gehören<br />

und in jeder Sekunde innerlich der Schmerz<br />

und die Trauer derjenigen die man einst liebte.<br />

Und die Toten sind nicht alleine… Streunende<br />

Engel jagen die armen Seelen wie<br />

Junkies auf der Suche nach dem nächsten<br />

Schuss, denn nur eine verlöschende Seele<br />

gibt ihnen wieder einen kurzen Blick in das<br />

verlorene Paradies. Die Dämonen der Hölle<br />

brüten über vergessenen Büchern und scharen<br />

Armeen um sich. Alpträume durchstreifen<br />

die einsamen Straßen auf der Suche nach<br />

Nahrung.<br />

In Jenseits tauchen die Charaktere in das<br />

Leben nach dem Tode ein. Gestrandet in einer<br />

Zwischenwelt voller Gefahren müssen sie als<br />

die Seelen Verstorbener überleben und herausfinden,<br />

wie sie ihr Seelenheil retten können.<br />

Dabei müssen sie stets auf die Balance<br />

zwischen ihrer Trauer und Wut achten, denn<br />

obwohl beides Stärke und Macht verleiht,<br />

ist auch beides der Weg zum Untergang. Die<br />

Regeln gehören zu den klassischsten, die in<br />

der Challenge verwendet wurden, bieten allerdings<br />

auch einige neue Ansätze und Ideen.<br />

Die Charaktererschaffung ist schnell und soll<br />

dennoch zur Tiefe des Charakters beitragen.<br />

Konflikte werden durch ein vergleichendes<br />

Würfelsystem gelöst.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Platz 2: Gnome: Die Ausraubung<br />

„Wir haben es; sie wollen es:<br />

Unser Geld!“<br />

Gnome: Die Ausraubung ist eine Mischung<br />

zwischen Rollen- und Brettspiel, in dem es<br />

darum geht, als eine Gruppe von Gnomen<br />

einen Raub begehen. Dazu übernimmt einer<br />

der Spieler die Rolle des Spielleiters,<br />

alle übrigen spielen Gnome. Im Laufe des<br />

Spiels erkunden die Gnome ein Zielobjekt,<br />

knacken Schlösser, entschärfen Alarmanlagen<br />

und überwinden Wachen, während der<br />

Spielleiter versucht, zu verhindern, dass die<br />

Gnome ihr Ziel erreichen. Erst während des<br />

Spiels erschaffen alle Spieler gemeinsam die<br />

Einzelheiten des Zielobjektes. Schaffen es<br />

die Gnome, mit ihrer Beute zu fliehen, haben<br />

sie gewonnen. Werden sie von der Polizei<br />

geschnappt, dann hat der Spielleiter gewonnen.<br />

Die Gnome sind ein sehr streitsüchtiges<br />

Volk (Stichwort: Diskussion), folglich stehen<br />

spaßige Konflikte auf der Tagesordnung. Ein<br />

weiteres, ausgefallenes Merkmal ist der Umstand,<br />

dass um reales Geld gespielt wird. Der<br />

größte Minuspunkt für Gnome war, dass es<br />

zu brettspiellastig war und zu wenig Rollenspielanteile<br />

enthält. Die Rollenspielelemente<br />

sind größtenteils ungeregelt den Spielern<br />

überlassen und scheinen fast gar nicht vorgesehen<br />

zu sein. Die Idee ist aber wirklich gut<br />

und verspricht sehr viel Spaß.<br />

Platz 3: Candyman<br />

„Who can take a sunrise,<br />

sprinkle it with dew? …“<br />

Candyman versteht seine Spieler mit einigen<br />

sehr guten Ideen in den Bann zu ziehen.<br />

Denn die Spieler schlüpfen nicht nur in die<br />

Rolle von Candymen, von Süßigkeitenverkäufern,<br />

sogar die Würfel werden durch Bonbons<br />

und Lollys ersetzt. Candyman bezieht<br />

die Bonbons gelungen in sein Bietsystem mit<br />

ein und regelt gleichzeitig damit noch den<br />

Szenenschnitt. Das Erzählrecht wechselt zu<br />

dem Spieler, der errät in welcher Hand der<br />

gegenwärtig erzählende Spieler ein Bonbon<br />

versteckt hat. Dieser Mechanismus passt<br />

wunderbar zum Spielkonzept und zur Aufmachung<br />

des Spiels. Das System verzichtet<br />

dabei sauber auf alles Überflüssige, enthält<br />

Seite 76


Die Tanelorn Challenge<br />

aber gleichzeitig alle notwendigen Regelelemente.<br />

Zudem ist es das einzige Spiel<br />

der bisherigen Challenge-Geschichte, dass<br />

gleich zwei Testspiele in den 72 Stunden Entwicklungszeit<br />

schaffte. Aber auch die Texte<br />

transportieren das angestrebte Spielgefühl<br />

gut. Ungewöhnlich mag am Spiel erscheinen,<br />

dass es einen Gewinner am Ende des Spiels<br />

gibt, nämlich den Candyman, der am erfolgreichsten<br />

war.<br />

die weiterenbeiträge<br />

(in Reihenfolge der Abgabe)<br />

Die Tränen der Göttin<br />

Eine abgedrehte Idee gepackt in ein flüssig<br />

verschwimmendes Regelkonzept aus Klassik<br />

und Innovation. Die Tränen der Göttin war<br />

das erste Spiel, das zur Challenge vorgestellt<br />

wurde. Die Grundidee ist folgende: Die Spielercharaktere<br />

sind Wassertropfen, die Kinder<br />

der Göttin bzw. Teile von ihr, die sich in freiem<br />

Fall dem Boden entgegen befinden. In sieben<br />

Tagen werden sie aufschlagen und das Spiel<br />

ist beendet. Was also tun mit den letzten Tagen?<br />

Das Ganze klingt nicht nur abgedreht,<br />

nein, es soll auch so sein. Den Spielern wird<br />

dafür ein Regelwerk an die Hand gegeben<br />

das für diese Idee erstaunlich normal wirkt.<br />

Das hilft zwar sich vorzustellen wie man<br />

spielt, nimmt der Idee allerdings auch etwas<br />

von ihrem wirren Charme. Hinzu kommt,<br />

dass das klassische Regelwerk durch innovative<br />

Ideen, verzerrt wird und manche Punkte,<br />

z.B. der Kampf, noch sehr wenig ausbalanciert<br />

wirken. Die sicherlich neuste Idee im<br />

Spiel war es, den Stand des Manas über den<br />

Wasserstand in einer Flasche zu messen.<br />

dAwn<br />

dAwn ist ein Endzeit-Rollenspiel in einer<br />

durch toxischen Regen zur Sumpf- und Morastlandschaft<br />

verkommenen Welt. Es spielt<br />

im Dreieck Berlin-Warschau-Prag, ohne jedoch<br />

andere Schauplätze gänzlich auszuschließen.<br />

Das Regelwerk ist von der alten Schule und<br />

will es auch sein. Die Charakterwerte werden<br />

ausgewürfelt, Lebenspunkte werden abgezogen,<br />

es gibt Erfahrungspunkte, Stufen und<br />

Charakterklassen. Der Autor wollte ein Spiel<br />

schreiben, welches das Flair eines 10-15 Jahre<br />

alten Rollenspiels aufgreift. Somit ist es<br />

eher ein Abenteuerrollenspiel, dessen eher<br />

geringe Regellast es aber auch für Storyteller<br />

spielbar machen soll. Besonders zu begeistern<br />

wusste das hervorragende Layout des<br />

Spiels, aber auch der Retro-Charakter fand<br />

Anklang. Das Spiel sollte reibungslos funktionieren,<br />

da es sich auf altbewährte Regelmechanismen<br />

verlassen kann. Durch den neuen<br />

Münz-Mechanismus kommt allerdings noch<br />

ein Element hinzu, dass nicht dem Retro-Stil<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

des Spieles entsprechen will. Da der Mechanismus<br />

allerdings wunderbar funktioniert, ist<br />

er jedoch zu einem weiteren Pluspunkt des<br />

Spieles avanciert. Man merkt dem textreichsten<br />

Spiel des Wettbewerbs an die liebevolle<br />

Arbeit an. Eine spannende Story, schöne Details<br />

und ein solides Regelgerüst. Zu einem<br />

Treppchenplatz hat es zwar nicht gereicht,<br />

dennoch ist dAwn durchaus ein Spiel, dass<br />

einen Blick wert ist, wenn man sich mit der<br />

Spielart anfreunden kann.<br />

Die Wetterprinzessinnen<br />

Ein Rollenspiel für Mädchen ab 8 Jahren<br />

und deren Eltern. Was für eine Idee! Der<br />

Hintergrund ist dementsprechend auch irgendwie<br />

eine Mischung aus Hanni & Nanni,<br />

Sailormoon und Harry Potter und dürfte den<br />

Geschmack so manchen Kindes treffen. Die<br />

Charaktere sind allesamt Wetterprinzessinen,<br />

die in ein Internat, das Himmelsschloss<br />

geschickt werden, um dort ihre Magie zu entdecken.<br />

Die Prinzessinen erleben also Abenteuer<br />

rund um das Himmelsschloss. Leider<br />

hat es die Idee, die Abenteuer mit Taschengeld<br />

zu belohnen offenbar nicht ins fertige<br />

Spiel geschafft. Stattdessen findet sich aber<br />

eine erste Abenteueridee im Regelwerk wieder.<br />

Dafür, dass die Zielgruppe klar definiert<br />

war, wird hier zu stark auf Rechnerei in den<br />

Regeln gesetzt.<br />

Nimbus<br />

Nimbus schafft eine märchenhafte Welt<br />

namens Nimmernass, in der es Regenmacher<br />

bedarf, um die Wolken zum Regnen zu<br />

bringen. Nimmernass ist eine Welt, die sich<br />

durch all die Happy Ends in anderen Märchen<br />

in einen Alptraum verwandelt hat. Das Spiel<br />

zeichnet sich durch eine Mechanik aus, die<br />

Gefühle eng mit den Fertigkeiten verknüpft.<br />

Diese sollte diese ausgezeichnete Idee noch<br />

viel näher in den Mittelpunkt des Spiels rücken.<br />

Die Idee das emotionale Gleichgewicht<br />

des Charakters durch aufgetürmte Würfel<br />

darzustellen ist faszinierend frisch. Nichtsdestotrotz<br />

muss das Konzept noch ein paar<br />

Spieltests durchlaufen. Das schöne Setting<br />

geht leider nach einer stimmungsvollen Einführung<br />

etwas unter und wird nicht weiter<br />

vertieft. Wieder einmal hat hier der Zeitdruck<br />

ein interessantes Konzept zum Ausscheiden<br />

in der ersten Runde verdammt.<br />

Jungle Kingdoms of Venus<br />

Jungle Kingdoms ist ein Spiel, dass sich<br />

dem überzeichneten Stil der 50er-Jahre-<br />

Science Fiction bedient. Überall finden sich<br />

greifbare Klischees, ob in der kitschig-bunten<br />

Bebilderung oder plakativen Slogans („Nimm<br />

deine Strahlenpistole und breche auf zu aufregenden<br />

Abenteuern in den regennassen<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Dschungeln der Venus“). Natürlich ist die<br />

Corestory simpel und eher für Oneshots gedacht,<br />

als für epische Kampagnen, aber dafür<br />

wurde das Spiel auch designt. Das benutzte<br />

Poolsystem scheint sich unkompliziert ins<br />

Spiel einzufügen.<br />

Gefallene Engelchen<br />

„Man nehme Glücksbärchis, Teletubbies,<br />

mein kleines Pony und Kleine-Mädchen-<br />

Mangas, mixe alles kräftig durch und gebe<br />

es dann unter ständigem Rühren in den Ausguss<br />

Richtung Regenwelt“, war die treffende<br />

Beschreibung eines Juroren. Die Charaktere<br />

sind gefallene Engel, die aus dem Paradies<br />

verbannt wurden. Nur gemeinsam können<br />

sie ihre übernatürlichen Kräfte einsetzen und<br />

nur gemeinsam können sie zurückkehren.<br />

Die Frage ist nur, ob sie das wollen, nachdem<br />

sie die Freuden der Macht in der Welt<br />

der Sterblichen gekostet haben. Gefallene<br />

Engelchen setzt auf Satire, die aus dem Spiel<br />

heraus entstehen soll. Das Spiel nimmt sich<br />

selbst nicht zu ernst und setzt auf Spaß und<br />

altbewährte Mechanismen. Dabei vergisst es<br />

allerdings, das Spielziel Satire im System zu<br />

berücksichtigen.<br />

Einsatzkommando<br />

Schwarzes Gold<br />

Ein Spiel mit klarer Auftragsstruktur, in der<br />

die Charaktere die Rolle einer Söldnertruppe<br />

übernehmen, die für einen Ölkonzern arbeitet.<br />

Der Krieg, den die Charaktere ausfechten<br />

ist sehr hart und blutig. Nicht zu unrecht sind<br />

die Gesichter der Soldaten auf dem Backcover<br />

geschwärzt. Die Härte war auch der<br />

größte Kritikpunkt am Spiel. Der Autor hat<br />

sich zur Inspiration Würfeln und zufälligen<br />

Google-ergebnissen bedient, was sicher die<br />

spannendsten Variante der Ideenfindung innerhalb<br />

der Challenge darstellt.<br />

The End: From Dawn to Dawn<br />

Nur 24 Stunden bis zum Ende der Welt.<br />

Durch den Mord an einem Engel ist die<br />

Menschheit zum Untergang verdammt… es<br />

sei denn die Charaktere, die Auserwählten,<br />

schaffen es den letzten Auftrag Gottes zu erfüllen.<br />

Das Spiel wurde einfach nicht wirklich<br />

fertig und das merkt man natürlich, zumal<br />

sich nur eines der Stichwörter finden lässt,<br />

was zu großen Punktabzügen führte. Ein<br />

anderer großer Kritikpunkt, den der Autor<br />

in seinem Spiel selbst sieht ist, dass es nach<br />

einem One-Shot eigentlich nicht wieder zu<br />

spielen ist, denn das Geschehen ist bekannt.<br />

Vapor State<br />

Bei Vapor State handelt es sich um ein<br />

postapokalyptisches SciFi-Rollenspiel auf<br />

einer rauen Wüstenwelt. Im Mittelpunkt<br />

Seite 77


Die Tanelorn Challenge<br />

der Welt stehen allerhand – vielfach moralische<br />

– Konflikte, die es auszutragen gilt.<br />

Als das Imperium der Menschen in seinem<br />

Hochmut begann die technologisch unterlegene<br />

Förderation diverser Alienrassen zu<br />

erobern, schalteten sich die Creeve ein. Die<br />

Creeve sind eine Rasse, die von der Föderation<br />

angeworben wurde, um den Krieg zu<br />

beenden. Die Menschen wurden besiegt, jedoch<br />

rissen sie die riesige Transporterflotte,<br />

die den Sold der Creeve transportierte, mit in<br />

den Abgrund. In den Abgrund des Planeten<br />

Dante, auf den alle menschlichen Soldaten<br />

als Kriegsgefangene ausgesetzt wurden.<br />

Ihre Aufgabe ist es nun, sich die Absolution<br />

zu erkaufen, in dem sie die untergegangenen<br />

Schätze des Planeten bergen und den<br />

Creeve aushändigen. Dabei liegt dem ein W8-<br />

Poolsystem zugrunde, das an einigen Stellen<br />

in der Challengeversion zu umständlich war.<br />

Die moralischen Konflikte fanden absichtlich<br />

ihren Weg in den Regelteil nicht, was dem<br />

Spiel unter Umständen ebenfalls gut getan<br />

hätte. Allerdings werden diese Konflikte<br />

durch die beschrieben Fraktionen und deren<br />

Moralvorstellungen aufgegriffen. Die Kerngeschichte<br />

des Spiels wird sehr mitreißend<br />

beschrieben und lädt zum Losspielen ein.<br />

rest home<br />

Rest home soll ein gefühlsbetontes Spiel<br />

um menschliche Dramen sein. Es soll eine<br />

bedrückende Atmosphäre schaffen. Im Fokus<br />

stehen die Charaktere mit ihren eigenen<br />

Problemen. Die in die Jahre gekommenen<br />

Charaktere, allesamt Bewohner eines Altenheims,<br />

sollen im Spiel aus ihrem eigenen Leben<br />

Bilanz ziehen. Sie sollen versuchen, noch<br />

etwas zu ändern, bevor es dazu zu spät ist.<br />

Diese Probleme sind auch ihre größte Gemeinsamkeit.<br />

Sicher sind die Idee und die Situation<br />

insgesamt sehr speziell, aber rest home<br />

bietet einige interessante Innovationen, wie<br />

beispielsweise den Zahnrad-Mechanismus.<br />

Dieser versucht die zentralen Attribute des<br />

Spiels direkt miteinander zu verzahnen und<br />

so Wechselwirkungen aufzubauen. Die verwandten<br />

Stichworte Trauer und Diskussion<br />

wurden vorbildlich eingebaut, was rest home<br />

sicherlich einige Bonuspunkte bei der Jury<br />

bescherte. Alles in allem wirkt das Spiel aber<br />

noch konturlos und würde noch einiger Rahmenelemente<br />

bedürfen, um wirklich spielbar<br />

zu sein.<br />

Knights of the Coin<br />

Riesige Münzen fielen vom Himmel herab<br />

und verwüsteten die fantastische Welt völlig.<br />

Seit jeher lag das Land in Trümmern, doch<br />

Jahre später wiederholte sich die Katastrophe.<br />

Nur hatte sie diesmal auch etwas Gutes:<br />

Sie gab einigen Sterblichen die magischen<br />

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Kräfte, sich gegen das Unheil zur Wehr setzen<br />

zu können. Die Spieler schlüpfen in die<br />

Rolle solcher Ritter der Münze. Knights of<br />

the Coin verwendet ein klassisches Regelsystem<br />

und schickt die Charakere auf die Mission,<br />

die Welt zu retten!<br />

Retaliatoria<br />

Die Macht ihrer Gefühle ebnet den Charakteren<br />

den Weg nach Retaliatoria, ins Reich<br />

des Schicksals, in dem sie sich ihren grauenhaftesten<br />

Alpträumen stellen müssen. Wer<br />

den Gefahren zu trotzen weiß und die dunkle<br />

Festung erreicht, beherrscht sein eigenes<br />

Schicksal. Goa, die Hüterin des Schicksals<br />

wird den Charakteren Welle um Welle neuer<br />

Horrorelemente entgegenwerfen. All dem<br />

müssen gewöhnliche, neuzeitliche Menschen<br />

trotzen, denen etwas Schreckliches<br />

zugestoßen ist und die sich in der phantastischen<br />

Welt Retaliatorias wieder finden. Die<br />

Kampfregeln könnten sich wegen der Masse<br />

an eingeplanten Actionszenen als zu komplex<br />

erweisen. Es fehlt an Anleitungen, wie<br />

man die angestrebte Stimmung erreichen<br />

kann und wie der Spielleiter ein Retaliatoria-Abenteuer<br />

leiten soll.<br />

Edaphon – Karavanen und Käfer<br />

Der erste Beschreibungstext klingt bereits<br />

nach unglaublich kreativer Fantasy: So gibt<br />

es Algenfarmen in gläsernen Häusern, die<br />

Tunnel der Wurmwanderer und Karawanen,<br />

die zu den wandernden Städten der Blattlande<br />

reisen. Und all das in einer Topfpflanze!<br />

Gespielt werden also Insekten und Käfer, die<br />

mit Handelshäusern zusammen agieren und<br />

sich um deren Karawanen kümmern. Ins Regelsystem<br />

wurde bei Edaphon zu wenig Zeit<br />

investiert, aber das Setting hat sehr einfallsreiche<br />

Ideen. Der Jury waren die Stichworte<br />

nicht elementar genug eingeflochten, sodass<br />

es das Spiel nicht weiterschaffte.<br />

Melancholia<br />

Melancholia ist der Dystopie verschrieben<br />

und spielt in einem Near-Future-Deutschland.<br />

Aus der Republik wurde ein trüber Überwachungsstaat<br />

und die Charaktere haben sich<br />

als Ziel gesetzt, aus dem System auszubrechen.<br />

Sie sind Aussteiger in einer Welt voller<br />

Gewalt, Weltschmerz und suchen im Kampf<br />

gegen das totalitäre System die Erlösung.<br />

Das Regelsystem orientiert sich augenscheinlich<br />

an einigen neuen Ideen und Konzepten.<br />

Bei Melancholia handelt es sich um den einzigen<br />

Teilnehmer, der von der neuen Regel<br />

der Autorenteams Gebrauch gemacht hat.<br />

The Beginning of the End<br />

Das Spiel wurde designt, um einem Spieler<br />

ein möglichst gelungenes Spielerlebnis zu<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

gönnen. Alle anderen Spieler arbeiten auf<br />

dieses Ziel hin, während der Protagonist die<br />

Geschichte erlebt. Die Regeln versuchen einen<br />

hohen Grad an Realismus zu bieten, was<br />

z.B. zu einer ganzen Menge Attributen führt.<br />

Einige Ansätze sind aber bemerkenswert,<br />

wie etwa die Attribute, die die Persönlichkeit<br />

des Charakters abbilden. Neben Candyman<br />

ist The Beginning of the End das einzige<br />

Spiel, was während dem Schreiben schon getestet<br />

wurde. Interessant ist auch, dass sich<br />

die Geschichte um Regenmacher handelt,<br />

eine Idee, die auch das Spiel Nimbus aufgegriffen<br />

hat.<br />

Fazit<br />

Von Alptraum bis Zerstörung zeigte die<br />

Challenge 2007 die facettenreichen Möglichkeiten<br />

von düsterem und melancholischem<br />

Rollenspiel. Gerade die Stichworte „Regen“<br />

und „Trauer“ trugen wahrscheinlich ihren<br />

Teil dazu bei, aber auch „Geld“ und „Diskussion“<br />

scheinen nicht unbedingt zu den positiv<br />

belegten Dingen unserer Gesellschaft zu<br />

gehören. Interessant ist auch, dass gerade in<br />

solch bedrückenden Szenarien immer wieder<br />

Engel eine wichtige Rolle spielten. Das führte<br />

sogar zu dem Slogan: „This RPG does not<br />

contain any angels, nor does it encourage<br />

the inclusion of any celestial beeings into actual<br />

play“. Spiele, die weder Engel noch ein<br />

apokalyptisches Szenario enthielten waren<br />

eine Seltenheit.<br />

Die Beteiligung war etwas höher als im<br />

letzten Jahr, auch wenn schließlich wieder<br />

nur gleich viele Spiele, mehr oder weniger<br />

vollendet, eingereicht wurden. Die 72-Stunden-Marke<br />

geriet zwar stark in die Diskussion,<br />

setzte sich jedoch schließlich durch. Konsens<br />

scheint weitestgehend zu sein, dass die<br />

Eingrenzung zum Schreiben animiert. Es gab<br />

von Seiten der Jury viel fundiertes Feedback,<br />

auch wenn sich die angesetzten leider Testspiele<br />

als nicht praktikabel erwiesen haben<br />

und zu einer großen Verzögerung bei der Abstimmung<br />

geführt haben.<br />

Ein Ausblick in die Zukunft<br />

Auch dieses Jahr wird es wieder eine Challenge<br />

geben. Voraussichtlich wird die dritte<br />

Challenge im April veranstaltet werden. Näheres<br />

wird aber im entsprechenden Forum<br />

zu lesen sein.<br />

Die Tatsache, dass etliche Szenarien auch<br />

nach der Challenge weiterentwickelt werden<br />

und einen großen Fankreis um sich sammeln<br />

können, zeigt, wie gelungen viele Beiträge<br />

der Challenge sind. So steht beispielsweise<br />

das System Western City aus der Challenge<br />

2006 kurz vor der Veröffentlichung als Buch.<br />

�<br />

Seite 78


Töte den Eismann<br />

TÖTE DEN EISMANN!<br />

EIN UNIVERSELLES MYSTERY ABENTEUER<br />

TEXT: WOLFGANG ZWIEGERT NACH EINER IDEE VON MICHAEL C. LABOSSIERE<br />

ILLUSTRATION: WOLFGANG ZWIEGERT, TOMMY HEINIG<br />

übERsicHT<br />

Dieses Abenteuer richtet sich an Freunde<br />

der Mystery. Für die Spieler gilt es, eine<br />

schreckliche Bestie aufzuhalten, die in der<br />

Gegend nördlich von Washington D.C. Menschen<br />

tötet. Ich habe absichtlich keine Werte<br />

für ein bestimmtes Regelsystem angegeben,<br />

um das Abenteuer universell einsetzbar zu<br />

halten. Es eignet sich aber besonders gut<br />

für Cthulhu Now, Dark Matter oder auch die<br />

Welt der Dunkelheit.<br />

WORTE VORWEG<br />

In diesem Abenteuer werden einige<br />

schlimme Dinge beschrieben – Kinder werden<br />

ermordet und Menschen gehäutet. Dies<br />

kommt sicherlich nicht bei jedem Spieler<br />

gleich gut an und der Spielleiter sollte sich<br />

seiner Verantwortung nochmal klar werden,<br />

die er gegenüber seinen Spielern hat.<br />

Besonderer Dank geht an Michael Labossiere,<br />

auf dessen englischsprachigem Abenteuer<br />

„I want to kill the ice cream man“ ich<br />

www.anduin.de www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

unabhängig<br />

mein Abenteuer basiere. Allerdings baue ich<br />

es stark aus und nehme im Prinzip nur seine<br />

Grundidee, um eine eigene Geschichte zu erzählen.<br />

Das Abenteuer besitzt keinen festen Handlungsablauf,<br />

da die Spieler nicht auf ein vorgegebenes<br />

Gleis gesetzt werden sollen. Ich<br />

werde daher eine Übersicht über den Hintergrund<br />

und die mögliche Handlung geben und<br />

anschließend einzelne Puzzlestücke beschreiben,<br />

aus denen der Spielleiter das eigentliche<br />

Abenteuer zusammensetzen muss.<br />

HinTERGRUnd<br />

Im Jahr 2007 findet ein Dämon, eine<br />

schreckliche Kreatur, einen Weg, sich unter<br />

Tarnung seine Nahrung zu beschaffen – genauer<br />

gesagt seine Leibspeise: Kinder. Er ermordet<br />

den Besitzer eines Eiswagens – eines<br />

jener typisch nordamerikanischer Gefährte,<br />

aus denen ein Mann Eis an Kinder verkauft.<br />

Der Wagen ist zwar nicht mehr der neueste,<br />

hat aber fast alles, was der Dämon be-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

nötigt. Am wichtigsten jedoch ist die Glocke<br />

und ihr fröhliches Kinderlied – denn damit<br />

kann der Dämon Kinder anlocken. Er hat das<br />

gute Stück sogar mit einem Zauber belegt, so<br />

dass er damit Kinder in Trance zu sich rufen<br />

kann.<br />

Nun haben aber Kinder sehr gute Instinkte,<br />

und in seiner eigentlichen Erscheinungsform<br />

mit den Hörner, Warzen und schiefen Zähnen<br />

verkauft der Dämon nur sehr schleppend<br />

sein Eis. Deshalb muss er – wortwörtlich – in<br />

die Haut eines Menschen schlüpfen, dessen<br />

Identität er dann annimmt. Das erste Opfer<br />

war der Besitzer des Eiswagens, doch inzwischen<br />

mussten schon zwei weitere Opfer ihr<br />

Leben für das Aussehen des Dämonen lassen.<br />

Auf seinem Weg durch die Gegend um<br />

Washington D.C. hinterlässt der Dämon so<br />

eine ganze Reihe an Morden an Kindern und<br />

freundlich aussehenden Männern.<br />

HAndLUnG<br />

Eines der entführten und ermordeten<br />

Kinder ist Jonathan Helmsworth. Jonathans<br />

Vater kommt nicht über den Verlust seines<br />

Sohnes hinweg – und auch nicht darüber,<br />

dass die Polizei aus seiner Sicht nichts unternimmt,<br />

um seinen verschwundenen Sohn zu<br />

finden. Also macht er sich selbst an die Ermittlungen.<br />

Nach einigen Monaten kommt er dem Dämonen<br />

auf die Spur. Er verbindet Fälle von<br />

anderen vermissten Kindern und entdeckt<br />

zufällig, dass in der Gegend immer ein Eiswagen<br />

präsent war. Langsam setzt sich das<br />

Puzzle vor ihm zusammen, doch dennoch<br />

vergeht ein halbes Jahr bis Larry Helmsworth<br />

den Mörder seines Sohnes – denn er ist überzeugt,<br />

dass der Eisverkäufer ein Mörder an<br />

vielen Kindern ist – gegenübersteht.<br />

Larry hat lange gebraucht, bis er die Tatsache<br />

akzeptieren konnte, dass der Mörder<br />

alle paar Monate in die Haut eines anderen<br />

schlüpft – wer kann ihm das verdenken?<br />

Doch dann hat er sich eine 9mm Pistole besorgt<br />

und an einem wunderschönen Sonntag<br />

Morgen den Mörder erschossen.<br />

Kaum war die Tat begangen, da erkannte<br />

Larry aber aus irgendeinem Grund, dass dies<br />

gar nicht die gesuchte Bestie war, sondern<br />

ein unschuldiger Mensch, dem er gerade drei<br />

Seite 79


Töte den Eismann<br />

Kugeln in den Körper gejagt hatte.<br />

diE cHARAKTERE<br />

Es gibt verschiedene Wege, wie man die<br />

Spieler in das Abenteuer einbinden kann.<br />

Agenten der SIF<br />

Diese Möglichkeit wird bevorzugt und<br />

das weitere Abenteuer geht von dieser aus.<br />

Wurde eine andere Möglichkeit verwendet,<br />

so muss das Abenteuer entsprechend angepasst<br />

werden.<br />

Die Charaktere sind Agenten für die SIF<br />

– die Special Interest Forces, einer Unterabteilung<br />

des CIA. Sie wurden ausgebildet, um<br />

merkwürdigen und potentiell übernatürlichen<br />

Fällen auf den Grund zu gehen.<br />

Es sollte der erste Fall der gerade aus der<br />

Ausbildung kommenden Agenten sein – und<br />

kann sogar auf diese Weise als Start für eine<br />

Kampagne dienen.<br />

Polizisten und Freunde<br />

Möglicherweise ist aber auch einer (oder<br />

mehrere) der Charaktere bei der Polizei und<br />

bekommt die Aussage von Larry Helmsworth<br />

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mit. Dessen Worte gehen ihm nicht aus dem<br />

Kopf und so macht er sich daran, auf eigene<br />

Faust Ermittlungen anzustellen.<br />

Unbeteiligte Augenzeugen<br />

Vielleicht sind die Charaktere aber auch nur<br />

Augenzeugen, die mit eigenen Augen die Tat<br />

von Larry Helmsworth beobachtet haben.<br />

Die Tat war so eiskalt ausgeführt, dass sie<br />

noch immer einen riesigen Schrecken haben,<br />

aber der nach der Tat erfolgte Zusammenbruch<br />

des Täters und sein Wimmern „Der<br />

Falsche! Das war der Falsche!“ gehen ihnen<br />

nicht aus dem Kopf.<br />

Die Mischung macht‘s<br />

Bei meinen Probespielen habe ich auch<br />

eine Mischung aus allen drei Möglichkeiten<br />

ausprobiert – also zwei Agenten der SIF, einen<br />

Polizisten und einen Augenzeugen. Und<br />

um ehrlich zu sein, hat diese Mischung sogar<br />

am besten geklappt.<br />

diE VERMissTEn MännER<br />

Wie genau die Opferliste des Dämonen vor<br />

diesem Abenteuer aussieht, ist nicht weiter<br />

relevant. Wichtig sind zunächst nur die Opfer<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

seit der Übernahme des Eiswagens.<br />

Thomas Friedinger<br />

Thomas war ein richtiger Loser, der es zu<br />

nichts im Leben gebracht hat. Bei einem Pokerspiel<br />

verlor er so viel Geld, dass er einem<br />

Mann namens Osama Massra seinen Eiswagen<br />

überschreiben musste. Seit dem führte<br />

er einen beträchtlichen Teil seiner nicht unbedingt<br />

überragenden Erträge aus dem Eisverkauf<br />

an Massra ab.<br />

Dass es sich bei Massra um einen Dämonen<br />

handelte, das erfuhr Thomas erst als er von<br />

diesem erschlagen wurde. Wie seine Haut<br />

und sein Fleisch von den Knochen gelöst<br />

wurden bekam er glücklicherweise nichts<br />

mehr mit. Das war im Juni 2007.<br />

Thomas Friedinger hatte nur eine ältere<br />

Schwester als Verwandtschaft, eine erfolgreiche<br />

Börsenmaklerin aus Detroit, die sich<br />

einen Scheiß für ihren Versagerbruder interessierte.<br />

Sie meldete ihn erst im August für<br />

vermisst, weil er sich nicht zu ihrem Geburtstag<br />

gemeldet hatte.<br />

Im November fand man schließlich die Gebeine<br />

von Thomas Friedinger in einem Wald-<br />

Seite 80


Töte den Eismann<br />

stück in der Nähe von Baltimore.<br />

Cleve Baker<br />

Cleve ist bzw. war ein freundlicher älterer<br />

Herr, der nach dem Tod seiner Frau vor fünf<br />

Jahren kinderlos nach Parkville zog. Noch bevor<br />

er sich mit Nachbarn anfreunden konnte,<br />

kam der Dämon in der Form von Thomas<br />

Friedinger in die Stadt – das war im September<br />

2007.<br />

Cleve war das ideale Opfer, und da der Körper<br />

von Thomas langsam unbrauchbar wurde,<br />

fand der Dämon einen neuen Anzug. So<br />

überschrieb Thomas den Eiswagen an Cleve<br />

(immer noch mit der Schuld an Massra beladen).<br />

Aros Delova<br />

Aros wurde zum dritten Besitzer des Eiswagens,<br />

als der Dämon auf der Suche nach<br />

einem neuen Körper im Januar 2008 nach<br />

Germanstown kam. Aros arbeitete illegal<br />

als Mechaniker in einer KFZ-Werkstatt. Zwar<br />

wurde sein Verschwinden von seinem Boss<br />

bemerkt, doch wollte dieser nicht, dass bekannt<br />

wird, dass er illegale Einwanderer beschäftigt.<br />

Also wurde das Verschwinden von<br />

Aros niemals aktenkundig.<br />

Eine Freundin jedoch – ebenfalls illegal in<br />

den USA – machte sich auf die Suche nach<br />

Aros. Larry Helmsworth stolperte bei seiner<br />

Suche über sie und konnte dank ihrer Hilfe<br />

einige weitere Puzzlesteine festmachen.<br />

Jeffrey Kelly<br />

Genau genommen ist der junge Sportler<br />

Jeffrey gar nicht das direkte Opfer des Dämon.<br />

Larry Helmsworth beobachtete näm-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

lich, wie der Dämon den Eiswagen an Jeffrey<br />

verkaufte – ihm entging aber, dass er den<br />

Jungen noch nicht getötet und seine Identität<br />

übernommen hatte. Blind vor Rachegefühlen<br />

beging Larry daher seine schreckliche<br />

Tat und erschoss Jeffrey.<br />

Jeffrey Kelly ist ein Austauschstudent aus<br />

Birmingham, der in den Semesterferien ein<br />

wenig die Gegend erkunden und dabei Geld<br />

verdienen wollte. Immer offen für Neues<br />

lockte ihn die Idee, mit einem Eiswagen<br />

durch die Gegend zu fahren, Kindern eine<br />

Freude zu machen und dabei das eigene Hotel<br />

immer dabei zu haben.<br />

ZEiTLEisTE<br />

Juni 2007 Hagertstown<br />

Der Dämon übernimmt als Osama Massra<br />

den Körper von Thomas Friedinger.<br />

Juli 2007 Thurmont<br />

Der Dämon tötet als Thomas Friedinger<br />

Ashley Kimble.<br />

August 2007 Walkersville<br />

Der Dämon tötet als Thomas Friedinger<br />

Joshua von Holsten<br />

September 2007 Parkville<br />

Der Dämon übernimmt den Körper von<br />

Cleve Barker.<br />

Oktober 2007 Towson<br />

Die Überreste von Thomas Friedinger werden<br />

gefunden.<br />

Oktober 2007 Towson<br />

Der Dämon tötet als Cleve Baker Allison<br />

Schwartz.<br />

November 2007 Baltimore<br />

Der Dämon tötet als Cleve Baker Jonathan<br />

Helmsworth.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

November 2007 Baltimore<br />

Thomas Friedinger beginnt seine Nachforschungen.<br />

Dezember 2007 Catonsville<br />

Der Dämon tötet als Cleve Baker Svenia<br />

Jarnicova.<br />

Januar 2008 Germanstown<br />

Der Dämon übernimmt Aros Delova.<br />

Februar 2008 Rockville<br />

Der Dämon tötet als Aros Delova Hayley<br />

Svennson.<br />

März 2008 Silver Spring<br />

Der Dämon tötet als Aros Delova Austin M.<br />

Steward.<br />

März 2008 Germanstown<br />

Larry Helmsworth trifft auf Maricruz Manosa.<br />

April 2008 Washington<br />

Der Dämon tötet als Aros Delova Mira<br />

Wolcoster.<br />

03. Mai 2008 Washington<br />

Der Dämon verkauft den Eiswagen an Jeffrey<br />

Kelly, um ihn in den nächsten Tagen zu<br />

übernehmen.<br />

04. Mai 2008 Washington<br />

Larry Helmsworth ermordet Jeffrey Kelly.<br />

05. Mai 2008 Washington<br />

Die Polizei fasst Larry Helmsworth. Das<br />

Abenteuer beginnt.<br />

WEiTERE pERsOnEn<br />

Der Dämon<br />

Der Dämon sieht in seiner natürlichen<br />

Form ein wenig wie ein Mitglied der Heavy-<br />

Metal-Band Lordi aus. Im Extremfall kann<br />

er sich so sogar in der Öffentlichkeit zeigen,<br />

denn kaum jemand wird annehmen, es wirklich<br />

mit einem Dämonen und nicht mit einem<br />

Mann in Plastik zu tun zu haben. Dennoch ist<br />

das Leben unter Menschen einfacher, wenn<br />

man wie einer von ihnen aussieht. Daher besorgt<br />

sich der Dämon etwa alle drei Monate<br />

einen neuen Anzug aus Menschenfleisch. In<br />

diesem sieht er aus wie ein Mensch und nur<br />

den aufmerksamsten Beobachtern wird hier<br />

und da eine Wunde oder eine merkwürdig<br />

geformte Stelle auffallen.<br />

Seinen Anzug muss der Dämon nachts kalt<br />

stellen, denn er kann die Verwesung zwar<br />

durch Magie verlangsamen, diese funktioniert<br />

aber ohne Kälte nicht.<br />

Der Dämon hat nur ein Ziel: sich zu ernähren<br />

und zwar möglichst von dem, was er am<br />

liebsten mag: kleine Kinder. Zur Not frisst er<br />

auch mal einen Erwachsenen, das hält aber<br />

bei weitem nicht so lange vor wie ein Kind.<br />

Im Kampf sollte der Dämon sehr stark sein<br />

– allerdings behindert ihn sein Anzug aus<br />

Seite 81


Töte den Eismann<br />

Fleisch. Daher kann er nur in seiner wahren<br />

Form den Charakteren ein würdiger Gegner<br />

sein. Verpassen Sie dem Dämon einfach alle<br />

Fähigkeiten, die Sie für cool halten und die<br />

ihn zu einem gefährlichen und schweren<br />

Gegner für die Charaktere macht – den sie<br />

aber dennoch überwältigen können.<br />

Larry Helmsworth<br />

Larry Helmsworth wurde am 19. April 1976<br />

in Washington D.C. geboren. Er arbeitete zuletzt<br />

als Call Desk Mitarbeiter bei der Firma<br />

Sinitrust Corp. in Baltimore. Im Jahr 2000<br />

heiratete er Mary Steward, die seinen Namen<br />

annahm. Das erste gemeinsame Kind,<br />

Jonathan Helmsworth, wurde am 30.05.2003<br />

geboren. Am 23.12.2005 starb Mary Helmsworth<br />

an Krebs.<br />

Am 04.11.2007 meldete Larry Helmsworth<br />

seinen Sohn als vermisst. Angeblich war das<br />

Kind in der Nacht aus seinem Fenster geklettert<br />

und nie wieder gesehen worden.<br />

Am 04.05.2008 erschoss Larry Helmsworth<br />

den Austauschstudenten Jeffrey Kelly.<br />

Maricruz Manosa<br />

Maricruz ist eine alte Freundin von Aros De-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

lova. Die beiden haben sich bei Feldarbeiten<br />

in Mexiko vor vielen Jahren kennen gelernt,<br />

dann jedoch aus den Augen verloren. Erst<br />

in den USA trafen sich beide zufällig wieder<br />

– beide als illegale Einwanderer. Die beiden<br />

wurden zwar kein Liebespaar, aber enge Vertraute<br />

in einer fremden Welt.<br />

Als Aros dann plötzlich verschwand, verlor<br />

Maricruz zunächst den Boden unter den<br />

Füßen. Mit ihren spärlichen Mitteln fand sie<br />

aber bald heraus, dass Aros in einem Eiswagen<br />

gesehen wurde. Wie konnte er ihr das<br />

nur antun? Sie dachte, er würde sich an ihr<br />

gegenseitiges Versprechen halten – dass sie<br />

sich helfen würden, wenn einem der Durchbruch<br />

gelingen würde.<br />

Seit dem ist sie Aros auf der Spur, um ihn<br />

zur Rede zu stellen.<br />

dAs AbEnTEUER<br />

diE spUR<br />

Die Charaktere können frei agieren, um<br />

den Geschehnissen auf den Grund zu kommen.<br />

Dem Spielleiter fordert dies Spontanität<br />

und einen guten Überblick ab. Im Folgenden<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

will ich versuchen einige mögliche Spuren zu<br />

beschreiben, denen die Charaktere folgen<br />

können.<br />

Der Tatort<br />

Der Tatort, an dem Jeffrey Kelly erschossen<br />

wurde, liegt mitten im Lincoln Park in<br />

Washington D.C., gleich neben einem großen<br />

Wasserbecken mit Springbrunnen. Der Eiswagen<br />

steht nicht mehr hier, denn er wurde<br />

von der Polizei abgeschleppt und auf dem<br />

Polizeiparkplatz untergebracht.<br />

Man sieht noch die braunen Flecken auf<br />

dem Boden, wo das Blut des Studenten vergossen<br />

wurde. Außerdem ist der Boden mit<br />

Markierungen der Spurensicherung versehen.<br />

Aus dem Tatort an sich können die Charaktere<br />

nichts Verwertbares lesen. Allerdings<br />

sitzt auf einer Parkbank eine ältere Dame,<br />

die hier jeden Tag die Tauben füttert. Sie<br />

hat gestern die schreckliche Tat beobachtet<br />

und beschreibt den Charakteren, dass der<br />

Mörder ganz ruhig wirkte und während der<br />

Tat gelächelt hat. Dieses Lächeln wird sie in<br />

ihrem gesamten Leben nie vergessen – und<br />

nur wegen „ihrer“ Tauben ist sie überhaupt<br />

Seite 82


Töte den Eismann<br />

Fall Nr.: X54/MARY-3100332ICM-0B<br />

Datum: 05/05/2008<br />

SL: streng geheim<br />

MISSIONSINFORMATIONEN<br />

=====================<br />

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ANDUIN <strong>94</strong><br />

Hintergrund:<br />

Am 05/05/2008 wurde ein gewisser Larry Helmsworth (wohnhaft in Baltimore, geb. 05/19/76) wegen des Mordes<br />

an dem College Studenten Jerry Kelly (wohnhaft in Washington D.C., geb. 12/03/89) von der Polizei<br />

festgenommen. Augenzeugen des Mordes berichten, dass Herr Helmsworth Herrn Kelly am 04/05/08, 1015 Uhr<br />

im Lincoln Park entgegen schritt, eine halbautomatische 9mm Pistole zog und drei Schüsse auf sein Ziel<br />

abfeuerte. Herr Kelly verstarb um 1027 Uhr im Krankenwagen auf dem Weg zum Central Medical Hospital.<br />

Herr Helmsworth konnte zunächst entkommen, wurde jedoch in der folgenden Nacht in einem Zimmer im Starlight<br />

Motel, Washington D.C. festgenommen. Er wurde bereits die ganze Nacht lang befragt und hat den<br />

Mord gestanden.<br />

Herr Helmsworth wird in drei Wochen wegen Mordes vor dem State Court angeklagt werden. So lange sitzt<br />

er in Untersuchungshaft.<br />

Auszug aus dem Verhörprotokoll:<br />

Hr. Helmsworth: “…ich dachte er sei das Monster, aber ich habe den Falschen erschossen…”<br />

Agent Meyers: “Was meinen sie damit, sie haben den Falschen erschossen? Das war nur ein Junge,<br />

der Eiswaffeln an Kinder verkauft hat! Und sie haben drei Kugeln in seinen<br />

Körper gejagt!”<br />

Hr. Helmswoth: “…ja, das habe ich getan. Er ist nicht das Monster. Das Monster ist immer noch<br />

da draußen!“<br />

Agent Meyers: “Jetzt hören sie endlich auf von diesem Monster zu erzählen!“<br />

Hr. Helmsworth: “Das Monster… es wird weitere Kinder essen … wie Jonathan.”<br />

Agent Meyers: “Warum haben sie den Jungen erschossen?”<br />

Hr. Helmswoth: “Weil ich dachte er sei das Monster! Hören sie mir denn nicht zu? Er war es<br />

aber nicht! Weitere Kinder werden sterben!”<br />

Agent Meyers: “Nicht durch ihre Hände.“<br />

Hr. Helmswoth: “Das stimmt. Aber durch das Monster.”<br />

Missionsziele:<br />

1. Bleiben Sie undercover. Sie arbeiten als selbstständiges Reporterteam des lokalen Senders WLN.<br />

2. Finden Sie heraus, ob und was an diesem „Monster“ dran ist, das Helmsworth fortwährend erwähnt.<br />

3. Prüfen Sie die Möglichkeit, dass Helmsworth schon einmal getötet hat. Sein Sohn Jonathan wurde von<br />

ihm im November 2007 vermisst gemeldet.<br />

Agent J. Iasch<br />

Seite 83


Töte den Eismann<br />

in den Park zurückgekehrt. Kurz nach der Tat<br />

aber hat der Schütze laut geflucht und gerufen,<br />

dass er den Falschen umgebracht habe.<br />

In was für einer verrückten Welt man eigentlich<br />

lebe?<br />

Larry Helmsworth<br />

Der Täter sitzt im Hochsicherheitstrakt des<br />

Untersuchungsgefängnisses und hat seit<br />

seiner Vernehmung in der Nacht kein Wort<br />

mehr gesagt. Auch gegenüber den Charakteren<br />

gibt er sich nicht gerade gesprächig.<br />

Nur wenn diese versuchen, diplomatisch auf<br />

ihn einzugehen und dabei evtl. Jonathan ins<br />

Spiel bringen, wird er sich ein wenig öffnen.<br />

Er wird erklären, dass er die Tat nicht bereut,<br />

es ihm aber unheimlich leid tut, dass er nicht<br />

das eigentliche Ziel erwischt hat. Er habe versagt<br />

und nun werde das Monster weiter töten.<br />

Es gebe keine Hoffnung mehr.<br />

Er wird den Charakteren keine weiteren Informationen<br />

zu dem Fall geben, denn in seinem<br />

Inneren ist alles zusammengebrochen.<br />

Er sitzt in einem unendlich tiefen Loch und<br />

kann das Licht weit oben schon nicht mehr<br />

sehen.<br />

Wenn er redet, dann nur sehr gebrochen<br />

und knapp – er springt auch von einem Gedanken<br />

zum nächsten, ohne jemals einen fertig<br />

auszusprechen.<br />

Das Motelzimmer<br />

Larry Helmsworth wohnte in Washington<br />

im Starlight Motel in einem einfachen und<br />

etwas heruntergekommenen Zimmer. Die<br />

meisten seiner Sachen befinden sich bereits<br />

in Kartons auf dem Polizeirevier (darunter<br />

eine Hand voll Kleidung, Schlaftabletten,<br />

Kopfschmerztabletten, Stadt- und Landkar-<br />

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ten der Umgebung, etwa 80 Dollar in bar, ein<br />

Ersatzmagazin für die 9mm Pistole und die<br />

Waffe selbst).<br />

Doch unter dem Bett mit Tape festgemacht<br />

ist eine alte Zigarrenkiste (Larry war<br />

früher passionierter Raucher). In dieser sind<br />

etliche handschriftliche Notizen und Pläne,<br />

die Larry auf seiner Jagd nach dem Dämon<br />

gemacht hat. Die Charaktere können so die<br />

Vermutung, dass ein Monster die Eismänner<br />

übernimmt und in ihrer Gestalt Kinder tötet<br />

und isst, erfahren.<br />

Larry Helmsworth hat wenig an seine eigene<br />

Person gedacht – seine Frau und sein<br />

Sohn sind tot. Dennoch können die Charaktere<br />

lesen, dass Larry vermutet, im Eiswagen<br />

belastende Beweise gegen Kelly zu finden,<br />

die bei seiner Festnahme eventuell für ihn<br />

sprechen könnten.<br />

Eine weitere Spur, die sich aus den Aufzeichnungen<br />

ergibt, ist der Hinweis auf Thomas<br />

Friedinger und dessen Überreste.<br />

Thomas Friedinger<br />

Sollten die Charaktere sich Zugriff auf die<br />

Akte von Thomas Friedinger beschaffen können,<br />

so werden sie folgenden Vermerk finden:<br />

Fall Nr.: :X54/MARY-3100332ICM-0B<br />

Towson Polizei Bericht<br />

Betreff: “THOMAS FRIEDINGER”<br />

Datum: 10.11.2007<br />

”Die Körperteile, die nahe des Gatehouse<br />

Anwesens am 8.11.2007 gefunden wurden<br />

konnten als Überreste eines Thomas<br />

Friedinger identifiziert werden. Das<br />

Opfer wurde gehäutet und die Knochen<br />

vom Fleisch getrennt. An den Überresten<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

sind weder signifikante Spuren von Haut<br />

noch vom Fleisch zu finden. Dies deutet<br />

auf einen Fall von Kannibalismus hin.<br />

Das Opfer wurde anhand der ebenfalls<br />

gefundenen Zähne identifiziert. Laut<br />

Analyse ist der Tod des Opfers vor etwa<br />

fünf Monaten eingetreten. Herr Friedinger<br />

hat keine lebenden Verwandten<br />

und wurde daher auf dem Gypsy Lane<br />

Friedhof beerdigt.”<br />

Der Eiswagen<br />

Der Eiswagen steht momentan auf einem<br />

gesicherten Polizeiparkplatz. Die Charaktere<br />

können ihn mit entsprechender Befugnis<br />

einsehen – ohne wird es allerdings schwer an<br />

das Fahrzeug zu kommen.<br />

Der Wagen ist ein typischer amerikanischer<br />

Lieferwagen, der zum Eisladen umgerüstet<br />

wurde. Neben einer Kühltheke, aus<br />

der verschiedene Sorten Eis verkauft werden<br />

können, einer kleinen Softeismaschine und<br />

diversen Regalen mit Waffeln, Tüten, Bechern,<br />

Löffeln und Servietten, fällt vor allem<br />

ein übergroßer Mixer auf. Die Polizei hat es<br />

bisher nicht für notwendig gehalten, diesen<br />

näher zu untersuchen – und selbst wenn,<br />

wäre es ihnen schwer gefallen das Blut nachzuweisen.<br />

Der Dämon hat extrem scharfe<br />

Reiniger verwendet (die auch in einem Regal<br />

gefunden werden können), um seine Spuren<br />

an dem Küchengerät zu entfernen. In diesem<br />

Mixer hat der Dämon seine Opfer verflüssigt<br />

und anschließend zu sich genommen.<br />

Im hinteren Teil des Wagens befindet sich<br />

noch eine übergroße Tiefkühltruhe, die offensichtlich<br />

nachträglich in das Fahrzeug eingebaut<br />

wurde.<br />

Sollte einer der Charaktere einen Sinn für<br />

das Übernatürliche haben, so kann er eventuell<br />

feststellen, dass das Glockenspiel im<br />

Fahrzeug mit Magie belegt wurde, die betäubende<br />

Wirkung hat.<br />

EREiGnissE<br />

Folgende Ereignisse sind Vorschläge für<br />

den Spielleiter, was man ins Abenteuer einbauen<br />

könnte um neue Impulse einzubringen<br />

bzw. die Spannung zu erhöhen.<br />

Treffen mit Maricruz<br />

Eventuell hat Maricruz die Charaktere bei<br />

ihrer Arbeit beobachtet, vielleicht interessiert<br />

sie sich aber auch nur für den Eiswagen,<br />

den ihr Freund Aros gefahren haben soll. So<br />

oder so könnten die Charaktere auf die Frau<br />

treffen. Diese ist gegenüber der Polizei extrem<br />

vorsichtig – immerhin ist sie illegal im<br />

Land.<br />

Mit dem nötigen Druck oder Einfühlungs-<br />

Seite 84


Töte den Eismann / Ausblick<br />

vermögen aber wird sie das wiedergeben,<br />

was sie über den Fall weiß. Der Teufel ist in<br />

ihren Freund gefahren und macht, dass er<br />

schlimme Dinge tut. Aber man kann ihn noch<br />

retten, mit Gebeten und einem Priester. Doch<br />

sie hat Angst vor diesem Gringo Helmsworth,<br />

weil der Aros etwas antun möchte. Das hat<br />

er zumindest gesagt, als sie ihn vor einigen<br />

Wochen traf. Jetzt hat sie ein schlechtes Gewissen,<br />

weil sie ihn auf die Fährte von Aros<br />

gebracht hat.<br />

Alte Schulden<br />

Zwar hat der Dämon den Körper von Osama<br />

Massra nicht mehr, um in dessen Haut zu<br />

schlüpfen. Dafür ist er aber immer noch im<br />

Besitz des Schuldscheins, der ihn als eigentlichen<br />

Besitzer des Eiswagens identifiziert. Da<br />

der Dämon nicht damit rechnet, dass ihm etwas<br />

nachgewiesen werden kann, will er sich<br />

den Wagen zurück holen.<br />

Dazu begibt er sich zur Polizeiwache und<br />

löst dort den Wagen aus. Allerdings muss das<br />

Fahrzeug noch einige Tage auf dem Parkplatz<br />

der Polizei verweilen, falls die Spurensuche<br />

noch einmal etwas untersuchen muss.<br />

Die Charaktere könnten selbst auf die Idee<br />

gekommen sein, den Wagen im Auge zu behalten<br />

oder von einem Kollegen den Tipp bekommen,<br />

dass der Wagen von seinem wahren<br />

Besitzer abgeholt werden wird. Wichtig<br />

ist diese Info auf jeden Fall: Nur indem sie den<br />

Dämon bei der Auslöse überwachen, können<br />

sie herausfinden, wo dieser wohnt.<br />

AUSBLICK<br />

AndUin 95<br />

Schwerpunkt: Fantasy Welten<br />

Klassische Fantasy erfreut sich nicht nur<br />

aktuell in den Medien einer großen Beliebtheit,<br />

sondern ist auch der meist verwendete<br />

Hintergrund für Rollenspiele. Gute Gründe<br />

uns mit ihr in einer eigenen Ausgabe der <strong>Anduin</strong><br />

zu befassen. Welche Welten genau wir<br />

ansprechen werden muss sich allerdings erst<br />

noch zeigen.<br />

AndUin 96<br />

Schwerpunkt: Indie-Systeme<br />

In den letzten Jahren ist die Zahl kleiner<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

Das Hotelzimmer<br />

Der Dämon hat sich ein Apartment in einem<br />

einfachen Hotel („Di Abbruzzi“) genommen<br />

und wird sich mit dem Eiswagen dorthin<br />

bewegen.<br />

Das Apartment besteht aus einer nicht<br />

gerade geräumigen Wohnküche, einem<br />

winzigen Bad und einem Schlafzimmer mit<br />

Kingsize Bett. In der Küche befindet sich ein<br />

überdimensionierter und den Raum dominierender<br />

Kühlschrank, aus dem der Dämon alle<br />

Böden entfernt und auf das Sofa geworfen<br />

hat. Im Kühlschrank bewahrt der Dämon<br />

seinen momentanen menschlichen Anzug<br />

auf, nachdem er gefressen hat. Sollten die<br />

Charaktere nachts in das Zimmer einbrechen<br />

werden sie den Dämon nicht antreffen, wohl<br />

aber den Haufen Fleisch und Haut finden<br />

können. In der Nacht macht es sich der Dämon<br />

am liebsten irgendwo in feuchter Erde<br />

oder einem Abwasserrohr gemütlich.<br />

Am Tag hingegen werden sie den Dämon<br />

in der Gestalt von Aros Delova antreffen, der<br />

sich sehr freundlich und auskunftsbereit gibt.<br />

Natürlich wird er eventuelle Anschuldigungen<br />

von sich weisen, die Charaktere aber nur<br />

dann angreifen, wenn diese ihn verhaften<br />

wollen oder selbst in die Offensive gehen.<br />

Alte Haut<br />

Falls die Charaktere gänzlich auf dem<br />

Schlauch stehen, könnten die sterblichen<br />

Überreste von einem früheren Opfer des<br />

Dämons gefunden werden. Oder der Dämon<br />

hat inzwischen eine andere Gestalt an-<br />

und meist aus der Fanbasis gewachsener<br />

Spielwelten und -systeme enorm gestiegen.<br />

Viele dieser Systeme, die häufig über frische<br />

Ideen und große Unterstützung aus dem<br />

Spielerkreis verfügen, kommen aus dem<br />

deutschsprachigen Raum. In dieser <strong>Anduin</strong><br />

wollen wir uns näher mit ihnen beschäftigen.<br />

EnVOyER<br />

Jahrgänge 2006 und 2007<br />

Nachdem der Jahrgang 2006 des Envoyer<br />

nun komplett verfügbar ist, werden wir im<br />

Sommer anfangen, den Jahrgang 2007 verfügbar<br />

zu machen. Zudem wollen wir wie<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

genommen, in der Eile aber den Körper von<br />

Aros nicht gut genug versteckt, so dass dieser<br />

gefunden wird (dann Fleisch und Haut,<br />

aber keine Knochen).<br />

Der Dämon schlägt zu<br />

Ein dramatischer Showdown des Abenteuers<br />

könnte es sein, wenn der Dämon in<br />

der Nacht erneut auf Beutefang mit seinem<br />

Wagen in ein Wohngebiet fährt, dort das<br />

Glockenspiel aktiviert und ein Kind anlockt.<br />

Eventuell beobachten die Charaktere diese<br />

unheimliche Szene, wie das Kind traumwandlerisch<br />

die Efeuranken vor seinem Fenster<br />

hinunter klettert und langsam mit offen<br />

Augen auf den Eiswagen zuschreitet, untermalt<br />

von einer so überhaupt nicht passenden<br />

fröhlichen Glockenmelodie. Nun müssen sie<br />

schnell handeln, denn der Dämon wird nicht<br />

lange zögern, wenn das Kind erst einmal bei<br />

ihm im Wagen ist.<br />

Eventuell wachen von dem Lärm des<br />

Kampfes der Charaktere gegen den Dämon<br />

auch einige Nachbarn auf und wenden sich<br />

unter dem Bann des Glockenspiels gegen die<br />

Charaktere.<br />

dAs EndE<br />

Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Charaktere<br />

den Dämonen töten werden. Sie sollten<br />

aber gute Beweise in der Hand haben, um zu<br />

vermeiden, dass sie ebenso wie Jeffrey Kelly<br />

anschließend wegen Mordes im Gefängnis<br />

landen. �<br />

schon in der jetzigen Ausgabe auch in den<br />

kommenden Ausgaben der <strong>Anduin</strong> die besten<br />

Artikel aus dem Envoyer vor 2005 überarbeitet<br />

wiederveröffentlichen.<br />

pERicULA sUbiRE<br />

LARP für 25 Spieler<br />

Im Rahmen des Abenteuermagazins Pericula<br />

Subire wollen wir Euch längere Abenteuer<br />

präsentieren, die den Rahmen einer<br />

normalen Ausgabe der <strong>Anduin</strong> sprengen<br />

würden. Zwei Ausgaben warten bereits auf<br />

unserer Homepage auf Euch und als dritte<br />

Ausgabe planen wir ein umfangreiches Liverollenspielszenario.<br />

�<br />

Seite 85


Hakims Kochecke<br />

HAKIMS KOCHECKE<br />

LECKERE REZEPTE ZUM SELBERKOCHEN (bzw. -LEGEN)<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

ILLUSTRATION: DANIELA KUFNER<br />

bUnTEs scHicHTbROT<br />

Zutaten<br />

5 Scheiben Vollkornbrot<br />

200 g Frischkäse<br />

Etwas Petersilie<br />

1 Spritzer Zitronensaft<br />

Salz<br />

Pfeffer<br />

1 TL Currypulver<br />

1 TL edelsüßes Paprikapulver<br />

1 Pulbiber (Paprikaflocken aus dem<br />

türkischen Lebensmittelladen)<br />

Zubereitung<br />

Petersilie waschen, trockenschütteln und<br />

die Blättchen fein hacken. Den Frischkäse in<br />

vier Portionen zu je 50 g teilen. Eine Portion<br />

beiseite stellen.<br />

50 g Frischkäse mit der Petersilie und dem<br />

Zitronensaft verrühren und mit Salz und<br />

Pfeffer würzen. 50 g Frischkäse mit dem Currypulver<br />

verrühren und salzen. 50 g mit Paprikapulver<br />

verrühren, salzen und nach Belieben<br />

mit Pulbiber würzen.<br />

4 Brotscheiben mit je einer Frischkäsesorte<br />

bestreichen, die Brote aufeinander stapeln.<br />

Die fünfte Brotscheibe zuletzt aufsetzen.<br />

Das Brot leicht andrücken und in zwei Portionen<br />

teilen.<br />

scHicHTbROT MiT<br />

scHinKEn Und sALAMi<br />

Zutaten<br />

6 Scheiben Kastengraubrot<br />

1 Ei<br />

75 g Salami<br />

50 g gekochten Schinken<br />

50 g Senfgurke<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

50 g Gewürzgurke<br />

1/2 Teelöffel Kapern<br />

50 g Butter<br />

100 g Frischkäse<br />

Pfeffer<br />

Zubereitung<br />

Die Eier hart kochen, abschrecken, pellen<br />

und abkühlen lassen. Mit dem Eierschneider<br />

würfeln. Salami, Schinken, Senf- und Gewürzgurke<br />

sehr fein würfeln. Die Kapern fein hacken.<br />

Die Butter schaumig rühren und mit dem<br />

Frischkäse vermengen. Alle vorbereiteten<br />

Zutaten dazugeben und mischen. Mit Pfeffer<br />

würzen.<br />

Das Brot entrinden und der Länge nach in<br />

sechs Scheiben schneiden. Fünf Scheiben mit<br />

der Schinken-Salami-Masse bestreichen und<br />

aufeinander setzen. Die sechste Scheibe darauf<br />

setzen und etwas andrücken. Das Brot in<br />

Alufolie einschlagen, über Nacht kühl stellen<br />

und durchziehen lassen.<br />

Am nächsten Tag in zwei Portionen aufschneiden.<br />

scHicHTbROT<br />

MiT pUTEnbRUsT<br />

Zutaten<br />

5 Scheiben Sonnenblumen-<br />

Vollkornbrot<br />

50g Margarine zum Bestreichen<br />

1 Apfel<br />

75g geräucherte Putenbrust<br />

Zubereitung<br />

Das Brot mit Margarine bestreichen.<br />

Den gewaschenen Apfel entkernen und in<br />

dünne Schreiben schneiden. Eine Brotscheibe<br />

damit belegen.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Die zweite Brotscheibe mit der bestrichenen<br />

Seite auf die Äpfel klappen. Die obere<br />

Seite mit Margarine bestreichen und mit der<br />

Putenbrust belegen.<br />

Die dritte Brotscheibe darauf klappen, wieder<br />

mir Margarine bestreichen und mit Apfel<br />

belegen.<br />

Die vierte Brotscheibe auflegen, bestreichen<br />

und mit Putenbrust belegen. Anschließend<br />

die letzte Scheibe Brot mit der bestrichenen<br />

Seite nach unten auflegen. Das<br />

Schichtbrot in Dreiecke schneiden.<br />

nUssiGEs scHicHTbROT<br />

Zutaten<br />

5 große Scheiben Graubrot<br />

50g Margarine zum Bestreichen<br />

1 Apfel<br />

2 El gehackte Haselnüsse<br />

2 El gehackte Mandeln<br />

Zubereitung<br />

Das Graubrot mit Margarine bestreichen.<br />

Den gewaschenen Apfel entkernen und in<br />

dünne Schreiben schneiden. Eine Brotscheibe<br />

damit belegen.<br />

Die zweite Brotscheibe mit der bestrichenen<br />

Seite auf die Äpfel klappen. Die obere<br />

Seite mit Margarine bestreichen und mit etwas<br />

Nussmischung bestreuen.<br />

Die dritte Brotscheibe darauf klappen, wieder<br />

mir Margarine bestreichen und mit Apfel<br />

belegen.<br />

Die vierte Brotscheibe auflegen, bestreichen<br />

und mit der restlichen Nussmischung<br />

bestreuen. Anschließend die letzte Scheibe<br />

Brot mit der bestrichenen Seite nach unten<br />

auflegen. Das Schichtbrot in Dreiecke schneiden.<br />

�<br />

Seite 86


The Tube Mystery<br />

THE TUBE MYSTERY<br />

EIN SZENARIO FÜR CTHULHU<br />

TEXT: FRIEDERIKE SCHMUTZLER<br />

ILLUSTRATION: TOMMY HEINIG (HANDOUT), DARIO HEROLD<br />

If you listen carefully when you‘re standing<br />

at the platform at Holborn, sometimes – just<br />

sometimes – you can hear the wailing of Egyptian<br />

voices floating down the tunnel towards<br />

you.<br />

— Keith Lowe, Tunnel Vision<br />

VORWORT<br />

Etwas mehr als 30 Jahre gab es in London<br />

eine U-Bahn-Haltestelle mit dem Namen „British<br />

Museum“, die am 24.September 1933 außer<br />

Betrieb gestellt wurde, da sie sich als zu<br />

unwirtschaftlich erwiesen hatte. Stattdessen<br />

wurde die Station „Holborn“ einen Tag später<br />

in Betrieb genommen, die Station unter<br />

dem Museum in den 40er Jahren zugemauert.<br />

„British Museum“ dient heute als Lagerplatz<br />

für Gleise.<br />

Doch schon kurz nachdem Station endgültig<br />

geschlossen worden war, begannen die<br />

Gerüchte, die besagten, dass der Geist einer<br />

ägyptischen Mumie dort spuke. Einen von<br />

einer Zeitung ausgelobten Preis, der an<br />

denjenigen vergeben werden sollte, der<br />

eine Nacht in der stillgelegten Station verbrachte,<br />

nahm niemand an…<br />

Das Abenteuer beginnt allerdings<br />

überirdisch im British Museum am<br />

22.5.1929, als die Station noch<br />

voll genutzt wurde. Es sollten<br />

maximal vier Charaktere daran<br />

teilnehmen.<br />

HinTERGRUnd<br />

Doktor Frederic Walsh, Kurator am<br />

British Museum und Archäologe, bittet<br />

die Charaktere um Hilfe, da in einigen<br />

Tagen eine große Sonderausstellung<br />

mit dem Titel „The lost pharaoh“ gezeigt<br />

werden soll. Im Zentrum dieser Ausstellung<br />

steht eine ca. 4000 Jahre alte Mumie,<br />

die in einem ungeschmückten Grab weitab<br />

vom Tal der Könige gefunden wurde. Allerdings<br />

hat Dr. Walsh noch viel zu tun und benötigt<br />

dringend Hilfe, denn er ist mit seiner<br />

Aufgabe schon fast ein wenig überfordert.<br />

Von diesem Hintergrund ausgehend, ist<br />

es von Vorteil, wenn mindestens ein Charakter<br />

Dr.. Walsh kennt. Woher, können<br />

der Spielleiter und der Spieler vor Beginn<br />

des Abenteuers individuell ausmachen, denkbare<br />

Möglichkeiten wären: ehemalige Studienkollegen,<br />

gemeinsame Expedition etc. Ergibt<br />

sich dies nicht, da keiner der Charakter<br />

einen entsprechenden Beruf hat, so können<br />

die Charaktere durch einen Besuch im Museum<br />

auf die Ausstellung aufmerksam werden<br />

und mit Dr. Walsh ins Gespräch kommen.<br />

Gleichzeitig erschüttert die Stadt, und vor<br />

allen Dingen Chief Inspector Lionel Hartford<br />

ein anderes Problem: Bei Instandsetzungsarbeiten<br />

an den Gleisen in der U-Bahn-Station<br />

„British Museum“ sind inzwischen vier<br />

Arbeiter spurlos verschwunden – bis jetzt<br />

eine Schriftrolle, vermutlich<br />

altägyptischen Ursprungs,<br />

an einem der Tator-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

te gefunden wird (Handout 1). Diese bringt<br />

Hartford zu Walsh ins Museum, da er hofft,<br />

dass dieser ihm bei diesem Fall weiterhelfen<br />

kann. Zur Ausstellungseröffnung in vier Tagen<br />

wird schließlich auch der Prince of Wales<br />

erwartet, und daher sollen die Vermisstenfälle<br />

schnell und möglichst verschwiegen gelöst<br />

werden.<br />

sZEnARiO<br />

iM MUsEUM<br />

Dr. Frederic Walsh, ein noch recht junger,<br />

aber aufstrebender Ägyptologe, ist seit kurzem<br />

Kurator in der ägyptischen Sammlung<br />

im British Museum und bereitet<br />

eine Ausstellung vor unter dem Titel<br />

„The lost pharaoh“. Eines der<br />

Kernstücke dieser Ausstellung<br />

soll die Mumie eines bisher unbekannten<br />

ägyptischen<br />

Adligen sein, die von<br />

einer Gruppe Archäologen<br />

weit ab vom Tal<br />

der Könige mitten in<br />

der Wüste in einem Felsengrab<br />

entdeckt wurde.<br />

Bei dieser Mumie befand<br />

sich unter anderem ein seltsam<br />

polierter Stein, dessen<br />

Funktion sich Dr. Walsh bisher<br />

noch nicht erschlossen hat, er<br />

vermutet, dass es sich um einen<br />

Talisman handelt. Auf Nachfrage<br />

zeigt Dr. Walsh auch Fotos von dem<br />

Grab kurz nach der Öffnung, und mit<br />

einem gelungenen FW: Archäologie oder<br />

Geschichtskenntnisse wird auffallen, dass<br />

sich in dem Grab keinerlei Grabbeigaben<br />

finden wie sie bei Pharaonen, Priestern<br />

oder hohen Beamten üblich waren, es ist<br />

auffällig, dass sich in der Kammer keinerlei<br />

Schmuck oder persönliche Gegenstände<br />

finden, nur die Mumie ist auf einer Bahre zu<br />

sehen. Wird diese Tatsache von den Charakteren<br />

zur Sprache gebracht, wird der Kurator<br />

zugeben, dass ihm dies auch schon aufgefallen<br />

ist, aber er steht unter Druck, denn<br />

der Museumsdirektor möchte sich mit einer<br />

großen Ausstellung profilieren, und in einer<br />

Woche soll die Eröffnung sein. Ihm bleibt leider<br />

wenig Zeit zum Forschen, wie er es sich<br />

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The Tube Mystery<br />

wünscht, da er noch eine Menge Arbeit hat bis zur Ausstellungseröffnung,<br />

wie den Katalog oder Pressemitteilungen.<br />

Auf Nachfrage der Charaktere wird Dr. Walsh auch gerne die Mumie präsentieren,<br />

sie befindet sich im Keller des Museums in einem separaten Raum.<br />

Hier gibt es außer der Mumie auf einem Stahltisch nicht viel zu sehen, der<br />

Körper ist immer noch in die Leichentücher gehüllt, in denen er einst begraben<br />

wurde. In der Luft hängt ein süßlicher Geruch von den Harzen und Ölen<br />

der Einbalsamierung. Eine einzige Lampe beleuchtet den kahlen Raum mit<br />

schwachem Licht. Solange die Charaktere die Mumie betrachten, werden sie<br />

nichts besonderes feststellen, befindet sich einer der Charaktere alleine im<br />

Raum oder dreht sich beim Herausgehen noch einmal um, glaubt er mit einem<br />

gelungenen Ideenwurf festzustellen, dass sich in Höhe der Hand etwas<br />

unter den Tüchern bewegt.<br />

dAs ARTEFAKT<br />

Danach präsentiert Dr. Walsh ein seltsames Artefakt, welches an diesem<br />

Morgen aus Kairo eingetroffen ist. Das Artefakt kann mit einem gelungenen<br />

FW: Geologie als kein auf der Erde bekanntes Material, weder Stein noch Metall,<br />

eingestuft werden. Es handelt sich hierbei um einen runden, schweren<br />

Gegenstand, der ungefähr faustgroß und glatt poliert ist. Der Stein ist von<br />

blau-grauer Farbe und in seiner Mitte ist eine Hieroglyphe eingeritzt, die einer<br />

Spirale ähnelt, allerdings ist sie an einem Ende offen und das Ende zeigt<br />

nach oben (Handout 2). Dr. Walsh vermutet, es handelt sich um einen Talisman,<br />

der als Totenbeigabe im Grab lag, aber er hat keine Zeit, um weitere<br />

Nachforschungen anzustellen.<br />

VERMissT!<br />

Kurze Zeit später erscheint Chief Inspector Lionel Hartford von Scotland<br />

Yard im Büro des Kurators. Der Inspektor ist ein Mann mittleren Alters mit<br />

einem sehr forschen Auftreten, er wirkt eher wie ein FBI-Agent als ein britischer<br />

Polizeibeamter, ohne Zweifel wird er den Charakteren auffallen. Er<br />

bittet um eine Unterredung unter vier Augen, die ihm auch gewährt wird, Dr.<br />

Walsh wird die Charaktere bitten, sich nun in die Bibliothek zu begeben. Mit<br />

einem erfolgreichen FW: Horchen kann einer der Charaktere jedoch an der<br />

geschlossenen Tür lauschen, ob er versteht, worum es geht.<br />

Chief Inspector Hartford erklärt Dr. Walsh, dass bereits seit einiger Zeit in<br />

den Tunneln unter dem Museum Arbeiter verschwinden, diesem Umstand<br />

allerdings bisher nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Zunächst hat<br />

man geglaubt, dass die Arbeiter einfach den Dienst quittiert haben, jetzt ist<br />

jedoch an der Stelle, an der einer der verschwundenen Männer gearbeitet<br />

hat, eine Art Schriftrolle aufgetaucht. Dr. Walsh erklärt, dieses Stück noch nie<br />

gesehen zu haben, bittet Chief Inspector Hartford jedoch, es ihm für weitere<br />

Nachforschungen zu überlassen.<br />

VERLOREnE KOnTinEnTE<br />

In der King‘s Library im British Museum finden die Charaktere mit einem<br />

erfolgreichen FW: Bibliotheksnutzung ein unscheinbares Buch, in dem es um<br />

versunkene Kontinente geht. Es handelt sich um eine Aufsatzsammlung, in<br />

der auch der geheimnisvolle Kontinent Mu abgehandelt wird, der vor tausenden<br />

von Jahren in den Fluten des Meeres versank. Die Charaktere finden<br />

in diesem Buch auch eine Abbildung der Hieroglyphe, es handelt sich um das<br />

Zeichen für Leben.<br />

Wenn sie mit ihrem Fund zu Dr. Walsh zurückkehren, ist dieser bereits mit<br />

der Übersetzung der Schriftrolle beschäftigt, die ihm der Inspektor überlassen<br />

hat. Die Charaktere können nun den Kurator mit einem FW: Überzeugen<br />

dazu überreden, ihnen das Schriftstück ebenfalls zu geben, da er selbst ja<br />

noch genug andere Arbeit zu erledigen hat. Gelingt ihnen dies, kann sich einer<br />

der Charaktere in den Lesesaal des Museums begeben und dort nach<br />

5 Stunden und einem erfolgreichen FW: Bibliotheksnutzung das Dokument<br />

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The Tube Mystery<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

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The Tube Mystery<br />

entschlüsseln, sein Wert für Cthulhu-Mythos<br />

verbessert sich um einen Punkt.<br />

dER inHALT dEs pApyRUs<br />

„Geliebte Brüder! Unser Herr und Meister,<br />

Snephren-Ka, der von weit her kam<br />

aus Mu, um uns die Lehren seines Gottes<br />

Y[unleserlich] zu bringen, der unseren Pharao<br />

[unleserlich] lehrte und liebte, wurde<br />

das Opfer heimtückischer Machenschaften!<br />

Mir, Ne[unleserlich], Sohn des [unleserlich],<br />

ist es gelungen, seine sterblichen Überreste<br />

zu bergen und vor den Augen seiner Häscher<br />

zu verbergen. Das Auge von Shurlothep, welches<br />

Unser Herr und Meister mit sich brachte,<br />

habe ich mit mir genommen, doch vermag<br />

ich allein nicht das Ritual durchführen,<br />

um Unseren Herrn und Meister wieder zu<br />

uns zu holen aus jenen schwarzen Sphären,<br />

in denen sein Geist jetzt weilt. Helft mir, Brüder,<br />

so ihr dieses lest, denn die Ungläubigen<br />

sind hinter mir her, und sie wollen uns vernichten!<br />

Unser Herr und Meister hat denen<br />

Macht und Reichtum versprochen, die die<br />

Grenze überschreiten, also fürchtet sie nicht<br />

und schließt euch mir an! Das Blut von fünf<br />

erwachsenen Männern bringt mir, auf das<br />

das Auge Shurlotheps unseren Herrn und<br />

Meister zurückbringe! “<br />

scOTLAnd yARd<br />

Sollte Dr. Walsh den Charakteren das Papyrus<br />

nicht überlassen haben, oder wenn die<br />

anderen Charaktere nicht untätig sein wollen<br />

in der Zeit, in der die Schriftrolle entschlüsselt<br />

wird, können sie Chief Inspector Hartford<br />

aufsuchen und ihm ihre Hilfe anbieten.<br />

Mit einem erfolgreichen FW: Ansehen oder<br />

Überreden wird Hartford die Charaktere bitten,<br />

in sein Büro zu kommen und dann berichten:<br />

Seit ungefähr vier Wochen sind vier<br />

Gleisarbeiter auf der Baustelle an der Haltestelle<br />

„British Museum“ verschwunden, namentlich<br />

sind dies Thomas Jennings, Alfred<br />

Smith, James Mitchell und Samuel Myers.<br />

Der Bahnhof soll noch einmal ausgebessert<br />

werden für die Ankunft des Prince of Wales<br />

zur Ausstellungseröffnung, und daher soll<br />

auch die Angelegenheit der verschwundenen<br />

Gleisarbeiter nach Möglichkeit mit höchster<br />

Diskretion behandelt werden. Der Bauleiter,<br />

Mr. Derek Abercrombie, glaubt allerdings,<br />

die Männer seien aus Faulheit der Arbeit<br />

ferngeblieben, seinetwegen muss sich auch<br />

Scotland Yard nicht um den Fall kümmern,<br />

da er einfach neue Arbeiter anheuern wird.<br />

Allerdings haben die Angehörigen der Vermissten,<br />

allen voran die Ehefrau des Ersten,<br />

zu Protokoll gegeben, dass es sich bei allen<br />

vier Männern um verlässliche und fleißige<br />

Arbeiter handelt und keiner einfach so der<br />

Baustelle fernbleiben würde. Tatsächlich haben<br />

die Polizisten von Scotland Yard auch bei<br />

keiner der fünf Familien Anzeichen dafür gefunden,<br />

dass die Männer eigentlich zu Hause<br />

sind und sich bester Gesundheit erfreuen.<br />

Neue Bewegung ist in den Fall gekommen,<br />

als ein Arbeiter vor zwei Tagen an der Stelle<br />

in einem der Versorgungstunnel zwischen<br />

zwei Gleisabschnitten, wo sein kürzlich verschwundener<br />

Kollege gearbeitet hat, die<br />

Schriftrolle gefunden hat, die nun im Museum<br />

bei Dr. Walsh für weitere Nachforschungen<br />

ist.<br />

Wenn die Charaktere sich für den Fall interessieren<br />

und auf eigene Faust ermitteln<br />

wollen, dann können sie nun den Bauleiter<br />

Abercrombie oder Philomena Jennings, die<br />

„Witwe“ des ersten verschwundenen Arbeiters,<br />

aufsuchen.<br />

iM UnTERGRUnd<br />

Die Charaktere fahren mit der U-Bahn zur<br />

Station „British Museum“, wo sie schon die<br />

Bauarbeiten im vollen Gange sehen. Es ist<br />

staubig und dunkel, das Licht kommt von einigen<br />

wenigen Gaslampen an den Wänden.<br />

Von entfernt ist das Rattern der vorbeifahrenden<br />

Züge zu hören, und ein kalter Lufthauch<br />

weht einen leichten Ölgeruch herüber.<br />

Die Gleisarbeiter werden nur unwillig mit<br />

den Charakteren sprechen wollen, da sie<br />

schon den Beamten vom Yard Auskunft gegeben<br />

haben. Sie haben den Eindruck, dass<br />

es die Polizei nicht interessiert, was mit ihren<br />

Kollegen passiert ist, und sollten sich<br />

Journalisten oder andere Angehörige der<br />

schreibenden Zunft in der Gruppe finden,<br />

werden sie erst recht abweisend reagieren,<br />

da sie glauben, dass diese aus der Geschichte<br />

Profit schlagen wollen oder sie gar nicht erst<br />

ernst nehmen. Mit einem gelungenen FW:<br />

Überreden wird man dann aber erfahren,<br />

dass die Männer glauben, dass es in den Tunneln<br />

spukt, einige halten dies für den Grund,<br />

warum die fünf Arbeiter verschwunden sind,<br />

zwei oder drei werden den Charakteren sogar<br />

unter dem Siegel der Verschwiegenheit<br />

anvertrauen, dass ein Geist aus dem Museum<br />

in der Station umgeht und die Männer<br />

verschleppt hat.<br />

Noch während sich die Männer mit den<br />

Charakteren unterhalten, taucht Derek Abercrombie<br />

auf, der Bauleiter. Er ist aus Schottland<br />

und stammt aus ärmlichen Verhältnissen,<br />

aber er hat in Oxford studiert und sich nun<br />

nach oben gearbeitet. Er ist für einen Charakter<br />

mit einem gelungenen Wissenswurf auch<br />

kein Unbekannter, man hat von ihm schon in<br />

der Presse gelesen. Er hat erst vor kurzem<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

den Posten des Bauleiters bei der U-Bahn<br />

erhalten und gilt als ein großer Verfechter<br />

eines weiteren Ausbaus des Schienennetzes.<br />

In einem Bericht hat der Charakter allerdings<br />

auch gelesen, dass einige Mitglieder der Baubehörde<br />

es gar nicht gerne gesehen haben,<br />

dass ein Schotte, der in ihren Augen eher ein<br />

Mitglied der Arbeiterklasse ist, den hohen<br />

Posten erhalten hat.<br />

Mr. Abercrombie ist gegenüber den Charakteren<br />

kurz angebunden, er wiederholt<br />

nur das, was er Scotland Yard bereits gesagt<br />

hat, für ihn sind die Männer schlicht Faulpelze,<br />

die keine Lust zum Arbeiten haben. Wo<br />

sie sich zur Zeit aufhalten, ist ihm egal, er hat<br />

inzwischen neue Arbeiter angeheuert. Jegliche<br />

Nachforschungen und Fragen wird er<br />

abblocken, er will weder mit der Polizei noch<br />

mit der Presse weiter sprechen, und er hat<br />

Vorschriften einzuhalten, mit denen er die<br />

Charaktere von Recherchen in den Schächten<br />

und Tunneln abhalten will. Gelingt einem<br />

Charakter hier ein FW: Psychologie, dann wird<br />

er erkennen, dass Abercrombies Selbstvertrauen<br />

bis zu einem gewissen Punkt nur gespielt<br />

ist, er hat etwas zu verbergen.<br />

EinE TRAUERndE WiTWE<br />

Nachdem die Charaktere sich von Mr..<br />

Abercrombie und den Gleisarbeitern verabschiedet<br />

haben, können sie nach Belieben<br />

noch Philomena Jennings aufsuchen, die<br />

Witwe des ersten Vermissten. Sie hatte Chief<br />

Inspector Hartford gebeten, jeden, der etwas<br />

zur Aufklärung des Verbleib ihres Gatten<br />

beitragen kann, zu ihr zu schicken, sie<br />

möchte auch gerne mit der Presse sprechen.<br />

Alle anderen Verwandten haben sich zurück<br />

gezogen und möchten weder mit der Polizei<br />

noch mit der Presse sprechen.<br />

Mrs Jennings wohnt in Islington in einer<br />

kleinen Parterrewohnung, bei ihr sind ihre<br />

Mutter, Mrs Filcher und ihr kleiner Sohn Thomas<br />

jr. Die Ehefrau des Arbeiters ist selbst<br />

berufstätig, ihrer Mutter kümmert sich dann<br />

um den kleinen Thomas, daher ist Mrs Jennings<br />

tagsüber schlecht anzutreffen. Ihre<br />

Mutter wird den Charakteren nur sagen, dass<br />

sie ihren Schwiegersohn für einen guten und<br />

zuverlässigen Mann hält, der niemals seine<br />

Frau und seinen Sohn im Stich lassen würde.<br />

Ist Mrs Jennings selbst anzutreffen, merken<br />

die Charaktere schnell, dass sie wütend ist<br />

auf die Polizei und die Baubehörde, da sie<br />

der Meinung ist, niemand kümmere sich darum,<br />

was mit ihrem Ehemann und den anderen<br />

drei Männern geschehen ist. Einen Grund<br />

dafür hat sie natürlich auch: Die Regierung<br />

will vertuschen, dass die Sicherheitsbedingungen<br />

in der U-Bahn nicht die Besten sind<br />

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The Tube Mystery<br />

und vermutlich sind ihr Mann und die anderen<br />

bei Gleisarbeiten von vorbeifahrenden<br />

Zügen erfasst worden. Ist Presse anwesend,<br />

wird sie versuchen, diese davon zu überzeugen,<br />

eine große Story über die Männer und<br />

ihre Arbeitsbedingungen zu schreiben. An<br />

unheimliche Vorfälle hat sie nie gedacht, und<br />

wird sie von den Charakteren mit einer solchen<br />

Vermutung konfrontiert, wird sie sie<br />

lediglich auslachen.<br />

dAs AUGE sHURLOTHEps<br />

Nach diesen Nachforschungen können die<br />

Charaktere sich in Richtung British Museum<br />

begeben, um sich wieder mit Dr. Walsh zu<br />

besprechen. Allerdings werden sie das unbestimmte<br />

Gefühl nicht los, dass etwas nicht<br />

stimmt, dieses Gefühl verstärkt sich, als sie<br />

das Museum betreten und sich zum Büro des<br />

Kurators begeben. Das ungute Gefühl bestätigt<br />

sich, als sie dann das Büro betreten: Die<br />

Tür ist nur angelehnt, auf ein Klopfen hin antwortet<br />

niemand, aber ein seltsamer Geruch<br />

dringt aus dem Raum. Den Charakteren, die<br />

den Raum jetzt betreten, bietet sich ein Bild<br />

des Grauens: Aus den Regalen wurden alle<br />

Bücher herausgerissen und auf den Boden<br />

geworfen, teilweise sind sie zerrissen und<br />

verschmiert, einzelne Seiten liegen überall<br />

herum, einige Regalbretter sind aus ihren<br />

Verankerungen gebrochen worden. Zwischen<br />

den Büchern liegen archäologische<br />

Gegenstände überall verstreut, die teilweise<br />

aus Unachtsamkeit zerbrochen sind, größtenteils<br />

aber Opfer mutwilliger Zerstörung<br />

geworden sind. An den Wänden sind große<br />

blaue Flecken von zerschmetterten Tintenfässern,<br />

alle Stühle im Büro sind umgeworfen<br />

worden, bei einigen wurde sogar die<br />

Sitzfläche aufgeschlitzt. Der Schreibtisch ist<br />

ebenfalls übersät mit zum Teil in Fetzen gerissenen<br />

Schriftstücken und herumliegenden<br />

Schreibutensilien, und ein Charakter, dem<br />

ein Ideenwurf gelingt, stellt fest, dass hier<br />

ein Kampf stattgefunden hat, außerdem erkennt<br />

er auf den Dokumenten Blutflecken,<br />

die offensichtlich noch frisch sind. Diese Erkenntnis<br />

kostet ihn 0/1 Stabilitätspunkte.<br />

Mit einem weiteren gelungenen Ideenwurf<br />

lässt sich feststellen, dass der geheimnisvolle<br />

Stein nicht mehr vorhanden ist. Bei Nachforschungen<br />

in den anderen Büros müssen die<br />

Charaktere dann weitere grausige Entdeckungen<br />

machen: Alle Mitarbeiter, die sich<br />

noch im Museum befanden, liegen ermordet<br />

in ihren Büros, man hat ihnen die Kehle durchgeschnitten.<br />

Da es vermutlich inzwischen<br />

später am Abend ist, ist die Anzahl der Opfer<br />

überschaubar, nichtsdestotrotz verlieren alle<br />

Charaktere 1/1W4 Stabilitätspunkte<br />

Alle Indizien lassen jetzt nur einen Schluss<br />

zu: Dr. Walsh muss etwas schlimmes zugestoßen<br />

sein, vermutlich wurde er entführt<br />

oder ermordet!<br />

Haben die Charaktere zuvor ihren Kollegen<br />

aus dem Lesesaal abgeholt, müssen sie sich<br />

keine Sorgen machen, sollte dieser aber vorher<br />

Dr. Walsh aufgesucht haben, wird auch<br />

er im Museum nicht mehr auffindbar sein.<br />

Doch die Frage, wohin Dr. Walsh verschwunden<br />

ist, lässt sich mit einem gelungenen<br />

FW: Verborgenes erkennen beantworten:<br />

Auf dem Parkett sind Blutspuren, die die Charaktere<br />

hinunter in die Keller des Museums<br />

führen, vorbei an uralten Artefakten, die auf<br />

ihre große Stunde warten, Masken aus der<br />

Südsee, geheimnisvollen römischen Statuen<br />

und ägyptischen Sarkophagen, deren aufgemalte<br />

starre Augen jeden Schritt der Charaktere<br />

zu verfolgen scheinen. Das Licht wird<br />

immer schwächer, nur einzelne Glühbirnen<br />

hängen aus ihren Verankerungen an der Decke<br />

und schaffen Schatten, die mehr verbergen<br />

als man auf den ersten Blick erkennen<br />

kann.<br />

dAs RiTUAL<br />

Durch eine Tür im Keller gelangen<br />

die Charaktere schließlich in einen<br />

weiteren Raum, der dunkel und zugig<br />

ist, ein leichter Geruch von<br />

Öl liegt in der Luft, und von Ferne<br />

hört man das Rauschen von<br />

Zügen. Neben dem Öl<br />

können die Charaktere<br />

aber auch noch einen<br />

anderen schwachen Geruch<br />

ausmachen, es ist der<br />

gleiche, den sie auch in Dr.<br />

Walshs Büro gerochen haben:<br />

Eine Mischung aus<br />

Weihrauch und Kräutern,<br />

durchsetzt mit einem leicht<br />

süßlichen Gestank. Ein Charakter mit einem<br />

erfolgreichen FW: Archäologie wird feststellen,<br />

dass es sich hierbei um Einbalsamierflüssigkeit<br />

handelt, das führt zum Verlust von 0/1<br />

Stabilitätspunkten.<br />

Kaum hat er diese Erkenntnis mit seinen<br />

Gefährten geteilt, werden die Charaktere<br />

auch schon seltsame Gesänge hören, die<br />

aus einem angrenzenden Raum kommen.<br />

Dies Gesänge sind in keiner ihnen bekannten<br />

Sprache, sondern klingen seltsam guttural.<br />

Sobald die Charaktere in die Nähe dieses<br />

Raums kommen, werden sie feststellen, dass<br />

eine Gruppe Kultisten sich um die geheimnisvolle<br />

Mumie versammelt hat, sie tragen<br />

merkwürdigen archaischen Gewänder und<br />

wiegen sich in Trance zu den unirdischen<br />

Klängen. Kein geringerer als Derek Aber-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

crombie führt nun das Ritual durch, um den<br />

untoten Snephren-Ka wieder zum Leben zu<br />

erwecken. Die Charaktere werden in seiner<br />

Hand das Artefakt aus dem Museum erkennen,<br />

bei dem es sich um das „Auge Shurlotheps“<br />

handeln muss.<br />

Um das Ritual zu beenden, würde es reichen,<br />

die Mumie und das Auge in Brand zu<br />

stecken. Allerdings hat Abercrombie Vorbereitungen<br />

getroffen: Ein lebender Leichnam,<br />

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The Tube Mystery<br />

OFFTOPIC<br />

seat Guru<br />

Ich erinnere mich noch<br />

gut an diesen Flug nach<br />

New York vor ein paar Jahren.<br />

Direkt quer vor mir ein<br />

Babybett mit dauerhaft<br />

schreiendem Bewohner und<br />

direkt davor die Toilette aus<br />

der ekelhafte Gerüche entwichen.<br />

Ich tröstete mich<br />

damit, dass es ja „nur“ ein<br />

Flug von 7 Stunden Dauer<br />

war – hätte ja auch nach<br />

Australien gehen können.<br />

Geholfen hätte mir damals<br />

vielleicht ein kurzer Blick vor<br />

dem Flug auf die Seite Seat<br />

Guru (http://www.seatguru.com).<br />

Dort sammeln Fleißige Informationen<br />

über die unterschiedlichen<br />

Flugzeugtypen<br />

aller möglichen Fluggesellschaften.<br />

Auf einem Plan<br />

des Flugzeugs werden besonders<br />

gute oder schlechte<br />

Plätze farbig hervorgehoben.<br />

Und nebenbei findet<br />

man hier passende Karten<br />

von Flugzeugen für die eigene<br />

Rollenspielkampagne.<br />

als Wache abgestellt, nähert sich den Charakteren<br />

von hinten, sein Anblick kostet 1/1W6<br />

Stabilitätspunkte. Es handelt sich hierbei um<br />

einen der verschwundenen Gleisarbeiter.<br />

Gelingt es den Charakteren an der Leiche<br />

vorbeizukommen, müssen sie feststellen,<br />

dass es noch mehr belebte Leichname gibt,<br />

darunter auch Dr. Walsh. Treten die Charaktere<br />

jetzt den Rückzug an, werden die Leichen<br />

ihnen folgen, jedoch nur bis zur Eingangstür<br />

in den Museumskeller.<br />

Gehen die Charaktere weiter, nachdem sie<br />

die Leichen besiegt haben, müssen sie feststellen,<br />

dass das Ritual beinahe vollendet ist.<br />

Derek Abercrombie und die übrigen Kultisten<br />

sind jedoch normal verwundbar und können<br />

mit Schusswaffen nieder gestreckt werden,<br />

damit ist jedoch die Gefahr nicht gebannt.<br />

Die Mumie und der Stein müssen in Brand<br />

gesteckt werden, und da es in den unterirdischen<br />

Tunneln der U-Bahn gefährlich ist, so<br />

etwas zu tun, müssen sie sich beeilen, um<br />

wieder in das Museum zu kommen. Ein gelungener<br />

FW:Geschicklichkeit erschwert um 20%<br />

lässt die Charaktere den Flammen entrinnen,<br />

jedoch haben die Erlebnisse von allen 2/1W6<br />

Verlust an Stabilitätspunkten gefordert.<br />

EpiLOG<br />

Die Charaktere werden Chief Inspector<br />

Hartford Bericht erstatten, dieser wird auch<br />

schon im Museum sein, um die Spuren des<br />

Einbruchs und der Ermordung der Angestellten<br />

aufzunehmen, da entweder die Charaktere<br />

oder der Museumspförtner ihn gerufen<br />

haben.<br />

Haben die Charaktere es nicht geschafft,<br />

die Kultisten und die Mumie zu besiegen,<br />

dann werden sie mit Sicherheit Inspector<br />

Hartford um Hilfe bitten, oder auch jemand<br />

anderen im Museum. Doch man wird ihnen<br />

ihre Geschichte mit Sicherheit nicht glauben,<br />

allerdings werden in der Folge die Gerüchte<br />

um eine Mumie, die in der Station „British<br />

Museum“ spukt, immer lauter… und die<br />

Charaktere werden wissen, was der wahre<br />

Grund war für die Schließung der Station.<br />

nsc<br />

dR.. FREdERic WALsH<br />

Kurator<br />

ST 9 KO 8 GE 12 ER 10 MA 8 BI 16 IN<br />

15 GR 15<br />

Trefferpunkte: 12<br />

Magie: 8<br />

Stabilitätspunkte: 40<br />

Schadensbonus: keiner<br />

Angriff: keiner<br />

Zauber: keiner<br />

Fertigkeiten:<br />

Ansehen 55%, Bibliotheksnutzung<br />

60%, Buchführung 30%, Feilschen 25%,<br />

Muttersprache (Englisch) 70%, Überzeugen<br />

40%, Geschichtskenntnisse<br />

65%, Fremdsprache (Altägyptisch)<br />

40%, Papyrologie 35%<br />

inspEcTOR L. HARTFORd<br />

chief inspector<br />

bei scotland yard<br />

ST 16 KO 11 GE 14 ER 8 MA 8 BI 11 IN<br />

12 GR 17<br />

Trefferpunkte: 14<br />

Magie: 8<br />

Stabilitätspunkte: 40<br />

Schadensbonus: +1W6<br />

Angriff: Faustfeuerwaffe 40%, Ringen<br />

30%<br />

Zauber: keiner<br />

Fertigkeiten:<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Ansehen 40%, Feilschen 18%, Gesetzeskenntnisse<br />

55%, Horchen 35%,<br />

Psychologie 20%, Spurensuche 50%,<br />

Überreden 22%, Überzeugen 25%, Verborgenes<br />

erkennen 40%<br />

dEREK AbERcROMbiE<br />

bauleiter und Kultistenführer<br />

ST 8 KO 14 GE 15 ER 13 MA 12 BI 13 IN<br />

10 GR 10<br />

Trefferpunkte: 12<br />

Magie: 12<br />

Stabilitätspunkte: 60<br />

Schadensbonus: keiner<br />

Angriff: Faustschlag 60%, Ringen 35%<br />

Zauber: Erschaffe Zombie<br />

Fertigkeiten: Ansehen 65%, Bibliotheksnutzung<br />

50%, Buchführung 34%,<br />

Okkultismus 45% Kunst (Baukunst)<br />

40%, Psychologie 46%, Überzeugen<br />

40%<br />

pHiLOMEnA JEnninGs<br />

Witwe und schneiderin<br />

ST 8 KO 7 GE 13 ER 12 MA 8 BI 9 IN<br />

11 GR 8<br />

Trefferpunkte: 8<br />

Magie: 8<br />

Stabilitätspunkte: 40<br />

Schadensbonus: -1W4<br />

Angriff: keiner<br />

Zauber: keiner<br />

Handwerk (Schneidern) 55%, schweres<br />

Gerät (Nähmaschine) 41%, Nähen<br />

35%, Zuschneiden 35%, Maß nehmen<br />

35%<br />

dR. WALsH<br />

belebter Leichnam/Zombie<br />

ST 12 KO 16 GR12 IN 0 MA 1 GE 6<br />

Trefferpunkte:<br />

Schadensbonus: +1W4<br />

Waffen: Ringen 25 %, Biss 30% (Schaden<br />

1W3), improvisierte Hiebwaffe<br />

(Knüppel) 25% (Schaden 1W6+1+Sb)<br />

Dr. Walsh tritt den Charakteren in Begleitung<br />

von vier untoten Gleisarbeitern<br />

gegenüber.<br />

Stabilitätsverlust: Der Anblick der<br />

wiederbelebten Gleisarbeiter kostet<br />

jeweils 1/1W6 Stabilitätspunkte, der<br />

Anblick des untoten Dr. Walsh jedoch<br />

1/1W8, da er den Charakteren vertrauter<br />

ist und sein Tod sie mehr trifft. �<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig Seite 92


Offen heraus<br />

OFFEN HERAUS<br />

DAS SPRECHECK IN DER ANDUIN<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

ILLUSTRATION: HELLO.EBOY.COM<br />

KUndE 2.0<br />

Das Leben wird immer bequemer. Nun gut,<br />

vielleicht nicht an jeder Stelle, aber so insgesamt<br />

muss es doch bequemer werden, oder?<br />

Bei den immer neuen technischen Errungenschaften<br />

und der immer größeren Selbstbestimmung<br />

und Freiheit, die wir alle genießen<br />

dürfen. Und günstiger wird das Leben dadurch<br />

auch noch!<br />

EAsy LiVin‘<br />

Man nehme nur mal das Beispiel Flugreise.<br />

Früher hat man sich in einem muffigen<br />

Reisebüro die besten Flüge heraussuchen<br />

lassen, immer mit dem Gefühl dass da bestimmt<br />

günstiger gegangen wäre. Und dann<br />

noch die Gebühren für den Service. Heute<br />

macht man das bequem von Zuhause aus,<br />

hat immer noch das Gefühl dass es bestimmt<br />

günstiger gegangen wäre, dafür aber die Gebühren<br />

gespart. Und gleich online bezahlt.<br />

Sicher ist das sicher. Am Flughafen dann kein<br />

langes Anstehen am Schalter für das Einchecken<br />

mehr. Statt dessen steht man nun am<br />

Automaten, was aber gefühlt schneller geht.<br />

Fazit: Mit Eigeninitiative geht das Leben so<br />

viel leichter.<br />

Oder das Tanken. Früher nur an teuren<br />

Servicetankstellen möglich. Heute kann man<br />

an teureren Selbstbedienungstankstellen<br />

sein Auto befüllen. Wer weiß wie teuer das<br />

Tanken wäre, wenn wir das jemand anderen<br />

machen ließen?<br />

Oder die Unterhaltung. Früher nur die<br />

konservativen und langweiligen öffentlichrechtlichen<br />

Sender. Dann der Kulturschock<br />

mit dem konstant niveaulosen Rauschen auf<br />

den Privatsendern. Und jetzt endlich wieder<br />

gehobene Unterhaltung dank Selbstzerfleischung<br />

und Unfallfilmchen auf YouTube und<br />

Konsorten.<br />

Oder das Einkaufen. Früher musste man<br />

sich blind einem Fachverkäufer anvertrauen<br />

und auf dessen Ratschlag bauen. Heute kann<br />

man das geilste weil günstigste Angebot<br />

einfach im Netz finden und dabei wertvolle<br />

Kommentare von anderen Konsumenten<br />

genießen. „Der iAudio MP3-Player ist echt<br />

scheiße, weil der hat ja schwarze Kopfhörer<br />

und nicht so coole weiße wie der von Apple“<br />

(Rechtschreibung dezent verbessert).<br />

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MiTMAcHLEbEn<br />

Wir sind also immer mehr bereit, Dinge<br />

selbst in die Hand zu nehmen. Marketingfachleute<br />

haben dafür sogar trendige Namen<br />

erfunden – im Internet zum Beispiel „Web<br />

2.0“ oder das „Mitmachweb“. Da schreiben<br />

wir unsere eigenen Tagebücher, filmen unsere<br />

eigenen Peinlichkeiten und füllen sogar<br />

eine ganze Rubrik auf Spiegel Online.<br />

Jeder von uns macht da auf die eine oder<br />

andere Art mit, sei es nun bei der Problemlösung<br />

bei Abstürzen eines Computerspiels<br />

im Herstellerforum (ich weiß nicht wie lange<br />

es her ist, dass ich da einen hilfreichen Kommentar<br />

gelesen habe, der nicht von einem<br />

Kunden stammte), beim freiwilligen Preisgeben<br />

des eigenen Konsumverhaltens über<br />

Kundenkarten oder Umfragen oder beim<br />

(legalen) Herunterladen und Selberbrennen<br />

von Musik.<br />

MEHRWERT?<br />

Ich frage mich gerade nur, ob meine Einleitung<br />

nicht irgendwie falsch war. Bequemer<br />

klingt das ganze jetzt auf einmal gar nicht<br />

mehr unbedingt. Und um ehrlich zu sein auch<br />

nicht immer günstiger. Und zeitsparender?<br />

Auch eher nicht.<br />

Warum machen wir das dann eigentlich<br />

mit? Die Industrie benutzt uns in einigen<br />

Gebieten inzwischen als unbezahlte Arbeitskraft<br />

und lemminghaften Käufer gleichzeitig.<br />

Da kann Microsoft ein Betriebssystem auf<br />

den Markt bringen, das zwar schick aussieht<br />

(ganz im Stil des Web 2.0), aber nicht mal anständig<br />

Dateien kopieren kann. Der Kunde ist<br />

Käufer und unbezahlte Testperson in einem<br />

– ist ja auch in seinem Interesse, dass die<br />

Fehler bekannt werden, damit sie behoben<br />

werden können.<br />

HObby 1.0?<br />

Als Chefredakteur eines Fanzines betrachte<br />

ich dieses ganze Treiben sehr interessiert.<br />

Bedeutet das für die <strong>Anduin</strong> etwa, dass jetzt<br />

eine ganze Horde motivierter Autoren und<br />

Zeichner bereit steht, um ihren Beitrag beizusteuern?<br />

Immerhin sind Fanzines echte<br />

Mitmachprojekte, die nur existieren können,<br />

wenn sich Menschen dafür einbringen. Die<br />

Arbeit kommt keinem Konzern zu Gute und<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

versickert auch nicht in der Anonymität riesiger<br />

so genannter Communitys. Statt dessen<br />

landet sie direkt bei Gleichgesinnten und fördert<br />

das gemeinsame Hobby.<br />

Leider heißt die Antwort auf diese Frage<br />

„Nein!“. Zwar finden sich immer ein paar Mithelfer,<br />

doch ist die Zahl der Schultern, auf denen<br />

ein Projekt wie die <strong>Anduin</strong> ruht, noch zu<br />

klein um dauerhaft überleben zu können.<br />

ZUKUnFTsWünscHE<br />

Ich würde mir wünschen, dass der eine<br />

oder andere, der sich über Mitspielermangel<br />

und Qualitätsverluste bei Rollenspielprodukten<br />

beschwert, sich ein Herz fassen würde.<br />

Sich überlegt, ob er nicht einmal im halben<br />

Jahr einen Artikel beisteuern oder eine Illustration<br />

anfertigen könnte. Oder vielleicht<br />

einem Fanprojekt Feedback in Form einiger<br />

Zeilen schreibt. Das ist zwar auch nicht bequem,<br />

aber sehr viel gewinnbringender als<br />

etliche anderen Mitmachtätigkeiten. �<br />

Seite 93


Die lange Nacht<br />

DIE LANGE NACHT<br />

EIN UNIVERSELLES FANTASY-ABENTEUER<br />

TEXT: ALEXANDER HARTUNG<br />

ILLUSTRATION: KATHY SCHAD<br />

KARTEN: ALEXANDER HARTUNG<br />

HinTERGRUnd<br />

Der Gelehrte Torgin Trao ist einer der besten<br />

und berühmtesten Gelehrten der Naturwissenschaften<br />

des menschlichen Reichs.<br />

Einer seiner Konkurrenten, Osung Obew, ist<br />

der Meinung, dass Torgin Trao seine letzten<br />

Forschungsergebnisse gestohlen hat und damit<br />

zu Berühmtheit gelangen will. Aus Wut<br />

über seinen Konkurrenten hat Osung Obew<br />

die Assassinen- und Diebesgilde beauftragt<br />

die Forschungsarbeiten von Torgin Trao zu<br />

sabotieren und den Gelehrten daran zu hindern,<br />

in Zukunft wieder zu forschen.<br />

Mehr durch Zufall und durch einen guten<br />

Freund, hat Torgin Trao von einem Plan eines<br />

ihm nicht bekannten Konkurrenten erfahren,<br />

der ihn schädigen möchte. Er vermutet, dass<br />

dieser entweder seine Forschungen oder<br />

sein Haus zerstören soll.<br />

Am nächsten Tag wird er an der Universität<br />

in Teromberg einen Vortrag halten, bei dem<br />

er seine neusten Ergebnisse präsentieren<br />

möchte. Um diesen Vortrag zu einem Erfolg<br />

werden zu lassen, muss der Gelehrte die ganze<br />

Nacht durcharbeiten.<br />

Torgin Trao lebt mit seinen beiden Angestellten<br />

außerhalb einer Stadt in einem Landhaus.<br />

Seine Fachgebiete sind Geschichte und<br />

Naturwissenschaften.<br />

Da für den Schutz durch die<br />

Armee oder die Stadtwache<br />

zu wenige Beweise vorliegen,<br />

engagiert er eine<br />

Abenteurergruppe<br />

ihn zu beschützen,<br />

da er seine<br />

Arbeit bis zu<br />

dem Vor-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

trag in vier Tagen abschließen möchte.<br />

Die Angestellten<br />

Aufgrund der lauernden Gefahr hat Torgin<br />

Trao seinen beiden Angestellten (Haushälterin<br />

und Stallknecht) freigegeben. Sie werden<br />

sich bis zum Mittag des nächsten Tages in<br />

der Stadt aufhalten und unter keinen Umständen<br />

zu dem Haus zurückkehren.<br />

Torgin Traos Bedrohung<br />

Torgin Trao hat erfahren, dass seine Arbeit<br />

sabotiert werden soll, damit er seinen Vortrag<br />

am nächsten Tag nicht halten kann. In<br />

dieser Rede spricht er das Zusammenspiel<br />

von Pflanzen und Schädlingen an. Seine Theorie<br />

soll den Ertrag beim Anbau von Getreide<br />

erheblich steigern.<br />

Als er der Stadtwache von dieser Drohung<br />

erzählt, erhält er keine Hilfe, da diese überfordert<br />

ist und keine Männer wegen einer einfachen<br />

Drohung entbehren kann. Somit muss<br />

er sich auf die Suche nach Männern machen,<br />

die in bis zu seinem Vortrag beschützen.<br />

Der Auftrag<br />

Es ist dem Spielleiter überlassen, wie der<br />

Gelehrte auf einen der Gruppenmitglieder<br />

aufmerksam wird (vielleicht durch eine Empfehlung<br />

eines Freundes). Auf jeden Fall erhält<br />

die Gruppe von Torgin Trao den Auftrag ihn in<br />

dieser Nacht zu beschützen und zu gewährleisten,<br />

dass er seine Arbeit in dieser Nacht<br />

ungestört abschließen kann. Für diesen Auftrag<br />

erhalten die Charaktere je 4 Gold.<br />

Stimmen Sie diesem Auftrag zu, bittet<br />

Torgin Trao die Gruppe bis zum späten Mittag<br />

an seinem Landhaus zu erscheinen. Er<br />

beschreibt den<br />

Charakteren den<br />

Weg und reitet<br />

dann zu seinem<br />

Haus um zu arbeiten.<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig Seite <strong>94</strong>


Die lange Nacht<br />

Torgin Trao<br />

Torgin Trao ist ein typischer Gelehrter, der<br />

auf seinem Gebiet genial ist, aber ansonsten<br />

alle anderen Dinge um sich vergisst. Seine<br />

Angestellten kümmern sich gewissenhaft um<br />

ihn und seinen Haushalt. Sie erinnern ihn daran,<br />

regelmäßig zu essen und säubern seine<br />

Kleidung.<br />

Der Mensch lebt um neue Erkenntnissen<br />

in den Naturwissenschaften zu gewinnen.<br />

Ansonsten ist er ein friedlicher, etwas zerstreuter<br />

Mann. Obwohl der die Gruppe zu<br />

seinem Schutz engagiert hat, unterschätzt er<br />

die Gefahr, die ihm durch die Assassinen und<br />

Diebe droht.<br />

Das Verhalten von Torgin Trao<br />

Der Gelehrte ist ein Meister auf seinem<br />

Fachgebiet, aber leider sehr zerstreut. Seine<br />

Bediensteten kennen die Eigenarten von<br />

Torgin Trao, aber die Gruppe wird lernen<br />

müssen, mit dieser Zerstreutheit umzugehen.<br />

Mit Folgendem haben die Charaktere zu<br />

rechnen:<br />

• Bei Kämpfen und Angriffen wird sich<br />

Torgin Trao über den Lärm beschweren<br />

und um Ruhe bitten<br />

• Ab und zu wird er zu einem Charakter<br />

kommen und ihn um einen Tee oder<br />

eine Suppe bitten. Bevor der Charakter<br />

antworten kann, wird Torgin Trao aber<br />

wieder bei seinen Studien sein.<br />

• Mitten in der Nacht wird der Gelehrte<br />

einen kleinen Spaziergang im Wald machen<br />

wollen.<br />

• Er wird einen Charakter fragen, was er<br />

denn in seinem Haus zu tun habe. Wird<br />

Torgin Trao von dem Charakter (immer<br />

wieder) über seine Situation und die<br />

Gefahr außerhalb des Hauses aufgeklärt,<br />

so wird sich bei Torgin Trao schnell die<br />

Erinnerung wieder einstellen.<br />

Anmerkung für den Spielleiter: Torgin Trao<br />

sollte ein Element der Unruhe sein. Spielen<br />

Sie den Gelehrten wie ein zerstreutes Genie,<br />

das in seiner Arbeit regelmäßig seine Umwelt<br />

vergisst.<br />

dAs HAUs<br />

Das Landhaus von Torgin Trao liegt inmitten<br />

eines Waldes auf einer Lichtung. Die<br />

Lichtung ist vom Haus aus nur etwas vier<br />

Meter entfernt. Der Wald ist dicht gewachsen<br />

und verfügt über viel Unterholz. In der<br />

Nähe (etwa 10m in den Wald hinein) fließt ein<br />

kleiner Bach, der das Landhaus mit Wasser<br />

versorgt.<br />

Das zweistöckige Haus und seine Umgebung<br />

sind gut gepflegt und schön anzuse-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

hen. Es verfügt über einen großen Keller und<br />

einen Stall, der sich hinter dem Haus befindet.<br />

Bis zur nächsten Stadt sind es vier Kilometer.<br />

Der nächste Nachbar wohnt einen<br />

Kilometer entfernt. Zum Haus führt nur ein<br />

schmaler Waldweg, der dort auch endet. Die<br />

nächste größere Straße ist 200m entfernt.<br />

KELLER<br />

1 – Gang<br />

Der Gang führt zum Lagerraum bzw. zum<br />

Labor. Der Boden ist aus festem Lehm und<br />

die Mauern sind geziegelt.<br />

2 – Weinkeller & Nahrungslager<br />

Hier befinden sich eine Vielzahl an Weinflaschen<br />

sowie einige Fässer Bier. Der Raum ist<br />

kühl und mit einem festen Lehmboden ausgestattet.<br />

Hier lagern auch die Lebensmittel,<br />

aus denen die Angestellten von Torgin Trao<br />

das Essen bereiten. An den Wänden stehen<br />

mehrere hohe Regale, in denen die Speisen<br />

aufbewahrt werden.<br />

3 – Labor<br />

Das 3 x 6m große, stickige Labor steht voller<br />

wissenschaftlicher Geräte und Werkzeuge.<br />

Auf einem Schreibtisch an der Wand stapeln<br />

sich Papiere auf denen Torgin Trao seine<br />

neusten Forschungsergebnisse skizziert.<br />

ERdGEscHOss<br />

4 – Lager<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

In dem 3 x 2m großen Lager bewahren die<br />

Angestellten Werkzeuge und Holz für den<br />

Kamin auf. Weiterhin finden sich hier eine<br />

Schaufel, eine Axt, zwei Besen, zwei Eimer<br />

sowie ein Fass mit Frischwasser. Auch sind<br />

hier Zunder, Feuersteine, vier Fackeln, drei<br />

Lampen und ein kleines Fass mit Lampenöl<br />

zu finden. Schließlich werden hier noch<br />

einige Dachlatten und Balken aufbewahrt,<br />

die für Ausbesserungen am Haus verwendet<br />

werden.<br />

5 – Küche<br />

Die 3 x 3m großen Küche besteht aus einem<br />

großen Kamin in der Mitte und mehreren<br />

Schränken in denen sich das Geschirr des<br />

Hausherrn sowie einige Tischdecken befinden.<br />

Neben dem Kamin liegt etwas aufgestapeltes<br />

Holz. Die Küche verfügt über einen<br />

Zugang in den Garten.<br />

6 – Zimmer<br />

In dem 3 x 3m großen Zimmer übernachten<br />

die beiden Bediensteten. Hier stehen zwei 2<br />

x 1m große Betten und ein Schrank, in dem<br />

sich abgetragene Kleidung und einige Schuhe<br />

befinden.<br />

7 – Große Bibliothek<br />

Der L-förmige Raum ist die Bibliothek von<br />

Torgin Trao. An der hinteren Wand steht ein<br />

Schreibtisch der mit Stapeln von Aufzeichnungen<br />

des Gelehrten. An den Wänden befinden<br />

sich Regale mit wissenschaftlichen Büchern<br />

und eigenartigen Skulpturen menschlicher<br />

Künstler (Kunst?). An der Hauswand ist ein<br />

Kamin, der den Raum wärmt.<br />

Hier bereit sich Torgin Trao auf seinen Vortrag<br />

vor. Er möchte so wenig wie möglich gestört<br />

werden und wird den Charakteren bei<br />

der Verteidigung freiel Hand lassen.<br />

8- Salon<br />

Der 3 x 4m große Salon ist mit teuren<br />

Gobelins, Teppichen und edlen Möbeln eingerichtet.<br />

Hier empfängt Torgin Trao seine<br />

Gäste. In einer schönen Glasvitrine stehen<br />

Kristallkaraffe und eine wunderschöne mit<br />

Gold verzierte Karaffe.<br />

9 – Vorraum<br />

Der 2 x 5 große Vorraum enthält eine Garderobe<br />

für die Mäntel der Gäste. Von hier<br />

führt auch eine Treppe in den Keller und in<br />

den ersten Stock. Momentan hängen hier<br />

nur zwei Mäntel von Torgin Trao.<br />

ERsTER sTOcK<br />

10 – Gang<br />

Der Gang ist mit edlem Holz ausgelegt. An<br />

Seite 95


Die lange Nacht<br />

den Wänden hängen zwei kleine Lampen, die<br />

auch in der Nacht den Weg zu den Räumen<br />

im ersten Stock erhellen.<br />

11 – Schlafzimmer<br />

Der 3 x 4m große Raum ist das Schlafzimmer<br />

von Torgin Traos. Hier stehen ein 2 x 2m<br />

großes Bett ein Sessel und ein Nachttisch mit<br />

einer Öllampe. Um das Bett und den Nachttisch<br />

liegen einige Bücher über Pflanzenkunde.<br />

Neben dem Bett sind einige Aufzeichnungen<br />

des Gelehrten verstreut.<br />

12 – Bekleidungszimmer<br />

Das 3 x 4m große Bekleidungszimmer beinhaltet<br />

zwei große Schränke mit Kleidung<br />

und eine Kommode mit Schuhen von Torgin<br />

Traos. Die Kleidung in den Schränken ist von<br />

hoher Qualität.<br />

13 + 14 – Gästezimmer<br />

Die 3 x 3m großen Zimmer sind mit einem<br />

1,5 x 2m großen Bett, einem Schrank und einem<br />

Nachttisch eingerichtet. Diese Räume<br />

dienen Torgin Traos als Gästezimmer. Momentan<br />

sind diese leer.<br />

sTALL<br />

Der Stall verfügt über zwei Stallboxen, einen<br />

Schrank mit Trensen, Zuggeschirr usw.<br />

sowie ein Box mit Trockenfutter für die Reitechsen.<br />

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S1 – Gang<br />

Der schmale Gang ist mit Stroh ausgelegt.<br />

An der unteren Seite des Raums steht ein<br />

Schrank mit Pferdegeschirr und einer Box<br />

mit Trockenfutter.<br />

S2 + S3 – Boxen<br />

In den 2 x 3m großen Boxen stehen normalerweise<br />

zwei Reitechsen, die den kleinen<br />

Wagen von Torgin Traos ziehen. Der Wagen<br />

und eine Reitechse wurden aber von den Bediensteten<br />

mitgenommen, so dass sich nur<br />

noch eine Reitechse in Box S3 befindet.<br />

diE bELAGERUnG<br />

Die Gruppe, welche von Osung Obew auf<br />

den Gelehrten angesetzt worden ist, trifft<br />

kurz nach der Dämmerung dort ein. Die Assassinen<br />

und Diebe werden bis zum Abend<br />

die Umgebung des Hauses auskundschaften<br />

und dann zuschlagen. Sie haben nur eine<br />

Nacht Zeit ihren Plan durchzuführen.<br />

diE AnGREiFER<br />

Auftrag und Motivation<br />

Insgesamt belagern sechs Diebe, drei<br />

Assassinen und ein Zauberer das Haus. Sie<br />

haben von Osung Obew insgesamt 25 Gold<br />

versprochen bekommen. Weiterhin dürfen<br />

sie das Landhaus vollständig plündern. Nur<br />

die Forschungsaufzeichnungen Torgin Traos<br />

sollen in die Hände Osung Obews gelangen.<br />

Anmerkung für den Spielleiter<br />

Die Gruppe wird gegen die insgesamt zehn<br />

Personen keine Chance in einem offenen<br />

Kampf haben. Ihre einzige Möglichkeit ist<br />

es, die Anzahl der Angreifer systematisch zu<br />

reduzieren, daher ist es wahrscheinlich, dass<br />

sich Charaktere im Haus verbarrikadieren.<br />

Osung Obew möchte aber nicht, dass sein<br />

Konkurrent getötet wird, da er sich nicht des<br />

Mordes schuldig machen will. Die Diebe sollen<br />

nur das Forschungslabor verwüsten, die<br />

Aufzeichnungen stehlen und dafür sorgen,<br />

dass Torgin Traos den in Kürze stattfindenden<br />

Vortrag nicht halten kann.<br />

Vorbereitungen<br />

Die Belagerer haben von Osung Obew das<br />

Haus beschreiben bekommen. Sie wissen<br />

von der Lichtung, dem Wald und dem dichten<br />

Gestrüpp und werden zwei Reitechsen<br />

mit sich führen, die Schaufeln und vor allem<br />

Äxte mit sich tragen. Bis zu ihrem ersten Angriff<br />

werden die Belagerer das Unterholz im<br />

Wald etwas lichten, so dass sie sich besser<br />

und schneller bewegen können.<br />

Anmerkung für den Spielleiter<br />

Machen sie der Gruppe klar, dass sie unter<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Belagerung steht. Lassen Sie die Charaktere<br />

ab und zu einen Schatten sehen oder ungewöhnliche<br />

Geräusche hören.<br />

Verhalten um das Haus<br />

Während des Tages, bis zum Abend, werden<br />

sich die Belagerer einen Eindruck von<br />

dem Haus zu machen.<br />

Von den insgesamt zehn Belagerern werden<br />

drei immer das Haus und die Wege bewachen<br />

(der Zauberer beteiligt sich nicht an<br />

der Beobachtung). Hierbei trägt jeder eine<br />

Armbrust bei sich, mit denen er flüchtende<br />

Personen unter Beschuss nehmen kann.<br />

Die anderen befinden sich tiefer im Wald,<br />

aber in der Nähe, so dass sie in spätestens<br />

zwei Runden bei ihren Kollegen sein können.<br />

Keiner der Belagerer wird sich ungeschützt<br />

zeigen, sondern immer den Weg durch das<br />

Gestrüpp wählen.<br />

Tätigkeiten der Belagerer<br />

zwischen den Angriffen<br />

Nachdem die Belagerer wissen, dass Torgin<br />

Traos bewacht wird, wird der Zauberer<br />

beginnen seine magische Kraft aufzuwenden<br />

um einen schmalen Tunnel vom Wald zum<br />

Keller hinein zu graben. Er nutzt dazu sein<br />

Können in Erdmagie.<br />

Die Diebe und Asssassinen werden in dieser<br />

Zeit versuchen, die Charaktere beschäftigt<br />

zu halten.<br />

Heilung und besondere<br />

Ausrüstung<br />

Die Belagerer haben nicht mit großem Widerstand<br />

gerechnet. Sollte sich die Kampfkraft<br />

der Charaktere als stark erweisen, wird<br />

einer der Diebe in die Stadt zurückreiten und<br />

einen Teil der Vorauszahlung in Heiltränke investieren.<br />

Im Notfall wird auch der Zauberer<br />

einen Verletzten heilen können.<br />

Die Taktik der Belagerer<br />

Die Angreifer werden alle Mittel einsetzen<br />

um der Gruppe zu schaden und sie zu<br />

verwirren. Die werden drei große Angriffe<br />

durchführen, zwischenrein aber immer wieder<br />

versuchen, die Gruppe mit kleinen Störmanövern<br />

aus der Ruhe zu bringen.<br />

Anmerkung für den Spielleiter<br />

Lassen Sie der Gruppe in der Nacht keine<br />

Ruhe (vor allem nicht zum Regenerieren).<br />

Versuchen Sie sie immer wieder zu verwirren<br />

und anzugreifen.<br />

diE dREi HAUpTAnGRiFFE<br />

1. Attacke – Scheinangriff<br />

Bis zum späten Abend werden die Belage-<br />

Seite 96


Die lange Nacht<br />

rer das Haus beobachten und das Gelände<br />

sondieren. In der Nacht starten die Assassinen<br />

und Diebe einen Scheinangriff, bei dem<br />

sie die Qualität der Sicherungen am Haus<br />

und die Stärke der Gruppe testen wollen. Sie<br />

werden sich nicht lange mit den Charakteren<br />

herumschlagen und sich bald wieder im Wald<br />

verteilen um sich später zu sammeln.<br />

Dieser Angriff wird direkt auf den Haupteingang<br />

und die Fenster im ersten Stock<br />

erfolgen. Er ist absichtlich plump und durchschaubar.<br />

2. Attacke – Ausschalten der<br />

Gruppenmitglieder<br />

Je ein Assassine und ein Dieb versuchen<br />

auf die „klassische“ Art in das Haus einzudringen.<br />

Hierzu versuchen sie leise vorzugehen<br />

und einzelne Gruppenmitglieder auszuschalten<br />

oder zumindest schwer zu verletzen. Je<br />

nachdem wie die Sicherheitsvorkehrungen<br />

und Wacheinteilungen der Gruppe sind, gelingt<br />

den Dieben dieses Vorhaben.<br />

Dieser Angriff hängt davon ab, wie gut die<br />

Charaktere das Haus sichern konnten. Beginnen<br />

wird dieser Angriff wieder mit einem<br />

Ansturm auf den Haupteingang. Hierfür wird<br />

der Zauberer seine Grabung kurz unterbrechen<br />

und ein oder zwei Erdelementare rufen,<br />

die den Angriff übernehmen. Während dieser<br />

Ablenkung versuchen der Assassine und der<br />

Dieb über die Fenster im ersten Stock in das<br />

Gebäude zu gelangen. Dabei werden sie es<br />

nicht auf einen langen Kampf ankommen<br />

lassen.<br />

Anmerkung für den Spielleiter<br />

Die Versuche einzelne Gruppenmitglieder<br />

auszuschalten bzw. zu verletzten können<br />

auch mehrmals durchgeführt werden. Wie<br />

die Angreifer vorgehen hängt natürlich von<br />

den Sicherheitsmaßnahmen der Charaktere<br />

ab bzw. wie gut diese die Sicherheitsmaßnahmen<br />

verborgen haben.<br />

3. Attacke – der finale Angriff<br />

Kurz vor dem Morgengrauen haben die<br />

Diebe die letzte Chance Torgin Trao aufzuhalten<br />

und die Forschungen zu sabotieren.<br />

Der Tunnel des Zauberers ist fertig gestellt<br />

und endet genau unter dem Keller. Dann erfolgt<br />

der Angriff an drei Fronten.<br />

Zuerst erschafft der Zauberer einen Erdoder<br />

Feuerelementar im (z.B. Raum 7 oder<br />

9). Im gleichen Moment werden drei Belagerer<br />

auf der anderen Seite des Hauses, die<br />

vermeintlich schwächste Tür bzw. Fenster,<br />

mit einem kleineren Baumstamm einbrechen<br />

und in das Haus eindringen. Die restlichen Belagerer<br />

dringen durch den fertig gegrabenen<br />

Tunnel, der im Gang des Kellers endet.<br />

Anmerkung für den Spielleiter<br />

Sollten die Belagerer klar unterliegen, so<br />

werden sie sich erneut zurückziehen und versuchen<br />

ihre letzte Chance beim Aufbruch in<br />

die Stadt zu nutzen.<br />

KLEinERE sTöRUnGEn<br />

Die folgende Auflistung dient dazu zwischen<br />

den großen Angriffen die Gruppe auf<br />

Trab zu halten.<br />

Der Schuss aus dem Hinterhalt<br />

An den seitlichen Fenstern werden sich<br />

in den „ruhigen“ Momenten immer wieder<br />

Assassinen im Unterholz verstecken, um unvorsichtige<br />

Charakter mit ihrer Armbrust zu<br />

beschießen.<br />

Scheiben einwerfen<br />

Sollten die Charaktere nicht alle Fenster<br />

verbarrikadieren, so werden die Belagerer<br />

(meist zur Ablenkung) die eine oder andere<br />

Scheibe einwerfen. Dies dient nicht dazu jemanden<br />

zu schädigen, sondern soll die Gruppe<br />

zermürben.<br />

Feuer<br />

Der Zauberer ist in der Lage eine kleine<br />

Flamme zu erschaffen. Diese könnte er bspw.<br />

durch ein offenes Fenster oder durch eine of-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

fene Tür werfen und somit ein kleineres Feuer<br />

entfachen.<br />

TAKTiscHE Tipps<br />

Nutzen Sie Miniaturen, um den Standort<br />

der Spielercharaktere, von Torgin Trao und<br />

den Angreifern festzuhalten. Der Lageplan<br />

des Hauses sollte immer vor den Spielern liegen.<br />

Auch der Spielleiter sollte die Pläne des<br />

Hauses und der Umgebung bei sich liegen<br />

haben, um auch die Belagerer mit Zinnminiaturen<br />

darstellen zu können.<br />

dER RiTT in diE sTAdT<br />

Mit den ersten Strahlen der Sonne muss<br />

Torgin Trao aufbrechen. Sollten die Belagerer<br />

bis dahin noch keinen Erfolg gehabt haben,<br />

werden sie versuchen, ihn beim Ritt in die<br />

vier Kilometer entfernte Stadt aufzuhalten.<br />

Anmerkung für den Spielleiter<br />

Torgin Trao ist kein guter Reiter. Er wird<br />

weder ein hohes Tempo reiten können, noch<br />

wird er seine Reitechse gut durch den stellenweise<br />

dichten Wald lenken können.<br />

Mit Reittieren<br />

Die Belagerer haben nicht damit gerechnet,<br />

dass sie mit ihrer Mission scheitern<br />

könnten. Aus diesem Grund haben sie weder<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig Seite 97


Die lange Nacht<br />

Fanzines haben eine lange Tradition und es gibt sie für<br />

nahezu jedes Themengebiet. Auch die Rollenspielszene<br />

wurde und wird von diesen Magazinen, die von Fans für<br />

Fans gemacht werden, bereichert. Einige der Fanzines sind<br />

längst verschollen und nahezu vergessen, andere haben<br />

die Jahre überdauert und werden immer noch veröffentlicht<br />

und einige neue Magazine sind auch in jüngerer Zeit<br />

hinzugekommen.<br />

Um eine Übersicht über die verschiedenen Zines, angefangen<br />

von Loseblattsammlungen, über kopierte und<br />

handgetackerte Hefte, in Hochglanz gedruckte Magazine<br />

die Reitechse des Gelehrten gestohlen, noch<br />

verfügen sie selbst über genügend Reittiere<br />

– insgesamt haben sie nur zwei Reitechsen<br />

mitgeführt. Die besten Reiter sind die Assassinen<br />

und der Zauberer.<br />

Anmerkung für den Spielleiter<br />

Gestalten Sie die Flucht in die Stadt spannend.<br />

Die Belagerer werden zu allen Mitteln<br />

greifen, um das Fortkommen von Torgin Trao<br />

zu verhindern. In ihrer Verzweiflung versuchen<br />

sie auch den Gelehrten oder seine Echse<br />

anzuschießen.<br />

Flucht ohne Reittiere?<br />

Natürlich können sie die Flucht in die Stadt<br />

noch weiter erschweren, in dem sie die Reittiere<br />

von Torgin Trao bzw. den Charakteren<br />

verschwinden lassen, so dass der Gruppe<br />

nichts anderes übrig bleibt als zu Fuß zu fliehen.<br />

Auch besteht die Möglichkeit, dass die<br />

Charaktere keine Reittiere bei sich haben<br />

und den Gelehrten zu Fuß in die Stadt bringen<br />

müssen.<br />

dAs EndE<br />

Vor den Toren der Stadt angekommen,<br />

werden die Belagerer aufgeben und sich zurückziehen.<br />

Torgin Trao kann seinen Vortrag<br />

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halten, der auch ein voller Erfolg wird. Nach<br />

dem Vortrag erhält die Gruppe die versprochene<br />

Belohnung.<br />

AnHAnG<br />

Torgin Trao<br />

Torgin Trao ist Forscher auf dem Gebiet der<br />

Naturwissenschaften. Der Mensch ist 54 Jahre<br />

alt, 1,70m groß und wiegt 64 kg. Er hat lange<br />

braune Haare und einen dunklen Vollbart,<br />

der spitz nach unten zuläuft.<br />

Er trägt eine Brille mit dicken Gläsern, ohne<br />

die er fast blind ist. Er ist außerdem etwas<br />

schwerhörig. Seine Kleidung weist ihn als einen<br />

wohlhabenden Mann aus, auch wenn er<br />

bei der Kombination von Farben nicht immer<br />

eine gute Hand hat.<br />

Assasinen<br />

Die drei Assassinen sind menschlicher Herkunft<br />

und sehr erfahren. Sie versuchen unter<br />

allen Umständen diesen Auftrag auszuführen,<br />

da es sie unbedingt das Landhaus plündern<br />

wollen. Sie sind zwar vorsichtig, aber<br />

auch grausam und skrupellos.<br />

Die Assassinen haben keine besonderen<br />

oder magischen Ausrüstungsgegenstände.<br />

bis hin zu Blogs und eZines, haben wir die Seite www.rpgzines.de<br />

geschaffen.<br />

Noch ist die Auswahl auf im Internet verfügbare Fanzines<br />

beschränkt, doch soll die Sammlung nach und nach erweitert<br />

werden. Schaut einfach mal vorbei, denn es lohnt<br />

sich – tonnenweise Rollenspielartikel und Abenteuer warten<br />

auf Euch.<br />

Zudem sind wir auf Eure Unterstützung angewiesen. Erinnert<br />

Ihr Euch noch an bestimmte Fanzines, die wir noch<br />

nicht aufgeführt haben? Dann schickt uns doch eine kurze<br />

Mail – Kontaktdaten findet Ihr auf der Homepage. �<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Diebe<br />

Die sechs menschlichen Diebe und wurden<br />

wegen ihrer Erfahrung von der Gilde ausgewählt.<br />

Sie sind hoch motiviert den Auftrag<br />

auszuführen, da auch sie das Landhaus plündern<br />

möchten. Die Diebe gehen zwar vorsichtig<br />

vor, sind aber brutal und rücksichtslos.<br />

Die Diebe haben keine besonderen oder<br />

magischen Ausrüstungsgegenstände.<br />

Zauberer<br />

Der Zauberer hat nach Abschluss seine Ausbildung<br />

die Magiergilde verlassen und wurde<br />

Mitglied der Diebesgilde. Er ist 38 Jahre alt,<br />

1,71m groß und wiegt 93 kg. Der Mensch hat<br />

dunkle Haare, eine Halbglatze und ist durch<br />

sein Übergewicht recht träge.<br />

Er hat seine Zauberfertigkeiten zwar weiterentwickelt,<br />

eignete sich aber auch grundlegende<br />

Diebestalente an und wird daher<br />

von der Gilde als Unterstützung für schwierige<br />

Aufträge herangezogen. Der Zauberer ist<br />

gierig, skrupellos aber auch feige und flieht<br />

vor jedem Kampf. Trotzdem ist er der Anführer<br />

dieses Angriffs.<br />

Der Zauberer verfügt über einen Ring an<br />

welchem zwei Runen angebracht sind. Diese<br />

bewahren einen mittleren Heilzauber und einen<br />

Regenerationszauber. �<br />

Seite 98


Das Erwachen<br />

DAS ERWACHEN<br />

EINE KURZGESCHICHTE AUS DER WELT DER DUNKELHEIT<br />

TEXT: CHRISTIAN DORFNER<br />

ÜBERSETZUNG: PETI HEINIG<br />

ILLUSTRATION: PATRICK KOHTZ<br />

Es war 3:30 morgens und Rick war auf dem<br />

Weg nach Hause. Die Stadt summte immer<br />

noch vor Leben, und viele Nachtschwärmer<br />

versuchten nach einer durchzechten Freitagnacht<br />

angetrunken ein Taxi heranzuwinken.<br />

„Ha, habe ich ein Glück“ dachte er „Als Türsteher<br />

bei einem Nachtclub bin ich nüchtern<br />

wie ein Richter und muss trotzdem um ein<br />

Taxi kämpfen um nach Hause zu kommen. Ich<br />

muss mir endlich ´n eigenes Auto zulegen!“<br />

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Er überquerte die Straße und begann den<br />

Hügel hinaufzugehen, weg von den hell erleuchteten<br />

Straßen und den vielen Leuten.<br />

Um die Ecke herum gab es eine Stelle, an<br />

dem er der Masse entgehen und ein Taxi bekommen<br />

konnte. Es war eine warme Nacht<br />

und Rick begann in seinem schwarzen Anzug<br />

zu schwitzen. Er nannte ihn den Ninja-Anzug.<br />

Er fand, dass er in dem Anzug gleichzeitig seriös<br />

und dennoch im Club bedrohlich aussah,<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

und zudem schlecht zu sehen war – gut um<br />

an Unruhestifter heran zu kommen. Ah, die<br />

frische Luft tat gut nach der verqualmten<br />

Luft im Club. Seine kräftigen Beine trugen ihn<br />

ohne Mühe den steilen Berg hinauf.<br />

Als er sich der Kuppe näherte, hörte er erhobene<br />

Stimmen in der Nähe einer Straßenlaterne.<br />

Auf dem Seitenstreifen waren zwei<br />

Pärchen im Scheinwerferlicht eines Taxis zu<br />

sehen. Sie wurden immer wieder vom Blinklicht<br />

des Taxis in ein surreales gelbes Licht<br />

getaucht. Rick verlangsamte seine Schritte,<br />

um zu sehen was los war. Er blieb im unbeleuchteten<br />

Bereich der Straße.<br />

Wie viele Herzschläge würden wohl vergehen<br />

bis sie weg wären, fragte sich Rick. Gorilla<br />

Eins und Zwei benannte er sie automatisch.<br />

Zwei große Kerle, wahrscheinlich betrunken,<br />

und zwei leidende Freundinnen.<br />

„Hey wir waren hier zuerst. Das ist unser<br />

Taxi,“ sagte Gorilla Eins.<br />

Der andere Mann starrte einfach nur finster<br />

zurück und öffnete die hintere Türe.<br />

„Hände weg! Helen! Steig ein!“ schrie Gorilla<br />

Nummer Eins.<br />

Mit einem verächtlichen Blick schubste Gorilla<br />

Zwei Helen zur Seite, sie stolperte und<br />

fiel auf den Gehsteig.<br />

„Oh verdammt. Das ist nicht meine Sache“,<br />

dachte Rick als er sich schnell auf die Szene<br />

zu bewegte.<br />

Gorilla Eins wollte gerade losschlagen als<br />

Rick von hinten ankam. Er legte ihm eine<br />

mächtige Hand auf die linke Schulter und<br />

griff den rechten Arm am Ellbogen. Gorilla<br />

Zwei schlug mit einem primitiven Lächeln im<br />

Gesicht zu, nur um auf Ricks rechten Ellbogen<br />

zu treffen. KRACK! Gorilla Zwei begann zu<br />

schreien, sein Gesicht war schmerzverzerrt.<br />

Er stolperte rückwärts, um seine gequetschte<br />

Hand zusammengekrümmt. Gorilla Eins<br />

versuchte sich freizukämpfen, aber so groß<br />

er auch war, Rick war noch größer und um<br />

einiges stärker. „Beruhige dich, ich lasse dich<br />

jetzt los. Warum nimmst du mit deinem Mädchen<br />

nicht das Taxi? Ich mag Männer nicht<br />

die Frauen schlagen.“ Verstört aber triumphierend<br />

grinste der Mann Rick an, als er und<br />

Helen in das Taxi stiegen.<br />

Seite 99


Das Erwachen<br />

„Wo war das andere Mädchen hin?“ Rick<br />

drehte sich herum um nach ihr zu sehen. Ein<br />

heller Blitz zuckte hinter seinen Augenliedern<br />

auf und er fand sich mit dem Gesicht nach unten<br />

auf dem Gehsteig wieder. Schmerzen begannen<br />

sich breit zu machen. „Oh du meine<br />

Güte, mit was hat sie da auf mich eingeschlagen.<br />

Er versuchte sich hochzukämpfen, den<br />

Geschmack von Blut im Mund. Seinen Kopf<br />

wendend hörte er das Taxi mit quietschenden<br />

Reifen anhalten. Es war etwas mit seinem<br />

Sehvermögen nicht in Ordnung. Er fühlte sich<br />

seltsam… krank, und irgendwie zu groß für<br />

seinen Körper. Alles war verschwommen,<br />

er konnte nicht fokussieren und alles schien<br />

in ein rotes Licht getaucht. Der Kerl mit der<br />

verletzten Hand stand neben Rick, seine<br />

Füße wiesen in Richtung des haltenden Taxis.<br />

„Wow, sogar seine Schuhe sind rot“, dachte<br />

Rick. In seinem Kopf drehte sich alles. „Weg<br />

vom Boden bevor er dich tritt“, schalt er sich<br />

selbst als er sich in die Hocke hochkämpfte.<br />

Helens Freund war aus dem Taxi gestiegen<br />

und rief irgend etwas, aber Rick konnte ihn<br />

nicht richtig verstehen, das Blut in seinen Ohren<br />

rauschte zu laut. Rauschen? Klingt mehr<br />

wie Dröhnen. Er schüttelte seinen Kopf, versuchte<br />

ihn frei zu bekommen. Der stechende<br />

Kopfschmerz, den er erwartet hatte, kam<br />

nicht. „Was zum Teufel?“<br />

Helen war nun auch ausgestiegen und versuchte<br />

ihren Freund am Arm wieder in das<br />

Taxi zu ziehen. Rick sah hoch, und fiel auf seinen<br />

Hintern. Vor ihm war der Kerl mit der gebrochenen<br />

Hand, aber anstatt sie schützend<br />

an der Brust zu bergen hing sie schlaff an seiner<br />

Seite, ein totes Gewicht. Und sein ganzer<br />

Körper glühte rot. Ein teuflisches, boshaftes<br />

rot, wie Blut. „Das kann auf keinen Fall real<br />

sein“, dachte Rick. Sein Herz hämmerte, sein<br />

Mund war plötzlich ganz trocken. „Ich sehe<br />

doppelt, das wird es sein. Der Schlag auf dem<br />

Kopf den mir das Mädchen verpaßt hat mich<br />

fertig gemacht!“<br />

Aber sein Kopf tat nicht weh. Rick krabbelte<br />

rückwärts, ohne den rauhen Asphalt unter<br />

seinen Händen zu spüren. Er spürte wie die<br />

rote Figur auf ihn herab blickte, aber durch<br />

eine Art Hitzeflimmern sah er dass die eigentliche<br />

Person sich nicht bewegt hatte, Gorilla<br />

Zwei stand da wie tot und starrte auf das andere<br />

Pärchen.<br />

„Nein,“ keuchte Rick. Sein Atem wurde in<br />

der Luft sichtbar. Seine Körper war überzogen<br />

von Gänsehaut. „Es ist kalt. Wie kann es<br />

kalt sein?“ Helens Freund half Rick auf und<br />

sagte etwas, aber Rick konnte es nicht richtig<br />

verstehen. Der Mann klang einfach nur verärgert.<br />

„Wie kann es sein, dass er keine Angst<br />

hat?“ Und das Dröhnen in Ricks Ohren… es<br />

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wurde lauter. Der glühende Man hatte sich<br />

nicht verändert, er starrte immer noch, verbreitete<br />

Boshaftigkeit. Dann hob er langsam<br />

seine verletzte Hand an und deutete auf Rick<br />

und den anderen.<br />

Was Rick dann sah würde er nie wieder vergessen.<br />

Das blutrote Glühen um den Arm begann<br />

sich zu verändern, so als würden schwarze<br />

Blasen entstehen, aufplatzend wie Eiterbeulen,<br />

zehn, zwanzig, hunderte, tausende<br />

schwarzer Beulen die eine schwarzen Schleim<br />

absonderten. Dennoch konnte Rick durch<br />

diese Masse hindurch sehen und erkennen,<br />

dass der Arm sich nicht verändert hatte.<br />

Rick wurde immer noch langsam auf die<br />

Beine gezogen. „Kann dieser Kerl nicht sehen<br />

was gerade passiert?“<br />

Dann dämmerte es ihm. „Nein kann er<br />

nicht. Nur ich kann das. Ich werde verrück!“<br />

Das Dröhnen ließ nach. Zu seinem Horror<br />

begann es wie zischende Stimmen zu klingen,<br />

die ihm Worte des Todes ins Ohr flüsterten.<br />

Rick fühlte wie seine Unterlippe zu zittern begann,<br />

und spürte einen irrationalen Drang zu<br />

weinen und gleichzeitig zu gähnen.<br />

Der schwarze Schleim aus den Eiterbeulen<br />

formte sich zu etwas wie einer Tentakel. Es<br />

schlug an Rick vorbei und sein Helfer begann<br />

zu taumeln. Rick zuckte zur Seite. Es war in<br />

den Bauch des Mannes eingedrungen. Erst da<br />

merkte er, dass der Kerl hinter ihm eine weiße<br />

Aura um sich hatte die rapide abnahm während<br />

er zu sah. Der schwarze Schleim schien<br />

sie aufzusaugen. Der Mann hatte einen verstörten<br />

Gesichtsausdruck, eine Mischung aus<br />

Schmerz und Verständnislosigkeit. Rick fing<br />

den taumelnden Mann instinktiv auf, hielt ihn<br />

aufrecht, und drehte sich, um Gorilla Zwei anzustarren.<br />

Er wollte verstehen.<br />

Der hatte seinen Kopf in den Nacken gelegt,<br />

entweder aus Schmerz oder Ekstase,<br />

Rick konnte es nicht erkennen. Die Myriaden<br />

von Stimmen wurden lauter.<br />

„Das kann nicht passieren.,“ dachte er.<br />

Die schwarze Tentakel wurde dicker.<br />

„Das geht nicht.“<br />

Kalte Schauer überliefen Rick.<br />

Er hielt seinen Atem an.<br />

„Das geht nicht.“<br />

Dann blickte ihm die Kreatur in die Augen…<br />

und lächelte.<br />

„NEIN!“<br />

Mit jeder Faser seines Körpers versuchte<br />

Rick dieser glühenden Kreatur seinen Widerstand<br />

entgegen zu schleudern. Er sah von ir-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

gendwo ein helles Licht auf sie einschlagen,<br />

und das blutrote Glühen begann nachzulassen,<br />

die schwarze Tentakel begann sich aufzulösen.<br />

Der Mann selbst trat einen Schritt<br />

zurück als wäre er getreten worden. Der<br />

schwarze Schleim begann sich auf seinem<br />

Arm neu zu formen. Wieder sammelte sich<br />

Rick und schleuderte der Kreatur seinen Widerstand,<br />

seinen Horror und seinen Abscheu<br />

entgegen. Wider tauchte das helle Licht auf<br />

und schlug auf die Kreatur ein. Wieder und<br />

wieder griff Rick an das Glühen wurde schwächer,<br />

er wußte nicht warum oder wie, er wußte<br />

nur, dass er nicht aufhören durfte. Endlich<br />

war die blutige Aura verschwunden und der<br />

Mann lag zusammengesunken auf dem Boden,<br />

das Zischen ließ nach.<br />

„Mann, ich dachte gerade, mir würde<br />

schlecht werden.“<br />

Rick drehte sich um. Der andere Kerl hatte<br />

eine Hand auf seinen Magen gelegt, lächelte<br />

schwach, kaum sichtbar in der Dunkelheit. Er<br />

fuhr fort „Was verdammt noch mal ist dem<br />

Idioten denn passiert? Im einen Moment<br />

zeigt er auf mich, im nächsten beschließt er<br />

ein Schläfchen auf dem Boden zu halten! Er<br />

ist in Ordnung, oder?“<br />

„Er hat nichts mitbekommen,“ dachte Rick<br />

zitternd. Gar nichts. „Aber wo ist denn das<br />

andere Mädchen?“<br />

„Mädchen?“ Welches andere Mädchen?“<br />

Rick hatte nicht gemerkt, dass er laut gesprochen<br />

hatte.<br />

„Da war kein anderes Mädchen, nur Helen.“<br />

Ganz leise hörte Rick die zischenden Stimmen<br />

noch einmal bevor sie ganz verstummten.<br />

„Wir haben dich gezeichnet. Wir werden<br />

dich finden. Wir werden uns an deiner Seele<br />

laben..“<br />

� �<br />

Es dämmerte, nur ein paar Stunden nach<br />

dem „Zwischenfall“. Helens Freund hatte<br />

nach dem anderen Mann gesehen. Rick<br />

konnte sich nicht dazu überwinden ihn zu<br />

berühren. Ein Krankenwagen war gerufen<br />

worden. Die Sanitäter diagnostizierten eine<br />

gebrochene Hand, aber sonst keine weiteren<br />

offensichtlichen Verletzungen. Seine Bewußtlosigkeit<br />

erklärten sie durch exzessiven Alkoholgenuss,<br />

aber nahmen ihn zur Sicherheit<br />

mit ins Krankenhaus. Rick nahm das nächste<br />

Taxi nach Hause.<br />

Er fühlte sich wie betäubt.; alles war so unreal.<br />

Er konnte sich nicht mehr daran erinnern<br />

wie er nach Hause gekommen war. Dunkel<br />

war ihm bewußt, dass er stundenlang auf sei-<br />

Seite 100


Das Erwachen<br />

nem Bett gelegen und die Decke angestarrt<br />

hatte. Alle Lichter in seiner Wohnung waren<br />

an. Sein Fernseher plärrte. Eine Werbesendung<br />

versuchte ihn davon zu überzeugen<br />

Teile seines Magens entfernen zu lassen.“ Ich<br />

denke ich sollte alles ausschalten… die Sonne<br />

kommt. Gott bin ich müde.“<br />

Seine Augenlieder fielen zu, nur um gleich<br />

wieder auf zu springen. Er wollte diese Bilder<br />

nicht sehen müssen. Hatte er dieses Ding<br />

wirklich gesehen? War das wirklich geschehen?<br />

Seine Gedanken drehten sich immer<br />

wieder im Kreis. Er beschloß zu duschen, hatte<br />

dabei aber Probleme sein Gesicht zu waschen.<br />

Er wollte seine Augen nicht schließen.<br />

Er ging das Problem Seife an, in dem er nur<br />

jeweils ein Auge schloß. „Was zum Henker<br />

mache ich denn da?“<br />

Er hatte keinen Hunger, machte sich aber<br />

dennoch ein Frühstück. Eier und Speck. Sehr<br />

fettig. Sehr lecker. Normales Essen für eine<br />

normale Person. Er merkte, dass er ausgehungert<br />

war und schlang das Essen mit Hilfe<br />

von Orangensaft und einem Kaffee in sich hinein.<br />

Er begann sich besser zu fühlen.<br />

„Was kommt jetzt? Die Zeitung holen und<br />

nach der Post sehen. Sehen was draußen los<br />

ist.“<br />

Rick verließ seine winzige Zweizimmerwohnung,<br />

ging die Treppe runter und trat<br />

auf eine ruhige Vorortstraße. Es waren viele<br />

Leute unterwegs die den sonnigen, warmen<br />

Morgen genossen. Einige Jogger, eine alte<br />

Frau die ihren Pudel Gassi führte, ein Kind<br />

auf einem Fahrrad. Keine Auren, kein rotes<br />

Monster. „Viel Besser!“<br />

Zum Laden war es ein Spaziergang von<br />

etwa 10 Minuten, und Rick bemerkte, dass er<br />

sich wünschte der Weg wäre länger. Er kaufte<br />

die Zeitung und klemmte sie sich unter den<br />

Arm. Er wollte noch nicht in seine Wohnung<br />

zurück, daher schlug er den Weg zum Park<br />

ein. Er konnte sich genau so gut in die Sonne<br />

setzen und lesen, dachte er.<br />

Der Weg zum Park war länger als der zum<br />

Laden, ihm war warm geworden als er endlich<br />

eine freie Bank in der Sonne fand. Er<br />

überprüfte die Bank auf Vogelmist bevor er<br />

sich niederließ und die Zeitung auseinanderfaltete.<br />

Er sah sich kurz um. Kinder spielten<br />

Fußball, ein alter Chinese machte Tai Chi,<br />

ein junges Pärchen spielte mit einer Frisbee,<br />

mehrere Leute führten ihre Hunde aus. Rick<br />

fand die Hintergrundgeräusche beruhigend.<br />

Normal. Er wandte sich der Zeitung zu. Wie<br />

immer war die erste Seite voller unangenehmer<br />

Nachrichten. Er blätterte zu der angenehmeren<br />

Wochenendbeilage.<br />

„Entschuldigung,“ erklang eine zitternde<br />

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Stimme, „Darf ich mich setzten?“<br />

Es war eine Frau, alt genug um seine Großmutter<br />

zu sein.<br />

„Sicher,“ sagte Rick, und rutschte automatisch<br />

zur Seite um Platz zu machen.<br />

„Danke junger Mann. Ich bin recht müde.“<br />

„Kein Problem.“ Rick las im Immobilienteil<br />

einen Artikel über Ferienhäuser. Es würde<br />

ihm gefallen in ein Haus am Strand zu ziehen.<br />

Mit einem Garten. Das wäre nett. Er konnte<br />

beinahe die frische Seebriese spüren. Wie die<br />

Luft aus einem geöffneten Kühlschrank.<br />

Etwas stupste ihn am Fuß. Es war ein Hund.<br />

Ein Pudel. Seine Augen folgten der Leine bis<br />

zu der Hand der alten Dame. Sie saß immer<br />

noch da. Etwas mit ihren Augen stimmte<br />

nicht. Sie waren komplett schwarz, nichts<br />

weißes war zu sehen.<br />

„Hast du geglaubt du wärst uns entkommen?“<br />

Rick sprang panisch auf. Nein! Er saß immer<br />

noch da. Wie versteinert. Er konnte sich nicht<br />

bewegen. Seine Augen waren auf die der alten<br />

Dame geheftet.<br />

„Ah, so jung. So frisch. So… unerfahren.“<br />

Rick schrie innerlich auf. Ein Wimmern entwischte<br />

seiner Kehle.<br />

„Ein spontanes Erwachen. Sehr interessant.<br />

Sehr lecker.“<br />

Sie lispelte, dachte Rick aufgekratzt.<br />

„Komm mit mir junger Mann.“ Sie stand<br />

auf. Ihr Hund erhob sich geräuschlos um bei<br />

Fuß zu stehen. Rick stand auch auf und folgte<br />

ihr wie ferngesteuert als sie los ging. Sie blieb<br />

stehen. Rick wäre beinahe in sie hineingelaufen.<br />

Jemand blockierte ihren Weg.<br />

„Las ihn frei.“<br />

Es war der alte Chinese. Er war sogar noch<br />

kleiner als die alte Dame. Der Hund ließ ein<br />

dunkles Knurren vernehmen. Zu tief für seine<br />

kleine Kehle.<br />

„Laß ihn frei.“<br />

Rick sah das Bild vor sich flimmern, wie<br />

eine Fatamorgana. Die alte Dame begann<br />

sich zu verwandeln, es sah so aus als würde<br />

sie etwas auf dem Rücken tragen… einen<br />

Rucksack… oder Lederschwingen.<br />

Sie schrie irgend etwas. Zu viele Stimmen<br />

drangen aus ihrer Kehle. Es sah so aus als<br />

würde sie schwarzen Raus ausatmen. Rick<br />

schloß seine Augen als der Chinese so aussah<br />

als würde er wachsen und heller werden.<br />

„Zu hell.“ Er begann geblendet zu werden. Er<br />

versuchte verzweifelt stehen zu bleiben als<br />

heftige Windstöße die kein wirklicher Wind<br />

waren drohten ihn in die Luft zu wehen. Er<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

konnte nicht atmen. Seine Haut brannte. Er<br />

fühlte sich als würde er am Rand eines Abgrundes<br />

stehen und sein Gleichgewicht verlieren.<br />

Er weinte und es war ihm scheißegal.<br />

„Heilige Maria, Mutter Gottes, bete für uns<br />

Sünder…“<br />

Es war vorbei. Es war als wären Stunden<br />

vergangen, aber es können nur Sekunden<br />

gewesen sein.<br />

„Mach die Augen auf.“<br />

Er lag auf seinem Rücken, im Gras. Er öffnete<br />

langsam seine Augen und blickte in<br />

das freundliche Gesicht des Chinesen dessen<br />

schwarze Augen zwinkerten. Schwarze<br />

Augen mit weißen Augäpfeln drumherum.<br />

„Gott sei Dank.“<br />

„Wo ist es hin? Was zum Henker ist passiert?“<br />

„Es ist weg. Und das ist gut so. Die Hölle<br />

war los.“<br />

„Was?“<br />

„Die Hölle. Setzt dich auf und ich werde es<br />

dir erklären so gut ich kann. Aber du wirst es<br />

nicht hören wollen.“<br />

Er hatte keinen Chinesischen Akzent. „Kein<br />

der Hell bekommt geblatenen Leis!.“ Kicherte<br />

Rick in sich hinein.<br />

„Für jemanden der fast von einem Seelenfresser<br />

verschlungen worden wäre bist du<br />

sehr dreist.“<br />

Rick wurde sofort ernst.<br />

„Ist es das was es war? Diese alte Dame?“<br />

„Das war keine alte Dame,“ erwiderte der<br />

Chinese. Zum ersten Mal bemerkte Rick die<br />

Ringe unter den Augen des Mannes. Der<br />

Mann legte sich neben ihn ins Gras. Fiel neben<br />

ihn, eher gesagt.<br />

„Wir haben vor ein paar Stunden von dir<br />

gehört. Wir haben gefühlt wie jemand den<br />

Äther erschüttert hat als würde er versuchen<br />

die Säulen des Himmels einzureißen.“<br />

„Du meinst letzte Nacht… als…“ Rick<br />

konnte den Gedanken nicht zu Ende bringen.<br />

„Ja. Du bist in den Äther vorgestoßen,<br />

in das was manche Leute als Astralebene<br />

bezeichnen. Es war als würde ein Felsen in<br />

einen bis dahin stillen See geschleudert werden.<br />

Du hast eine menge Wellen verursacht,<br />

Sohn – einen richtigen Platscher.“ Er machte<br />

eine kurze Pause und fuhr dann aufgeregt<br />

fort, „Ein spontanes Erwachen! Das ist schon<br />

seit einer langen Zeit nicht mehr vorgekommen.“<br />

Da war es wieder. „Ein spontanes was?“<br />

Der Chinese schüttelte seinen Kopf. Rick<br />

Seite 101


Das Erwachen<br />

bemerkte, dass er fast ganz kahl war, nur<br />

noch ein paar Strähnen weißen Haares waren<br />

übrig. Er sah alt aus.<br />

„Ich habe dich gewarnt. Es wird dir nicht<br />

gefallen. Aber du hast keine Wahl. Nicht wirklich.“<br />

„Hör zu, ich bin ein ganz normaler Kerl...<br />

ich muss…“<br />

„Du musst mir zu hören.“ Plötzlich war die<br />

Stärke in seine Stimme zurückgekehrt, wie<br />

vorhin bevor er angefangen hat zu stark zu<br />

leuchten. „Sohn, als du mitten in der Nacht<br />

den Äther erschüttert hast, hast du viel Aufmerksamkeit<br />

auf die gelenkt. Manche davon<br />

gute, aber zum Großteil schlechte. Ich bin einer<br />

von den Guten. Ich war dir am nächsten,<br />

und ich bin ausgeschickt worden um dich zu<br />

finden. Unglücklicherweise haben sie dich zuerst<br />

gefunden.“<br />

Nach einer Pause, die sich Rick nicht zu unterbrechen<br />

traute, fuhr der Mann fort.<br />

„Es gibt nur wenige von uns, die solche Dinge<br />

wie du tun können. Besondere Dinge. Mit<br />

Übung können wir recht mächtig werden,<br />

aber unser Feind ist uns zahlenmäßig weit<br />

überlegen. Eins zu eins scheinen wir stärker<br />

zu sein, aber sie fressen in Rudeln.“<br />

„Fressen?“<br />

Der Chinese sah ihm in die Augen.<br />

„Fressen. Sie fressen Seelen.“<br />

„Seelen. Du hast sie Seelenfresser genannt.“<br />

„Seelen, Lebenskraft, wie auch immer du<br />

es nennen willst, sie fressen es. Wenn du<br />

Glück hast stirbst du. Wenn nicht…wirst du<br />

einer von ihnen.“<br />

„Letzte Nacht… da war ein Mann. Er hat<br />

sich seltsam benommen.“<br />

„Als du den Äther erschüttert hast?“<br />

„Ja, also ich glaube…“ Rick wußte nicht<br />

was er glaubte.<br />

„Sprich weiter.“<br />

„Er hat jemanden angegriffen. Also habe<br />

ich den verteidigt. Irgendwie.“<br />

„Und…“<br />

„Danach lag er auf dem Boden. Aber er hat<br />

nicht mehr… geglüht.“<br />

Die Augen des Chinesen blickten verwundert.<br />

„Du meinst dieser Kerl war besessen<br />

und es ist dir gelungen ihn zu befreien?“<br />

„Ich habe ihn befreit?“<br />

„Wenn ich dich richtig verstehe, ja. Du bist<br />

auf einen Besessenen getroffen und hast es<br />

geschafft einen Exorzismus an ihm vorzunehmen.<br />

Untrainiert! Du bist ein größeres Talent<br />

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als ich dachte. Du hast dich im Äther aufgeführt<br />

wie ein Elefant im Porzelanladen. Mir<br />

war klar dass du stark bist, aber du hast noch<br />

keine Finesse.“<br />

Rick war übel. Das konnte alles nicht geschehen.<br />

„Sohn, es zu verleugnen wird dir nicht helfen.<br />

Du musst eine Entscheidung treffen. So,<br />

kannst du aufstehen?“<br />

Rick konnte.<br />

„Dann hilf mir auf. Ich bin ein alter Mann.“<br />

Rick zog ihn hoch. Sein Kopf reichte ihm<br />

nur bis zur Brust.<br />

„Bewerte mich nicht nach meiner Größe,<br />

Junge.“<br />

Rick sah sich um. Da waren immer noch<br />

Kinder die Fußball spielten, Leute die joggten<br />

oder auf dem Fahrrad fuhren. Alle waren<br />

noch da. Alle außer… diese Dinger. Sein Gehirn<br />

wollte sich nicht daran erinnern.<br />

„Der größte Teil des Kampfes ist im Äther<br />

geschehen. Manche feinfühligen Personen<br />

können etwas spüren, aber nur die Erwachten<br />

sehen wirklich was passiert. So wie du.“<br />

Rick fühlte sich schwach. Seine Knie wurden<br />

weich.<br />

„Wie heißt du?“<br />

„Was?“ Der Alte stützte ihn. Sein Griff war<br />

stark. Ricks Stand wurde wieder fester.<br />

„Wie heißt du, Sohn?“<br />

„Rick,“ antwortete er. „Hm, vielleicht hätte<br />

ich dir meinen Namen nicht nennen sollen?<br />

Ich habe irgendwo gelesen, dass das anderen<br />

Leuten Macht über einen gibt?“ Er redete<br />

Mist und wußte es.<br />

„Tja Rick,“ der Mann grinste, „diese kleine<br />

alte Dame hat deinen Namen nicht benötigt<br />

um dich dazu zu bringen ihr wie ein kleiner<br />

Hund zu folgen, oder?“<br />

„Äh, stimmt.“<br />

„Rick, mein Name ist Joe. Das ist mein<br />

westlicher Name. Meinen richtigen Namen<br />

könntest du nicht richtig aussprechen.“<br />

„Joe?“<br />

„Ja. Joe. Nun wird dich der alte Joe vor<br />

eine Wahl stellen, da man nie Leute zu etwas<br />

zwingen sollte. Es ist nicht recht und es ist gegen<br />

unseren KODEX.“<br />

Rick hörte die Großbuchstaben förmlich als<br />

Joe „Kodex“ sagte.<br />

„Welche Wahl?“ Rick fühlte sich ängstlich<br />

aber seltsamer Weise auch voller Hoffnung.<br />

„Du kannst dich von uns ausbilden lassen,<br />

und wir werden dich beschützen so wie wir<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

es eben tun, oder du kannst dein Leben so<br />

wie bisher weiterführen und dich auf dein<br />

Glück verlassen.“<br />

„Mich ausbilden?“<br />

„Dich im Umgang mit deinen erwachten<br />

Kräften trainieren. Aber mit dem Training<br />

kommt auch Verantwortung auf dich zu. Sehr<br />

große Verantwortung. Wir existieren um die<br />

Kreaturen der Hölle zu bekämpfen, und das<br />

ist definitiv keine schöne Sache. Es ist ein Full-<br />

Time-Job. Es ist undankbar. Du wirst die meiste<br />

Zeit über fürchterliche Angst haben und<br />

wahrscheinlich endet die Sache tödlich für<br />

dich, oder schlimmer. Und wenn du abfällst<br />

werden wir dich selbst jagen.“<br />

„Abfallen?“<br />

„Es ist verlockend, sehr verlockend diese<br />

Macht zu missbrauchen. Das wirst du sehen,<br />

egal ob du mit mir kommst oder nicht.“<br />

Rick stand ruhig da und dachte nach.<br />

„Und?“ sagte Joe. „Wenn wir hier noch länger<br />

herumstehen taucht vielleicht wieder etwas<br />

auf und ich bin immer noch vom letzten<br />

Kampf erschöpft.“<br />

„Also werde ich eine Art Superheld?“<br />

„Superhelden haben Fanclubs, Rick. Wir?<br />

Nein. Wir kämpfen um die Schwachen und<br />

Unschuldigen zu beschützen, aber wir müssen<br />

das im Geheimen tun. Ruhm würde uns<br />

umbringen. Wir kämpfen im Dunklen.“<br />

„Das war gerade am hellichten Tag.“<br />

„Aber keiner hat etwas gesehen.“<br />

„Keiner,“ Rick machte eine Pause. „Keiner<br />

hat etwas gesehen.“ Nach einer langen Pause<br />

schlich sich ein Lächeln auf Ricks Gesicht.<br />

„Wie sieht es mit Geld aus?“<br />

Joes Gesicht verfinsterte sich.<br />

„Nein, versteh mich nicht falsch. Wie zahlen<br />

wir für Essen? Die Miete? Den Strom?“<br />

„Ah,“ Joe lächelte. „Meine Fresse ist der<br />

undurchschaubar,“ dachte Rick. „Joe ist ein<br />

guter Kerl.“<br />

„Mach dir darüber keine Gedanken, Rick.<br />

Es ist auch zu etwas gut einer der Erwachten<br />

zu sein. Mach dir darüber keine Sorgen.“<br />

„Ja dann. Joe? Ich arbeite im Sicherheitsbereich.<br />

Ich wollte immer ein Polizist werden,<br />

aber ich kam mit dem ganzen Bürokram nicht<br />

klar. So wie es aussieht werde doch noch als<br />

eine Art Polizist enden?“<br />

„Rick, du hast absolut recht. Jetzt lass uns<br />

gehen. Wir müssen hier weg.“ �<br />

Seite 102


Rezensionen<br />

diE KUTscHFAHRT<br />

ZUR TEUFELsbURG<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

In einer Kutsche<br />

sitzen die Mitglieder<br />

von zwei Geheimgesellschaften<br />

auf Reise – namentlich<br />

der Bruderschaft<br />

der wahren Lügen und des Ordens der<br />

offenen Geheimnisse. Sie sind unterwegs zu<br />

einem Treffen auf der Teufelburg, doch wäre<br />

es von Vorteil, schon auf der Reise dorthin zu<br />

erfahren wer die eigenen Verbündeten sind<br />

und sich einen Vorteil gegenüber den Gegnern<br />

zu verschaffen.<br />

Die drei bis zehn Spieler bekommen vor<br />

Spielbeginn je eine Karte mit einer schön<br />

gezeichneten Illustration ihres Spielcharakters<br />

und eine Berufkarte, die ihnen eine<br />

Sonderfertigkeit verleiht – manche nur einmal<br />

einzusetzen, andere beständig. Dazu<br />

gesellt sich noch eine Karte, auf der die Geheimgesellschaft<br />

des Spielers genannt wird.<br />

Bei Spielrunden mit gerader Spieleranzahl<br />

wird es von jeder der beiden Gesellschaften<br />

gleich viele Mitglieder geben, bei ungerader<br />

Spieleranzahl wird der Nachteil der unterlegenen<br />

Gesellschaft durch andere besondere<br />

Karten ausgeglichen, die zusätzlich ins Spiel<br />

kommen.<br />

Nun kennt keiner der Spieler die Gesellschaft<br />

oder den Beruf eines anderen Spielers.<br />

Ziel aber ist es, herauszufinden wer<br />

einem freundlich gesinnt ist und mit diesen<br />

Verbündeten gemeinsam drei Schlüssel (Orden)<br />

bzw. drei Kelche (Bruderschaft) zu sammeln.<br />

Erst wenn einer der Spieler sicher ist,<br />

wer seine Verbündeten sind und wer die zum<br />

Sieg benötigten Gegenstände besitzt, sollte<br />

dieser laut den Sieg verkünden und seine<br />

Erkenntnisse laut vortragen. Liegt er damit<br />

richtig, so hat seine Gesellschaft das Spiel gewonnen.<br />

Liegt er aber falsch, so gewinnt die<br />

Gegenseite.<br />

Reihum kann nun jeder Spieler eine von<br />

vier Aktion durchführen: Passen, Angreifen,<br />

Tauschen oder den Sieg erklären. Der Angriff<br />

wird ausgeführt indem man seine Charakterkarte<br />

mit der Angriffseite offen auf den Tisch<br />

legt und erklärt, wer das Ziel des Angriffs sein<br />

soll. Der Angegriffene legt nun seine Charakterkarte<br />

mit der Verteidigungsseite nach<br />

oben ebenfalls auf den Tisch. Der Reihe nach<br />

dürfen die anderen Spieler Partei für den Angreifer<br />

oder Verteidiger ergreifen und zeigen<br />

dies ebenfalls durch ihre Charakterkarten an.<br />

Anschließend kann durch bestimmte Gegenstandskarten<br />

oder Berufe das Ergebnis noch<br />

beeinflusst werden. Der Gewinner darf sich<br />

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nun entweder Beruf und Gesellschaft des<br />

Unterlegenen ansehen oder ihm einen Gegenstand<br />

seiner Wahl stehlen. Die unterstützenden<br />

Spieler gehen leer aus.<br />

Beim Tausch bietet man einem Spieler eine<br />

seiner Gegenstandskarten an. Der Tauschpartner<br />

kann nun entweder dem Tausch zustimmen<br />

und eine seiner Gegenstandskarten<br />

im Tausch zurückgeben oder den Tausch ablehnen.<br />

Viele Gegenstandskarten lösen beim<br />

Tausch eine Sonderaktion aus, wie etwa das<br />

Nachziehen eines neuen Gegenstands.<br />

Nach etlichen Runden sollten die Spieler<br />

langsam Wissen darüber erlangen, welcher<br />

Spieler in welcher Gesellschaft ist, und wichtige<br />

Gegenstände gesammelt haben. Das Spiel<br />

kann jederzeit von einem Spieler dadurch beendet<br />

werden, dass er für seine Gesellschaft<br />

den Sieg beansprucht.<br />

Durch die verschiedenen Berufe und Gegenstände<br />

kommen Abwechslung und taktische<br />

Möglichkeiten in das Spiel und durch<br />

geschicktes Ausnutzen der Kartenfähigkeiten<br />

kann man versuchen, die Gegenseite zu<br />

täuschen und den eigenen Mitspielern Hinweise<br />

zu geben.<br />

Die Karten sind hübsch illustriert und von<br />

guter Qualität. Dem Spiel legt neben der<br />

deutschsprachigen auch eine englische Anleitung<br />

bei und auch auf den Spielkarten ist der<br />

Text sowohl auf deutsch als auch auf englisch<br />

abgedruckt. Doch bei aller Schönheit könnte<br />

die Aussagekraft der Karten noch etwas verbessert<br />

werden, zum Beispiel durch größere<br />

Symbole für Angriff oder Verteidigung auf<br />

den Charakterkarten, denn bei großen Spielrunden<br />

hatten einige Spieler Probleme damit<br />

die Symbole zu erkennen.<br />

FAZiT<br />

Die Kutschfahrt zur Teufelsburg von<br />

Michael Palm und Lukas Zach ist ein unterhaltsames<br />

und kniffliges Deduktionsspiel,<br />

das durch seine einfachen Regeln und seine<br />

hübschen Karten – nicht zuletzt aber auch<br />

Wertung<br />

Karten-, Brett- und Rollenspiele bewerten<br />

wir in den drei Kategorien Preis/Leistung<br />

(P/L), Aufmachung (AUF) und Spielspaß<br />

(SSP). Aus diesen Einzelnoten ergibt sich<br />

eine Gesamtwertung, die neben dem Titel<br />

des Spiels im Kasten angezeigt wird. Die<br />

Wertungsskala reicht von einem Punkt<br />

(sehr schlecht) bis sechs Punkte (genial).<br />

Auf unserer Homepage findet Ihr eine<br />

Datenbank mit vielen Rezensionen zu<br />

Brett- und Kartenspielen.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

wegen seines geringen Preises – zu überzeugen<br />

weiß.<br />

Man sollte sich aber im Klaren sein, dass<br />

nicht jeder Spieler Deduktionsspiele mag und<br />

auch wir hatten in unserer Testrunde den einen<br />

oder anderen Spieler, der mit dieser Art<br />

von Spiel nicht viel anfangen kann. Von allen<br />

wurde aber die flexible Spieleranzahl und<br />

auch die englischen Texte gelobt. �<br />

cOLOssEUM<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

99 Tage lang wurde<br />

der Überlieferung<br />

nach die Einweihung<br />

des Amphitheaters<br />

Flavium, auch Colosseum<br />

genannt, gefeiert<br />

und überall in<br />

der Stadt Rom wurde<br />

für die Unterhaltung des Volkes gesorgt.<br />

Im Brettspiel Colosseum des Verlags Days<br />

of Wonder übernehmen die Spieler die Rolle<br />

eines Impresario, der versucht, die meisten<br />

Besucher in die Schaustücke seiner Arena zu<br />

locken, um dafür reich entlohnt zu werden.<br />

Wie von Days of Wonder gewohnt ist die<br />

Ausstattung des Spiels wieder überdurchschnittlich<br />

gut geraten. Das fängt bei den angenehm<br />

schweren Spielfiguren an, geht über<br />

wunderbare Zeichnungen auf allen Spielelementen<br />

und endet bei liebenswerten Details<br />

wie den mit römischen Ziffern beschrifteten<br />

Würfeln. Dabei wurde der praktische Nutzen<br />

aber keinesfalls außer Acht gelassen und das<br />

Spiel bleibt trotz der Fülle an Spielelementen<br />

stets übersichtlich. Dafür sorgen auch die<br />

sinnvollen Regelübersichten, die jeder Spieler<br />

erhält. Colosseum bleibt hier nahe dem<br />

Thema und bietet ein Fest für das Auge.<br />

DIE KUTSCHFAHRT<br />

ZUR TEUFELSBURG 4<br />

Art Kartenspiel<br />

Verlag Adlung Spiele<br />

Sprache Deutsch, Englisch<br />

Dauer ca. 60 Minuten<br />

Spieler 3 – 10 Spieler ab 12 Jahre<br />

Jahr 2007<br />

Preis ca. 8,- Euro<br />

Art Brettspiel<br />

Verlag Days of Wonder<br />

Sprache Deutsch<br />

Dauer ca. 90 Minuten<br />

Spieler 3 – 5 Spieler ab 10 Jahre<br />

Jahr 2007<br />

Preis ca. 30,- Euro<br />

P/L<br />

5<br />

AUF<br />

5<br />

SSP<br />

4<br />

COLOSSEUM 5<br />

P/L<br />

5<br />

AUF<br />

5<br />

SSP<br />

5<br />

Seite 103


Rezensionen<br />

Aufgabe eines jeden Spielers ist es in seine<br />

Arena möglichst viele Zuschauer zu locken.<br />

Anfangs ist die Arena noch klein und besteht<br />

aus nur zwei Teilen, später kann sie bis maximal<br />

auf vier Teile ausgebaut werden. In der<br />

Arena werden Schaustücke aufgeführt, deren<br />

Kosten und Nutzen auf Programmkarten<br />

dargestellt werden. So findet sich hier, wie<br />

viele und welche Art von Spektakelplättchen<br />

für das Schaustück erforderlich sind, wie<br />

groß die Arena für die Aufführung sein muss<br />

und wie viele Zuschauer man damit anlocken<br />

kann. Die Spektakelplättchen zeigen Gladiatoren,<br />

Schauspieler, Priester, Löwen, Pferde,<br />

Streitwagen, Fackeln, Schiffe, Kulissen, Musiker,<br />

Käfige und Dekorationen – eben alles<br />

was man für ein gutes Spektakel so braucht.<br />

Vor Spielbeginn werden jedem Spieler einige<br />

dieser Spektakelplättchen zufällig verteilt,<br />

weitere kommen in Dreiergruppen auf die<br />

fünf Märkte in der Mitte des Spielplans. Außerdem<br />

erhält jeder Spieler zwei Startprogrammkarten<br />

und 30 Münzen.<br />

Das Spiel ist rundenweise aufgebaut, wobei<br />

jede Runde aus fünf Phasen besteht. In<br />

der ersten Phase darf reihum jeder Spieler<br />

eine Investition wagen. Das kann der Ausbau<br />

der eigenen Arena sein oder das Erwerben<br />

einer neuen Programmkarte oder eine Arenaerweiterung<br />

wie Kaiserlogen oder Ehrenränge.<br />

In der zweiten Phase wird reihum auf die<br />

fünf Marktstände und deren Spektakelplättchen<br />

geboten. Die Spielmechanik sorgt dafür,<br />

dass man als Spieler auch komplett leer<br />

ausgehen kann wenn man nicht aufpasst.<br />

Auf der anderen Seite kann aber kein Spieler<br />

mehr als einen Marktstand erwerben.<br />

Anschließend dürfen die Spieler untereinander<br />

mit Spektakelplättchen und Münzen<br />

handeln, um die Voraussetzungen ihrer Programme<br />

zu erfüllen. So kann ein Programm<br />

beispielsweise zwei Gladiatoren, zwei Löwen<br />

und eine Dekoration erfordern.<br />

In der vierten Phase wandern zunächst die<br />

Würdeträger durch die Stadt. Dafür wirft der<br />

aktive Spieler einen Würfel und darf eine der<br />

sechs Figuren entsprechend bewegen. Besonders<br />

günstig ist es, wenn man die Figuren<br />

in die eigene Arena bewegen kann, denn das<br />

zieht zusätzliche Zuschauer an und bringt<br />

Extrapunkte. Mit etwas Glück kann man die<br />

Figur aber auch auf ein Sonderfeld bewegen<br />

und so eine Ehrenmedaille erhalten. Diese<br />

kann für verschiedene kleine Vorteile eingetauscht<br />

werden. Anschließend kann der Spieler<br />

eines seiner Schaustücke aufführen. Er<br />

nimmt dafür die entsprechende Programmkarte<br />

und zeigt den anderen Spielern welche<br />

der benötigten Spektakelplättchen er im Be-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

sitz hat. Für fehlende Plättchen gibt es einen<br />

Zuschauerabzug. Positiv auf die Zuschauerzahlen<br />

hingegen wirken sich Arenaerweiterungen,<br />

bereits früher aufgeführte Schaustücke,<br />

Würdeträger und einige Komponenten<br />

mehr aus.<br />

Leider geht aber immer etwas zu Bruch<br />

bzw. erleidet den grausigen Löwentod. Deshalb<br />

muss nach der Aufführung eines der<br />

verwendeten Spektakelplättchen aus dem<br />

Spiel entfernt werden. Zudem erhält der beste<br />

Spieler (der mit der höchsten Zuschauerzahl)<br />

ein Podium, das künftig für noch mehr<br />

Zuschauer sorgt. Dafür muss er aber eines<br />

seiner Spektakelplättchen an den Spieler mit<br />

der geringsten Zuschauerzahl abgeben (nach<br />

dessen Wahl).<br />

Auf einer Zählleiste am Spielfeldrand wird<br />

der jeweilige Zuschauerrekord des Spielers<br />

vermerkt. Kann er sich in späteren Runden<br />

nicht verbessern, so bleibt der bisherige<br />

Rekord bestehen. Wer am nach Ende der<br />

fünften Spielrunde die höchste Rekordmarke<br />

gesetzt hat gewinnt das Spiel und ist der<br />

einflussreichste Impresario der Stadt.<br />

FAZiT<br />

Colosseum ist ein zunächst sehr komplex<br />

wirkendes Spiel, denn man muss erst einmal<br />

durchblicken, auf welche Arten man die Zuschauerzahlen<br />

erhöhen kann. Ist das gelungen,<br />

so macht es sehr viel Spaß vorausschauend<br />

auf das große Spektakel hinzuplanen,<br />

mit dem man die anderen Spieler wegzufegen<br />

gedenkt. Dank der Würdeträger ist eine<br />

gewisse Glückskomponente vorhanden, die<br />

sich aber positiv in den Spielfluss eingliedert.<br />

Wer taktische Spiele mit einer Zufallskomponente<br />

mag, der findet mit Colosseum ein<br />

ausgesprochen hübsches und spielenswertes<br />

Exemplar. �<br />

bATTLELORE<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

Table-Tops, also<br />

mit Miniaturen nachgespielteSchlachten,<br />

erfreuen sich<br />

nach wie vor einer<br />

großen Beliebtheit<br />

und die Auswahl<br />

ist inzwischen fast<br />

unüberschaubar geworden – besonders für<br />

Spieler, die nur gelegentlich in solche taktischen<br />

Spiele hineinschnuppern. Days of<br />

Wonder bringt nun mit Battlelore ein neues<br />

Tabletop auf den Markt, das sowohl Gelegenheitsspieler<br />

anspricht als auch geübte<br />

Taktiker zufrieden stellen kann.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Der Maßstab wurde dafür gegenüber vielen<br />

anderen Miniaturenspielen deutlich kleiner<br />

gewählt, aber dennoch gibt es reichlich<br />

wunderbar modellierte Figuren. Die Menschen,<br />

Zwerge und Kobolde des Grundspiels<br />

werden nicht direkt auf dem Tisch bewegt,<br />

sondern auf einem großen, mit Hexfeldern<br />

belegten Spielplan. Obwohl das Spiel behauptet<br />

auch für mehr als zwei Spieler geeignet<br />

zu sein ist es doch hauptsächlich ein<br />

Zweipersonenspiel.<br />

Jeder der beiden Spieler stellt wie in einem<br />

der im Spiel enthaltenen oder im Internet<br />

veröffentlichten Szenarien seine Armee auf<br />

einer Seite des Spielplans auf. Meist besteht<br />

eine Einheit aus drei oder vier Figuren gleicher<br />

Art, also zum Beispiel aus drei Schweren<br />

Reitern oder vier Langbogenschützen. Eine<br />

Figur der Einheit wird mit einer Standarte<br />

ausgestattet, die sowohl Typ als auch Spieler<br />

zeigt. Zusätzlich können auf den Spielplan<br />

Geländeplättchen wie Hügel oder Wälder<br />

verteilt werden, die bestimmte Auswirkungen<br />

auf den Kampf haben.<br />

Jeder Spieler erhält so genannte Befehlskarten,<br />

mit denen er Einheiten auf dem<br />

Spielfeld aktivieren darf. Das Feld ist in Mitte,<br />

rechte und linke Flanke unterteilt und die<br />

Befehlskarten erlauben im Normal eine bestimmte<br />

Anzahl an Einheiten in einer der drei<br />

Zonen zu aktivieren. Aktivieren heißt, dass<br />

man die Einheit bewegt und einen Angriff mit<br />

ihr ausführt. Natürlich haben die verschiedenen<br />

Einheiten unterschiedliche Bewegungsreichweiten<br />

und Angriffsstärken.<br />

Das Kampfsystem ist sehr einfach gehalten,<br />

dabei aber für die meisten Ansprüche<br />

völlig ausreichend. Jede Einheit darf mit<br />

einer bestimmten Anzahl an Würfeln versuchen<br />

Symbole der gleichen Farbe zu erzielen,<br />

die der Zieleinheit entspricht. Ein Angriff auf<br />

eine rote Einheit benötigt also rote Symbole<br />

– außer rot existieren noch blaue und grüne<br />

Einheiten. Damit sind drei der sechs Seiten<br />

der Würfel bereits belegt. Auf der vierten<br />

Seite ist der Sonderangriff mit dem manche<br />

Einheiten unabhängig von der Farbe des<br />

Ziels einen Treffer landen, während die fünfte<br />

Seite ein magisches Symbol zeigt, mit dem<br />

BATTLELORE 5<br />

Art Brettspiel<br />

Verlag Days of Wonder<br />

Sprache Deutsch<br />

Dauer 60 – 120 Minuten<br />

Spieler 2 Spieler ab 12 Jahre<br />

Jahr 2007<br />

Preis ca. 60,- Euro<br />

P/L<br />

3<br />

AUF<br />

5<br />

SSP<br />

6<br />

Seite 104


Rezensionen<br />

man besondere Fähigkeiten nutzen kann. Im<br />

Basisspiel haben diese keine Relevanz. Die<br />

sechste Seite zeigt einen Misserfolg an.<br />

Die angegriffene Einheit muss nun so viele<br />

Figuren entfernen, wie Treffer erzielt wurden.<br />

Sind keine Figuren mehr vorhanden, so<br />

ist die Einheit vernichtet.<br />

Interessant wird es, wenn die Kriegsräte<br />

ins Spiel kommen und das Basisspiel erweitern.<br />

Dieser Rat ermöglicht dem Spieler den<br />

Einsatz von speziellen Fähigkeiten, die durch<br />

Karten repräsentiert werden. Dabei darf jeder<br />

Spieler nur eine sehr begrenzte Anzahl<br />

dieser Karten auf der Hand haben. Den Einsatz<br />

der Karten bezahlt man mit Magiesymbolen,<br />

die man zum Beispiel dann erhält,<br />

wenn man das entsprechende Symbol würfelt.<br />

Bei diesen Fähigkeiten handelt es sich<br />

teils um Angriffzauber, teils um Intrigen um<br />

den Gegenspieler in seinen Handlungsmöglichkeiten<br />

einzuschränken und teils um simple<br />

Verbesserungen der eigenen Einheiten.<br />

Abgerundet wird das Spiel durch Spezialeinheiten<br />

wie die im Grundspiel enthaltene<br />

Riesenspinne und einige optionale Regeln.<br />

Im Laufe dieses Jahres sollen weitere Einheiten<br />

und Erweiterungen für Battlelore erscheinen.<br />

Die Qualität der Figuren ist gut, allerdings<br />

waren viele verbogen. Auf der Homepage des<br />

Verlags ist eine Anleitung erhältlich wie man<br />

die Figuren dauerhaft wieder gerade biegen<br />

kann – was bei uns ausgezeichnet funktioniert<br />

hat. Der Umfang ist beeindrucken, die<br />

dicke Schachtel ist prall mit Miniaturen und<br />

Zubehör gefüllt. Die Aufmachung der Karten,<br />

des Zubehörs und der Anleitung ist überaus<br />

gut gelungen und sorgt für eine große Übersichtlichkeit<br />

trotz voller Schlachtfelder. Nur<br />

die Farben blau und grün der Einheiten sind<br />

etwas schwer zu unterscheiden, hier wäre<br />

eine andere Farbgebung besser gewesen.<br />

FAZiT<br />

Geniales, weil einfach zu erlernendes und<br />

schwer zu meisterndes Taktikspiel, das mit<br />

kurzer Spieldauer überzeugt – und das trotz<br />

der hohen Glückskomponente. Dazu die wie<br />

von Days of Wonder gewohnte liebevolle<br />

Ausstattung und eine der besten Anleitungen,<br />

die ich je lesen durfte, und fertig ist eins<br />

meiner neuen Lieblingsspiele. �<br />

pRincE OF THE ciTy<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

Unter mysteriösen Umstände ist der alte<br />

Prinz der Vampirgemeinde ums Unleben gekommen.<br />

Aus den fünf Clans der Stadt bilden<br />

sich schnell Anwärter auf den Thron heraus,<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

welche gegeneinander<br />

antreten, um<br />

der neue Prinz der<br />

Stadt zu werden.<br />

Prince of the City<br />

basiert auf der Welt<br />

der Dunkelheit,<br />

gleichzeitig Hintergrund<br />

und Regelwerks diverser Rollenspiele.<br />

In einer fiktiven Gegenwart wimmelt es von<br />

übernatürlichen Kreaturen wie Werwölfen,<br />

Magiern, Geistern und besagten Vampiren.<br />

Die Kenntnis dieser Welt erleichtert das<br />

Brettspiel ungemein, ist aber nicht wirklich<br />

notwendig um mit ihm seinen Spaß zu haben.<br />

Voraussetzung dafür ist aber, dass man<br />

sich durch die Anleitung des Spiels quält. Diese<br />

dürfte mit Abstand eine der schlechtesten<br />

sein, die mir in den letzten Jahren unter<br />

gekommen ist. Der didaktische Aufbau ist<br />

fürchterlich und auch zum Nachschlagen ist<br />

sie kaum zu gebrauchen. Dabei ist das Spiel<br />

an sich gar nicht so kompliziert. Auf einem<br />

relativ schmucklosen Spielplan ist die Stadt<br />

schematisch abgebildet – Sechsecke stellen<br />

Stadtgebiete dar, aus denen sich Stadtteile<br />

bzw. Einflussbereiche bilden. Beispielweise<br />

ergeben die Gebiete Kirche, Moschee, Friedhof<br />

und Leichenschauhaus den Bereich der<br />

Religion. Die Gebiete verfügen jeweils über<br />

einen Prestigewert von 1 bis maximal 4. Um<br />

die Stadt herum verläuft eine Punkteskala,<br />

zudem findet sich auf dem Plan noch Platz<br />

für den Kartenstapel.<br />

Jeder der drei bis fünf Spieler übernimmt<br />

einen mächtigen Vampir eines der fünf Clans:<br />

Nosferatu, Daeva, Ventrue, Mekhet und<br />

Gangrel. Jeder Vampir besitzt Werte in den<br />

drei Attributen Körper, Geist und Soziales.<br />

Außerdem verfügt jeder über drei Disziplinen,<br />

die ihm bestimmte Vorteile im Spiel<br />

verschaffen. Zuletzt erhält jeder Vampir noch<br />

sechs Vita, welche den Blutvorrat widerspiegelt<br />

und mit der man den Einsatz seiner Disziplinen<br />

bezahlen muss. Ziel des Spieles ist es<br />

möglichst viel Prestige in der Stadt zu gewinnen<br />

– dies geht zum einen indem man Gebiete<br />

der Stadt unter seine Kontrolle bringt und<br />

zum anderen über so genannte Herausforderungen.<br />

Wer am Ende einer vorher festgelegten<br />

Anzahl an Spielrunden (6 für ein ‚kurzes‘<br />

Spiel über etwa 2 Stunden bis hin zu 12 für ein<br />

langes Spiel mit über vier Stunden Spielzeit)<br />

am meisten Prestige gewinnen konnte hat<br />

gewonnen.<br />

Jede Runde beginnt mit der Ressourcenphase,<br />

in der jeder Spieler zwei Aktionen<br />

verwenden kann um neue Karten nachzuziehen,<br />

auf die Jagd zu gehen um Vita zu<br />

regenerieren oder sich aus der Starre zu er-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

heben (dazu später mehr – jetzt nur so viel:<br />

Starre ist doof). Im Kartenstapel finden sich<br />

zum einen nützliche Karten wie Verbündete,<br />

Ausrüstung, Strategiekarten und mehr, die<br />

sich alle zum eigenen Vorteil verwenden lassen,<br />

und zum anderen Ereigniskarten. Liegt<br />

eine Ereigniskarte auf dem Zugstapel (man<br />

erkennt sie deutlich am anderen Kartenrücken),<br />

so wird diese sofort aufgedeckt und<br />

zu den eventuell bereits offen liegenden<br />

Ereigniskarten gelegt. Auf diesen Karten<br />

ist eine Bedrohung zu finden, welche meist<br />

Nachteile für alle Vampire bringt. Aber jeder<br />

Bedrohung besitzt auch einen Typ und einen<br />

Wert – beides zusammen sagt, wie man die<br />

Bedrohung überwinden kann. Ein Ereignis<br />

‚Geistig – 18‘ zum Beispiel kann man beseitigen,<br />

wenn man einen zehnseitigen Würfel<br />

würfelt und dem Ergebnis seinen Wert in<br />

Geistig hinzuaddiert. Kommt man über den<br />

Wert des Ereignisses, so gilt es als gemeistert<br />

und man bekommt eine auf der Karte<br />

abgedruckte Belohung in Form von Prestige-<br />

Markern. Scheitert man aber, so muss man<br />

entsprechend viele Prestige-Marker abgeben.<br />

Glücklicherweise können mehrere Vampire<br />

zusammenarbeiten, um ein Ereignis zu<br />

meistern – allerdings können sich bestimmte<br />

Spieler auch dazu entschließen das Ereignis<br />

zu verstärken.<br />

Nach der Ressourcephase kommt die Bewegungsphase,<br />

in der jeder Spieler seinen<br />

Vampir auf ein beliebiges Feld des Spielplans<br />

stellen darf. Es folgt die Herausforderungsphase,<br />

in der die gerade erklärten Ereignisse<br />

angegangen werden dürfen. Jeder Spieler<br />

darf aber nur eine Herausforderung ausführen<br />

und muss sich entscheiden, ob er damit<br />

auf ein Ereignis zielt oder lieber einen anderen<br />

Spieler zum Opfer macht. Denn einen<br />

anderen Spieler anzugreifen kann ebenfalls<br />

wichtige Vorteile bringen – vom Diebstahl<br />

seiner Karten über Prestige bis zum tödlichen<br />

Angriff. Bei diesem Stichwort erkläre<br />

ich mal kurz die Starre: sollte ein Vampir kein<br />

Vita mehr haben, so verfällt er in einen unangenehmen<br />

Schlaf und muss bis zur nächsten<br />

Ressourcenphase aussetzen. Er dann darf er<br />

wieder ins Spiel – mit nur einem Vitapunkt.<br />

Dies führt dazu, dass der Vampir die nächsten<br />

PRINCE<br />

OF THE CITY 4<br />

Art Brettspiel<br />

Verlag White Wolf<br />

Sprache Englisch<br />

Dauer 120 – 240 Minuten<br />

Spieler 3 – 6 Spieler ab 12 Jahre<br />

Jahr 2006<br />

Preis ca. 35,- Euro<br />

P/L<br />

3<br />

AUF<br />

3<br />

SSP<br />

4<br />

Seite 105


Rezensionen<br />

Ressourcenphasen besser jagen sollte, um<br />

nicht sofort wieder in Starre zu gelangen.<br />

Nun folgt die Einflussphase, in der jeder<br />

Spieler eine bestimmte Anzahl an Einflussmarkern<br />

verwenden darf, um sich die Hoheit<br />

über die Gebiete der Stadt zu sichern. Für jeden<br />

Marker, den er in ein Gebiet legt, erhält<br />

er einen Würfel. Allerdings zählen eventuelle<br />

eigene oder fremde bereits liegende Marker<br />

ebenfalls und auch Boni von umliegenden Gebieten<br />

spielen eine Rolle. Im Endeffekt läuft<br />

es auf einen vergleichenden Würfelwurf zwischen<br />

dem Spieler und seinen Unterstützern<br />

und der Gegenseite hinaus. Beispiel: In einem<br />

Gebiet liegt bereits ein Marker der Gangrel<br />

und zwei der Nosferatu. Damit hat der Nosferatu<br />

die Hoheit. Er hat außerdem als einziger<br />

in den zu diesem Einflussbereich gehörenden<br />

Gebieten weitere fünf Marker liegen. Nun ist<br />

der Daeva an der Reihe und legt in das Gebiet<br />

drei seiner Marker um die Hoheit an sich zu<br />

reißen. Der Gangrel entschließt sich den Daeva<br />

zu unterstützen. Nun darf der Spieler des<br />

Daeva mit vier Würfeln würfeln (3 wegen seiner<br />

drei Marker in dem Gebiet und 1 wegen<br />

des Markers des Gangrel) und muss damit<br />

höher kommen als der Spieler des Nosferatu<br />

mit seinen drei Würfel plus einem Bonus von<br />

5 (drei Marker in dem Gebiet und fünf Marker<br />

in angrenzenden Gebieten). Schafft er dies,<br />

so darf er seine Marker legen, schafft er es<br />

nicht, so sind die Marker verloren.<br />

Wie man sieht verbleiben einmal in einem<br />

Gebiet liegende Einflussmarker in dem Gebiet<br />

und können von Spielern nicht entfernt werden<br />

(außer vielleicht durch spezielle Karten).<br />

Das führt dazu, dass im späteren Spielverlauf<br />

ein heißer Kampf um die Gebiete ausbricht.<br />

Zum Abschluss kommt die Aufräumphase,<br />

in der jeder Spieler die Summe aus seinen<br />

Prestigemarkern und dem Prestige aus seinen<br />

Gebieten zusammenzählt. Außerdem<br />

muss jeder Vampir nun ein Vita ausgeben, um<br />

die nächste Runde zu erleben – wer das nicht<br />

kann verfällt in Starre.<br />

Auch wenn in dieser Rezension nicht alle<br />

Feinheiten des Regelsystems erklärt wurden,<br />

so wird hoffentlich deutlich, dass Prince of<br />

the City ein sehr diplomatisches Spiel ist, bei<br />

dem es hauptsächlich um kurzfristige Allianzen<br />

und die plötzliche Auflösung dieser geht.<br />

Eine Portion Taktik ist ebenfalls erforderlich<br />

wenn es um die richtige Position des eigenen<br />

Vampirs auf dem Plan geht, um einen Bonus<br />

für die Einflussphase zu erhalten und sich gegen<br />

feindliche Herausforderungen in Sicherheit<br />

zu bringen. Und natürlich kann einem<br />

die Glückkomponente des Spiels immer noch<br />

einen Strich durch die Rechnung machen.<br />

Nicht so sehr gefallen haben uns neben<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

der eingangs erwähnten Anleitung einige<br />

Macken in den Spielkomponenten. So sind<br />

die Zahlen auf den Prestigemarkern wirklich<br />

schwer zu lesen, ebenso wie Zahlen auf dem<br />

Spielplan. Obwohl genügend Platz auf dem<br />

Spielplan gewesen wäre, fehlt eine Leiste,<br />

um die Anzahl der verbleibenden Spielrunden<br />

anzuzeigen (man verwendet die Punkteleiste<br />

rückwärts dafür).<br />

FAZiT<br />

Wer Diplomatie und Taktik gerne mag und<br />

nichts dagegen hat, dass eine Prise Glück mit<br />

im Spiel ist bekommt mit Prince of the City<br />

einen guten Vertreter seiner Art, der es einem<br />

nicht ganz einfach macht, ihn zu mögen.<br />

Und um noch einen schlechten Wortwitz zu<br />

bringen: das ist schade, denn das Spiel ist alles<br />

andere als ‚blutleer‘. �<br />

dEscEnT –<br />

JOURnEys inTO<br />

THE dARK<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

Gäbe es irgendwo<br />

einen<br />

Heroquest-<br />

Schrein, so<br />

wäre ich wohl<br />

nicht der einzige Rollenspieler, der einem Besuch<br />

und einer kleinen Opfergabe dort nicht<br />

abgeneigt wäre. Immerhin hat in meiner Jugend<br />

Heroquest Zeit gefressen wie kein anderes<br />

Brettspiel – Risiko eingeschlossen. An<br />

vielen Plagiaten, die im Laufe der Zeit erschienen,<br />

hatte ich nie recht Gefallen gefunden,<br />

einzig Warhammer Quest konnte mich eine<br />

Zeit lang fesseln. Doch nun glimmt ein neuer<br />

Stern am Firmament und seine Anlagen können<br />

sich durchaus sehen lassen: produziert<br />

von Fantasy Flight Games, ausgestattet mit<br />

vielen netten Plastikfiguren, einem neuen<br />

Kampfsystem und dynamisch erstellbarem<br />

Dungeonplänen. Wie hell ist dieser Stern<br />

wirklich?<br />

Bei Descent – Journeys into the Dark (inzwischen<br />

auch auf deutsch beim Heidelberger<br />

Spieleverlag erschienen) handelt es sich<br />

um einen typischen Vertreter der Dungeon-<br />

Crawl Brettspiele. Eine Gruppe von tapferen<br />

Helden zieht in ein düsteres Gewölbe um dort<br />

Aggressionen abzubauen und sich seinen<br />

Lebensunterhalt durch Goldfunde und Gebrauchtartefaktverkäufe<br />

zu sichern. Ein Spieler<br />

übernimmt die Rolle des Evil Overlords<br />

(endlich mal ein Spiel, bei die man genau das<br />

spielen darf!), kontrolliert die Monster, baut<br />

das Dungeon aus lauter Einzelteilen langsam<br />

auf und versucht im allgemeinen den Helden<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

das (Über-)Leben so schwer wie möglich zu<br />

machen. Und gewinnen kann man als Evil<br />

Overlord auch – ist das nicht toll?<br />

Ziel des Spiels ist es für die Helden als<br />

Gruppe zu bestehen und die Aufgabe der<br />

jeweiligen Queste zu erledigen. Eine Queste<br />

ist ein Szenario, in dem festgelegt ist, wie<br />

das Gewölbe aussieht, wo welche Schätze<br />

und Monster liegen und stehen und welches<br />

Ziel die Helden haben – meist gilt es ein besonders<br />

mächtiges Monster zu töten. Das<br />

können die Helden nur schaffen, wenn ihnen<br />

unterwegs nicht ihre Conquest Tokens ausgehen,<br />

von denen sie für bestimmte Erfolge<br />

welche bekommen und für jeden Tod eines<br />

Helden welche abgezogen bekommen. Sollten<br />

den Helden jemals die Conquest Tokens<br />

ausgehen, so gewinnt der Overlord.<br />

Vor Spielbeginn baut der Overlord das<br />

Startgebiet des Dungeons auf, während sich<br />

die anderen Spieler aus zwanzig verschiedenen<br />

Helden ihre Auserwählten suchen. Die<br />

Helden unterscheiden sich zum einen in den<br />

vier Attributen ‚Health‘ (wie viel Schaden<br />

hält man aus?), ‚Fatigue‘ (wie hoch ist die<br />

Ausdauer?), ‚Armor‘ (wie viel Schaden kann<br />

man abwehren?) und ‚Speed‘ (wie weit kann<br />

man pro Runde gehen?) und zum anderen in<br />

den Kampfwerten ‚Nahkampf‘, ‚Fernkampf‘<br />

und ‚Magie‘. Zusätzlich verfügt jeder Held<br />

noch über eine einzigartige Sonderfähigkeit.<br />

Nach der Auswahl werden die Startfertigkeiten<br />

bestimmt. Jeder Held zieht dafür drei<br />

Skill-Karten, auf denen unterschiedliche weitere<br />

Fähigkeiten stehen. Meist verbessern<br />

diese Skills die Kampffertigkeiten, manchmal<br />

aber auch den Speed oder andere Dinge. Mit<br />

dem Startguthaben darf sich jeder Held aus<br />

der Grundausstattung (Dolch, Schwert, Axt,<br />

Lederrüstung, Kettenrüstung, Heiltränke,<br />

Ausdauertränke, Runen, etc.) seine Wunschausrüstung<br />

kaufen. Nun sind die Helden bereit<br />

für das Abenteuer.<br />

Gespielt wird rundenweise – zunächst<br />

die Helden in beliebiger Reihenfolge und<br />

anschließend der Overlord. In den Heldenphasen<br />

entscheidet sich jeder Held für eine<br />

Aktion. Entweder ‚Run‘ (er darf sich so viele<br />

Felder wie der doppelte Speed-Wert weit gehen,<br />

aber dafür nicht angreifen), ‚Battle‘ (er<br />

DESCENT 5<br />

Art Brettspiel<br />

Verlag Fantasy Flight Games<br />

Sprache Englisch<br />

Dauer ab 1 Stunde<br />

Spieler 2 – 5 Spieler ab 12 Jahre<br />

Jahr 2005<br />

Preis ca. 50,- Euro<br />

P/L<br />

3<br />

AUF<br />

5<br />

SSP<br />

6<br />

Seite 106


Rezensionen<br />

darf sich nicht bewegen aber zwei Angriffe<br />

ausführen), ‚Advance‘ (er darf sich so viele<br />

Felder bewegen wie sein Speed-Wert und einen<br />

Angriff ausführen) oder ‚Ready‘ (er darf<br />

sich einfach bewegen oder einmal angreifen<br />

und zusätzlich zu einer der beiden Aktionen<br />

einen Sonderbefehl legen). Sonderbefehle<br />

erlauben Sonderkationen etwa das einmalige<br />

Angriffen in der Overlordphase (‚Guard‘), das<br />

Ausruhen und Heilen (‚Rest‘), das Zielen um<br />

einen Angriff zu verbessern (‚Aim‘) oder das<br />

Ausweichen um einen Angriff des Gegners zu<br />

schwächen (‚Dodge‘).<br />

Sollte es zum Kampf kommen, so stellt der<br />

Held bzw. das Monster erst einmal seinen<br />

Würfelpool aus sechsseitigen Würfeln zusammen.<br />

Bei Monstern ist der eigentlich immer<br />

festgelegt, bei Helden aber nicht: diese dürfen<br />

einen Grundwürfel abhängig von der Art<br />

des Angriffs (Nah-, Magie- oder Fernkampf)<br />

nehmen und abhängig von der Waffe weitere<br />

Würfel. Dazu kommen noch so genannte<br />

Power Dice, die ein wenig zusätzlichen Schaden<br />

oder Reichweite hinzufügen können.<br />

Verstanden? Wie auch, ich bin ja noch nicht<br />

fertig mit der Erklärung…<br />

Jeder Würfel zeigt bestimmte Symbole.<br />

Am einfachsten ist das große ‚X‘, das nur auf<br />

einer Seite der Grundwürfel zu finden ist.<br />

Liegt dieses oben, so ist der gesamte Angriff<br />

fehlgeschlagen, alles weitere ist nicht relevant.<br />

Ist aber kein ‚X‘ zu sehen, so geht es<br />

um die anderen Symbole. Jedes Herz-Symbol<br />

bedeutet, dass der Angriff einen Schadenspunkt<br />

anrichtet. Entsprechend finden sich<br />

viele Herzsymbole auf dem roten Nahkampfwürfel.<br />

Zahlen dagegen bedeuteten, dass<br />

sich die Reichweite des Angriffs um ein die<br />

jeweilige Zahl erhöht. Der blaue Fernkampf-<br />

Würfel hat also viele höhere Zahlenwerte.<br />

Dann gibt es noch Blitz-Symbole (im Spiel<br />

‚Power Surges‘ genannt), die als zusätzliche<br />

Macht des Angriffes interpretiert werden<br />

können. Oft kann man Sonderfähigkeiten eines<br />

Helden oder einer Waffe auslösen, wenn<br />

man eine bestimmte Anzahl an Power Surges<br />

gewürfelt hat. Der weiße Magie-Würfel hat<br />

besonders viele Blitz-Symbole. Die Waffenwürfel<br />

sind entweder gelb (viel Reichweite)<br />

oder grün (viel Schaden) und werden je nach<br />

Waffe dem Würfelpool hinzugefügt. Bleiben<br />

die schwarzen Power Dice, die entweder ein<br />

Blitz-Symbol zeigen oder wahlweise einen<br />

Schaden oder einen Reichweitenpunkt bringen.<br />

Was sich kompliziert anhört ist nach kurzer<br />

Zeit sehr einfach und ermöglicht dennoch<br />

halbwegs abwechslungsreiche Angriffe. Die<br />

Healthpunkte des Gegners werden um die<br />

Anzahl der Schadenspunkte nach Abzug<br />

des Armor-Wertes erleichtert. Sinkt die Zahl<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

dabei auf 0 oder tiefer, so ist der Gegner<br />

tot. Für Monster bedeutet das (meist) das<br />

endgültige Aus, für Helden nur das Ärgernis<br />

länger auf die Rente sparen zu müssen (sie<br />

verlieren die Hälfte ihres Goldes) und einen<br />

langen Fußmarsch (sie fangen frisch geheilt<br />

wieder in der Stadt an, aus der sie sich erneut<br />

in das Gewölbe begeben können). Viele<br />

Monster haben spezielle Fähigkeiten wie<br />

Flächenangriffe, Giftattacken oder Heilfähigkeiten<br />

und als wäre das noch nicht genug um<br />

die Helden zu ärgern gibt es jedes Monster<br />

auch in einer Master-Variante, die stärker ist<br />

als die normale Ausgabe.<br />

Leider ist das anfangs nicht genug um die<br />

Helden wirklich zu ärgern. Gerade mit Heroquest-Veteranen<br />

fehlt nach den Grundregeln<br />

in den ersten mitgelieferten Questen die<br />

Herausforderung für die Helden. Die Monster<br />

haben kaum eine Chance einen Helden zu töten<br />

– und das ist der entscheidende Weg für<br />

den Overlord den Helden Conquest Tokens<br />

abzunehmen. Daran ändert erstmal auch<br />

nichts, dass der Overlord in seiner Runde<br />

zwei Overlord-Karten ziehen darf, die ihm besondere<br />

Kräfte verleihen. Durch das Abwerfen<br />

unerwünschter Karten erhält er Chaos<br />

Tokens, mit denen er den Einsatz erwünschter<br />

Karten bezahlen kann. Tatsächlich sind<br />

diese Karten zum Teil sehr mächtig, können<br />

aber nicht Schritt halten mit dem schnellen<br />

Hochrüsten der Helden durch Schätze und<br />

Gold. Spätere Questen sind dann aber schön<br />

knackig und auch für echte Helden eine Herausforderung<br />

– dabei aber nie unfair. Auch<br />

der Overlord muss sich stets bemühen um<br />

am Ende der Sieger zu sein.<br />

Obwohl das Spiel in den ersten Questen<br />

nicht korrekt ausbalanciert wirkt ist das kein<br />

Beinbruch, dann solche Dungeon Crawls<br />

schreien geradezu nach Hausregeln. Mit<br />

diesen kann man sehr leicht in den Schwierigkeitsgrad<br />

eingreifen. Und nicht zuletzt besteht<br />

auch die Möglichkeit eigene Questen<br />

zu erschaffen, die den Helden das Leben von<br />

Haus aus schwerer machen. Bereits die späteren<br />

Questen des Spiels sind dann endlich<br />

anspruchsvoller und wirken fair aber herausfordernd<br />

für beide Seiten.<br />

Prinzipiell ist die Spielmechanik schon erklärt,<br />

aber die Feinheiten gingen dabei unter.<br />

So kann man dem Spiel nämlich durch die<br />

Würfelfarben und die zur Verfügung stehenden<br />

Aktionen inklusive der Möglichkeit mit<br />

Ausdauer zusätzliche Felder Bewegung zu<br />

kaufen durchaus taktische Qualitäten zusprechen.<br />

Mit der richtigen Taktik können sich<br />

sowohl die Helden als auch der Overlord das<br />

Leben viel einfacher machen. Der Overlord<br />

muss bei jedem Monster überlegt vorgehen<br />

und dessen Vorteile nutzen, damit es nicht zu<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

schnell am Heldenspieß landet. Dann sei die<br />

große Detailsverliebtheit erwähnt, die zum<br />

Beispiel Tierbegleiter (Familiars) für Helden<br />

erlaubt oder außergewöhnliche Waffenarten<br />

mit sich bringt. Auch die Spielfiguren sind von<br />

hoher Qualität und ein Höllendämon sieht<br />

selbst neben dem größten Helden beeindruckend<br />

aus. Überhaupt ist die Ausstattung wie<br />

von Fantasy Flight Games gewohnt sehr gut,<br />

leider aber auch ein wenig von Runebound<br />

recycelt (einige Heldenbilder, etliche Tokens,<br />

etc.). Die Spielschachtel hat die gleichen Dimensionen<br />

wie die von Twilight Imperium<br />

oder World of Warcraft – ist also riesig.<br />

Glänzt der neue Stern jetzt also? Ich finde<br />

ja, er leuchtet hell. Das Spiel ist nicht perfekt,<br />

denn dafür hätte es vom Start weg besser<br />

ausbalanciert sein müssen und es hätten ruhig<br />

mehr Gegenstände und Monster dabei<br />

sein dürfen, so ganz wird der Sammelwahn<br />

(wie in Diablo) der Helden nämlich nicht befriedigt.<br />

Auch ein etwas komplexeres Fähigkeitensystem,<br />

etwa wie bei World of Warcraft<br />

hätte dem Spiel eventuell gut getan,<br />

denn momentan können sich die Helden nur<br />

blind weitere Skill-Karten kaufen. Ein gezieltes<br />

Verbessern ist so kaum möglich. Aber das<br />

Spiel macht definitiv Spaß und weiß, so man<br />

denn Dungeon Crawls mag, sehr gut zu unterhalten.<br />

Zwei Erweiterungen sind bereits<br />

erschienen, die neben neuen Monstern und<br />

Questen auch sinnvolle Regelerweiterungen<br />

mit sich bringen. Und eine dritte Erweiterung<br />

ist auch schon angekündigt.<br />

Für alle Spielefans, die Science Fiction der<br />

Fantasy vorziehen, sei noch erwähnt dass es<br />

auch ein Spiel namens Doom vom gleichen<br />

Verlag mit sehr ähnlichen Regeln gibt. Zwar<br />

ist da die Packung etwas kleiner, dafür ist es<br />

aber auch günstiger zu erwerben und spielt<br />

vor dem Hintergrund des Computerspiels.<br />

Und auch der Support auf der Homepage des<br />

Herstellers ist erwähnenswert, dort gibt es<br />

unter anderem neue Questen und sogar ein<br />

Programm zum Erstellen eigener Questen.<br />

FAZiT<br />

Liebhaber von Helden-töten-Monster-undsammeln-Schätze-Spielen<br />

werden sehr wahrscheinlich<br />

Gefallen an Descent finden – die<br />

gute Ausstattung, die interessante Spielmechanik<br />

und die Erinnerung an alte Heroquest-<br />

Zeiten sorgen dafür. Wer aber den Überhammer<br />

erwartet hat, mit dem Dungeon Crawls<br />

auf eine neue Ebene gehoben werden, der<br />

könnte enttäuscht werden. Aber kann man<br />

Dungeon Crawls wirklich auf eine neue Ebene<br />

heben? Bis die Frage geklärt ist bekommt<br />

mich niemand von Descent weg! �<br />

Seite 107


Rezensionen<br />

sTARcRAFT<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

Obwohl das StrategiespielStarcraft<br />

von Blizzard<br />

inzwischen zehn<br />

Jahre auf dem Buckel hat, gilt es immer noch<br />

als extrem beliebtes Clanspiel. 2007 wurde<br />

der Nachfolger des Computerspiels angekündigt.<br />

Da lag es nahe, dass Fantasy Flight Games,<br />

die sich schon mit den sehr guten Brettspielumsetzungen<br />

zu Warcraft und World<br />

of Warcraft einen Namen gemacht haben,<br />

sich an die Weltraumsaga macht.<br />

Wie schon bei Twilight Imperium und<br />

World of Warcraft ist die Packung von<br />

Starcraft riesig und schwer. Allein 180 bunte<br />

Plastikfiguren finden sich im Inneren, dazu<br />

tonnenweise weiteres Material. Nahezu alle<br />

Komponenten sind in der gewohnt guten<br />

Qualität von Fantasy Flight Games, jedoch<br />

die Figuren wirken nicht ganz so hochwertig<br />

wie in anderen Spielen der Firma. So waren<br />

bei unserem Exemplar bereits einige kleine<br />

Teile abgebrochen.<br />

Dafür ist die Anleitung mehr als gut gelungen<br />

und vermittelt die teils komplexen Zusammenhänge<br />

der Spielmechanik sehr gut.<br />

Zwei bis sechs Spieler können Starcraft<br />

spielen – wobei sich Partien mit vier bis sechs<br />

Spielern am besten spielen. Zur Auswahl<br />

stehen jeweils zwei Fraktionen jeder der<br />

drei Rassen: Terraner (Menschen), Protoss<br />

und Zerg. Kenner der Computerspielvorlage<br />

wissen bereits, dass die Terraner flexible Einheiten<br />

bieten, die biologischen Zerg Massen<br />

von Einheiten produzieren können und die<br />

technisierten Protoss teure, aber effiziente<br />

Einheiten bieten. Das Spiel ist entweder im<br />

Team oder jeder gegen jeden möglich.<br />

Nun wird der Spielplan gebaut, wozu jeder<br />

Spieler zwei Planetenscheiben bekommen,<br />

auf denen Gebiete eingezeichnet sind,<br />

die entweder Rohstoffe (Gas oder Kristalle)<br />

liefern oder Siegpunkte einbringen. Reihum<br />

legen die Spieler ihre Planeten, verbinden<br />

diese mit Navigationsrouten (über welche<br />

später von einem Planeten zum anderen gereist<br />

werden kann) und platzieren ihre Basis<br />

mit den Starteinheiten. Jeder Spieler hat zudem<br />

einen großen rassenspezifisches Übersichtsplan<br />

vor sich liegen, auf dem ein Teil<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

der Verwaltung im Spiel abgewickelt wird,<br />

und ein eigenes Deck mit Kampfkarten.<br />

Gewonnen hat, wer eine bestimmte Anzahl<br />

an Siegpunkten sammeln konnte, indem<br />

er entsprechende Gebiete kontrollierte, oder<br />

wer seine spezielle Siegbedingung erfüllen<br />

konnte.<br />

Das Spiel an sich findet nun rundenweise<br />

statt und besteht aus einer Mischung aus<br />

Rohstoffsammeln (für den Bau von Erweiterungen<br />

und Einheiten), Einheitenverwaltung<br />

(welche Einheiten wann kaufen), Taktik (Erforschen<br />

von Technologien um zusätzliche<br />

Kampfkarten zu erhalten) und dem eigentlichen<br />

Kämpfen. Dabei ist Starcraft ein sehr<br />

offensives Spiel, das dem Angreifer stets<br />

gewisse Vorteile einräumt. Dafür wogen einzelne<br />

Schlachten öfter hin und her und der<br />

Verlust einer Schlacht bedeutet nicht sofort<br />

das Ende.<br />

In der Schlacht werden die Einheiten des<br />

Angreifers und des Verteidigers zur Seite genommen<br />

und vom Aggressor zu Paaren aufgestellt.<br />

Überzählige Einheiten werden als<br />

Unterstützung an solche Paare gestellt. Nun<br />

muss jeder Spieler ein bis zwei Kampfkarten<br />

pro Paarung spielen, die (modifiziert durch<br />

die Art der Einheiten und die Unterstützungseinheiten)<br />

einen Kampfwert ergeben. Dieser<br />

entscheidet den Ausgang der Schlacht.<br />

Anfangs stehen nur Basiskarten zur Verfügung,<br />

aber durch den Ausbau der eigenen Basis<br />

und das Erforschen weiterer Technologien<br />

können weitere Kampfkarten aufgenommen<br />

werden, was die Stärke und die taktischen<br />

Möglichkeiten erhöht und die Glückskomponente<br />

reduziert.<br />

FAZiT<br />

Kevin Wilson, der bereits Doom und Descent<br />

geschaffen hat, wollte in Starcraft<br />

sowohl der Vorlage mit ihren drei völlig verschiedenen<br />

Völkern gerecht werden, als auch<br />

ein spannendes und wenig glücksbasiertes<br />

Strategiespiel schaffen. Dazu verzichtet er<br />

auf den Einsatz von Würfeln und macht die<br />

Glückskomponente beim Nachziehen von<br />

Karten vom Ausbau der Basis des Spielers<br />

abhängig. Herausgekommen ist ein sehr gelungenes<br />

großes Brettspiel, das unterschiedliche<br />

Strategien erlaubt und sich immer wieder<br />

anders spielt. �<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

JUnTA<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

Wenn ein Spiel<br />

schon seit Jahren<br />

nicht mehr produziert<br />

wird und<br />

trotz seines Alters<br />

noch Traumpreise<br />

bei eBay & Co. erzielt, dann ist das ein erstes<br />

Zeichen auf einen Klassiker. Wenn dieses<br />

Spiel dann auch noch unter vielen Spielefans<br />

absoluten Kultstatus genießt und als nahezu<br />

perfekt ausbalanciert gilt, dann sollte man<br />

als Verlag sehr vorsichtig an eine Neuauflage<br />

herangehen. Vielleicht ist das der Grund,<br />

warum wir so lange darauf warten mussten,<br />

Junta wieder in den Regalen der Spielwarenhändler<br />

zu sehen. Und um es gleich zu sagen:<br />

Pegasus hat nur dezente Korrekturen durchgeführt<br />

und eine ausgezeichnete Arbeit gemacht.<br />

Die zwei bis sieben Spieler (je mehr desto<br />

lustiger, aber auch länger das Spiel) übernehmen<br />

die Rollen von Mitglieder einflussreicher<br />

Familien in einer Bananenrepublik. Natürlich<br />

ist das Ziel, Macht zu gewinnen, aber nur, um<br />

möglichst viel Geld auf das eigene Schweizer<br />

Nummernkonto zu transferieren. Am besten<br />

lässt sich dies offensichtlich als Präsident des<br />

Landes tun, denn dann kann man die schöne<br />

Entwicklungshilfe direkt auf das eigene Konto<br />

umleiten.<br />

STARCRAFT 5<br />

Art Brettspiel<br />

Verlag Fantasy Flight Games<br />

Sprache Englisch<br />

Dauer ab 2 Stunden<br />

Spieler 2 – 6 Spieler ab 12 Jahre<br />

Jahr 2007<br />

Preis ca. 50,- Euro<br />

P/L<br />

4<br />

AUF<br />

5<br />

SSP<br />

5<br />

JUNTA 5<br />

Art Brettspiel<br />

Verlag Pegasus<br />

Sprache Deutsch<br />

Dauer ab 2 Stunden<br />

Spieler 2 – 7 Spieler ab 16 Jahre<br />

Jahr 2007<br />

Preis ca. 30,- Euro<br />

P/L<br />

4<br />

AUF<br />

4<br />

SSP<br />

5<br />

Seite 108


Rezensionen<br />

Doch ganz so einfach ist das nicht, denn<br />

die anderen Spieler wollen ja auch ihren Anteil<br />

und nur einer kann Präsident sein. Dieser<br />

muss also die anderen mit Ämtern und Bestechungsgeldern<br />

milde stimmen, denn sonst<br />

kommt es schnell zu einem Putsch – der je<br />

nach Ausgang entweder in einem neuen Präsidenten<br />

endet oder in der Erschießung der<br />

Aufständischen.<br />

Ihr merkt schon, Junta ist ein satirisches<br />

und rabenschwarzes Spiel, das nicht umsonst<br />

ab 16 Jahren empfohlen wird.<br />

Das Spiel ist in zwei Teile unterteilt: einem<br />

Kartenspielteil und einem Taktikspiel. Diese<br />

beiden Ebenen sind geschickt miteinander<br />

verzahnt und ergeben so eine wahre Fülle<br />

von Handlungsmöglichkeiten – vor allem<br />

aber die Möglichkeit Bündnisse zu schließen,<br />

zu brechen und anderen in den Rücken zu fallen.<br />

Während eines Putsches beispielsweise,<br />

bei dem mit Pappcountern auf dem Spielplan<br />

ein Kampf ausgetragen wird, können die<br />

Spieler (fast) beliebig die Seiten wechseln.<br />

Wer das Ganze nur als Spiel sieht, der wird<br />

damit einen großen Spaß haben. Wer aber<br />

solche Spiele nicht gerne spielt, der sei vor<br />

Junta gewarnt. Keinesfalls sollte man das<br />

Spiel mit Spielern spielen, die schnell beleidigt<br />

oder eingeschnappt sind.<br />

Die Aufmachung des Spiels ist leider etwas<br />

durchwachsen. Auf der einen Seite der schöne<br />

aber überladene Spielplan und die wirklich<br />

gelungenen Illustrationen auf den Karten,<br />

auf der anderen Seite veraltet wirkende<br />

Pappcounter und eine Anleitung, an der die<br />

letzten zwanzig Jahre Erfahrung im Schreiben<br />

von Erklärungstexten spurlos vorbei<br />

gegangen sind. Die Pappcounter kann man<br />

noch als Retro und Hommage an die alte Version<br />

verstehen, die Anleitung leider nicht.<br />

Ich versuche mal, den Spielablauf zusammenzufassen<br />

– allerdings nur oberflächlich,<br />

denn die vollen Regeln sind dafür zu komplex.<br />

Zunächst wird von den Spielern ein<br />

Präsident gewählt. Dieser darf nun verdeckt<br />

acht Geldscheine vom Entwicklungshilfestapel<br />

ziehen. Da die Scheine jeweils einen Wert<br />

von 1.000 bis 3.000 Dollar haben, liegt der<br />

Etat also zwischen 8.000 und 24.000 Dollar.<br />

Der Präsident schlägt nun einen Haushalt<br />

vor, das heißt er verteilt Geld an die anderen<br />

Spieler. Sind diese mit der Verteilung einverstanden,<br />

so wechselt das versprochene Geld<br />

den Besitzer und das Spiel geht weiter. Ansonsten<br />

kann es zu einem Putsch kommen.<br />

Nun bestimmt jeder Spieler, wo sein Aufenthaltsort<br />

diese Runde sein soll. Das kann zum<br />

Beispiel im Nachtclub oder bei der Freundin<br />

sein, aber auch Zuhause, im Hauptquartier<br />

oder in der Bank. Nur in letzterer kann Geld<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

auf das Schweizer Konto überwiesen werden,<br />

so dass jeder Spieler irgendwann einmal<br />

einen Besuch in der Bank machen muss.<br />

Es folgt die Attentatsrunde, in der jeder<br />

Spieler einen Mordanschlag auf einen anderen<br />

Spieler ausführen kann. Dazu muss man<br />

entsprechende Karten auf der Hand haben<br />

und den Aufenthaltsort des Opfers richtig<br />

raten.<br />

Schließlich folgt die Putschrunde, in der –<br />

sollte es zu einem Umsturzversuch kommen<br />

– Einheiten von den Spielern auf dem Spielplan<br />

bewegt werden, um vier wichtige Orte<br />

einzunehmen. Wer am Ende des Putsches<br />

die meisten dieser Orte besetzt hält gilt als<br />

Sieger. Dabei können die Spieler auch noch<br />

im letzten Moment die Seite wechseln und<br />

so für einen völlig unerwarteten Ausgang<br />

sorgen. Zudem ist es möglich, sich in eine<br />

der Botschaften zu flüchten, um dort vor<br />

eventuellen Erschießungen in Sicherheit zu<br />

sein. Gewinnt die Präsidentenseite, so wird<br />

der Anführer der Rebellen erschossen und<br />

das Leben in der Bananenrepublik geht seinen<br />

gewohnten Weg. Anderenfalls muss der<br />

Präsident sterben und es finden Neuwahlen<br />

statt.<br />

Da es in Junta um Geld geht, darf der Mörder<br />

eines anderen Spielers dessen Geld an<br />

sich nehmen – was besonders lukrativ ist,<br />

wenn dieser noch nicht in der Bank war. Andererseits<br />

muss man nun selber irgendwann<br />

in die Bank und ist dort leichtes Ziel für Attentate.<br />

FAZiT<br />

Wer längere Diplomatiespiele mit einer<br />

Spur Taktik mag, der findet mit Junta eines<br />

der besten Exemplare auf dem Markt. Das<br />

Spiel ist so böse, dass man es sofort als Satire<br />

erkennt und anschließend ungestört seinen<br />

Spaß damit haben kann. �<br />

cOdEx URbAnis<br />

TEXT: INGO SCHULZE<br />

www.lorp.de<br />

Als Hardcover präsentiert<br />

Feder & Schwert<br />

den Codex Urbanis,<br />

der trotz seiner 168<br />

Seiten ungewöhnlich<br />

dünn wirkt. Inhaltlich<br />

ist es ein Quellenbuch<br />

zu Städten allgemein in<br />

der Engelwelt, wirft einen<br />

Blick auf ausgewählte Ketzerstädte und<br />

stellt die drei Organisationen Urbanis-Liga,<br />

Neue Hanse und Nordbund vor. Entgegen<br />

den bisherigen Quellenbänden ein ziemlicher<br />

Themenmix.<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

„Leben in den Städten“ zeichnet ein Bild<br />

vom Leben und Überleben in der Stadt,<br />

Gemeinsamkeiten und Unterschiede in Kirchen-,<br />

freien und Ketzerstädten. Die Städte<br />

unterliegen den verschiedensten Herrschaftsformen.<br />

So sind es in Split die besten<br />

Wissenschaftler der Universität, die sich<br />

durch Prüfungen – auch kirchlich geprägt –<br />

beweisen müssen, anderenorts wie in Stanbul<br />

reagieren die Kinder und Jugendlichen<br />

und in Östersund sind nur Frauen berechtigt<br />

Bürgermeisterin zu werden. Das Manna der<br />

Kirche tritt als Zahlungsmittel immer mehr zurück,<br />

denn es wird mehr und mehr gehortet<br />

und aufgrund des hohen Wertes, ist es längst<br />

nicht mehr das Zahlungsmittel des einfachen<br />

Mannes. Seltene Feuerechsen, verwesendes<br />

Papier, Reis oder eigenes Papiergeld sind die<br />

Beispiele, die der Codex vorstellt. Aber auch<br />

Zünfte, das Arbeitsleben, Kleidung, Körperpflege,<br />

Bildung, Gastronomie, Stände, Transport<br />

und Kommunikation finden hier in einigen<br />

Beispielen ihre Vorstellung.<br />

Unzählige Beispiele aus unzähligen Städten<br />

zu den verschiedensten Themen füllen<br />

das Kapitel, so dass es insgesamt sehr zerhackstückelt<br />

und wenig konsistent wirkt.<br />

Zwar sind einige nette Ideen dabei, die einen<br />

vielleicht helfen, seine Stadt für die Engelwelt<br />

auszuarbeiten, vieles ist aber auch<br />

Stückwerk ohne Nutzen.<br />

„Urbanis-Liga, Neue Hanse und Nordbund“<br />

stellt die drei Organisation vor. Die<br />

Urbanis-Liga als mächtiges Städtebündnis<br />

und wohl gefährlichster Gegner der Kirche.<br />

Jede der größeren Mitgliedsstädte bekommt<br />

eine Kurzvorstellung, auch der Intime-Codex<br />

Urbanis sowie die Geschichte der Liga werden<br />

dann ausführlich präsentiert. Schließlich<br />

geht es um die aktuellen Themen, welche die<br />

Liga beschäftigen: Luxburg soll in die Liga<br />

integriert werden, obwohl es noch seine Kirchenabgabe<br />

zahlt, ein Augenmerk liegt auf<br />

der Eroberung Britanniens, den dadurch gebundenen<br />

Machtmitteln und die angewandten<br />

Taktiken, die Kontakte zum Nordbund<br />

und die Sicht auf den Rest der Welt. Die Neue<br />

Hanse ist ein Wirtschaftsbund, der im Kern<br />

aus drei Städten besteht, mittlerweile aber<br />

Kontore in allen wichtigen und unwichtigen<br />

CODEX URBANIS 4<br />

Art Quellenband<br />

(Hardcover)<br />

Verlag Feder & Schwert<br />

Sprache Deutsch<br />

System Engel<br />

Jahr 2007<br />

Preis ca. 30,- Euro<br />

P/L<br />

4<br />

AUF<br />

5<br />

SSP<br />

4<br />

Seite 109


Rezensionen<br />

Handelszentren Europas besitzt. Da sie ausschließlich<br />

auf wirtschaftlichen Einfluss, nicht<br />

auf politische Macht setzt, wird die Hanse<br />

mit ihren riesigen stählernen Holgs sowohl in<br />

kirchlichen Gebieten akzeptiert ebenso wie in<br />

den Gebieten und Städten, welche die Kirche<br />

Ketzer nennt. Die Ausführungen zum Nordbund<br />

sind dann auf drei Seiten zusammengefasst.<br />

Zur Zeit der Ragueliten lies sich im<br />

Norden gut leben, vorausgesetzt man wollte<br />

seine Ruhe haben. Die Ragueliten kümmerten<br />

sich nur wenig um die Probleme und Sorgen<br />

ihrer Schutzbefohlenen. Unter den Ramieliten<br />

hingegen ist alles überreguliert und<br />

schnell fanden sich Widerstandsgruppen zusammen.<br />

Und während der Südbund in Oslo<br />

geschlagen wurde, hält der Nordbund sein<br />

Gebiet in Guerilla-Manier.<br />

Während der Nordbund nur eine kurze<br />

Beschreibung abbekommt, liegt der Fokus<br />

doch auf der Urbanis-Liga. Zwar wird sie gut<br />

beschrieben, aber es fallen nur wenig Spielinformationen<br />

oder gar Plothooks ab, die man<br />

sofort umsetzen möchte.<br />

Das dritte Kapitel stellt „Musterstädte der<br />

Liga“ vor. Essen, ebenso wie Nürnberg überbevölkert,<br />

lebt es wie einst von der Stahlproduktion,<br />

und hat keine Hemmungen, Kohle<br />

und anderes aus Met-Nancy zu verkaufen.<br />

Die Doppelstadt selbst, die als nächstes vorgestellt<br />

wird, ist an den Kult der Maschine gefallen<br />

und vielleicht die fremdartigste Stadt<br />

in dem Band. Die ganze Stadt ist mit einem<br />

Stacheldrahtnetz verhängt, aus denen nur<br />

Aussichtstürme lucken, während die Mauern<br />

zu Schrottwällen mit dicken Kanonen erweitert<br />

wurden und der Kult im Inneren ein eisernes<br />

Regiment führt. Moskau ist die Trutzburg<br />

am Brandland, der Rückzugsort für die<br />

Arbeiter auf den Erdölfeldern und der dritte<br />

Standort für Schwerindustrie. Nach dem Verrat<br />

der Kirche um das Brandlandgefährt Exodus<br />

ist die Bande zur Kirche geschwächt und<br />

das Bündnis mit der Liga stärker gewachsen.<br />

Wien präsentiert sich als geheime Hauptstadt<br />

der Liga unter Lena. Wien liegt dabei<br />

eingegraben unter der alten Stadt, die Reichen<br />

wohnen oben in den Kellern, die Armen<br />

im Dutzend unten in den Kanälen. Budapest<br />

ist mittlerweile Wiens Schild gen Osten und<br />

zugleich sein Tor zum Binnenmeer.<br />

Aus meiner Sicht das beste Kapitel und<br />

zugleich das Kapitel mit dem meisten anwendbaren<br />

Spielinformationen. Die Städte<br />

werden im Detail lebendig, auch wenn es<br />

einige Merkwürdigkeiten gibt. Wiens Ärmste<br />

hausen in den dreckigen, stinkigen, teils<br />

traumsaatverseuchten Kanälen, während die<br />

Vorstädte als leer beschrieben werden. Klar<br />

ist das Gebiet auch nicht ungefährlich, aber<br />

das nicht wenigstens ein paar dieses Schick-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

sal vorziehen? Zu jeder Stadt gibt es zwei<br />

Intimeberichte, die auch graphisch so aufgemacht<br />

sind. Einer von Frau Theoderus für die<br />

Kirchensicht und eine vom Hanse-Mercators<br />

Stormbranders. Ein Kritikpunkt des Kapitels<br />

ist allerdings, dass mit Cordoba und Real<br />

zwei der wichtigsten, mächtigsten und schillerndsten<br />

Städte der Liga fehlen.<br />

Gut gelungen sind auch die „Urbane Legenden“,<br />

welches reichlich Traumsaatkreaturen<br />

vorstellt, während „Dramatis personae“<br />

NSC vorstellt. Erstere werden intime vorgestellt,<br />

daher als Bericht eines Schreibers, der<br />

für die Stadt Zurik die Besprechungen des<br />

ersten Konvents wider dem Schrecken der<br />

Traumsaat in Stanbul protokolliert. Bei den<br />

NSC ist es eine bunte Mischung aus großen<br />

Herrschern und kleinen Fischen, wobei hier<br />

die d20-Werte gleich beistehen. Einige haben<br />

nette Plothooks, andere können als Begegnungs-NSC<br />

oder schnelle Opposition dienen.<br />

Im Appendix findet man schließlich die d20-<br />

Werte für Städterklassen (Gelehrter, Würdenträger,<br />

Tierbändiger), Prestigeklassen<br />

(Scharfschütze, Leibwächter) sowie die zuvor<br />

beschriebene Traumsaat. Den Abschluß<br />

bildet ein zweiseitiger Charakterbogen für<br />

Städter.<br />

Vom Layout her ist das Werk engeltypisch<br />

gelungen, das Außenlayout in Gold, innen<br />

reichlich stimmungsvolle schwarz-weiße<br />

Tusche oder bei den Traumsaatkreaturen<br />

Konturzeichnungen. Die Kapitel sind mit Introitus<br />

getrennt, überwiegend stimmungsvollen,<br />

zweiseitigen Kurzgeschichten, die in die<br />

Kapitel einführen.<br />

FAZiT<br />

Der Codex Urbanis kann nicht an die Qualität<br />

von Mater Ecclesia oder De bello britannico<br />

anschließen, dazu wirkt es zu sehr gestückelt<br />

und erzählt zwar viel, aber nur einiges<br />

spielrelevantes. Trotzdem bietet es viele<br />

wertvolle Informationen über die Urbanis-<br />

Liga und wer in einer der vier Städte spielen<br />

will oder die Liga eine wichtige Rolle in seiner<br />

Kampagne spielt, kommt um diesen Band<br />

nicht drumrum. �<br />

ERdEnsTERn<br />

inTO THE dARK<br />

TEXT: INGO SCHULZE<br />

www.greifenklaue.de<br />

Mittlerweile zum vierten Mal legt Erdenstern<br />

einen Soundtrack für Rollenspiele<br />

vor. Und nach den Farben grün, rot und blau<br />

ist es jetzt Into the Dark geworden und öffnet<br />

sich so neuen Genres – wie schon der<br />

„Cthulhu geeignet“-Aufkleber sowie ein Fly-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

er im Inneren deutlich<br />

macht. Natürlich<br />

werden aber auch<br />

Fantasy-Freunde in<br />

ihren dunklen Momenten<br />

sowie Jetztzeit-Horrorfreunde<br />

angesprochen.<br />

Konzeptionell fußt diese CD auf vier Standbeinen<br />

„The Creeps“, „Horror“, „Confrontation“<br />

und „Psychosis“ – wie man es auch<br />

auf dem Musikworkshop auf der Nordcon<br />

darlegte.<br />

„The creeps“ steht für die Wendepunkte in<br />

der Story. Eben war noch alles normal, doch<br />

dann plötzlich merkt man, dass man im falschen<br />

Film ist. Der Song „Into the Dark“ ist<br />

z.B. der Abschied vom Tageslicht und wer<br />

erinnert sich nicht an From Dusk till dawn,<br />

als die Sonne unterging… „Lost“ vermittelt<br />

mit seinem Klavierspiel die Atmosphäre eines<br />

verlorenen Ortes, vielleicht auch etwas<br />

in der Zeit verrückt. Gerade fuhr man noch<br />

mit seinem schicken, nagelneuen Benz über<br />

die frisch asphaltierte Straße, nun muss man<br />

im alten viktorianischen Herrenhaus um Hilfe<br />

bitten… „The Cursed“ ist ein ruhiges Stück<br />

– vielleicht zu ruhig? Ab und an schillert ein<br />

leiser Mißton aus der Masse hervor und läßt<br />

leichte Unbehagen aufkommen. „Haunted“<br />

ist ähnlich ruhig, aber schwillt dann im Lied<br />

zu einer spannungsgeladenen Szene an und<br />

steht genau für diesen Moment, wo sich die<br />

Handlung dreht. Da, wo man die Fangzähne<br />

im Mund der alten, harmlosen Oma erkennt<br />

und merkt, dass da definitiv nicht nur Süßstoff<br />

im Tee war… Mit „Dungeons“ bekommen<br />

auch die dunklen Orte des Fantasy-Rollenspiels<br />

ihren Track gewidmet, langsam und<br />

endlos, doch dann kommt da wieder eine<br />

Ecke. Genau die richtige Unterlegung zum<br />

Dungeneering, wenn Ungewißheit herrscht,<br />

was vor einem ist. „Staggering home“ ist der<br />

Abschlußtrack dieser Erdenstern-CD und läßt<br />

die Spieler und Charaktere Freude empfinden,<br />

dass man es überlebt hat, gleichzeitig<br />

erinnert eine melancholische Melodie auch<br />

daran, dass es nicht ohne Verluste war. Traditionell<br />

gibt es hier den einzigen echten Gesang<br />

als Ausklang der CD, diesmal bewußt<br />

traurig und düster.<br />

INTO THE DARK 5<br />

Art Rollenspielmusik<br />

Verlag Erdenstern<br />

Sprache Deutsch/Englisch<br />

Jahr 2007<br />

Preis ca. 15,- Euro<br />

RT<br />

5 PG<br />

4<br />

Seite 110


Rezensionen<br />

Wertung<br />

Musik bewerten wir in den Kategorien<br />

Rollenspieltauglichkeit (RT) und persönlicher<br />

Geschmack (PG). Aus diesen Einzelnoten<br />

ergibt sich die Gesamtwertung,<br />

die neben dem Titel im Wertungskasten<br />

angezeigt wird. Die Wertungsskala reicht<br />

von einem Punkt (sehr schlecht) bis sechs<br />

Punkte (genial).<br />

„Horror“ ist dann wesentlich deutlicher<br />

– von vorneherein ist klar, dass etwas bedrohliches<br />

passiert. Die ganze beklemmende<br />

Stimmung geht auf den Hörer über – hier will<br />

er nicht lange bleiben. „Evil Overlord“ macht<br />

gleich klar, dass man nicht nur all seine Kraft<br />

braucht, um den Gegner zu überwinden,<br />

sondern alle List und Tücke – und eine gute<br />

Portion Mut! „Intruder“ führt phantastischverspielt<br />

ein, bis plötzlich dunkle Töne aufkommen<br />

– und sofort weiß, dass man durch<br />

die falsche Tür gegangen ist. Und von der Atmosphäre<br />

der Gefahr steigert sich das Stück<br />

durch monotone, anschwillende Töne in ein<br />

Horrorkabinett, nur um zum Schluß friedlich<br />

abzuschwellen – kurzum, eine echte Achterbahnfahrt<br />

der Eindrücke! „Knives, Blood, And<br />

Searing Pain“ ist die akustische Inkarnation<br />

eines bösen Ortes: bedrohliches Anschwillen,<br />

tiefe Töne, schräge Geigen, nein, hier<br />

will man weg. „Shadows“ geht sofort nach<br />

Beginn ein paar Oktaven tiefer und dann<br />

schwillt weiblicher Gesang an – vielleicht<br />

Trauergesang, das letzte was diese Wesen<br />

gehört haben? Kann mir gut bei diesem Track<br />

vorstellen, wie die Helden alle Ecken und<br />

Wände des Raums durchsuchen, während<br />

sich in der Mitte die aufgebahrte Leiche ihres<br />

Kameraden unbemerkt erhebt… Bei „Hordes<br />

of the undead“ ist es dann die Masse der<br />

Zombies, Ghule oder Skelette, die pures Entsetzen<br />

in einen hervorruft… Aber hier findet<br />

sich auch ein heroischer Unterton, der immer<br />

dominanter wird, vielleicht der Kleriker, der<br />

mit der letzten Fackel der Gruppe die Horden<br />

auseinanderdrängt!<br />

Der „Confrontation“-Part geht das ganze<br />

etwas actionorientierter, direkter an. Hier<br />

steht man der Untotenarmee oder gar dem<br />

Erzdämon Aug‘ in Aug‘ gegenüber – und hat<br />

ne Chance. Während man bei „Starting the<br />

hunt“ noch unverdrossen loszieht, ist bei<br />

„Just kill it!“ klar, dass das eigene Leben auf<br />

dem Spiel steht. Und sollte man es verloren<br />

haben, findet zumindest ein letzter „Requiem“<br />

statt. „Wild rage“ treibt den Spieler vor<br />

sich her und ist der ideale Track, wenn die<br />

Handlung auf einen Kampf zutreibt oder man<br />

auf der Flucht vor einer Horde blutlefzender<br />

Wildhundzombies in dunklen Tunneln ist…<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

„Flesh and bones“ treibt ähnlich wie der vorgenannte,<br />

wenn auch die Atmosphäre nicht<br />

ganz so düster ist. Vielleicht sieht man ja<br />

Licht am Ende des Tunnels?<br />

„Psychosis“ ist der Platz für den subtilen,<br />

unterschwelligen Horror, der womöglich nur<br />

im Geist stattfindet. Die Taverne „The slaughtered<br />

Pony“ ist kein guter Platz zur Einkehr<br />

– womöglich auch nur noch die Ruine einer<br />

Taverne, von der man nicht weiß, was die<br />

Nacht bringen wird. Der „Circus“ war schon<br />

immer ein merkwürdiger Ort. Aber auch die<br />

klischeehafte Unschuld, das kleine Mädchen<br />

oder der Geist der Frau in weiß, bekommen<br />

in „Innocence“ ihr Thema. „The ritual“ oder<br />

„Lady of the dark“ ergänzen die Tracks mit<br />

Situationen und Personen, die für Horror und<br />

Dark Fantasy typisch sind. „Traitor“ greift eines<br />

der Motive der Into the red auf, drängt<br />

diese dann aber ins Ungewisse – die Selbstbeschreibung<br />

„Zwielicht wird gesäht“ trifft<br />

es sehr gut!<br />

Das Konzept geht durchaus auf, auch wenn<br />

die CD nicht wie ihre Vorgänger als lockere<br />

Hintergrundmusik taugt, die nacheinander<br />

weg gehört werden konnte – obwohl es auch<br />

dort schon besser war, gezielt auszuwählen.<br />

War es früher Kür, ist es bei Into the Dark im<br />

Prinzip Pflicht, da sich die CD-Stimmung oft<br />

von normal auf merkwürdig auf spannungsgeladen<br />

auf horroresk ändert. Ein Track wie<br />

„Circus“ passt definitiv nicht in jede Situation<br />

und man sollte eben mehr darauf achten, wie<br />

man es einsetzt. Da einem dies aber durch<br />

Titel, Kurzbeschreibung und drei Attributen<br />

sehr leicht gemacht wird – wie bisher auch –<br />

sollte das kein Problem sein.<br />

Die Frage ist natürlich auch, passt die Stimmung<br />

tatsächlich? In den meisten Fällen ist<br />

das so, wobei es ein paar Ausnahmen gibt<br />

oder Dinge, die es zu bedenken gilt. „Hordes<br />

of the Undead“ mutet nach Zombiehorden<br />

an, die einen überrennen. Beim Hören fällt<br />

dann aber sehr wohl ein heroischer Unterton<br />

auf, der dem SL so vielleicht nicht ins Konzept<br />

passte. Würde so vielleicht auch besser<br />

zum „Confrontation“-Teil passen. Aufgrund<br />

des Genres muss man also wirklich mehr<br />

aussuchen, was passt zu welcher Situation.<br />

Ansonsten passen die Beschreibungen aber<br />

eigentlich immer wie die Faust aufs Auge,<br />

wer es bewußt einige Male durchgehört hat,<br />

sollte eigentlich wissen, ob man es so einsetzen<br />

kann, wie man es sich gedacht hat.<br />

Das „Nebenbei zum Lesen“-Hören ist sicherlich<br />

keine Eigenschaft, die ein Horror-<br />

Soundtrack erfüllen sollte. Viele Tracks enthalten<br />

die Thematik des Umschwenkens von<br />

normaler Atmosphäre in eine außergewöhnliche,<br />

bedrohliche Situation, aber auch Kämp-<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

fe, Heldentaten, Phasen der Ruhe. Während<br />

andere Erdenstern-CDs im gewissen Sinne<br />

eine konstante Atmosphäre mit wenigen<br />

Wechseln hatte, geht es hier Schlag auf<br />

Schlag von der Ruhe zum Sturm und vice versa.<br />

Kurzum, nix zum nebenbei laufen lassen,<br />

aber hervorragend zum gezielten Einsatz.<br />

Vom Drumherum passt alles. Das Booklet<br />

ist mittlerweile 12-seitig und farbig gedruckt,<br />

wenn auch düster gehalten. Stimmige Com-<br />

puterillustrationen unterstreichen die Atmosphäre,<br />

auch wenn schwarz-weiß und echte<br />

Fotos hier meiner Meinung nach besser gepasst<br />

hätte. Der Preis wurde wieder unter 15<br />

Euro gesenkt und man bekommt eine randvolle<br />

CD – 79:59 Minuten Laufzeit sprechen<br />

für sich und könnten manchem Vorbild sein.<br />

FAZiT<br />

Mit Into the dark liefert Erdenstern erneut<br />

eine gelungene Rollenspiel-CD. Nicht jeder<br />

Track ist für jedes Genre geeignet und man<br />

muss gezielter auswählen als bei den Vorgängern.<br />

Dafür sie aber neben dem Fantasy-<br />

Genre für alles Düsterere bis zur Neuzeit, beschränkt<br />

auch für SciFi, geeignet. �<br />

scHnELLscHüssE<br />

TEXT: INGO SCHULZE<br />

www.lorp.de<br />

Mit Schnellschüsse<br />

legt der Vortex-Verlag<br />

nach dem Regelwerk<br />

und dem Spielleiterpaket<br />

nun eine Abenteuersammlung<br />

für<br />

Unknown Armies mit<br />

insgesamt fünf Schüssen<br />

vor. Anspruch<br />

hierbei ist das schnelle<br />

Funktionieren der Abenteuer, die unter<br />

die Haut gehen sollen. Alle Szenarien haben<br />

vorgefertigte Charaktere und funktionieren<br />

mehr oder minder nur mit diesen. Alle sind<br />

als Oneshots angelegt – hinterher kann man<br />

sich natürlich immer noch überlegen, ob man<br />

mit der Konstellation weitermachen kann<br />

und möchte.<br />

SCHNELLSCHÜSSE 4<br />

Art Abenteuer<br />

(Softcover)<br />

Verlag Vortex Verlag<br />

Sprache Deutsch<br />

System Unknown Armies<br />

Jahr 2007<br />

Preis ca. 23,- Euro<br />

P/L<br />

4<br />

AUF<br />

4<br />

SSP<br />

4<br />

Seite 111


Rezensionen<br />

In „Der Ausbruch“ verkörpern die Spielercharaktere<br />

drei Fraktionen: eine kleine<br />

Gruppe Gefängnisausbrechern, welchen die<br />

Flucht gelungen ist, unterwegs genommenen<br />

Geiseln sowie dem Ehepaar, denen das<br />

Haus gehört, in denen sie sich nun verstecken.<br />

Jeder Charakter hat eigene Ziele. Für<br />

die Ausbrecher ist es sicherlich die Freiheit,<br />

aber nicht für jeden ist die Wahl der Mittel<br />

beliebig. Für die Geiseln ist das Ziel an sich<br />

ähnlich: Überleben. Und die Hausbesitzer<br />

wären froh den Haufen Fremder eher jetzt als<br />

später wieder los zu werden. Kurzum, wenn<br />

sich alle still verhalten würden, wäre man<br />

schnell durch. Jedoch werden sich in so einer<br />

Extremsituation nicht alle still verhalten und<br />

wenn doch, beinhaltet das Abenteuer einige<br />

Mittel, um doch noch Feuer in die Geschichte<br />

zu bringen. Die Motive sind geschickt verteilt,<br />

ebenso die möglichen Waffen. Für das<br />

örtlich übersichtliche Szenario werden auch<br />

Vorschläge für eine Liveumsetzung gemacht,<br />

was mir sehr gut gefiel.<br />

In „Interessante Zeiten“ geht es um mysteriöse<br />

Vorkommnisse in einem Reservat, die<br />

untersucht werden wollen. Wenn die Gruppe<br />

einen entsprechenden Hintergrund hat,<br />

ist dies das Abenteuer, was am ehesten in<br />

eine laufende Kampagne eingebaut werden<br />

kann. Innerhalb von zwei Wochen gehen<br />

über dem Reservatsdorf Bahadea erst ein<br />

Fischregen, genauer Lachse nach Cajun-Art<br />

bereitet, nieder, dann wurden indianische<br />

Kunstgegenstände verschandelt von Vandalen,<br />

die keine Spuren hinterlassen haben<br />

und schließlich erfaßte die kollektive Vision<br />

einer Wolfsschlange die Bewohner. Grund<br />

genug also, dem nachzugehen. Das alljährliche<br />

Dorf-Festival bietet die Gelegenheit für<br />

die SC unauffällig tätig<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

zu werden – aber dummerweise lesen auch<br />

andere Fraktionen Zeitung und kommen auf<br />

ähnliche Ideen. Dieses eher detektivische<br />

Abenteuer lebt dann auch nicht nur von den<br />

eigentlichen Ermittlungen, sondern auch in<br />

der Interaktion mit den anderen Interessensgruppen,<br />

die den Weg der Spieler kreuzen.<br />

Interessant ist die Schnellstartanleitungen,<br />

um die Spieler mit ggf. den vorgefertigten<br />

Chars sofort und ohne Umschweife in die<br />

Handlung zu transportieren, was es ideal –<br />

wie die meisten Abenteuer des Bandes – für<br />

Con- und Schnupperrunden macht.<br />

„Freud und Leid“ ist eindeutig das abstrakteste<br />

Abenteuer des Bandes und bietet ganz<br />

ungewöhnliche Herausforderungen. Die Charaktere<br />

sind die Bewohner eines Hauses in einer<br />

heruntergekommen Siedlung, als sie eine<br />

neue Tür im Haus finden und dort im wahrsten<br />

Sinne auf eine Geschichte um Freud und<br />

Leid stoßen. Das Abenteuer wird nicht jedem<br />

liegen, hat man einerseits neue Charaktere,<br />

muss sich andererseits über die glücklichsten<br />

und furchtbaren Momenten seines Spielercharakters<br />

klar sein.<br />

Bei „Gen Himmel“ geht es um eine Flugzeugentführung<br />

und wurde vor dem 9.11.<br />

geschrieben, wie schon zu Anfang betont<br />

wird. Die Charaktere sind Fluggäste und –<br />

begleiter, kennen sich aber nicht und sitzen<br />

an völlig unterschiedlichen Orten der doppelstöckigen<br />

Maschine. So sitzen die SC in einer<br />

Maschine, die von zwei mehr oder minder<br />

arabischen Terroristen entführt wird. Und so<br />

ist nun jeder auf sich gestellt, genug Mumm<br />

in den Knochen zu haben, um sich dem entgegenzustellen.<br />

Allerdings kann es ohne weiteres<br />

auch so sein, dass die SC die Entführer<br />

schon nach kurzer Zeit ausgeschaltet haben,<br />

so dass gar keiner mitkriegt, warum es ein<br />

UA-Abenteuer ist. Auch ist der Vorschlag zum<br />

einbinden in die reguläre Kampagne eine<br />

Geschmackssache. Der<br />

Entführer soll zum Bösewicht<br />

der Kampagne<br />

ausgebaut werden, um<br />

dann einen Schnitt auf<br />

dieses Abenteuer zu machen<br />

und den Spielern die<br />

neuen Charaktere an die Hand<br />

zu geben. Das ist zwar stückweise<br />

durchaus elegant, aber für die Spieler<br />

möglicherweise frustrierend, wenn ihre eigentlichen<br />

Charaktere keine Möglichkeit<br />

zum Eingreifen haben und vor vollendete<br />

Tatsachen gestellt werden. Ansonsten ist<br />

es wie im ersten Abenteuer die etwas<br />

andere Gruppenkonstellation, die das<br />

Abenteuer reizvoll machen.<br />

Letztes Abenteuer im Bunde ist „Und leise<br />

wächst das Gras“. Die Charaktere wohnen<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

in der abgewrackten Wohnwagensiedlung<br />

Rancho Mirago in der Wüste. An dem Ort war<br />

noch nie viel los, ein letzter Zufluchtspunkt<br />

für gescheiterte Charaktere, zu denen auch<br />

die SC zählen. Ab und an kommen hier riesige<br />

40-Tonner durchgerauscht, aber auch das<br />

bleibt mittlerweile aus und die Ressourcen<br />

in der kleinen Siedlung erschöpfen sich langsam.<br />

Grund genug, um mal zu schauen, wie<br />

es im Rest der Welt aussieht… Ein apokalyptisches<br />

Abenteuer mit verschiedenen Auflösungen,<br />

die je nach dem Gruppengeschmack<br />

gestaltet werden können.<br />

Als Bonusmaterial gibt es im Anhang zu<br />

jedem der (möglichen) Spielercharaktere<br />

einen einseitigen Charakterbogen mit Spielwerten<br />

als auch Hintergrundinformationen,<br />

wobei die Bögen abenteuerspezifisch gestaltet<br />

wurden. Das Softcover mit rund 128 Seiten<br />

macht vom Layout als auch vom Cvover<br />

einen guten Eindruck.<br />

Die Abenteuer selbst ließen sich neben<br />

Unknown Armies auch teilweise mit Cthulhu<br />

Now oder besser KULT realisieren und sind<br />

sicherlich gerade für Fans letzteren Werks<br />

einen Blick wert. Den Aufbau als OneShots<br />

mit vorgefertigten Charakteren muss man<br />

mögen, damit die Abenteuer Gefallen finden.<br />

Die meisten Abenteuer können durch<br />

ungewöhnliche Ideen, Gruppenkonstellationen<br />

oder Spielleitertipps durchaus punkten,<br />

wobei man sich schon kritisch hinterfragen<br />

muss, inwieweit es beim eigenen Publikum<br />

ankommt. Gelungen sind die Schnellstarts,<br />

welche die Charaktere sofort ins Abenteuer<br />

katapultieren.<br />

FAZiT<br />

Unknown Armies-Fans können sich mit<br />

Schnellschüsse über neues gelungenes<br />

Material freuen und erhalten fünf originelle,<br />

schnell funktionierende Abenteuer mit den<br />

genannten Einschränkungen. �<br />

ARcAnA<br />

cTHULHiAnA<br />

TEXT: INGO SCHULZE<br />

www.lorp.de<br />

Arcana Cthulhiana<br />

widmet sich, wie der<br />

Titel schon vermuten<br />

läßt, den arkanen<br />

Künsten im Cthulhu-<br />

Universum. Auf 240<br />

Seiten wird sich um<br />

das Thema Magie gekümmert,<br />

davon mehr<br />

als die Hälfte als Grimoire des Mythos mit einem<br />

Sammelsurium aus Zaubersprüchen aus<br />

Seite 112


Rezensionen<br />

den verschiedensten Quellen. Der Rest des<br />

Bandes bietet dann ein Überblick über historische<br />

magische Praktiken, dem Anwenden<br />

cthuluider Magie und dessen Auswirkungen.<br />

Schließlich kann im Cthulhu-Universum jeder<br />

zaubern, zumindest theoretisch. Denn letztlich<br />

opfert man seine geistige Stabilität, seine<br />

Seele oder noch ganz andere Dinge, um Magie<br />

zu vollbringen.<br />

Das ganze Buch ist in großen Teilen ingame<br />

aufbereitet, alles beginnt mit den mehrteiligen<br />

Bekenntnissen des Wingate Peaslee,<br />

der sich Ende der 70er auf die Spur seines<br />

Vaters macht und dies schriftlich dokumentiert.<br />

Und beim Nachrecherchieren entdeckt<br />

er verschiedene Schriftwechsel oder Literaturempfehlungen,<br />

die er dann in seinen<br />

Aufzeichnungen, seinem „Arcana Cthuliana“<br />

sammelt. Kurzum viel Fluff (atmospärisches<br />

Material), wenig Crunch (Regelmaterial) neben<br />

den Zaubern. So gestaltet sich „Magie<br />

und Schamanismus in der Geschichte der<br />

Völker“ als reger Briefwechsel zwischen drei<br />

Professoren und dem Dekan der Universität<br />

Berlin. So ist es Professor Walden, der<br />

aus dem Fernen Osten berichtet – sicherlich<br />

dem ein oder anderen noch als NSC aus dem<br />

Abenteuerband Chaugnar Faugns Fluch bekannt.<br />

Prof. Hagedorn von der Uni Münster<br />

schreibt hingegen von Afrika und dem Orient,<br />

bis er auf den Folianten eines gewissen<br />

Abu al’Hassans stößt, denn er am morgigen<br />

Tage aufsuchen will. Seitdem gilt er übrigens<br />

als verschollen… Der unkonventionelle Dr.<br />

Ahlstedt hingegen ist auf Europa konzentriert<br />

und versucht gemeinsame magische<br />

Traditionen nachzuweisen.<br />

Insgesamt macht dieser Stil einfach Spaß<br />

beim Lesen. Natürlich erhält man nicht kompakte<br />

Informationen auf einen Blick, sondern<br />

mehr oder minder blumige Beschreibungen,<br />

welchen aber auch einen großen Raum für<br />

eigene Ideen läßt und diese auch anregt.<br />

Kleine Feinheiten, wie Anspielungen auf die<br />

Kollegen oder kurze Episoden aus dem Privatleben,<br />

lockern das ganze auf und geben<br />

dem ganzen einen realen Anstrich. Wenn sich<br />

die Spielercharaktere also irgendwann mal<br />

an Nachforschungen zu einem der Themen<br />

machen, kann man ihnen einen Batzen Briefe<br />

in die Hand drücken. Nachdem auch noch<br />

Kabbala, Voodoo, mittelalterliche Alchemie<br />

und magische Orte und Paraphernalia in ähnlicher<br />

Weise abgearbeitet wurden folgt das<br />

Grimoire. Natürlich während Wingate Peaslee<br />

weiter auf der Spur seines Vaters bleibt<br />

und mehr und mehr in das Thema Magie<br />

eintaucht – und selbst zum Spielball der Geschichte<br />

wird.<br />

Mit „Ein Grimoire des Mythos“ folgen<br />

dann die Aufzeichnungen von Peaslees über<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

alle Sprüche, die er dabei kennengelernt hat.<br />

Naja, genau genommen wäre er wohl fünfmal<br />

wahnsinnig geworden, hätte er diese alle<br />

tatsächlich aus den verschiedenen Werken<br />

gesammelt, die als Quelle angegeben sind.<br />

Das Grimoire ist bewußt nicht der Versuch,<br />

jeden Zauber aus allen erdenklichen Quellen<br />

festzuhalten, dazu gibt es zu viele Zauber aus<br />

Fanabenteuern, unbalancierte Zauber oder<br />

solche, die speziell auf ein Abenteuer zugeschnitten<br />

sind. So wundert es dann nicht,<br />

dass ein Großteil der Zauber aus dem Spielleiter-Handbuch<br />

oder dem Necronomicon<br />

stammen. Für ersteres wurden ja nach einem<br />

ähnlichen Prinzip die Zaubern gesammelt.<br />

Dafür erhält man eine ausführliche Beschreibungen<br />

und einige wenige neue Zauber.<br />

Zum Abschluß gibt es freizügige Tipps, wie<br />

man Zauber entwickeln kann – allerdings<br />

keine festen Regeln sondern nur Richtlinien.<br />

Mit „Es geschah am Potsdamer Platz“ gibt es<br />

ein Beispielabenteuer, nur anhand von Handouts<br />

geschildert, welches um einen Zauber<br />

konzipiert ist. Aufmachung und Layout sind<br />

cthulhutypisch gelungen, stimmungsvoll<br />

unterlegte Bilder, reichlich Handouts, Hardcover<br />

mit Einband, das ganze zum Preis von<br />

30 Euro bei 240 Seiten – vorausgesetzt man<br />

kann etwas mit dem Inhalt anfangen, dann<br />

stimmt hier alles.<br />

FAZiT<br />

Wer nüchterne Regeln und sachliche Kurzbeschreibungen<br />

sucht, der ist hier falsch.<br />

Wer hingegen gut recherchierte, mit viel Fluff<br />

ausgestattete Texte mag, für den ist dies ein<br />

weiterer Meilenstein. Wer gerne magiereiche<br />

Abenteuer schreibt, findet hier zudem gute<br />

Inspiration und reichlich Sprüche. �<br />

ZOMbiEs!!!<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

Haufenweise Plastikzombies, die langsam<br />

schlurfend einer Horde vor ihnen Fliehender<br />

hinterherwankt – eine Szene, die man aus etlichen,<br />

vor allem älteren Horrorfilmen (jene,<br />

bevor die Zombies das Rennen lernten)<br />

kennt. Nun können solche Szenen aber auch<br />

bequem am Spieltisch nachgespielt werden<br />

– Zombies!!! sei Dank.<br />

Die Spieler übernehmen die vor Zombie-<br />

Horden flüchtenden Figuren, die sich auf<br />

quadratischen und beliebig zusammenlegbaren<br />

Bodenplatten von drei mal drei Feldern<br />

bewegen können. Ziel ist es, zum rettenden<br />

Hubschrauberlandeplatz zu gelangen und einen<br />

Sitzplatz in die Sicherheit zu erhaschen.<br />

Das zu verhindern suchen Berge von Plastikuntoten,<br />

die durch die Spielmechanik auf<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

den Plan geflutet werden. Gemeinerweise<br />

können die wandelnden Fleischhaufen aber<br />

von jedem Mitspieler gezogen werden, denn<br />

jeder versucht im Normalfall die Bedrohung<br />

von sich und auf andere zu lenken.<br />

Die eigentlichen Regeln sind nicht sehr<br />

aufregend, dennoch kann das Spiel durch<br />

die sehr drastischen, aber mit einer makabren<br />

Art von Humor belegten Ereignis- und<br />

Waffenkarten Punkte sammeln. Um aber<br />

tatsächlich voll überzeugen zu können, hätten<br />

die variablen Spielpläne hübscher und<br />

die Handlungsmöglichkeiten vielfältiger sein<br />

müssen.<br />

FAZiT<br />

Zombies!!! ist ein kurzweiliges, aber nicht<br />

besonders tiefgehendes Brettspiel, das man<br />

immer Mal wieder gerne aus dem Schrank<br />

zieht. Inzwischen wurde es mit etlichen<br />

durchaus gelungenen Erweiterungen beglückt,<br />

die teils etwas mehr Tiefe, zumindest<br />

aber immer neue Karten ins Spiel bringen. �<br />

MALL OF HORROR<br />

TEXT: TOMMY HEINIG<br />

Zombies erleben<br />

gerade ein Revival<br />

– entschuldigt den<br />

schlechten Wortwitz,<br />

aber nach diversen<br />

Filmen wie<br />

„Dawn of the Dead“<br />

oder dem Klamauk<br />

„Shaun of the Dead“ und Brettspielen wie<br />

Zombies!!! erfreuen sich unsere untoten Mitmenschen<br />

großer Beliebtheit. Mall of Horror<br />

widmet sich nun ebenfalls diesem Thema,<br />

doch erscheint es auf den ersten Blick<br />

MALL OF HORROR 5<br />

Art Brettspiel<br />

Verlag Asmodee<br />

Sprache Deutsch<br />

Dauer ab 60 Minuten<br />

Spieler 2 – 6 Spieler<br />

Jahr 2006<br />

Preis ca. 30,- Euro<br />

ZOMBIES!!! 4<br />

Art Brettspiel<br />

Verlag Pegasus<br />

Sprache Deutsch, Englisch<br />

Dauer ab 60 Minuten<br />

Spieler 2 – 6 Spieler<br />

Jahr 2005<br />

Preis ca. 20,- Euro<br />

P/L<br />

4<br />

AUF<br />

5<br />

SSP<br />

5<br />

P/L<br />

3<br />

AUF<br />

4<br />

SSP<br />

4<br />

Seite 113


Rezensionen<br />

erschreckender als seine Kollegen. Wie oft ist<br />

es schon gründlich daneben gegangen, wenn<br />

Spieledesigner einem an sich abstrakten Spiel<br />

ein Thema aufdrücken wollen, unabhängig<br />

davon ob es nun passend ist oder nicht – nur<br />

weil dieses Thema gerade ein Hype ist? Mall<br />

of Horror begibt sich auch in diese Gefahr,<br />

denn es ist hinter seiner Zombie-Verkleidung<br />

ein einfaches Abstimmungsspiel.<br />

Jeder Spieler übernimmt die Kontrolle<br />

über 3 Charaktere, einem Typen mit Knarre<br />

(Wert 3), einem Muskelberg (Wert 5) und einer<br />

hinreißenden Schönheit (Wert 7). Ziel des<br />

Spieles ist es möglichst viele seiner Charaktere<br />

oder zumindest einen möglichst hohen<br />

Punktwert bis zum Spielende zu retten. Die<br />

Charaktere sind nämlich in der unglücklichen<br />

Lage in einem Einkaufszentrum eingesperrt<br />

zu sein, welches aus sechs Gebieten besteht:<br />

dem Parkdeck, den öffentlichen Toiletten,<br />

der Sicherheitszentrale und drei verschiedenen<br />

Geschäften. Zombiehorden stürmen<br />

den Konsumpalast und versuchen Futter zu<br />

finden. Die Charaktere hetzen von Gebiet zu<br />

Gebiet um möglichst den gierigen Untoten<br />

zu entkommen.<br />

Zu Spielbeginn würfelt jeder Spieler für jeden<br />

seiner Charaktere zwei Würfel und setzt<br />

den Charakter auf eines der beiden durch die<br />

Würfel angezeigten Felder. Anschließend<br />

würfelt der älteste Spieler vier Würfel und<br />

setzt auf diese vier Gebiete jeweils einen<br />

Zombie. Nachdem der Stapel mit den Aktionskarten<br />

gemischt wurde kann das Spiel<br />

beginnen.<br />

Rundenweise werden verschiedene Phasen<br />

durchgeführt, es fängt an mit dem Plündern<br />

der Autos auf dem Parkdeck. Jeder Spieler,<br />

der einen Charakter auf dem Parkdeck stehen<br />

hat, darf auf einer Drehscheibe einen ebenfalls<br />

auf dem Parkdeck vertretenen Spieler<br />

(auch sich selbst!) verdeckt einstellen. Alle<br />

Spieler drehen ihre Entscheidung gleichzeitig<br />

um und der Spieler mit den meisten Stimmen<br />

darf drei Karten vom Aktionskartenstapel<br />

ziehen. Eine der Karten behält er, eine andere<br />

gibt er an einen beliebigen Spieler weiter<br />

und die dritte kommt wieder unter den Stapel.<br />

Sollte es bei der Abstimmung zu einem<br />

Unentschieden kommen, so wird noch eine<br />

zweite Wahlrunde durchgeführt. Bringt auch<br />

diese kein Ergebnis, so finden die Spieler in<br />

dieser Runde nichts nützliches in den Autos.<br />

Bei der Gelegenheit könnte ich kurz erwähnen,<br />

was es so zu finden gibt. Wie es sich für<br />

ein Zombiespiel gehört gibt es natürlich verschiedene<br />

Waffen, die je nach Stärke einen<br />

oder zwei Zombies von einem Gebiet wegfetzen<br />

können. Aber es gibt auch Karten,<br />

mit denen man sich vor Zombies verstecken<br />

kann, mit denen man ein Gebiet so verstär-<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

ken kann dass Zombies schwerer eindringen<br />

können oder mit dem man dem Sicherheitschef<br />

(siehe unten) über die Schulter schauen<br />

kann. Jede Aktionskarte kann nur einmal eingesetzt<br />

werden und sie wird anschließend<br />

aus dem Spiel genommen.<br />

In der folgenden Phase wird der neue Sicherheitschef<br />

gewählt, was analog zu der<br />

Abstimmung im Parkdeck abläuft, nur dass<br />

dieses Mal jene Charaktere mitstimmen dürfen,<br />

die sich in der Sicherheitszentrale aufhalten.<br />

Der Sicherheitschef erfüllt im Spiel eine<br />

wichtige Aufgabe und bekommt dafür auch<br />

eine mächtige Belohnung, doch dazu gleich<br />

mehr.<br />

Der Sicherheitschef würfelt nun verdeckt<br />

unter einem dem Spiel beiliegenden Würfelbecher<br />

vier Würfel und bestimmt somit, wo<br />

in dieser Runde neue Zombies auftauchen<br />

werden. Nur er oder Spieler mit einer entsprechenden<br />

Aktionskarte dürfen die Würfel<br />

ansehen. Anschließend bestimmt der Sicherheitschef<br />

ebenfalls auf der Drehscheibe wohin<br />

einer seiner Charaktere gehen soll, denn<br />

jede Runde muss sich ein Charakter jedes<br />

Spielers bewegen. Man bestimmt auf der<br />

Drehscheibe aber nur wohin und nicht wer<br />

gehen muss. Nachdem der Sicherheitschef<br />

seine Entscheidung allen bekannt gemacht<br />

hat, stellen die restlichen Spieler ihre Bewegung<br />

heimlich ein. Nun werden die Würfel<br />

aufgedeckt und die Zombies platziert. Zusätzlich<br />

wird ein Zombie auf das Gebiet gestellt,<br />

auf dem am meisten Charaktere stehen,<br />

denn der Geruch frischen Fleisches lockt<br />

sie an. Und auf das Gebiet mit den meisten<br />

Cheerleader-Schönheiten wird ebenfalls ein<br />

Zombie gestellt, denn deren Geschrei wirkt<br />

ebenfalls sehr verlockend.<br />

Nun kommt es zu der Phase, in der die<br />

Spieler einen Charakter tatsächlich auf das<br />

Gebiet bewegen müssen, das sie zuvor auf<br />

der Drehscheibe eingestellt hatten. Dabei<br />

gilt es aber zu beachten, dass jedes Gebiet<br />

(außer das Parkdeck, doch dazu gleich mehr)<br />

nur eine bestimmte Anzahl an Charakteren<br />

aufnehmen kann (drei in der Sicherheitszentrale<br />

bis maximal sechs im Supermarkt). Ist ein<br />

Gebiet bereits voll besetzt, so müssen weitere<br />

Charaktere ins Parkdeck ausweichen. In jedem<br />

Gebiet müssen mehr Charaktere stehen<br />

als Zombies, sonst können die Untoten das<br />

Gebiet stürmen und einen Charakter auffressen.<br />

Glücklicherweise zählen die Charaktere<br />

mit dem Wert 5 doppelt. Sollte es dennoch<br />

nicht reichen, so stimmen die Spieler in diesem<br />

Gebiet darüber ab, wer gefressen wird.<br />

Dieser Charakter wird aus dem Spiel genommen<br />

und ebenso werden alle Zombies an<br />

diesem Gebiet vom Spielfeld genommen.<br />

Das Parkdeck ist eine Ausnahme, denn hier<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

frisst jeder Zombie einen Charakter. Solange<br />

ein Zombie auf dem Parkdeck steht, stimmen<br />

die Spieler ab, wer gefressen wird, und nehmen<br />

dann den Charakter und einen Zombie<br />

vom Spielfeld.<br />

Schließlich ist die Runde zu Ende und die<br />

Spieler starten neu mit dem Durchsuchen<br />

des Parkdecks. Das Spiel endet, sobald nur<br />

noch vier Charaktere im Spiel sind oder alle<br />

Charaktere sich in einem Gebiet befinden<br />

(aber nicht das Parkdeck). Der Spieler mit<br />

den höchsten im Spiel verbliebenen Charakterwerten<br />

gewinnt das Spiel, das bis hierhin<br />

etwa eine Stunde gedauert hat. Für das Spiel<br />

mit nur drei Spielern liegt ein zusätzlicher<br />

Charakter (das Kind mit Wert 1) bei, während<br />

beim Spiel mit sechs Spielern das Spiel endet,<br />

sobald nur noch sechs Charaktere leben.<br />

Das Spiel ist grandios aufgemacht, angefangen<br />

von den phantastischen Zeichnungen<br />

bis hin zu den detailierten Zombiefiguren.<br />

Dass die Spielcharaktere keine Plastikfiguren<br />

sondern runde Holzmarker mit Aufklebern<br />

sind stört nicht, sorgt sogar für bessere Übersicht.<br />

Nur auf den Aktionskarten, so stylisch<br />

sie auch sind, hätte es nicht geschadet, wenn<br />

man einen kurzen Text aufgedruckt hätte.<br />

Anfänger haben so zunächst Schwierigkeiten<br />

zu behalten, was welche Karte macht. Auch<br />

die Anleitung ist gut gemacht und die Regeln<br />

sind ohnehin nicht sehr komplex.<br />

Kommen wir zu der eingangs geäußerten<br />

Befürchtung zurück, das Thema des Spiels<br />

könnte sehr aufgezwungen wirken. Das ist<br />

definitiv überhaupt nicht der Fall – im Gegenteil<br />

wirkt das Abstimmen gerade durch das<br />

Horror-Thema stimmungsvoll. Die Klischees<br />

aus diversen Zombiefilmen wurden perfekt<br />

eingefangen, seien es nun die schreienden<br />

Cheerleader (die meist zuerst dran glauben<br />

müssen, weil sie ja den höchsten Punktwert<br />

haben), der überlaufene Supermarkt, die<br />

genre-typischen Waffen (Shotgun, Granaten,<br />

Kettensäge, etc.) oder die fiesen Abstimmungen,<br />

wer gefressen werden soll.<br />

FAZiT<br />

Mall of Horror hat mir sehr gut gefallen,<br />

allerdings sollte man es nur in einer<br />

Runde spielen, in der alle Mitspieler nicht<br />

eingeschnappt reagieren, wenn sie gewählt<br />

werden. Wer schon bei Mensch ärgere Dich<br />

nicht mit Schmolllippe herumläuft, für den<br />

ist so ein harter Zombieüberlebenskampf<br />

nichts. Alle anderen haben mit diesem Spiel<br />

eine geniale Umsetzung des Themas und<br />

eines der besten verfügbaren Abstimmungsspiele.<br />

Und für die wunderbaren Illustrationen<br />

nimmt man auch den etwas höheren<br />

Kaufpreis hin. �<br />

Seite 114


Ritter und Magier<br />

RITTER UND MAGIER<br />

WIR BEFINDEN UNS IN EINEM KRIEG…<br />

TEXT UND ILLUSTRATION: MATTHIAS BUYKEN<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Seite 115


Die letzte Seite<br />

cOnVEnTiOn<br />

KALEndAR<br />

1. MeCon 2008<br />

22. Februar bis 24. Februar 2008<br />

Meckesheim (Baden-Würtemberg)<br />

http://mecon.de.tl<br />

Chimeracon VI<br />

23. Februar bis 24. Februar 2008<br />

Schweinfurt (Bayern)<br />

http://www.chimera-con.de<br />

KING CON<br />

14. März bis 16. März 2008<br />

Duisburg (Nordrhein-Westfalen)<br />

http://www.king-con.de.vu<br />

13. Conventus Leonis<br />

28. März bis 30. März 2008 Convention<br />

Braunschweig (Niedersachsen)<br />

http://www.conventusleonis.de<br />

Hannover spielt! 15<br />

29. März bis 30. März 2008<br />

Hannover (Niedersachsen)<br />

http://www.hspielt.de<br />

RPC – Münster 2008<br />

26. April bis 27. April 2008<br />

Münster (Nordrhein-Westfalen)<br />

http://www.rpc-germany.de<br />

FeenCon 2008<br />

5. Juli bis 6. Juli 2008<br />

Bonn (Nordrhein-Westfalen)<br />

http://www.feencon.de<br />

2 Augsburger Zock<br />

6. September bis 7. September 2008<br />

Augsburg-Göggingen (Bayern)<br />

http://www.spieleschmiede.info<br />

sTiLbLüTEn<br />

Quelle: www.gfrev.de<br />

Spieler: „…verfensterte Gitter…”<br />

Spielleiter: „Der Kobold greift Dich mit<br />

einem langen Stiletto an.”<br />

Spieler 1: „Ich esse nicht gerne Hase, die sind<br />

immer so schön fluffig.”<br />

Spieler 2: „Das Fluffige kann man ja aufheben.”<br />

Spielleiter: „Er sagt ein paar unsichtbare<br />

Worte.”<br />

www.anduin.de - kostenlos und unabhängig<br />

DAILOR<br />

Spieler 1 (zu einer Wache): „Wo ist das Haus<br />

Kundarak?”<br />

Wache: „Sehe ich aus wie ein Wegweiser?<br />

Habe ich hölzerne Hinweisschilder an mir<br />

hängen?”<br />

Spieler 1: „Nein. Obwohl das die Sache einfacher<br />

machen würde.”<br />

Spieler 1: „Der Zwerg ist ertrunken.”<br />

Spieler 2: „In Wasser?”<br />

Spieler 3: „In Bier ertrinkt kein Zwerg.”<br />

Spieler 1: „Böse an sich ist ja eine gute<br />

Sache.”<br />

ANDUIN <strong>94</strong><br />

Spielleiter: „Plötzlich taucht Boromir neben<br />

Dir auf…“ (eigentlich heißt der Charakter<br />

Radomir)<br />

Gespräch über die logischen Fehler bei untoten<br />

Skeletten:<br />

Spieler 1 über Skelette: „ Eigentlich kannst<br />

Du ja nicht gehen ohne Muskeln!“<br />

Spieler 2: „ Eigentlich kannst Du auch nicht<br />

leben wenn du tot bist!“<br />

Spielleiter: „Die Schenke sieht verheißungsvoll<br />

aus und heißt Travias Abort.“<br />

Seite 116

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