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für ihre Weitsicht. Im Prinzip war alles schon eingepackt, was man so für unterwegs<br />
brauchte. Sogar ein paar praktisch aussehende Klamotten in seiner<br />
Größe. Ein Schlafsack war auch dabei. Und sogar ein paar nahrhafte Riegel.<br />
"Was bin ich doch für ein Esel" dachte Ulli sich "die frustrierende Tour durchs<br />
Haus hätte ich mir echt sparen können. Aber vielleicht wär ich dann Franz nicht<br />
begegnet." Er stopfte die Sachen wieder zurück in den Rucksack und suchte<br />
noch seine wichtigsten Dokumente und Ausweise zusammen. Und vor allem<br />
den Kompass, den durfte er nicht zurücklassen. Der Kompass war ein Familienerbstück<br />
und wurde immer am 18. Geburtstag vom Vater an den ältesten<br />
Sohn übergeben. Er sollte angeblich Glück bringen. "Na, Glück kann ich gebrauchen"<br />
dachte Ulli und steckte den Kompass sorgfältig in ein Seitenfach des<br />
Rucksacks.<br />
Als er vor dem Haus ankam, hatte Franz schon zwei weitere Studenten gefunden,<br />
die Geld hatten und mitkommen wollten. Beide waren schon beim<br />
Packen. Es fehlten noch 150 Euro, um auf die 500 zu kommen. Locker wie<br />
Franz war, hatte er im Handumdrehen noch zwei Leute gefunden, die es zusammen<br />
auf 150 Euro brachten.<br />
"Ok, denn lasst uns mal losmarschieren." forderte Franz die kleine Gruppe<br />
auf, als sich alle versammelt hatten. "Wo geht's denn hin?" fragte einer der<br />
Mitreisenden. "Erstmal nur ein paar Straßen weiter. Dort steht der LKW von<br />
meinem Kumpel. Und dann nach Hörgertshausen, eine ganze Ecke nördlich<br />
von Freising."<br />
So zogen sie also los. Ullis Füße taten bei jedem Schritt noch von den gestrigen<br />
Blasen weh, aber er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Der Weg<br />
führte sie durch Nebenstraßen, die Ulli noch gar nicht kannte, obwohl er eigentlich<br />
gedacht hatte, dass er sich in München schon halbwegs auskennen<br />
würde. Ein gutes Dutzend Querstraßen später trafen sie einen Mann, der dem<br />
Studentenalter schon deutlich entwachsen war und der neben einem sehr betagt<br />
aussehenden Kleinlaster stand. Nach kurzer Begrüßung sammelte Franz das<br />
Geld ein und übergab es feierlich. Franz setzte sich zum Fahrer nach vorn und<br />
die anderen fanden hinten Platz. Sehr gemütlich war es nicht und die Säcke, auf<br />
denen sie sitzen konnten, waren schwarz verschmiert. Aber Hauptsache raus<br />
aus der Stadt.<br />
Der Laster stotterte etwas, als er angelassen wurde, aber dann lief er gleichmäßiger<br />
und fuhr langsam los. Sie fuhren durch Nebenstraßen, weil hier die<br />
Chance größer war, zügig durchzukommen. Die Hauptstraßen waren noch<br />
ziemlich verstopft, wie die Studenten auf ihrem Weg gesehen hatten.<br />
Sie hatten gerade erst ein paar Kilometer hinter sich gebracht, als der Laster<br />
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