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Umgebung versuchen sich nämlich nach Berlin durchzuschlagen, wo sie sich<br />
Hilfsmaßnahmen erhoffen. In den Vororten stoßen diese Flüchtlinge zur Zeit<br />
auf diejenigen, die aus der Innenstadt fliehen. Keine schöne Sache, wenn sie<br />
feststellen, dass beide Fluchtrichtungen nix taugen. In den Vororten möchte ich<br />
zur Zeit nicht gern leben. Euer Zug wird schwer bewacht sein, aber ein paar<br />
Störungen könnte es durchaus geben.".<br />
So eine lange Rede hatten sie noch nie von Josh gehört. Als er wieder gegangen<br />
war, schauten sich die Drei die neuen Pässe an. Ob sie wirklich genau wie<br />
echte Schweizer Pässe aussahen, konnten sie nicht beurteilen, aber sie wirkten<br />
sehr echt. Sie waren sogar etwas abgegriffen, als wären sie schon öfters benutzt<br />
worden. Im Innern sahen sie Fotos von sich, die ziemlich aktuell aussahen.<br />
Woher Josh die wohl genommen hatte? Sie erinnerten sich nicht daran, dass<br />
Josh sie fotografiert hatte. Sie machten sich noch mit dem Gedanken vertraut,<br />
für eine Weile Schweizer zu sein, legten sich aber bald schlafen, um am nächsten<br />
Tag gut ausgeruht zu sein.<br />
Schon früh am Morgen weckte Josh sie auf und führte sie auf endlos scheinenden<br />
verschlungenen Wegen durch die Eingeweide der Stadt. Als sie schon<br />
kaum noch glaubten, jemals an ein Ziel zu kommen, kletterte Josh durch einen<br />
Schacht nach oben und öffnete den Gullydeckel. Er forderte sie auf, ihm nach<br />
zu klettern. Oben angekommen fanden sie sich in einer von Bauwagen geschützten<br />
Ecke neben dem Bahnhof wieder. Durch einen Nebeneingang<br />
betraten sie den Bahnhof. Dort wurden sie von einem Mann mit Klemmbrett in<br />
Empfang genommen, der ihre neuen Personalien überprüfte und ihre Namen<br />
auf seiner Liste abhakte.<br />
In einer Wartehalle mussten sie noch eine halbe Stunde warten, bevor der<br />
Zug losfuhr. Die Halle füllte sich mit jeder Minute, sodass sie bald dichtgedrängt<br />
in der Menge standen. Endlich durften sie unter scharfer Bewachung<br />
durch den Bahnhof zum Zug gehen. Der Bahnhof war menschenleer, bis auf<br />
bewaffnete Männer, die an allen Ausgängen und Gleisen standen.<br />
Der Zug entpuppte sich als alter Bummelzug. Die moderneren Exemplare<br />
waren wohl alle viel zu sehr mit Elektronik vollgestopft, um noch zu funktionieren.<br />
Irgendjemand behauptete, die Lok sei aus einem Eisenbahnmuseum<br />
geholt worden. Im hinteren Bereich des Zuges konnten sie die Lok zwar nicht<br />
sehen, aber das Gerücht mit dem Museum klang durchaus plausibel.<br />
Ronja und ihre Familie fand einen Platz in der Mitte des Zuges. Da alle Sitzplätze<br />
voll eingeplant waren, setzte sich noch eine ältere Frau in ihre Vierer-<br />
Sitzgruppe. Als sich endlich alle niedergelassen hatten, war die Ungeduld der<br />
Reisenden so stark zu spüren, dass der Waggon fast vibrierte. Endlich ging<br />
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